Zur Person: Alexander Dugin gehört zur politischen Elite

Zur Person:
Alexander Dugin gehört zur politischen Elite Russlands. Er berät den russischen
Parlamentspräsidenten, bezeichnet sich selbst als antiwestlichen Ideologen.
Erklärtermaßen verabscheut er die westliche Entwicklung seit der Epoche der
Aufklärung. Er propagiert die eurasische Idee und sieht Eurasien als Neuauflage des
russischen Imperiums. In Deutschland schätzt Dugin besonders die Alternative für
Deutschland und Alexander Gauland.
Interview Alexander Dugin, Kreml-Berater
00:00 Frontal21: Unsere Presse beschreibt Sie als antiwestlichen Ideologen. Warum
sind Sie antiwestlich und was ist Ihre Ideologie?
00:12 Alexander Dugin: Ja, ich bin antiwestlicher Ideologie im wahrsten Sinne des
Wortes. Ich trenne aber zwischen dem Westen und Europa, ich glaube es sind zwei
unterschiedliche Konzepte. Europa ist ein historisches Territorium, auf dem
verschiedene Völker, Traditionen und Staaten, die mich sehr interessieren,
existierten. Ich habe eine Serie von Büchern, die ich noch weiter veröffentliche und
diese Serie heißt «Noomachiya». Da erzähle ich über den Logos von Europa, von
Deutschland, Frankreich, Italien, Griechenland und 2 Bände sind dem Hellenismus
gewidmet. Also, habe ich viel Respekt gegenüber diesem Logos von Europa und den
Völkern, der europäischen Identität, der europäischen Tradition und Kultur. Ich
erforsche sie, ich lerne deren Sprachen und befasse mich mit der Literatur,
Philosophie und Kultur von Europa, welches ich sehr liebe. Nichtsdestotrotz, glaube
ich, dass der Weg, den die europäische Gesellschaft in den letzten Jahrhunderten
seit der Epoche der Aufklärung bis zum Liberalismus und angloamerikanischen
Kapitalismus gewählt hat, nicht Europa ist. Es ist anti-Europa. Genau das meine ich
mit dem Begriff Westen. Der Westen ist Untergang. Das ist tatsächlich ein
Untergang, auch etymologisch. Ich bin gegen den Westen, und bin für den Orient, für
Aufstieg. Ich bin Anhänger der aufgehenden Sonne. (сторонник восходящего
солнца духа). Der wahre europäische Logos, ist nicht der Logos des Untergangs,
das ist der Logos des Westens und dem Untergang von Europa. Der Westen ist ein
Ende der Europa. Das ist Untergang, deswegen wäre es genau meine Ansichten als
anti-Untergang Ansichten zu bezeichnen. "Der Westen" bedeutet im Russisch auch
"Fall", das "Fallen", Untergang, das ist das Gleiche. Also antiwestlich bin ich, aber
nicht anti-europäisch. Bitte beachten Sie: Europa gegenüber habe ich das Gefühl
tiefsten Interesses; ich schätze hoch die europäische Kultur und Identität, die
traditionelle europäische Politik. Ich habe nicht zufällig einige Bände geschrieben, die
ich Martin Heidegger gewidmet habe. Ich habe viel über andere europäische Denker
geschrieben, über Nietzsche, Schelling, Hegel, und andere europäische Denker,
über den Meister Gerhard, über deutsche Theologie wie auch über französische,
englische und italienische Kultur. Deshalb ist es sehr wichtig, daraus keine Karikatur
zu machen; man kann Europa lieben und den Westen nicht ausstehen. Denn der
Westen ist für mich Anti-Europa. Er ist nicht die Fortsetzung der europäischen
Kultur, sondern ihre Auswechslung. Ich denke, dass die europäische Identität
vertrieben wurde, entführt, wie man ein Flugzeug entführt. Der Geist, der im
modernen Europa herrscht, das ist ein anti-europäischer Geist.
