Nachlesen - Kirche im Nationalpark

Predigt zum Tag der Schöpfung 2016 im Nationalpark
Liebe Gemeinde,
die Sonne scheint, wir sind hier draußen im Nationalpark am
Tag der Schöpfung. Wir wollen Gott danken, dass er uns jeden
Tag so Vieles schenkt, was wir zum Leben brauchen. Und wir
wollen nun wahrnehmen, was dazu gehört, was wir oft als ganz
selbstverständlich voraussetzen. Ps 19 erzählt von all dem, er
erzählt von den Werken Gottes, ja er besingt sie in
wunderbaren Bildern,
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Die Himmel erzählen die Ehre Gottes,
und die Feste verkündigt seiner Hände Werk.
Ein Tag sagt's dem andern,
und eine Nacht tut's kund der andern,
ohne Sprache und ohne Worte;
unhörbar ist ihre Stimme.
Ihr Schall geht aus in alle Lande
und ihr Reden bis an die Enden der Welt.
Er hat der Sonne ein Zelt am Himmel gemacht;
sie geht heraus wie ein Bräutigam aus seiner
Kammer
und freut sich wie ein Held, zu laufen ihre Bahn.
Sie geht auf an einem Ende des Himmels
und läuft um bis wieder an sein Ende,
und nichts bleibt vor ihrer Glut verborgen.
Der Himmel, er hat eine Botschaft, er hat ein Wissen, das er
weitergeben will, eine Botschaft, die uns Menschen gilt. Und
diese Botschaft besteht darin, dass er uns die wunderbare
Ordnung der Schöpfung zeigt, ihre Schönheit. Wir bekommen
eine Ahnung von Weite und Freiheit, wenn wir den Himmel
betrachten. Wir bekommen einen Hinweis auf Gottes Güte und
seinen Schutz, wenn wir das Firmament sehen und auf seine
Botschaft hören. Und diese Botschaft lautet: Gott hat alles
wunderbar gemacht. Von Tag zu Tag, von Nacht zu Nacht soll
sich diese Botschaft ausbreiten, soll sie weitergegeben werden,
soll sie uns Menschen erfüllen, damit wir Gott danken können
und zugleich die Bewahrung der Schöpfung als Aufgabe
erkennen.
Der Wechsel von Tag und Nacht ist eines der
Wesensmerkmale von Gottes guter Schöpfung. Der Wechsel
von Tag und Nacht gibt unserem Leben seinen Rhythmus vor,
Phasen von Aktivität und Ruhe, von Arbeit und Entspannung
wechseln sich ab. Was Himmel und Firmament weitergeben,
die Kunde, die der Tag und die Nacht erzählen, ist nicht in
Worte gekleidet, aber sie ist sichtbar und so auch erlebbar.
Sichtbar wird das, was Himmel und Firmament reden, erzählen,
künden, z.B. an der Sonne, die aufstrahlt über Gerechte und
Ungerechte, die allen Menschen, ja allen Geschöpfen Licht
gewährt und Leben schenkt. Ein schöner Sonnenaufgang, er
erfüllt unser Herz, der Sonnenuntergang am Abend, er ist in
unzähligen Urlaubsbildern festgehalten, er erfreut uns, er
berührt uns, er erzählt uns etwas von Gottes Güte. Ja, er ist
eine Wohltat für uns. Die Sonne, ihr Aufgang und Niedergang,
strukturiert unsere Zeit, gibt der Welt ihre Ordnung vor. An der
Sonne zeigt sich an jedem Tag das Wirken Gottes in der
Schöpfung und unter uns Menschen. An der Sonne zeigt sich
an jedem Tag seine lebenserhaltende Fürsorge. Ohne Sonne
kein Licht, ohne Licht kein Leben.
