Geduld zahlt sich auf lange Sicht aus

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Spezial
MITTWOCH, 21. SEPTEMBER 2016, NR. 183
Schub
Mischfonds
dem sie keine frischen Gelder mehr
aufnehmen. Aufgrund der teilweise
überhitzten Immobilienmärkte
würden die Fonds verstärkt in den
eigenen Bestand, in B-Standorte
und in neue Projekte investieren.
2015 entfielen ungefähr 15 Prozent
des Ankaufs volumens auf Projektentwicklungen.
Diese Strategie verfolgt auch Thomas Meyer, Vorstand der Wertgrund
Immobilien AG, bei dem offenen
Publikumsfonds Wertgrund WohnSelect D. Bei dem 2010 aufgelegten
Fonds fließt das Geld ausschließlich
in deutsche Bestandsimmobilien,
wobei 90 Prozent Wohneinheiten
sind. Seit März 2015 liegt zudem ein
Cash-Stop auf dem Fonds. „Wir wurden auf einmal überschwemmt mit
Liquidität von zehn bis 15 Millionen
Euro pro Monat, während es sonst
zwei bis drei Millionen Euro waren.“
Nur für die Neuinvestitionen in diesem Jahr öffnete Meyer kurzzeitig
die Schleusen, so kamen innerhalb
eines Monats rund 40 Millionen Euro zusammen. Dabei investierte das
Unternehmen zuletzt in zwei Wohnkomplexe am Stadtrand von Hamburg und in ein 70er-Jahre-Wohnhaus in Köln.
Stefan Duchateau Brüssel
V
iele Anleger, die Geld in
Mischfonds investiert haben,
sind angesichts der niedrigen
Renditen von Staatsanleihen um die
Wertentwicklung dieser Fonds besorgt. Dabei sind Mischfonds gerade
in einem Umfeld niedriger Zinsen
wertvoller denn je. Ihre besonderen
Stärken, die Möglichkeit zur Diversifikation und die Fähigkeit, Risiken zu
puffern, werden vom Zinsniveau
nicht beeinträchtigt. Angesichts der
minimalen Zinsen im Bond-Bereich
scheinen diese Vorzüge jedoch einen
relativ hohen Preis zu besitzen. Fragt
sich nur, wer diesen Preis bezahlen
muss. Anleger mit hoher Risikoscheu blicken nicht über kurze Zeitspannen hinaus. Wer Angst vor Verlusten hat, sieht überall Gefahren
und lässt sich vom Auf und Ab an
den Börsen mitreißen. Es sind diese
Anleger, die von den niedrigen Zinsen am stärksten betroffen sind, aus
Furcht vor Verlusten trennen sie sich
oft zu früh von ihren Investments.
Erfahrene Anleger denken dagegen
stets langfristig. Sie wissen, dass Aktien auf Dauer weitaus profitabler
sind als Staatsanleihen. So gesehen,
muss die eigentliche Frage lauten:
Wie viel kann ich im Rahmen eines
Mischfonds in Aktien investieren
und dabei mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent eine positive
Rendite erwarten? Die Antwort
hängt davon ab, wie viel Zeit der Anleger mitbringt. Bei einer jährlichen
Aktienrendite von 7,5 Prozent und
einer Bond-Rendite von zwei Prozent kann ein Investor mit einem
Zeithorizont von fünf Jahren bis zu
31 Prozent Aktien in seinem Mischfonds halten. Steigt der Anlagezeitraum auf zwölf Jahre, kann er den
Aktienanteil auf bis zu 90 Prozent
hochfahren.
Doch wirklich überraschend und
nicht auf Anhieb zu verstehen ist die
Tatsache, dass der Anteil von Staatsanleihen in einem klassischen Mischfonds steigen muss, wenn die Renditen dieser Asset-Klasse fallen. Der
Grund ist simpel: Vielen Anlegern
lastet die Angst vor finanziellen Verlusten wie eine schwere Bürde auf
den Schultern. Wenn der stabile Teil
ihres Portfolios, also die Staatsanleihen, weniger Ertrag bringt, sind sie
gezwungen, ihren Aktienanteil zugunsten der festverzinslichen Anlagen herunterzufahren, um die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes im Gesamtportfolio
zu
reduzieren.
