Manuskript

SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Musikstunde
Held der Arbeit - Emil Gilels zum
100. Geburtstag (4)
Von Jörg Lengersdorf
Sendung:
Donnerstag 20. Oktober 2016
Redaktion:
Ulla Zierau
9.05 – 10.00 Uhr
Bitte beachten Sie:
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SWR2 Musikstunde mit Jörg Lengersdorf
Held der Arbeit - Emil Gilels zum 100. Geburtstag (4)
SWR 2, 17. Oktober - 21. Oktober 2016, 9h05 – 10h00
Spätestens seit seinem Sieg in Brüssel, 1938, ist Gilels auch in den USA in vieler
Munde. „But wait ´til you hear Gilels“ – „aber wartet, bis ihr Gilels hört“ raunt man
sich zu, wann immer ein anderes junges Talent in New York auf sich aufmerksam
macht. Und tatsächlich sieht es direkt nach dem Brüsseler Wettbewerb für einen
kurzen Moment so aus, als könne Gilels schon Ende der 30er Jahre mit seinem
Spiel die Welt erobern. 1939 wird sein New York Debüt angesetzt, Gilels und die
Metropole dürften gleichermaßen gespannt aufeinander sein. Doch dann
kommt der Krieg, alles zerschlägt sich, Verträge werden obsolet. New York muss
warten, auf unbestimmte Zeit. Gilels bleibt ein rein sowjetisches Phänomen. Auf
den Weltenbrand folgt der kalte Krieg. Nach 1945 werden sich mit Ost und West
zwei unversöhnliche Blöcke gegenüberstehen. Jahrelang darf kein Sowjetkünstler
in den Westen reisen. Als Gilels schließlich zum ersten Mal seit seinem
Wettbewerbsgewinn den eisernen Vorhang passieren darf, ist er kein junger
Erwachsener mehr, sondern Mitte 30. 1951 öffnen sich endlich die Tore zum Rest
der Welt. Im Mai sieht Emil Gilels zum ersten Mal Rom, wenige Tage später geht es
nach Florenz, wo am 11. Juni 1951 die folgende Aufnahme entsteht.
Musik 1, 4.53min
Ludwig van Beethoven
Allegro ma non troppo – Presto aus Sonate Nr. 23 „Appasionata“
Emil Gilels
LC 11637 Music and Arts
EAN 017685110221
Emil Gilels, live in Florenz im Juni 1951, mit dem Finale aus Ludwig van Beethovens
„Appassionata“.
Wild und am Rande der Spielbarkeit schnell präsentiert er hier noch seinen
Beethoven. Am Ende seiner Karriere spielt Gilels denselben Satz fast doppelt so
langsam. Aber mit Mitte 30 ist er noch der ungestüme Virtuose, der
Wettbewerbspianist, der reißende Tastenlöwe, dem man mitunter eine
„Vereinfachung künstlerischer Entscheidungen durch Tempo“ nachsagt. Anfangs
wird Gilels vom West Publikum nur reserviert auf der Florenzer Bühne begrüßt, dem
bürgerlichen Auditorium ist Gilels, der 1942 in die KPdSU eingetreten ist, politisch
suspekt.
Die Kühle schlägt nach dem Auftritt in Begeisterung um.
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Nach dem italienischen Experiment geht es für Gilels zum Sommerende wieder
zurück in die Heimat. Die Partei begrenzt die jährlichen Auslandsaufenthalte ihrer
Künstler auf ein Minimum.
Gilels Auftrag als sogenannter „Volkskünstler“ im Staatsdienst verlangt, dass er
nicht nur die großen Hallen bespiele, sondern ebenso intensiv die sowjetische
Provinz.
Nowosibirsk, Saratow, Kujbyschew, Omsk, Kasan, Swerdlowsk, Tscheljabinsk,
Iwanowo, Tula, Rjasan, Kolomna, Serpuchow und Pskow – nur ein winziger
Ausschnitt jener Konzertroute, die der unablässig durchs Riesenreich tourende
Gilels über die Jahre bereist, daneben unterrichtet er am Konservatorium
Moskau. Es dauert noch bis zum Oktober 1955, da Gilels, als erster Sowjetbürger
seit 1920, in den USA die Bühne der New Yorker Carnegie Hall betritt. Natürlich mit
Tschaikowskys B Moll Konzert.