03:27 Im Grunde genommen, verliert Europa seine Identität. Ich liebe das echte
christliche Europa, das griechisch-römische Europa, das klassische Europa mit
seinem traditionellen Geist und Wertesystem, mit dem Patriarchalismus des
gotischen Europas. Ich verachte und lehne dieses liberale und bourgeoise Europa
ab, dieses degenerative, politkorrekte pseudo-Europa. In diesem Europa herrschen
völlig anti-europäische Werte. Europa hat seine Kultur und Identität aufgegeben.
Deswegen würde ich diese Trennung klar machen und bin damit einverstanden, dass
ich antiwestlicher Ideologe bin. Aber ich möchte betonen, dass ich antiwestlich bin
und nicht anti-europäisch.
04:17 Frontal21: Ich lese: Sie treten ein für ein eurasisches, antiamerikanisches
Großreich unter der Vorherrschaft Russlands. Stimmt das? Erklären Sie mir bitte,
was Sie meinen.
04:25 Dugin: Russland war immer eine imperiale Politeia, es ist ein griechischer
Begriff. Die Politeia bedeutet nicht nur Staat, dieser Begriff umfasst auch ganz kleine
Elemente, von einer Dorfgemeinschaft, bis hin zu großen Staaten. Die Politeia ist ein
überdimensionaler Begriff über das politische Wesen, es ist ein Subjekt des
Politischen. Wir sprechen aber nicht davon, ob sie klein oder groß ist, ob anerkannt
oder nicht, ob lokal oder global. Also, die russische Politeia war schon immer imperial
und war nie ein nationaler Staat. Wir waren schon immer ein Imperium. Russland
kann kein Nationalstaat sein, war es nicht und kann es nicht sein. Also kann
Russland entweder ein Imperium sein kann oder gar nichts. Das ist das Hauptprinzip,
den ich mit den Autoren der eurasischen Ideologie teile und ich halte die Eurasische
Union für eine Neuauflage des Russischen Imperiums.
05:29 Frontal21: Wie schätzen Sie die AfD und Alexander Gauland ein?
05:36 Dugin: In erster Linie, möchte ich sagen, dass die Alternative für Deutschland
eine Partei ist, die zweifellos zum Erfolg verurteilt ist - Warum? Die heutige
Regierung von Deutschland, sowie die politischen Eliten Europas wollen und können
kein fundamentales Problem lösen. Sie trauen sich nicht es zu tun. In dem
Paradigma des liberalen, politisch korrekten Systems, soll es mehr Migration geben.
Mehr Migration bedeutet mehr Terroranschläge, mehr Terroranschläge bedeuten
mehr Gegenangriffe seitens der neonazistischer Kräfte, wie Brejvik. Wenn als
Antwort darauf die Migration aber noch erweitert wird, bedeutet das mehr ISIS
Präsenz, mehr Angriffe auf zivile Leute. Man kann das Problem der Migration
überhaupt nicht lösen. Probleme von (unklares Wort), Probleme des Islamischen
Staates kann man überhaupt nicht lösen. Und so kann man das Feuer nicht mit
Benzin löschen. Wenn man das Problem der Migration durch eine Steigerung der
Zahlen von Migranten löst, dann zündet man einfach ein Feuer an. Die Partei, die
von extremistischen Äußerungen Abstand hält, die keine Xenophobie zeigt und
weiterhin einen korrekten, konservativen, balancierten Diskurs führt, ist zum Erfolg
verurteilt. Diese Partei wird die CDU/CSU ersetzen. Historisch gesehen haben die
Parteien, die gerade in Deutschland an der Macht sind, ihre politische Kraft durch
einen Diskurs erreicht. Wenn sie, aufgrund des liberalen Drucks, zu ultra-liberalen
und extremistisch-liberalen Ansichten gezwungen werden, haben sie ihre Wähler
verloren. Dieser Wähler kann, meiner Meinung nach, die Alternative für Deutschland
automatisch gewinnen. Ich glaube, dass es eine zentristische, konservative Partei,
die der Meinung der Mittelklasse entspricht, nämlich dem einfacheren Bürger. Es
sind keine Extremisten. Zudem, verurteilt die Alternative für Deutschland
antiislamische, xenophobische Taten. Im Grunde genommen, sind sie für die
Einschränkung der Migration, aber nur um die ethnischen Minderheiten zu retten, die
in der deutschen Gesellschaft schon integriert sind. Sie wollen den Tod und den
Verfall stoppen, einschließlich den von Migranten. Das, was die AfD vorschlägt ist
eine Rettung für Deutschland. Das was einige Vertreter der Linken vorschlagen ist
auch eine vernünftige Politik. Selbstverständlich, habe ich Respekt von LaFontaine
und sein keynesiastisches Modell, ich glaube es ist eine wirtschaftliche Rettung.
