Aachen Alsdorf Baesweiler Eschweiler Herzogenrath Monschau Roetgen Simmerath Stolberg Würselen Auskunftsersuchen der Kommunalen Aktionsgemeinschaft DreiländerRegion gegen Tihange an die EU-Kommission Erkelenz Mönchengladbach Ennepe-Ruhr-Kreis Wetter (Ruhr) Leverkusen Nümbrecht Rheinbach Mülheim an der Ruhr Hamminkeln Hagen Elsdorf Bernkastel-Wittlich Cochem-Zell Hürtgenwald Weiler-la-Tour Gemeng Munneref Tuntange Troisvierges Lac de la Haute-Sûre Frisange Weiswampach Rambrouch Seite 1 von 8 StädteRegion Aachen Herr Helmut Etschenberg Städteregionsrat Zollernstraße 10 52070 Aachen Europäisches Parlament Herrn Präsident Martin Schulz Rue Wiertz 1047 Brüssel Belgien Besorgte Bürgerinnen und Bürger in Europa; Hier: Sicherheit des Reaktors Tihange 2 in Belgien Sehr geehrter Herr Präsident Schulz, wir bedanken uns für die Möglichkeit, Ihnen unser Anliegen persönlich erläutern zu dürfen, und überreichen Ihnen anliegend unser heute, als Repräsentanten der kommunalen Ebene aus den Niederlanden, Luxemburg und Deutschland, an Herrn Kommissar Cañete gerichtetes Auskunftsersuchen nebst Anlagen. Wir bitten Sie und das Europäische Parlament, unser Anliegen in jeder erdenklichen Hinsicht mit angemessenen Maßnahmen zu unterstützen. Wir vertrauen darauf, dass Sie die berechtigten Sorgen der von uns vertretenen Menschen ernst nehmen. Unser Anliegen betrifft den Weiterbetrieb des belgischen Kernreaktors Tihange 2, den die belgische Föderalagentur für Nuklearkontrolle (FANC) im November 2015 genehmigt hat. Die Bürger der StädteRegion Aachen sowie zahlreicher Kreise, Städte und Gemeinden in den Niederlanden, Luxemburg, Belgien und Deutschland sind extrem besorgt, tief verunsichert und stark beunruhigt in der wichtigen Frage der Sicherheit dieses belgischen Kernreaktors. In zahlreichen Kundgebungen machen die Bürger dies seit Monaten immer wieder deutlich. Die belgischen Behörden und der Betreiber haben offensichtlich auch selbst Sicherheitsbedenken, da nach einer kürzlich getroffenen Entscheidung des Gesundheitsministeriums in Belgien Jodtabletten verteilt werden (sollen) und das Kühlwasser des Reaktors für Störfälle in sonst völlig unüblicher Weise ständig vorgeheizt wird. Als gewählte Vertreter unserer Bürger greifen wir deren Sorgen auch aus persönlicher Überzeugung auf. Wir werden alle denkbaren Schritte unternehmen, damit die Sicherheit Seite 2 von 8 des Reaktors gewährleistet wird oder – falls und solange die Sicherheit insbesondere bei einem Störfall nicht belastbar nachgewiesen wird – der Reaktor stillgelegt wird. Bitte seien Sie versichert: Wir haben größten Respekt vor dem souveränen Königreich Belgien. Aber wir müssen angesichts der bestehenden Unsicherheiten und Unklarheiten dafür eintreten, dass die Menschen in unserer Region sicher leben. Nach Ansicht internationaler Experten bestehen erhebliche Zweifel an der Sicherheit des Kernreaktors Tihange 2. Bei Untersuchungen zeigten sich mehrere tausend Risse im Reaktordruckbehälter, der den Reaktorkern mit den Brennelementen umgibt. Bislang ist völlig ungeklärt, welche Auswirkungen diese Risse auf die Sicherheit des Reaktors im Störfall haben. Die FANC gesteht zu, dass Zweifel bestehen. Sie hat nach eigenen Angaben weder geprüft noch dokumentiert, ob der Reaktor Tihange 2 bei einem Störfall den europaweit vorgeschriebenen und üblichen Sicherheitsanforderungen genügt. Für die deutsche Reaktorsicherheitskommission, eine Expertengruppe die die deutsche Bundesumweltministerin in Fragen der Sicherheit von Kernkraftwerken berät, ist in Bezug auf eine Störfallbelastung nicht nachvollziehbar, dass die hierfür geforderten und in den Nachweisen ausgewiesenen Sicherheitsabstände tatsächlich erreicht