operative behandlung von übergewicht und diabetes

OPERATIVE BEHANDLUNG
VON ÜBERGEWICHT UND DIABETES
VORWORT
Folgende Informationen richten sich an Personen mit Übergewicht
und/oder Diabetes (Zuckerkrankheit), die sich eine effiziente und
dauerhafte Behandlung derselben wünschen. Sie beschreiben die
unterschiedlichen Schweregrade des Übergewichtes, die Folgeerkrankungen bei Übergewicht und die operative Behandlung. Die
verschiedenen chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten werden
detailliert mit ihren Vor- und Nachteilen sowie den möglichen Risiken geschildert. Diese Dokumentation enthält alle wichtigen Informationen, die Sie persönlich im Informationsgespräch mit Ihrem
baria­trischen Chirurgen erhalten. Sie ergänzen ­dieses Gespräch,
ersetzen es aber nicht.
Die Informationen beruhen auf den « Richtlinien zur operativen Behandlung von Übergewicht » der Swiss Society for the Study of
Morbid Obesity and Metabolic Disorders (SMOB) vom 25.09.2013.
Die Originalfassung ist unter www.smob.ch einsehbar. Sie enthält
viele Fachausdrücke und ist ohne medizinische Kenntnisse schwer
verständlich. Der Text wurde daher übernommen und – wo dies für
ein besseres Verständnis nötig schien – gekürzt oder ergänzt. Insbesondere wurden schwer verständ­liche Fachausdrücke in die Umgangs­sprache übersetzt. Der Einfachheit halber wird meistens nur
die männliche Form verwendet. Gemeint ist in jedem Fall auch das
weibliche Geschlecht.
INHALTSVERZEICHNIS
Seiten
1. Herkunft & Ursache
3. SMOB Richtlinien &
5. Wer kann nicht
7. Risiken &
von Übergewicht
Definitionen
operiert werden?
Nebenwirkungen
4
1
7
5
24
10
9
2. Adipositas verursacht
4. Voraussetzungen für
Folgekrankheiten
eine bariatrische OP
9. Anhang
29
17
6. Operationen
8. Patientenmanagement
1. HERKUNFT & URSACHE VON ÜBERGEWICHT
Adipositas (krankhaftes Übergewicht, Fettleibigkeit, Körperfülle, Korpulenz) ist eine chronische ­Krankheit, die auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden kann. Die Veranlagung dazu ist meist auf mehreren
Genen lokalisiert und hat es der Menschheit erlaubt, in den letzten zehntausenden von Jahren, in denen es regelmässig zu Hungersnöten kam,
zu überleben und sich zu vermehren. Ungefähr ab den 1960er Jahren
haben sich aber – vermutlich erstmals in der Geschichte der Menschheit
– die Übergewicht fördern­den Umwelteinflüsse fundamen–
tal und global verändert. Damit waren die Voraussetzungen für die weltweite Ausbreitung (Pandemie) der Adipositas geschaffen, die sich so zur
Krankheit entwickeln konnte.
Schweizerische Gesundheitsbefragung 2012: 30.8% der Bevölkerung
sind übergewichtig, 10.3% adipös. Tendenz steigend.
1
HERKUNFT & URSACHE
Adipositas ist eine übermässige Vermehrung von Fettgewebe. Das Verteilungsmuster des Fettes (typisch «männliche» oder «weibliche» Fettverteilung) und sein Einfluss auf den Stoffwechsel werden durch Genetik
(Erbgut) und Epigenetik (auf die Ausprägung erblicher Faktoren wirkende «äussere» Einflüsse) gesteuert. Dies bestimmt den Zeitpunkt und
den Schweregrad von teilweise tödlich verlaufenden Folgekrankheiten.
Adipositas ist deshalb keine einheitlich gleich bleibende Krankheit, sondern ein stark ethnisch (Bevölkerungsgruppen wie Schwarze, Latinos,
Asiaten, Weisse) geprägtes Erscheinungsbild vieler erblicher Grundformen. Äussere Adipositas fördernde Faktoren wie u.a. Bewegungsman-
gel und Nahrungsüberangebot und andere Umwelteinflüsse sind global
gesehen vergleichbarer. Als chronische Krankheit mit erblichem Hintergrund ist Adipositas nach dem aktuellen Kenntnisstand nicht heilbar,
aber behandelbar. Die Bestrebungen staatlicher wie privater Gesundheitsorganisationen zielen auf eine frühzeitige Prävention (Vorbeugung)
von Übergewicht und Adipositas ab. Die auf mehreren gesellschaftlichen Ebenen ansetzende Prävention bemüht sich um eine Modifikation
der äusseren Faktoren mit grossem volkswirtschaftlichem Aufwand. Unser Bemühen um die Behandlung bereits an Adipositas Erkrankter steht
nicht in Widerspruch zur Prävention und ersetzt sie nicht.
BEWEGUNGSMANGEL
SÜSSGETRÄNKE
SNACKING
ALKOHOL
2
ENTWICKLUNG DER BEHANDLUNG
Alle bisher bekannten, konservativen Behandlungsprogramme können
die Fettmasse bei der Überzahl Betroffener weder ausreichend noch
anhaltend senken. Jeder frühere wie spätere Therapieabbruch wird von
einer überschiessenden Fettgewebe-Akku­mulation (Rebound) gefolgt
(sog. yo-yo-­Effekt) und beeinträchtigt spätere Fettreduktionen (metabolische oder «Stoffwechsel»-Narbe). Für die Mehrzahl Adipöser sind
frühere konser­vative Behandlungsepisoden ein weiterer, Adipositas
fördernder äusserer Faktor.
Die chirurgische Veränderung des Magen- Darm- Traktes und seiner
Funktion zur Behandlung der Adipositas begann Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Grösse der «offen» durchgeführten Eingriffe und ihre Folgen
auf den Stoffwechsel waren mit hohem Krankheitswert und Sterblichkeit
verbunden.
Erst die wenig traumatisierende, laparoskopische Chirurgie («Schlüsselloch-Chirurgie») zu Beginn des letzten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts
machte die bariatrische Chirurgie zur bisher wirksamsten, zweckmässig–
sten und wirtschaftlichsten Behandlungsform der Adipo­sitas sowie zwei
ihrer wichtigsten Folgeerkrankungen Diabetes mellitus Typ II und Dyslipidämie (erhöhte Blutfette).
Die bariatrisch-metabolische Chirurgie ist aktuell die nachhaltigste Behandlungsform der Bariatrie (ärztliche Behandlung des Übergewichtes).
Zur vollständigen bariatrisch-chirurgischen Behandlung gehören nicht
allein bauch- und hormonchirurgische Verfahren, sondern auch rekonstruktiv-chirurgische Interventionen im weite­ren Verlauf. Der Erfolg wird
aber erst durch ernährungs-, bewegungs-, psycho- und soziotherapeutische Behandlung und langzeitige Betreuung möglich. Chirur­gische
Massnahmen allein gene­rieren bestenfalls suboptimale Resultate.
Die Bariatrie ist eine multidisziplinäre (mehrere Disziplinen umfassende)
Fachrichtung zur Diagnose und individualisierten Behandlung der chronischen Krankheit Adipositas.
3
2. ADIPOSITAS VERURSACHT FOLGEKRANKHEITEN
Die Bürde der Grunderkrankung und ihrer
Folge­krankheiten zerstört Körper, Geist
und Seele, sofern keine Behandlung
erfolgt. Die Form und der Aufwand der
Adipositas-Behandlung unterliegen infolgedessen einer Vielzahl ethischer Fragen
an die Gesellschaft, an Betroffene wie an
die Solidarität Nicht-Betroffener und an
alle Akteure im Umfeld dieser Krankheit.
