Neues aus der Sozialversicherung 2016

Praxis+Recht – Seminar
Neues aus der
Sozialversicherung 2016
Stand: Januar 2016
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Inhalt
1.
Werte der Sozialversicherung 2016.................................................................................................................................. 03
1.1.Jahresarbeitsentgeltgrenzen............................................................................................................................................04
1.2 Beitragsbemessungsgrenzen............................................................................................................................................04
1.3 Bezugsgrößen...................................................................................................................................................................04
1.4 Beitragssätze für geringfügige Beschäftigte....................................................................................................................04
1.5 Geringverdienergrenze für Auszubildende und Praktikanten............................................................................................05
1.6 Gleitzone, Faktor F............................................................................................................................................................05
1.7 Erstattungs- und Umlagesätze der DAK-Gesundheit ab 01.01.2016 ................................................................................06
1.8 Insolvenzgeldumlage und Künstlersozialabgabe...............................................................................................................06
1.9 Beitragszuschuss zur gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung...........................................................................06
1.10 Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung..........................................................................................................................07
1.11 Einkommensgrenzen für Familienversicherung und Versorgungsbezüge..........................................................................08
1.12 Sachbezugswerte 2016.....................................................................................................................................................08
1.13 Beiträge für Studenten und Praktikanten..........................................................................................................................09
1.14 Anwartschaftsversicherung..............................................................................................................................................10
1.15 Höchstkrankengeld...........................................................................................................................................................10
1.16 Hinzuverdienstgrenzen in der Rentenversicherung...........................................................................................................11
2. Termine für Beitragsnachweis und Beitragszahlung 2016 ............................................................................................... 12
3. Durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz ............................................................................................................................. 12
4. Versicherungsrecht .......................................................................................................................................................... 13
5. 5.1 5.2 Änderungen rund um die Meldungen .............................................................................................................................. 14
Änderungen bei den Meldungen für die Unfallversicherung............................................................................................14
Meldungen bei Entgeltersatzleistungen...........................................................................................................................15
6. Neue Entsende-Verlautbarung ......................................................................................................................................... 16
7. 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 Weitere sozialversicherungsrelevante Themen ............................................................................................................... 16
Präventionsgesetz.............................................................................................................................................................16
Neue Pfändungsfreigrenzen..............................................................................................................................................17
Assistierte Ausbildung (AsA)............................................................................................................................................17
Elektronisch unterstützte Betriebsprüfung........................................................................................................................18
Elternzeit für Arbeitnehmer..............................................................................................................................................18
Arbeitsrecht......................................................................................................................................................................19
Steuerrecht.......................................................................................................................................................................24
Bitte beachten Sie auch unsere aktuellen Themen „Mindestlohn“ S. 20 ff. und
„Beschäftigung von Flüchtlingen“ auf S. 22 ff.
02
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
1.
Werte der Sozialversicherung 2016
Die für Sie wichtigsten Werte in der Sozialversicherung
betragen im Jahr 2016:
West
Ost
mtl. Beitragsbemessungsgrenzen
- Kranken-/Pflegeversicherung
- Renten-/Arbeitslosenversicherung
4.237,50 EUR
6.200 EUR
5.400 EUR
Beitragssätze:
Krankenversicherung (7,3 % AN und 7,3 % AG)
14,60 (+ kassenindividueller Beitrag)
Pflegeversicherung
2,35 %
- zusätzlich für Kinderlose
0,25 %
Rentenversicherung
18,7 %
Arbeitslosenversicherung
3,00 %
Künstlersozialabgabe
5,20 %
Insolvenzgeldumlage
0,12 %
West
Ost
Höchstbeiträge monatlich
- Krankenversicherung (allgemein 14,60 %)
618,68 EUR
- Pflegeversicherung
- Pflegeversicherung für Kinderlose
- Rentenversicherung
- Arbeitslosenversicherung
99,58 EUR
110,18 EUR
1.159,40 EUR
1.009,80 EUR
186,00 EUR
162,00 EUR
Jahresarbeitsentgeltgrenze
56.250,00 EUR
Jahresarbeitsentgeltgrenze (Bestandsfälle PKV)
50.850,00 EUR
Mit dem GKV-FQWG wurden die Beitragssätze der GKV
bereits zum 01.01.2015 um jeweils 0,9 % abgesenkt. Der
allgemeine Beitragssatz beträgt seither 14,6 % und gilt für
Mitglieder, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder einer Sozialleistung für
mindestens sechs Wochen haben. Besteht kein Anspruch auf
Krankengeld, ist der Beitragssatz entsprechend zu ermäßigen.
Der ermäßigte Beitragsatz beträgt ebenfalls seit 2015 14,0 %.
Die daraus resultierenden Beiträge werden vom Versicherten
und vom Arbeitgeber je zur Hälfte getragen.
Im Zuge der Absenkung der Beitragssätze 2015 fiel der
bisherige, allein von den Mitgliedern zu tragende Beitragsanteil in Höhe von 0,9 % weg bzw. ging in dem neu geschaffenen kassenindividuellen Beitragssatz auf; letzterer ist vom
Versicherten allein zu tragen.
Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung wurde im Rahmen
der Pflegereform am 01.01.2015 auf 2,35 % angehoben.
Darüber hinaus haben kinderlose Versicherte einen Beitragszuschlag von 0,25 Prozentpunkten zu tragen.
Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung
wurde vom 01.01.2015 an auf 18,7 % gesenkt. Dieser Wert
hat auch 2016 Bestand. Im Jahr 2015 sanken die Rücklagen
um 3,6 Mrd. Euro auf 31,4 Mrd. Euro. Nach letzten Hochrechnungen entwickeln sich die Rücklagen der Rentenversicherung positiver als erwartet.
Der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung bleibt
infolge der guten Konjunkturlage bei 3,0 %. Entgegen der
Prognosen wurde im Jahr 2014 ein Überschuss von 1,4 Mrd.
Euro erzielt. Auch im Jahr 2015 verlief die Entwicklung bisher
positiv.
Im Folgenden gehen wir auf die dargestellten Werte im Einzelnen ein.
03
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
1.1Jahresarbeitsentgeltgrenzen
1.2Beitragsbemessungsgrenzen
Arbeitnehmer sind krankenversicherungsfrei – und damit
auch versicherungsfrei in der Pflegeversicherung – wenn ihr
regelmäßiges Arbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt. Dabei ist zwischen der allgemeinen und der
besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze zu unterschieden. Die
Grenzen ändern sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem
Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im vorvergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden
Bruttolöhnen und -gehältern im vergangenen Kalenderjahr
stehen und geben damit den Anstieg der Arbeitnehmerbezüge
wieder.
Die Beiträge zur Sozialversicherung werden grundsätzlich
nach dem Arbeitsentgelt des Versicherten berechnet. Übersteigt das Arbeitsentgelt aber einen Höchstbetrag, wird es
der Beitragsberechnung nur bis zu dieser Höhe zugrunde
gelegt. Die Beitragsbemessungsgrenze bestimmt also den
maximalen Betrag, von dem Beiträge erhoben werden.
Die Bruttogehälter sind im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr
um ca. 2,6 % gestiegen. Für das Jahr 2016 ergibt sich daraus
die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze von 56.250 EUR
(2015: 54.900,00 EUR).
In der Renten- und Arbeitslosenversicherung gibt es getrennte Beitragsbemessungsgrenzen in den alten und in den neuen
Bundesländern. In den alten Bundesländern steigen die
Beitragsbemessungsgrenzen 2016 von monatlich 6.050,00
EUR auf 6.200,00 EUR. In den neuen Bundesländern sind
im nächsten Jahr höchstens 5.400,00 EUR beitragspflichtig
(2015: 5.200,00 EUR).
Die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze für 2016 beträgt
50.850,00 EUR und gilt für Arbeitnehmer, die am 31.12.2002
wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten
Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven
Krankenversicherung versichert waren. Bei der privaten
Krankenversicherung muss es sich um eine Vollkrankenversicherung handeln. Solange das Arbeitsentgelt der Betroffenen
diese Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, bleiben sie
krankenversicherungsfrei.
Sowohl bei bestehenden Beschäftigungsverhältnissen als
auch bei Neueinstellungen ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze vorliegen. Daher haben Sie als Arbeitgeber Ihre neuen
Mitarbeiter stets zu fragen, ob sie am 31.12.2002 wegen
Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer Krankheitskostenvollversicherung
versichert waren.
Sofern ein Arbeitnehmer zu diesem Personenkreis gehört,
wird er nicht krankenversicherungspflichtig, solange sein
regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt.
Praxistipp:
Bitte nehmen Sie die entsprechenden Nachweise zu den
Entgeltunterlagen (z.B. Bescheinigung des privaten Krankenversicherungsunternehmens über das Bestehen einer
privaten Krankheitsvollversicherung).
Die Beitragsbemessungsgrenze zur Kranken- und Pflege­
versicherung wird in 2016 auf einen Monatswert von
4.237,50 EUR bundeseinheitlich angehoben (2015:
4.125,00 EUR).
1.3Bezugsgrößen
Die Bezugsgröße ist das gerundete Durchschnittsentgelt
der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen
Kalenderjahr. Sie dient der Festsetzung einer Reihe von
Rechenwerten im Beitrags- und Leistungsrecht der Versicherungsträger, z.B. bei der Bemessung freiwilliger Krankenversicherungsbeiträge und der Feststellung einer Familienversicherung.
Aufgrund der guten Konjunkturlage stiegen die Löhne und
Gehälter im Bezugszeitraum um rd. 2,6 % in den alten und
3,4 % in den neuen Ländern. In der Kranken- und Pflegever­
sicherung beträgt die Bezugsgröße 2016 daher bundeseinheitlich 34.860,00 EUR jährlich (2.905,00 EUR im Monat).
Dieser Wert gilt auch in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der alten Bundesländer. In den neuen Ländern ist
in der Renten- und Arbeitslosenversicherung ein jährlicher
Betrag von 30.240,00 EUR (2.520,00 EUR monatlich) zu
berücksichtigen.
1.4 Beitragssätze für geringfügige Beschäftigte
Für geringfügig Beschäftigte i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr.1 SGB IV
– sogenannte 450-EUR-Kräfte – gelten besondere Beitragssätze.
Der für 2016 unveränderte pauschale Beitragssatz zur Krankenversicherung beträgt 13,0 %.
Der Beitragssatz zur Rentenversicherung beträgt weiterhin
18,7 %. Davon trägt der AG den pauschalen Beitragssatz von
15,0 %. Der Beitragsanteil des Arbeitnehmers zur Rentenversicherung beträgt die Differenz zwischen dem Pauschalbei-
04
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Diese liegt 2016 bei 3,7 %. Wenn der Arbeitnehmer sich von
der Rentenversicherungspflicht befreien lässt, trägt nur der
Arbeitgeber den pauschalen Beitrag von 15,0 %. Die Mindestbemessungsgrundlage für die Berechnung der Beiträge
beträgt monatlich 175,00 EUR.
Die für einen geringfügig Beschäftigten zu entrichtende Lohnsteuer kann pauschal oder nach den Lohnsteuermerkmalen
erhoben werden, die dem zuständigen Finanzamt vorliegen.
Im letzteren Fall ergeben sich andere Steuersätze.
Auch für die geringfügig Beschäftigten zahlt der Arbeitgeber
Beiträge zur U1 und U2, zur Unfallversicherung und die Insolvenzgeldumlage.
Die Umlageversicherung der Minijob-Zentrale liegt 2016 bei
• U1 1,00 % (bei Erstattungssatz von 80 %),
• U2 0,30 %.
Wird die geringfügig entlohnte Beschäftigung ausschließlich
in Privathaushalten ausgeübt und umfasst Tätigkeiten, die
sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts
erledigt werden, beträgt der pauschale Krankenversicherungsbeitragssatz 5,0 %. Von den 18,7 % Rentenversicherungsbeitragssatz trägt der Arbeitgeber den pauschalen
Beitragssatz von 5,0 %, der Arbeitnehmer den verbleibenden
Anteil von 13,7 %. Auch bei diesen Beschäftigten kann die
Lohnsteuer pauschal erhoben werden oder nach den Lohnsteuermerkmalen.
Die Arbeitgeber haben den Arbeitnehmer-Fragebogen bei
geringfügig entlohnten Beschäftigungen, in dem der Beschäftigte unter anderem über weitere Beschäftigungen Auskunft
gibt, zwingend zu ihren Entgeltunterlagen zu nehmen. Dieser
Fragebogen muss auch eine Bestätigung enthalten, wonach
der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Aufnahme weiterer
Beschäftigungen anzuzeigen hat. Das auf
http://www.minijob-zentrale.de/
unter dem Suchbegriff Personalfragebogen bereitgestellte
Dokument steht Ihnen in der aktuellen Fassung zur Verfügung.
1.5
Geringverdienergrenze für A
­ uszubildende
und Praktikanten
Für Auszubildende und für Praktikanten, die während eines
in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen
Praktikums als Arbeitnehmer versicherungspflichtig sind,
trägt der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag
allein, wenn das auf den Monat bezogene Arbeitsentgelt
325,00 EUR nicht übersteigt. Die Arbeitnehmeranteile dürfen
nicht vom Entgelt des Auszubildenden einbehalten werden.
Außerdem hat der Arbeitgeber für diesen Personenkreis auch
den durchschnittlichen Zusatzbeitrag zu tragen, unabhän-
gig davon, ob die Krankenkasse einen kassenindividuellen
Beitrag erhebt. Diese Regelung gilt auch für Teilnehmer an
einem freiwilligen sozialen oder freiwilligen ökologischen
Jahr oder am Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz sowie für Teilnehmer an einem
Einstiegsqualifizierungsjahr oder an dem Programm der Bundesregierung „MobiPro-EU“.
Wird durch einmalig gezahltes Arbeitsentgelt die Grenze von
325,00 EUR überschritten, tragen die Versicherten und die
Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von dem
diese Grenze übersteigenden Teil des Arbeitsentgelts jeweils
zur Hälfte. Den Beitrag von 325,00 EUR trägt der Arbeitgeber
allein. Den durchschnittlichen Zusatzbeitrag vom 325,00 EUR
übersteigenden Betrag trägt der Arbeitnehmer.
1.6 Gleitzone, Faktor F
Für Arbeitnehmer, die versicherungspflichtig beschäftigt sind,
aber nur ein geringes monatliches Arbeitsentgelt erwirtschaften, ist ein Niedriglohnsektor eingeführt worden. Dadurch
wird erreicht, dass Beschäftigte, deren regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt zwischen 450,01 EUR und 850,00 EUR
(Gleitzone) beträgt, hinsichtlich der zu zahlenden Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag entlastet werden.
Bei der Prüfung der Frage, ob das Arbeitsentgelt in der Gleitzone liegt, ist vom regelmäßigen Arbeitsentgelt auszugehen.
Dabei finden dieselben Grundsätze Anwendung, die auch für
die Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts bei geringfügig entlohnten Beschäftigungen gelten. Die Regelungen
der Gleitzone gelten auch, wenn Beschäftigte eine teilweise
Pflegezeit nach § 3 PflegeZG in Anspruch nehmen und das
verminderte regelmäßige Arbeitsentgelt zwischen 450,01 EUR
und 850,00 EUR liegt.
