Sicher in die Herbstjagden

WEIDMANN
Waffe & Optik
Sicher in die
Herbstjagden
Die große Disziplin unserer Jäger im Umgang mit den Jagdwaffen garantiert den derzeitig enorm hohen Grad an Sicherheit bei Gesellschaftsjagden. Damit dies so bleibt oder
sogar noch verbessert werden kann, müssen Grundregeln in puncto Sicherheit bei der
Jagdausübung beachtet und gelebt werden.
Norbert Steinhauser
Foto Michael Migos
Was kann
getan werden,
um bei Gesell­
schaftsjagden
maximale
Sicherheit
aller Jagd­
teilnehmer
zu gewähr­
leisten?
Die richtige Munition
Nicht zuletzt zeigen doch einige
in der Vergangenheit passierte
Schießunfälle, insbesondere bei
der Handhabung von Jagdwaffen,
dass man Sicherheit nicht groß
genug schreiben kann, denn wenn
der sprichwörtliche Schuss aus
dem Lauf ist, hält ihn niemand
mehr auf. Jetzt ist es an der Zeit,
sich für die bevorstehenden
Herbstjagden gut vorzubereiten,
sein technisches Equipment zu
überprüfen und sich im jagdlichen
Schießen zu üben.
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Die ersten Einladungen zu Nie­
derwildjagden sind bereits ein­
gelangt, womit die rechtzeitige
Beschaffung passender Munition
zur Jagdflinte an sich bereits er­
folgt sein sollte. Dass beim Kauf
von Schrotmunition auf das ge­
naue Kaliber der Flinte geachtet
werden muss, sollte für jeden
Jäger eine Selbstverständlichkeit
sein. Persönlich erlebt habe ich
etwa die Verwendung von 12/76er
Munition in 12/70er Jagdflinten,
die nur deshalb auffiel, weil das
Gewehr einen fast unerträglichen
Rückstoß aufwies. Der Jäger kann
sich glücklich schätzen, noch alle
Hände und Finger zu haben. Wei­
ters muss die Schrotkorngröße
der zu bejagenden Wildart ent­
sprechen. Wurfscheibenmunition
hat bei Niederwildjagden nichts
verloren! Leider findet man im­
mer wieder die Beweise im Sturz­
acker. Der Schrotschuss entfaltet
seine ideale Wirkung bei geeigneter Schrotkorngröße (genügend Auftreffenergie), ange­
passt an die jeweilige Wildart.
Für die bevorstehenden Riegel­
jagden muss jetzt ebenfalls der
Munitionsvorrat aufgestockt wer­
den, damit die Büchse auf dem
Schießstand kontrollgeschossen
werden kann. Sollte man eine
neue Zielhilfe oder ein Zielfern­
rohr für die Herbstjagden benöti­
gen, wäre es jetzt höchste Zeit,
diese Arbeiten beim Fachhandel
in Auftrag zu geben. Dass die
Waffen in einwandfreiem tech­
nischem Zustand und beschossen
sein müssen, versteht sich von
selbst. Im Zweifelsfall wendet
man sich an Fach­handel oder Be­
schussamt (Wien oder Ferlach).
Treffpunkt Sammelplatz
Bei Sammeltreffpunkten vor,
während und nach einer Jagd ha­
ben alle Jagdteilnehmer ihre Jagd­
waffen gebrochen oder mit of­
fenem Verschluss zu führen. Wer
hier wegschaut, macht sich mit­
schuldig! Ein höflicher Hinweis
auf den Sicherheitszustand des
Jagdgewehrs beim Verstoß gegen
diese Sicherheitsregel wird die
gute Stimmung zu Beginn der
Jagd nicht trüben. Weiters gilt
Alkoholverbot vor und während
der Jagd, denn wir gelten als ver­
lässliche Personen im Sinne des
Waffengesetzes. Das gilt natürlich
für alle Jagdteilnehmer, auch für
Jagdhelfer.
Sicherheitsbekleidung
Die Erfahrungen der letzten Jahre
haben die enorme Effektivität
dieser orangerot oder signalgelb
WEIDWERK 10/2006
WEIDMANN
Gefährdungsbereich
Am Sammel­
platz sind
Kipplauf­
gewehre
unbedingt zu
brechen, bei
Jagdrepetie­
rern ist der
Verschluss
zu öffnen!
