Immobilienmärkte nach der Brexit

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Immobilienmärkte nach der Brexit-Entscheidung
KEYFACTS
- Britische Immobilienfonds stoppen Handel mit Anteilen
- Immobilienpreise in London fallen
- Kontinentaleuropäische Städte hoffen auf Wanderungsgewinne
17. August 2016
Die Märkte nehmen vorweg, was die Politik noch beschwichtigen möchte: Der britischen
Immobilienwirtschaft stehen schwere Zeiten bevor. Auch der größte britische Immobilienfonds
für Privatanleger, M&G Property Portfolio mit einem Volumen von umgerechnet 5,2 Milliarden
Euro, hat inzwischen den Handel mit seinen Anteilen eingestellt. Aus Sicht der
Fondsgesellschaft, eine durchaus legitime Maßnahme, die durch die ungewöhnlichen
Marktumstände zu rechtfertigen ist. Zu viele Kunden wollten ihre Anteile zurückgeben.
1,5 %
– um so viel sind die Immobilienpreise in der Region
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London im Juli gesunken
Kannten die Immobilienpreise in der Region London in der Vergangenheit nur die Entwicklung
nach oben, kam es im Juli zu einem Rückgang um 1,5 Prozent. Nachdem der Markt in den
letzten Jahren durchaus als heiß gelaufen galt, schieben potentielle Immobilienkäufer, private
wie gewerbliche, zurzeit Kaufentscheidungen lieber auf. Der Grund ist die wirtschaftliche
Unsicherheit nach der Brexit-Entscheidung – denn ob Großbritannien den Zugang zum
europäischen Binnenmarkt behalten wird, steht in den Sternen. Und es mehren sich die
Anzeichen für eine längere wirtschaftliche Rezessionsphase. Ein weiterer Grund für die
Kaufzurückhaltung bei potentiellen Immobilienkäufern: Die nicht unberechtigte Hoffnung, dass
der geplante Immobilienkauf schon in ein paar Monaten deutlich günstiger ausfallen könnte.
Ganz anders sieht es auf der europäischen Seite des Ärmelkanals aus. Hier profitierten die
Immobilienmärkte in den letzten Jahren bereits enorm von der Politik des billigen Geldes der
Europäischen Zentralbank (EZB). Eine Entwicklung, die sich aktuell durch den Brexit noch
verstärkt. Mangels Anlagealternativen steht das Betongold weiter hoch im Kurs. Auch weil es
gefühlt eine größere Sicherheit bietet, als zum Beispiel der Aktienmarkt, wo den Anlegern noch
immer die letzte Finanzmarktkrise in den Knochen steckt.
Eine Gefahr liegt im Prinzip Hoffnung, dass die Wertentwicklung bei gewerblich genutzten
Immobilien in vielen europäischen Ballungszentren als Folge des Brexit derzeit treibt. In
Deutschland ist das Paradebeispiel Frankfurt, das hofft, von einem Exodus der Finanzindustrie
aus London profitieren zu können. Aber auch Paris, Dublin und Amsterdam hoffen auf
Wanderungsgewinne. Und auf Anleger aus Asien, Russland und Arabien, die bislang
besonders gerne in London investiert haben. Dies ist eine Rechnung mit offenem Ausgang.
Wer und ob jemand von Brexit-bedingten Verlagerungen profitieren wird, ist derzeit nicht
vorhersehbar.
Das Risiko einer gesamteuropäischen Konjunktureintrübung ist jedoch sehr real, da die
europäischen Volkswirtschaften mit Großbritanniens Wirtschaft eng verwoben sind. Die aktuelle
Abwertung des Pfundes entwickelt sich bereits jetzt für viele Unternehmen zu einem Problem.
Weniger jedoch in der Immobilienwirtschaft, da deutsche Vermögenswerte in britischen Fonds
zumeist durch Devisentermingeschäfte langfristig abgesichert sind.
Der Brexit wird sich für die europäische Immobilienwirtschaft wohl nicht zu einem Debakel
entwickeln. Verglichen mit den Finanzkrisenjahren 2008 und 2009 erscheinen die Zahlen aus
London geradezu optimistisch. Jedoch sind die Auswirkungen beiderseits des Ärmelkanals
deutlich spürbar. Ob es nur Verlierer oder auch einige Gewinner geben wird, ist derzeit noch
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völlig offen.
Stefan Schmidt
Partner, Head of Real Estate Tax
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ZUSAMMENGEFASST
»Eine Gefahr liegt im Prinzip Hoffnung, dass die Wertentwicklung bei
gewerblich genutzten Immobilien in vielen europäischen
Ballungszentren als Folge des Brexit derzeit treibt. In Deutschland ist
das Paradebeispiel Frankfurt, das hofft, von einem Exodus der
Finanzindustrie aus London pro itieren zu können. Der Ausgang ist
offen.«
Die Unsicherheit nach der Brexit-Entscheidung in Großbritannien führt zu einer gegenläufigen Entwicklung
auf Europas Immobilienmärkten. Während die Angst vor Abwanderung von Unternehmen in London für
fallende Preise sorgt, suchen die Anleger in Kontinentaleuropa nach sicheren Häfen für Investitionen. Und
wetten dabei auf weiter steigende Immobilienpreise in Frankfurt, Paris oder Dublin.
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