Stoffwechsel
Herz und Lungen
Magen und Darm
Insulinresistenz
Bluthochdruck
Leberverfettung
Diabetes Typ II
Herzmuskel-Erkrankung
Leberentzündung
Erhöhte Blutfette
Herzinfarkt durch Arterienverkalkung
Gallensteine
Erhöhte Entzündungsparameter
Nächtlicher Sauerstoffmangel
Zwerchfellbruch
Gicht
Atemaussetzer im Schlaf
Ständiges saures Aufstossen
Vitamin D Mangel
Asthma
Entzündung der Speiseröhre
Geb.hilflich-gynäkologisch
Tumorleiden
Haut
Zyklusstörungen
Brustkrebs
Bräunliche Hautverfärbungen
(Weibl.) Männlicher Behaarungstyp
Gebärmutterkrebs
Hautwolf
Unfruchtbarkeit
Prostatakrebs
Eiterblasen der Leisten
Früh-/ Fehlgeburten
Dickdarmkrebs
Nerven
Riesenbabies
Gallengangskrebs
Migräne
Wehenstörungen
Lymphknotenkrebs
Eingeklemmte Nerven
Schwangerschafts-Vergiftung
Schlaganfall
Muskeln und Knochen
Psyche und Soziales
Urolog./Andrologisch
Hüftknochentod
Soziale Angststörung
Urin-Inkontinenz (F)
Wachstumsstörungen (Hüfte)
Phantomschmerzen
Mini-Genitalien (M)
Gelenksabnutzung
Depression / Manie
Zirkulationsstörungen
Einengung des Rückenmarks
Angst- und Panik-Störungen
Krampfadern
Entzündung von Sehnenansätzen
Suchterkrankungen
Elefantenbeine
Chirurgisch
Erhöhte Wundinfektrate
4
3 . SMOB RICHTLINIEN & DEFINITIONEN
Seit Ihrer Gründung hat die SMOB Kriterien zur chirurgischen
Behandlung von Adipositas mit dem Bundesamt für Gesundheit
abgesprochen. Sie erbrachte den Nachweis für die Wirksamkeit,
Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Übergewichtsoperationen. Seit 2011 werden diese Leistungen ab einem BMI
über 35 kg/m2 von der Grundversicherung übernommen. Die
SMOB-Richtlinien werden in regelmässigen Abständen dem aktuellen Wissensstand angepasst.
Zusätzlich zu diesen medizinischen Richtlinien hat der SMOBVorstand administrative Weisungen erarbeitet. Diese bestimmen
personelle und infrastrukturelle Voraussetzungen für die Durchführung von Übergewichtsoperationen. Personal und Spital
i
Die „Swiss Society for the Study
of Morbid Obesity and Metabolic Dis–
orders“, kurz SMOB, wurde 1996 gegründet und ist der Schweizer Verband
für die chirurgische Behandlung von
Übergewicht. Die SMOB reglementiert
und kontrolliert die Behandlung von
Adipositas (Spitäler, Chirurgen).
unterliegen dabei einer Qualitätskontrolle. Die folgenden Definitionen der SMOB wurden von der eidgenössichen Leistungskommission 2005 gutgeheissen und haben für Krankenversicherer
und Versicherungsgerichte Klarheit geschaffen.
Medizinische Richtlinien zur operativen Behandlung von Übergewicht – © SMOB, 2013 / www.smob.ch
5
DEFINITIONEN
BAUCHUMFANG
BODY MASS INDEX (BMI)
Das Körpergewicht wird üblicherweise ins Verhältnis zur
Körpergrösse einer Person gesetzt.
BMI = kg/ ­Körpergrösse (m) x Körpergrösse (m)
Übergewicht Adipositas Grad I (mässig)
Adipositas Grad II (schwer)
Adipositas Grad III (morbid)
=
=
=
=
BMI 25,0–29,9 kg/m2
BMI 30,0–34,9 kg/m2
BMI 35,0–39,9 kg/m2
BMI 40,0 oder mehr
Beispiel: Person mit 103kg Körpergewicht und 1.6m Körpergrösse
BMI = 103/(1.6 x 1.6) = 103/2.56 = 40.23 kg/m2
ZWEIJÄHRIG
Ein zweijähriges Gewichtsreduktionsprogramm gilt dann als
erfüllt, wenn es additiv (alle Behandlungsdauern zusammen–
gezählt) während einer minimalen Gesamtdauer von 24 Monaten
durchgeführt wurde. Diese zweijährige Therapie kann aus ver–
schiedenen adäquaten konservativen Therapie­programmen
zusammengesetzt werden und muss nicht ununterbrochen
durchgeführt werden. Als kürzeste anrechenbare Therapiedauer
gilt ein Monat.
Erhöhtes Risiko für metaboles Syndrom ­(Blut­hochdruck, Diabetes,
erhöhte Blutfette):
Frauen > 88 cm
Männer > 102 cm
ANGEMESSENE KONSERVATIVE THERAPIE
1.Ernährungsberatung durch diplomierte Ernährungsberater
/innen FH oder ernährungsmedizinisch ausgebildete
Ärztinnen / Ärzte und / oder
2.verhaltenstherapeutische Programme inkl. Psycho­therapie
und / oder
3.kalorienreduzierte Programme (Diät) und / oder
4.bewegungstherapeutische Programme inkl. Physio­therapie
und / oder
5.medikamentöse Therapien
6.Eine adäquate Therapie kann auch unabhängig von kranken–
kassenpflichtigen Leistungen / ­Produkten sowie ohne
Unterstützung durch den Hausarzt oder einen Spezialisten
durch­geführt werden (z.B. Selbstzahler).
ERFOLGLOS
Ein additiv während einer minimalen Gesamtdauer von zwei
Jahren durchgeführtes Gewichtsreduktionsprogramm gilt dann
als erfolglos, wenn in dieser Zeit oder nachher kein BMI unter
35 kg / m2 erreicht und auch gehalten werden kann.
6
RESTRIKTION
4 . VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE BARIATRISCHE OPERATION
Das Bundesamt für Sozialversicherungen
(BSV) hat 2011 die chirurgische Behandlung von Adipositas als Pflichtleistung der
Grundversicherung anerkannt, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:
Auszug aus der Krankenpflege-Leistungsverordnung des BSV:
Massnahmen
Leistungspflicht
Operative
Adipositas-behandlung
Ja
Voraussetzungen
Revisionen
Der Patient oder die Patientin hat einen Body-Mass-Index
(BMI) von mehr als 35. Eine zweijährige adäquate Therapie
zur Gewichtsreduktion war erfolglos.
1.1.2000/
1.1.2004/
1.1.2005/
1.1.2007/
1.7.2009/
1.1.2011/
1.1.2014
Indikationsstellung, Durchführung, Qualitätssicherung und
Nachkontrollen gemäss den Medizinischen Richtlinien
der «Swiss Society for the Study of Morbid Obesity and
Metabolic Disorders» (SMOB) vom 25. September 2013 zur
operativen Behandlung von Übergewicht.
Durchführung an Zentren, die aufgrund ihrer Organisation
und ihres Personals in der Lage sind, bei der operativen
Adipositasbehandlung die Medizinischen Richtlinien
der SMOB vom 25. September 2013 zu respektieren. Bei
Zentren, die von der SMOB nach den Administrativen
Richtlinien der SMOB vom 25. September 2013 anerkannt
sind, wird davon ausgegangen, dass diese Voraussetzung
erfüllt ist.
Soll der Eingriff in einem Zentrum durchgeführt werden,
das von der SMOB nicht anerkannt ist, ist vorgängig
die Zustimmung des Vertrauensarztes oder der
Vertrauensärztin einzuholen.
7
VORAUSSETZUNGEN
KINDER UND JUGENDLICHE UNTER 18 JAHREN
ERWACHSENE
• Body-Mass-Index (BMI) von 35 kg / m2.
