Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und Kultur

Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und Kultur
Susanne Maron
Projekt „Familienvielfalt“ Trier
Gabi Laschet-Einig
Projekt „Familienvielfalt“ Koblenz
20.09.2016
9-15 Uhr
Bürgerhaus Trier-Nord
Gliederung
• Begrifflichkeiten
• Heteronormativität
• Coming-out
• Flucht und LSBTI – ein Überblick
• Mittagspause (12.30-13.00 Uhr)
• Rechtliche Grundlagen
• LSBTI vor Ort – Welche Unterstützung wird
gebraucht?
• Feedback
Begrifflichkeiten
Das Queer -
Begrifflichkeiten
SEXUELLE ORIENTIERUNG
heterosexuell – bisexuell – homosexuell (lesbisch, schwul)
GESCHLECHT
 Biologisches Geschlecht:
Frau – intersexuell – Mann
 Geschlechtsidentität:
Cisidentität
Transidentität (transgender, transsexuell, transident)
 Soziales Geschlecht (Geschlechterrolle)
Alex...
Zum ersten Mal verliebt
Heteronormativität
Heteronormativität
Was ist das?
• Heterosexualität als Norm
• Binäres Geschlechtersystem (sexuelle und geschlechtliche Identität und
Rollenverhalten)
• Stigmatisierung dessen, was von der Norm abweicht
• Hürden für LSBTI:
• Gefühl „ich bin anders“ (...) „Ich passe nicht dazu“ (...) „Ich fühle mich
allein“
• ständige Rechtfertigung
• „Nicht – Mitdenken“ von LSBTI Bedürfnissen
• Drängen von LSBTI an den Rand der Gesellschaft
Heteronormativität
•
Norm der Zweigeschlechtlichkeit und des gegengeschlechtlichen
Begehrens
• binäres Geschlechtersystem (Rollenverhalten)
•
Heterosexualität und Cisgeschlechtlichkeit als „das Normale“
•
heterosexuelle bzw. cisgeschlechtliche Vorannahme
•
Stigmatisierung dessen, was von Norm abweicht
• Anders sein als „Privatsache“
Signale des „gewünschten Hauptwegs“:
bauen Hürden auf für LSBTI, führen zum Verstecken
Coming-out
Inneres Coming-out
Prozess der Bewusstwerdung und Entwicklung
einer lesbischen, schwulen oder bisexuellen Identität
Dauer im Durchschnitt 2,5 Jahre*
*Meike Watzlawik, Julia Kobs, Katja Duntsch: Ich bin anders als die anderen. Online-Befragung, TU
Braunschweig 2004 (Stichprobe: 1873 Personen (w = 47,9 %, m = 52,1 %), Durchschnittsalter 19,4 Jahre)
Äußeres Coming-out
Öffentlichmachen der eigenen Identität gegenüber anderen
Lebenslanger Prozess
ca. 5-10% der Bevölkerung sind homosexuell, bi oder trans*
Wann wird einem das bewusst?
- bis zum Alter von 15 Jahren: 85%
- „schon immer gewusst“: 10%
Lynne Hillier et.al.: Writing Themselves In 3. Melbourne 2010. (Stichprobe: 3134 Jugendliche)
Coming-out
Inneres Coming-out
• Selbstwahrnehmung: „Ich bin anders“ (falsch, nicht zugehörig)
• Bewusstwerden der gleichgeschlechtlichen Orientierung
• Unsicherheit, Verdrängung, Stigmavermeidung
• Zeit der (inneren) Einsamkeit: evtl. lange Unterdrückung, Rückzug
aus Freundschaften, Aktivitäten, Hobbys
• immer stärkerer Druck
• Fehlen von Begrifflichkeiten und Informationen, um nichtheterosexuelle oder nicht-cisgeschlechtliche Empfindungen
verstehen und beschreiben zu können
Dr. Claudia Krell, Kerstin Oldmeier: Coming Out – und dann…?!, München 2015
Coming-out
„Was ging dir durch den Kopf, als dir das erste Mal bewusst wurde,
dass du dich von jemand anderem sexuell angezogen fühlst?“
Heterosexuelle
Jugendliche
Bisexuelle
Jugendliche
Homosexuelle
Jugendliche
„Verliebtheit und
Schwärmerei“
32,2 %
3,1 %
6,5 %
„Panik und
Verzweiflung“
1,7 %
17,4 %
21,9 %
Meike Watzlawik: Uferlos? Jugendliche erleben sexuelle Orientierungen. Aachen 2004
(Stichprobe: 271 Mädchen und 447 Jungen)
Coming-out
Verhaltensänderung und Gefahren im (inneren) Coming-out:
Antizipieren möglicher Reaktionen der Umwelt = Stress
• Leistungsabfall, Lernprobleme, Verhaltensstörungen
• Depressionen
• Höhere Anfälligkeit für Alkohol- und Drogenmissbrauch
• Suizidrisiko 4-7 mal höher
Schwule Jugendliche: Ergebnisse zur Lebenssituation, sozialen und sexuellen Identität. Studie des
Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales, 2001
„Zur Lebenssituation junger Lesben und Schwuler - Homosexualität und Suizidalität“ in „Stärke gefragt - Eltern
und ihre homosexuellen Kinder. Tagungsband BEFAH e.V., Berlin 2003
Gregor Faistauer, Dr. Martin Plöderl: Out in der Schule. Schwule Männer über ihre Schulzeit. Salzburg 2006
Pause
LSBTI und Flucht
1. „Welche Erfahrungen hat Ibrahim, in Bezug auf
seine sexuelle Identität, in seinem Heimatland
gemacht?“
2. Bilden Sie 5er Gruppen.
3. Tauschen Sie sich über den Kurzfilm aus und
notieren Sie ihre Ergebnisse auf Moderationskarten.
