Versicherungen September 2016 Das Versicherungsabkommen von 1989 öffnet bestimmte Bereiche des Versicherungsmarktes zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU). Schweizer Versicherer können im Bereich der direkten Schadensversicherung (Hausrats-, Motorfahrzeug-, Reise-, Haftpflichtversicherungen usw.) gleichberechtigt Agenturen und Zweigniederlassungen im EU-Raum gründen oder erwerben. Dabei reduziert das Abkommen auch regulatorische Anforderungen. Gleiches gilt für EU-Versicherer in der Schweiz. Das Abkommen trägt somit zu einer verbesserten internationalen Positionierung von Schweizer Versicherungsgesellschaften bei. Chronologie • 1.1.1993 Inkrafttreten des Abkommens • 30.1.1992 Genehmigung durch das Parlament • 1.10.1989 Unterzeichnung des Abkommens Hintergrund 1973 verabschiedete die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eine Richtlinie, welche bezüglich der Ausübung und Aufnahme einer Tätigkeit im Bereich der Direktversicherungen (mit Ausnahme der Lebensversicherung) die Diskriminierung mitgliedstaatlicher Versicherungseinrichtungen verbietet, nicht aber eine Ungleichbehandlung von Unternehmern aus EWG-Drittstaaten. Eine Diskriminierung von Schweizer Unternehmen war damit nicht ausgeschlossen. Die schweizerische Versicherungswirtschaft war zu jener Zeit im EWG-Raum in erheblichem Umfang durch Niederlassungen vertreten und deshalb daran interessiert, den dortigen Versicherern gleichgestellt zu sein. Aus diesem Grund nahm die Schweiz mit der EWG Verhandlungen über den Abschluss eines entsprechenden Abkommens auf. 1982 wurde dieses paraphiert. Allerdings waren in der EWG in der Zwischenzeit weitere Bestimmungen erlassen worden, welche die EWG-Richtlinie von 1973 abänderten oder ergänzten. Unter Berücksichtigung dieser Anpassungen wurde in der Folge das Abkommen zwischen der Schweiz und der EWG überarbeitet. 1989 wurde es erneut paraphiert und im selben Jahr unterschrieben. Inhalt Das Versicherungsabkommen garantiert die Niederlassungsfreiheit auf der Basis der Gegenseitigkeit: Schweizer Versicherer können gleichberechtigt Agenturen und Zweigniederlassungen im EU-Raum gründen oder erwerben. Gleiches gilt für EU-Versicherer in der Schweiz. Ein weiterer Nutzen des Abkommens besteht darin, dass eine Schweizer Versicherungsge- sellschaft mit einer Zweigniederlassung in der EU keine zusätzliche, auf die Zweigniederlassung begrenzte Solvenzberechnung vornehmen muss. Die Aufsichtsbehörde des EU-Mitgliedstaats, in dem die Zweigniederlassung beheimatet ist, stützt sich stattdessen auf die Solvenzbedeckung, welche die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA für die ganze Schweizer Versicherungsgesellschaft, inklusive der Zweigniederlassungen, fordert. Das Versicherungsabkommen ist ausschliesslich auf den Bereich der direkten Schadensversicherung anwendbar (Hausrats-, Motorfahrzeug-, Reise-, Haftpflichtversicherungen usw.). Lebensversicherungen, Rückversicherungen sowie gesetzliche Systeme der sozialen Sicherheit fallen nicht in den Geltungsbereich des Abkommens. Zudem regelt das Abkommen nur die Niederlassungsfreiheit, nicht aber die freie grenzüberschreitende Versicherungstätigkeit. Seit 2011 sind in der Schweiz mit dem Swiss Solvency Test (SST) neue Solvenzanforderungen betreffend die Privatversicherer in Kraft. In der EU wurden die Solvenzanforderungen ebenfalls mit der am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Versicherungsrichtlinie «Solvenz II» revidiert. Vor diesem Hintergrund müssen die Anhänge des Versicherungsabkommens an die neuen Solvenzanforderungen in der Schweiz und der EU angepasst werden. Über das Versicherungsabkommen hinaus hat die EU-Kommission bereits 2015 die Schweizer Regulierung und Aufsicht betreffend Privatversicherer mit dem europäischen Recht als gleichwertig anerkannt. 1 Bedeutung Der Versicherungssektor nimmt innerhalb der Schweizer Wirtschaft einen bedeutenden Stellenwert ein. 2014 arbeiteten 47’832 Personen in der Schweiz und 69’236 im Ausland für Schweizer Privatversicherer. Im Bereich der Schadensversicherungen (Nichtlebensversicherung) beliefen sich 2014 die über Zweigniederlassungen generierten Bruttoprämien (verdiente Bruttoprämien) aus der EU auf 1,136 Mrd. CHF. Angesichts der grossen Bedeutung des europäischen Marktes stellte die Gewährleistung der Niederlassungsfreiheit für Schweizer Unternehmen in der EU einen wichtigen Schritt dar. Das Abkommen bewährt sich insbe- sondere, da es verschiedenen Schweizer Versicherungsgesellschaften ermöglicht hat, Zweigniederlassungen für den Nichtlebensbereich in der EU zu gründen oder zu erwerben und diese unter reduzierten regulatorischen Anforderungen zu führen. Dadurch können sich die betreffenden Gesellschaften international besser positionieren. Weitere Informationen Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA Tel. +41 31 327 91 00, [email protected], www.finma.ch 2
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