Bei Arbeitnehmern, die gegen ein regelmäßiges monatliches
Arbeitsentgelt innerhalb der Gleitzone beschäftigt sind, wird
in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Berechnung des Beitrags als beitragspflichtige
Einnahme nicht das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt
zugrunde gelegt, sondern ein Betrag, der nach folgender
Formel berechnet wird:
F x 450 +
53
850
850 – 450
450
4 3 4
–
850 – 450
xF
5
tragssatz und dem gültigen Beitragssatz in der Rentenversicherung.
x (AE–450)
Dabei ist „F“ der Faktor, der sich ergibt, wenn der Wert 30
durch den durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz des Kalenderjahres, in dem der Anspruch
auf das Arbeitsentgelt entstanden ist, dividiert wird. Der
durchschnittliche Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz
eines Kalenderjahres ergibt sich aus der Summe der zum
01.01. desselben Kalenderjahres geltenden Beitragssätze
zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie
des allgemeinen Beitragssatzes und des durchschnittlichen
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SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Zusatzbeitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zum 01.01.2016 beträgt der durchschnittliche Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz 39,75 % (Krankenversicherung ­
14,6 %, durchschnittlicher Zusatzbeitrag 1,1 %, Pflegeversicherung 2,35 %, Rentenversicherung 18,7 %, Arbeitslosenversicherung 3,0 %).
Ab 01.01.2016 beträgt der Faktor F = 0,7547. Eine vereinfachte Formel für die Beitragsberechnung lautet:
beitragspflichtige Einnahme =
1,2759625 x AE - 234,568125
1.8
Insolvenzgeldumlage und Künstlersozialabgabe
1.8.1Insolvenzgeldumlage
Bei Vorliegen eines Insolvenzereignisses (und somit festgestellter Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers) haben
Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld. Finanziert wird das
Insolvenzgeld über eine Umlage der Arbeitgeber, die von den
Krankenkassen eingezogen wird. Der Umlagesatz war seit
2013 auf 0,15 % festgeschrieben.
Ab 01.01.2016 liegt die Insolvenzgeldumlage bei 0,12 %.
1.8.2Künstlersozialabgabe
1.7
Erstattungs- und Umlagesätze der DAK-Gesundheit ab 01.01.2016
Die Erstattungs- und Umlagesätze der DAK-Gesundheit bleiben für 2016 stabil.
Eine Übersicht finden Sie seit Mitte Dezember auf unserer
Internetseite www.dak.de unter dem Suchbegriff Entgeltfortzahlungsversicherung sowie in der Januar-Ausgabe unseres
Arbeitgeber-Magazins „Praxis und Recht“.
Hinweis:
Ein maschinelles Rückmeldeverfahren löst den Schriftverkehr zwischen Krankenkasse und Arbeitgeber ab,
wenn Abweichungen zwischen beantragter und tatsächlicher Erstattung bestehen.
Bislang informierten die Krankenkassen in der Regel
schriftlich, wenn dem vom Arbeitgeber beantragten
Erstattungsbetrag nicht in voller Höhe entsprochen wurde. Mit Inkrafttreten des 5. SGB IV-Änderungsgesetzes
am 01.01.2016 werden diese Informationen in Form
eines maschinellen Rückmeldeverfahrens an die Arbeitgeber zurückgemeldet.
Der Arbeitgeber hat den Antrag auf Erstattung der
Arbeitgeberaufwendungen stets in elektronischer Form
im Rahmen des bestehenden Datenaustauschverfahrens
an die zuständige Krankenkasse zu übermitteln. Durch
Ausgestaltung des Erstattungsverfahrens als Dialogverfahren sollen in Zukunft Systembrüche vermieden
werden.
Für das Ausgleichsverfahren bei geringfügiger Beschäftigung
ist die Minijob-Zentrale zuständig.
Seit September 2015 hat die Minijob-Zentrale die U1-Umlage
auf 1,00 % und die U2-Umlage auf 0,30 % festgelegt.
Der Umlagesatz der Künstlersozialabgabe lag im Vorjahr bei
5,2 %. Nach einer Verordnung zur Änderung des Abgabesatzes wird der Vomhundertsatz ab 01.01.2016 weiterhin 5,2 %
betragen.
1.9
Beitrags­zuschuss zur gesetzlichen oder privaten
Krankenver­sicherung
1.9.1 Freiwillige Krankenver­si­cherung
Die Beiträge bei bestehender Versicherungspflicht sind vom
Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte zu tragen
und vom Arbeitgeber an die Krankenkasse einzuzahlen; den
kassenindividuellen Beitrag seiner Krankenkasse trägt der
Arbeitnehmer jedoch allein.
Für freiwillig versicherte Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei
sind, zahlen Sie als Arbeitgeber die Hälfte des allgemeinen
Beitrags als Beitragszuschuss.
Der Beitragszuschuss beträgt 2016 maximal 309,34 EUR
(4.237,50 EUR x 7,3 %). Wenn in der GKV kein Krankengeldanspruch besteht, sind maximal 296,63 EUR (4.237,50 EUR x
7,00 %) als Zuschuss zu zahlen.
1.9.2 Private Krankenversicherung
Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder wegen Überschreitens des 55.
Lebensjahres und fehlenden Bezugs zur gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei oder die von der Versicherungspflicht befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich und ihre
Angehörigen Vertragsleistungen beanspruchen können, die
der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen, erhalten von ihrem Arbeitgeber einen
Beitragszuschuss.
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SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Der Zuschuss beträgt die Hälfte des Betrages, der sich unter
Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen und der bei Versicherungspflicht zugrunde zu legenden
beitragspflichtigen Einnahmen als Beitrag ergibt, höchstens
jedoch die Hälfte des Betrages, den der Beschäftige für seine
Krankenversicherung zu zahlen hat.
Der allgemeine Beitragssatz beträgt 2016 14,6 %. Bei einer
monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 4.237,50 EUR
ergibt sich daraus ab 01.01.2016 ein Höchstzuschuss zum privaten Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 309,34 EUR
(4.237,50 EUR x 7,3 %).
Bei privat krankenversicherten, zuschussberechtigten Arbeitnehmern, die im Falle des Bestehens einer Mitgliedschaft bei
einer gesetzlichen Krankenkasse keinen Anspruch auf Krankengeld hätten (z.B. Personen, die sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinden), ist bei der Berechnung des
Beitragszuschusses der ermäßigte Beitragssatz anzuwenden.
Dieser beträgt 2016 bundeseinheitlich 14,0 %.
Auch hier ist ein kassenindividueller Beitrag unberücksichtigt
zu lassen. Bei einer monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 4.237,50 EUR ergibt sich daraus ab 01.01.2016 ein
Höchstzuschuss zum privaten Krankenversicherungsbeitrag
in Höhe von 296,63 EUR (4.237,50 EUR x 7,00 %). Sofern das
Arbeitsentgelt des versicherungsfreien Arbeitnehmers die
Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht (z. B. bei Versicherungsfreiheit bei vollendetem 55. Lebensjahr oder bei Befreiung), fällt der zu zahlende Beitragszuschuss geringer als der
Höchstzuschuss aus.
Beitragszuschuss bei Kurzarbeit:
Durch das GKV-FQWG wurde zunächst klargestellt,
dass sich der Beitragszuschuss nicht ändere, wenn ein
kassenindividueller Beitrag erhoben wird, da dieser in
der Regel vom Mitglied zu tragen sei. Aktuell wurde
mit dem GKV-VSG allerdings diese Thematik erneut
aufgenommen, dass für die Berechnung des Arbeitgeberzuschusses für privat versicherte Bezieher von
Kurzarbeitergeld der um den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz nach § 242a SGB V erhöhte allgemeine Beitragssatz nach § 241 SGB V gilt. Damit wird sichergestellt, dass der Anspruch auf einen Beitragszuschuss für
diesen Personenkreis vergleichbar mit dem Beitrag des
Arbeitgebers für gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte während des Bezuges von Kurzarbeitergeld ist.
1.10 Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung
Arbeitnehmer, die verpflichtet sind, bei einem privaten Versicherungsunternehmen zur Absicherung des Risikos der
Pflegebedürftigkeit einen Versicherungsvertrag abzuschließen
und aufrechtzuerhalten, erhalten von ihrem Arbeitgeber einen
Zuschuss zu ihrem Pflegeversicherungsbeitrag. Der Zuschuss
wird auch den Arbeitnehmern gewährt, die sich von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung haben
befreien lassen. Voraussetzung für die Gewährung des Beitragszuschusses ist, dass der Beschäftigte für sich und seine
Angehörigen Vertragsleistungen beanspruchen kann, die nach
Art und Umfang den Leistungen des SGB XI gleichwertig sind.
Arbeitnehmer, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder
Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe
oder Heilfürsorge haben und bei einem privaten Versicherungsunternehmen pflegeversichert sind, erhalten keinen
Beitragszuschuss. Für diese Personen tritt an die Stelle des
Beitragszuschusses die Beihilfe oder Heilfürsorge des Dienstherrn zu den Aufwendungen aus Anlass der Pflege.
Als Beitragszuschuss ist die Hälfte des Beitrags zu zahlen,
den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht in der sozialen
Pflegeversicherung als Beitragsanteil zu zahlen hätte. Die
Höhe des Beitragszuschusses richtet sich nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Beitragssatz von 2,35 %. Der Zuschuss
ist begrenzt auf die Hälfte des Beitrags, den der Beschäftigte
für seine private Pflegeversicherung zu zahlen hat. Ein Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für die private Pflegeversicherung ist nicht zu leisten, wenn auch der Anspruch auf
den Zuschuss für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung
ausgeschlossen ist. Dieses ist beispielsweise der Fall, wenn
die Beschäftigung wegen Arbeitsunfähigkeit nicht ausgeübt
wird und die Entgeltfortzahlung geendet hat.
Hingegen muss der Arbeitgeber zum Beitragszuschlag wegen
Kinderlosigkeit keinen Zuschuss leisten.
Der Höchstzuschuss zur privaten Pflegeversicherung beträgt
im Jahr 2016 (4.237,50 EUR x 1,175 % =) 49,79 EUR (bei
Beschäftigung in Sachsen = 4.237,50 EUR x 0,675 % =
28,60 EUR).
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SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
1.11
Einkommensgrenzen für Familienversicherung
und Versorgungs­bezüge
1.11.1Familienversicherung
Voraussetzung für die Familienversicherung des Ehegatten,
des Lebenspartners und der Kinder von Mitgliedern ist unter
anderem, dass diese Angehörigen kein Gesamteinkommen
haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen
Bezugsgröße überschreitet. Die Einkommensgrenze beträgt
2016 monatlich 415,00 EUR.
Gesamteinkommen ist die Summe der Einkünfte im Sinne des
Steuerrechts. Bei Renten wird jedoch der Zahlbetrag der Rente berücksichtigt. Übt das Mitglied einen Minijob aus, beträgt
das zulässige Gesamteinkommen 450,00 EUR.
1.12
Sach­bezugswerte 2016
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat jährlich
den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus anzupassen und dabei eine möglichst
weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des
Steuerrechts sicherzustellen. Die Werte für Verpflegung und
Unterkunft werden daher jährlich an die Entwicklung der Verbraucherpreise angepasst.
Der Verbraucherpreisindex für Verpflegung ist im maßgeblichen Zeitraum von Juni 2014 bis Juni 2015 um 2,8 Prozentpunkte gestiegen. Die Werte für Nettokaltmieten stiegen im
selben Zeitraum kaum.
Auf dieser Grundlage wurde der Monatswert für die Verpflegung für 2016 von 229,00 auf 236,00 EUR angehoben.
1.11.2 Beiträge von Versorgungs­bezügen
Bei versicherungspflichtig Beschäftigten werden Krankenund Pflegeversicherungsbeiträge nicht nur aus dem Arbeitsentgelt, sondern auch aus einer daneben bezogenen Rente
der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Rente
vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezügen) berechnet.
Dies gilt auch, wenn Versorgungsbezüge aus dem Ausland
oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen
Einrichtung bezogen werden. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung,
gilt ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher
Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate.
Beiträge aus Versorgungsbezügen sind nur zu entrichten,
wenn diese monatlich ein Zwanzigstel der monatlichen
Bezugsgröße übersteigen. Dieser Wert beläuft sich 2016
auf 145,25 EUR.
Im Übrigen sind Versorgungsbezüge nur insoweit beitragspflichtig, als das Arbeitsentgelt nicht bereits die Beitragsbemessungsgrenze erreicht.
Hinweis: Besonderheit bei Mehrfachbeziehern
Bezieht ein Rentner neben dem Versorgungsbezug Ihres
Unternehmens und der gesetzlichen Rente noch einen
weiteren Versorgungsbezug eines anderen Unternehmens, so meldet Ihnen die DAK im Rahmen des Zahlstellenmeldeverfahrens, dass dieser Rentner als Mehrfachbezieher zu behandeln ist.
Der Wert für Unterkunft oder Mieten bleibt unverändert bei
223,00 EUR*. Entsprechendes gilt auch für den Quadratmeterpreis zur Bestimmung des Mietwerts einer zur Verfügung
gestellten Wohnung, wenn sich der Mietwert nur mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten ermitteln lässt (gemieteter
Wohnraum 3,92 EUR pro m², gemieteter Wohnraum einfache
Wohnung 3,20 EUR ­pro m²).
Die Sachbezugswerte gelten einheitlich im gesamten Bundesgebiet. Werden andere Sachbezüge unentgeltlich zur
Verfügung gestellt, ist als Wert für diese Bezüge der um
gebräuchliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis
am Abgabeort anzusetzen. Bei der unentgeltlichen Überlassung ist der ortsübliche Mietpreis, bei einer verbilligten Überlassung die Differenz zum gängigen Mietpreis anzusetzen.
Exkurs: Pauschalbesteuerte Sachbezüge
Sonstige Bezüge neben dem Monatsgehalt, die ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer aus dem Beschäftigungsverhältnis bezieht, sind grundsätzlich beitragspflichtig.
Die Zuwendungen sind jedoch nicht dem beitragspflichtigen
Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie vom Arbeitgeber nach
§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG pauschal besteuert werden.
Dies setzt voraus, dass die Bezüge laufend gezahlt werden;
handelt es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das
aus besonderem Anlass und nicht für die Arbeit in einem
einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt wird, bleibt es
bei der Beitragspflicht.
Je nach Art des gemeldeten Kennzeichens für Mehrfachbezieher wird die Beitragsuntergrenze für Versorgungsbezieher überschritten oder nicht.
* Dieser Wert liegt für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
und Auszubildende bei 189,55 EUR.
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SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Zuwendungen in Form von sonstigen Sachbezügen gelten
jedoch nach dem Wortlaut des § 23a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB
IV generell nicht als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Diese
Formulierung wurde 2003 eingeführt, weil das Bundessozialgericht bestimmte Sachbezüge auch bei laufender Gewährung als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ansah und daher
trotz Pauschalbesteuerung für beitragspflichtig hielt. Mit der
Neufassung sollte die vorherige Praxis der Beitragsfreiheit
dieser Sachzuwendungen beibehalten werden. Allerdings
sollte es bei der Beitragspflicht „echte“ pauschal besteuerter
Einmalzahlungen bleiben.
Um die weiterhin geführten Diskussionen zu beenden, wurde die Regelung des § 23a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB IV mit
Wirkung vom 22.04.2015 dahingehend präzisiert, dass nur
die sonstigen Sachbezüge beitragsfrei sind, „die monatlich
gewährt werden“. Damit ist klargestellt, dass tatsächlich
einmalig gewährte Sachbezüge auch als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu behandeln sind und beitragspflichtig
sind, wenn sie nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG pauschal
besteuert werden.
Sonstige „lohnsteuerfreie“ Entgelt­bestandteile
Bestimmte steuerfreie oder pauschal besteuerte Einnahmen,
Zuwendungen oder Leistungen sind nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) nicht zum beitragspflichtigen
Arbeitsentgelt versicherungspflichtiger Arbeitnehmer zu rechnen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4a, 9 bis 11, 13, 15 und 16 SvEV).
