Vom Totengräber zum Propheten

Vom Totengräber zum Propheten
Die wundersame Wandlung von Günther Oettinger
Thorsten Preugschas, Geschäftsführer der Soventix GmbH,
einem international tätigen Projektentwickler von Solarkraftwerken, reagiert auf die Kritik von Herrn Oettinger an
der Energiewirtschaft und Energiepolitik: Die Äußerungen
werfen ein schlechtes Licht auf den früheren EU-Energiekommissar. Herr Oettinger hat mit seiner Klientelpolitik
daran mitgewirkt, dass Solarenergie in Europa deutlich teurer wurde. So wurden hunderttausende Jobs in der Branche
vernichtet. Nun kritisiert er, dass Solarstrom in Deutschland
zu teuer wäre. Der Totengräber von gestern wandelt sich
zum Propheten für ein besseres Morgen? Dieses Gerede hat
mit seriöser Politik nichts zu tun! Thorsten Preugschas · Geschäftsführer Soventix GmbH
6. Oktober, Wesel – Auf einer Tagung des Weltenergierates in Berlin hat ein europäischer Spitzenpolitiker zum Rundumschlag ausgeholt. Er kritisierte Photovoltaik-Anlagenbesitzer
in Deutschland, mahnte bei der Energiewende und gab Ratschläge, wie die Bundesregierung ihre Energiepolitik gestalten
solle – ganz normaler politischer Alltag könnte man meinen.
Dem würde ich zustimmen, wenn nicht der Mahner Herr Oettinger gewesen wäre. Konrad Adenauer, den Herr Oettinger
als sein großes Vorbilder bezeichnet, sagte einst: „Man muss
auch an das Gestern denken, wenn man das Morgen wirklich
gut und dauerhaft gestalten will.“ Richten wir also den Blick
ein paar Jahre zurück: Allen Warnungen zum trotz hat Herr
Oettinger als EU-Energiekommissar daran mitgewirkt, dass
asiatische Solarmodule in Europa mit hohen Einfuhrzöllen belegt werden. Das Resultat: Während andere Länder von den
stetig sinkenden Produktionskosten profitieren, verharren die
Preise in Europa auf einem hohen Niveau. Er hat mit seinem
kurzsichtigen Handeln der europäischen Solarbranche massiv
geschadet. Dass sich die Person, die in der Branche hunderttausende Arbeitsplätze vernichtet hat, nun als Prophet aufspielt, ist an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten.
Herr Oettinger hat sich jedoch nicht nur moralisch
höchst fragwürdig verhalten. Auch inhaltlich sind seine Aussagen kaum haltbar. Er offenbart erneut ein mangelndes Verständnis für das Photovoltaikgeschäft, das er auch während
seiner Zeit als EU-Energiekommissar immer wieder vermissen ließ. Herr Oettinger hat natürlich recht damit, dass Solarplatten im Emsland weniger effizient sind als in Spanien oder
Italien. Daraus zu schlussfolgern, dass Solaranlagen nur in
Süddeutschland sinnvoll wären, greift allerdings viel zu kurz.
Er verkennt bei seiner Argumentation, dass Solaranlagen eine
dezentrale Energieversorgung ermöglichen. Strom wird dort
produziert wo er benötigt wird. Genau dies ist ein großes
Problem, bei den von Herrn Oettinger hoch gelobten Offshore-Windenergieparks. Er fordert die Politik auf, ihren Ausbau mit Hochdruck weiter voranzutreiben. Dabei sollte bei
der Windenergie nicht der weitere Zubau von Windkraftanlagen vorrangig sein, sondern der Ausbau der Stromnetze.
Die hohen Effizienzverluste dabei, den Strom von der Nordoder Ostsee nach Bayern oder Baden-Württemberg zu
karren, sind nicht zielführend. Herr Oettinger hat bereits
während seiner Zeit als EU-Energiekommissar die falschen
Schwerpunkte gesetzt. Nun knüpft er mit abenteuerlichen
Ratschlägen an seine einstigen Fehlentscheidungen an.
Die Branche hat mit aktionistischen Entscheidungen
bereits viel Zeit verloren. Es ist nicht lange her, dass sich
Europa bei erneuerbaren Energien in der „Pole Position“ befand. Die Fußfesseln, die hiesigen Unternehmen Tag für Tag
von der Politik angelegt werden, haben die Geschwindigkeit
der Entwicklung jedoch stark gebremst. Deutschland wird
zunehmend von anderen Ländern überholt und scheint
den Anschluss zu verlieren. Ohne den bürokratischen Irrsinn der letzten Jahre, könnte Deutschland heute eine ganz
andere Stellung einnehmen. Ähnlich wie in der Automobilindustrie könnten wir auch bei den erneuerbaren Energien
zu den internationalen Marktführern zählen. Weitere Verzögerungen sind nicht hinnehmbar, wenn
die Politik ihre ambitionierten Klimaziele ernst nimmt. Immer
wieder ist zu lesen, dass die Energiewende „gegen die Wand
gefahren“ wurde oder Politiker zu spät handeln würden.
Auch hier eignet sich ein Zitat von Herrn Adenauer: „In der
Politik ist es niemals zu spät. Es ist immer Zeit für einen neuen
Anfang.“ Wir sollten uns daher dringend von einer „Marktschreier-Politik“ a la Oettinger verabschieden und endlich
damit anfangen, die Hindernisse abbauen, die dem Ausbau
erneuerbarer Energien in Europa im Wege stehen.
Kontakt für Presseanfragen:
Soventix GmbH · Jan Hutterer · Tel. +49 281 40 56 77 100 · www.soventix.com · [email protected]