Musik 2, 6.17min
Peter Tschaikowsky
Allegro con fuoco aus Klavierkonzert B moll
Emil Gilels
New York Philharmonic
Zubin Mehta
EAN 88691991362
Sony 1991362
Diese Aufnahme des dritten Satzes von Tschaikowskys Klavierkonzert, eine der
wohl meistverkauften von Emil Gilels, entstand in New York, vor ausverkaufter
Carnegie Hall.
Gespielt hat Gilels das Tschaikowsky Konzert während seiner ganzen Karriere. Es
ist nun auch jenes Klavierkonzert, das die Welt von ihm erwartet, schließlich hat er
damit 17Jahre vorher in Brüssel triumphiert, und seitdem wartet man in den USA
auf den Pianisten.
„Little Giant“ – kleiner Riese, so wird Gilels schon kurz nach dem Debüt in der
Presse getauft, wegen seiner geringen Körpergröße und schier unendlichen Kraft.
Gilels wird ein echtes Medienereignis, auch weil die Zeitungen seine Herkunft von
Jenseits des Eisernen Vorhangs als düstere Folie nutzen, um das Verhalten des
virtuosen Vorzeigekommunisten zu beobachten. Da auch Stargeiger David
Oistrach Mitte der 50er Jahre im sowjetischen Auftrag die USA bereist, bringen die
New York Times und die Chicago Daily etwa zeitgleich Stories über die Künstler
auf Shoppingtour, sind die Herren etwa konsumorientiert?
Man berichtet von den glamourösesten Empfängen der sowjetischen Botschafter
seit Kriegsende zu Ehren der Musiker.
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Und auch die sozialistische Presse daheim profitiert überraschend einmal von der
amerikanischen Boulevardpresse. Russische Zeitungen drucken die
amerikanischen Kritiken in Übersetzungen ab, mit stolzem Hinweis: so erfolgreich
ist die russische Schule im kapitalistischen Ausland.
Musik 3, 3.04min
Domenico Scarlatti
Sonate D Moll K 32 L. 423
Emil Gilels
Ermitage 8014394121632
Emil Gilels mit einer der 555 Klaviersonaten von Domenico Scarlatti, jener in D Moll
Kirkpatrickverzeichnis 423.
„Es war nicht so ehr die Virtuosität, die beeindruckte, obwohl auch diese nicht zu
kurz kam. Es war vielmehr diese zarte Poesie, die ihm ganz allein gehörte. Man
war sprachlos, wie er eine Phrase formte oder einen Ton färbte. Und dann
vermochte er auch noch den Eindruck zu erwecken, dass das Klavier gar keine
Hämmer habe…“ Das schreibt ein britischer Kritiker über Gilels Spiel in den späten
50er Jahren. Angesichts der gerade gehörten Aufnahme darf man der
Einschätzung unbedingt zustimmen.
Oft scheinen Kritiker keine eindeutigen Worte für Gilels Spiel zu finden während
seiner ersten Tourneen jenseits des Eisernen Vorhangs. So kann ein Journalist aus
Chicago schreiben, Gilels Spiel gleiche „katapultartigen Projektionen eines
weißglühenden Schneidbrenners“, während kurz darauf ein New Yorker Kritiker
schreibt, Gilels pflege vor allem klare, objektive Ansichten am Klavier. Wo sich
Einschätzungen zu widersprechen scheinen, darf man vermuten: Gilels
Klavierabende klingen selten gleich. Im besten Fall vereint er alle Eigenschaften
in einem einzigen Programm.
Zu Missverständnissen, was den Künstler Gilels angeht, kommt es indes auch auf
plakative Art und Weise. Als Gilels in einer englischen Provinzstadt während einer
Tournee spazieren geht, bemerkt er ein Konzertposter von sich an einer
Litfaßsäule. Erstens ist sein Name auf dem Poster falsch geschrieben, „Emil Giles“,
zweitens zeigt das Foto auf dem Aushang nicht ihn, sondern den Sänger Dietrich
Fischer Dieskau.