Nunmehr wurde in § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV klargestellt, dass
die betreffenden Einnahmen, Zuwendungen oder Leistungen
nur dann nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zu zählen sind, wenn sie im Rahmen der Entgeltabrechnung für den
jeweiligen Abrechnungszeitraum vom Arbeitgeber (oder ggf.
einem Dritten) – rechtlich zulässig – tatsächlich steuerfrei
oder pauschalbesteuert behandelt werden (Art. 13 Nr. 2 und
3 des 5. SGB IV-ÄndG). Damit wurde Bedenken in der Praxis
begegnet, dass es lediglich auf die Möglichkeit der steuerfreien oder pauschalbesteuerten Behandlung ankomme. Eine
erst im Nachhinein geltend gemachte Steuerfreiheit bzw.
Pauschalbesteuerung kann demnach nicht dazu führen, dass
für steuer- und beitragspflichtig behandelte Arbeitsentgeltbestandteile Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten sind,
wenn der Arbeitgeber die vorgenommene steuerpflichtige
Behandlung nicht mehr ändern kann. Auf eine lediglich dem
Grunde nach bestehende Steuerfreiheit bzw. Pauschalbesteuerungsmöglichkeit kommt es hingegen nicht an.
Für die Beitragsfreiheit sonstiger Bezüge nach § 40 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt
sind, der Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG und der zusätzlich
gewährten Beträge nach § 40b EStG (in der bis Ende 2004
geltenden Fassung) gilt die Rechtsänderung erst seit dem
22.04.2015, da es sich dabei nicht nur um eine Klarstellung,
sondern um eine Neuregelung handelt. Die bloße Möglichkeit
der Pauschalbesteuerung reicht erst für Entgeltabrechnungszeiträume nach dem 22.04.2015 nicht aus, um Beitragsfreiheit zu bewirken.
1.13 Beiträge für Studenten und ­Praktikanten
Eingeschriebene Studenten an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen sind bis zum Abschluss des vierzehnten
Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten
Lebensjahres, kranken- und pflegeversicherungspflichtig.
Versicherungspflichtig sind auch Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische
Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), zu ihrer
Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte sowie
Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem
förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden.
Die Versicherungspflicht als Student bzw. Praktikant, zu ihrer
Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte sowie
Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem
förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, wird durch eine
Familienversicherung verdrängt.
Die Beiträge für versicherungspflichtige Studenten und Praktikanten werden aus dem Betrag berechnet, der als monatlicher Bedarf nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BaföG) für Studenten
festgesetzt ist, die nicht bei ihren Eltern wohnen.
Dieser Bedarf beträgt derzeit 597,00 EUR und wird sich
durch die bereits beschlossene Änderung ab 01.08.2016 auf
649,00 EUR be­laufen.
Änderungen des Bedarfsbetrags sind bei der Beitragsberechnung vom Beginn des auf die Änderung folgenden Semesters
an zu berücksichtigen.
Der maßgebliche Beitragssatz beträgt dabei sieben Zehntel
des allgemeinen Beitragssatzes.
Da der allgemeine Beitragssatz im Jahr 2016 14,6 % beträgt,
liegt der Beitragssatz für Studenten bei 10,22 %. Zusätzlich
trägt der Student auch den kassenindividuellen Beitragssatz
der DAK von 2016 1,50 %. Daraus ergeben sich folgende
monatlichen Beiträge:
ab 01.01.2016
+
insgesamt 597,00 EUR x 10,22 % = 61,01 EUR
597,00 EUR x 1,50 % = 8,96 EUR
69,97 EUR
ab 01.09. bzw. 01.10.2016
649,00 EUR x 10,22 % = 66,33 EUR
+
649,00 EUR x 1,50 % = 9,74 EUR
insgesamt
76,07 EUR
09
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung berechnen
sich wie folgt:
1.14 Anwartschaftsversicherung
Freiwillige Mitglieder können bei der Krankenkasse eine
Anwartschaftsversicherung abschließen, wenn der Anspruch
auf Leistungen für das Mitglied und seine familienversicherten Angehörigen während eines Auslandsaufenthaltes ruht.
Der Auslandsaufenthalt muss durch die Berufstätigkeit des
Mitglieds, seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder
eines seiner Elternteile bedingt sein. Dies gilt auch, wenn die
Versicherten nach dienstrechtlichen Vorschriften Anspruch
auf Heilfürsorge haben oder als Entwicklungshelfer Entwicklungsdienst ­leisten.
bis WS 2016
597,00 EUR x 2,35 % = 14,03 EUR
für Kinderlose ab 23 Jahre
597,00 EUR x 2,60 % = 15,52 EUR
ab 01.09. bzw. 01.10.2016
649,00 EUR x 2,35 % = 15,25 EUR
für Kinderlose ab 23 Jahre
649,00 EUR x 2,60 % = 16,87 EUR
Gem. § 13a BAföG bekommen die dort genannten Studenten
zusätzlich bis zum Wintersemester 2016 noch einen Beitragszuschuss von 62,00 EUR (KV) und 11,00 EUR (PV).
Dieser Zuschuss erhöht sich durch die 25. BAföG-Novelle
dann auf die Beträge 71,00 EUR (KV) und 15,00 EUR (PV).
Die vorstehend genannten Praktikanten, Auszubildenden ohne
Arbeitsentgelt und Auszubildenden des Zweiten Bildungswegs können auch renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig sein.
Die Beiträge werden nach einem fiktiven Ausgangswert von
einem Prozent der Bezugsgröße berechnet, wobei zwischen
alten und neuen Bundes­ländern zu unterscheiden ist.
Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge ­
für versicherungspflichtige Praktikanten ohne
Arbeitsentgelt
Die Bemessungsgrundlage zur Berechnung dieser Beiträge ist
hier ein Prozent der monatlichen Bezugsgröße.
Für 2016 ergeben sich daraus bei einer monatlichen Bezugsgröße RV/ALV von 2.905,00 EUR West und 2.520,00 EUR Ost
die folgenden Beiträge:
West
Ost
RV (18,70 %)
5,43 EUR
4,71 EUR
ALV (3,00 %)
0,87 EUR
0,76 EUR
Auch wenn der Anspruch auf Leistungen aus anderem Grund
für länger als drei Kalendermonate ruht sowie für Versicherte
während einer Tätigkeit für eine internationale Organisation
im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs ist eine Anwartschaftsversicherung möglich. Damit ist nach der Rückkehr aus
dem Ausland bzw. dem Wegfall des Ruhenstatbestandes eine
Weiterführung der freiwilligen Versicherung möglich.
Für die Zeit der Anwartschaftsversicherung besteht auch eine
Pflegeversicherung weiter.
Die Beiträge für diese freiwilligen Mitglieder sind aus zehn
Prozent der monatlichen Bezugsgröße zu berechnen; der
Ausgangswert beläuft sich im Jahr 2016 monatlich auf
290,50 EUR.
1.15 Höchst­krankengeld
Durch die Änderung der Beitragsbemessungsgrenzen ändert
sich zum 01.01.2016 auch der Betrag des (theoretisch möglichen) Höchstkrankengeldes.
Das Krankengeld beträgt 70 % des vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt
(Regelentgelt, § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Beitragsbemessungsgrenze beträgt 2016 monatlich 4.237,50 EUR, das
Höchstkrankengeld mithin (4.237,50 EUR x 70 % =) 2.966,40.
Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf
90 % des in gleicher Weise berechneten Nettoarbeitsentgelts
nicht übersteigen. In der Regel ist dieser Wert niedriger; in
diesem Fall ist mit dem niedrigeren Wert weiterzurechnen.
Vom Krankengeld sind im Allgemeinen Beiträge zur Pflege-,
Renten- und Arbeitslosenversicherung zu zahlen. Dabei werden die Beiträge vom Krankengeldbezieher getragen, soweit
sie auf das Bruttokrankengeld entfallen. Der Beitrag ergibt
sich durch Multiplikation des Krankengeldes mit dem halben
Beitragssatz, wobei der Betrag auf die zweite Nachkommastelle kaufmännisch zu runden ist.
10
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Berechnung:
Rechnung
Ergebnis
gerundet
Pflegeversicherung
2.966,40 EUR x
1,175 %
34,86 EUR
Rentenversicherung
2.966,40 EUR x
9,350 %
277,36 EUR
Arbeitslosenversicherung
2.966,40 EUR x
1,500 %
44,50 EUR
356,72 EUR
Summe
Das rechnerische (Netto-)Höchstkrankengeld beträgt daher
monatlich (2.966,40 EUR - 356,72 EUR =) 2.609,68 EUR.
Kalendertäglich sind dies (2.609,68 EUR : 30 =) 86,99 EUR.
Hinweis:
Dies gilt allerdings nur, wenn der Versicherte in allen
Zweigen der Sozialversicherung beitragspflichtig ist. So
kann sich z.B. für von der Rentenversicherungspflicht
befreite Personen ein höheres (Netto-)Höchstkrankengeld ergeben.
Unabhängig davon, ob eine Vollrente oder eine Teilrente
gezahlt wird: Die Hinzuverdienstgrenze darf zweimal pro
Kalenderjahr überschritten werden, allerdings nur bis zum
doppelten Wert.
Hinweis:
Die Hinzuverdienstgrenzen werden als Vomhundertsätze der monatlichen Bezugsgröße bestimmt (§§ 34
Abs. 3, 96a SGB VI). Für die neuen Bundesländer gilt
eine besondere Formel. Dort wird auch noch der Rentenwert zugrunde gelegt. Der aktuelle Rentenwert ist
der Betrag, der einer monatlichen Rente wegen Alters
der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, wenn
für ein Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden sind. Seit 01.07.2015
beträgt der aktuelle Rentenwert West 29,21 EUR
(zuvor 28,61 EUR), der Rentenwert Ost 27,05 EUR
(zuvor 26,39 EUR).
1.16.2 Vollrente wegen Erwerbs­minderung
Im Einzelfall können sich geringe Rundungsdifferenzen ergeben. Dabei ist zu bedenken, dass es sich hierbei um eine
Idealrechnung (vergleichbar der „Eckrente“) handelt.
Neben einer Vollrente wegen Erwerbsminderung darf nur in
sehr begrenztem Umfang hinzuverdient werden. Auch hier
werden die Grenzwerte individuell berechnet. Die Rente wird
je nach Verdienst in voller Höhe, in Höhe von drei Vierteln,
der Hälfte oder in Höhe eines Viertels gezahlt. Die Hinzuverdienstgrenze für eine volle Rente beträgt hier 450,00 EUR.
1.16
1.16.3 Teilrente wegen Erwerbs­minderung
Hinzuverdienstgrenzen in der Renten­
versicherung
1.16.1Altersrente
Beschäftigte Altersrentner der gesetzlichen Rentenversicherung können nach Erreichen der Regelaltersgrenze unbegrenzt
hinzuverdienen, ohne dass das Arbeitsentgelt auf die Rente
angerechnet wird. Wer schon früher in Rente geht, hat
bestimmte Hinzuverdienstgrenzen einzuhalten. Die Regelaltersgrenze erreichen vor dem 01.01.1947 geborene Versicherte mit dem 65. Geburtstag, für Jüngere wird die Grenze
schrittweise auf das 67. Lebensjahr angehoben. Abhängig
vom Hinzuverdienst wird die Altersrente in voller Höhe oder
vermindert als Teilrente gezahlt. Unter Umständen kann die
Rente sogar ganz entfallen.
Bei einer Vollrente gilt die einheitliche Hinzuverdienstgrenze
von 450,00 EUR pro Monat. Die Hinzuverdienstgrenzen bei
Teilrenten werden individuell berechnet. Entscheidend sind
hierbei das vor dem Beginn der ersten Altersrente versicherte
Gehalt der letzten drei Kalenderjahre und der Ort, an dem der
Verdienst erzielt wird (alte oder neue Bundesländer).
Eine Teilrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird
ebenfalls nur geleistet, wenn bestimmte individuell berechnete Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Sie
werden nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt im
Monat die dargestellten Beträge nicht übersteigt, wobei ein
zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zum
Doppelten der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines jeden
Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Einkommensanrechnung bei Hinterbliebenenrente
Für Bezieher einer Hinterbliebenenrente gelten keine Hinzuverdienstgrenzen. Allerdings wird hier das Nettoeinkommen
zu 40 % auf die Rente angerechnet, soweit Freibeträge überschritten sind.
Kinder, die Anspruch auf Waisenrente haben, erhöhen den Freibetrag. Volljährige Waisen müssen sich seit dem 01.07.2015
ihr eigenes Einkommen (z.B. aus einem Nebenjob als Student)
nicht mehr auf die Waisenrente anrechnen lassen.
Der Freibetrag beträgt für die Renten an Witwen und Witwer
und für die Erziehungsrente monatlich bei Aufenthalt in den
alten Bundesländern 771,14 EUR und in den neuen Bundesländern 714,12 EUR.
11
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Für jedes Kind, das grundsätzlich Anspruch auf eine Waisenrente hat, erhöht sich der Freibetrag monatlich in den alten
Bundesländern um 163,58 EUR, in den neuen Bundesländern
um 151,48 EUR.
2.
Termine für Beitragsnachweis und Beitrags­
zahlung 2016
Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle spätestens zwei
Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge einen Beitragsnachweis durch Datenübertragung zu übermitteln (Ausnahme:
Verwendung von Haushaltsschecks). Mit dem Beitragsnachweis meldet der Arbeitgeber die voraussichtliche Höhe der
Beitragsschuld für den laufenden Entgeltabrechnungszeitraum
sowie ggf. Korrekturen des Vormonats bei der zuständigen
Einzugsstelle an. Beitragskorrekturen für Vormonate können
grundsätzlich in den aktuellen Beitragsnachweis mit einfließen. Zudem besteht die Möglichkeit den bereits übermittelten Beitragsnachweis zu stornieren und für denselben Zeitraum einen neuen Beitragsnachweis zu erstellen. Zuständig
ist immer die Einzugsstelle (Krankenkasse), bei welcher der
Arbeitnehmer versichert ist. Beitragsnachweise werden ausschließlich elektronisch übermittelt.
Säumniszuschläge
Für am Fälligkeitstag nicht gezahlte Beiträge muss die Einzugsstelle einen Säumniszuschlag in Höhe von ein Prozent
der rückständigen Beiträge erheben. Dies gilt auch dann,
wenn der Beitrag nur einen Tag später eingeht. Darüber hinaus sind für jeden weiteren angefangenen Monat, in dem die
Beitragsforderung nicht ausgeglichen wird, Säumniszuschläge
zu erheben.
Termine Beiträge Versorgungsbezieher
Für Versicherungspflichtige, die eine Rente der gesetzlichen
Rentenversicherung beziehen, haben die Zahlstellen der Versorgungsbezüge die Beiträge aus Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu zahlen. Die
Beiträge werden am 15. des Folgemonats der Auszahlung der
Versorgungsbezüge fällig.
Zahlstellen, die regelmäßig an weniger als dreißig beitragspflichtige Mitglieder Versorgungsbezüge auszahlen, können
bei der zuständigen Krankenkasse beantragen, dass das
Mitglied die Beiträge selbst zahlt. In diesem Fall bestimmt
der Spitzenverband Bund der Krankenkassen den Zahltag. Als
Zahltag ist hier ebenfalls der 15. des Monats nach Auszahlung der Versorgungsbezüge festgelegt.
Die Einreichungsfrist orientiert sich am Fälligkeitstag für den
Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird am drittletzten Bankarbeitstag des Monats
fällig, in dem die Beschäftigung, mit der das Arbeitsentgelt
erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Deshalb muss der Beitragsnachweis spätestens zu Beginn des
fünftletzten Bankarbeitstags des Monats der Einzugsstelle
vorliegen.
Für geringfügig entlohnte Beschäftigte sind die Beitragsnachweise wie bisher bei der Minijob-Zentrale der Deutschen
Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in Essen einzureichen.
Haushaltsscheck
Privathaushalte haben für geringfügig entlohnte Beschäftigte
den „Haushaltsscheck“ ebenfalls bei der Minijob-Zentrale
einzureichen.