Waffenführung
dem Motto „Sicher ist sicher“ sind
bei der Schrotschussabgabe etwa
400 m Sicherheitsbereich einzu­
rechnen. Sollte für den „Notfall­
schuss“ auf Schalenwild Flinten­
laufmunition mitgeführt werden,
so ist diese verwechslungssicher
in einem anderen Behältnis aufzu­
bewahren als die „normale Jagd­
schrotmunition“. Denn wenn irr­
tümlich Flintenlaufmunition ver­
schossen wird, vergrößert sich der
Gefährdungsbereich auf bis zu
1.800 m. Weiters ist in der Vor­
bereitung sicherzustellen, dass
nur ein Kaliber an Schrotpatronen
mitgeführt wird. Denn insbeson­
dere bei Besitzern von 12er und
20er Flinten könnte es passieren,
dass irrtümlich eine 20er Patrone
in eine Flinte im Kal. 12 geladen
wird. Wer dann nicht aufpasst,
kann schwere Verletzungen da­
vontragen, denn die 20er Patrone
rutscht bis über den Übergangs­
konus in den Lauf, und wenn
dann eine 12er Patrone „draufge­
laden“ wird, wird mit Kaliber 12
auf die 20er Patrone aufgeschos­
sen. Das Ergebnis braucht nicht
Foto Dieter Hopf
Foto Richard F. Flasch
Beim Schrotschuss beträgt der
Gefährdungsbereich bekanntlich
Schrotgröße in mm × 100 in
Meter. Demnach haben 3-mmSchrote einen Gefährdungsbe­
reich von min. 300 m. Wenn man
bedenkt, dass man manchmal
in der Schrotgröße geringfügig
wechselt und man eine Entfer­
nung von zum Beispiel 300 m
nicht genau schätzen kann, so ist
hierbei ein größerer Gefährdungs­
bereich einzukalkulieren. Unter
dokumentiert zu werden. Fast
schon periodisch wird unserer­
seits auf die Sicherheitsbestim­
mungen beim Büchsenschuss hin­
gewiesen. Das Geschoss einer
Büchse ist bis zu 5.000 m eine
tödliche Gefahr, und das kann
eben nur ein geeigneter Kugelfang
kontrolliert aufnehmen.
Foto Michael Migos
gefärbten Sicherheitsbekleidung
bewiesen. Deshalb ist bei Gesell­
schaftsjagden Sicherheitsbeklei­
dung zu tragen. Als Mindestmaß
ist ein signalfärbiges Hutband er­
forderlich oder besser noch eine
Signalweste. Der Anstand erfor­
dert es, die eigene Sicherheits­
bekleidung zur Treibjagd mitzu­
bringen und nicht erst zu warten,
bis man eine ausgehändigt be­
kommt. Auch alle Jagdhelfer sind
mit Sicherheitsbekleidung auszustatten, wobei Durchgeher und
Jagdhelfer Signalwesten tragen
sollten. Der Jagdveranstalter hat
die Verfügbarkeit von Sicher­
heitsbekleidung für Jagdhelfer
und Durchgeher sicherzustellen.
Nicht zuletzt sind auch unsere
vierbeinigen Jagdhelfer zumindest
mit einer Sicherheitshalsung (mit
Sicherheitsverschluss) auszustat­
ten. Im Zeitalter der gesetzlichen
Notwendigkeit im Kfz ist die
mangelnde Verfügbarkeit von Signalwesten keine Ausrede mehr.
Eine Sicherheitsregel besagt:
„Ziele nie auf Menschen.“ Wenn
man dann sieht, wie manche Jäger
ihre Flinte am Schwerpunkt mit
der Laufmündung in Hüfthöhe
waagrecht unverantwortlich füh­
ren, wird einem ganz ungut in der
Magengrube. Die Mündung der
Flinte ist in einem sicheren Be­
reich zu führen! Beim Überwin­
den von Hindernissen, Über­
springen von Bächen oder Durch­
klettern von Zäunen ist das Ge­
wehr zu brechen und zu entladen.
