06.09.2016, Sozialbetrug mit Schrottimmobilien - Zuwanderer

Manuskript
Beitrag: Sozialbetrug mit Schrottimmobilien –
Zuwanderer aus Südosteuropa
Sendung vom 00. Januar 2016
von Andreas Halbach, Thomas Münten und Heiko Rahms
Anmoderation:
Es ist wohl die mieseste Form von Willkommenskultur, die man
sich vorstellen kann. Geschäftemacher vermieten ihre
Bruchbuden an Rumänen und Bulgaren, die auf dem freien
Wohnungsmarkt keine Chance hätten. Zugleich bekommen die
neuen Mieter Minijobs, wenn auch häufig nur zum Schein, denn
mit einem Arbeitsvertrag können sie Sozialhilfe beziehen. Die
Masche hat rein gar nichts mit Mitgefühl zu tun, dahinter steckt
knallhartes Kalkül: Rumänen und Bulgaren, die Geld vom Staat
bekommen, lassen sich besser abkassieren. Andreas Halbach,
Thomas Münten und Heiko Rahms über Geschäfte mit der Not
und eine Nachbarschaft in Aufruhr.
Text:
Tumult auf offener Straße. Ein junger Türke rennt auf rumänische
Roma zu, eine Schlägerei kann mit Mühe verhindert werden.
Alltag in der Hülsmannstraße auf Gelsenkirchen-Schalke:
Ruhestörung, vermüllte Gärten und Vandalismus.
O-Ton Saban Ekici, Anwohner:
Die sammeln den ganzen Müll, wat auf der Straße, nehmen
sie mit. Was sie gebrauchen können, nehmen sie mit in die
Wohnung. Und was sie nicht gebrauchen, schmeißen sie
einfach auf den Hof oder draußen.
Der Libanese Khalid Hamedi wohnt seit 39 Jahren hier. Er ist der
letzte Altmieter in einem Haus, in dem neuerdings viele Roma
wohnen. Die neuen Nachbarn würden hier keinen anderen
akzeptieren. Ihm sei sogar eine Bierflasche auf den Kopf
geschlagen worden.
O-Ton Khalid Hamedi, Anwohner:
Ich habe nie Probleme in Deutschland, egal, welche
Ausländer oder Deutsche, nie Probleme, aber mit so
Menschen ist eine Katastrophe. Die machen Deutschland
kaputt!
Immer wieder schreien die Nachbarn während des Interviews aus
dem Fenster. Plötzlich eskaliert die Situation. Ein Schlägertrupp
fährt in zwei Autos vor. Männer mit Schlagstöcken laufen auf uns
zu, wir bringen uns in Sicherheit. Anwohner rufen die Polizei. Die
ist schnell da, entwaffnet die Schlägertruppe, sieben Männer
werden vorübergehend festgenommen. Im Hausflur finden die
Beamten Schlagstöcke aus Holz und Metall.
Jeden Tag gibt es im Ruhrgebiet mehrere sogenannte
Tumulteinsätze mit Migrationshintergrund, so wie hier auch in
Duisburg. In internen Lageberichten der Polizei heißt es,
Zitat:
„größere Personengruppen versuchen, (…) die Straßen für
sich zu reklamieren.“
Ursache für den Ärger sei,
Zitat:
„(…) der hohe Leerstand an Wohnungen (…),
Schrottimmobilien (…) und der Zuzug von Problemgruppen.“
O-Ton Arnold Plickert, Landesvorsitzender Gewerkschaft der
Polizei Nordrhein-Westfalen:
Es besteht die Gefahr, dass wir über gewisse Stadtteile die
Kontrolle verlieren. Und deswegen ist es zwingend
erforderlich, dass wir in diese Stadtteile mit massiver
Polizeipräsenz hineingehen und deutlich machen: Hier gilt
der Rechtsstaat.
Selbst diejenigen, die Migranten helfen wollen, resignieren. Rolf
Karling von der Hilfsorganisation „Bürger für Bürger“ in Duisburg
verteilt sei 2014 Lebensmittel und Kleidung an Roma.