•Eine zweijährige, adäquate Therapie zur Gewichtsreduktion
war erfolglos. Bei einem BMI von 50 kg / m2 ist eine Dauer von
12 Monaten ausreichend.
• Schriftliche Einwilligung in die Verpflichtung zu mindestens
fünfjähriger Nachsorge im bariatrischen Netzwerk eines
anerkannten Zentrums.
BEDINGUNGEN AN KRANKENHAUS
•Durchführung der Operation in einem SMOB anerkannten,
bariatrischen Zentrum, das über ein multidisziplinäres Team
mit der notwendigen Erfahrung verfügt (bariatrisch tätiger
Chirurge, Facharzt für Innere Medizin / Endokrinologie, Psy–
chiater / Psychosomatiker, ErnährungsberaterIn, Physiothera–
pie / Bewegungstherapeuten), sowie ein standardisiertes Evaluationsverfahren und Patienten-Management inkl. Quali–
tätssicherung (AQC) anwendet.
•Die chirurgische Therapie ist nicht als E
­ rst­linien-Therapie
anzusehen.
•Richtlinien für die Voraussetzungen bei ­Kindern und Adoles–
zenten unter 18 Jahren sind in Zusammenarbeit mit der
Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie in Vorbereitung
• Indikationsstellung für Eingriffe bei Kindern/Adoleszenten
(< 18 Jahre) nur gemeinsam mit einem adipositas-erfahrenen
Kinder- und Jugendmediziner an einem pädiatrischen ­Adi–
positas-Kompetenzzentrum.
•Bei einem Body-Mass-Index (BMI) entsprechend 99,5 Perzen–
tile (BMI von 40 kg / m2)
•Erfolgloses 6–12 monatiges Gewichtsreduk­tionsprogramm in
spezialisiertem Zentrum
•Mindestens 1 Co-Morbidität
•Fortgeschrittenes Skelettwachstum
•Geistige Reife
• Commitment des Patienten zu medizinischer / ­psychosozialer
Evaluation sowie Nachkon­trollen
PERSONEN IM ALTER
Bei Patienten, die mehr als 65 Jahre alt sind, sind
Operationsrisiken und Rest-Lebenserwartung aufgrund der
Co-Morbiditäten abzuwägen. Sie sollen nur in bariatrischen
Referenzzentren ­operiert werden.
8
5 . WER KANN NICHT OPERIERT WERDEN?
PHYSISCH
Ausschluss in jedem Fall:
• Fehlende zweijährige adäquate Therapie zur Gewichts-
reduktion (resp. weniger als ein Jahr dauernd bei einem BMI von 50 kg / m2)
•Aktuelle Schwangerschaft
•ausgeprägte Niereninsuffizienz (Kreatinin 300 mmol / l,
GFR < 30 ml / min) ohne Nieren­ersatz­therapie
•Leberzirrhose Child B / C
•Status nach Lungenembolie und/oder tiefer Venen-thrombose innerhalb 6 Monaten nach Ereignis
•Ernsthaftes, nicht auf das Übergewicht zurück­zuführendes,
behandlungsbedürftiges psychisches Leiden, das in den
letzten zwei Jahren zu rezidivierenden Dekompensationen
geführt hat und auf der Basis einer schriftlichen Stellungsnahme des behandelnden Psychiaters
•Fortgesetzter chronischer Substanzmissbrauch (im Besonderen Alkohol, Cannabis, ­Opiate), bzw. keine gesicherte
Abstinenz von > 6 Mona­ten und bei nicht nachgewiesener
fachkompetenter Begleitung
•Mangelnde Compliance (versäumte Termine, Unfähigkeit
zu kooperieren, Mangel an Urteils­fähigkeit, Krankheitskonzepte ausserhalb ­all­gemein nachvollziehbarer Inhalte)
•Von Facharzt bestätigter Mangel an Einsichtigkeit in die
Auflagen und Bedingungen für post-operative Therapien
(Nachkontrollen, Substitution)
Ausschluss erst nach Rücksprache mit Fachspezialist:
•Instabile koronare Herzkrankheit (Angina ­pectoris; Status
nach Herzinfarkt vor weniger als 6 Monaten)
•Morbus Crohn
•Krebspatienten (nicht kontrolliert, oder in R
­ emission innerhalb von 2 Jahren nach Diagnose/­Therapie)
9
PSYCHISCH
6 . OPERATIONEN
ANATOMIE UND FUNKTION
DES ­M AGEN-DARM-TRAKTES
Die Nahrung wird von der Speiseröhre (1) in den Magen (2) transportiert,
wo sie verflüssigt wird, bevor sie in den Zwölffingerdarm (3) gelangt.
Dort gesellen sich die Galle aus der Gallenblase (4) und die Verdauungssäfte der Bauchspeicheldrüse (5) zum Nahrungsbrei, was erst die komplette Verdauung im Dünndarm (6) erlaubt, der etwa 5m lang ist. Galle
und Verdauungssäfte werden im Kolon (7) wieder vom Körper aufgenommen und rezykliert. Die unverdaulichen Nahrungsfasern verlassen den
Körper als Stuhl.
Die nachfolgend vorgestellten Operationen erfolgen immer in Vollnarkose und i.d.R. allesamt laparoskopisch («Schlüsselloch-Chirurgie»), wobei
der Zugang zum Bauchraum über ­Trokare bewerkstelligt wird, d.h. Kunststoffröhrchen, die das Einbringen und Entfernen von Instrumenten für die
Operation erlauben.
Ein «Umsteigen» (Konversion) zum offenen Vorgehen (Bauchschnitt)
bleibt immer möglich, wenn es die Sicherheit des Patienten erfordert
(z.B. wegen schlechter Übersicht bei ausgeprägten Verwachsungen im
Bauchraum oder starker Blutung). Das Umsteigen gilt dabei nicht als
Kompli­kation.
10
RESTRIKTION
MAGENBAND
Das Magenband wird auf Höhe des Mageneinganges platziert und
schränkt die eingenommene Nahrungsmenge ein. Die Bremswirkung
wird durch die Menge Kochsalzlösung gesteuert, die über ein unter der
Haut liegendes Reservoir in das Band gespritzt wird.
Der Gewichtsverlust erreicht selten 50 % des Übergewichtes.
Versagt das Magenband, kann es durch einen Magenbypass, einen
Schlauchmagen oder eine bilio-pankreatische Diversion ersetzt werden.
Das Magenband ist der einfachste bariatrische Eingriff mit der kleinsten
Sterblichkeitsrate von 0.1%. Trotz relativ einfacher Operationstechnik verursacht das Magenband z.T. schwere Komplikationen, vor allem im Langzeitverlauf.
11
RESTRIKTION
SCHLAUCHMAGEN
­ MAGEN­V ERKLEINERUNG»
«
Dieser Eingriff verwandelt den Magen in einen dünnen Schlauch, der gerade einmal 1 bis 1½ dl fasst. Da ein Gross­teil des Magens dabei entfernt
wird, ist diese Operation der einzige bariatrische Eingriff, der nicht rückgängig gemacht werden kann. Der Schlauchmagen wirkt durch Restriktion einerseits, reduziert aber andererseits das Hungergefühl, indem die
Anzahl Ghrelin produzierender Magenzellen vermindert wird. Ghrelin ist
ein appetit­steigerndes Hormon.
Der Gewichtsverlust liegt durchschnittlich bei 60% des Übergewichtes.
Wenn ein Schlauchmagen versagt, kann er zu einem Magenbypass oder
eine bilio-pankreatische Diversion umgebaut werden.
Der Schlauchmagen ist technisch etwas anspruchsvoller als ein Magenband, mit einer Sterblichkeit von ca. 0.3%. Langzeitresultate liegen noch
nicht vor.
