Hitzige Debatte in der Metallbauhalle

WB
Dienstag, 20. September 2016, Willisauer Bote, Nr. 75
Kanton Luzern
4
Hitzige Debatte in der Metallbauhalle
ETTISWIL Die FDP-Wahlkreisparteien Willisau und
Entlebuch luden am Donnerstagabend zu einer Podiumsdiskussion über die SP-Steuer
initiative ein. Es zeigte sich
einmal mehr: Wenn es um die
Finanzpolitik geht, reden SP
und FDP aneinander vorbei.
Das aber mit viel Herzblut.
von Monika Wüest
«Riecht Ihr es?», fragte Adrian Scheiber,
Präsident der FDP Ettiswil und Gastgeber der Podiumsdiskussion, zu Beginn
der Veranstaltung. «Riecht Ihr das Eisen? Den Schweiss unserer Arbeiter?
Wir sind hier in einem Unternehmen,
hier sind wir an der Front. Hier wird
jeden Tag produziert, geplant, konstruiert, montiert.» In der Produktionshalle seines Metallbau-Unternehmens
kreuzten am Donnerstagabend Giorgio
Pardini, SP-Kantonsrat und Präsident
des Luzerner Gewerkschaftsbunds,
und Gaudenz Zemp, FDP-Kantonsrat
und Direktor des Gewerbeverbands
des Kantons Luzern, die Klingen zum
Thema SP-Steuerinitiative. Ihm als
ehemaligen Maschinenmech sei dieser
Geruch vertraut, sagte Giorgio Pardini
im Verlauf der Diskussion. Es war der
einzige gemeinsame Nenner, den er
und die FDP an diesem Abend fanden.
Die Diskussion blieb zwar meist sachlich. Doch gegen Ende wurde es in der
Metallbauhalle doch noch hitzig. Das
Verständnis für die gegenseitigen Argumente und Schlussfolgerungen war
nicht sehr gross.
«Rechnung ist nicht aufgegangen»
Auf die Einstiegsfrage von Moderator
Benjamin Häfliger, warum die SP diese
Initiative 2014 lanciert habe, holte Giorgio Pardini zu einem rund zehnminütigen Rundumschlag aus. In den Jahren
2005, 2008 und 2011 habe der Kanton die
Steuern gesenkt – dagegen habe er im
Prinzip nichts, damit das klar sei. Eine
Steuersenkung dürfe aber nicht das
Ziel an sich sein, sondern müsse Teil
einer Strategie sein. Sonst sei es ein
rein ideologischer Entscheid. Doch genau das sei die Senkung der Unternehmenssteuern gewesen. Eine nachhaltige Politik habe gefehlt, deshalb sei die
Steuerstrategie gescheitert. Es seien
Reto Wyss will
EDK-Präsidium
Foto Monika Wüest
Ein «Eintopf von Argumenten»
«Diese Initiative – das ist ein ‹Eintopf
von Argumenten›, von allen Seiten
kommt immer wieder eine neue Zutat
hinein», sagte Gaudenz Zemp. Er brauche für seine Argumente nicht zehn Minuten, wie Pardini. Er könne mit acht
einfachen Sätzen sagen, warum man
Nein stimmen müsse.
Luzern sei vor den Steuersenkungen
für natürliche und juristische Personen
eine Steuerhölle gewesen – mit dem
Effekt, dass die wohlhabenden Privatpersonen und die Firmen weggezogen
seien. «Wir hatten eine Notlage und
mussten etwas ändern.» Seit 2012 habe
der Kanton nun ein funktionierendes
System. «Wir haben im Vergleich zum
schweizerischen
Durchschnitt
ein
überdurchschnittliches
Wirtschaftswachstum und eine unterdurchschnittliche Arbeitslosigkeit. Was wollen wir
mehr?» Nun, da die anderen Kantone
als Folge der Unternehmenssteuerreform III die Steuern senken würden,
komme die SP mit der guten Idee, diese
zu erhöhen. «Das ist die dümmste Idee
im dümmsten Moment. Das müssen wir
bekämpfen.»
Moderator Benjamin Häfliger fragte Zemp, wie er es den Betroffenen der
Sparmassnahmen im Rahmen des Konsolidierungsprogramms 2017 erkläre,
dass man die Steuern für die Unternehmen nicht erhöhen wolle. Zemp erwiderte, es sei schlau von den Linken,
diese beiden Sachen zu vermischen,
aber völlig falsch. «Was haben die 10
Mio. Franken, die bei einer Annahme
der Initiative mehr hereinkommen, mit
diesen 520 Mio. Franken zu tun, die uns
fehlen?»
Pardini erwiderte, viel Kleinmist
ergebe auch einen grossen Misthaufen.