Spanische, italienische, polnische
und ausgewählte Staatsanleihen aus
den Schwellenländern bieten ausreichende und sichere Erträge. Und
auch wenn der Euro derzeit keinen
guten Ruf genießt: die Währungsunion ist stabil genug, um langfristig in
Staatsanleihen auch der sogenannten
Peripherieländer zu investieren. Da
die meisten Anleger eine ausgeprägte
Risikoaversion und einen relativ kurzen Zeithorizont haben, führt für sie
auch in Zeiten niedriger Zinsen kein
Weg an Staatsanleihen vorbei.
Professor Stefan Duchateau ist Experte für Risiko- und Portfoliomanagement und Fondsberater des Fonds
PTAM Global Allocation UI.
Besseres Management
mauritius images
Angst vor Verlusten ist groß
Schub
Shoppingcenter Diagonal Mar:
Fondsmanager kaufen
verstärkt Immobilien
im Ausland.
Geduld zahlt
sich auf lange
Sicht aus
Offene Immobilienfonds
Auf der Suche nach
lukrativen Investments
Bei den überhitzten Märkten wird es schwierig, renditeträchtige Objekte
zu finden. Einzelne Fonds setzen nach dem Brexit auf England.
E
ine Verkaufsfläche von
87 000 Quadratmetern
und mehr als 190 Geschäfte auf drei Etagen
– das spanische Diagonal Mar in Barcelona gilt als zweitgrößtes Shoppingcenter im Land
und ist umgeben von luxuriösen
Apartmentgebäuden,
Tophotels
und Tageszentren. Seit Anfang August befindet sich die Immobilie im
Besitz der Deutschen Bank. Kaufpreis: rund 490 Millionen Euro. Sie
ist heute Teil des offenen Immobilienfonds „grundbesitz europa“.
Auch für ihre zwei anderen offenen
Immobilienfonds „grundbesitz global“ und „Fokus Deutschland“ sind
die Manager auf Einkaufstour.
Sie suchen neben teuren Objekten in Toplagen im Einzelhandel
und Hotelbereich nach bisher weniger bekannten Segmenten: Das
Anlegergeld fließt mitunter in Studentenwohnheime in den USA.
Beim Fonds „Fokus Deutschland“
suchen die Investmentmanager gezielt in Städten wie Nürnberg,
Mainz oder Dresden.
Das Interesse der Deutschen
Bank an B-Lagen und Studentenwohnheimen mag verwundern.
Fondsmanager müssen mehr
Risiko eingehen, um eine
adäquate Gesamtrendite zu
erwirtschaften.
Gökhan Aydinli
Immobilienexperte bei der Ratingagentur Scope
Doch die offenen Immobilienfonds
stehen heute unter großem Druck,
das Geld der Anleger gewinnbringend zu investieren: „Der Preis für
das Gut Immobilie steigt. Das ist einerseits gut für Verkäufer, drückt
aber auf der anderen Seite auf die
Immobilienwertrendite, so dass
Fondsmanager tatsächlich mehr Risiko eingehen müssen, um eine
adäquate Gesamtrendite zu erwirtschaften“, sagt Gökhan Aydinli, Immobilienexperte von der Ratingagentur Scope.
Die Nachfrage von Anlegern nach
offenen Immobilienfonds, ob privat
oder aus dem institutionellen Bereich, ist nach wie vor ungebrochen.
Laut des deutschen Fondsverbands
BVI verzeichneten die offenen Immobilienfonds in den ersten sieben
Monaten des Jahres Nettomittelzuflüsse in Höhe von 3,9 Milliarden
Euro. Das ist mehr als im gesamten
Vorjahr, als offene Immobilienfonds
3,3 Milliarden Euro einsammelten.