12
RESTRIKTION UND LEICHTE VERDAUUNGSSTÖRUNG
PROXIMALER
ROUX-Y-MAGENBYPASS
Der sog. proximale Magenbypass ist der weltweit häufigste bariatrische
Eingriff. Dabei wird eine kleine Magentasche am Mageneingang von der
Grösse einer Zündholzschachtel vom Restmagen abgetrennt. Der Dünndarm wird unterbrochen und eine Schlinge von 150 cm Länge wird mit
der kleinen Magentasche verbunden mittels Klammerapparat und grösstenteils durch Handnaht. Eine zweite solche Naht verbindet den von der
Nahrungspassage ausgeschlossenen Restmagen, den Zwölffingerdarm
und die ersten 75-100 cm des Dünndarmes mit der hochgezogenen
Schlinge, sodass die Verdauungssäfte auf dieser Höhe zum Nahrungsbrei
gelangen.
Der Magenbypass beschleunigt die Nahrungspassage und führt dadurch
zu einer früheren Sättigung, er schränkt die Verträglichkeit hochkalorischer Speisen ein und verursacht eine Geschmacksverfeinerung, die die
Wahl gesunder kalorienarmer Kost erleichtert.
Der Magenbypass ist eine Operation mit einem Anästhesie-und Operationsrisiko zwischen Magenband und komplexer Eingriffe wie biliopankrea­
tische Diversionen und dem sog. distalen Magenbypass, das Sterblichkeitsrisiko schwankt zwischen 0,2–0,5 %.
Im Vergleich zum Magenband hat der Magenbypass mehr Frühkomplikationen, aber mit 8% deutlich weniger Reoperationen.
13
VERDAUUNGSSTÖRUNG
DISTALER
ROUX-Y-MAGENBYPASS
Diese Operation ist ein typischer Revisionseingriff bei Patienten mit
ungenügendem Gewichtsverlust nach proximalem Magenbypass, wenn
alle übrigen Massnahmen wie Ernährungsberatung, Psychotherapie und
Sport versagt haben. Die Länge des Dünndarms, die in Kontakt mit der
Nahrung kommt, wird auf die Hälfte reduziert. Ein Teil der Speisen verlässt den Körper unverdaut.
Er darf nur durchgeführt werden, wenn die Restriktion minimal ist, der
Patient also recht grosse Essportionen zu sich nehmen kann. Durch
Hinzufügen der Malabsorption wird die Wirkung des proximalen Magenbypasses verstärkt und die Patienten nehmen bis zu 74 % des Übergewichtes ab.
Der distale Magenbypass ist ein komplexer Eingriff mit einer Sterblichkeit
von 1% und im Vergleich zum proximalen Magenbypass doppelt so hoher
Komplikationsrate.
14
VERDAUUNGSSTÖRUNG
BILIO-PANKREATISCHE
DIVERSION
Es sind die wirksamsten und gleichzeitig gefährlichsten bariatrischen
Eingriffe. Obwohl die Nahrungsmenge kaum eingeschränkt wird, kann
der operierte Patient davon nur ca 40 % verdauen, der Rest verlässt den
Körper unverdaut im Stuhl. Diese Operationen ersetzen die Krankheit
Adipositas durch die ebenfalls chronische Krankheit des sog. «Kurzdarm-Syndroms». V.a. Eiweisse und Fette können nur beschränkt verdaut
werden, aber natürlich auch verschiedene und insbesondere fettlösliche
Vitamine und Spurenelemente, sodass eine zwingend lebenslängliche
Substitution mit einem Multivitamin, 3 Tabletten Calcium und Vitamin D,
je 1 Kapsel Vitamin A+E täglich und regelmässige Spritzen von Vitamin
B12 und Vitamin D nötig sind, je nach Laborwerten ausserdem Eisen, Zink
und Magnesium zusätzlich. Ohne die Supplementation kommt es garantiert zu Mangelzuständen.
Bezahlt werden von der Krankenkasse dabei nur die Calcium und Vitamin
D Tabletten, allenfalls noch das Vitamin B12 sowie Eisen, Zink und Magnesium, die teuren Vitamine und die ebenfalls teure eiweissreiche Kost
sind zu Lasten des Patienten. Nicht zuletzt wird auch die Aufnahme von
Medikamenten eingeschränkt bzw. unsicher und benötigt entsprechende
Anpassungen der Dosis.
Belohnt werden diese Patienten aber mit einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von über 70 % des Übergewichtes, der dann über Jahrzehnte gehalten werden kann.
15
MALABSORPTION
BILIO-PANKREATISCHE
DIVERSION MIT DUODENAL SWITCH
Malabsorptionsoperationen sind wenig verbreitet infolge ihrer Komplexi–
tät, ihrer im Vergleich hohen Komplikationsrate und einer Sterblichkeit
von 1,1 %. Der Patient muss optimal kooperieren sowohl für die Einnahme
der Supplementation wie für die regelmässigen lebenslänglichen Nach­
kontrollen inkl. Laborwerten.
Als Nebenwirkung sind gehäufte, klebrige, extrem übelriechende Stühle und Blähungen zu erwähnen, ausserdem kann ein sehr spezieller
Mund- und Körpergeruch auftreten, der Beziehungen beeinträchtigen
kann. Ohne Supplementation kommt es zur Eiweissmangelernährung mit
Muskelabbau, Blutarmut, Knochenabbau mit gehäuften Knochenbrüchen, Nierensteinen, Vitamin- und Spurenelementmangel mit Müdigkeit,
Leistungsschwäche, Haarverlust. Diese Liste enthält nur die wichtigsten
und häufigsten Symptome.
Die bilio-pankreatische Diversion mit duodenal switch verbindet die Komplikationen des Schlauchmagens und des Magenbypasses. Dagegen ist
der Wiederanstieg des Körpergewichtes der geringste aller bariatrischer
Eingriffe. Er ist dann immer Folge eines grossen Konsums von Kohlehydraten wie Zucker, Brot, Pasta etc., die problemlos verdaut werden können.
16
7 . RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN
GENERELL BEI ÜBERGEWICHTSOPERATIONEN
Die Risiken bariatrischer Eingriffe sind abhängig vom Gesundheitszustand der Patienten und insgesamt als tief einzuschätzen. Wir sprechen
von 5% Komplikationen und 1% schweren Komplikationen. Die nachfolgende Auflistung von Komplikationen und Nebenwirkungen ist sehr
ausführlich und dem Beipackzettel von Medikamenten angeglichen.
•
17
Sie sind allen bariatrischen Eingriffen gemeinsam: Eine heftige
allergische Reaktion auf Narkosemittel oder Latex; Lagerungsschäden durch Druck auf Haut-/Gewebe-/Nerven; bei Einlage eines
Harnblasenkatheters Verletzung der Harnröhre mit dem Risiko einer
späteren Striktur (Verengung, operative Korrektur nötig); Verletzung
der Milz (was zur Entfernung derselben führen kann); starke Blutung
(kann Bluttransfusionen nötig machen oder eine erneute Operation
zur Blutstillung); Weitere Blutungsursachen sind eine Verletzung
von Milz und/oder Leber oder eine Blutung auf Höhe des Trokareinstiches; Infektion (medikamentöse Behandlung und/oder Drainage
(Ableitung) des Eiters oder des Abszesses im Bauch, kann auch
in Form einer Lungenentzündung (Pneumonie) auftreten oder als
Harnwegsinfekt (Zystitis); Thrombose und Embolie (Blutgerinnsel in
den Venen, die Lungengefässe verschliessen können (=Embolie), die
häufigste Todesursache nach bariatrischen Operationen). Diese Liste
umfasst nur die häufigsten Frühkomplikationen im Zusammenhang
mit bariatrischen Eingriffen oder anderen grösseren Bauchoperationen.
•
Die Lungenembolie ist Hauptgrund für die erwähnte Sterblichkeit von durchschnittlich 0.3%. Je nach Publikation tritt sie in 0 bis 3.3%
nach dem Eingriff auf. Die Prävention umfasst einen Nikotinstopp von wenn möglich 2 Monaten vor dem Eingriff, das Absetzen der Verhütungspille 1 Monat vor der Operation, eine rasche Mobilisation des Patienten ab 2 Std nach dem Eingriff, manchmal dynamische Kompressionsstrümpfe während der Anästhesie und einige Stunden im Aufwachraum/ Intermediate Care (IMC), eine medikamentöse
Prophylaxe mit Spritzen während des Spitalaufenthaltes und bis 3
Wochen danach.
