Manuskript Beitrag: Sozialbetrug mit Schrottimmobilien – Zuwanderer aus Südosteuropa Sendung vom 00. Januar 2016 von Andreas Halbach, Thomas Münten und Heiko Rahms Anmoderation: Es ist wohl die mieseste Form von Willkommenskultur, die man sich vorstellen kann. Geschäftemacher vermieten ihre Bruchbuden an Rumänen und Bulgaren, die auf dem freien Wohnungsmarkt keine Chance hätten. Zugleich bekommen die neuen Mieter Minijobs, wenn auch häufig nur zum Schein, denn mit einem Arbeitsvertrag können sie Sozialhilfe beziehen. Die Masche hat rein gar nichts mit Mitgefühl zu tun, dahinter steckt knallhartes Kalkül: Rumänen und Bulgaren, die Geld vom Staat bekommen, lassen sich besser abkassieren. Andreas Halbach, Thomas Münten und Heiko Rahms über Geschäfte mit der Not und eine Nachbarschaft in Aufruhr. Text: Tumult auf offener Straße. Ein junger Türke rennt auf rumänische Roma zu, eine Schlägerei kann mit Mühe verhindert werden. Alltag in der Hülsmannstraße auf Gelsenkirchen-Schalke: Ruhestörung, vermüllte Gärten und Vandalismus. O-Ton Saban Ekici, Anwohner: Die sammeln den ganzen Müll, wat auf der Straße, nehmen sie mit. Was sie gebrauchen können, nehmen sie mit in die Wohnung. Und was sie nicht gebrauchen, schmeißen sie einfach auf den Hof oder draußen. Der Libanese Khalid Hamedi wohnt seit 39 Jahren hier. Er ist der letzte Altmieter in einem Haus, in dem neuerdings viele Roma wohnen. Die neuen Nachbarn würden hier keinen anderen akzeptieren. Ihm sei sogar eine Bierflasche auf den Kopf geschlagen worden. O-Ton Khalid Hamedi, Anwohner: Ich habe nie Probleme in Deutschland, egal, welche Ausländer oder Deutsche, nie Probleme, aber mit so Menschen ist eine Katastrophe. Die machen Deutschland kaputt! Immer wieder schreien die Nachbarn während des Interviews aus dem Fenster. Plötzlich eskaliert die Situation. Ein Schlägertrupp fährt in zwei Autos vor. Männer mit Schlagstöcken laufen auf uns zu, wir bringen uns in Sicherheit. Anwohner rufen die Polizei. Die ist schnell da, entwaffnet die Schlägertruppe, sieben Männer werden vorübergehend festgenommen. Im Hausflur finden die Beamten Schlagstöcke aus Holz und Metall. Jeden Tag gibt es im Ruhrgebiet mehrere sogenannte Tumulteinsätze mit Migrationshintergrund, so wie hier auch in Duisburg. In internen Lageberichten der Polizei heißt es, Zitat: „größere Personengruppen versuchen, (…) die Straßen für sich zu reklamieren.“ Ursache für den Ärger sei, Zitat: „(…) der hohe Leerstand an Wohnungen (…), Schrottimmobilien (…) und der Zuzug von Problemgruppen.“ O-Ton Arnold Plickert, Landesvorsitzender Gewerkschaft der Polizei Nordrhein-Westfalen: Es besteht die Gefahr, dass wir über gewisse Stadtteile die Kontrolle verlieren. Und deswegen ist es zwingend erforderlich, dass wir in diese Stadtteile mit massiver Polizeipräsenz hineingehen und deutlich machen: Hier gilt der Rechtsstaat. Selbst diejenigen, die Migranten helfen wollen, resignieren. Rolf Karling von der Hilfsorganisation „Bürger für Bürger“ in Duisburg verteilt sei 2014 Lebensmittel und Kleidung an Roma. O-Ton Rolf Karling, Vorsitzender Verein „Bürger für Bürger Duisburg“: Es wird nichts dagegen unternommen, weil man sich einfach nicht mit der Gruppe auseinandersetzt. Wie sind die wirklichen Strukturen? Gerade von diesen kriminell organisierten