Der „Haushaltsscheck“ ist der Vordruck zur An- und Abmeldung des Arbeitnehmers für die Sozialversicherung. Er
bildet die Grundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge, Umlagen und Steuern und dient zugleich als
SEPA-Basislastschriftmandat für die Abbuchung der fälligen
Abgaben. Die Berechnung und den Einzug der Abgaben sowie
die Meldung zur Unfallversicherung übernimmt dabei die
Minijob-Zentrale.
Beiträge für geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten werden am 31.07. des laufenden Jahres (für das in den
Monaten Januar bis Juni erzielte Arbeitsentgelt) und am
31.01. des folgenden Jahres (für das in den Monaten Juli bis
Dezember erzielte Arbeitsentgelt) eingezogen.
Hinweis:
Veränderungen des kassenindividuellen Beitragssatzes
wirken sich bei Versorgungsbezügen im Zahlstellenverfahren erst mit einer zweimonatigen Verzögerung aus.
Ein neuer kassenindividueller Beitragssatz gilt mithin
erst vom ersten Tag des zweiten auf die Veränderung
folgenden Kalendermonats.
3.
Durchschnittlicher Zusatz­beitragssatz
Sofern eine Krankenkasse einen kassenindividuellen Beitrag
erhebt, ist dieser grundsätzlich für alle Mitglieder dieser
Krankenkasse zu erheben. Somit werden für alle Personen
individuell Beiträge erhoben, die auch Krankenversicherungsbeiträge nach dem allgemeinen oder ermäßigten Beitragssatz
zahlen bzw. für die diese Beiträge von Dritten getragen und
gezahlt werden.
Für Versicherte, deren Beiträge regelmäßig von Dritten
getragen werden, ist in diesem Kontext allerdings die Besonderheit zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz gilt (vgl. § 242a SGB V). Der
durchschnittliche Zusatzbeitragssatz kommt im Übrigen auch
dann zur Anwendung, wenn die Krankenkasse keinen kassenindividualisierten Beitragssatz erhebt. Der durchschnittliche
Zusatzbeitragssatz ergibt sich aus der Differenz zwischen den
voraussichtlichen jährlichen Ausgaben der Krankenkassen
und den voraussichtlichen jährlichen Einnahmen des Gesundheitsfonds. Das Bundesministerium für Gesundheit legt
nach Auswertung der Ergebnisse des Schätzerkreises in der
Krankenversicherung die Höhe des durchschnittlichen Zusatz-
12
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
beitragssatzes für das Folgejahr fest und gibt diesen Wert in
Prozent jeweils bis zum 01.11. eines Kalenderjahres im Bundesanzeiger bekannt. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag für
2016 beträgt 1­ ,1 %.
nach ­­§ 163 Abs. 10 SGB VI in die Ermittlung des Gesamtsozialversicherungsbeitragssatzes einzubeziehen.
Im Wesentlichen soll der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz die beitragsabführenden Stellen verwaltungstechnisch
entlasten und zudem der gebotenen Wettbewerbsneutralität
ausreichend Rechnung tragen. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz gilt daher insbesondere für Personengruppen,
deren Beiträge von Dritten getragen werden. Dabei handelt
es sich um folgende Personengruppen:
Hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit
Als Arbeitnehmer ist nicht krankenversicherungspflichtig,
wer daneben hauptberuflich selbstständig erwerbstätig ist.
Der Begriff der „ hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit“ bei der Beschäftigung von Mitarbeitern wurde jetzt
präzisiert. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einer
hauptberuflichen Tätigkeit als Selbstständiger aufgrund der
wirtschaftlichen Lage kein Bedarf für eine verpflichtende
Absicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht. Eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit
liegt dann vor, wenn diese den Mittelpunkt des Erwerbslebens darstellt und die Arbeitszeit und der Verdienst gegenüber der Beschäftigung im Vordergrund stehen.
• Versicherungspflichtige Bezieher von Arbeitslosengeld II;
• Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung
im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem
Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden;
• Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine
Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, Teilnehmer an
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, behinderte
Menschen in anerkannten Werkstätten, Einrichtungen etc.,
wenn das tatsächliche Arbeitsentgelt 20 % der monatlichen Bezugsgröße (2016 = 581,00 EUR) nicht übersteigt;
• Mitglieder, deren Mitgliedschaft während des Wehrdienstes oder einer Eignungsübung fortbesteht;
• Versicherungspflichtige, deren Mitgliedschaft fortbesteht,
da ihnen von einem Rehabilitationsträger während einer
medizinischen Maßnahme Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gezahlt wird;
• Bezieher von Verletztengeld nach dem SGB VII, Versorgungskrankengeld nach dem BVG oder vergleichbarer
Entgeltersatzleistung;
• Geringverdiener mit einem Arbeitsentgelt bis maximal 325
EUR; dies gilt allerdings nur dann, wenn diese Mitglieder
keine weiteren beitragspflichtigen Einnahmen erzielen;
• Teilnehmer, die ein freiwilliges soziales oder ökologisches
Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten.
Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz gilt nur für die den
jeweiligen versicherungsrechtlichen Status prägenden beitragspflichtigen Einnahmen und ist für alle vorgenannten Personengruppen anzuwenden, ungeachtet dessen, bei welcher
Krankenkasse sie versichert sind und ob die jeweils zuständige Krankenkasse einen kassenindividuellen Beitrag erhebt.
Auf weitere beitragspflichtige Einnahmen dieser Mitglieder
(z.B. Rente, Versorgungsbezüge) findet indes der kassenindividuelle Beitragssatz Anwendung.
Im Übrigen ist der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz im
Rahmen der Berechnung d­ es Faktors F der Gleitzonenformel
4.Versicherungsrecht
Dabei kann als Faustformel von folgenden Grundannahmen
ausgegangen werden: Bei Arbeitnehmern, die vollschichtig
arbeiten, ist anzunehmen, dass daneben für eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit kein Raum mehr bleibt.
Dies gilt auch bei Arbeitnehmern, die mehr als 20 Stunden
wöchentlich arbeiten und deren monatliches Arbeitsentgelt
derzeit mehr als 1.452,50 EUR beträgt. Wird die Beschäftigung an nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich ausgeübt
und beträgt das Arbeitsentgelt nicht mehr als 1.452,50 EUR,
ist dies ein Hinweis auf eine hauptberuflich selbstständige
Erwerbstätigkeit.
Die Grundannahmen können widerlegt werden, wenn z.B.
Einwände gegen die Entscheidung vorgetragen werden. In
diesen Fällen ist im Rahmen einer Gesamtschau bei Vergleich
der Kriterien wirtschaftlicher Bedeutung und zeitlicher Aufwand der jeweiligen Erwerbstätigkeiten festzustellen, ob die
selbstständige Erwerbstätigkeit deutlich überwiegt.
Lange Zeit galt die Beschäftigung eines Mitarbeiters in der
selbstständigen Tätigkeit als Anzeichen dafür, dass die Selbstständigkeit den Mittelpunkt des Erwerbslebens darstellt. Dem
widersprach das Bundessozialgericht 2012 und verlangte, dass
die Krankenkassen auch in diesen Fällen individuelle Prüfungen durchführten. Weil jedoch die Beschäftigung eines Mitarbeiters ein deutliches Kriterium für die Hauptberuflichkeit ist,
traf der Gesetzgeber jetzt eine Klarstellung:
Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet,
dass sie hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind.
Ist der Selbstständige Gesellschafter einer Firma, gelten als
Beschäftigte auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.
Die Vermutung dient der Verminderung des Verwaltungsaufwands, kann aber widerlegt werden.
13
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
5.
Änderungen rund um die ­Meldungen
5.1.1 Meldebesonderheiten 2016
5.1
Geänderte Meldungen für die Unfallversicherung
Die besondere Jahresmeldung zur Unfallversicherung mit
dem Abgabegrund „92“ wird alle beitragspflichtigen UVEntgelte des betreffenden Kalenderjahres und die zugehörigen Gefahrtarifstellen enthalten. Die Arbeitsstunden sind
nicht anzugeben. Der Meldezeitraum umfasst auch dann das
gesamte Kalenderjahr, wenn zwischenzeitliche Unterbrechungen (z.B. Krankengeldbezugszeiten) angefallen sind. Damit
sind für 2015 Doppelmeldungen möglich, wenn bereits Teilzeiträume aus 2015 gemeldet wurden.
Das 5. SGB IV-Änderungsgesetz sieht auch eine Anpassung
des bestehenden Prozesses zur Integration der Unfallversicherung in das Meldeverfahren vor. Das bisherige Verfahren
zur Meldung der kumulierten Daten für die Beitragsberechnung der Unfallversicherung durch die Datenstelle der
Rentenversicherung funktionierte nicht fehlerfrei und ist zum
01.07.2015 entfallen. Daher wird das bisherige Lohnnachweisverfahren in Papierform noch bis zum Jahr 2019 fortgeführt. Auch die Ankoppelung der Unfallversicherungsdaten
an die originäre Entgeltmeldung durch den Datenbaustein
Unfallversicherung (DBUV) wird mit Ablauf des Jahres 2015
aufgegeben.
Stattdessen haben die Arbeitgeber ab 2016 die unfallversicherungsrelevanten Daten in einer „besonderen Jahresmeldung zur Unfallversicherung“ (UV-Jahresmeldung) pro
Arbeitnehmer mitzuteilen, die bis zum 16.02. des Folgejahres
zu erstellen ist. Die Deutsche Rentenversicherung wird
zusammen mit den übrigen Spitzenorganisationen die für die
Einführung der „besonderen Jahresmeldung zur Unfallversicherung“ zu erstellenden bzw. anzupassenden Dokumente
abstimmen. Hierzu gehört auch eine weitere Modifizierung
der Gemeinsamen Grundsätze zu den Sozialversicherungsmeldungen in der ab 2016 geltenden Fassung (noch im
Genehmigungsverfahren). Darüber hinaus wird die Deutsche
Unfallversicherung über den weiteren Zeitplan zur konzeptionellen Umsetzung und Implementierung des elektronischen
Lohnnachweises sowie des Stammdatendienstes zur fehlerfreien Übermittlung der UV-Stammdaten an die Arbeitgeber
berichten.
Das Lohnnachweisverfahren wird ab 2017 neu geregelt.
Zur Berechnung der Umlagebeiträge zur Unfallversicherung
haben Arbeitgeber die summarischen Jahresarbeitsentgelte,
bezogen auf die anzuwendenden Gefahrtarifstellen, künftig
mit einem elektronischen Lohnnachweis unmittelbar an die
Annahmestelle der Unfallversicherungsträger zu melden. Um
das Verfahren zu erproben und eine hohe Verfahrenssicherheit zu gewährleisten, wird der elektronische Lohnnachweis
erstmalig im Jahr 2019 Grundlage für die Beitragsbescheide
2018 der Unfallversicherungsträger. Für Meldezeiträume bis
zum 31.12.2017 verbleibt es beim bisherigen Lohnnachweisverfahren.
Für Arbeitnehmer, die ausschließlich unfallversichert sind,
müssen weiterhin Meldungen mit dem Personengruppenschlüssel „190“ abgegeben werden. Allerdings ist in diesen
Meldungen künftig kein UV-Entgelt mehr anzugeben, da dieses mit der besonderen Jahresmeldung übermittelt wird. Da
in den Meldungen mit dem Personengruppenschlüssel „190“
auch kein SV-Entgelt enthalten ist, entstehen besondere
„Leermeldungen“.
Infolge der Trennung der Unfallversicherungsmeldungen von
den SV-Meldungen entfallen ab 2016 auch die Meldungen
von Einmalzahlungen ausschließlich für die Unfallversicherung (Abgabegrund „91“). Wird eine Einmalzahlung nach dem
Ende der Beschäftigung gezahlt, ist die besondere UV-Jahresmeldung zu stornieren und mit der Einmalzahlung erneut
abzugeben.
Wenn im Jahr 2016 eine Entgeltmeldung für Zeiträume vor
2016 korrigiert werden muss, ist zunächst eine Stornierung
vorzunehmen. Bei der Neumeldung sind dann zwei Meldungen zu erstellen:
• Die bereits stornierte Meldung für die Sozialversicherung
und
• die besondere Jahresmeldung für die Unfallversicherung.
Dies gilt selbst dann, wenn mit der Stornierung nur Angaben
zur Sozialversicherung korrigiert werden sollen.
5.1.2
Elektron. Lohnnachweisverfahrens ab 2017
Erstmals im Jahr 2017 hat der Arbeitgeber für 2016 einen
elektronischen Lohnnachweis zu erstellen. Dieser ist Grundlage für die Festlegung der Beiträge durch die Unfallversicherungsträger. Der elektronische Lohnnachweis ist parallel zum
Papierlohnnachweis zu übermitteln.
Das neue Verfahren sieht vor, dass ein Lohnnachweis für das
Kalenderjahr einer Beitragspflicht bis zum 16.02. des Folgejahres aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm oder einer systemgeprüften Ausfüllhilfe durch elektronische Datenübertragung durch den Unternehmer an die
Unfallversicherung zu übermitteln ist. Fehlerhafte Meldungen
sind zu stornieren und neu zu melden.
14
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Der elektronische Lohnachweis wird folgende Inhalte auf­
weisen:
• die Mitgliedsnummer des Unternehmers,
• die Betriebsnummer der die Abrechnung durchführenden
Stelle und eine Liste der dazugehörigen Beschäftigungsbetriebe,
• die Betriebsnummer des zuständigen Unfallversicherungsträgers sowie
• das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Arbeitsentgelt, die geleisteten Arbeitsstunden und die Anzahl der
zu meldenden Versicherten, bezogen auf die anzuwendenden Gefahrtarifstellen.
Wenn in einem Unternehmen mehrere meldende Stellen
bestehen – z.B. bei mehreren Abrechnungskreisen für unterschiedliche Arbeitnehmer oder bei Nutzung mehrerer Entgeltabrechnungsprogramme – sind diese Meldungen gesondert
als Teillohnnachweise abzugeben. Die Zusammenführung der
Teillohnnachweise wird von der Unfallversicherung vorgenommen.
5.2
Meldungen bei Entgeltersatz­leistungen
5.2.1 Elektronische Anforderungen v­ on Entgelt­
bescheinigungen
Sind zur Gewährung von Krankengeld, Verletztengeld,
Übergangsgeld oder Mutterschaftsgeld Angaben über das
Beschäftigungsverhältnis notwendig und sind diese dem Leistungsträger nicht bekannt, sind sie durch eine Bescheinigung
des Arbeitgebers nachzuweisen. Diese Bescheinigung kann
der Leistungsträger ab 2016 im Einzelfall vom Arbeitgeber
elektronisch durch Datenübertragung anfordern. Damit soll
das Verfahren beschleunigt und vereinfacht werden.
Ermittlung des Arbeitsentgelts neben einer Entgeltersatzleistung
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Krankengeld, Verletztengeld,
Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Krankentagegeld und sonstige Einnahmen aus einer Beschäftigung, die für
die Zeit des Bezuges von Krankengeld, Krankentagegeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld, Mutterschaftsgeld, Erziehungsgeld oder
Elterngeld weiter erzielt werden, gelten nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, wenn die Einnahmen zusammen
mit den genannten Sozialleistungen das Nettoarbeitsentgelt
nicht um mehr als 50,00 EUR im Monat übersteigen.
Damit der Arbeitgeber den beitragsfreien bzw. -pflichtigen
Teil der Zahlungen neben der Entgeltersatzleistung ermitteln
kann, hat der Leistungsträger dem Arbeitgeber alle notwendigen Angaben zur Berechnung des beitragspflichtigen
Arbeitsentgeltes, insbesondere die Dauer und die Höhe der
gezahlten Leistung, durch Datenübertragung zu übermitteln.