Diese Fonds verwalteten Ende Juli
2016 ein Nettovermögen von 87 Milliarden Euro. Wie die Ratingagentur
Scope Analysis in ihrer Marktstudie
feststellt, stoppen viele Fonds mittlerweile die Zuflüsse der Anleger, in-
Investmentfonds
MITTWOCH, 21. SEPTEMBER 2016, NR. 183
Bei diesen Investments bestehe
noch erhebliches Sanierungspotenzial. Zum Teil könne man die Gebäude zudem weiter ausbauen
oder auch auf dem Grundstück ein
bestehendes Baurecht nutzen, begründet Meyer die Auswahl. „Die
aktuelle Marktsituation ist schon eine extreme Herausforderung. Daher suchen wir heute gezielt nach
Immobilien, mit denen wir noch eine Wertsteigerung erzielen können“, so Meyer.
Profitieren können die Fonds dabei von einem deutlich professionelleren Asset-Management als früher. Dazu zählt für Gernot Archner,
Geschäftsführer des Bundesverbands der Immobilien-InvestmentSachverständigen (BIIS), die größere Erfahrung auf internationalen
Märkten und eine deutlich selektivere Auswahl von Immobilien als
noch vor zehn Jahren und dass es
für alle Investitionen heute auch einen klaren Exitplan gibt. „Früher
hat man auch schlechte Anlageobjekte häufig noch weiter mitgeschleppt, heute versucht man, diese möglichst frühzeitig zu noch attraktiven
Marktpreisen
zu
veräußern. Hier wird sehr aktives
Transaktionsmanagement zur konstanten Verbesserung der Produktqualität betrieben.“ Auch England
sei trotz Brexits nach wie vor ein
interessanter Markt.
Für die Deutsche Bank bietet der
Ausstieg aus der EU sogar Chancen, wie Ulrich Steinmetz, Geschäftsführer des Bereichs für Immobilienfonds im Asset-Management der Bank, erklärt. „Einige
Investoren ziehen sich gerade aus
dem Markt zurück, dadurch haben
wir dank unserer langjährigen
Marktkenntnis jetzt die Möglichkeit, sonst sehr stark nachgefragte
Objekte im Wohnbereich oder Einzelhandel leichter zu akquirieren.“
Der Fokus liege dabei weniger auf
London, sondern vor allem auf den
umliegenden Städten wie Manchester, Birmingham oder Glasgow.
Lara Sogorski
Fondsabwicklungen
Der Zeitplan ist eng
O
bwohl Analysten den sich in der
Abwicklung befindlichen offenen Immobilienfonds CS Euroreal A der schweizerischen Großbank
Credit Suisse unter Zeitdruck sehen,
gibt sich Frank Schäfer, Mitglied im Global Real Estate Committee der Credit
Suisse Real Estate Investment Management, optimistisch. „Wir liegen bisher
gut im Zeitplan“, so Schäfer. Noch sieben Monate hat die Kapitalverwaltungs-
Anzeige
gesellschaft Zeit, um alle derzeit noch
verbliebenen 32 Immobilien im Buchwert von 1,9 Milliarden Euro zu veräußern. Danach geht das Verwaltungsmandat für den Fonds auf die Depotbank über.
Neben dem CS Euroreal sind noch 17
weitere Fonds in der Abwicklung. Für
die meisten läuft die Frist im Frühjahr
2017 ab, bevor die Produkte auf die Verwahrstelle übergehen. Nach einer Un-
tersuchung des Beratungshauses Drescher & Cie Immo Consult haben von
den Immobilienfonds, die noch nicht
auf die Depotbank übergegangen sind,
der KanAM Grundinvest, der KanAm
Spezial Grundinvest und der CS Euroreal den höchsten Anteil an guten Objekten. Dennoch gehen die Experten
davon aus, dass ein Teil der 17 Fonds
die komplette Abwicklung vor Fristablauf nicht schafft. Lara Sogorski
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