O-Ton Rolf Karling, Vorsitzender Verein „Bürger für Bürger
Duisburg“:
Es wird nichts dagegen unternommen, weil man sich einfach
nicht mit der Gruppe auseinandersetzt. Wie sind die
wirklichen Strukturen? Gerade von diesen kriminell
organisierten Osteuropäern. Wir haben natürlich auch solche
drunter, die sich integrieren. Aber die sind leider Gottes in
der Minderheit.
Knapp 100.000 Wohnungen im Ruhrgebiet stehen leer, nicht
selten baufällig, oft unbewohnbar. Vermietet werden viele
Schrottimmobilien dennoch an Rumänen und Bulgaren. Die
können seit 2014 überall in der EU arbeiten, finden aber kaum
bezahlbare Wohnungen. Geschäftemacher profitieren.
Die Gewerkschaft der Polizei redet uns gegenüber von
organisierter Kriminalität:
O-Ton Arnold Plickert, Landesvorsitzender Gewerkschaft der
Polizei Nordrhein-Westfalen:
Das sind die Schlepper in dem Sinne, die die Menschen in
Bulgarien und Rumänien abholen und hier die Abläufe
planen. Und letztendlich dann diese Menschen für teures
Geld in diese Schrottimmobilie bringen und das Geld dann
darüber abziehen.
Die Josefinenstraße in Gelsenkirchen. Mieter Roland Elbert zeigt
uns die Zustände im Haus, in dem er lebt.
O-Ton Roland Elbert, Mieter:
Und jetzt kommen wir hier hoch, hier ist alles frei
zugänglich. Hier können sämtliche Kinder von der
Nachbarschaft rein. Und hier oben sieht man ja, das ist
Einsturzgefahr, also, würd‘ ich denken, weil die Decke schier
runterkommt und hier hängen lauter Leitungen. Vermutlich
wahrscheinlich Starkstrom. Ich würd also nicht hinlangen
wollen. Das ist lebensgefährlich, ja.
Wir suchen nach den Besitzern des Hauses, erfahren, dass einer
in der Karibik lebt. Auf seiner Internetseite beschreibt er sein
privates Paradies. Wir erreichen ihn am Telefon.
O-Ton:
Ich bin ja auch nur Teileigentümer. Die Miteigentümer zahlen
halt nicht.
O-Ton Frontal 21:
Ja, Sie sind aber auch Haupteigentümer und vor allem
Verwalter und damit für die Instandhaltung und Sicherheit
der Gebäude zuständig.
O-Ton:
Det is mir scheißegal. Ich hab hier ‘ne Residenz. Das ist mir
wurscht. Ich verkauf die Anlage und dann können sie mich
am Arsch lecken.
Und tatsächlich, der Immobilieninvestor, dem ein Großteil an
beiden Häusern gehört, bietet sie gerade zum Verkauf an: 744
Quadratmeter zum Spottpreis von knapp 300.000 Euro. Wer kauft
solche Häuser?
Wir besuchen einen Geschäftsmann. Er hat sich kürzlich in einer
Wochenzeitung geäußert, redete über internationale Investoren
und dass man mit Schrottimmobilien viel Geld verdienen könne.
Jetzt will er darüber nicht mehr reden, verweist uns aus seinem
Büro.
Mit den Schrotthäusern können Traumrenditen erzielt werden,
bestätigt Thorsten Bölting vom Institut für Stadtentwicklung der
Ruhr-Universität Bochum:
O-Ton Thorsten Bölting, Geschäftsführer Institut für
Stadtentwicklung, Ruhr-Universität Bochum:
Es gibt fragwürdige Investoren, die genau dieses Problem
ausnutzen, die Not der Menschen ausnutzen und eben diese
Immobilien im Ruhrgebiet sehr günstig einkaufen und dann
überbelegen, nicht modernisieren, kaum noch was in die
Immobilien investieren und dadurch einfach sehr hohe
Renditen erzielen können.
O-Ton Frontal 21:
In welcher Höhe?
O-Ton Thorsten Bölting, Geschäftsführer Institut für
Stadtentwicklung, Ruhr-Universität Bochum:
Das kann durchaus mal bis zu 15, 20 Prozent oder auch mal
darüber gehen.