Die Leistungsträger haben außerdem auf Antrag des Arbeitgebers Mitteilungen über die Zeiten, die auf den Anspruch
des Beschäftigten auf Entgeltfortzahlung anrechenbar sind,
und die Versicherungsnummer für Anträge auf Entgeltersatzleistungen durch Datenübertragung zu übermitteln. Der
Antrag des Arbeitgebers hat durch elektronische Datenübertragung zu erfolgen.
5.2.2 Entgeltbescheinigung Kinderpflegekrankengeld
Durch das am 31.12.2014 veröffentlichte „Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“ bemisst
sich seit dem 01.01.2015 das Kinderpflegekrankengeld nicht
mehr am Gehalt vor der Freistellung, sondern am Arbeitsentgelt, das während der Freistellung ausfällt, sowie einem
beitragspflichtigen einmalig gezahlten Arbeitsentgelt aus den
vorangegangenen zwölf Kalendermonaten. Die Meldung des
ausgefallenen Arbeitsentgelts ist dem Arbeitgeber somit erst
mit der Abrechnung des jeweiligen Bemessungszeitraums der
Freistellung möglich. Damit konnte das neue Datenaustauschverfahren zur Übermittlung der Entgeltdaten ab 01.01.2015
noch nicht eingesetzt werden.
Seither wurde an einer Version 8 des Verfahrens gearbeitet.
Bis zu dessen Fertigstellung musste sogar ein Ersatzverfahren in Papierform für das Kinderkranken- und -verletztengeld genutzt werden. Hierzu wurde eine einheitliche
Entgeltbescheinigung mit dazugehörigen Erläuterungen zur
Übermittlung der Daten zur Gewährung von Krankengeld/
Verletztengeld bei Erkrankung des Kindes erstellt, die seit
Jahresbeginn 2015 von den Arbeitgebern für die Übermittlung
der notwendigen Daten zu nutzen war. Um sicherzustellen,
dass von den Arbeitgebern zeitnah die korrekten Bescheinigungen im Ersatzverfahren genutzt und unnötige Anfragen der
Versicherten vermieden werden, werden die Krankenkassen
nach Erhalt der ärztlichen Bescheinigung für den Bezug von
Krankengeld bei Erkrankung des Kindes die Versicherten über
das Verfahren informieren und den Arbeitgebern die Entgeltbescheinigungen zur Verfügung stellen.
Der Einsatz der Version 8 des Datenaustauschs bei Entgelt­
ersatzleistungen erfolgt ab Januar 2016.
15
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
6.
Neue Entsende-Verlautbarung
Die Spitzenverbände der Sozialversicherung haben eine aktualisierte Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Entsendung in das Ausland
(Ausstrahlung) und bei Entsendung aus dem Ausland nach
Deutschland (Einstrahlung) erstellt. Durch diese Regelungen
wird die Anwendung oder Nichtanwendung der deutschen
Vorschriften über die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern
beim im Voraus zeitlich befristeten staatenübergreifenden
Auseinanderfallen von Beschäftigungsort und Beschäftigungsverhältnis angeordnet. Ob und gegebenenfalls in welchen Bereichen Sozialversicherungspflicht nach dem nationalen Recht des jeweils anderen beteiligten Staates besteht, ist
nicht Bestandteil der Verlautbarung.
Die Neufassung berücksichtigt u.a. die Anwendung
der Verordnung (EG) N
­ r. 883/2004 für die EWR-Staaten
seit dem 01.06.2012 und für die Schweiz bzw. deren
Staatsangehörige seit dem 01.04.2012 sowie die
Rechtsauffassung zu kurzfristigen Auslandseinsätzen
in Konzernunternehmen. Im Übrigen beinhaltet sie vor
allem redaktionelle Anpassungen (z.B. wurde aus der
Richtlinie eine Verlautbarung).
Abweichende Regelungen des über- und zwischenstaatlichen
Rechts (Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts
für die von der Bundesrepublik Deutschland mit anderen
Staaten geschlossenen Sozialversicherungsabkommen) sind
vorrangig zu beachten. Die einzelnen Sozialversicherungsabkommen über Soziale Sicherheit können auch nur einzelne
Versicherungszweige umfassen. Eine Anlage zur neuen
Verlautbarung gibt eine Übersicht über die anzuwendenden
Vorschriften.
Bei Entsendung von Arbeitnehmern aus den alten Bundesländern in die neuen Bundesländer und umgekehrt gelten
unverändert die gemeinsamen Grundsätze zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung deutsch/deutscher Beschäftigungsverhältnisse vom 12.12.1991.
7.
Weitere sozialversicherungs­relevante Themen
7.1Präventionsgesetz
Nach mehrfachem Anlauf hat der Bundestag ein Präventionsgesetz beschlossen, das bereits in Kraft getreten ist. Es
verfolgt im Einzelnen folgende Ziele:
• Verbesserung der Kooperation der Sozialversicherungsträger und weiterer Akteure sowie der Koordination der
Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in
betrieblichen und nichtbetrieblichen Lebenswelten unter
Einbeziehung auch der privaten Krankenversicherung und
der privaten Pflegepflichtversicherung im Rahmen einer an
gemeinsamen Zielen orientierten nationalen Präventionsstrategie;
• Stärkung von Gesundheitsförderung und Prävention in
Lebenswelten wie Kindertageseinrichtungen, Schulen,
Betrieben und stationären Pflegeeinrichtungen insbesondere durch eine zielgerichtete Neustrukturierung
der finanziellen Grundlagen der Krankenkassen und der
Pflegekassen für Leistungen zur primären Prävention und
Gesundheitsförderung;
• Verbesserung der Rahmenbedingungen für die betriebliche
Gesundheitsförderung und deren engere Verknüpfung mit
dem Arbeitsschutz;
• Sicherstellung der Qualität und Förderung der Wirksamkeit
von Leistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung.
Verbesserung der Rahmenbedingungen für betriebliche
Gesundheitsförderung
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Betriebe eine
gesundheitsförderliche Unternehmenskultur entwickeln, die
alle Altersgruppen einbezieht, und Arbeitsplätze so gestalten,
dass sie den Bedürfnissen älter werdender Belegschaften
entsprechen. Die veränderten komplexen Arbeitsbedingungen
in einer modernen Dienstleistungsgesellschaft mit steigenden
Flexibilitäts- und Leistungsanforderungen erfordern bedarfsgerechte und wirksame betriebliche Maßnahmen zum Schutz
und zur Förderung der körperlichen und psychischen Gesundheit, insbesondere in Kleinstunternehmen sowie kleinen und
mittleren Unternehmen, in denen – anders als in Großunternehmen – die betriebliche Gesundheitsförderung noch nicht
hinreichend verbreitet ist.
Um insbesondere mehr kleine und mittelständische Unternehmen mit Leistungen der Krankenkassen zur Gesundheitsförderung im Betrieb zu erreichen, werden die Krankenkassen verpflichtet, ihr Engagement auszuweiten, indem sie mindestens
2,00 EUR jährlich für jeden ihrer Versicherten für Leistungen
zur betrieblichen Gesundheits­förderung ausgeben.
16
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Zur Sicherstellung eines niedrigschwelligen und unbürokratischen Zugangs zu diesen Leistungen werden die Krankenkassen verpflichtet, den Unternehmen in gemeinsamen
regionalen Koordinierungsstellen Beratung und Unterstützung
anzubieten.
Dazu sollen die Krankenkassen in ihrer Satzung auch vorsehen, dass bei Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung durch Arbeitgeber sowohl der Arbeitgeber als auch
die teilnehmenden Versicherten einen Bonus erhalten. Um
Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung wirksamer zu fördern, wird die bisherige Kann-Regelung durch eine
Soll-Regelung ersetzt.
Die Ausgaben der Krankenkassen für Prävention einschließlich der betrieblichen Gesundheitsförderung sollen sich 2016
auf 7­ ,00 EUR je Versicherten mehr als verdoppeln.
7.2
7.3
Assistierte Ausbildung (AsA)
Die Assistierte Ausbildung nach § 130 SGB III ist ein Weg,
einerseits den Fachkräftebedarf der Wirtschaft in einigen
Branchen zu decken und andererseits jungen Menschen
ohne Ausbildungsabschluss Hilfen anzubieten. Viele Betriebe
scheuen aufgrund des erhöhten Betreuungsaufwandes bei
schwierigeren Ausbildungsbewerbern vor einer Einstellung
zurück.
Die Agentur für Arbeit kann seit dem 01.05.2015 förderungsbedürftige junge Menschen und deren Ausbildungsbetriebe
während einer betrieblichen Berufsausbildung (ausbildungsbegleitende Phase) durch Maßnahmen der Assistierten
Ausbildung mit dem Ziel des erfolgreichen Abschlusses der
Berufsausbildung unterstützen. Die Maßnahme kann auch
eine vorgeschaltete ausbildungsvorbereitende Phase enthalten.
Neue Pfändungsfreigrenzen
Die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen werden alle
zwei Jahre jeweils zum 01.07. entsprechend der prozentualen
Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrages nach § 32a
Abs. 1 Nr. 1 EStG (derzeit 8.472 EUR) neu angepasst.
Der unpfändbare Grundfreibetrag beträgt seit 01.07.2015
1.073,88 EUR monatlich.
Dieser unpfändbare Grundfreibetrag erhöht sich, wenn eine
gesetzliche Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt
besteht, für die erste Person um monatlich 404,16 EUR und
für die zweite bis fünfte Person jeweils um 225,17 EUR bis zu
einem Höchstbetrag von 2.378,72 EUR (§ 850c ZPO).
Abweichend hiervon unterliegt der Pfändungsfreibetrag
selbst bei nach § 850d ZPO geschuldeten Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Ehegatten, dem früheren Ehegatten,
dem Lebenspartner, dem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach §§ 1615l, 1615n BGB nicht den Beschränkungen nach § 850c ZPO.
Hinweis:
Die seit 01.07.2015 geltenden Pfändungsfreigrenzen
können Sie dem Anhang der Pfändungsfreigrenzen­
bekanntmachung 2015, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt I Nr. 16 S. 618, entnehmen.
Die Finanzierung der AsA erfolgt aus dem Haushalt der
Bundesagentur für Arbeit und für junge Menschen aus dem
Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus dem
Bundeshaushalt. Dabei ist der förderbare Personenkreis auf
lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte junge Menschen
beschränkt. Bei einer Kofinanzierung von mindestens 50 %
Dritter ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Erweiterung des Personenkreises möglich.
Ziel der Assistierten Ausbildung ist der Übergang in eine
betriebliche Berufsausbildung, deren erfolgreichen Abschluss
und die nachhaltige Integration in den ersten Arbeitsmarkt.
Förderungsfähig sind...
• die individuelle, kontinuierliche Begleitung und Förderung
lernbeeinträchtigter oder sozial benachteiligter junger
Menschen ohne berufliche Erstausbildung von der Ausbildungssuche bis zum erfolgreichen Ausbildungsabschluss,
• Maßnahmen zur Unterstützung von Betrieben bei administrativen und organisatorischen Aufgaben im Zusammenhang mit der Anbahnung und Durchführung der betrieblichen Ausbildung des oben genannten Personenkreises.
Eine Förderung des Betriebes bei einer Einstiegsqualifizierung erfolgt nicht.
Förderungsfähig ist jeder Betrieb, der einen Teilnehmenden in
betriebliche Ausbildung nehmen möchte oder einen Teilnehmenden in betriebliche Ausbildung übernommen hat.
Die Assistierte Ausbildung gliedert sich in folgende Phasen:
• ausbildungsvorbereitende Phase
(Phase I) – fakultativ grundsätzlich maximal bis zu sechs
Monaten (eine individuelle Verlängerung um bis zu zwei
Monate ist möglich),
17
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
• ausbildungsbegleitende Phase (Phase II) bis zum individuellen erfolgreichen Ausbildungsabschluss.
7.4
Elektronisch unterstützte Betriebs­prüfung
Durch die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP)
können Arbeitgeber und Steuerberater die für die Prüfung
relevanten Daten direkt aus dem Entgeltabrechnungs- und
Buchhaltungssystem elektronisch an den zuständigen Rentenversicherungsträger übermitteln. Ziel ist es, die Betriebsprüfung mit Hilfe dieser Daten maschinell zu unterstützen und
den Aufwand einer herkömmlichen Betriebsprüfung für alle
Beteiligten zu verringern.
Die euBP wurde mit dem „Vierten Gesetz zur Änderung
des Vierten Buches Sozialgesetzbuch“ mit Wirkung vom
01.01.2012 in der Sozialversicherung eingeführt. Das Verfahren sieht die Annahme der zur Durchführung einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV notwendigen Arbeitgeberdaten im
elektronischen Verfahren vor. Die Einzelheiten
des Verfahrens werden entsprechend § 28p Abs. 6a SGB IV
in „Grundsätzen für die Übermittlung der Daten für die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung“ der Deutschen Rentenversicherung Bund geregelt.
Ablauf
Der Arbeitgeber entscheidet, ob er die euBP in Anspruch
nehmen will. Er übersendet dann die Daten medienbruchfrei
im Online-Verfahren unter Nutzung des eXTra-Verfahrens
(einheitliches XML-basiertes Transportverfahren, www.extrastandard.de) an die Rentenversicherung. Danach werden die
Daten des Arbeitgebers durch den Betriebsprüfer analysiert
sowie auf Plausibilität und Richtigkeit der Beitragsabrechnung
überprüft. Die Ergebnisse der Auswertungen werden durch
den Prüfer gemeinsam mit dem Arbeitgeber bzw. Steuerberater besprochen.
Technischen Voraussetzungen
Das verwendete Abrechnungsprogramm des Arbeitgebers
muss das Modul euBP beinhalten. Die Bereitstellung der
prüfrelevanten Arbeitgeberdaten erfolgt dann in einem gesicherten und zertifizierten Online-Verfahren. Eine Annahme
von Datenträgern ist nicht möglich. In der Regel haben die
Softwareanbieter eine Funktion zum Übermitteln der Daten
aus dem Abrechnungsprogramm vorgesehen.
Verfahren ab 01.01.2016
Nach Art. 11 Nr. 1 des Fünften Gesetzes zur Änderung
des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
(5. SGB IV-ÄndG), das am 01.01.2016 in Kraft tritt, wird
§ 7 Abs. 4 BVV um einen Satz ergänzt, wonach in den Fällen
einer elektronisch unterstützten Betriebsprüfung nach § 28p
Abs. 6a SGB IV das Ergebnis der Prüfung auf Wunsch des
Arbeitgebers durch Datenübertragung erfolgt. Dieser Punkt
sowie Erkenntnisse aus der bisherigen Praxis sind in die
Anpassung der Grundsätze eingeflossen.
7.5
Elternzeit für Arbeitnehmer
Hinweis:
Zur Vereinfachung wurde auf die Darstellung beider
Geschlechter (Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin) verzichtet.
Arbeitnehmer haben nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – (BEEG) Anspruch auf Elternzeit, wenn sie
• mit ihrem Kind, einem gleichgestellten Kind, Pflegekind
oder Enkelkind (unter bestimmten Voraussetzungen) in
einem Haushalt leben und
• dieses Kind selbst betreuen und erziehen.
Der Anspruch auf Elternzeit besteht von der Geburt bis zur
Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes, also
grundsätzlich 36 Monate. Ein Anteil von bis zu 24 Monaten
(bei Geburten vor dem 01.07.2015: 12 Monaten) kann zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten
Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden.
Die Elternzeit kann, auch anteilig, von jedem Elternteil allein
oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden.
Jeder Elternteil kann seine Elternzeit auf drei Zeitabschnitte
(bei Geburten vor dem 01.07.2015: zwei Abschnitte) verteilen.
