Automatische Melksysteme in Alt- und Umbauten

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Einbau in .,alten" Melkstand mit Nachselektion in Strohstall.
Automatische Melksysteme
in Alt- und Umbauten
Die Nachfrage hinsichtlich automatischer Melksysteme ist ungebrochen und mittlerweile ein Standard-Melkverfahren. Um aber die vielfältigen Möglichkeiten dieses Melksystems nutzen zu können,
bedarf es im Vorfeld der Installation einer sorgfältigen und umsichtigen Planung. Gerade bei der Integration in Alt- und Umbauten sind viele Kleinigkeiten zu berücksichtigen. Im folgenden Artikel werden Varianten dargestellt und praktische Tipps zur Umsetzung gegeben.
Thomas Bonseis, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), Kassel
Kompromiss notwendig
Die Nutzung von AMS im Alt- oder
Umbau erfordert immer gewisse Kompromisse, das sollte allen Beteiligten im
Vorfeld klar sein. In der Regel gibt es
auch nicht ,,die Patentlösung", sondern
jeder Betrieb stellt spezifische Anforderung an das zu entwickelnde Konzept.
Obwohl häufig als erste Variante ge nannt, ist nicht immer der alte Melkstand der optimale Standort für ein
AMS, sollten doch die laufenden Arbeitsund Produktionsprozesse für Mensch
und Tier während der Um- oder Einbauphase des AMS stressfrei sein und so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.
In diesem Zusammenhang sei noch
mal auf die Besonderheit in Betrieben
mit AMS hingewiesen. Konventionell
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melkende Betriebe haben im Melkstand
zweimal täglich neben dem Euter auch
die Klauen ihrer Kühe vor Augen, können diese dort manuell reinigen und ggf.
behandeln.
Von daher gibt es immer verschiedene Standort-Optionen, die den Erhalt des
konventionellen Melkstandes, zumindest
teilweise, zulassen . Dieser kann dann
eben später für verschiedene Behandlungsmaßnahmen, z. B. das Trockenstellen, Klauenbehandlungen etc., genutzt
werden.
Je nach Anforderung und baulichen
Verhältnissen hat auch die Melkbox
selbst, sowohl hinsichtlich ihrer Größe
als auch der Gestaltung des Zu- und Ausgangs - gerader oder im Winkel -, einen
Einfluss auf deren Standort.
Der ,,gerade Zu- und Ausgang" des
AMS hat hinsichtlich des Betretens und
des Verlassens zeitliche Vorteile, benötigt
aber in der Breite mehr Platz gegenüber
der klassischen 45°-Variante. Der ,,beidseitige Zu -und Ausgang" zur Melkbox
ermöglicht eine direkte Selektion.
Unabhängig von der Ausführung der
Melkbox kosten nicht optimal gestaltete
Zu- und Ausgangsbereiche oder sonstige Managementfehler Zeit, Nerven und
Geld. Plus -minus 10 Sekunden ,,Boxenzeit" beeinflussen den Jahresertrag an
Milch ebenfalls mit ca. 3 % Mehr- bzw.
Minderleistung. Es lohnt sich also, bei
der Ausgestaltung der Funktionsräume
umsichtig zu planen.
überwiegend ,,freier Kuhverkehr"
Bei der Betrachtung, welche ,,Kuhumtriebs-Variante" infrage kommt, müs-
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Hubtore erleichtern die Arbeit gerade bei temporären Vorwartebereichen enorm, denn im Gegensatz zu Schwenkgittern ,,steht hier
nicht immer etwas im Weg".
sen verschiedene Kriterien berücksichtigt werden. Werden Melkroboter in
Um- oder Altbauten integriert, han delt es sich überwiegend um eine ldassische ,,drei-reihige" Aufstallung, in der
dann im ,,freien Kuhverkehr" gearbeitet wird. Zu empfehlen ist diese Variante
hauptsächlich für Herden ab einem Leistungsbereich von 8500 - 9000 kg Milch/
Kuh/Jahr, da in diesem Leistungsbereich
kaum Kühe mit geringer Milchleistung
ein Nachtreiben erforderlich machen.
Sie erfordert ansonsten ein konsequentes
Zeitmanagement hinsichtlich des Controlling der ,,Zwischenmelk-Zeiten", gerade bei altmelkenden Kühen, deren Laufund damit Besuchsverhalten im Roboter
mit zunehmendem Laktationsalter deutlich nachlässt.
