23. Jahrgang, 29. Juli 2016 Apotheken 4/2016 Depesche Schnellinformationen zu Studien und Beratungspraxis für die Apotheke Neue Optionen beim Reizdarmsyndrom Die Ursachen des Reizdarmsyndroms sind multifaktoriell. Neue Therapieansätze ermöglichen ein patientenindividuelles Vorgehen. Seite 7 Das kleine DiabetesEinmaleins Diabetes gehört zu den großen Herausforderungen des Gesundheitswesens. Verschaffen Sie sich einen Überblick über aktuelle Trends in der Therapie. Seite 12 PTA-Depesche Vitamine und Mineralstoffe: Schwangere umfassend beraten Seite 20 Schwangere mit Zöliakie: Weniger Frühchen durch glutenfreie Diät Seite 21 Gesunde Kost: Wer Nüsse isst, lebt länger Seite 21 Fuß- und Nagelpilz? Da gibt´s doch was von ratiopharm Seite 15 www.apotheken-depesche.de GFI. Der Medizin-Verlag Die Nr.1 in Empfeder hlung * Endlich wieder sitzen. Bei Problemen mit den Hämorrhoiden. Posterisan® akut Das einzige Präparat mit Lidocain zur Akutbehandlung. Schnelle Hilfe bei akuten Schmerzen oder starkem Juckreiz. www.posterisan.de Nachweislich zur Prophylaxe geeignet: Posterisan® protect ** * IMS Pharmatrend September 2015 ** Williams R., Havemeister W., Süßkind M., Wigger-Alberti W., Klinische Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Medizinproduktes zur Prophylaxe des Aufftretens akuter Symptome bei Patienten mit Hämorrhoidalleiden. Akt Dermatol 2013; 39: 504–508 504–508 EDITORIAL Wichtig bei Haut- und Haarproblemen: Zinkmangel testen! www.zinkorotat-pos.de Wann mit dem Kinderkriegen beginnen? Wie erfreulich: Seit einigen Jahren werden in Deutschland wieder mehr Kinder geboren. In 2015 waren es 23 000 mehr als im Jahr zuvor. Im Schnitt wünschen sich junge Paare 2,2 Kinder. Das tatsächliche Leben weicht oft deutlich davon ab – man nennt es „Fertiliy-Gap“. In Deutschland beträgt diese Fertilitätslücke 0,28. Beginnen die Paare zu spät mit der Produktion? Ein aufwändiger Berechnungsmodus zeigt jetzt, dass wer drei Kinder möchte und eine IVF ablehnt, bereits mit 23 Jahren (Alter der Frau) starten muss. Wer sich mit einem Kind und mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 75% zufriedengibt und dabei auch eine IVF in Betracht zieht, kann dagegen bis zum Alter von 36 Jahren warten (siehe Seite 16). Auch sonst findet sich viel Interessantes zum Thema Schwangerschaft in der Sommerausgabe der ApothekenDepesche: Lesen Sie, dass der Wohnort über das Risiko eines Gestationsdiabetes entscheiden kann (Seite 10), dass es auch in Deutschland noch Nachholbedarf in Sachen Totgeburten gibt (Seite 18) und dass ein Schwangerschaftsabbruch unter Antidepressiva wahrscheinlicher ist (Seite 19). Laktose-, gluten- und farbstofffrei In der aktuellen PTA-Depesche haben wir wichtige Aspekte zum Thema Vitamine und Mineralstoffe in der Zinkorotat-POS® 40 mg, magensaftresistente Tabletten. Wirkstoff: Zinkorotat x 2 H2O. Zusammensetzung: Eine magensaftresistente Tablette enthält 40 mg Zinkorotat x 2 H2O (dies entspricht einem reinen Zinkgehalt von 6,3 mg Zink). Dextrose-Maltose-Saccharid-Gemisch (92 : 3,5 : 4,5); Maisstärke; D-Mannitol; Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat; Mikr. Cellulose; Copovidon; Crospovidon; Magnesiumstearat (Ph.Eur.); MethacrylsäureMethylmetacrylat-Copolymer (1 : 1) (Ph.Eur.); Methacrylsäure-EthylacrylatCopolymer (1 : 1) Dispersion 30 %; Talkum; Triethylcitrat. Anwendungsgebiete: Zur Behandlung von Zinkmangelzuständen, die ernährungsmäßig nicht behoben werden können. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber Zinkorotat oder einem der sonstigen Bestandteile des Präparates. Nebenwirkungen: Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: Magenbeschwerden, Durchfall (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar). Erkrankungen des Immunsystems: Allergische Reaktionen (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar). Zinkorotat-POS® kann bei langfristiger Einnahme Kupfermangel verursachen. Stand: Juli 2016. Schwangerschaft zusammengestellt. Das macht fit für das nächste Beratungsgespräch! Viel Spaß beim Lesen wünscht Monika Walter Apothekerin und Chefredaktion [email protected] Apotheken-Depesche 4/2016 3 URSAPHARM Arzneimittel GmbH, Industriestraße 35 66129 Saarbrücken, www.ursapharm.de INHALT Dass Frauen in der Schwangerschaft an Gewicht zulegen, ist normal. Vorsicht ist allerdings bei sehr starker Gewichtszunahme geboten – egal, ob die Frau vorher dick oder dünn war. Ein internationales Expertengremium forderte 2011 umfangreiche Maßnahmen, um die Zahl der Totgeburten weltweit zu senken. Ein Update zeigt: Noch immer ist der Handlungsbedarf groß. Seite 10 Seite 18 BERATUNGSGESPRÄCH Ess-Störungen: Häufig auch bei älteren Frauen 6 American-Football-Spieler: Das Risiko der frühen Kopfbälle 6 Therapie von Wechseljahresbeschwerden: Innovatives Estradiol-Spray richtig anwenden 17 GYNÄKOLOGIE Hormonelle Kontrazeptiva: Unterschiedliches Schmerzempfinden 16 CME: Häufig vermeidbare Komplikationen: Immer noch 2,6 Mio. Totgeburten pro Jahr – Deutschland auf Platz 12 18 7 Schwangerschaftsabbruch: Unter Antidepressiva wahrscheinlicher 19 Parasitenlast bei Reizdarmsyndrom: Nicht mehr, sondern weniger 8 Unkomplizierte Blasenentzündung: Ibuprofen statt Antibiotikum? 19 Wer bekommt Reflux? Frauen, Adipöse, Alte und Raucher 8 Simsen und Alkohol am Steuer: Dreifach-Gefahr im Straßenverkehr 6 MAGEN-DARM CME: Häufiges und heterogenes Problem: Neue Optionen beim Reizdarmsyndrom DIABETES PTA-DEPESCHE Vitamine und Mineralstoffe: Schwangere umfassend beraten Gestationsdiabetes: Schwangere sollten schlank bleiben 10 Geringere Insulinsensitivität: Erhöhtes Risiko bei früher Menarche 10 Gestationsdiabetes & Geographie: Postleitzahl entscheidet über HbA1c 10 CME: Aktuelle Fortschritte in Diagnose und Therapie: Das kleine Diabetes-Einmaleins 12 Induzierte Insulinresistenz: Hepatitis C und Diabetes 13 20 Machen Sie sich fit für das nächste Beratungsgespräch: Wir haben für Sie die wichtigsten Aspekte zum Thema Vitamine und Mineralstoffe in der Schwangerschaft zusammengestellt. Seite 20 SUCHT 4 Pflaster, Tablette oder Kombi: Tabakentwöhnung: egal womit! 14 Pflaster vs. Tablette gegen Rauchen: Womit entwöhnen Frauen besser? 14 Tabakentwöhnung: Entwarnung für Vareniclin? 