Im Zusammenhang mit der Elternzeit besteht ein erweiterter
Kündigungsschutz (§ 18 BEEG).
Der Arbeitnehmer darf während der Elternzeit nicht mehr als
30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig
sein.
Wer Elternzeit beanspruchen will, muss sie für den Zeitraum
bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes spätestens
sieben Wochen und für den Zeitraum danach spätestens 13
Wochen (bei Geburten vor dem 01.07.2015: sieben Wochen)
vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen. Für die ersten ein oder zwei Jahre muss der Mitarbeiter
verbindlich festlegen, zu welchen Zeiten er in Elternzeit
gehen will. Eine Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht mehr
erforderlich. Der Arbeitgeber kann die Inanspruchnahme
eines dritten Abschnitts innerhalb von acht Wochen nach
Zugang des Antrags aus dringenden betrieblichen Gründen
ablehnen, wenn dieser Abschnitt im Zeitraum zwischen dem
dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr
des Kindes liegen soll.
Der Arbeitnehmer kann eine Verringerung der Arbeitszeit und
ihre Verteilung beantragen. Über den Antrag sollen sich der
Arbeitgeber und der Arbeitnehmer innerhalb von vier Wochen
einigen. Soweit eine Einigung nicht möglich ist, kann der
Arbeitnehmer während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner Arbeitszeit beanspruchen. Dafür
gelten folgende Voraussetzungen:
18
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
• Der Arbeitgeber beschäftigt, unabhängig von der Anzahl
der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
• das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen besteht ohne Unterbrechung länger als sechs
Monate,
• die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll
für mindestens zwei Monate auf einen Umfang von nicht
weniger als 15 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im
Durchschnitt des Monats verringert werden,
• dem Anspruch stehen keine dringenden betrieblichen
Gründe entgegen und
• der Anspruch auf Teilzeit wurde dem Arbeitgeber für den
Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes sieben Wochen und danach 13 Wochen vor Beginn der
Teilzeittätigkeit schriftlich mitgeteilt.
Beispiel
Das Ehepaar Sandra und Andre Pierk hat am 23.07.2015
eine Tochter bekommen. Beide Eltern sind voll berufstätig. Sie beantragen bei ihren Arbeitgebern folgende
Elternzeiten:
Frau Pierk
vom 23.07.2015 bis zum 30.06.2016 und
vom 01.07.2021 bis zum 30.06.2022,
Herr Pierk
vom 01.07.2016 bis zum 30.06.2017.
Frau Pierk möchte im zweiten Abschnitt ihrer Elternzeit
halbtags (20-Stunden-Woche) berufstätig sein.
Beurteilung
Die Elternzeit kann wie gewünscht in Anspruch genommen werden. Frau Pierk kann in der Zeit vom 01.07.2021
bis zum 30.06.2022 ihre Arbeitszeit auf 20 Stunden
reduzieren.
Was ist mit dem Sozialversicherungsschutz?
Unabhängig von den Auswirkungen der Teilzeitbeschäftigungen auf Elternzeit und Elterngeld richtet sich die versicherungsrechtliche Beurteilung solcher Beschäftigungen nach
den allgemeinen Vorschriften der Sozialversicherung. Teilzeitbeschäftigungen während der Elternzeit mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von nicht mehr als 450,00 EUR sind auch
während der Elternzeit als geringfügig entlohnte Beschäftigungen anzusehen und daher kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei. Zur Rentenversicherung besteht bei seit
dem 01.01.2013 begonnenen Minijobs Versicherungspflicht;
allerdings ist eine Befreiung auf Antrag möglich.
Demgegenüber kommt bei kurzfristigen Beschäftigungen mit
monatlichem Arbeitsentgelt über 450,00 EUR, ob sie nun
einige Tage oder zwei Monate dauern, keine Geringfügigkeit
in Betracht, da diese zulässigen Teilzeitbeschäftigungen
„berufsmäßig“ ausgeübt werden. Wegen der Berufsmäßigkeit der Tätigkeit unterliegen diese Teilzeitbeschäftigungen
der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und
Arbeitslosenversicherung.
Sinkt infolge der Teilzeitbeschäftigung das Arbeitsentgelt
unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze, tritt für bisher privat
Krankenversicherte Versicherungspflicht ein. Dies ist eine
gute Gelegenheit, in den Schutz der „Gesetzlichen“ mit ihren
Vorteilen zurückzukehren. In diesem Fall kann die private
Krankenversicherung vorzeitig gekündigt werden. Andererseits kann sich der Arbeitnehmer für die Dauer der Elternzeit
von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung
befreien lassen. Die dazu erforderlichen Bescheinigungen
stellt die zuständige Krankenkasse aus.
Tipp:
Einmal PKV-versichert – immer PKV-versichert. Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme: Wer durch die
Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschreitet, hat die Chance, in
die DAK zurückzukehren. Darüber sollten Sie Ihre Mitarbeiter informieren.
7.6Arbeitsrecht
7.6.1 Regelungen des Tarifeinheits­gesetzes
Mit dem Tarifeinheitsgesetz will die Bundesregierung die
Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie sichern. Nach Aufgabe
des Grundsatzes der Tarifeinheit durch das Bundesarbeitsgericht (BAG vom 07.07.2010 – 4 AZR 549/08) können für
dieselbe Beschäftigtengruppe unterschiedliche Tarifverträge
konkurrierender Gewerkschaften gleichzeitig zur Anwendung
gelangen. Dadurch sieht die Koalition die Funktionsfähigkeit
der Tarifautonomie beeinträchtigt, weil die im allgemeinen
Interesse liegende Ordnung und Befriedung des Arbeitslebens
nicht mehr gewährleistet sei. Die Befriedungsfunktion des
Tarifvertrags wird durch Tarifkollisionen beeinträchtigt, weil
innerbetriebliche Verteilungskämpfe den Betriebsfrieden
gefährden.
Der Arbeitgeber kann gleichzeitig an mehrere Tarifverträge
unterschiedlicher Gewerkschaften gebunden sein. Soweit
sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge
verschiedener Gewerkschaften überschneiden (kollidierende Tarifverträge), sind im Betrieb nur die Rechtsnormen
des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die
zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen
kollidierenden Tarifvertrags im Betrieb die meisten in einem
Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat. Kollidieren die
Tarifverträge erst zu einem späteren Zeitpunkt, ist dieser für
die Mehrheitsfeststellung maßgeblich.
19
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Als Betriebe gelten auch ein Betrieb nach ­§ 1 Abs. 1 S. 2
des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und ein durch
Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des BetrVG errichteter
Betrieb, es sei denn, dies steht den Zielen des Absatzes 1
offensichtlich entgegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
die Betriebe von Tarifvertragsparteien unterschiedlichen Wirtschaftszweigen oder deren Wertschöpfungsketten zugeordnet
worden sind.
Die Tarifvertragsparteien können durch autonome Entscheidungen Tarifkollisionen vermeiden, indem insbesondere
• die Gewerkschaften ihre jeweiligen Zuständigkeiten
abstimmen und ihre Tarifverträge somit für verschiedene
Arbeitnehmergruppen gelten,
• die Gewerkschaften gemeinsam ihre Tarifverträge in einer
Tarifgemeinschaft verhandeln,
• die Gewerkschaften inhaltsgleiche Tarifverträge abschließen,
• eine Gewerkschaft den Tarifvertrag einer anderen Gewerkschaft nachzeichnet.
7.6.2 Vorübergehende Arbeitsverhinderung und
arbeitsrechtliche Auswirkungen
Da es in diesem Sommer zu umfangreichen Arbeitsausfällen
wegen Bahn- und Kita-Streiks gekommen ist, möchten wir an
dieser Stelle dieses Thema kurz aufgreifen.
– soweit vorhanden – für die Dauer des Streiks zu vereinbaren. Sie tun sich selbst einen Gefallen, wenn Sie einem derartigen Vorschlag durch Ihren Betriebsrat zustimmen.
Bei großen Unternehmen macht es unter Umständen auch
Sinn, Fahrdienste zu organisieren oder Leihwagen und Taxifahrten anzubieten.
Kita-Streik
Im Falle eines Kita-Streiks hat der Arbeitnehmer gute Chancen, sich auf § 616 BGB zu berufen, wenn der Streik sehr
kurzfristig angekündigt wurde.
Kurzfristig einen Betreuungsersatz für ein Kind zu bekommen,
ist in der Regel nicht so ohne Weiteres möglich. Trotzdem
obliegt dem Arbeitnehmer eine entsprechende Informationspflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Sonst besteht für den
Arbeitgeber unter Umständen ein Recht den Arbeitnehmer
abzumahnen.
Sinnvoll wird es in solchen Fällen aber sein, eine individualrechtliche oder kollektivrechtliche Vereinbarung für derartige
Fälle zu schließen. So kann ein Unternehmen seine Mitarbeiter möglicherweise bei der Einrichtung von Notfallbetreuungen unterstützen.
Bestehen zum Beispiel Arbeitszeitkonten, könnte der Arbeitnehmer Gleitstunden für seine Abwesenheit nutzen oder
ggfls. Urlaubstage dafür einsetzen. In derartigen Fällen sollten Sie sich als Arbeitgeber möglichst flexibel verhalten.
7.6.3Mindestlohn
Ein Streik wird – zum Teil recht kurzfristig – angekündigt. Der
Arbeitnehmer erscheint nicht am Arbeitsplatz.
Sowohl im Falle eines Bahnstreiks als auch eines Kita-Streiks
besteht die Möglichkeit, dass sich der Arbeitnehmer trotz
fehlender Arbeitsleistung grundsätzlich auf § 616 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB beruft und Entgeltfortzahlung verlangt.
§ 616 BGB besagt, dass bei einer verhältnismäßig nicht
erheblichen Zeit, die der Mitarbeiter ohne Verschulden an
seiner Dienstleistung gehindert ist, dieser trotzdem Anspruch
auf seine Vergütung hat.
Bahnstreik
Ein Bahnstreik betrifft den Arbeitsweg. Grundsätzlich trifft
den Arbeitnehmer das Wegerisiko. Ausnahme ist „höhere
Gewalt“. Ein Streik wird allerdings arbeitsrechtlich nicht als
höhere Gewalt eingestuft.
Der Gesetzgeber hat ab dem 01.01.2015 mit dem „Gesetz zur
Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG)“ erstmals einen bundesweiten Mindestlohn
festgelegt. Die Maßnahme war notwendig, allerdings von
Anfang an Kritik ausgesetzt.
Soweit keine gesetzliche Ausnahme greift, sichert das MiLoG
jedem Arbeitnehmer in der Bundesrepublik für jede Stunde
seiner Arbeit einen Lohn von mindestens 8,50 EUR brutto.
Der gesetzliche Mindestlohn gilt nicht für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung;
des Weiteren nicht für Praktikanten, die ein Praktikum im
Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 4 MiLoG absolvieren.
Weitere MiLoG-Ausnahmen bestehen für die Vergütung von
• Auszubildenden,
In solchen Fällen muss sich der Mitarbeiter frühzeitig auf
Alternativen einstellen.
Allerdings macht es vielfach Sinn zum Beispiel durch eine
Betriebsvereinbarung eine Lockerung der Gleitzeitregelungen
• Langzeitarbeitslosen in den ersten sechs Monaten ihrer
Beschäftigung und
• ehrenamtlich Tätigen.
20
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Zeitungszusteller haben seit dem 01.01.2015 Anspruch auf
75 %, ab dem 01.01.2016 Anspruch auf 85 % des Mindestlohns. Ab dem 01.01.2017 müssen ihnen ihre Arbeitgeber den
ungekürzten Mindestlohn zahlen.
Das MiLoG gibt Arbeitnehmern einen nach unten hin nicht
mehr verhandelbaren Rechtsanspruch auf den gesetzlichen
Mindestlohn. Aus diesem Grund darf ein Arbeitnehmer
auch nicht gekündigt werden, wenn er seinen gesetzlichen
Mindestlohn einfordert (ArbG Berlin, 17.04.2015 – 28 Ca
2405/15). Umgekehrt ist der Mindestlohn – außer durch
gerichtlichen Vergleich – unverzichtbar. Entsprechende Vereinbarungen wären unwirksam.
Mittlerweile wurde auch gerichtlich bestätigt, dass der
gesetzliche Mindestlohn auch bei Arbeitsunfähigkeit und
an Feiertagen fortzuzahlen ist (BAG, 13.05.2015 – 10 AZR
191/14).
Wenn der Gesetzgeber den Unternehmen schon einen Mindestlohn von 8,50 EUR pro Stunde vorschreibt, dann müssen
diese auch brutto bei ihren Mitarbeitern ankommen. Nun ist
es in vielen Betrieben so, dass neben dem Grundlohn weitere
Entgeltbestandteile gezahlt werden. Hier stellt sich dann für
Arbeitgeber die Frage, ob diese Vergütungsbestandteile auf
den Mindestlohn des betroffenen Mitarbeiters anzurechnen
sind.
Bejaht wird diese Frage z.B. für
Nicht anrechenbar sind:
• Urlaubs- und Weihnachtsgeld, mit dem der Arbeitgeber
die Arbeitsleistung nicht zusätzlich vergüten will (ArbG
Berlin, 04.03.2015 – 54 Ca 14420/14),
• Urlaubsgeld, das zusätzlich und nicht für die Normalleistung des Arbeitnehmers gezahlt wird (ArbG Bautzen,
25.06.2015 – 1 Ca 1094/15).
Hinweis:
Auch geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer unterliegen
der Mindestlohnpflicht.
Für die kurzfristig Beschäftigten wurde im Zusammenhang mit der Einführung des MiLoG – allerdings bis
31.12.2018 befristet – die zeitliche Begrenzung auf drei
Kalendermonate bzw. 70 Arbeitstage erhöht.
Viel diskutiert wurde insbesondere über ­die ebenfalls eingeführten Aufzeichnungspflichten.
Danach sollten Arbeitgeber, die Arbeitnehmer
• geringfügig im Sinn des § 8 Abs. 1 SGB IV oder
• in den in § 2a SchwarzArbG aufgeführten Branchen (u.a.
im Bau-, Hotel- und Gaststättengewerbe, Speditions-,
Transport- und Gebäudereinigungsgewerbe)
• Sonderzahlungen, die vom Verhältnis Leistung/Gegenleistung unabhängig sind (z.B. Kinder- und Betriebstreuezulagen);
beschäftigen, nach Maßgabe des § 17 MiLoG verpflichtet
sein,
• Einmalzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, wenn
auf diese Einmalzahlungen ein Rechtsanspruch besteht
und der Arbeitnehmer sie auch tatsächlich bekommt,
• Beginn,
• Ende und
• Dauer
• Zuschläge und Zulagen, die der Arbeitgeber regelmäßig
und dauerhaft für die vereinbarte Arbeitsleistung zahlt,
der täglichen Arbeitszeit dieser Mitarbeiter aufzuzeichnen,
diese Aufzeichnungen aufzubewahren und für behördliche
Kontrollen bereitzuhalten.
• Zuschläge und Zulagen, die der Arbeitgeber ausländischen
Mitarbeitern als Ausgleich der Differenz zwischen dem im
Herkunftsstaat und in Deutschland geschuldeten Mindestlohn zahlt.
