9. Oktober - Hoffnungskirche zu Pankow

Evangelische Hoffnungskirchengemeinde Berlin-Pankow
PREDIGT am 9.10.2016 Vorstellung der neuen
Konfirmanden*innen
Textgrundlage: Mk 2,23-28
Von Pfarrerin Margareta Trende
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus!
Liebe Gemeinde,
Eine Woche nach dem Erntedankfest wird uns von einem Spaziergang Jesu mit seinen Jüngern durch
ein Kornfeld erzählt. Wir haben über diese Geschichte auch im Konfirmandenunterricht gesprochen.
Was passiert da?
Es ist Sabbat und die Jünger Jesu haben Hunger. Der Sabbat als solcher ist nach jüdischem Verständnis ein Geschenk Gottes an die Menschen. Einmal in der Woche müssen Menschen nichts tun, sie
müssen nicht arbeiten. Sie können durchatmen und dürfen aus der Tretmühle des Alltags heraus
gehen und sich Zeit schenken lassen. Das merken wir alle an jedem Wochenende. Wie gut tut es,
einfach mal frei zu haben -wenn nicht gerade Konfirmandentag ist.-☺ Wie gut tut es, sich Zeit zu
nehmen, für Dinge, die uns Freude machen.
Damit diese Zeit auch wirklich nicht mit anderen alltäglichen, an Arbeit grenzenden Dingen zu tun
hat, gibt es im Judentum viele einzelne Bestimmungen, die den Sabbat und sein Ruhegebot schützen
sollen.
Zu diesen Bestimmungen gehörte zur Zeit Jeus auch das Verbot am Sabbat Ähren zu raufen, also
Korn aus den Ähren zu pulen. Das wusste auch Jesus. Doch er sieht auch den Hunger seiner Jünger
und lässt sie gewähren. Der Hunger der Jünger ist in Jesu Augen wichtiger als ein Gebot, das den
Sabbat schützten soll. Das sagt er auch den Pharisäern gegenüber. Die Pharisäer, waren Menschen,
die sich besonders gut mit der Heiligen Schrift, den Geboten und ihrer Auslegung auskannten.
Jesus begründet seine Haltung den Pharisäer gegenüber mit einer Geschichte aus der Heiligen
Schrift. Jesus erinnert an eine Begebenheit, bei der der König David in seiner Not Brote aß, die eigentlich dem Priester für die rituelle Sabbatfeier im Tempel vorbehalten waren.
Für Jesus ist es wichtiger, dass seine Jünger nicht mehr Hunger leiden, als dass sie ein Gesetz um
des Gesetzes willen und nicht um des Menschen willen befolgen.
In dieser Geschichte wird deutlich, dass Jesus es für möglich, ja sogar richtig halten kann, wichtige
und den Menschen nötige Gebote, Gesetze und Regeln auch außer Kraft zu setzten. Und zwar dann,
wenn Not abgewendet wird oder wie in anderen Geschichten von Jesus deutlich wird, Ungerechtigkeiten verhindert werden.
Ihr, Konfirmanden und Konfirmandinnen, hattet in eurer ersten Konfirmandenstunde überlegt, welche Beispiel euch einfallen, wo Menschen Regeln, Gesetze brechen, um etwas Gutes zu bewirken
oder Schlechtes zu verhindern.
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Viele Beispiele habt ihr genannt, wie zum Beispiel Harry Potter, der gegen Regeln der Schule verstößt, um für das Gute zu zaubern, Robin Hood, der für arme Menschen Reiche bestiehlt. Da müssten wir alle uns wohl vorsehen. Ihr erwähntet auch den Fußball oder Basketballspiel, bei denen
manchmal gegen Regeln verstoßen wird, um doch noch ein Tor bzw. einen Punkt zu bekommen.
Wir sprachen auch darüber, dass es menschlich geboten sein kann, in Diktaturen Gesetze zu brechen, so wie es zur Nazizeit diejenigen taten, die zum Beispiel Juden versteckt hatten.
Gesetze und Gebote wurden und werden von Menschen manchmal umgangen, wenn sie sich auf
ihr Gewissen berufen. Ein Beispiel dazu las ich gestern in einer Berliner Zeitung: Eine Seniorin schabt
seit 30 Jahren Naziaufkleber von Laternen und Mauern. Sie übersprüht rechte Parolen und macht
daraus lebensbejahende Sätze. Für ihr Engagement ist sie schon mehrfach ausgezeichnet worden.
Doch nun wird ihr durch eine Staatsanwätin Sachbeschädigung vorgeworfen, weil sie eine Hassparole übermalt und verändert hat. Die seniorin meinte, sie werde mit ihren Aktivitäten solange wei-
Das Gewissen ist der Ort, wo ein Mensch nicht nur seinem eigenen Willen traut, nicht nur dem, was
für ihn persönlich gut und angenehm ist, sondern es ist der Ort, wo er von sich absieht, überlegt,
was im Sinne der Liebe für alle geboten ist. Für uns Christen heißt das im Sinne Gottes zu handeln..
Auch Jesus handelt in unserer Geschichte nach seinem Gewissen auch wenn das Wort Gewissen
hier nicht auftaucht. Er handelt nach dem, was Gott, der die Liebe ist, für seine Menschen will.
Ja die Liebe findet immer
einen Weg. Sie macht manchmal die Gesetze der Menschen ungültig, denn die Liebe- sie ist das
Gesetz Gottes.
Wir alle wissen, wie wichtig und lebenserhaltend Gesetze, Gebote und Regeln sind. Ohne sie würden
wir nicht leben können, unsere Gesellschaft würde auseinanderbrechen. Das sehen wir in diesen
Tagen an viel zu vielen Orten der Erde, wo Krieg und Chaos herrscht und kein Gesetz mehr gilt.
Doch gibt es, wie die Geschichte von Jesus und seinen Jüngern im Kornfeld zeigt, immer wieder auch
Situationen, in denen sich unser Gewissen regt. Unser Gewissen, das danach fragt, was Gott für uns
und die Menschen um uns herum will. Und wenn sich unser Gewissen regt, sollten wir sehr aufmerksam sein und nach Gott und seiner Liebe fragen.
Ich wünsche euch liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden und Ihnen, liebe Frau Juschkus, dass
Sie und ihr nicht allzu oft vor schweren Gewissensentscheidungen steht, doch wenn es so ist, dann
hört auf eure Gewissen und traut Gott und eurem Glauben an ihn eine Menge zu. Amen
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