Bei Praxiserhebungen in Betrieben mit
,,freiem Kuhverkehr" lag die Zeit für das
tägliche Nachtreiben bei 0 26 Minuten je
Anlage und Tag . Dies entspricht knapp
2,8 Akh/Kuh/Jahr bei 0 11 % nachzutreibender Kühe/Tag. Betrachtet man die
betriebsindividuelle Spanne von 3 % bis
22 % nachzutreibender Kühe, wird klar,
dass neben Management und stallbauli-
Besonderes Augenmerk ist auf die Ausgestaltung des Liegebodens
zu legen.
chen Aspekten u. a. auch die Fütterung
oder die Klauengesundheit hier einen
großen Einfluss auf das Ergebnis hat.
Mit der Trogration energetisch überfütterte Kühe oder klauenkranke oder
stoffwechselkranke Tiere zeigen in der
Regel ein schlechtes Besuchsverhalten
und müssen demzufolge vom Menschen
zum Melkroboter geholt werden.
Auch bauliche Fehler führen u.U. dazu, dass gerade rangniedere Tiere den
Bereich um den Roboter oder den Weg
dorthin meiden und darauf warten, zum
Melken ,,begleitet" zu werden .
Die patentierte Umtriebsvariante
,,Feed-First" der Firma DeLaval kommt in
Alt- oder Umbauten nicht zum Tragen, sie
benötigt eine klare Trennung der Funktion sbereiche ,,Liegen-Fressen-Melken"
und ist somit nur in einer ,,zwei- oder
vier-reihigen" Aufstallung umzusetzen .
Selektion mit einplanen
Die Möglichkeit, über die Melkbox
Tiere für Behandlungen, zur KurzzeitBeobachtung bis hin zum Wellness-Bereich auf Stroh (ca . 10 - 11 m 2 /Tier) zu
selektieren, erweitert das Spektrum zur
Bewirtschaftung von Spezialgruppen
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Abb. 2: 3-reihiger Stall mit zwei
AMS und einem Vorwartebereich.
:
.
Zugang
Tränkestellen parallel zum Durchgang schaffen Freiraum.
deutlich. Hier ist darauf zu achten, dass
diese Spezialgruppen auch in Alt- oder
Umbauten arbeitseffizient gestaltet werden, was z. B. den Zu- und Abtrieb (,,von
Hand" oder ,,selbstständig") oder auch
das Entmisten anbelangt, Zudem sollten
diese Bereiche an die bestehenden Futterachsen angegliedert, mit Tränkestellen sowie je nach Nutzung mit Liegeboxen und Fixiermöglichkeiten (Fressgitter) ausgestattet sein.
Abbildung 1 zeigt die Variante in einer 3-reihigen Aufstallung, das AMS in
Verlängerung der Doppelliegereihe mit
Vorwartebereich und Zweifachselektion.
Zum einen zu einer optionalen Kurzzeitbehandlung, zum anderen in einen Wellnessbereich mit Stroh hinter dem Roboter.
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Hier können sensible Tiere wie Erstkalbinnen und frisch abgekalbte Kühe
,,geschützt" untergebracht und mit einer
ihrer Ansprüche entsprechenden Ration
versorgt werden. In diesem Fall lassen
sich alle Gruppen an einer Futterachse
füttern.
Zu klären ist hinsichtlich der Selektionsbereiche, welche Tiere dort untergebracht werden sollen. Ist es unbedingt
notwendig, dass die Tiere selbstständig
aus dem Wellnessbereich zum Roboter
und wieder zurück gelangen können?
Dies macht nur Sinn, wenn es sich um
gesunde Tiere handelt, kranke oder nicht
fitte Tiere werden ohnehin als Gruppe
,,von Hand" zum AMS geholt und ,,begleitend" gemolken .
Abb . 2 zeigt eine Planung in einem
3-reihigen Stall mit zwei AMS und einem
Vorwartebereich, den die Kühe über den
hinteren Laufgang durch ein Einwegtor
erreichen. Im Vorwartebereich sorgt eine
Kraftfutterstation für einen zusätzlichen
Anreiz . Verlassen die Tiere den Vorwartebereich wieder, wird in einem Selektionstor entschieden, in welche Gruppe
die Tiere selektiert werden. Zum einen
zurück in die Hauptgruppe oder in den
Wellnessbereich auf Stroh, der auch hier
wieder an einer Futterachse liegt und eine gruppenspezifische Rationsgestaltung zulässt. Aus dem Strohbereich können die Tiere durch Einwegtore wieder
in den Vorwartebereich gelangen. In diesem Fall kommt es nicht zu einer klassischen Gruppentrennung, da sich die Tie re im Vorwartebereich vermischen.