Vor dem Laden sollte man einen
Blick durch den Lauf werfen,
denn Fremdkörper oder Verstop­
fungen könnten zur Laufspren­
gung führen. Dasselbe gilt nach
Stürzen und Kontakt des Laufs
mit dem Boden. Das Jagdgewehr
ist nur so lange geladen zu führen,
wie dies unbedingt notwendig ist.
Entsichert wird erst unmittelbar
vor der Schussabgabe.
Gefährliches Linieren
Dass das Linieren durch die
Schützenlinie – eine absolut ge­
fährliche Unart – strengstens un­
tersagt ist, weiß sicherlich jeder
Bild links: So
nicht – 1. feh­
lende Sicher­
heitsbeklei­
dung, 2. ge­
fährliche
Trageweise
der Flinte
Bild rechts:
Idealfall –
Jäger, „Durch­
geher“ und
Hund in
Signalfarben
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Jäger. Schon bei der Jagdaus­
bildung wird auf diese Sicher­
heitsregeln besonders hingewie­
sen. Doch immer wieder passiert
es bei Treibjagden, dass von
Schützen durch die Schützenlinie
im Anschlag durch­
visiert wird.
Von Schussgeilheit oder grober
Fahrlässigkeit einmal abgesehen,
muss sich jeder Jagdteilnehmer
andauernd um die Position der
Schützenlinie informieren, damit
ein Linieren aus Versehen vermie­
den werden kann. Das heißt, man
muss unentwegt die Schützenlinie
beobachten, die sich aufgrund der
Geländekupierung rasch ändern
kann. Auch bei Riegeljagden auf
Schalenwild sind Informationen
der Jagdleitung an die Schützen
weiterzugeben, wo sich die Schüt­
zenlinie genau befindet bzw. wo
sie verläuft.
Schussentfernung
Immer wieder weisen wir auf die
Einhaltung weidgerechter Schussentfernungen beim Schrotschuss
hin. Professionelle Flintenschüt­
zen, die es sich aufgrund ihrer
Schießleistung und Erfahrung
leisten könnten, vielleicht ein
wenig weiter auf Niederwild zu
schießen, vermeiden peinlich ge­
nau Kunstschüsse auf weite Ent­
fernungen. Die Frage, was weit ist
und was nicht, muss jeder für sich
selbst beantworten, aber beim
Kal. 12 sind es eben kaum 40 m,
beim Kal. 16 max. 35 m und
beim Kal. 20 eben nicht mehr als
30–32 m Schussentfernung. Zu­
dem kommt noch die an die
jeweilige Wildart angepasste
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Foto Norbert Steinhauser
Auch wenn die
Verlockung noch
so groß ist – an
einen Schuss ist
nicht zu denken,
da kein ausreichender
Kugelfang vor­
handen ist!
Schrotgröße dazu. Bei den vorhin
angegebenen Entfernungen muss
aber die Schrotgarbe mitten am
Wildkörper sein. Was mit ande­
ren Worten heißt, dass auch das
Schießtraining zur Vorbereitung
gehört. Dabei bieten moderne
Schießstände Jagdparcours an, die
der Realität sehr nahe kommen.
Deshalb ist es die Pflicht des ver­
antwortungsbewussten Jägers, an
solchen praxisnahen Übungsstät­
ten zu trainieren! Sollte dies nicht
erfolgen, liefern die Jäger den
Jagdgegnern selbst Zündstoff und
Angriffspunkte, die sich die
Mehrzahl der Jäger nicht verdient
hat. Natürlich ist auch bei Riegel­
jagden auf Schalenwild eine weid­
gerechte Schussentfernung einzu­
halten. Gerade beim Schuss auf
flüchtiges Wild mit schlechter
Schießauflage ist ein ausreichendes
Schießtraining erforderlich!
Hindernisse & Geller
Bei der Schussabgabe muss der
Kugelfang oder das Hinterland
die wichtigste Rolle spielen. Es
wird zwar immer darauf hinge­
wiesen, aber wie ein sicherer Ku­
gelfang beschaffen sein soll, wird
kaum beschrieben. Nun, beim
Büchsenschuss muss unbedingt
ein gewachsener Boden in ausrei­
chendem Maß hinter dem Wild­
stück vorhanden sein. Der Büch­
senschuss gegen den Horizont
(Schuss im Bereich von Bäumen)
oder in die Maisstauden bzw. in
das Stangenholz ist ein schwerer
Verstoß gegen die Sicherheit,
denn wie x-fach erwähnt, fliegt
ein modernes Jagdgeschoss bis zu
WEIDWERK 10/2006
Foto Franz Kovacs
Jagdwaffen der
Kategorie C und
D dürfen im Kfz
kurzfristig ver­
wahrt werden,
müssen aber
u. a. gegen die
Abgabe eines
Schusses (Waf­
fenschloss, Ent­
fernung eines
wesentlichen
Teiles) gesichert
sein!