werden. Vielmehr bedürfe es weiterer Nachweise sowohl experimenteller als auch analytischer Art (Anlage 1 zum Ergebnisprotokoll der 483. Sitzung der Reaktor-Sicherheitskommission vom 13.04.2016). Ein Störfall ist in Abgrenzung zum Regelbetrieb nicht nur dann anzunehmen, wenn eine erhöhte Strahlenbelastung auftritt, sondern kann auch aus externen Ursachen resultieren. Ein Störfall entsteht unter anderem, wenn es zu menschlich bedingten Fehlhandlungen (z.B. Kühlwasserzufuhr) kommt, ein Erdbeben die Region um das Kernkraftwerk erschüttert (wie beispielsweise 1992 im niederländischen Roermond – ca. 100 km von Tihange entfernt – mit einer Stärke von 5,9 auf der Richterskala) oder wenn es im Kernkraftwerk zu einer Explosion (beispielsweise aufgrund eines von außen eintretenden Ereignisses wie z.B. eines terroristischen Angriffs) kommt. Internationale Experten kritisieren in verschiedenen Stellungnahmen, dass die Wiederinbetriebnahmegenehmigung der FANC nach Auffinden der Risse auf diversen Annahmen und Prämissen beruht, die nicht bewiesen sind. So hat die FANC beispielsweise nicht die Belastbarkeit des Materials des Reaktordruckbehälters in Tihange 2 getestet, sondern stattdessen Material aus einem anderen, ausgedienten Reaktordruckbehälter. Im Rahmen ihrer abschließenden Analyse nimmt die FANC an, die mit dem fremden Material ermittelten Ergebnisse seien auf Tihange 2 übertragbar – ohne dies näher zu begründen. Unpassende Testergebnisse hat die Behörde als „abnormale Ausreißer“ ausdrücklich nicht weiter in die Prüfung einbezogen. Eine Worst-Case Betrachtung, welche die Konsequenzen darstellt, die sich einstellen würden, wenn die Prämissen falsch sind, fehlt vollständig. Im Ergebnis hat die FANC nach Ansicht internationaler Experten nicht ausreichend nachgewiesen, dass die Sicherheit des Kernreaktors Tihange 2 auch im Falle dieser nicht unrealistischen Störfälle gewährleistet ist. Seite 3 von 8 Die Risiken für die in den umliegenden Kommunen lebenden Menschen sind erheblich. Ein von der StädteRegion Aachen in Auftrag gegebenes meteorologisches Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die radiologischen Auswirkungen auf das ca. 70 km entfernte Aachen bei einem Versagen des Reaktordruckbehälters mit denen auf Städte innerhalb der 20 km Sperrzone um den japanischen Meiler Fukushima vergleichbar sind. Die zu erwartende Lebenszeitdosis für einen Bürger der StädteRegion Aachen wäre 20mal höher als der Wert, der in der deutschen Strahlenschutzverordnung festgelegt ist (Gutachten des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien). Bei Ostwind betreffen dieselben Risiken auf das ca. 80 km entfernte Brüssel zu. Das Kernkraftwerk Tihange liegt im Dreiländereck Niederlande – Deutschland – Belgien in der Region Wallonie ca. 30 km süd-westlich von Lüttich. In einer Zone von ca. 100 Kilometern um den Reaktor, in der auch Brüssel liegt, leben mehrere Millionen Menschen. Auf der nachfolgenden Karte ist die Lage des Kernkraftwerks Tihange sowie der Unterstützer dieses Schreibens dargelegt. Der eingezeichnete Kreis hat einen Radius von ca. 100 km. Seite 4 von 8 Quelle: Google Maps In anliegendem Schreiben bitten wir die Europäische Kommission, - uns sämtliche Informationen zur Verfügung zu stellen, die der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk Tihange 2 vorliegen, - alle der Europäischen Kommission zustehenden Informationsansprüche gegenüber dem Königreich Belgien sowie weiteren Adressaten geltend zu machen, Seite 5 von 8 - zu prüfen, ob das Königreich Belgien mit seinem Vorgehen in Bezug auf den Kernreaktor Tihange 2 gegen Vorgaben aus den europäischen Verträgen verstoßen hat bzw. verstößt. Dazu stellen wir