14 Apotheken-Depesche 4/2016 Gesunde Kost: Wer Nüsse isst, lebt länger 21 Schwangere mit Zölikaie: Weniger Frühgeburten durch glutenfreie Diät 21 Salbe mit Jojobaöl und Bienenwachs: Akute Hämorrhoidalbeschwerden verhindern 21 © GFI. Der Medizin-Verlag Titelfotos: ©Joachim Opelka – fotolia.com; weitere fotolia.com (2); Fotos auf dieser Seite: fotolia.com DRITTE SEITE INHALT Multimorbide Patienten haben komplexe Bedürfnisse. Ein optimales Medikametenmanagement wird durch eine effektive Zusammenarbeit von Medizinern und Pharmazeuten erleichtert. Nutzen Sie das Potential von Arzneimittelimporten für den wirtschaftlichen Fortschritt Ihrer Apotheke. Seite 24 SCHMERZ CME: Lifestyle-Interventionen bei Migräne: Hoch effektiv – wenn sie durchgehalten werden Importkompetenz für Ihren Erfolg 22 Im herausfordernden Importgeschäft behalten wir gemeinsam mit Ihnen den Überblick. GERIATRIE CME: Multimorbide Patienten managen: Ordnung ins Verordnungschaos bringen 24 Herzinsuffizienz: Zu alt für einen ICD? 24 NEUROLOGIE CME: Zucker, Computer, Schlaf: Sind Lifestyle-Faktoren ADHS-relevant? 25 Erwachsene mit ADHS: Tagesmüdigkeit und Unfallrisiko 25 8 Fotos: ©tverdohlib – fotolia.com Im Fokus Forschung & Entwicklung 16 Impressum 22 Abocoupon 26 Aktuell für die Offizin 26 CME-Antwortbogen 27 Inwieweit ist ADHS von den Lebensgewohnheiten der Kinder abhängig? In einer US-Studie wurde geprüft, ob Zucker- und Fernsehkonsum, Internetnutzung, Schlaf und andere Lifestyle-Faktoren bei Kindern mit ADHS häufiger sind. Seite 25 Produktnennungen hinter „*z. B.“ sind beispielhaft und enthalten keine produktbezogene Empfehlung der Redaktion gegenüber Alternativprodukten. Apotheken-Depesche 4/2016 5 www.orifarm.de DRITTE SEITE Häufig auch bei älteren Frauen Da Folgeerkrankungen von Ess-Störungen besonders für Patientinnen in höherem Alter gefährlich werden können, sollten diese umgehend behandelt werden. 18% aller Frauen über 65 leiden an einer Anorexia nervosa, an der sie bereits im Jugend- oder frühen Erwachsenenalter erkrankt sind. 34% der Frauen dieser Altersklasse sind dagegen von der sogenannten „Anorexia nervosa of aging“ betroffen, bei der sich neurologische Veränderungen im Alter auf das Appetitverhalten auswirken. Hormonelle Therapieansätze zeigten bisher keinen Erfolg. Das Lebenszeitrisiko für Bulimie liegt für Frauen über 45 Jahren bei 0,21%, zwei Drittel davon werden bereits in jungen Jahren bulimisch. Frauen mit stark ausgeprägtem Selbstbewusstsein sind seltener betroffen. Bei 42% der Patientinnen bessern sich die Symptome nach einer Therapie. Die Binge-eating-Störung ist die verbreitetste Ess-Störung bei American-Football-Spieler Das Risiko früher Kopfbälle Bei Tacklings beim American Football kann es zu massiven Krafteinwirkungen auf den Kopf kommen. Sollten sich Kinder unter zwölf Jahren dem besser entziehen? Und was ist eigentlich mit Kopfbällen beim Kinder-Fußball? Julie M. Stamm aus Boston untersuchte 42 frühere NFL-Football-Spieler (Alter 40 bis 69 Jahre) und unterzog sie einer ausführlichen kognitiven Untersuchung. Danach teilte sie die ExNFL-Player in zwei Gruppen ein: jene, die bereits mit einem Alter von weniger als zwölf Jahren Tacklings beim Football ausgesetzt waren, und jene, die erst mit zwölf Jahren oder später damit anfingen. Die Spieler der Gruppe „<12“ schnitten in allen Tests durchgängig signifikant schlechter ab als jene der Gruppe „12+“. Dabei wurde auch ins Kalkül gezogen, wie alt sie bei der Evaluation ihrer geistigen Fähigkeiten waren und wie viele Jahre sie insgesamt Football gespielt hatten. Es scheint also bezüglich der späteren Kognitionsverschlechterung wichtig zu sein, in welchem Alter die wiederholten Kopfverletzungen beginnen, und weniger, wie lange insgesamt im Leben Football gespielt wird. Und was ist mit Kopfbällen beim Fußball? Auch darüber wurde zuletzt diskutiert (z. B. Lipton ML et al., 2013: „Kopfbälle sind mit Mikroveränderungen der weißen Substanz und kognitiven Auffälligkeiten verbunden“). Allerdings scheinen nicht immer die Kopfbälle selbst, son- 6 Apotheken-Depesche 4/2016 dern häufig der Kontakt des Kopfes mit dem Gegner gefährlich zu sein (Comstock RD et al., 2015; JAMA Pediatrics). Der US-Fußballverband hat das Kopfballspiel für Kinder bis zehn Jahre komplett verboten, bis 13 darf im Training in den USA nicht geköpft werden. Und auf der Website des Deutschen Fußballbundes findet sich ein Interview zum Thema mit der Neurologin Dr. Nina Feddermann-Demont, Zürich: Es sei nicht erwiesen, dass das Kopfballspiel per se in irgendeiner Weise eine schädliche Wirkung auf das Gehirn habe. Wer bis zu einem Alter von elf Jahren das Kopfballspiel unterbinde, verhindere das erfolgreiche Erlernen der Kopfballtechnik. Feddermann-Demont weiter: Ballgröße, Ballgewicht und Technik sollten hingegen immer wieder überprüft werden. CB Stamm JM et al.: Age of first exposure to football and later-life cognitive impairment in former NFL players. Neurology 2015; 84: 1114-20 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160585 Neueste Studienergebnisse tagesaktuell per E-Mail Jetzt registrieren: www.apotheken-depesche.de/newsletter Frauen im fortgeschrittenen Alter und betrifft etwa 0,61% aller Frauen über 45. Zur Wiederherstellung eines normalen Essverhaltens können Patientinnen mit Ess-Störungen mit kognitiver Verhaltenstherapie, Psychotherapie und klinischen Maßnahmen behandelt werden. OH Podfigurgna-Stopa A et al.: Eating disorders in older women. Maturitas 2015; 82: 146-52 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160752 Simsen und Alkohol am Steuer Dreifach-Gefahr im Straßenverkehr Autofahren unter Alkoholeinfluss ist gefährlich. Zuletzt hat eine weitere Gefahr im Straßenverkehr dramatisch zugenommen: Das schicken von SMS mit dem Smartphone während der Fahrt. Besonders gefährlich wird es, wenn der Fahrer betrunken simst. Im Jahr 2011 hatten etwa 30% aller Autofahrer in den USA innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen mindestens ein Mal eine SMS während der Fahrt gelesen oder geschrieben. 2012 waren es bereits 35%. Das Verfassen von SMS in betrunkenem Zustand wird mehr und mehr zum sozialen Phänomen (in Anlehnung an „Sexting“, dem simsen von sexuellen Inhalten, auch als „Druxting“ bezeichnet). Findet Druxting während der Fahrt statt, ist die Einschränkung der Aufmerksamkeit besonders beeinträchtigt, wie nun ein Experiment nachwies. Die Forscher setzten Probanden in einen Fahrsimulator und versorgten sie mit einer Brille, die das Blickfeld in etwa analog der Beeinträchtigung durch Alkohol einschränkte. Dann ließ man sie zusätzlich während der virtuellen Fahrt SMS schreiben und maß, wie oft der Fahrer aus der vorgegebenen Spur fuhr. Alleiniges Texting führte zu etwa 20% Spurabweichung. Wurde nur die Spezialbrille getragen, kam es zu fast keiner Spurabweichung. Mit Brille und simsen lag die Spurabweichquote signifikant höher bei über 50%. Fazit: Simsen, Alkohol trinken und Autofahren zusammen haben ein besonders hohes Ablenkungspotenzial. CB Ammar A et al.: Texting, drugs and driving: ... J Ergonomics 2016; 6: 2 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160702 © GFI. Der Medizin-Verlag Foto: aletia2011 – fotolia.com Ess-Störungen MAGEN-DARM Häufiges und heterogenes Problem Neue Optionen beim Reizdarmsyndrom Das Reizdarmsyndrom (irritable bowel syndrome, IBS) kann sich in Form von abdominalen Schmerzen, veränderten Stuhlgewohnheiten oder Blähungen äußern. Die Ursachen sind vermutlich multifaktoriell und die Risikofaktoren variabel. Neue Therapieansätze erweitern die Möglichkeiten für ein patientenindividuelles Vorgehen. Die aktuellen ROM-III-Kriterien definieren das Reizdarmsyndrom als Schmerzen oder Unwohlsein im Abdomen an mindestens drei Tagen pro Monat im vergangenen Quartal, kombiniert mit mindestens zwei der folgenden Punkte: Besserung nach Defäkation und/oder Änderung der Stuhlfrequenz und/oder der Stuhlform. Man unterscheidet zwischen IBS mit Obstipation (IBDC, >25% des Stuhls klumpig oder hart), IBS mit Diarrhoe (IBD-D, >25% des Stuhls lose oder wässrig) oder einer Mischform (IBD-M, beide Kriterien treffen zu). Die globale Prävalenz des Reizdarmsyndroms rangiert zwischen 5 und 15% und sinkt mit dem Alter. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer. Viele Ursachen, viele Strategien Bekannte pathogenetische Faktoren des IBS sind Nahrungsmittelunverträglichkeiten, psychologische Faktoren, Änderungen der Darmmotilität, viszerale Hypersensibilität, neuronale Störungen, Dysbiose der Darmflora und postinfektiöse Immunmechanismen. Einen validierten Behandlungsalgorithmus gibt es bisher nicht. Bei IBS-Patienten ohne klinische Vorgeschichte Foto: mauritius images DIE ERNäHRUNG UMSTELLEN Gängige Auslöser des IBS sind Nahrungsmittelallergien oder -intoleranzen (oft Sorbitol, Laktose oder Koffein), ein gesteigerter gastroösophagealer Reflux oder Fermentationsprozesse im Kolon. Ein Test auf Nahrungsmittelallergien wird i. d. R. nicht empfohlen und Ausschlussdiäten sollten mit Vorsicht erwogen und implementiert werden. Aktuellen Studien zufolge können vor allem Patienten mit Blähungen von einer FODMAP-reduzierten Ernährung profitieren (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyol). Bei allen Symptomen außer Gasproduktion kann eine Supplementation mit löslichen Ballaststoffen zur Linderung beitragen. Probiotika (meist Lactobacillus und Bifidobacterium) oder Phytotherapeutika wie STW 5 und Pfefferminzöl können ebenfalls hilfreich sein. und mit unauffälligen Ergebnissen bei der körperlichen Untersuchung ist abgesehen von den Rom-III-Kriterien meist keine weitere Diagnostik nötig. Neben Lebensstilmaßnahmen können auch psychologische Maßnahmen wie Hypnotherapie oder kognitive Verhaltenstherapie sinnvoll sein. Neue nicht-medikamentöse und vielversprechende Behandlungsansätze sind die elektrische Stimulation der Sakralnervenwurzeln und die Fäkaltransplantation. Bei Defäkationsproblemen, die vor allem in Verbindung mit IBS-C häufig auftreten, ist ein Beckenbodentraining unter Anleitung eines Physiotherapeuten ratsam (Biofeedback). Zahlreiche medikamentöse Optionen Wenn sich trotz Lebensstilmaßnahmen und anderen nicht-pharmazeutischen Strategien kein Therapieerfolg einstellt, können medikamentöse Strategien erwogen werden. Die Wahl des Wirkstoffs sollte dabei unter Berücksichtigung der Präferenz des Patienten, dessen Symptombild und Risikoprofil erfolgen. Antibiotika: Der Stellenwert von Antibiotika in der Therapie von IBD ohne Obstipation ist umstritten. Neomycin, Metronidazol und Rifaximin können helfen, eine Dysbiose in der Darmflora auszugleichen oder die Gesamtzahl an Bakterien im Darm und damit die Gasproduktion zu verringern. Serotoninrezeptor-Antagonisten: Ondansetron oder Ramosetron können gegen Diarrhoe eingesetzt werden. Zur Verbesserung der Stuhlkonsistenz bei IBD-C wird derzeit die Effektivität von Prucaloprid untersucht. Laxativa: Die Wirksamkeit von Lubiproston 2× tgl. 8 µg bei IBD mit Obstipation wurde in mehreren Studien nachgewiesen. Aktuelle Studien prüfen die Wirksamkeit von Plecanatid. Opioid-Agonisten und -Antagonisten: Erste Studien zum peripher analgetisch wirkenden Asimadolin zur Linderung abdominaler Schmerzen fielen vielversprechend aus. Zum Einsatz von Eluxadolin ist derzeit eine Phase-3Studie im Gange. Mastzellstabilisatoren: In Tierversuchen konnte der Wirkstoff Dinatriumcromoglycat durch Distensionen verursachte abdominale Schmerzen gegenüber Kochsalz signifikant lindern. Ketotifen scheint die Wahrnehmungsgrenze von Unwohlsein heraufzusetzen. Luminale Adsorbentien: Das Kohlenstoffbasierte Adsorbent AST-120 bindet wahrscheinlich an überschüssige Substanzen im Darm und kann dadurch zur Besserung beitragen. Gallensäurebinder eignen sich, falls die Pathologie in einer erhöhten Exposition des Kolons mit Gallensäuren begründet ist. OH Halland M, Saito YA: Irritable bowel syndrome: new and emerging treatments. BMJ 2015; 350: h1622 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160057 Zertifizierungsfrage 1: Beim Reizdarmsyndrom A ist abdominaler Schmerz möglich B kommt es immer zu Diarrhoe C muss man Medikamente einsetzen D kann Laktose kein Auslöser sein E muss strenge Diät gehalten werden Zertifizierungsfrage 2: Die Behandlung des IBS A folgt einem festen Algorithmus B hängt vom Symptombild ab C mit Laxativa ist kontraindiziert D muss mit Probiotika ergänzt werden E mit Antibiotika ist kontraindiziert Bitte vermerken Sie Ihre Antworten auf Seite 27 im Heft oder unter www.apotheken-depesche.de/cme. Apotheken-Depesche 4/2016 7 MAGEN-DARM IM FOKUS Parasitenlast bei Reizdarmsyndrom Pünktlich zu Beginn der heißen Jahreszeit kommt aus Schweden die Nachricht, dass die direkte Sonnenexposition zwar das Hautkrebsrisiko erhöht, aber dafür das kardiovaskuläre Risiko und das Risiko, an anderen Ursachen als Krebs zu sterben, senkt. In einer Kohorte von 29 518 Schwedinnen hatten diejenigen, die konsequent die direkte Sonneneinstrahlung mieden, eine um bis über zwei Jahre reduzierte Lebenserwartung gegenüber denjenigen, die sich besonders häufig der Sonne aussetzten. Das wog sogar den Effekt des Rauchens auf: Nichtraucher, die die Sonne mieden, hatten eine ebenso hohe Lebenserwartung wie Raucher, die gerne in der Sonne waren. Lindqvist PG et al.: Avoidance of sun exposure as a risk factor for major causes of death: A competing risk analysis of the Melanoma in Southern Sweden Cohort. J Intern Med 2016; Mar 16 [Epub] Das sollte nicht vom Rauchstopp abhalten, wie das Beispiel von Patienten mit rheumatoider Arthritis (rA) wieder einmal zeigt. In einer retrospektiven Kohortenstudie mit 5677 Patienten mit rA war das Mortalitätsrisiko bei Rauchern gegenüber Nichtrauchern nahezu verdoppelt (Hazard Ratio 1,98). Ursache waren vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Hazard Ratio [HR] 1,96) und Lungenkrebs (HR 23,2). Jedes Jahr Nichtrauchen reduzierte die erhöhte Sterblichkeit, bei vormals starken Rauchern um 15% (HR 0,85), bei ehemals leichten Rauchern um 10% (HR 0,9). Joseph RM et al.: Smoking-related mortality in patients with early rheumatoid arthritis - a retrospective cohort study using the Clinical Practice Research Datalink. Arthritis Care Res (Hoboken) 2016; Mar 18 [Epub] Die Übersterblichkeit bei Alkoholmissbrauch ist erst im Alter stark ausgeprägt. Eine longitudinale Kohortenstudie fand zwar eine klar erhöhte Mortalität bei Menschen mit Alkoholkrankheit, aber auch bei verwandten Personen ohne Alkoholmissbrauch. Im mittleren Lebensalter war die Übersterblichkeit entsprechend weniger durch übermäßigen Alkoholkonsum, sondern eher durch eine familiäre Disposition bedingt. Mit zunehmendem Alter stieg der Beitrag des Alkoholmissbrauchs zur Übersterblichkeit an. Erst bei den über 70-Jährigen wurde sie aber für die Mortalität bedeutsamer als die familiäre Prädisposition. Lu CY et al.: Determinants of patient-reported medication errors: comparison among seven countries. Acta Obstet Gynecol Scand 2015; 94: 473-81 8 Apotheken-Depesche 4/2016 Nicht mehr, sondern weniger Einige Studien sprechen für einen Zusammenhang zwischen gastrointestinalen Erkrankungen und einer erhöhten Prävalenz bestimmter intestinaler Parasiten. Dänische Forscher prüften dies nun für das Reizdarmsyndrom (IBS) – und fanden genau das Gegenteil. Die Pathophysiologie des IBS ist weitgehend ungeklärt. Als mögliche Verursacher der Erkrankung stehen unter anderem die einzelligen Darmparasiten Dientamoeba fragilis und Blastocystis unter Verdacht, die IBS-ähnliche Symptome, wie abdominale Schmerzen, Diarrhoe, Übelkeit und Flatulenz verursachen können. Nun untersuchten dänische Forscher die Prävalenz der Parasiten und damit verbundene Risikofaktoren. Hierfür befragten sie über 6100 Patienten zum Auftreten typischer IBS-Symptome und ihrem Stuhlgang im vergangenen Quartal sowie zu bestehenden gastrointestinalen Diagnosen. Teilnehmer ohne Symptome bildeten die Kontrollgruppe. 124 Personen mit bzw. ohne IBS-Symptome gaben zudem Stuhlproben ab. 44,5% aller Teilnehmer wiesen intestinale Parasiten auf, wobei dies in der Kontrollgruppe sig- nifikant häufiger der Fall war als bei den IBS-Patienten (D. fragilis 23,4 vs. 34,8%; Blastocystis 22,1 vs. 14,5%; beide Spezies 11,8 vs. 4,8%). Hinsichtlich der Subtypen der Parasiten sowie in Bezug auf alle anderen mikrobiellen Spezies gab es keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Entgegen bisherigen Vermutungen spielen D. fragilis und Blastocystis offenbar keine kausale Rolle bei der Entstehung des Reizdarmsyndroms. Vielmehr könnte ihr Fehlen ein Anzeichen einer Dysbiose sein, denn eine höhere intestinale Biodiversität spricht für einen gesünderen Darm. OH Krogsgaard LR et al.: The prevalence of intestinal parasites is not greater among individuals with irritabel bowel syndrome: a population-based casecontrol study. Clin Gastroenterol Hepatol 2015; 13: 507-13 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160200 Wer bekommt Reflux? Frauen, Adipöse, Alte und Raucher Eine große norwegische Studie untersuchte prospektiv, welche Risikofaktoren für das Neuauftreten von Beschwerden der gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD) bestehen. Basis der Untersuchung war die HUNT-Studie (Nord-Trøndelag Health Study). Die Population des norwegischen Bezirkes Nord-Trøndelag umfasst 135 000 Einwohner, die als repräsentativ für die Gesamtbevölkerung des Landes gelten. Die prospektive populationsbasierte Studie wurde in drei Wellen durchgeführt (1984-1986, 1995-1997, 2006-2008) und evaluierte die Teilnehmer mittels Fragebögen, klinischer Untersuchungen und Blutentnahmen. In die nun veröffentlichte Auswertung flossen die Daten von über 29 000 Personen ein. Dabei wurden zwei Gruppen verglichen: Befragte, die bei Einschluss keine GERD-Symptome hatten und bei der zweiten Befragung Sodbrennen und saures Aufstoßen berichteten (Newonset-GERD, n=510); und Teilnehmer, die zu keinem Zeitpunkt entsprechende Beschwerden nannten (No-GERD, n=14 406). Zwischen beiden Befragungen lagen im Durchschnitt ca. elf Jahre. Zunehmendes Alter erhöhte das Risiko für New-onset-GERD um 1% pro Jahr. Bei Männern war das Risiko im Vergleich zu Frauen 19% geringer, Beschwerden zu entwickeln. Eine bessere Bildung senkte das Risiko ebenfalls (Odds Ratio 0,69). Zwischen BMI und dem Neuauftreten von GERD-Beschwerden fanden die Autoren eine „dosisabhängige“ Beziehung: Jede Zunahme des BMI um einen Punkt (=1 kg/m2) erhöhte das Risiko um 30%. Dabei war der Ausgangs-BMI irrelevant. Früheres und aktuelles Rauchen erhöhte die GERD-Gefahr für die Betroffenen ebenfalls (OR 1,37 bzw. 1,29). Auch das Beenden des Nikotinabusus war mit Sodbrennen & Co. assoziiert, aber nur wenn dabei auch der BMI um mindestens 3,5 anstieg. CB Hallan A et al.: Risk factors ... Am J Gastroenterol 2015; 110: 393-400 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/151202 © GFI. Der Medizin-Verlag INTERVIEW Phytotherapie als Alternative zu MCP STW-5 bei funktioneller Dyspepsie Seit August 2015 ist Metoclopramid (MCP) zwar wieder verfügbar, ist aber nicht mehr zur Therapie von Motilitätsstörungen zugelassen. Wie sich diese therapeutische Lücke schließen lässt, darüber sprach die Redaktion mit dem Gastroenterologen Prof. Dr. Hans-Dieter Allescher, Garmisch-Partenkirchen. Welche therapeutischen Alternativen nutzen bzw. empfehlen Sie in der Behandlung ehemaliger MCP-Patienten? Allescher: Da muss man unterscheiden: Patienten, die an akuter Übelkeit und Brechreiz leiden, könnten z. B. auf Domperidon (Rp!) ausweichen. Bei Störungen mit sehr starkem Brechreiz wären Antihistaminika wie Diphenylhydramin oder Dimenhydrinat zu nennen. Diese Substanzen haben den Nachteil, dass sie in der Regel stark anticholinerg wirken und dadurch Motilitäts-abschwächend, was in Situationen, in denen man eine Motilitätssteigerung erzielen will, natürlich kontraproduktiv ist. Alternativ bleiben Phytotherapeutika, insbesondere zur Therapie der Funktionellen Dyspepsie, z. B. STW-5 (Iberogast®), welches eine nachgewiesene Wirksamkeit bei dieser Indikation besitzt. Wir nutzen es zunehmend auch in der Klinik, weil wir bei Patienten, die Motilitätsbedingte dyspeptische Beschwerden haben, damit das Völlegefühl, das vorzeitige postprandiale Sättigungsgefühl sowie das postprandiale Aufgeblähtsein extrem gut erreichen. Dazu ist diese Therapie nahezu nebenwirkungsfrei. Sie wird von den Patienten sehr gut angenommen, auch weil man ihnen sagen kann, dass