4. Dafür haben Sie 10 Minuten Zeit.
5. Präsentieren Sie ihre Ergebnisse dem Plenum.
LSBTI weltweit
LSBTI und Flucht
Woher kommen queere Refugees
Syrien
3 Jahre
Haft
Bußgeld
Ägypten
Kenia
Somalia
Kamerun
Eritrea
3 Jahre
Haft
14 Jahre
Haft
Bußgeld
männliche
Homosexua
lität
3 Jahre Haft
SchariaGebieten =
Todesstrafe
5 Jahre
Haft
Bußgeld
3 Jahre
Haft
§
Gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Vorurteile = Spießrutenlauf,
Homophobie und Transphobie im Alltag und sozialen Umfeld, Tabuisierung
der Thematik
Fluchtgrund: Krieg und Unruhen und/oder Verfolgung und Diskriminierung aufgrund der
sexuellen Orientierung/sexuellen Identität
LSBTI weltweit
LSBTI und Flucht
LSBTI MIT FLÜCHTLINGSHINTERGRUND
 Unterschiedliche kulturelle Konzepte in Bezug auf LSBTI
(Familie, Religion)
 Unterschiedliche Rechtslage und gesellschaftliche Akzeptanz
im Heimatland und in Deutschland
 Teilweise Unkenntnis oder unrealistische Vorstellungen über
Rechtslage in Deutschland
 Häufig nicht geoutet oder selektives äußeres Coming-out
 Gewalt und Diskriminierung erfahren, Freund_innen verloren
 Mehrfach-Diskriminierung
Geschlechterspezifische
Verfolgung
 in der Qualifikationsrichtlinie (sowohl in Richtlinie 2011/95/EU
als auch in ihrer Vorgängerrichtlinie 2004/83/EG) sind in Artikel
9 (2) f) „Handlungen, die an die Geschlechtsgehörigkeit
anknüpfen“ ausdrücklich als Verfolgungshandlungen genannt.
 sexueller Gewalt
 Formen der Diskriminierung auf Basis des Geschlechts
 sexuellen Orientierung
 Ehrenmord, Zwangsabtreibung, Zwangsheirat
 Zwangssterilisierung, Zwangsverstümmelungen (weibliche
Genitalverstümmelung)
 häusliche Gewalt
LSBTI und Flucht





Problem „gesteigertes Vorbringen“
Problem „sichere Herkunftsstaaten“
Unkenntnis/Stereotype der Entscheider_innen
häufiges Problem: Dolmetscher_innen
häufiges Problem: gemeinsame Unterbringung und
Anhörung von Familien
 Möglichkeit, Kontakte zu anderen LSBTI aufzunehmen?
 In einer Gemeinschaftsunterkunft besteht für LSBTI Gefahr
für Leib und Leben. Eine separate Unterkunft ist notwendig.
Mittagspause
LSBTI Geflüchtete in Deutschland
1.
Bilden Sie bitte drei Gruppen.
2.
Erstellen Sie ein Plakat zu folgenden Fragen:
3.
Gruppe A: Welche gesellschaftlichen Forderungen braucht es, um LSBTI
Geflüchteten zu unterstützen?
4.
Gruppe B: Welche Schritte sind nötig im Kontakt mit Behörden und
Verwaltung, um LSBTI Geflüchtete zu unterstützen?
5.
Gruppe C: Wie kann die Beratungsarbeit LSBTI Geflüchtete
unterstützen?
6.
Dafür haben Sie 15 Minuten Zeit.
7.
Präsentieren Sie ihre Ergebnisse dem Plenum.
Unterstützung und
Handlungsoptionen
• vor Ort:
• Unterkunft:
• Beratung und Anlaufstellen (SCHMIT- • Notrufmöglichkeit bei Übergriffigkeit
Z e.V.)
• Eigene Zuordnung zu geschlechter• Willkommenskultur in der queeren
getrennten Sanitäranlagen
Community
• Vertrauen in das Sicherheitspersonal
• Sensibilität für das Thema in den
Behörden und
Aufnahmeeinrichtungen
• Ehrenamt:
• Schulung der Mitarbeitenden der
Behörden, Ehrenamtlichen und
Hauptamtlichen
• Kein „Nachbohren“ nach
Diskriminierungserlebnissen
• Dolmetscher ohne Ressentiments
• Keine Diskriminierung
• Keine Beurteilung auf Grund von
Vorurteilen
• Kein „Infrage –stellen“ des
Geschlechts oder der sexuellen
Orientierung
Quelle: Miles LSDV Berlin-Brandenburg, Projekt „Queer Refugees“
Feedback
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Was hat mir gefehlt ? Was hat mich gestört?
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit und
Mitarbeit 