•
Der oberflächliche Infekt der Trokareinstiche ist mit unter 1% relativ
selten, im Gegensatz zu den grossen Bauchschnitten der offenen
Chirurgie, wo es in 10-15% zur Infektion kommt. Auf Höhe des Trokareinstiches entsteht eine lokale Entzündung mit Rötung, Schwellung,
Schmerzen und schliesslich Eiteraustritt. Die Behandlung ist einfach,
zur Abheilung benötigen diese Wunden aber länger als die üblichen
1-2 Wochen und das kosmetische Resultat ist schlechter.
GENERELLE RISIKEN
•
Die Trokarhernie (Bruch bzw. Austritt von Bauchinhalt in den Trokar
kanal) ist mit 0 bis 1.8% wesentlich seltener als der Narbenbruch
nach einer Laparotomie (Bauchschnitt) mit bis zu 24%. Ungewöhnlich
starke Wundschmerzen lokal und eine Darmpassagestörung können
darauf hinweisen, die Diagnose wird dann mittels Ultraschall oder
Computer-Tomographie gestellt. Die Behandlung ist chirurgisch.
•
Ein ungenügender Gewichtsverlust ist in ca. 25% der Fälle zu beklagen und meist Folge schwerer häufig psychisch bedingter
Ernährungsstörungen. Diese lassen sich mit kognitiver Verhaltenstherapie psychotherapeutisch angehen. Der Magenbypass erlaubt
den Verlust von durchschnittlich 40-60% des Übergewichtes. Ein
erneuter Gewichtsanstieg ist 2-3 Jahre nach dem Eingriff obligat.
Dieser „Rückfall“ lässt sich mit Einhalten der Empfehlungen für eine
gesunde Ernährung, genügend Bewegung etc. deutlich einschränken. Die sog. „Todsünden“ sind: Süssgetränke (machen alle dick,
auch künstlich gesüsste und Fruchtsäfte), regelmässiger Alkoholkonsum („Aperitiv“, steigert den Appetit), Snacking (den ganzen Tag
kleine Häppchen essen ergibt sehr viele Kalorien…), Bewegungsmangel (Bewegung gehört zum Leben). In seltenen Fällen ist die erneute
Gewichtszunahme auf technische Probleme zurückzuführen wie
Dilatation (Vergrösserung einer Magentasche oder des Schlauchmagens). Eine operative Korrektur ist möglich, aber mit höherer Komplikationsrate behaftet.
•
Steine in der Gallenblase (Cholezystolithiasis) treten in bis zu 38%
der bariatrisch operierten Patienten auf. Falls schon vor Bariatrie
Gallekoliken auftreten, erfolgt die Cholezystektomie (Entfernung
der Gallenblase) gleichzeitig zur bariatrischen Operation. Die Cholezystektomie hat jedoch spezifische Komplikationen wie Gallefistel,
Verletzung der Gallengänge sowie alle übrigen nicht spezifischen
Komplikationen von Bauchoperationen. Bestehen Gallenblasensteine vor dem bariatrischen Eingriff ohne Beschwerden, erscheint ein
Zuwarten mit der Cholezystektomie vertretbar. Kommt es im weiteren Verlauf zu Symptomen, kann die Gallenblase nach erfolgtem
massivem Gewichtsverlust sehr viel einfacher und mit geringerem
Risiko entfernt werden. Gleichzeitig lassen sich dann auch innere
Bruchpforten kontrollieren und ggf. schliessen. Steine im Hauptgallengang zwischen Leber und Zwölffingerdarm (Hepatocholedochus),
die vor Bypassverfahren vermutet werden oder schon vorliegen,
müssen dagegen zwingend vor der Operation entfernt werden, da
der endoskopische Zugang (Magenspiegelung, endoskopisch retrograde Cholangiographie und Papillotomie ERCP) durch die Operation stark erschwert wird.
18
SPEZIFISCHE RISIKEN
MAGENBAND
SCHLAUCHMAGEN
Die spezifischen Frühkomplikationen des Magenbandes sind:
Hauptkomplikationen sind Blutungen der sehr langen Klammernaht und
die Fistelbildung v.a. auf Höhe des Mageneinganges. Weniger gefährlich
ist die Dysphagie (Schluckstörung) unmittelbar nach dem Eingriff, der
Reflux des Mageninhaltes in die Speiseröhre, die längerfristig auftretende Dilatation (Erweiterung) des Magenschlauches und der erneute
Gewichtsanstieg.
•
Akuter Magenverschluss (bis hin zur Nekrose (Absterben) der Magentasche, die dann entfernt werden muss); Infektion des Ban–
des oder des Reservoirs unter der Haut (das dann entfernt werden
muss); Perforation des Magens (eine unerwünschte Eröffnung des
Magens während der Operation wird mit Naht verschlossen, oder
sie führt – falls nicht erkannt – im weiteren Verlauf zu einer Peritonitis (Bauchfellentzündung), die eine notfallmässige Reoperation
erfordert); Magenentleerungsstörung.
•
Spätkomplikationen des Magenbandes sind: Einbruch des Bandes in
den Magen als Folge einer übertriebenen Engstellung oder einer
Druckerhöhung durch Verrutschen des Bandes (sog. Slippage);
Erweiterung (Dilatation) der Magentasche oder – schlimmer – der
unteren Speiseröhre; Fehlfunktion von Reservoir oder Verbindungsschlauch zum Magenband (Kippen des Reservoirs, Abbruch des
Verbindungsschlauches oder Leckage mit Austritt der Kochsalzlösung); saurer Reflux aus der Magentasche in die Speiseröhre mit
Speiseröhrenentzündung; Dünndarmverschluss (Ileus) durch den
Verbindungsschlauch. Auch diese Liste ist inkomplett und umfasst
nur die gängigsten Spätkomplikationen des Magenbandes.
19
•
Die Fistel auf Höhe der Klammernahtreihe beim Mageneingang ist
mit durchschnittlich 2.3% deutlich häufiger als beim Magenbypass.
Dies wird auf den hohen Druck im Magenschlauch zurückgeführt,
der gleichzeitig auch erklärt, warum diese Fisteln extrem schwierig
zu verschliessen sind und über Monate persistieren können.
•
Früh-Blutungen betreffen vorzugsweise die lange Klammernaht und
sind mit ca. 4.8% relativ häufig.
•
Die stenosierende Klammernaht liegt meist in der Mitte des Magenschlauches und kann Grund für eine oberhalb davon auftretende
Fistel sein, da der Druck im Eingangsbereich des Magenschlauches
zusätzlich ansteigt. Sie muss analog zur gastrojejunalen Stenose mit
Ballon dilatiert werden, wobei dies nicht immer genügt, sodass dann
eine chirurgische sog. Seromyotomie nötig wird (längliches Aufschneiden des Magenschlauches unter Schonung der Schleimhaut,
damit er auseinanderklafft und dehnbar wird). Der Patient verspürt
typischerweise Schmerzen beim Schlucken (Dysphagie) und klagt
über Speichelerbrechen.
SPEZIFISCHE RISIKEN
MAGENBYPASS UND EINGRIFFE ZUR
VERDAUUNGSSTÖRUNG (MALABSORPTION)
Früh-und Spätkomplikationen des Magenbypasses:
•
Die Dysphagie kann initial auch Folge einer Einblutung in die Magenwand oder anderweitiger lokaler Schwellung sein und verschwindet
dann rasch spontan.