dies ein pflanzlicher oder naturheilkundlicher Ansatz ist, der aber einen entsprechenden wissenschaftlichen Wirknachweis besitzt. Prof. Dr. Hans-Dieter Allescher, GarmischPartenkirchen Gibt es Studien, die MCP und Phytotherapie direkt miteinander vergleichen? Allescher: Es gibt keine prospektive Studie, die MCP und STW-5 verglichen hat. Allerdings existiert eine solche Studie im Vergleich zwischen STW-5 und Cisaprid, einem sehr potenten Prokinetikum, das einen extrem guten Wirkansatz bei der Funktionellen Dyspepsie gezeigt hat. Die Studie demonstriert, dass STW-5 gegenüber Cisaprid nicht unterlegen ist, so dass von daher abgeleitet werden kann, dass eine ähnliche Wirksamkeit vorliegt. Wie bewerten Sie den Therapieerfolg von STW-5, insbesondere hinsichtlich Völlegefühl, Sodbrennen und Übelkeit? Wenn das Erbrechen im Vordergrund steht, z. B. durch eine Kinetose oder eine schwere Magenverstimmung, empfiehlt es sich, STW-5 ggf. mit einem anderen Antiemetikum zu kombinieren. Die Therapie des Sodbrennens mit STW-5 ist auch ein sehr interessanter Aspekt. Es zeigt sich in der genaueren Analyse von SodbrennenPatienten, dass unter ihnen sehr viele neben Sodbrennen weitere gastrointestinale Symptome aufweisen und dies bisweilen nicht 100%ig differenzieren können. Bei diesen Patienten, die neben Sodbrennen unter Symptomen wie Völlegefühl, Aufstoßen oder frühzeitigem Sättigungsgefühl leiden, würde ich bei einer leichteren Symptomatik die Therapie mit dem Phytotherapeutikum beginnen und erst bei einem Therapieversagen auf die deutlich stärkere Therapie mit einem Säureblocker umschwenken. Was zeichnet die spezielle pflanzliche Kombination in STW-5 aus? Allescher: Am wichtigsten beim Einsatz von STW-5 ist, dass es sehr gute wissenschaftliche Belege für diese Substanz gibt, nicht nur, was die klinische Wirksamkeit anbelangt, die in mehreren plazebokontrollierten, prospektiven Studien nachgewiesen wurde, sondern auch, was die grundlagenwissenschaftliche Wirksamkeit der Substanz und der Einzelsubstanzen sowohl auf die Muskulatur wie auch auf die Nerven des Gastrointestinaltrakts betrifft (Ottillinger B et al., 2013). Vielen Dank für das Gespräch! Allescher: STW-5 ist eine Paradesubstanz zur Therapie von postprandialem Völlegefühl und vorzeitigem Sättigungsgefühl als Leitsymptomen der Funktionellen Dyspepsie bzw. der postprandialen DistressSymptomatik. Hierfür gibt es einen sehr guten Wirknachweis (Rösch et al., 2002). Impressum Herausgeber: GFI. Corporate Media V. i. S. d. P.: Michael Himmelstoß Redaktion: GFI. Gesellschaft für medizinische Information mbH, München Druck: Vogel Druck, Höchberg © 2016 GFI Mit freundlicher Unterstützung der Bayer Vital GmbH Iberogast®. Zusammensetzung: 100 ml Flüssigkeit enthalten folgende Wirkstoffe: Auszüge aus: Iberis amara (Bittere Schleifenblume - Frische Ganzpflanze) (1 : 1,5-2,5) 15,0 ml, Auszugsmittel: Ethanol 50 % (V/V); Angelikawurzel (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Kamillenblüten (1 : 2 -4) 20,0 ml; Kümmelfrüchten (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Mariendistelfrüchten (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Melissenblättern (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Pfefferminzblättern (1 : 2,5-3,5) 5,0 ml; Schöllkraut (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Süßholzwurzel (1 : 2,5-3,5) 10,0 ml; Auszugsmittel für alle Arzneidrogen: Ethanol 30 % (V/V). Anwendungsgebiete: Zur Behandlung von funktionellen und motilitätsbedingten Magen-Darm-Erkrankungen wie Reizmagen- und Reizdarmsyndrom sowie zur unterstützenden Behandlung der Beschwerden bei Magenschleimhautentzündungen (Gastritis). Diese Erkrankungen äußern sich vorwiegend in Beschwerden wie Magenschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Magen-Darm-Krämpfen, Übelkeit und Sodbrennen. Gegenanzeigen: Bei Überempfindlichkeit (Allergie) gegenüber den Wirkstoffen darf Iberogast® nicht eingenommen werden. Bei Kindern unter 3 Jahren darf Iberogast® nicht eingenommen werden, da keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen. Schwangerschaft und Stillzeit: Aus den vorliegenden Daten lassen sich keine Hinweise für Bedenken hinsichtlich der Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit ableiten. Gleichwohl soll Iberogast® während der Schwangerschaft und Stillzeit nur nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden. Nebenwirkungen: Sehr selten können Überempfindlichkeitsreaktionen wie z.B. Hautausschlag, Juckreiz, Atembeschwerden auftreten. Bei Auftreten von Nebenwirkungen sollte das Präparat abgesetzt und ein Arzt aufgesucht werden. Dieser kann über den Schweregrad und gegebenenfalls erforderliche weitere Maßnahmen entscheiden. Warnhinweis: Das Arzneimittel enthält 31 Vol.-% Alkohol. Stand der Information: 01/2016. Bayer Vital GmbH, Kaiser-Wilhelm-Allee 70, 51373 Leverkusen, Deutschland. Apotheken-Depesche 4/2016 DIABETES Gestationsdiabetes GUT ZU WISSEN Schwangere sollten schlank bleiben Hypoglykämie unterschätzt Patientinnen, die während ihrer Schwangerschaft sehr stark an Gewicht zunehmen, tragen ein erhöhtes Risiko für ein negatives Outcome sowie für späteres Übergewicht von Mutter und Kind. Ob dabei auch das Risiko für Gestationsdiabetes (GDM) steigt, untersuchten Forscher im Rahmen einer Metaanalyse von acht Studien. Eingeschlossen waren insgesamt über 13 700 nichtdiabetische Patientinnen mit Einlingsschwangerschaft. Für die Analyse ausschlaggebend waren nur die Gewichtsangaben bis zum Zeitpunkt des GDM-Screenings. Die Diagnose von Gestationsdiabetes erfolgte in den Studien auf verschiedene Weise, u. a. mittels oralem Glucosetoleranztest. Frauen, die in der Schwangerschaft über die Maßen zulegten, hatten ein um 40% höheres Risiko für Schwangerschaftsdiabetes (gepoolte OR 1,40; 95% KI 1,21-1,61; p<0,001). Vier Studien berücksichtigten bei der Risikoabschätzung verschiedene Einflussfaktoren wie Alter, Rauchstatus und Blutdruck der Mutter. Eine Subgruppenanalyse dieser Population ergab einen ähnlichen Risikowert (OR 1,42). Welchen BMI die Frauen vor ihrer Schwangerschaft hatten, spielte dabei keine Rolle. OH Brunner S et al.: Excessive gestational weight gain prior to glucose screening and the risk of gestational diabetes: a meta-analysis. Diabetologia 2015; 58(10): 2229-37 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160117 Geringe Insulinsensitivität Erhöhtes Risiko bei früher Menarche Im Durchschnitt haben dicke Mädchen früher ihre Menarche als schlanke. Mädchen mit früher Menarche werden später aber auch eher dick und sind eher Diabetes-gefährdet. Inwiefern der Zeitpunkt der Menarche die Insulinresistenz im jungen Erwachsenenalter beeinflusst, untersuchten Forscher in Neuseeland an 54 gesunden kinderlosen Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr (Nicht-Raucherinnen, kein Gebrauch oraler Kontrazeptiva, BMI <30 kg/m²). Als früh, durchschnittlich bzw. spät galt ein Menarchealter von ≤11 Jahren, >12 und ≤13 Jahren bzw. ≥14 Jahren. Die Insulinsensitivität der Frauen wurde im morgendlichen Nüchternzustand mit einem 90minütigen intravenösen Glucosetest mit mehrfachen Blutabnahmen erfasst (einminütige Infusion mit 25%iger Glucoselösung, i.v. Insulinbolus nach 20 Minuten). Zusätzlich wurden Körpergewicht, Größe und Körperzusammensetzung bestimmt. Alle Messungen wurden zwischen dem fünften und zehnten Zyklustag durchgeführt. 