Gilels stellt sich daraufhin vor dem Konzert auf die Bühne und eröffnet den Abend
trocken: „Liebes Publikum, ich singe nicht die Winterreise…“
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Musik 4, 5.12min
Ludwig van Beethoven
Rondo molto Allegro aus Konzert Nr. 2 op. 19
Emil Gilels
Orchestre de la Societe des Concerts du Conservatoire
Andre Vandernoot
Warner Box Set EAN 5099962951128
5 Mal hat Emil Gilels im Laufe seines Lebens Beethovens zweites Klavierkonzert
aufgenommen, die erste Aufnahme, die spritzigste, entstand 1957 in Paris mit
dem Orchestre de la Societe des Concerts du Conservatoire unter Andre
Vandernoot.
Die späten 50er Jahre bescheren den sowjetischen Kulturkommissaren nun einen
bizarren Konflikt. Bei einer Reihe von internationalen Musikwettbewerben werden
sowjetische Teilnehmer zweite Preisträger. Vladimir Ashkenazy in Warschau, Yulian
Sitkovetsky in Brüssel, Dmitri Bashkirov in Paris. Was für andere Nationen als Erfolg
gelten müsste, Ergebnisse, die nicht einmal die unverschämt guten Statistiken
sowjetischer Wettbewerbspräsenzen signifikant trüben, wird in Moskauer Büros
zum Problem hochgeredet: Sowjets geben sich anderen Nationen geschlagen,
wie kann das sein?
Eine Erklärung, die unter vielen die Runde macht: Künstler wie Gilels oder
Oistrach, die im Ausland erfolgreich konzertieren, verbringen zu wenig Zeit mit der
Pflege der heimischen Musiklandschaft. „Unsere Schüler sind schlecht, weil unsere
Stars keine Zeit zum Unterrichten haben“ ist ein einfaches Argument unter vielen.
Die Sowjetdominanz auf Wettbewerbspodien soll wieder erste Priorität in der
Kulturpolitik werden. Auch deshalb wird Ende der Fünfziger Jahre ein ehrgeiziges
Projekt ins Leben gerufen: der erste Tschaikowsky Wettbewerb der Geschichte.
Eine Art Weltmeisterschaft der Musik, ausgetragen im erfolgreichsten Musikland
der damaligen Gegenwart, im globalen Zentrum der Supervirtuosität: in Moskau.
Und die Eliten werden in die Pflicht genommen: die sowjetischen Teilnehmer
sollen ausgesucht und betreut werden von ebenjenen oft heimatfernen Stars:
David Oistrach, Leonid Kogan und Schwager Emil Gilels. Dmitri Schostakowitsch
wird Vorsitzender des Organisationskomitees.
Musik 5, 1.30min
Dmitri Schostakowitsch
Präludium und Fuge Nr. 5
Emil Gilels
Warner Box Set EAN 5099962951128
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Emil Gilels mit Dmitri Schostakowitschs Präludium D Dur Nr. 5.
Auf dem Höhepunkt der stalinistischen Terrorjahre hat Schostakowitsch wohl gar
manches Mal um sein Leben gefürchtet, andererseits ist Schostakowitsch Träger
des Stalinpreises und seit seiner patriotischen Leningrader Symphonie der
Kriegsjahre eine Art musikalischer Volksheld. Nun sitzt Schostakowitsch 1958 dem
Organisationskomitee des ersten Tschaikowsky Wettbewerbs vor. Emil Gilels,
Vorzeigeklavierlegende, wird zudem Vorsitzender der Jury, die er maßgeblich
selbst zusammengestellt hat. Von Gilels wird sicher erwartet, dass er einem Russen
zum Sieg verhelfe. Doch dann kommt alles ganz anders. An Ende gewinnt
ausgerechnet der Amerikaner Van Cliburn die Konkurrenz.