•
Reflux vom Schlauchmagen in die Speiseröhre ist häufig und erneut
wird der hohe Druck im Magenschlauch dafür verantwortlich gemacht. Ca. 25% der Patienten benötigen deswegen dauerhaft Protonen Pumpen Hemmer zur Säureblockade. Bei starkem Reflux lässt
sich der Schlauchmagen in einen Magenbypass verwandeln. Bei
adipösen Patienten mit chronischer Refluxkrankheit ist der Magenbypass einem Schlauchmagen eindeutig vorzuziehen.
•
Die Dilatation (Erweiterung) des Schlauchmagens kann Folge sein
eines von Anfang an zu weit gewählten Schlauchdurchmessers.
Ein idealer Durchmesser konnte bisher aber nicht definiert werden.
Diese Dilatation ist eine der Ursachen für eine spätere erneute Gewichtszunahme, die in ein von zwei Fällen beobachtet wird.
Fisteln sind die zweithäufigste Todesursache, glücklicherweise mit
weniger als 1% eher selten. Sie treten v.a. auf Höhe der abgetrennten Magentasche auf bzw. auf Höhe der Verbindung dieser Tasche
mit dem Dünndarm. Diese Nähte werden am Schluss der Operation
systematisch mit Methylenblau (Farblösung) unter Druck auf Dichtigkeit geprüft. Auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt dicht erscheinen,
garantiert das noch nicht die Abheilung der Nähte, die noch Tage
nach der Operation aufgehen können, was zur Peritonitis (Bauchfell–
entzündung) führt und i.d.R. einen erneuten Eingriff zur Reinigung
und Drainage nötig macht. Alarmzeichen sind: Eine andauernde
Tachykardie (Herzjagen) von mehr als 120 Schlägen pro Minute; zunehmende Bauchschmerzen; Atemnot; Fieber. Sie sind die typischen
Zeichen einer möglichen Nahtinsuffizienz (Fistel) und führen sofort
zu Abklärungen oder gleich zur Reoperation, wenn die Fistel wahrscheinlich scheint. Treten Fisteln spät auf oder ist der Patient „stabil“,
kommen gelegentlich weniger invasive Verfahren in Frage mittels
Magenspiegelung, Applikation von Clips, Fibrinkleber, Abdichten der
Fistelöffnung mit einem beschichteten Stent (Prothese), oder auch
nur mit radiologisch gesteuerter Drainage einer Eiteransammlung.
20
SPEZIFISCHE RISIKEN
•
Frühblutungen treten meist innerhalb des operierten Magens und
Dünndarmes auf, seltener ausserhalb als sog. „innere“ Blutung in die
freie Bauchhöhle. Sie finden sich i.d.R. auf Höhe der Klammernähte,
weniger häufig auf Höhe von Handnähten. Klinisch kommt es zur
Tachykardie (Herzjagen), Blutdruckabfall, evtl. blutigem Erbrechen
oder blutigem Durchfall. Diese Blutungen stehen meist von selbst,
sie können das Absetzen der Blutverdünnung (zum Schutz gegen
Thrombosen/Embolie) nötig machen und Bluttransfusionen. Zuweilen wird auch eine Magenspiegelung durchgeführt zur Unterspritzung der Blutungsquelle mit Adrenalin oder zur Clip-Applikation.
Eine chirurgische Revision ist die Ausnahme bei instabilem Patienten
unter Bluttransfusionen. Spätblutungen sind typisch für ein sog.
Anastomosen-Ulcus (vgl. unten) und sie werden mit Nikotinstopp,
Absetzen von gewissen Schmerzmitteln (nicht steroidale Antirheumatica), Medikamenten (Protonen Pumpen Hemmer), Magenspiegelung und – falls erfolglos – durch Ausschneiden und Neuanlage der
Naht behoben.
•
Die gastrojejunale Stenose (Verengung der Naht zwischen Magen
tasche und hochgezogenem Dünndarm) wird mit 0-20% angegeben, ist mit der hier vorgestellten Technik mit 1-2% aber eher selten.
Sie kann Folge von Nikotinkonsum, einer Mangeldurchblutung des
genähten Gewebes, eines übermässigen Wundzuges der hochgezogenen Darmschlinge oder des Einsatzes von zirkulären (runden)
Klammernahtapparaten mit kleinem Durchmesser sein. Sie tritt typischerweise 4 bis 8 Wochen nach der Operation auf und manifestiert
sich durch wiederholtes Erbrechen, einer Dysphagie (Schmerzen
beim Schlucken), Reflux aus der Magentasche in die Speiseröhre
(Aufstossen) und kann bis zur kompletten Unverträglichkeit fester
Speisen führen. Die Behandlung besteht in einer oder mehreren
Magenspiegelungen mit Aufdehnen der Verengung mittels aufblasbarem Ballon. Die Komplikationsrate dieser Ballondilatation(en) beträgt ca. 3% (Blutung, Nahtruptur). Die Chirurgie bleibt den seltenen
Stenosen vorbehalten, die auf die Ballondilatation nicht ansprechen
(0.05%).
•
Die Überblähung des ausgeschlossenen Restmagens ist eine seltene aber sehr gefährliche Komplikation, die zur Sprengung von Klammernaht oder zur Nekrose (Absterben) des Magens führen kann,
der notfallmässig chirurgisch oder radiologisch gesteuert entlastet
werden muss. Die klinischen Zeichen entsprechen denjenigen der
Fisteln, die Diagnose erfolgt durch Computer-Tomographie. Eine
vorbeugende Drainage des ausgeschlossenen Restmagens ist bei
älteren Patienten, bei Superadipositas (BMI>50), schweren Diabetikern und bei Revisionseingriffen zu diskutieren.
•
Das Anastomosen-Ulcus („Naht-Geschwür“) ist ein Schleimhaut-De
fekt in der Nähe oder auf der Naht zwischen Magentasche und
Dünndarm und tritt zwischen 0.6 und 16% der Fälle auf. Ursache sind
Nikotinkonsum, regelmässige Einnahme von Schmerzmitteln (nicht
steroidale Antirheumatica), Mangeldurchblutung der genähten Gewebe, Fremdkörper wie Klammern, nicht auflösbares Nahtmaterial,
eine grosse Magentasche mit vermehrter Säureproduktion, Fisteln
zwischen dieser Tasche und dem ausgeschlossenen Restmagen
sowie eine Infektion mit Helicobacter pylori (der vor der Operation
21
SPEZIFISCHE RISIKEN
gesucht und ggf. behandelt wird). Das Ulcus verursacht Schmerzen
und manchmal Spätblutungen. Die Diagnose erfolgt mittels Magenspiegelung, zur Behandlung werden Medikamente (Protonen Pumpen Hemmer) eingesetzt, eine chirurgische Behandlung ist selten
nötig.
• Innere Brüche (Hernien) werden in 0 bis 5% nach bariatrischer Chi–
rurgie beschrieben. Die Technik des Bypasses kreiert Lücken in den Mesenterien („Darmaufhängeband“), durch die Dünndarmschlin-
gen durchschlüpfen können. Bestenfalls führt dies zu unregelmässig
auftretenden krampfartigen Bauchschmerzen bis hin zum Dünn-
darmverschluss, im schlimmsten Fall zur Nekrose (Absterben) des
fast gesamten eingeklemmten Dünndarmes mit katastrophalen Fol–
gen für den Patienten. Diese Lücken werden daher routinemässig mit nicht auflösbarer Naht oder mit Klammern verschlossen. Durch den nachfolgenden massiven Gewichtsverlust können jedoch sehr kleine Lücken grösser werden, sodass innere Brüche möglich blei-
ben.
•
Das Früh-Dumping Syndrom tritt bei 25 bis 75% der Magenbypass–
patienten auf nach raschem Konsum v.a. von zucker- und weniger fetthaltigen Speisen. Es manifestiert sich als Herzjagen, Blutdruck
abfall, kaltem Schweiss, Aufstossen, Übelkeit und Schwäche, dauert 5-10 Minuten und erinnert stark an die Symptome der Seekrankheit. Durch die relative Unverträglichkeit hochkalorischer Speisen trägt Dumping zum Gewichtsverlust bei.