«So bleibt die Schweiz konkurrenzfähig»
Vor der Podiumsdiskussion informierte FDP-Ständerat Damian Müller über
die Unternehmenssteuerreform III
(USR III). In den letzten Monaten sei
in Bundesbern intensiv daran gearbeitet worden. Ständerat und Nationalrat
hätten entschieden, die USR II sei eigentlich bereit dazu, am 1. Januar 2018
eingeführt zu werden. Doch dieser Termin sei in Gefahr: «Die SP hat die Stimmen für das Referendum zusammen.»
privilegien für internationale Firmen
würden von verschiedenen «Playern»
nicht mehr akzeptiert und müssten
abgeschafft werden. Mit der USR III
sollten nun neue Massnahmen eingeführt werden, damit die Schweiz für
die Unternehmen weiterhin attraktiv
bleibe. «Mit der USR III sollen ganz
gravierende volkswirtschaftliche und
finanzielle Schäden vermieden werden.»
Müller erklärte die Gründe für die
Steuerreform: Die heutigen Steuer-
Die wichtigsten Anpassungen seien
die sogenannte «Patentbox» – eine
Selbst die Wirtschaftsförderung gebe
zu, dass die Strategie nicht so erfolgreich gewesen sei wie erhofft. Und ein
intelligenter Unternehmer korrigiere
seine Strategie, wenn er sehe, dass sie
nicht aufgehe. «Hier fährt man einfach
weiter, mit 150 in eine Wand hinein.»
«Zum Steuervorteil Sorge tragen»
Zemp erklärte, warum der Kanton Luzern die Tiefsteuerstrategie brauche.
Jeder Kanton habe seine Ausgangslage.
Zürich habe ein viel grösseres Einzugs-
gebiet und könne den Firmen so einen
Markt bieten, dazu komme ein Flughafen. Basel habe viele Pharmafirmen
mit einer sehr hohen Wertschöpfung,
die sehr viele Zulieferanten brauchten. Beides ziehe Firmen an. Luzern
dagegen sei ein Agrarkanton und habe
derzeit einen einzigen Standortvorteil:
das Kostenumfeld. Und dieses werde zu
einem grossen Teil durch das Steuerniveau definiert. «Wir müssen uns daher
bewusst sein: Wollen wir die Firmen
hier behalten und neue anziehen, müs-
reduzierte Besteuerung der Erträge
von Patenten, die «Inputförderung» –
ein Spezialabzug für Forschungsförderung –, sowie die Möglichkeit der
Kantone, Gewinnsteuern zu senken
und einen Zinsabzug auf überdurchschnittlich hohem Eigenkapital zu
gewähren. Mit diesen Anpassungen
schaffe die Schweiz gute Rahmenbedingungen. «Der Unternehmensstandort Schweiz bleibt international konkurrenzfähig und attraktiv
– und es ziehen keine Unternehmungen weg.»
mow
sen wir zu diesem Wettbewerbsfaktor
grösste Sorge tragen.»
«Steuersenkung hin oder her – wir
sind nach wie vor nicht konkurrenzfähig», hielt Pardini dem entgegen. Und
nun komme auf Bundesebene die Unternehmenssteuerreform III, dann seien die Steuern fast überall gleich hoch
– und dieser Vorteil so oder so weg. Zudem: Wegen dieser 0,75 Prozent Steuererhöhung, wie sie die SP-Initiative vorsehe, gehe kein einziger Arbeitsplatz
verloren. «Das ist Quatsch.»
Verein Rollstuhltixi feiert Jubiläum
BILDUNGSPOLITIK Der Luzerner
Regierungsrat Reto Wyss (CVP)
will Präsident der Konferenz der
kantonalen Erziehungsdirektoren
(EDK) werden. Ende Oktober wählt
die EDK einen Nachfolger für den
nach drei Jahren abtretenden
Christoph Eymann (LDP) aus Basel-Stadt.
REGION Der Fahrdienst Rollstuhltixi macht es möglich,
dass betagte und behinderte
Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen
können. Nun gibt es ihn
bereits seit 25 Jahren.
Reto Wyss wurde von seinen Zentralschweizer Kollegen nominiert.
Peter Gähwiler, Regionalsekretär
der Zentralschweizer Bildungsdirektoren-Konferenz, bestätigte am
Freitag auf Anfrage der SDA Informationen der «Neuen Luzerner
Zeitung». Die Nomination war bereits am 19. Mai 2016 erfolgt.