„Der Texaner, der Moskau eroberte“, so wird es in den amerikanischen Medien
gefeiert. Van Cliburn wird nach Ankunft im Triumphzug durch New York gefahren.
Sviatoslav Richter, Gilels ewiger Konkurrent und ebenfalls Jury Mitglied, wird
später in seine Erinnerungen behaupten, er habe quasi im Alleingang dafür
gesorgt, dass Van Cliburn seinen verdienten Sieg bekomme, er Richter, habe
allen anderen Kandidaten stets null Punkte gegeben, völlig abweichend von der
restlichen Jury. Nur durch seine, Richters Schützenhilfe, habe am Schluss der
Richtige gewonnen. Es ist sehr zweifelhaft, ob dies die reine Wahrheit ist, denn
auch Gilels als Vorsitzender ist der Meinung, Van Cliburn müsse gewinnen.
Letztlich sind aber wohl am Ende sogar die Kommissare glücklich mit dem
Ausgang, denn durch Van Cliburns Triumph und die anschließende Presselawine
wird der Tschaikowsky Wettbewerb zum berühmtesten Wettbewerb der Welt. Emil
Gilels bleibt folglich 12 Jahre lang Juryvorsitzender. Richter wird allerdings nicht
mehr dazu gebeten…
Musik 6, 3.48min
Bach/Siloti
Prelude h moll BWV 855a
Emil Gilels
Sony 1991362
EAN 88691991362
Schon 1934, mit 17 Jahren, hat Emil Gilels dieses Bach Präludium im Arrangement
von Alexander Siloti als Zugabe in einem seiner ersten großen Konzerte gespielt, in
späteren Jahren gibt er es mehrmals als Zugabe, und zwar so berührend, dass
dieses Stück wie kaum ein zweites mit seiner Interpretation in Verbindung
gebracht wird.
Dass Gilels bei Tonträger-Aufnahmen bisweilen pedantisch an technischen
Voraussetzungen feilt, an Mikrofonpositionierungen, Sitzpositionen, Aufstellungen,
ist schon an anderer Stelle erwähnt. Zuweilen kann er Tontechniker an den Rand
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des Zusammenbruchs bringen, weil er bei aller Anforderung höchste Schnelligkeit
der Umsetzung fordert. Bei einer Aufnahme aller Klavierkonzerte von Peter
Tschaikowsky mit Dirigent Lorin Maazel in London erscheint Gilels erst eine
Viertelstunde vor Aufnahmebeginn im Studio, frisch aus Moskau eigeflogen,
erklärt dann aber dem Klaviertechniker, er sei mit der Stimmung des Flügels ganz
und gar nicht einverstanden. Das Instrument müsse sehr viel höher gestimmt sein,
dann klinge es brillanter. Selbstverständlich erklärt der verzweifelte Klavierstimmer
es für völlig unmöglich, alle 88 Klaviertöne so kurz vor der Aufnahme viel höher zu
ziehen, Gilels besteht darauf, und verzögert so den Aufnahmebeginn um eine
ganze Stunde. Zudem ist er am Ende der Prozedur immer noch nicht mit dem
Ergebnis zufrieden.
Bevor Gilels es noch weiter treibt, erklärt schließlich der Hornist des Orchesters, er
könne für die Sauberkeit seiner Hornkollegen keinesfalls mehr garantieren, wenn
man die Stimmung noch höher ziehe. Schließlich hänge auch der Rest des
Orchesters an der Stimmung des Soloinstruments. Es reiche jetzt.
Gilels lenkt ein. Knapp nickt er: Na gut, dann eben so…
Musik 7, 6.01min
Peter Tschaikowsky
Allegro brillante aus: Klavierkonzert Nr. 3, op. 75
New Philharmonia Orchestra , Lorin Maazel
Emil Gilels, Klavier
Warner 5099962951128
Emil Gilels begleitet vom New Philharmonia Orchestra unter Lorin Maazel mit dem
Beginn des dritten Klavierkonzerts von Peter Tschaikowsky.