10 Apotheken-Depesche 4/2016 Je früher die Menarche eingesetzt hatte, desto geringer war die Insulinsensitivität der Frauen (r2=0,13; p=0,015). Frauen, die früh in die Pubertät gekommen waren, hatten eine um 31 bzw. 36% geringere Insulinsensitivität als Frauen mit durchschnittlichem oder spätem Menarchealter (p=0,021 bzw. p=0,033). Der Unterschied in der Insulinresistenz von Frauen mit früher bzw. später Menarche war damit fast doppelt so groß wie die durchschnittliche Veränderung, die Metformin bei Diabetikern erreicht. Eine frühere Menarche war außerdem mit einer signifikant stärkeren akuten Insulinantwort sowie mit höherem Körpergewicht, BMI und Körperfettanteil verbunden. OH Wilson DA et al.: Earlier menarche is associated with lower insulin sensitivity and increased adiposity in young adult women. PLoS One 2015; 10(6): e0128427 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160619 Schwere Hypoglykämien erleiden Diabetiker wahrscheinlich häufiger als in randomisiert-kontrollierten Studien berichtet – in einer Kohortenstudie mit 917 440 Patienten im Schnitt 1,4 bis 1,6 Mal jährlich. Risikofaktoren waren höheres Alter, chronische Nierenerkrankung, kardiovaskuläre Erkrankungen, Depression, höhere HbA1c-Werte sowie Insulin-, Inkretinmimetika- und Betablocker-Therapie. Gestationsdiabetes & Geographie Postleitzahl entscheidet über HbA1c Gestationsdiabetes (GDM) ist eine der häufigsten Schwangerschaftskomplikationen. Ob das Risiko hierfür von der Supermarktund Fast-Food-Restaurant-Dichte in der Nachbarschaft abhängt, wurde nun in der viertgrößten US-Stadt untersucht. Die Autoren screenten öffentliche Register in der Region Houston, Texas. Man schloss alle Einlingsschwangerschaften zwischen 2011 und 2014 ein und korrelierte das Auftreten von GDM und auffälligen HbA1c-Werten über die Postleitzahl der Schwangeren mit der Anzahl der im Umkreis befindlichen Supermärkte und Fast-Food-Restaurants. Man fand über 10 000 Schwangere in 132 PLZ-Gebieten mit durchschnittlich 88 Fast-Food-Filialen und 32 Supermärkten pro 100 000 Einwohner. Schwangere, die in einer Region mit überdurchschnittlich vielen Filialen von McDonald’s, Burger King & Co. wohnten, hatten ein um 63% erhöhtes Risiko, einen GDM zu entwickeln. Die erhobenen HbA1c-Werte korrelierten ebenfalls signifikant: Je mehr Nahrungsmittelangebot, desto häufiger GDM. Die Ergebnisse sind wahrscheinlich nicht zu verallgemeinern, denn über 80% der Schwangeren waren Hispanics und wiesen eine geringe Bildung und niedriges Einkommen auf. Zudem muss gefragt werden: Siedeln sich Fast-Food-Ketten an, weil sich die Menschen schlecht ernähren, oder essen die Menschen ungesund, weil es so viele Burger Kings gibt? CB Kahr MK et al.: Geospatial analysis of food environment demonstrates associations with gestational diabetes. Am J Obstet Gynecol 2016; 214: 110.e1-9 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160680 © GFI. Der Medizin-Verlag Foto: JenkoAtaman – fotolia.com Dass Frauen in der Schwangerschaft an Gewicht zulegen, ist normal. Vorsicht ist allerdings bei sehr starker Gewichtszunahme geboten – egal, ob die Frau vorher dick oder dünn war. DIABETES MELLITUS Für Menschen mit Diabetes Typ 1 und 2 Insulin glargin U300 – das Wichtigste auf einen Blick Ein Jahr Insulin glargin U300 Die verbesserte Insulin-glargin-Formulierung Toujeo® (Insulin glargin U300, 300 E/ml), die im Mai 2015 eingeführt wurde, zeigt Vorteile gegenüber Insulin glargin U100 (Lantus®, 100 E/ml): So profitieren Patienten mit Typ-2-Diabetes von Insulin glargin U300 im Vergleich zu Insulin glargin U100 von einer nachhaltigen Blutzuckerkontrolle und einem signifikant reduzierten Risiko für Hypoglykämien.1 Von einem modernen Basalinsulin forderte Dr. Tobias Wiesner, Leipzig, im Rahmen einer Pressekonferenz: „Es sollte eine gute Blutzuckerkontrolle sicherstellen und die Titration ohne erhöhtes Hypoglykämierisiko ermöglichen. Die Wirkdauer sollte mindestens 24 Stunden betragen und die Pharmakokinetik ein flaches Profil aufweisen.“ Diese Ansprüche werden von Insulin glargin U300 erfüllt: Nach der subkutanen Injektion bildet es im Vergleich zu Insulin glargin U100 ein kompakteres Depot mit einer reduzierten Oberfläche.2,3 Daraus resultiert eine langsamere und länger anhaltende Insulinfreisetzung sowie ein Wirkprofil über mehr als 24 Stunden.2,4,5 Dieses Ergebnis steht im Einklang mit verschiedenen Subgruppen-Auswertungen der EDITION-Studien 1-3, die Ritzel bei der Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft 2016 vorstellte: So konnte gezeigt werden, dass der Hypoglykämievorteil zugunsten von Insulin glargin U300 im Vergleich zu Insulin glargin U100 bei Patienten mit Typ-2-Diabetes unabhängig vom Alter, dem Body-MassIndex und der Dauer der Diabeteserkrankung auftrat.7 Eine weitere Analyse bestätigt, dass das geringere Hypoglykämierisiko von Insulin glargin U300 vs. Insulin glargin U100 auch bei potenziell vulnerablen Patienten im Alter von über 65 Jahren besteht.8 Hypoglykämierisiko senken Eine gute Blutzuckerkontrolle erreichen Auf die oft belastenden Konsequenzen von Hypoglykämien für Menschen mit Diabetes ging Prof. Werner Kern, Ulm, ein und betonte, dass auch nicht schwere Unterzuckerungen die Leistungsfähigkeit reduzieren und das Wohlbefinden der Be- Relative Risikoreduktion der Hypoglykämie-Inzidenz (%) Wie sich die veränderte Pharmakokinetik von Insulin glargin U300 in klinische Vorteile für Menschen mit Typ-2-Diabetes übersetzt, demonstrierte Prof. Robert Ritzel, München: Die EDITION-Studien 1-3 verglichen Insulin glargin U300 und Insulin glargin U100 bei Patienten mit Typ-2-Diabetes in verschiedenen Krankheitsstadien. Die gemeinsame Auswertung nach 12 Monaten zeigte unter Insulin glargin U300 eine bessere Senkung des HbA1c-Wertes als unter Insulin glargin U100 (Unterschied zwischen den Gruppen versus Baseline -0,10 [-0,18 bis -0,02]; p=0,0174).6 Darüber hinaus war die Behandlung (Woche 0 bis 24) mit Insulin glargin