Bring man die rechten Kräfte von AfD, der Linken und LaFontaine zusammen,
bekommt man eine wirtschaftliche, rechte und soziale Politik, die optimal für
Deutschland ist. Ich glaube aber es wird nicht klappen. Da die zentristischen Politiker
weiter unter dem Druck von Amerikanern ihren politisch korrekten Kurs fortsetzten,
ist die Popularität der AfD garantiert, falls sie keine entscheidenden Fehler machen.
Die Partei muss nun gar nichts mehr machen. Die Russen verstehen sehr gut, dass
die russische Trägheit auch ein Teil unseres Lebens ist. Bei dem Deutschen ist das
anders, Trägheit und deutsch sind unvereinbar.
09:24 Falls die AfD jetzt passiv bleibt, wird sie gewinnen, weil deutsche Bürger nicht
für die entscheidenden Schritte bereit sind, aber die Bürger können diese Situation
auch nicht mehr dulden. Deswegen müssen deutsche Bürger jammern. Ich glaube,
die Alternative für Deutschland ist eine Partei von so einem unzufriedenen deutschen
Bürger. Deutsche können nicht wie radikale Nationalisten auf die Straße mit
radikalen Parolen gehen, keiner wird sie unterstützen. Pegida bekommt sehr kleine
Unterstützung. Deutsche Bürger sind zu reif geworden um zu jammern und meckern.
Sie glauben nicht mehr an die Zukunft und sind pessimistisch eingestellt, deswegen
entspricht die AfD mit Alexander Gauland ideal dieser Einstellung, dieser Stimmung.
10:15 Frontal21: Kennen Sie ihn persönlich?
10:18 Dugin: Ja, er ist ein wunderbarer Mensch. Er scheint mir ein aufmerksamer,
seriöser, tief ausgewogener und konservativer Politiker zu sein, ist aber zentristisch.
Alle Versuche seine Person zu dämonisieren sind nur ein Vorteil für ihn. Die
Gesellschaft radikalisiert sich, auch die deutsche Gesellschaft, und wenn sie sich mit
solchen intellektuellen Personen wie Alexander Gauland radikalisiert, dann wird es
meiner Meinung nach, sehr einfach mit seinem Charisma die steigende
Unzufriedenheit des deutschen Volkes auszunutzen.
11:05 Frontal21: Welche Gemeinsamkeiten haben Sie mit Alexander Gauland?
Konkret: Ukraine-Krise, Sanktionen gegen Russland.
11:19 Dugin: Soweit ich weiß, unterstützt die AfD keine Sanktionen gegen Russland.
Soweit ich weiß, ist die AfD sehr kritisch gegenüber der Europäischen Union und der
atlantischen Politik. Diese Partei ist eine Partei der deutschen Bürger. Diese
deutschen Bürger sind ausgewogene, ruhige Leute, die nicht für Radikalisierung
bereit sind, weder für liberale, noch für linke oder rechte. Solche Leute vertreten
Deutschland heute.
11:48 In Deutschland wird die AfD an die Macht kommen, morgen, nicht heute. Es
wird noch Zeit vergehen, vielleicht übermorgen. Sie ist die künftige
Regierungspartei. Deshalb ist sie interessant für mich und andere pragmatische
Denker. Wir wollen Beziehungen zu denen aufbauen, die zweifellos an die Macht
kommen.