in den dem Schreiben an die Europäische Kommission beiliegenden Anlagen die Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk Tihange 2 ausführlich dar, um einen Eindruck davon zu vermitteln, auf welchen Sachverhalt sich die Sorge unserer Bürger bezieht (Anlage I). Schließlich fassen wir im Rahmen einer rechtlichen Würdigung zusammen, welche Rechte, Pflichten und Handlungsmöglichkeiten der Europäischen Kommission bestehen und auf welchen europäischen Rechtsgrundlagen diese fußen (Anlage II). Eine Auswertung der Presseberichte im Zusammenhang mit dem Kernreaktor Tihange 2 enthält Anlage III. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie und das Europäische Parlament uns in dieser für uns alle so wichtigen Angelegenheit in der Form, wie Sie es für angemessen halten, unterstützen würden. Im Schadensfall wären mehr als 8 Millionen Menschen teilweise existenziell betroffen. So ist zu erklären, dass die Menschen in diesem Lebensraum, der Belgien, die Niederlande, Luxemburg und Deutschland umfasst, konkrete und unmittelbare Angst erfasst hat. Die Angst dieser Menschen wird dadurch verstärkt, dass Sie ohnmächtig erleben müssen, dass - obwohl ansonsten sehr viel geregelt zu sein scheint - zwischenstaatliche Einflussmöglichkeiten nicht gegeben sind oder nicht ergriffen werden. Insofern richten sich der Blick und die Hoffnung der Menschen in unserem Lebensraum nun auf das Europäische Parlament und seine unmittelbar gewählten Abgeordneten. Die Menschen hoffen und erwarten, dass Sie, sehr geehrter Herr Präsident Schulz und die Abgeordneten des Europaparlaments sich unser Anliegen gegenüber der Kommission zu eigen machen und nach Kräften unterstützen. Dies bietet die Chance, in Zeiten, in denen eine gewisse 'Europaverdrossenheit' um sich greift, den Menschen zu beweisen, dass Europa mehr war und ist als eine ‚SchönwetterVision‘. Dass ‚unser Europa‘ ein ‚Europa der Bürger‘ ist und mit seinen Abgeordneten an der Seite seiner Bürger steht, wenn es darum geht, Leben und körperliche Unversehrtheit der Menschen zu gewährleisten. Seite 6 von 8 Im Namen unserer Bürger verbleiben wir mit verbindlichem Dank für Ihre Unterstützung StädteRegion Aachen Alsdorf Baesweiler Helmut Etschenberg Marcel Philipp Alfred Sonders Dr. Willi Linkens Eschweiler Herzogenrath Monschau Rudi Bertram Christoph von den Driesch Margareta Ritter Roetgen Simmerath Stolberg Würselen Jorma Klauss Karl Heinz Dr. Tim Arno Nelles Hermanns Grüttemeier Düren Euskirchen Heinsberg Erkelenz Wolfgang Spelthahn Günter Rosenke Stephan Pusch Peter Jansen Rhein-Erft-Kreis Kerpen Viersen Bitburg-Prüm Michael Kreuzberg Dieter Sprück Dr. Andreas Coenen Joachim Streit Vulkaneifel Maastricht Vaals Heinz-Peter Thiel Annemarie Reg van Loo Penn-te Strake Gülpen-Wittem Mönchengladbach Wetter Ville De Remich Bas van den Tillar Hans Wilhelm Reiners Frank Hasenberg Henri Kox Cliärref Troisvierges Wiltz Heerlen Emile Eicher, Edy Mertens Fränk Arndt Ralf Kreewinkel Köln Bedburg Hürth Elsdorf Henriette Reker Sascha Solbach Dirk Breuer Andreas Heller Seite 7 von 8 Rhein-Kreis-Neuss Hans-Jürgen Düsseldorf Thomas Geisel Gelsenkirchen Hürtgenwald Dr. Christopher Schmitt Axel Busch Petrauschke Solingen Rheinisch-Bergischer Kreis Krefeld Wesel Tim Kurzbach Dr. Hermann-Josef Frank Meyer Dr. Ansgar Müller Tebroke Koblenz Meerbusch Ennepe-Ruhr-Kreis Rheinbach Prof. Dr. Joachim Angelika Olaf Schade Stefan Raetz Hofmann-Göttig Mielke-Westerlage Meerssen Leverkusen Hamminkeln Bernkastel-Wittlich Mirjam Uwe Richrath Bernd Romanski Gregor Eibes Hagen Cochem-Zell Mülheim an der Ruhr Nümbrecht Erik O. Schulz Menfred Schur Ulrich Scholten Hilko Redenius Clermonts-Aretz Seite 8 von 8
© Copyright 2024 ExpyDoc