Zu einer internen, schlichten Feier trafen sich 81 ehemalige und aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rollstuhltixis zum 25-Jahr-Jubiläum auf
dem Stanserhorn. Die Einladung galt
als Wertschätzung für das ehrenamtliche Wirken im Verein in den letzten
25 Jahren. Beim Mittagessen im Drehrestaurant Rondorama hielt Präsident
Fredy Dobmann kurz Rückschau in die
Vereinsgeschichte, ehrte den zurückgetretenen Fahrer Hans Rinert und war
dann sichtlich gerührt bei der Verabschiedung von Gabi Wagner. Sie war
seit der Gründung mit dabei und wirkte
25 Jahre in der Vermittlung mit.
Wyss will sich gegen einen Eingriff
des Bundesrats im Streit um den
Fremdsprachenunterricht an der
Primarschule wehren. Letztmals
hatte vor mehr als vierzig Jahren
mit dem Zuger Regierungsrat und
späteren Bundesrat Hans Hürlimann (CVP) ein Zentralschweizer
das EDK-Präsidium inne. Neben
Wyss gibt es noch weitere Kandidaten für das Amt. Interesse angemeldet haben auch der Schaffhauser Regierungsrat Christian
Amsler (FDP) und die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner
(CVP).
sda
In der Steuerpolitik
trennen sie Welten:
Die Kantonsräte
Giorgio Pardini
(SP, links) und
Gaudenz Zemp
(FDP, rechts) an der
Podiumsdiskussion
in Ettiswil.
nicht so viele neue Unternehmungen
in den Kanton Luzern gezogen, wie nötig gewesen wäre, um die Verluste der
Steuersenkung wettzumachen. «Die
Rechnung ist nicht aufgegangen.»
Nun fehle dem Kanton eine halbe
Milliarde Franken und die Regierung
wolle die Steuern für natürliche Personen wieder erhöhen. Er werde gegen
diese Steuererhöhung stimmen, denn
sie widerspreche der Opfersymmetrie.
«Ihr könnt doch nicht jetzt Nein sagen
zu einer Erhöhung der Unternehmenssteuern und morgen dann Ja, wenn es
um eine Steuererhöhung für natürliche
Personen geht. Das versteht niemand!»
Freizeit. Die Busse sind auch täglich im
Luzerner Hinterland unterwegs, etwa
zu den Alters-, Wohn-, Pflegeheimen
und -zentren, in die SSBL-Wohnheime
Menznau, Willisau, Hergiswil, Zell und
vielen anderen Abhol- und Zielorten.
Vier Fahrzeuge an zwei Standorten
Fahrer Josef Wyser bringt Josefine Schwegler zurück
ins Willisauer Alterszentrum Zopfmatt. Foto zvg
In Ruswil gegründet
Der Verein wurde am 14. Oktober 1991
in Ruswil, im AWZ Schlossmatte, als
gemeinnützige, politisch und konfessionell neutrale Organisation gegründet,
um einen Fahrdienst für alle mobilitätsbehinderten Menschen zu betreiben, vor allem aber für Fahrgäste mit
Rollstuhl. Eine interessierte Gruppe im
Alterszentrum St. Martin, Sursee, be-
schloss im Herbst 1998 ein Zusammenschluss mit Tixi Ruswil, um das Fahrdienstangebot auf eine grössere Region
auszubreiten.
Heute bemüht sich der Vorstand
unter dem Präsidium von Fredy Dobmann, Menznau, die immer grösser
gewordenen Aufgaben zu erfüllen und
den Dienst für das gesellschaftliche
Zusammenleben sicherzustellen. 23
Chauffeure (elf am Standort Ruswil
und zwölf am Standort Sursee) stellen sich freiwillig für den Fahrdienst
zur Verfügung. So ergeben sich Fahrten etwa zum Arzt, bei Spital-Ein- und
Austritten, zu Therapien, in die Sonderschulen, zu Arbeitszentren, in Behindertenwerkstätten oder auch in der
Dem Vermittlungsteam steht seit Oktober 2014 eine moderne Software zur
Verfügung, mit der die Fahrten koordiniert, disponiert, reserviert werden.
Wurde der Fahrdienst vor 25 Jahren
mit einem Auto erfüllt, sind es heute
vier Fahrzeuge. An den beiden Standorten stehen je ein Bus mit Platz für
ein bis drei Rollstühle plus Begleitperson und ein Kleinauto mit Platz für einen Rollstuhl und eine Begleitperson
bereit. Der Fahreinsatz ist an sieben
Tagen und Nächten die Woche gewährleistet. Pro Woche werden mit den vier
Fahrzeugen rund 100 bis 120 Fahraufträge erfüllt und im Jahr rund 180 000
bis 200 000 km zurückgelegt.
Der Verein wird von Mitgliedern,
Gönnern und Sponsoren getragen, etwa
der Raiffeisenbank Luzerner Landschaft Nordwest. Dank Pro Infirmis
können Fahrgäste, die aufgrund ihrer
Behinderung den öffentlichen Verkehr (Bus, Bahn) nicht oder nur eingeschränkt benutzen können, Tixi-TaxiBons für vergünstigte Freizeitfahrten
beantragen.
eu
Weitere Informationen www.rollstuhltixi.ch