•
Das Spät-Dumping Syndrom (übermässiger Abfall des Blutzuckers)
ist deutlich seltener und wird gelegentlich nach erfolgtem Gewichtsverlust beobachtet. Ursache sind vorübergehend zu hohe
Blutspiegel an Insulin. Typischerweise klagen die Patienten ca 1 ½ -3
Stunden nach der Mahlzeit über Unterzuckerung, Schwitzen, Zittern,
extreme Müdigkeit. Die Behandlung umfasst Ernährungsberatung
evtl. ergänzt durch ein Medikament (Acarbose). Genügt dies nicht,
kann die initial vorhandene Restriktion mit der Platzierung eines
Magenbandes um die Magentasche wiederhergestellt werden. Eine
weitere Option sind Hormonspritzen (Octreotid). In Extremfällen
führen manche Zentren auch die Entfernung eines Teils oder gar der
kompletten Bauchspeicheldrüse durch, wodurch ein Teil der Patienten aber insulinpflichtige Diabetiker werden. Schliesslich wird in sehr
seltenen Fällen der Bypass zur normalen Anatomie rückoperiert, was
aber i.d.R. zur erneuten Gewichtszunahme führt.
•
Stuhl-Passagestörungen (Durchfall oder vermehrter Windabgang)
sind in bis zu 8% schon vor der Operation vorhanden und anschliessend in bis zu 46%. Sie sind selten behandlungsbedürftig, zuweilen
kommen zumindest vorübergehend Medikamente zum Einsatz.
Manchmal findet sich als Ursache eine Lactose (Milchzucker-)-Unverträglichkeit oder andere häufig vorbestehende Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die dann diätetisch behandelt werden. Eine
Fehlfunktion der Bauchspeicheldrüse (Pankreas-Dyssynchronie) ist
auch möglich und wird medikamentös behandelt. Übelriechender
Durchfall (Fettstuhl) ist eher die Domäne der Malabsorptionseingriffe.
Verstopfung findet sich v.a. beim Magenband.
22
SPEZIFISCHE RISIKEN
•
23
Vitamin- und Spurenelementmangel sind klassisch nach Malabsorptionseingriffen. Beim Magenbypass fehlen relativ häufig Eisen, Calcium und Vitamin D, Folsäure und Vitamin B12, gelegentlich auch
Vitamin A. Nicht selten sind diese Mangelzustände vorbestehend
und werden erst in den Voruntersuchungen zum Magenbypass ent–
deckt und korrigiert. Die Patienten riskieren dadurch Osteoporose
(Knochenabbau) und Urolithiasis (Nierensteine), Blutarmut (Anämie),
Hautveränderungen und Störungen der Nervenfunktion(en). Daraus ergibt sich der Bedarf nach jährlichen Nachkontrollen inkl. der
Laborkontrolle von Vitaminen, Spurenelementen und Hormonen
sowie eine möglichst lebenslange Versorgung mit Multivitaminen
und Calcium. Menstruierende Frauen benötigen ausserdem häufig
Eisentabletten.
8 . PATIENTENMANAGEMENT
DER WEG BIS ZUR OPERATION
Sprechstunde
•
Der Entschluss zur chirurgischen Behandlung wird nach einem standardisierten Verfahren interdisziplinär gefasst (Absprache zwischen den
verschiedenen beteiligten Spezialisten). Jeder Patient wird dabei individuell besprochen. Die Spezialisten stellen die Untersuchungsresultate
vor, besprechen Pro und Contra einer Operation, wählen schliesslich die
optimale Operationstechnik und das dazu passende Spital.
Abklärungen vor der Operation
Patienteninformation / Aufklärung
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•
Abgabe einer schriftlichen Dokumentation an den Patienten betreffend Art des Eingriffs, mögliche Komplikationen, die Veränderungen
im postoperativen Essverhalten und die Organisation der Nachkontrollen.
Schriftliche Einwilligungserklärung des Patienten (Written Informed Consent) im Wissen um Vor- und Nachteile sowie Risiken und
Langzeitverlauf des operativen Eingriffs. Ausserdem Einwilligung zu
einer regelmässigen und lebenslangen Nachkontrolle (mindestens 5
Jahre) im bariatrischen Netzwerk eines anerkannten Zentrums.
Die Operation wird erst geplant nach Abschluss der multidisziplinären Abklärung.
Einhaltung einer mindestens 3-monatigen Bedenkfrist von der ersten
Konsultation bis zum Eingriff.
Schriftliche Einwilligung des Patienten in die Qualitätskontrolle gemäss der Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der Chirurgie
(AQC).
Wie vor jeder Operation wird der physische und psychische Gesundheitszustand eines Patienten vor einem möglichen Eingriff geprüft. Gewisse minimale Abklärungen sind vorgeschrieben, je nach Gesundheitszustand sind zusätzliche Untersuchungen nötig.
Minimale Abklärungen
•
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•
Routine-Untersuchungen wie vor anderen «grossen» Baucheingriffen (Vorgeschichte, körperliche Untersuchung, Labor, Ultraschall)
und Mikronährstoff-Übersicht.
Abklärungen zum gegenwärtigen Gesundheits- und Ernährungszustand (Begleiterkrankungen).
Ernährungsberatung: Ernährungsgewohnheiten, Essstörungen, Information zu Veränderungen im Essverhalten nach der Operation.
Psychiatrisches/psychosomatisches Konsilium.
Magen-/Zwölffingerdarm-Spiegelung inkl. Suche nach einer Infektion mit Helicobacter pylori und Behandlung derselben (Antibiotica).
Optimierung der Therapie von Begleiterkrankungen zur Risikoverminderung des Eingriffs.
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PATIENTENMANAGEMENT
WELCHE OPERATION PASST ZU MIR?
Optionale Abklärungen (in Abhängigkeit des ­Risiko­profils)
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Narkose-Risiko: EKG (Herzkurve), Belastungs-EKG, Röntgenbild des
Brustkorbes, Lungenfunktion, nächtliche Pulsoxymetrie (Sauerstoffmessung am Finger).
Radiologische Abklärung der Speiseröhrenfunktion.
pH-Manometrie (Säurebelastung und Druckverhältnisse in der Speiseröhre).
Spiro-Ergometrie (Atemtest beim Velofahren).
Echokardiographie (Herzultraschall), Koronarangiographie (Herzkatheter).
Pneumologische Abklärung/Schlaflabor (Schlaf-Apnoe- und Adipositas-Hypoventilations-Syndrom, d.h. Atemaussetzer nachts und
ungenügende Atmung).
Körper-Fettmasse (Impedanz-Analyseverfahren, DEXA), Knochendichtemessung (DEXA), Energie­umsatzmessungen (indirekte Kalorimetrie).
komplexe Laboruntersuchungen (Leptin, Ghrelin, GLP-1, PYY, GIP,
u.a. im Rahmen von Studien).
Da es zum jetzigen Zeitpunkt noch zu wenige wissenschaftlich «bewiesene» Daten zur Zuteilung eines bestimmten Patienten zu einer bestimmten Operationsart gibt, liegt die Indikationsstellung (Auswahl der
Operationstechnik) beim operierenden Chirurgen nach Rücksprache mit
seinem multidisziplinären Adipositas-Team. Faktoren, die u.a. diesen Entscheid beeinflussen, sind: BMI, Alter, Geschlecht, Körperfett-Verteilung,
Vorliegen von Diabetes mellitus oder Dyslipidämie (erhöhte Blutfette),
Binge Eating Disorder (Ess-Attacken), Hiatushernie (Zwerchfellbruch),
gastro-ösophageale Refluxkrankheit (andauerndes saures Aufstossen),
tiefer IQ, Erwartungen/Präferenzen des Patienten. Eine möglichst breit
abgestützte und sorgfältige Indikationsstellung ist für die Qualität des
Resultates der Operation essentiell und sollte im Operationsbericht ausgeführt werden.