In Gelsenkirchen leben 6.200 Bulgaren und Rumänen, darunter
viele Roma. Sie wohnen dort, wo viele Deutsche längst
weggezogen sind - so wie in der Hülsmannstraße.
Wir besuchen die Roma mit einer Dolmetscherin. Zwei Frauen
bitten uns in ihre Wohnung. Eine Mutter erzählt, dass der Strom
abgestellt wurde, weil sie die Rechnung nicht bezahlen konnte.
Der Dauerkrach mit den Nachbarn sei nicht ihre Schuld: „Die
Nachbarn drüben, die beschimpfen sie auch als Zigeuner
und die Kinder dürfen nicht im Garten spielen, die schimpfen
sofort.“
Die Frauen behaupten, sie hätten Minijobs. Für sie
überlebenswichtig, denn nur wer Arbeit nachweisen kann, hat
Anspruch auf Sozialhilfe. Und je mehr Kinder, desto mehr Geld
vom Staat – die Frauen haben 13 Kinder.
Die Stadt geht davon aus, dass viele Arbeitsmigranten aus
Osteuropa nicht wirklich einen Minijob haben, sondern
Scheinfirmen ihnen fingierte Arbeitsverträge ausstellen, damit
abkassiert werden kann,
Zitat:
„Durch das Integrationscenter (…) wurden bisher 24 Firmen
ausermittelt, In allen Fällen (…) werden Strafanzeigen gegen
Kunden und Arbeitgeber erstattet.“
Der Bundestagsabgeordnete Oliver Wittke, ehemaliger NRWStädtebauminister und Gelsenkirchener Ex-OB, will die
Freizügigkeit solcher Schein-Arbeitnehmer verbieten.
O-Ton Oliver Wittke, CDU MdB, ehemaliger
Oberbürgermeister Gelsenkirchen:
Es darf keine Einwanderung in die Sozialsysteme geben. Und
man hat den Eindruck, dass gerade aus Bulgarien und auch
aus Rumänien Menschen nach Deutschland kommen, um in
Sozialversicherungssysteme einzureisen und das können wir
nicht dulden.
Schon 2013 schrieb Gelsenkirchens SPD-Oberbürgermeister
Frank Baranowski einen Brandbrief an die Regierungsparteien
und forderte Soforthilfen vom Bund weil,
Zitat:
„Vielerorts ist (…) eine Situation entstanden, die die
Nachbarschaften völlig überfordert und die
Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Kommunen
übersteigt.“
Für ein Interview mit Frontal 21hatte Baranowski keine Zeit. In
einer schriftlichen Stellungnahme legt er Wert auf die
Feststellung,
Zitat:
„Die öffentliche Sicherheit Gelsenkirchens ist nicht
gefährdet!“
Die hochverschuldete Stadt tue, was sie kann. Sie habe bereits
20 Schrottimmobilien gekauft, geschlossen oder abgerissen.
Doch das bleibt eine Verzweiflungstat, meinen Experten.
O-Ton Thorsten Bölting, Geschäftsführer Institut für
Stadtentwicklung, Ruhr-Universität Bochum:
Wenn solche Kommunen wie jetzt beispielsweise
Gelsenkirchen hingehen und auch solche Immobilien,
notleidende Immobilien aufkaufen, dann nutzen die
Investoren teils das eingenommene Geld und kaufen zwei,
drei Straßen weiter eben die nächsten günstigen Immobilien
auf.
So schreitet die Verwahrlosung ganzer Wohnquartiere voran - wie
bei diesen Häusern: Die Dachstühle sind eingebrochen, die Stadt
hat zwangsgeräumt. Die Immobilien rotten seit Jahren vor sich
hin, werden zur Gefahr. Auf dem Dach lose Pfannen, direkt über
einem Weg zum Kinderspielplatz – genauso wie eine
eingeschlagene Scheibe. Nach unserer Anfrage schickt die Stadt
die Feuerwehr. Die akuten Gefahren werden beseitigt. Für die
alteingesessenen Schalker sind die Probleme damit längst nicht
gelöst.
O-Ton Hartmut Jölich, Rentner:
Ich habe wirklich noch keinen getroffen, der glücklich ist mit
den Situationen. Und ich kenn viele, die wirklich mit der
geballten Faust in der Tasche hier rumlaufen.
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