ARBEITS-, SOZIAL- UND TARIFRECHT A 095/2016 vom 15.09.2016 BAG zum Anspruch des Betriebsrats auf einen separaten Telefon- und Internetanschluss BAG, Beschluss vom 20.04.2016 – 7 ABR 50/14 Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Betriebsrat einen separaten, vom Proxy-Server des Arbeitgebers unabhängigen Internetzugang nicht allein deshalb für erforderlich halten darf, weil über den zentral vermittelten Internetzugang technisch die Möglichkeit besteht, die Internetnutzung und den E-Mail-Verkehr zu überwachen. Die Parteien streiten darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, dem Betriebsrat einen separaten Telefon- und Internetanschluss einschließlich eines unkontrollierbaren E-Mail-Verkehrs zur Verfügung zu stellen. Die beteiligte Arbeitgeberin gehört zum Konzern der MAG und unterhält einen Betrieb mit etwa 65 Arbeitnehmern, für den der antragstellende Betriebsrat gebildet ist. Das Büro des Betriebsrats ist mit einem PC sowie mit einem Laptop ausgestattet. Wie für alle anderen dem Betrieb angehörenden Personen mit Zugriffsberechtigung zum Internet wird auch der Internetzugang für den Betriebsrat über den so genannten Proxy-Server der Konzernmutter MAG vermittelt. Über den Proxy-Server ist es technisch möglich, User- und IP-Adressen sowie die URLs der Browserzugriffe zu protokollieren und personen- bzw. betriebsratsbezogen auszuwerten. Die EMail-Postspeicher einschließlich der gelöschten E-Mails können von Administratoren gelesen werden. Die dort eingesetzten Telefonanlagen lassen technisch die Einstellung zu, dass die Verkehrsdaten mit vollständigen Zielnummern gespeichert und personenbezogen ausgewertet werden können. Das Betriebsratsbüro ist dabei mit einem Nebenstellenanschluss ausgestattet. Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, ihm stehe ein separater Internetzugang einschließlich eines unkontrollierbaren E-Mail-Verkehrs zu, der nicht über den Proxy-Server der Konzernmutter vermittelt werde. Außerdem habe er Anspruch auf einen Telefonanschluss, der von der Telefonanlage der Arbeitgeberin unabhängig sei. Aufgrund der abstrakten Möglichkeit einer Kontrolle der Internetnutzung, des E-Mail-Verkehrs sowie der Telekommunikation durch die Arbeitgeberin dürfe er einen separaten Zugang zum Internet und einen eigenen Telefonanschluss für erforderlich halten. Das BAG hat die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats als unbegründet zurückgewiesen. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Geschäftsstelle Hamburg • Loogestraße 8 • 20249 Hamburg • Tel.: 040 468656-0 • Fax: 040 468656-26 Geschäftsstelle Schleswig-Holstein • Ringstraße 54 • 24103 Kiel •Tel.: 0431 53548-0 • Fax: 0431 53548-14 E-Mail: [email protected] • Internet: www.biv-hh-sh.de -2Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang u. a. sachliche Mittel sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung, ob ein Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, obliege dabei dem Betriebsrat. Dabei habe dieser jedoch die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers gegeneinander abzugrenzen. Es wird vorgebracht, dass alle Mitglieder des Betriebsrats nach Eingabe eines einheitlichen Passworts Zugriff auf das Internet hätten und recherchieren sowie per E-Mail kommunizieren könnten. Es bestünde auch keine unzulässige Beeinträchtigung der Betriebsratsarbeit durch etwaige Sperrungen über den Proxy-Server. Der Betriebsrat dürfe einen separaten, vom Proxy-Server des Arbeitgebers unabhängigen Internetzugang nicht allein deshalb für erforderlich halten, weil über den zentral vermittelten Internetzugang technisch die Möglichkeit besteht, die Internetnutzung und den E-Mail-Verkehr zu überwachen, sonst aber keine konkreten Anhaltspunkte für eine derartige Überwachung vorliegen. Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) stehe der Vermutung entgegen, dass ein Arbeitgeber von den technischen Überwachungsmöglichkeiten der Internetnutzung in unzulässiger Weise Gebrauch macht und er insbesondere Inhalte der vom Betriebsrat versandten oder an den Betriebsrat gerichteten E-Mails zur Kenntnis nimmt und ggf. auswertet. Der Betriebsrat habe vor diesem Hintergrund die Sicherheitsinteressen der Arbeitgeberin nicht ausreichend berücksichtigt. Es liege im berechtigten Interesse der Arbeitgeberin, dass der Betriebsrat Internetrecherchen und seinen E-MailVerkehr über das von ihr geschützte technische Netzwerk durchführt, um den von ihr für erforderlich gehaltenen Sicherheitsstandard der ITSysteme zu gewährleisten. Anderenfalls entstünde eine nicht notwendige Sicherheitslücke, die der Arbeitgeber nicht hinzunehmen habe. Der Betriebsrat dürfe grundsätzlich auch einen von der Telefonanlage des Arbeitgebers unabhängigen Telefonanschluss nicht als erforderlich ansehen, wenn er über einen Nebenstellenanschluss die Möglichkeit einer uneingeschränkten Telekommunikation hat. Es bestünden auch hier keine konkreten Anhaltspunkte für etwaige Überwachungsaktivitäten der Arbeitgeberin. Der vorliegende Beschluss stellt eine Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung dar. Im Gegensatz zum vorausgegangenen Beschluss, in dem das BAG sich lediglich mit der generellen Erforderlichkeit eines Zugangs zum Internet für den Betriebsrat auseinandergesetzt hatte, verneint das BAG hier richtigerweise die Erforderlichkeit eines vom Arbeitgeber unabhängigen Internet- und Telefonanschlusses des Betriebsrats.
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