Wenn immer technisch möglich, sollte die laparoskopische (Videokontrollierte) der offenen Technik vorgezogen werden.
PATIENTENMANAGEMENT
WO DARF OPERIERT WERDEN?
MEIN AUFENTHALT IM SPITAL
Bariatrisch-chirurgische Eingriffe dürfen nur in Adipositas-Zentren
durchgeführt werden, die von der SMOB anerkannt sind. Dabei unterscheidet man sog. bariatrische Primär- und Referenzzentren.
In der Regel sind Sie vier bis fünf Tage im Spital. Während des Spitalaufenthaltes dreht sich alles um Ihre Sicherheit. Beim Eintritt werden eine
Reihe von Vorkehrungen getroffen, welche die Risiken mindern und eine
rasche Genesung nach dem Eingriff ermöglichen sollen:
Primärzentren dürfen sog. etablierte Basiseingriffe durchführen:
• Vertikale Gastroplastik (Vertical Banded Gastroplasty; VBG).
• Magenband (Adjustable Gastric Banding, AGB).
• Schlauchmagen (Magenverkleinerung, Sleeve Gastrectomy, SG).
• Proximaler Roux-Y Magen-Bypass (Gastric Bypass, RYGBP; alimentärer Schenkel 150 cm).
Referenzzentren dürfen zusätzlich sog. komplexe Eingriffe durchführen:
• Bilio-pankreatische Diversion (Bilio-Pancreatic Diversion, BPD).
• Bilio-pankreatische Diversion mit Duodenal Switch (BPD-DS).
• Zweizeitiges Vorgehen (Ersteingriff Schlauchmagen, Zweiteingriff
Duodenal Switch, oder proximaler Magen-Bypass).
• Re-Do-Operationen (Verfahrenswechsel).
• Re-Do-Operationen nach Antireflux-Chirurgie.
• Revisions-Operationen.
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Antibiotika-Prophylaxe (Vorbeugung von Infekten) in gewichtsadaptierter Dosierung.
Ulkus-Prophylaxe (Vorbeugung von Stress-Geschwüren).
Thromboembolie-Prophylaxe (Vorbeugung von Blutgerinnseln in Venen und Verstopfung von Lungengefässen) in risiko- und gewichtsadaptierter Dosierung.
Früh-Mobilisation (Aufstehen), Physiotherapie.
Ernährungsberatung: Kostaufbau, Veränderungen im langfristigen
Essverhalten.
Medikation bei Klinikentlassung: Thromboembolie-Prophylaxe
(Blutverdünnung), Ulkus-Prophylaxe (Säureblocker), Mikro­nährstoffSubstitution (Multivitamin), Schmerzreserve.
Termine für Nachsorge organisiert.
Eingriffe in Evaluation (Liste im Anhang) dürfen nur im Rahmen von Studien erfolgen.
Die vollständigen Angaben über die Voraussetzungen für die Anerkennung der Adipositaszentren, ihre Einteilung in Primär-und Referenzzentren, und über die Wirkungsmechanismen der etablierten (anerkannten)
bariatrischen Operationen finden Sie im Anhang.
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PATIENTENMANAGEMENT
NACH DER OPERATION
Nach der Operation werden Sie rasch viel Gewicht verlieren. Während
dieser Zeit sind häufigere Nachkontrollen nötig, um Ihren Gesundheitszustand zu prüfen und Mangelzuständen vorzubeugen. Später genügen
i.d.R. einmal jährliche Kontrollen.
•
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Regelmässige und lebenslange (mindestens über 5 Jahre) Nachkontrollen im bariatrischen Netzwerk eines anerkannten Zentrums.
Verhindern von Mangelzuständen, sowohl in der Phase der raschen
Gewichtsabnahme, wie in der Stabilisationsphase (Proteine, Vitamine,
Spurenelemente).
Anpassung der Therapie der gewichtsbedingten oder assoziierten
Co-Morbiditäten (Blutdruckmittel, Blutzuckersenker).
Medikamente: Multivitaminpräparat (inkl. Mineralien und Spurenelemente) langfristig bei Magenband, Schlauchmagen und proximalem
Magen-Bypass, lebenslang bei malabsorptiven Eingriffen.
Nach Verfahren mit einer malabsorptiven Komponente ist die Therapie mit Antidepressiva, Antipsychotika und Antikonvulsiva soweit
möglich durch Serumkonzentrations-Messungen abzusichern.
Regelmässige (jährliche) Laborkontrollen: Hämatologie (Blutbild),
Gerinnung (INR), Chemie (Elektrolyte, Leberwerte, Nierenfunktion,
Albumin, Glucose, HbA1c), Eisen-Status (Fe, Ferritin), Lipidstatus
(Blutfette), Hormone ( T3, PTH), Vitaminstatus.
Die Häufigkeit der Nachuntersuchungen ist abhängig vom Operationstyp:
Restriktive Eingriffe
• Bandfüllungen beim Magenband zur Anpassung des restriktiven Effekts durch ein Mitglied des Adipositas-Teams gemäss dem individuellen Gewichtsverlust des Patienten, der Anpassung an den restriktiven Effekt, sowie abhängig vom Typ des implantierten Bandes.
• Magenband und Schlauchmagen: Nachkontrollen nach 1,3,6,9 und 12
Monaten, dann jährlich oder bei Bedarf.
Proximaler Magen-Bypass
• Nachkontrollen nach 1,3,6,(9),12,18 und 24 Monaten, dann jährlich
oder bei Bedarf.
Malabsorptive Eingriffe
• Bilio-pankreatische Diversion mit/ohne Duodenal Switch und Magen-Bypass distal: Nachkontrollen nach 1,3,6,9,12,18 und 24 Monaten,
dann halb-jährlich oder bei Bedarf.
QUALITÄTSSICHERUNG
QUALITÄTSSICHERUNG
Die Qualitätssicherung ist Aufgabe der leistungserbringenden von der
SMOB anerkannten Zentren. Diese verpflichten sich, Abklärung, Behandlung und Nachkontrollen gemäss den Richtlinien der SMOB durchzuführen. Sie erfassen laufend die Patientendaten mithilfe des Datensatzes
der AQC (Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der Chirurgie).
Das behandelnde Team schafft die nötigen Strukturen für eine möglichst lückenlose Nachkontrolle. Ziel ist eine dokumentierte Nachkontroll-Rate durch Mitglieder des interdisziplinären Teams von 75 % über
fünf Jahre.
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9 . ANHANG
Im Anhang sind die administrativen und medizinischen Richtlinien der
SMOB aufgeführt.
Die Voraussetzungen für die Anerkennung der Adipositaszentren werden
detailliert aufgelistet. Dasselbe gilt für die Anforderungen an Behandlungsteam und Infrastruktur, nach denen die SMOB die Zentren in bariatrische Primär- und Referenzzentren einteilt. Die bariatrischen Operationen werden nach Wirkungsmechanismus und Komplexität eingestuft
und die SMOB definiert, in welchen Zentren sie durchzuführen sind.
Ein separates Kapitel erläutert Zweck und Ziele der psychiatrischen Abklärung und dafür empfohlene Fragebögen.
Ausserdem finden sich im Anhang mehrere Tabellen. Diese definieren
die Zeitintervalle für die Nachkontrollen, empfohlene Blutuntersuchungen, aber auch die Auswirkung bestimmter Mangelzustände. Ferner
erläutern sie die Aufteilung der Patienten in Risikoklassen für Anästhesie
und Chirurgie.
Der Anhang ist für Patienten eher von sekundärer Bedeutung. Er garantiert dagegen, dass die hohen Qualitätsanforderungen an die Bariatriezentren eingehalten werden.
Den genauen Wortlaut können Sie nachlesen unter www.smob.ch.
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