Osteuropäern. Wir haben natürlich auch solche drunter, die sich integrieren. Aber die sind leider Gottes in der Minderheit. Knapp 100.000 Wohnungen im Ruhrgebiet stehen leer, nicht selten baufällig, oft unbewohnbar. Vermietet werden viele Schrottimmobilien dennoch an Rumänen und Bulgaren. Die können seit 2014 überall in der EU arbeiten, finden aber kaum bezahlbare Wohnungen. Geschäftemacher profitieren. Die Gewerkschaft der Polizei redet uns gegenüber von organisierter Kriminalität: O-Ton Arnold Plickert, Landesvorsitzender Gewerkschaft der Polizei Nordrhein-Westfalen: Das sind die Schlepper in dem Sinne, die die Menschen in Bulgarien und Rumänien abholen und hier die Abläufe planen. Und letztendlich dann diese Menschen für teures Geld in diese Schrottimmobilie bringen und das Geld dann darüber abziehen. Die Josefinenstraße in Gelsenkirchen. Mieter Roland Elbert zeigt uns die Zustände im Haus, in dem er lebt. O-Ton Roland Elbert, Mieter: Und jetzt kommen wir hier hoch, hier ist alles frei zugänglich. Hier können sämtliche Kinder von der Nachbarschaft rein. Und hier oben sieht man ja, das ist Einsturzgefahr, also, würd‘ ich denken, weil die Decke schier runterkommt und hier hängen lauter Leitungen. Vermutlich wahrscheinlich Starkstrom. Ich würd also nicht hinlangen wollen. Das ist lebensgefährlich, ja. Wir suchen nach den Besitzern des Hauses, erfahren, dass einer in der Karibik lebt. Auf seiner Internetseite beschreibt er sein privates Paradies. Wir erreichen ihn am Telefon. O-Ton: Ich bin ja auch nur Teileigentümer. Die Miteigentümer zahlen halt nicht. O-Ton Frontal 21: Ja, Sie sind aber auch Haupteigentümer und vor allem Verwalter und damit für die Instandhaltung und Sicherheit der Gebäude zuständig. O-Ton: Det is mir scheißegal. Ich hab hier ‘ne Residenz. Das ist mir wurscht. Ich verkauf die Anlage und dann können sie mich am Arsch lecken. Und tatsächlich, der Immobilieninvestor, dem ein Großteil an beiden Häusern gehört, bietet sie gerade zum Verkauf an: 744 Quadratmeter zum Spottpreis von knapp 300.000 Euro. Wer kauft solche Häuser? Wir besuchen einen Geschäftsmann. Er hat sich kürzlich in einer Wochenzeitung geäußert, redete über internationale Investoren und dass man mit Schrottimmobilien viel Geld verdienen könne. Jetzt will er darüber nicht mehr reden, verweist uns aus seinem Büro. Mit den Schrotthäusern können Traumrenditen erzielt werden, bestätigt Thorsten Bölting vom Institut für Stadtentwicklung der Ruhr-Universität Bochum: O-Ton Thorsten Bölting, Geschäftsführer Institut für Stadtentwicklung, Ruhr-Universität Bochum: Es gibt fragwürdige Investoren, die genau dieses Problem ausnutzen, die Not der Menschen ausnutzen und eben diese Immobilien im Ruhrgebiet sehr günstig einkaufen und dann überbelegen, nicht modernisieren, kaum noch was in die Immobilien investieren und dadurch einfach sehr hohe Renditen erzielen können. O-Ton Frontal 21: In welcher Höhe? O-Ton Thorsten Bölting, Geschäftsführer Institut für Stadtentwicklung, Ruhr-Universität Bochum: Das kann durchaus mal bis zu 15, 20 Prozent oder auch mal darüber gehen. In Gelsenkirchen leben 6.200 Bulgaren und Rumänen, darunter viele Roma. Sie wohnen dort, wo viele Deutsche längst weggezogen sind - so wie in der Hülsmannstraße. Wir besuchen die Roma mit einer Dolmetscherin. Zwei Frauen bitten uns in ihre Wohnung. Eine Mutter erzählt, dass der Strom abgestellt wurde, weil sie die Rechnung nicht bezahlen konnte. Der Dauerkrach mit den Nachbarn sei nicht ihre Schuld: „Die Nachbarn drüben, die beschimpfen sie auch als Zigeuner und die Kinder dürfen nicht im Garten spielen, die schimpfen sofort.