5.000 m weit. Beim Schrotschuss ist
ebenfalls gewachsener Boden der
beste Kugelfang. Bei gefrorenem
oder steinigem Boden ist aber
durch die Gellergefahr der Schrote
höchste Vorsicht geboten. Der
Schrotschuss in den steilen Luft­
raum ist kein Problem. Doch das
Beschießen von Flugwild in relativ
niedriger Flughöhe (z. B. Enten
über dem Schilfgürtel, Fasane
knapp über den Weingärten) gilt
als absoluter Verstoß gegen die
Sicherheit. Acht geben sollte man
auch bei Flintenlaufgeschossen,
die an sich sehr gelleranfällig sind,
in der Jägerschaft oft aber als ge­
fahrlos hingestellt werden. Auch
Jagdhelfer oder Wirtschaftsma­
schinen, die sich in Jagdbereichen
aufhalten, müssen unentwegt be­
obachtet werden, um deren Posi­
tion jederzeit im Blickwinkel zu
haben. Nicht selten steht plötz­
lich ein Traktor oder gar der
Wildwagen in der Schusslinie ...
Verwahrung im Kfz
Nach erfolgreicher Jagd sollte
auch der Schüsseltrieb nicht zu
kurz kommen. Es gehört zum
guten Ton, auch den letzten Trieb
zu besuchen. Aber wohin mit der
Jagdflinte oder der Büchse? Dazu
sollte jeder Jäger wissen, dass die
unsachgemäße Verwahrung von
Langwaffen im Kfz kein Kava­
liersdelikt mehr ist. Bis vor eini­
gen Jahren war die Verwahrung
im Kfz überhaupt nicht möglich.
Derzeit gilt die Regelung, dass
Kategorie-C- und -D-Waffen
(Flinten und Büchsen, die keine
Kategorie-B-Waffen sind) im Kfz
WEIDWERK 10/2006
in erster Linie zeitlich kurz ver­
wahrt werden können. Der Gesetzgeber spricht von maximal drei
Stunden während der Dunkelheit
und sechs Stunden während des
Tages. Weiters muss das Jagdgewehr gegen die Abgabe eines
Schusses geschützt sein. Dies
kann einerseits durch ein Abzugs­
schloss oder andererseits durch
die Ent­fer­nung wesentlicher Teile
(z. B. der Verschluss beim Repe­
tierer) erreicht werden. Das Ge­
wehr muss in einem herkömm­
lichen Kfz im nicht einsehbaren
Kofferraum oder im versperrten
Fahrgastraum gegen Erkennbar­
keit von außen geschützt werden.
Dass Jagdwaffen dabei nicht un­
terladen oder gar geladen sein
dürfen, versteht sich von selbst (zum
Thema Verwahrung im Kfz siehe
auch WEIDWERK 11/2001). Sollte eine
Polizeistreife nach einer Jagd eine
Kontrolle durchführen, und die
Waffen würden dann im abgestellten Kfz mangelhaft verwahrt sein,
so könnte schnell die Jagdkarte
wegen Unverlässlichkeit in Gefahr
sein. Halten wir uns an die längst
bewährten Sicherheitsregeln bei
Gesellschaftsjagden, wir Jäger
sind eben Vorbilder, die Waffen
besitzen, führen, anwenden und
letztendlich auch verwahren. Wer
gegen Sicherheits­regeln verstößt,
bringt nicht nur sich selbst, son­
dern die gesamte Jägerschaft in
Gefahr und letztlich in Verruf,
was Folgendes heißen soll: Wer
wegschaut, macht sich mitschul­
dig, hier hat Aufklärung die beste
Wirkung. Jeder Jagdunfall oder
negative Vorfall ist einer zu viel!
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