Die Sonne tritt gleichsam als eine Person auf, die sich freut, ihr
Tagewerk zu vollbringen. Sie wird verglichen mit einem
Bräutigam, mit einem Helden. So schön, so jugendlich frisch
wie ein Bräutigam, der seiner Braut entgegengeht, der sich auf
sie freut und voller Ungeduld hofft, sie zu treffen, so beginnt sie
ihren Lauf. So stark, so kräftig wie ein Held erscheint sie, wie
ein Held, der vor nichts zurückschreckt. Und das ist auch
notwendig, um der Dunkelheit zu wehren, um die Finsternis zu
vertreiben, die oft genug mit Angst und Bedrohung verbunden
ist, die unsere Herzen niederdrückt, schwer macht. In der Nacht
kommen die Diebe und die feindliche Soldateska, in der Nacht
kommen die schlimmen Gedanken, die die Menschen am
Einschlafen hindern. Die Nacht ist – jedenfalls in der Bibel –
eine eher negativ besetzte Zeit. Doch auch sie muss den
Schöpfer loben, auch sie muss seine Macht bekennen.
Wo die Sonne aufgeht, wo wir ihr Licht erleben, da geht uns
auch das Herz auf, da werden wir buchstäblich belebt,
bekommen Kraft und Lebenslust … Die Enge der Angst wird
aufgelöst, an einem Sonnentag können wir Weite erfahren, an
einem Sonnentag können wir auftanken, neue Kräfte erfahren.
Die Strahlen der Sonne erfüllen die ganze Erde, überallhin
kommen sie, nichts bleibt ihnen verborgen. Nicht die
Ungerechtigkeit in der Welt und nicht der Unfriede, nicht die
Gewalt und auch nicht der Hass. Vieles bringt die Sonne ans
Licht, was die Dunkelheit verschluckt, verbirgt, versteckt. Vieles
bringt der Tag ans Licht, was Machthaber und Despoten,
Tyrannen und Blutherrscher am liebsten vor der Öffentlichkeit
verstecken möchten.
Nicht umsonst spricht der Psalm im zweiten Teil von den
Geboten Gottes, von seiner guten Weisung für unser Leben,
die uns erfüllt, die unsere Seele erquickt, unser Herz erfreut
und die Augen hell macht. Im wärmenden Licht der Sonne lebt
es sich gut mit der Tora Gottes im Herzen, mit seinen
Ratschlägen für das Leben, mit seinen Weisungen für
gelingendes Leben. Im Licht der Sonne ist kein Platz für das
Lebensfeindliche, für das Lebenszerstörende, auch wenn es
immer wieder versucht, sich nach vorne zu drängen und uns
Menschen zu besetzen. Die Sonne bringt es ans Licht, was
Menschen Menschen antun. Nichts bleibt ihrer Glut verborgen.
Natürlich gibt es auch diese Glutseite der Sonne, die bedrohlich
ist; wo ihre Glut, ihre Hitze zu groß wird, kann sie zerstörerisch
wirken, austrocknen, welk machen, Leben vernichten. Aber das
wird in unserem Psalm nicht benannt. Die Glut der Sonne bringt
ans Licht, in der Glut der Sonne zeigt sich das richterliche
Handeln Gottes, der Ungerechtigkeit hasst, der dem Unrecht
wehrt und es zunichte machen will.
Immer neu können wir darauf hoffen, dass die Sonne der
Gerechtigkeit in dieser Welt aufgeht, immer neu können wir uns
danach sehnen, dass sie in unserer Zeit aufgeht und in der
Kirche Jesu anbricht, damit die Welt es sehen kann.
Die Schöpfung Gottes mit ihrer guten Ordnung will uns immer
neu daran erinnern.
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, vom Werk seiner Hände
kündet das Firmament.
Hier im Nationalpark können wir das vielleicht auch spüren,
wenn wir nachher beim Gang durch die Natur ihre Wunder
betrachten, wenn wir ihr Zusammenspiel sehen und uns daran
erfreuen, wenn wir staunend sehen und erleben, was uns
Pflanzen und Tiere zeigen. Ja, die Schöpfung Gottes ist ein
Wunder, und wir sind ein Teil davon.
Am Ende nimmt der Beter von Psalm 19 noch einmal ganz
persönlich Bezug auf Gott, auf seinen Gott. Er lobt ihn mit den
Worten: Du, Gott, bist mein Fels und mein Erlöser. Auf dich
kann ich vertrauen, du gibst mir Standfestigkeit und Halt wie ein
Fels, fest gegründet in der Erde. Du willst das Gute in meinem
Leben, du willst die Schatten des Bösen in mir und um mich
herum vertreiben und mein Leben auf eine gute Bahn bringen.
Das gibt uns Zuversicht und Mut. Daraus können wir leben.
Amen.
Peter Riede, Pfr.