“ Die Frauen behaupten, sie hätten Minijobs. Für sie überlebenswichtig, denn nur wer Arbeit nachweisen kann, hat Anspruch auf Sozialhilfe. Und je mehr Kinder, desto mehr Geld vom Staat – die Frauen haben 13 Kinder. Die Stadt geht davon aus, dass viele Arbeitsmigranten aus Osteuropa nicht wirklich einen Minijob haben, sondern Scheinfirmen ihnen fingierte Arbeitsverträge ausstellen, damit abkassiert werden kann, Zitat: „Durch das Integrationscenter (…) wurden bisher 24 Firmen ausermittelt, In allen Fällen (…) werden Strafanzeigen gegen Kunden und Arbeitgeber erstattet.“ Der Bundestagsabgeordnete Oliver Wittke, ehemaliger NRWStädtebauminister und Gelsenkirchener Ex-OB, will die Freizügigkeit solcher Schein-Arbeitnehmer verbieten. O-Ton Oliver Wittke, CDU MdB, ehemaliger Oberbürgermeister Gelsenkirchen: Es darf keine Einwanderung in die Sozialsysteme geben. Und man hat den Eindruck, dass gerade aus Bulgarien und auch aus Rumänien Menschen nach Deutschland kommen, um in Sozialversicherungssysteme einzureisen und das können wir nicht dulden. Schon 2013 schrieb Gelsenkirchens SPD-Oberbürgermeister Frank Baranowski einen Brandbrief an die Regierungsparteien und forderte Soforthilfen vom Bund weil, Zitat: „Vielerorts ist (…) eine Situation entstanden, die die Nachbarschaften völlig überfordert und die Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Kommunen übersteigt.“ Für ein Interview mit Frontal 21hatte Baranowski keine Zeit. In einer schriftlichen Stellungnahme legt er Wert auf die Feststellung, Zitat: „Die öffentliche Sicherheit Gelsenkirchens ist nicht gefährdet!“ Die hochverschuldete Stadt tue, was sie kann. Sie habe bereits 20 Schrottimmobilien gekauft, geschlossen oder abgerissen. Doch das bleibt eine Verzweiflungstat, meinen Experten. O-Ton Thorsten Bölting, Geschäftsführer Institut für Stadtentwicklung, Ruhr-Universität Bochum: Wenn solche Kommunen wie jetzt beispielsweise Gelsenkirchen hingehen und auch solche Immobilien, notleidende Immobilien aufkaufen, dann nutzen die Investoren teils das eingenommene Geld und kaufen zwei, drei Straßen weiter eben die nächsten günstigen Immobilien auf. So schreitet die Verwahrlosung ganzer Wohnquartiere voran - wie bei diesen Häusern: Die Dachstühle sind eingebrochen, die Stadt hat zwangsgeräumt. Die Immobilien rotten seit Jahren vor sich hin, werden zur Gefahr. Auf dem Dach lose Pfannen, direkt über einem Weg zum Kinderspielplatz – genauso wie eine eingeschlagene Scheibe. Nach unserer Anfrage schickt die Stadt die Feuerwehr. Die akuten Gefahren werden beseitigt. Für die alteingesessenen Schalker sind die Probleme damit längst nicht gelöst. O-Ton Hartmut Jölich, Rentner: Ich habe wirklich noch keinen getroffen, der glücklich ist mit den Situationen. Und ich kenn viele, die wirklich mit der geballten Faust in der Tasche hier rumlaufen. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.
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