Lorin Maazel ist 14 Jahre jünger als Gilels und als Juniorpartner muss er
wahrscheinlich eine Engelsgeduld mitbringen. Nachdem Gilels bei der Produktion
zunächst die Klavierstimmung des Flügels kritisiert hat, so den Aufnahmebeginn
verzögert, entscheidet er sich am Ende eines Aufnahmetages plötzlich, einen
gänzlich anderen Flügel auszuprobieren, den Ersatzflügel des Studios. Als der
Produzent bemerkt, man könne unmöglich Mitten in der Produktion auf den
Ersatzflügel umsteigen, wo man doch den ersten Flügel stundenlang neu
gestimmt habe, bleibt Gilels hart. Und so hat man am Ende der Session
Aufnahmetakes auf zwei verschiedenen Flügeln, die auch noch verschieden
gestimmt sind. Zu guter Letzt erklärt Gilels, die Diskrepanz in den Stimmungen
könne man dadurch ausgleichen, dass man die tiefer klingenden Bänder einfach
per Bandmaschine schneller abspiele, in Russland mache man das auch , am
Ende zähle, was besser klinge.
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Der Plattenproduzent Grubb schreibt später in seinen Erinnerungen, mitunter sei
ihm sein Beruf wie ein Schwindel vorgekommen.
Die Studioquälereien lohnen sich indes. Einige Gilels Aufnahmen werden sofort
nach Veröffentlichung zur Referenz.
Auch für die Deutsche Grammophon wird Gilels zum Zugpferd, zumal er sich als
fantastischer Kammermusiker bestens mit dem Starportfolio des Konzerns
kombinieren lässt.
1975 entsteht die Aufnahmen von Schuberts Forellenquintett mit Gilels, dem
Solokontrabassisten der Berliner Philharmoniker, Rainer Zepperitz, und Mitgliedern
des Amadeus Quartetts.
Musik 8, 4.02min
Franz Schubert
Scherzo aus Klavierquintett D667 „Forellenquintett“
Emil Gilels, Norbert Brainin, Peter Schidlof, Martin Lovett, Rainer Zepperitz
The Complete Recordings CD17
Deutsche Grammophon 00289 479 4651
Emil Gilels in Schuberts Forellenquintett, an der Seite von Mitgliedern des
Amadeus Quartetts.
„Tiefe. Ich suche Tiefe. Meine Karriere ist doch mein ganzes Leben. Ich habe
immer gesucht. Früher mochte ich virtuose Sachen. Dann habe ich erst
allmählich verstanden, dass Musik mit der Poesie und der Malerei verwandt ist,
mit dem großen Wort „Philosophie“.
Das erklärt Emil Gilels eines Tages selbst, als er gefragt wird, was er als nächstes in
seiner Karriere erreichen will.
Ein anderes Mal äußert er:
„Eines Tages wurde ich wach und erkannte, dass nicht jeder Tag ein Sonntag ist.
Nach dem rauschenden Erfolg kamen viele Montage. Als das geschah, erschien
es mir, als hätte man die Vorhänge beiseite gezogen, und wunderbare neue
Ausblicke vor mir ausgebreitet.“
In den 60er und 70er Jahren, in den Jahren, in denen es in der Sowjetunion
allmählich stiller wird um Gilels, als der Typus des maschinenpräzisen
Arbeiterpianisten langsam aus der Mode kommt, als sozialistisches
Vorzeigemodell veraltet, entwickelt Gilels ein neues Profil. Eines, das von der
Propagandapresse des kalten Krieges nicht mehr instrumentalisiert wird. Der
heißblütige Virtuose rückt endgültig in den Hintergrund. Manchmal wirft man
Gilels jetzt sogar intellektuelle Kühle vor.
Mozart, Schubert, Schumann, Brahms – so heißen die Fixsterne, um die Gilels
Produktion nun kreist. Und Beethoven, immer wieder Beethoven…
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Musik 9, auf Zeit
Ludwig van Beethoven
Rondo, vivace aus Klavierkonzert Nr.4 op. 58
Emil Gilels
Cleveland Orchestra, George Szell
Warner Box Set EAN 5099962951128