Die Einzelheiten dazu sind in
• der Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (MiLoAufzV) und
Zur Anrechnungsfrage gibt es auch schon die ersten Gerichtsurteile. Danach sind anrechenbar:
• der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung
(MiLoDokV)
• Leistungsboni, die fix als Differenz zwischen dem zuvor
vereinbarten – geringeren – Stundenlohn und dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn gezahlt werden (ArbG
Düsseldorf, 20.04.2015 – 5 Ca 1675/15).
geregelt. Seit dem 01.08.2015 werden
• die Anmeldepflicht nach § 16 Abs. 1 oder Abs. 3 MiLoG,
• die Pflicht zur Abgabe der Versicherung nach § 16 Abs. 2
oder Abs. 4 MiLoG sowie
21
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
• die Pflicht zum Erstellen und Bereithalten von Dokumenten
nach § 17 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG
dahingehend eingeschränkt, dass sie für Arbeitnehmer
nicht gelten, „deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt
brutto 2.958,00 EUR überschreitet.“
Die aktualisierte MiLoDokV sieht außerdem vor, dass diese
Grenze sich sogar auf 2.000,00 EUR reduziert, wenn der
Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten vollen zwölf
Monate nachweislich gezahlt hat.
Außerdem wurden die Aufzeichnungspflichten für im Betrieb
des Arbeitgebers beschäftigte Ehegatten, eingetragene
Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers eingeschränkt.
Für mobile Tätigkeiten und Beschäftigungen die nicht an
einen Ort gebunden sind (z.B. Briefzusteller Straßenkehrer),
gilt eine eingeschränkte Aufzeichnungspflicht. Wenn es keine
exakten Vorgaben über die tägliche Arbeitszeit gibt, sondern
nur eine Art Rahmenzeitvereinbarung besteht und die Arbeitnehmer sich ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen
können, müssen vom Arbeitgeber nur die Dauer der konkret
angefallenen täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden
(nicht Anfang und Ende).
7.6.4 Beschäftigung von Flüchtlingen
Arbeitgeber, die Flüchtlinge beschäftigen wollen, müssen
besondere Rechtsvorschriften beachten. In der Regel ist eine
besondere Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde erforderlich, die – je nach der Lage des Einzelfalls – schnell, erst
nach erheblicher Verzögerung oder gar nicht erteilt wird. Im
Folgenden erläutern wir Ihnen kurz die Rechtsgrundlagen der
Beschäftigung von Flüchtlingen und erklären, worauf es in der
Praxis ankommt.
Ausländische Arbeitskräfte und F­ lüchtlinge
Beim Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland wird zunächst
zwischen EU-Bürgern und Drittstaaten-Ausländern unterschieden.
EU-Bürger und Bürger aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR, zusätzlich zu EU Island, Liechtenstein, Norwegen)
und aus der Schweiz benötigen keine Arbeitserlaubnis, um
in Deutschland eine Beschäftigung aufzunehmen. Ihnen steht
aufgrund des Europarechts das Recht zum Aufenthalt in
Deutschland und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu.
Bürger aus anderen Ländern sind sogenannte „DrittstaatenAusländer“. Sie benötigen zum legalen, dauerhaften Aufenthalt in Deutschland einen Aufenthaltstitel. Neben dem Visum,
das zumeist nur für einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen
berechtigt, gibt es verschiedene Aufenthaltstitel. Diese Aufenthaltstitel, deren Voraussetzungen in § 5 Aufenthaltsgesetz
genannt sind, beinhalten in der Regel eine Arbeitserlaubnis.
Flüchtlinge erhalten erst nach einer positiven Entscheidung
über ihren Asylantrag einen solchen Titel, zumeist eine Aufenthaltserlaubnis.
Ein Flüchtling ist ein Mensch, der sich „aus begründeter
Furcht vor Verfolgung … außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht
in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht
in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser
seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das
er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht
zurückkehren will.“ (§ 3 Asylgesetz).
Flüchtlinge, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben, über
den noch nicht entschieden ist, erhalten eine Aufenthaltsgestattung. Wurde der Antrag auf Asyl bereits abgelehnt,
bestehen aber Hindernisse für eine Ausreise oder Abschiebung, erhalten die Betreffenden eine Duldung. Die Beschäftigung von Personen mit einer Aufenthaltsgestattung oder
einer Duldung ist nur dann zulässig, wenn die Beschäftigung
von der Ausländerbehörde ausdrücklich erlaubt wurde.
Zumeist muss auch die Zustimmung der Bundesagentur für
Arbeit eingeholt werden.
Ähnliches gilt für die Inhaber einer Fiktionsbescheinigung.
Dies ist ein Dokument, das Ausländern ausgestellt wird, die
einen Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis (oder auf Fortgelten der Aufenthaltserlaubnis) gestellt haben, über den noch
nicht entschieden ist.
Asylverfahren, Arbeitserlaubnis und Vorrangprüfung
Flüchtlinge, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben, sind
Asylbewerber. Ihnen wird generell frühestens nach einem
gestatteten Aufenthalt von drei Monaten eine Arbeitserlaubnis erteilt (§ 61 Asylgesetz).
Achtung:
Eine Arbeitserlaubnis kommt generell nicht in Betracht,
solange der Flüchtling verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Dazu konnte er bislang für
bis zu drei Monate verpflichtet sein. Diese Frist wurde
mit Wirkung zum 01.11.2015 auf bis zu sechs Monate
ausgedehnt.
Nach drei Monaten kann die Ausländerbehörde dem Asylbewerber auf Antrag eine Beschäftigung erlauben. Die
Zulassung ausländischer Beschäftigter orientiert sich jedoch
grundsätzlich an den Erfordernissen des Wirtschaftsstandortes Deutschland unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf
dem Arbeitsmarkt (§ 18 Aufenthaltsgesetz). Daher wird in
einer behördeninternen Abstimmung zwischen der Ausländerbehörde und der Bundesagentur für Arbeit zunächst geprüft,
ob eine freie Stelle, die mit einem Ausländer ohne regulären
Aufenthaltstitel – z.B. mit einem Asylbewerber – besetzt
werden soll, mit einem deutschen Staatsbürger oder EUBürger besetzt werden kann (Vorrangprüfung). Besondere
22
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Einschränkungen gelten für Asylbewerber aus sogenannten
sicheren Herkunftsstaaten.
Die Durchführung der Vorrangprüfung bedeutet konkret, dass
über einen Zeitraum von mehreren Wochen zunächst bevorrechtigte Arbeitsuchende aufgefordert werden, sich bei dem
entsprechenden Arbeitgeber zu bewerben. Hierdurch kann es
zu erheblichen Verzögerungen bei der Besetzung der Stelle
kommen. Außerdem hat die Bundesagentur für Arbeit zu prüfen, ob die Beschäftigung des antragstellenden Ausländers zu
vergleichbaren Bedingungen wie bei einem deutschen Staatsbürger erfolgen soll.
Arbeitgeber, die einen Asylbewerber einstellen wollen, sollten diesem also ausführliche und schriftliche Informationen
über die zu besetzende Stelle aushändigen, am besten den
Entwurf eines Arbeitsvertrages und die Zusicherung, dass
Arbeitsentgelt, Arbeitszeiten und weitere Arbeitsbedingungen
branchen-, orts- und firmenüblich sind. Häufig ist es sinnvoll,
dass der Arbeitgeber selbst Kontakt zur Ausländerbehörde
vor Ort aufnimmt.
Obwohl Asylverfahren recht lange dauern (im Jahr 2014 im
Durchschnitt über elf Monate), verzichten aufgrund des komplizierten Verfahrens viele Asylbewerber auf einen Antrag auf
Arbeitserlaubnis und hoffen auf eine Aufenthaltserlaubnis –
einschließlich Beschäftigungserlaubnis – nach dem positiven
Abschluss des Asylverfahrens.
Eine Vorrangprüfung findet allerdings in einigen Fällen nicht
statt, vor allem dann nicht, wenn die Antragsteller über einen
anerkannten Hochschulabschluss verfügen oder wenn sie
für einen Beruf ausgebildet sind, der in der „Positivliste“ der
Bundesagentur für Arbeit vermerkt ist (siehe unten).
Nach einem ununterbrochenen gestatteten Aufenthalt von
15 Monaten entfällt die Vorrangprüfung im Antragsverfahren
für eine Arbeitserlaubnis (§ 32 Abs. 5 Nr. 2 Beschäftigungsverordnung). Nach einem rechtmäßigen Aufenthalt von vier
Jahren im Bundesgebiet wird die Bundesagentur für Arbeit
bei einem Antrag auf eine Arbeitserlaubnis gar nicht mehr
beteiligt (§ 32 Abs. 3 Beschäftigungsverordnung).
Die Positivliste
Auf eine Vorrangprüfung im Rahmen eines Antrags auf
Arbeitserlaubnis wird verzichtet, wenn die Bewerber für
einen Tätigkeitsbereich ausgebildet sind, in dem ein von der
Bundesagentur für Arbeit festgestellter Fachkräftemangel
herrscht. Diese Tätigkeitsbereiche und die zugehörigen Ausbildungsberufe werden halbjährlich in der sogenannten Positivliste festgelegt.
Gegenwärtig fallen darunter z.B. die folgenden Tätigkeiten:
Metallbau inkl. Schweißtechnik, Mechatronik, Hochbau,
Betonbau, Maurerhandwerk, Klimatechnik, Programmierung,
Eisenbahnbetrieb, Kranken- und Altenpflege, Orthopädie- und
Reha-Technik, Hörgeräteakustik.
Die aktuelle Positivliste finden Sie hier:
https://www.arbeitsagentur.de/
unter dem Suchbegriff ­„Positivliste“.
Sind die Tätigkeiten, für die ein Asylbewerber infrage kommt,
in der Positivliste aufgeführt und verfügt er über eine Berufsausbildung, die in Deutschland für diese Berufe anerkannt
wird, bedeutet dies jedoch nur, dass die Vorrangprüfung entfällt. Am Antragsverfahren auf eine Arbeitserlaubnis wird die
Bundesagentur für Arbeit dennoch beteiligt.
Flüchtlinge und Leiharbeit
Nach der bisherigen Rechtslage konnten Asylbewerber und
Personen mit einer Duldung erst nach vier Jahren des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet als Leiharbeitnehmer
beschäftigt werden.
Diese Frist wird mit Wirkung zum 01.11.2015 verkürzt, und
zwar
• für Antragsteller auf der sogenannten Positivliste auf drei
Monate; Voraussetzung ist aber, dass für die gesamte
Dauer der Beschäftigung eine Tätigkeit ausschließlich in
den Bereichen der Positivliste sichergestellt ist*, und
• für andere Antragsteller auf 15 Monate**.
Lassen Sie sich hierzu gegebenenfalls von dem Leiharbeitsunternehmen, mit dem Sie zusammenarbeiten, über die aktuelle Rechtslage beraten.
Praktikanten und Auszubildende
Im Juli 2015 ist die Aufnahme von Praktika und Berufsausbildungen für Asylbewerber und Personen mit einer Duldung
erleichtert worden. Die Ausländerbehörde kann die Aufnahme
folgender Ausbildungsverhältnisse ohne Zustimmung der
Bundesagentur für Arbeit (BA) erlauben:
• Praktika von bis zu drei Monaten Dauer,
• betriebliche Einstiegsqualifizierung (zur Vermittlung und
Vertiefung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher
Handlungsfähigkeit, Förderung durch BA, § 54a SGB III),
• Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf.
* Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, Änderung des § 61 Abs. 2 Satz 3
Asylgesetz: Bezug auf § 40 Abs. 1 Nr. 2 Aufenthaltsgesetz gestrichen
** Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, Änderung von ­
§ 32 Abs. 3 Beschäftigungsverordnung
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SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Zu beachten ist aber, dass Aufenthaltsgestattungen und Duldungen regelmäßig nur für eine begrenzte Dauer ausgestellt
werden. Seit dem 01.08.2015 wird die Ausländerbehörde das
Aufenthaltsrecht eines Asylbewerbers, der eine Berufsausbildung in Deutschland vor Vollendung des 21. Lebensjahres
aufgenommen, in der Regel bis zum Abschluss der Ausbildung verlängern (§ 60a Abs. 2 Sätze 4 bis 6 Aufenthaltsgesetz). Damit ist zwar gesichert, dass die einmal begonnene
Ausbildung beendet werden kann; viele Ausbildungsbetriebe
erwarten jedoch, dass eine Anschlussbeschäftigung des Ausgebildeten von z.B. zwei Jahren erlaubt wird.
Dokumente für die Lohnunterlagen
Neben den üblichen Unterlagen muss der Arbeitgeber, der
Ausländer beschäftigt, das Aufenthaltsdokument in Kopie zu
den Lohnunterlagen nehmen:
„Wer im Bundesgebiet einen Ausländer beschäftigt, muss für
die Dauer der Beschäftigung eine Kopie des Aufenthaltstitels
oder der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung oder
über die Aussetzung der Abschiebung des Ausländers in elektronischer Form oder in Papierform aufbewahren.“ (§ 4 Abs. 3
Satz 4 Aufenthaltsgesetz)
Darüber hinaus muss der Arbeitgeber auch regelmäßig prüfen, ob die Voraussetzungen einer legalen Beschäftigung des
Ausländers weiterhin gegeben sind, also ob
• das Aufenthaltsdokument weiterhin gültig bzw. verlängert
worden ist und
• die Erlaubnis zur Beschäftigung weiterhin darauf bescheinigt ist.
Ansprechpartner
Die Kontaktdaten der für Sie zuständigen Ausländerbehörde
können Sie hier ermitteln:
http://www.bamf.de/SiteGlobals/Functions/WebGIS/DE/
WebGIS_Auslaenderbehoerde.html
Die zentrale Informationshotline „Arbeiten und Leben in
Deutschland“ wird gemeinsam vom Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge (BAMF) und der Bundesagentur für Arbeit
(BA) betrieben. Sie berät u.a. auch zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Erreichbar ist die Hotline Montag bis
Freitag von 9 Uhr bis 15 Uhr unter der Nummer:
030 18 15 11 11.
Eine Sammlung von Rechtsvorschriften und Merkblättern zu
diesem Thema stellt die Bundesagentur für Arbeit hier zur
Verfügung:
7.7Steuerrecht
7.7.1.Bürokratieentlastungsgesetz
Im Juli 2015 hat der Bundesrat das Bürokratieentlastungsgesetz verabschiedet. Ziel der neuen Normierung ist der
Bürokratieabbau, was zur Stärkung von Wachstum und Investitionen in Deutschland beitragen, aber vor allem auch die
mittelständische Wirtschaft von Bürokratie entlasten soll.
Zentraler Punkt ist die sogenannte Bürokratiebremse, die
besagt, dass für jede neue Verordnung eine alte abgeschafft
werden soll.
Neben der Anhebung einiger Schwellenwerte für Aufzeichnungs-, Statistik- und Meldepflichten sind auch für das lohnsteuerrechtliche Verfahren Vereinfachungen vorgesehen, die
für Arbeitgeber/Arbeitnehmer wichtig sind:
• Vereinfachung beim Faktorverfahren,
• Vereinfachung bei der Abrechnung von kurzfristig
­Beschäftigten.
Vereinfachung Faktorverfahren
Eine Neuerung betrifft das Faktorverfahren beim Lohnsteuerabzug, das durch das neue Gesetz vereinfacht wurde.
Im Rahmen der Steuerbelastung eines Zweitverdieners kann
diese alternativ aufgrund der Steuerklasse IV mit Faktor
gesenkt werden. Die Möglichkeit für die Steuerklasse IV (für
die Steuerklassenkombination IV/IV beim Lohnsteuerabzug
von Ehegatten oder Lebenspartnern) einen Faktor zu beantragen, war bisher nur für ein Kalenderjahr gültig. Danach
musste er wieder neu beim zuständigen Finanzamt gestellt
werden.
Aufgrund des Bürokratieentlastungsgesetzes soll der beantragte Faktor zukünftig für bis zu zwei Kalenderjahre gültig
sein (§ 39f Absatz 1 Satz 9 EStG). Insoweit ist zudem eine
Anpassung an die ohnehin in § 39a EStG bestehende zweijährige Gültigkeit von Freibeträgen erfolgt.