Eine Möglichkeit, verschiedene Leistungs- oder Tiergruppen über einen Roboter zu bewirtschaften, zeigt Abb. 3.
Hier wird das AMS an der Außenwand
integriert und über Einwegtore der Kuhverkehr aus den beiden Gruppen geregelt. Diese Variante ermöglicht in der
Folge auch die Integration eines zweiten
AMS, das dann in einer ,,L-Form" integriert wird.
Eine Möglichkeit mit Vorwarteraum
und nachgelagerter Kurzzeit-Selektion,
z. B. für Behandeln, Besamen oder Klauenpflege, zeigt Abb. 4. Hier ist auch ein
Vorwarte- bzw. Nachtreibebereich integriert.
Intelligent geplante Nachtreibebereiche erlauben sowohl nachzutreibenden
Kühen als auch Tieren , die ,,just in time"
zum Melken kommen, die AMS-Station
wechselseitig aufzusuchen, ohne dass der
Nachtreibebereich und damit der Roboter für melkbereite Kühe komplett ge sperrt werden muss . Sollten es die Platzverhältnisse hergeben, hat sich die Integration eines ,,temporären Vorwartebereiches" bewährt. Das heißt, dass nur für
die Zeitdauer des Melkens von behandelten oder nachzutreibenden Kühen ein
Vorwartebereich eingerichtet wird.
Für den auf jeden Fall mit Spaltenbo den auszuführenden Wartebereich emp fiehlt sich eine Größe von etwa 15-20 1112,
entsprechend für 5-7 Tiere.
Die Laufgänge freihalten
Für die Ausgestaltung des Fressbereiches wird bei Neubauten eine Breite von
mindestens 4 Metern (m) empfohlen,
Laufgänge sollten eine Breite von 3,0-3,5
m aufweisen. In Alt- und Umbauten ist
dies häufig nicht zu realisieren . Von da-
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Abb. 4: AMS mit integriertem Vorwartebereich und nachgelagerter
Kurzzeit-Selektion
die Laufgänge frei für ein sowohl ungehindertes Begegnen a ls auch einen stö rungsfreien Besuch der Melkbox.
Gerade in Um - oder Altbauten fin det man oft sehr schmale Übergänge
vor. Werden hier noch zusätzlich große
Trä nkebecken installiert, ist der ungehinderte Begegnungsverkehr nicht mehr
möglich.
Hier bieten sich Tränkestell en an, an
denen die Kühe parallel zum Duchgang
stehen und saufen. So können andere
Tiere ungehindert passieren.
24 Stunden Futter vorlegen
her muss auf die Ausgesta ltung des Liegebereiches, sei es als Hoch- oder Tiefbox, ein besonderes Augenmerk gelegt
werden.
Nur wenn die Kühe die Liegeboxen ungehindert und stressfrei annehmen, mit
allen vier Füßen in der Box stehen und
sich ohne Probleme ablegen können, sind
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Da in einem AMS-Betrieb ,,rund um
die Uhr" gemolken wird, kommt auch
der F uttervorla ge eine entscheiden de Bedeutung zu. Es muss sichergestellt
sein, dass über 24 Stunden kontinuierlich Futter im Trog vorliegt. Gerade für
rangniedrige Tiere und Erstkalbinnen ,
die bevorzugt in den Abend- und Nachtstu nden während der ,,stressfreien" Zeiten zum Melken und damit auch zum
Fressen gehen. Hier bieten sich automatisierte Futternachschiebe-Systeme an
oder in Zukunft eine Verkn üpfung mit
•
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einer automatisierten (Grob-)Futtervorlage.
«
• Fazit
Stress für Mensch und Tier minimieren durch eine gut strukturierte Planungs-, Vorbereitungs- und Umstellungsp hase erleichtert das Arbeiten in
diesem .,A nd eren Management System". Euter- und Klauengesundheit,
Sta ll - und Liegeboxenhygiene sow ie
Fütterung sind in diesem System neben andere n Kriterien von herausragender Bedeutung. Mit e ntsprechender Umsicht und sorgfältige r Planung
lassen sich automatische Melksysteme aber auc h in Alt- oder Umbauten
erfo lgre ich managen.
• KONTAKT •••
Thomas Bonseis
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