SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Harald Kujat, Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr gab heute, 02.09.16, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: Steinmeiers Rüstungskontroll-Initiative“. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Rudolf Geissler. Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 02.09.2016 Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Kujat begrüßt Steinmeiers Rüstungskontroll-Initiative Baden-Baden: Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, hält die jüngste Rüstungskontroll-Initiative von Bundesaußenminister Steinmeier für sinnvoll. Im "SWRTagesgespräch" des Südwestrundfunks sagte Kujat, es sei wichtig, "die Entspannung wieder auf die Tagesordnung zu setzen". Steinmeiers Vorstoß sei offensichtlich der Versuch, "einen Hebel" zu finden, mit dem die verkrusteten Fronten zwischen Ost und West wieder aufgebrochen werden könnten. Möglicherweise sei das Verhältnis zwischen der NATO und Moskau im Moment noch so angespannt, dass für Steinmeiers Vorstoß die Zeit "noch nicht reif sei". Wichtig sei sie aber auf jeden Fall, weil es auch gelte, Konflikten vorzubeugen, die aus Versehen entstehen und in unbeherrschbare Situationen führen könnten. Kujat, der früher auch Vorsitzender des NATO-Militärausschusses war, plädierte dafür, in mögliche neue Rüstungskontroll-Gespräche auch die Raketenabwehrsysteme in Europa einzubeziehen. Diese seien "ein ganz großes Problem für Russland". Wortlaut des Live-Gesprächs: Geissler: Das, was Steinmeier da anpeilt für schwere Waffen, neue Waffen, Obergrenzen, Mindestabstände, wie schlüssig ist das in ihren Augen? Kujat: Ich halte es für ganz wichtig, dass wir versuchen, die Entspannung wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Steinmeier sucht nach einem Hebel auch, die etwas verkrusteten Fronten zwischen Russland und dem Westen auch zwischen Russland und der NATO wieder aufzubrechen. Natürlich ist die Rüstungskontrolle ein Instrument dazu, aber ich befürchte, die Zeit ist noch nicht reif dafür. Aber wichtig ist es und ich finde des ganz wichtig, dass er auch ganz konkret für Dezember ein Termin anpeilt um das wieder auf die Tagesordnung zu setzen und dann vielleicht auch schon mit ganz konkreten Vorschlägen kommt. Geissler: Ist das Angebot denn wirklich attraktiv für Russland es anzunehmen? Kujat: Ich denke mal, wir haben uns ja in den ganz schwierigen Zeiten auf diese so genannte KSE-Vereinbarung, das heißt auf die Kontrolle von konventionellen Waffen geeinigt, damals ja noch zwischen dem Warschauer Pakt und der NATO und ich glaube auch, dass das für Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Russland wichtig ist. Aber natürlich stehen einer wirklichen Vereinbarung auch ein Fortschritt im Augenblick die Spannungen, die herrschen zwischen Russland dem Westen im Wege. Da ist die Ukraine-Krise oder Ukraine-Konflikt muss man besser sagen, da ist Syrien natürlich und es gibt auch andere Felder, auf denen es große Schwierigkeiten gibt zwischen beiden Seiten, aber wie gesagt, Steinmeier versucht ein Hebel zu finden, um das Ganze wieder in ein vernünftiges Fahrwasser zu bringen und das finde ich ganz richtig und wichtig. Geissler: Die Verhandlungen sollen auch, so ist es in diesem Konzept das er zumindest in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung neulich schon entwickelt hat, gelten für Gebiete deren, so heißt es da, territorialer Status umstritten ist. Im Klartext kann das ja wohl nur die Krim sein oder auch die Ostukraine. Ist dieser Passus möglicherweise schon ein Hebel, von dem sie sprechen, ein Signal, wir könnten diese neue Lage anerkennen? Kujat: Nein, soweit würde ich nicht gehen, aber es ist natürlich Realpolitik was Steinmeier macht. Ich will ihn hier nicht interpretieren, ich kann nur sagen wie ich es sehe und ich vermute, dass er es auch sieht. Er sagt natürlich, bei allen Schwierigkeiten die es gibt, bei allen strittigen Punkten, es muss ja nun nicht alles völlig ausgeräumt sein. Wenn man Fortschritte erzielen will, dann muss man das große Ziel im Auge behalten. Und dieses große Ziel heißt Entspannung zwischen Russland und dem Westen, und das ist natürlich eine Möglichkeit diesem Ziel etwas näher zu kommen. Geissler: Vertrauensbildung also ist es im Wesentlichen. Ist es denn auch handfeste Konfliktvermeidung, das frage ich Sie, Herr Kujat, der sie ja mal auch Vorsitzender des NATO-Militärausschusses waren. Ist es handfeste Konfliktvermeidung, wo doch immer wieder im Luftraum über der Ostsee es offenbar zu gefährlichen Begegnungen kommt? Kujat: Ja, das denke ich schon. Die Situation ist doch so, dass bei allen Schwierigkeiten, die wir haben, niemand ernsthaft einen Konflikt zwischen Russland und Westen herbei reden will, oder auch denkt, dass das eine realistische Option ist. Geissler: Na, die baltischen Staaten gehen davon aus, dass sie sich Sorgen machen müssen, es könne bei ihnen zu ukrainischen Verhältnissen kommen, oder? Kujat: Na ja, natürlich die Sorge ist eben groß. Aber die Sorge ist vor allen Dingen, das ist meine Sicht der Dinge, das ist die, dass wir, wenn wir weiter eskalieren, vor allen Dingen auch mit ständigen Drohungen und Gegendrohungen, wenn mit Großmanövern und ähnlichem, aber hier haben sie auch beispielsweise diese Beinah-Zusammenstöße genannt - dann ist natürlich das Risiko immer gegeben, dass es zu einem technischen Versagen kommt, zu einer Fehlinterpretation oder zu einer Überreaktion einer Seite und dann setzen sich Dinge in Gang, die man an irgendeinem Punkt nicht mehr kontrollieren kann. Das ist das heutige Risiko eines Konfliktes. Geissler: Kommen wir vielleicht nochmal kurz auf dieses Aspekt des „Hebel ansetzen“ ? Was ich im Steinmeier-Konzept nicht erkennen kann, ist, dass er auch die RaketenAbwehrsysteme in die Verhandlungsmasse einbeziehen will, die in Rumänien, Polen aufgebaut werden. Das ist ja für die Russen eines der ganz großen Ärgernisse. Wird man das aussparen können, realistischer Weise? Kujat: Von der Sache her muss man das trennen. Das ist schon richtig. Andererseits hätte ich sehr auch gewünscht, dass er hier zumindest einen Hinweis gegeben hätte: wir sind auch bereit, zum Beispiel über diese Systeme zu sprechen. Das ist ja, wie Sie richtig sagen, ein ganz großes Problem für Russland. Sie wissen, auch der ABM-Vertrag funktioniert nicht, der ja mal sehr wichtig war, auch im strategischen Verhältnis zwischen Russland und den Vereinigten Staaten. Also dies wäre natürlich ein weiterer Ansatzpunkt, aber hier glaube ich, hätte es doch noch größere Vorbehalte gegeben auf Seiten der Vereinigten Staaten, vielleicht auch auf der Seite anderer NATO-Verbündeter, und deshalb hat er das – hoffentlich, sage ich mal - zunächst noch nicht mit einbezogen. Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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