Eine längere, über zwei Jahre hinausgehende Laufzeit ist
vorerst nicht vorgesehen, da hierdurch sowohl der Freibetrag
wie auch der Faktor in der Regel ungenau würden – so die
Gesetzesbegründung.
Bislang ist es allerding noch erforderlich, den Antrag vor Ort
bei dem zuständigen Finanzamt zu stellen. Eine elektronische
Antragsstellung soll jedoch in den kommenden Jahren möglich gemacht werden.
https://www.arbeitsagentur.de/
unter dem Suchbegriff „Arbeitsmarktzulassung“, dort bei Rechtlichen Bestimmungen.
24
SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Hinweis zum Anwendungs­zeitpunkt:
Gemäß § 52 Abs. 37a EStG wird der genaue Zeitpunkt,
ab wann diese Vereinfachung greift, vom Bundesfinanzministerium noch festgelegt.
Dies wird auch in Abhängigkeit von der Bereitstellung
im Verfahren zur Bildung und Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) stehen.
Anhebung der Pauschalierungsgrenze für kurzfristig
Beschäftigte
Bei Aushilfsbeschäftigungen, die kurzfristig angelegt sind
(z.B. Helfer für Auf- und Abbau bei Messen, Volksfesten u.ä.)
wird gerne die Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung mit
25 % gewählt.
Arbeitnehmer gelten als kurzfristig beschäftigt, wenn
• sie nicht länger als 18 zusammenhängende Arbeitstage
beschäftigt werden,
7.7.2 Steuerliche Behandlung von Arbeitgeber­
darlehen
Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Geld auf
der Grundlage eines Darlehensvertrages, so spricht man von
einem Arbeitgeberdarlehen. Entstehen dem Arbeitnehmer
hieraus Zinsvorteile, so sind diese dem Arbeitslohn zuzurechnen. Die Finanzverwaltung gewährt allerdings Lohnsteuerfreiheit, soweit das Arbeitgeberdarlehen 2.600,00 EUR nicht
übersteigt.
Die Vorteile hieraus gehören – auch bei Gewährung eines
Darlehens aufgrund des Dienstverhältnisses durch einen
Dritten – als Sachbezug zum steuer- und beitragspflichtigen
Arbeitslohn.
Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom
19.05.2015 (Aktenzeichen: IV C 5 – S 2334/07/0009) die
Behandlung von Arbeitgeberdarlehen an die aktuelle Rechtsprechung angepasst. Berücksichtigt wurden die neueren Entwicklungen zur Bestimmung des Preises bei Sachbezügen.
Im Einzelnen:
• deren Beschäftigung zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt
sofort erforderlich ist und
• deren Arbeitslohn bisher pro Arbeitstag durchschnittlich
62,00 EUR nicht übersteigt.
Insoweit erspart sich der Arbeitgeber die aufwendige
Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale
(ELStAM). Das nur kurzfristig bestehende Arbeitsverhältnis
unterliegt der pauschalen Lohnsteuer von 25 %.
Um diese Vereinfachung auch weiterhin zu nutzen, wurde als
Folge der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die tägliche Verdienstgrenze für die Lohnsteuerpauschalierung von
62,00 EUR auf 68,00 EUR (= 8,50 Euro für acht Arbeitsstunden) angehoben (§ 40a Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 EStG). So kann
der Arbeitgeber – trotz angemessener Lohnzahlung – weiterhin kurzfristig Arbeitnehmer als Aushilfen beschäftigen, die
Lohnsteuer mit 25 % des Lohns pauschal erheben.
Warnhinweis für den Arbeitgeber:
Der Arbeitgeber muss insoweit unbedingt darauf achten,
dass der Arbeitnehmer mit einem Tagesverdienst von ­
68 EUR nicht mehr als 8 Arbeitsstunden tätig ist.
Er würde sich sonst eines Verstoßes gegen das Mindestlohngesetz schuldig machen, dass in nicht unerheblichem Maße Bußgeld bewährt ist.
• 2.600-EUR-Freigrenze
Maßgebend ist die noch nicht getilgte Darlehenssumme
am Ende des Lohnzahlungszeitraums.
Wichtig:
Mehrere, getrennt gewährte Darlehen sind zusammenzurechnen – unabhängig von Zweck und Konditionen der
Darlehen.
• Darlehen über 2.600,00 EUR
Übersteigt die Darlehenssumme am Ende des Lohnzahlungszeitraums die Freigrenze, gehören die Zinsvorteile als
Sachbezüge zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Ein Vorteil
ist jedoch zu verneinen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Darlehen zum sogenannten Maßstabszinssatz
anbietet, d.h. zum marktüblichen Zinssatz.
• Dokumentationspflichten
Aus den Aufzeichnungen des Arbeitgebers muss der steuerpflichtige Zinsvorteil hervorgehen und der Beleg muss
zum Lohnkonto genommen werden.
• Berechnung des Zinsvorteils
Bei der Berechnung des Zinsvorteils unterscheidet man, ob
der Arbeitgeber ein Finanzunternehmen ist oder nicht.
Ist der Arbeitgeber kein Finanzunternehmen, ist der Zinsvorteil nach § 8 Abs. 2 EStG als Regelfall zu bewerten.
Die Anhebung der Pauschalierungsgrenze für kurzfristige
Beschäftigte gilt rückwirkend ab dem Veranlagungsjahr 2015
(§ 52 Abs. 1 EStG).
Beispiel:
Der Einzelhandelsarbeitgeber gewährt seinem Angestellten ein zinsverbilligtes Arbeitgeberdarlehen.
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SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Ist der Arbeitgeber ein Finanzunternehmen, so bewertet
sich der Zinsvorteil nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG mit einem
Rabattfreibetrag von 1.080,00 EUR. Voraussetzung ist, dass
das Darlehen gleicher Art und gleicher Konditionen – mit
Ausnahme des Zinssatzes – überwiegend an fremde Dritte
vergeben wird.
• Kunden (auch potenzielle),
• Geschäftsfreunde,
• Vertreter,
• Lieferanten,
Beispiel:
Eine Bank gewährt ihrem Angestellten ein zinsverbilligtes Arbeitgeberdarlehen.
• andere für das Unternehmen wichtige Personen,
gehen.
• Kein Arbeitgeberdarlehen
Nicht als Arbeitgeberdarlehen gewertet werden Vorschüsse wie beispielsweise auf Reisekosten oder Auslagenersatz. Auch Lohnabschlagszahlungen und Gehaltsvorschüsse sind ausgenommen, wenn lediglich von den
ursprünglich vereinbarten Bedingungen für die Zahlung
des Arbeitslohnes abgewichen wird und kein Darlehensvertrag abgeschlossen ist.
Hinweis:
Gehaltsvorschüsse im öffentlichen Dienst, die nach
den Vorschussrichtlinien des Bundes oder der Länder
gewährt werden, stellen Arbeitgeberdarlehen dar!
7.7.3. Sachbezüge nach § 37b EStG
Hierbei kann es sich um Sachzuwendungen wie auch Dienstleistungen durch Dritte sowie um jede unentgeltliche vermögenswerte Zuwendung, die nicht Gegenleistung für eine
bestimmt Leistung des Empfängers ist und nicht in zeitlichem
oder wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht, handeln.
Diese Zuwendungen bleiben steuerfrei, soweit sie die Freigrenze des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG i.H.v. 35,00 EUR nicht über­
steigen.
Ist die Freigrenze überschritten, wird dem Schenker mit § 37b
EStG ein Wahlrecht zur Versteuerung mit pauschal 30 %
eingeräumt. Dann braucht der Empfänger das Geschenk nicht
als Betriebseinnahme zu versteuern, was zudem auch einen
fahlen Beigeschmack für den Beschenkten hätte.
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat sich mit
Schreiben vom 19.05.2015 auch ausführlich zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach ­
§ 37b EStG geäußert (siehe auch Exkurs oben).
Hinweis:
Nicht in den Anwendungsbereich des § 37b EStG fallen
Dabei wurden u.a. die Grundsätze der zwischenzeitlich ergangenen BFH-Urteile berücksichtigt, die den Anwendungsbereich der Regelung eingrenzen. Im Einzelnen:
• Sachzuwendungen an Ausländer und Privatkunden.
• In § 37b EStG werden nur solche Sachzuwendungen an
Geschäftspartner und Arbeitnehmer erfasst, die betrieblich
veranlasst sind und beim Empfänger dem Grunde nach zu
steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften führen (BFH
vom 16.10.2013 – VI R 57/11).
• § 37b EStG begründet keine eigenständige Einkunftsart
und erweitert nicht den einkommensteuerlichen Lohnbegriff. Die Regelung stellt lediglich eine besondere
pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur
Wahl (BFH vom 16.10.2013 – VI R 57/11 und 78/12).
Geschenke an Kunden und Geschäftsfreunde
Geschenke an Kunden und Geschäftsfreunde sind üblich
und mindern unter bestimmten Bedingungen die Steuerlast,
soweit diese betrieblich veranlasst sind. Dies gilt dann, wenn
durch die Zuwendung Geschäftsbeziehungen zum Beschenkten angebahnt, gesichert oder verbessert werden und an
• Streuwerbeartikel, deren Anschaffungs- oder Herstellungspreis unter 10,00 EUR liegen,
Geschenke an Arbeitnehmer
Abzugsfähige Betriebsausgaben sind auch Zuwendungen des
Arbeitgebers an den Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses.
Fraglich ist, ab wann die Zuwendung steuerbaren Arbeitslohn
darstellt. Verneinen kann man das, wenn diese im überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt (Stichwort: „betriebsfunktionale Zielsetzung des Arbeitgebers“).
Liegt allerdings ein steuerbarer Arbeitslohn vor, kann der
Arbeitgeber die Steuer nach § 37b EStG mit einem pauschalen Steuersatz von 30 % übernehmen.
Die Pauschalierung ist nur möglich, soweit die Zuwendung
• nicht in Geld besteht,
• zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird.
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SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
Kein steuerpflichtiger Sachbezug liegt vor
• soweit die Freigrenze von 44,00 EUR monatlich nicht überschritten wird;
• bei Aufmerksamkeiten bis 60,00 EUR, die dem Arbeitnehmer aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden;
• bei Mahlzeiten bis 60,00 EUR, die aus besonderem Anlass
abgegeben werden (Auswärtstätigkeit, Belohnungsessen).
7.7.4. Arbeitgeberpflichten bei Rabatten von Dritten
Auch Rabatte, die den Arbeitnehmern von Dritten gewährt
werden, können eine Lohnsteuerpflicht nach sich ziehen!
Wichtig:
Hier gilt der Rabattfreibetrag von 1.080,00 EUR nicht!
Es gelten insoweit folgende Regelungen:
Preisvorteile sind steuer- und abgabenfrei, wenn
• die Fremdfirma ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse an der Rabattgewährung hat (nämlich möglichst hohe
Umsätze zu erzielen und Neukunden zu gewinnen),
• die Fremdfirma den Preisvorteil auch fremden Dritten üblicherweise im normalen Geschäftsverkehr einräumt,
• die Vorteilsgewährung im ganz überwiegenden Interesse
des Arbeitgebers liegt.
Preisvorteile von Dritten gehören dagegen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber aktiv an der Verschaffung der Preisvorteile durch einen fremden Unternehmer
mitgewirkt hat.
Beispiel:
Der Arbeitgeber hat die Vorteile für seine Mitarbeiter
ausgehandelt, zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten bestehen enge wirtschaftliche Verflechtungen, die
Arbeitnehmer bekommen von einem Dritten nur Preisvorteile, weil dessen Arbeitnehmer wiederum vom anderen
Geschäftspartner Preisvorteile erhalten.
Keine aktive Mitwirkung des Arbeitgebers ist allerdings
anzunehmen, wenn sich seine Beteiligung darauf beschränkt,
die Angebote Dritter am schwarzen Brett oder im Intranet zu
veröffentlichen.
7.7.5. Gesetzesänderung zum Familienleistungs­
ausgleich
Mit dem „Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrages, des
Kinderfreibetrages, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags“ vom 16.07.2015 wurden der Grundfreibetrag und
der Kinderfreibetrag für die Jahre 2015 und 2016 angehoben.
Dies war entsprechend des 10. Existenzminimumberichts verfassungsrechtlich geboten (BR-Drucksache 281/15).
Im Einzelnen:
Anhebung des Grundfrei­betrages
Mit der Neufassung des § 32a Abs. 1 EStG wurde der für
Veranlagungszeiträume ab 2016 geltende Einkommensteuertarif normiert. Die Neufassung setzt auf die im vorliegenden
Gesetz bereits enthaltene Anhebung des Grundfreibetrags
auf. Zum Ausgleich der in den Jahren 2014 und 2015 entstandenen kalten Progression werden zusätzlich die übrigen
Tarifeckwerte um die kumulierte Inflationsrate dieser Jahre
(d.h. um 1,48 %) erhöht.
Rückwirkend ab dem 01.01.2015 wird der Grundfreibetrag
von derzeit 8.354 EUR um 118 EUR auf 8.472 EUR erhöht. Ab
Januar 2016 wird er um weitere 180 EUR auf dann 8.672 EUR
angehoben.
Anhebung des Kindergeldes und Kinderfreibetrages
Weiterhin wurde der Kinderfreibetrag angehoben und diese
Erhöhung übertragen auf die Höhe des Kindergeldes bzw.
Kinderzuschlags. Enthalten ist zudem – auf Anregung des
Bundesrats – eine Erhöhung und Optimierung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende ebenso wie eine Anhebung
des Unterhaltshöchstbetrags.
• Kinderfreibetrag (§ 32 Absatz 6 EStG)
Rückwirkend ab dem 01.01.2015 wird der Kinderfreibetrag
von derzeit 2.184 EUR um 72 EUR auf 2.256 EUR erhöht. Ab
Januar 2016 wird er von 2.256 EUR um weitere
48 EUR auf dann 2.304 EUR angehoben.
Hinweis:
Nicht erhöht wird der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf i.H.v.
1.320 EUR. Dieser bleibt aber neben dem Kinderfreibetrag bestehen.
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SEMINAR | NEUES AUS DER SOZIALVERSICHERUNG
• Kindergeld (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2b BUKGG)
Das monatlich ausgezahlte Kindergeld wird entsprechend
der Erhöhung des Kinderfreibetrages wie folgt erhöht:
a) ab Januar 2015:
• für das 1. und 2. Kind:
von 184 EUR um 4 EUR auf 188 EUR
• für das 3 Kind:
von 190 EUR um 4 EUR auf 194 EUR
• ab dem 4. Kind:
von 215 EUR um 4 EUR auf 219 EUR
• Kinderzuschlag
Für bedürftige Familien wird zudem der zusätzliche Kinderzuschlag erhöht von ehemals 140 EUR um 20 EUR auf
160 EUR.
Diese Änderung gilt jedoch erstmals ab dem
01.07.2016!
Auch der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)
steigt ab 2015 von bisher 1.308 EUR auf 1.908 EUR. Für jedes
weitere Kind steigt der Freibetrag um 240 EUR zusätzlich.
Der steuerliche Abzugsbetrag für Unterhaltsverpflichtungen (§ 33a Absatz1 Satz 1 EStG) wird wie folgt erhöht:
b) ab Januar 2016:
• für das 1. und 2. Kind:
von 188 EUR um 2 EUR auf 190 EUR
• für das 3 Kind:
von 194 EUR um 2 EUR auf 196 EUR
• ab dem 4. Kind:
von 219 EUR um 2 EUR auf 221 EUR
• ab dem 01.01.2015 von derzeit 8.354 EUR um 118 EUR auf
8.472 EUR,
• ab dem 01.01.2016 von 8.472 EUR um weitere 180 EUR
auf dann 8.652 EUR.
Die genannten rückwirkenden Änderungen haben sich
bereits vor Weihnachten bei den Lohnabrechnungen
ausgewirkt!
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