U300 mit einer um 25% niedrigeren Rate an nächtlichen schweren oder bestätigten Unterzuckerungen assoziiert als Insulin glargin U100 (RR 0,75; 95%-KI: 0,68-0,83), das Risiko zu jeder Tageszeit war um 9% geringer (RR 0,91; 95%-KI: 0,87-0,96, siehe Abbildung).1 0– Bestätigte oder schwere Hypoglykämien zu jeder Tageszeit Bestätigte oder schwere nächtliche Hypoglykämien -9% -10 – RR 0,91 -20 – [95% Kl 0,87–0,96] -30 – -25% RR 0,75 [95% Kl 0,68–0,83] -40 – Abb.: Insulin glargin U300 reduziert das Hypoglykämierisiko bei Patienten mit Typ-2-Diabetes gegenüber Insulin glargin U100.1 Insulin glargin U300, eine verbesserte Formulierung von Insulin glargin, ist zugelassen zur Therapie von Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ 1 und 2.2 Insulin glargin U300 ist bei Patienten mit Typ-2-Diabetes von Anfang an mit einem geringeren Hypoglykämierisiko als Insulin glargin U100 assoziiert.1 Insulin glargin U300 wird einmal täglich injiziert und bietet ein Spritzzeitfenster von ± 3 Stunden.2 Insulin glargin U300 wird mit dem Toujeo® SoloStar® Fertigpen appliziert. troffenen beeinträchtigen können. So kommt es beispielsweise nach einer Hypoglykämie nicht selten zu Arbeitsausfällen.9 Aus Angst vor einer weiteren Hypoglykämie verändert ein Teil der Patienten die Insulindosis inadäquat stark, was ein Erreichen des individuellen Zielwertes erschwert und Folgeschäden begünstigen kann.10 Kern betonte: „Somit ist die Insulintherapie immer eine Gratwanderung zwischen einer guten Blutzuckereinstellung und der Vermeidung von Hypoglykämien.“ Literatur [1] Ritzel R et al., Diabetes Obes Metab 2015;17(9): 859-67; [2] Toujeo® Fachinformation, Stand Dezember 2015; [3] Owens DR et al. Diabetes Metab Res Rev 2014; 30: 104-119; [4] Shiramoto M et al. Diabetes Obes Metab 2015; 17: 254-260; [5] Becker RH et al. Diabetes Care 2015; 38:637-643; [6] Ritzel R et al., 1030-P, Jahrestagung der American Diabetes Association, Juni 2015, Boston, Massachusetts, USA; [7] Ritzel R et al., Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11:S60,P214; [8] Ritzel R et al., Diabetologie und Stoffwechsel 2016;11: S12,P39; [9] Brod M et al., Value in Health 2011;14(5):665–71; [10] Brod M et al., Diabetologia 2012;55(Suppl. 1)392-293 Weiteres Schulungsmaterial und Sicherheitsinformationen zu Toujeo® unter http://mein.sanofi.de/Produkte/Toujeo Impressum Herausgeber: GFI. Corporate Media V. i. S. d. P.: Michael Himmelstoß Redaktion: GFI. Gesellschaft für medizinische Information mbH, München; Berichterstattung: Monika Walter Quelle: Pressekonferenz: „Herzlichen Glückwunsch – 1 Jahr Insulin glargin U300“, Berlin, 4.5.2016 Druck: Vogel Druck, Höchberg; © 2016 GFI Mit freundlicher Unterstützung von Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt/Main Apotheken-Depesche 4/2016 DIABETES Das kleine Diabetes-Einmaleins Die Diabetes-Epidemie des späten 20. und 21. Jahrhunderts ist eine der größten Herausforderungen der Gesundheitssysteme weltweit. Der Diabetes mellitus Typ 2 stellt dabei die Mehrheit der Fälle und seine Inzidenz hat in den letzten Jahren rasant zugenommen. Die Anzahl an Patienten mit Typ-1-Diabetes hingegen macht etwa 5% aller Diabetes-Fälle aus und nahm im Laufe der Zeit eher langsam zu. Verschaffen Sie sich einen Überblick über aktuelle Trends bei der Therapie beider Diabetes-Typen. Obwohl es beim Diabetes zu einer Vielzahl metabolischer Störungen kommt, fußen heute – wie auch schon vor Jahrzehnten – Diagnose und Therapie auf der Bestimmung der Glucose in Vollblut, Plasma, Blutserum, Kapillarblut oder interstitieller Flüssigkeit. Die neueste Methode, Glucosewerte zu bestimmen, ist die kontinuierliche Glucosemessung (CGM) mittels Katheter, der subkutan platziert wird. Die Glucose der interstitiellen Flüssigkeit korreliert generell mit der des Kapillarblutes. CGM wird häufig bei Patienten mit Typ-1-Diabetes (T1DM) angewendet und ist integraler Bestandteil der Entwicklung des künstlichen Pankreas; bei Typ-2-Diabetikern (T2DM) ist CGM kaum von Bedeutung. Neben der Blutglucose spielt beim Management des Diabetes der Anteil des Glykohämoglobins (HbA1c) eine wichtige Rolle; dieser Wert ist ein Maß für die durchschnittlichen Glucosespiegel der vergangenen acht bis zwölf Wochen. Auf der Basis epidemiologischer Daten wurde eine Tabelle entwickelt, anhand derer sich die zur Erlangung eines bestimmten HbA1cWertes notwendigen Blutglucosewerte ablesen lassen (siehe Kasten unten). Diagnostische Fortschritte Nach wie vor gilt: Die typische klinische Erstmanifestation des T1DM äußert sich in relativ akuter, schwerer Hyperglykämie mit Polyurie, Polydipsie, Gewichtsverlust und möglicherweise Ketoazidose. Zur Stellung der Diagnose benötigt man normalerweise keine spezifischen Glucoseoder HbA1c-Grenzwerte. T2DM entwickelt sich klinisch hingegen langsam und oft lange Zeit asymptomatisch. Zur Diagnostik werden Grenzwerte herangezogen: Die Diagnose „Diabetes“ wird ab einem Nüchternglucosewert ≥126 mg/dl, einem OGTT ≥200 mg/dl oder einem HbA1c ≥6,5% gestellt. Ein Prädiabetes (das Konzept wird nicht von allen Fachgesellschaften unterstützt) liegt ab einem Nüchternglucosewert zwischen 100 und 125 mg/dl vor (oder bei OGTT 140-199 mg/dl oder HbA1c 5,7-6,4%). Die Deutsche Diabetesgesellschaft empfiehlt bei Prädiabetes die Aufklärung des Patienten über Risiko, Lebensstil, Risikofaktoren und eine erneute Bestimmung nach einem Jahr. Generell GLUCOSE ÜBERSETZT IN HbA1C Die mit einem spezifischen HbA1c-Wert (in %) assoziierten Blutglucose-Spiegel (in mg/dl) bei Typ-1und Typ-2-Diabetes: HbA1c 5,5 - 6,49 6,5 - 6,99 7,0 - 7,49 7,5 - 7,99 8,0 - 8,5 12 nüchtern 122 142 152 167 178 Apotheken-Depesche 4/2016 postprandial 144 164 176 189 206 vor Schlafengehen 136 153 177 175 222 auf Diabetes gescreent werden sollten Menschen mit folgenden Risiken: Alter ≥45 Jahre, BMI ≥25 kg/m2, geringe körperliche Aktivität, Gestationsdiabetes in der Anamnese, Hypertonus, Dyslipidämie, Herzkreislauferkrankung, erstgradige Familienangehörige mit Diabetes, Prädiabetes. Management des Typ-1-Diabetes Insulin muss bei T1DM in möglichst „physiologisch angepasster“ Dosierung von extern zugeführt werden. Hierzu wurden Analoginsuline mit unterschiedlich schnell einsetzender und andauernder Wirkung entwickelt. Ziel ist die intensivierte Therapie mit mehrfachen Insulininjektionen täglich mittels Pen oder Insulinpumpe. Basales Insulin und präprandiale Bolusgaben müssen über den Tagesverlauf koordiniert werden. Das Basalinsulin regelt die Glucosewerte während der Nacht und wenn Patienten nicht essen. Zur Verfügung stehen in Deutschland NPH-Insulin, Insulin glargin U100 und U300 sowie Insulin detemir. Durch präprandiale Bolusgaben (Pen/Pumpe) soll der Blutglucoseanstieg nach Mahlzeiten begrenzt werden. Schnell wirkendes Normalinsulin wird 30 bis 45 Minuten vor der Mahlzeit gespritzt. Die neueren, sehr schnell wirkenden Insuline können auch direkt zur Mahlzeit angewendet werden (z. B. Insulin glulisin). Therapie des Typ-2-Diabetes Die Anzahl an T2DM-Medikamenten hat sich in den vergangenen Jahren mehr als verdreifacht, was eine individuelle Therapie ermöglichen würde. Trotzdem werden die Patienten therapeutisch oft „über einen Kamm geschoren“. Üblicherweise beginnt die Therapie mit Metformin, es gilt als lang etabliert, sicher, verträglich und günstig. Alle Leitlinien sehen das so, allerdings gibt es genau genommen kaum Daten, die den First-line-Status von Metformin rechtfertigt. Wenn Metformin zur Stoffwechseleinstellung nicht ausreicht, wird ein zweiter Wirkstoff ergänzt. Zur Frage nach der besten Ergänzung gibt es jedoch kaum Untersuchungen. Die GRADE-Studie soll das ändern und vergleicht unterschiedliche Wirkstoffe, die zusätzlich zu Metformin gegeben werden, Head-to-Head – die Ergebnisse stehen noch aus. © GFI. Der Medizin-Verlag Foto: Sherry Young – fotolia.com Aktuelle Fortschritte in Diagnose und Therapie DIABETES Die Wahl der Zweitlinientherapie sollte man vorwiegend anhand des Potenzials der Substanz zur HbA1c-Reduktion unter 7% treffen. Hierbei gilt Insulin beim T2DM heute häufig als letzte Wahl, was keineswegs gerechtfertigt ist (unter anderem, da Insulin die Glucose gut einstellen kann, es langjährige Erfahrungen gibt und das Risiko schwerer Hypoglykämien beim T2DM wesentlich geringer ist als bei T1DM). Darüber hinaus stehen Thiazolidinedione (TZD), GLP-1Rezeptorantagonisten, DPP-4-Inhibitoren und neuerdings SGLT-2-Hemmer zur Verfügung. TZD wurden u. a. wegen Diskussionen über ein mögliches Blasenkrebs-, KHK- und Leberrisiko zuletzt zurückhaltender eingesetzt. GLP-1-Rezeptorantagonisten senken, wenn sie zusätzlich zu Metformin gegeben werden, den HbA1c um etwa 1% und verursachen dabei weder Hypoglykämien noch Gewichtszunahme (sie reduzieren das Körpergewicht um ca. 2 bis 3 kg). DPP4Inhibitoren senken den HbA1c um etwa 0,6 bis 0,8%, gelten als gewichtsneutral und weisen ebenfalls kein Hypoglykämierisiko auf. SGLT-2Inhibitoren erhöhen die Glucosurie durch Glucosereabsorptionshemmung im proximalen renalen Tubulus. Sie reduzieren den HbA1c um 0,6 bis 0,8% und sind ebenfalls gewichtsneutral und ohne Unterzuckerungsrisiko. CB Nathan DM: Diabetes – Advances in diagnosis and treatment. JAMA 2015; 314(10): 1052-62 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/151187 Zertifizierungsfrage 3: Die Diagnose eines Typ-2-Diabetes stellt man bei A Nüchternglucose >100 mg/dl B Nüchternglucose ≥126 mg/dl C OGTT >150 mg/dl D OGTT <150 mg/dl E nicht messbarem HbA1c Induzierte Insulinresistenz HCV und Diabetes Eine chronische Hepatitis C ist häufig mit einer Fettleber assoziiert. Vieles spricht dafür, dass das Virus auch die Insulinresistenz beeinflusst. Zertifizierungsfrage 4: Bei der Therapie des Typ-2-Diabetes gilt: A Üblicherweise Beginn mit Insulin B Üblicherweise Beginn mit Metformin C 2nd-Line gibt man immer Insulin D Insulin ist bei T2DM kontraindiziert E Die Wahl der Zweitlinientherapie nach Metformin wird ausschließlich anhand des Nebenwirkungsprofils getroffen Das Hepatitis-C-Virus (HCV) greift in den Kohlenhydratstoffwechsel ein, vermindert die Insulinsensitivität und begünstigt die Manifestation eines metabolischen Syndroms. Es fördert direkt und indirekt die Insulinresistenz in der Leber und anderen Organen. Die Replikation und Freisetzung der Viren führt außerdem zu einer Leberzellverfettung. Die Fettleber wirkt sich ungünstig auf die Prognose der Erkrankung, die Progression der Fibrose, das Ansprechen auf die antivirale Therapie und die Lebensqualität aus. Darüber hinaus führt die Virus-induzierte Insulinresistenz zu Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes, Hyperurikämie und Manifestation einer KHK, was die Prognose ebenfalls verschlechtert. PS Bitte vermerken Sie Ihre Antworten auf Seite 27 im Heft oder unter www.apotheken-depesche.de/cme. Kralj D et al.: Hepatitis C virus, insulin resistance, and steatosis. J Clin Transl Hepatol 2016; 4: 66-75 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160730 Wir haben auch eine aktuelle Analyse für Sie: Sie sollten unbedingt nach München kommen. Das Zuhause des Apothekenmarktes: expopharm 2016, 12. bis 15. Oktober, München. Informationen und Tickets finden Sie auf: www.expopharm.de SUCHT Pflaster, Tablette oder Kombi HEAD-TO-HEAD Tabakentwöhnung: egal womit! Pflaster vs. Tablette gegen Rauchen Um einen Menschen, der willig ist seine Zigarettensucht zu überwinden, medikamentös zu unterstützen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Drei wurden nun auf ihre Wirksamkeit untersucht: Es scheint egal zu sein, welche Strategie man verfolgt. Eigentlich untersuchte man in der Studie, wie sich Ovarialhormone bei Frauen auf die Effekte des Rauchens auswirken. Nebenbei konnte geklärt werden, ob sich Nikotinpflaster oder Vareniclin-Tabletten besser zur Raucherinnen-Entwöhnung eignen. 241 Personen erhielten vier Wochen lang ein Nikotinpflaster, 424 wurden mit VareniclinTabletten versorgt und 421 randomisierte man in die Kombigruppe mit Nikotinpflaster und Nikotin-Lutschpastillen. Alle hatten zuvor im Durchschnitt 17 Zigaretten pro Tag geraucht. Weder nach 26 noch nach 52 Wochen gab es einen Unterschied zwischen den drei Gruppen bezüglich der Abstinenzraten. Auch die Punktprävalenz der Abstinenz unterschied sich nach 26 und 52 Wochen nicht (52-Wochen-Daten: Nikotinpflaster 20,8%, Vareniclin 19,1%, Nikotinpflaster und Nikotin-Lutschpastillen 20,2%). Die Ergebnisse wurden nicht nur durch Selbstangaben von den Probanden erhoben, sondern zusätzlich durch Atemtests kontrolliert. Alle Optionen wurden gut vertragen. Vareniclin verursachte häufiger als Nikotinpflaster lebhafte Träume, Insomnie, Übelkeit, Verstopfung, Schläfrigkeit und Verdauungsprobleme. CB Baker TB et al.: Effects of nicotine patch vs varenicline vs combination nicotine replacement therapy ... JAMA 2016; 315(4): 371-9 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160436 KOMMENTAR Zuletzt erschien eine weitere Arbeit zum Thema „Rauchentwöhnung“ (siehe Artikel rechts „Entwarnung für Vareniclin?“: Hier untersuchte man ausschließlich Frauen und versuchte, diese mit vierwöchigem Vareniclin oder Nikotinpflaster zu entwöhnen. Mit Vareniclin funktionierte das signifikant besser. Bei Baker TB et al. waren Vareniclin und Pflaster gleich gut (oder gleich schlecht, wie man es betrachten möchte). Man kann die beiden Studien statistisch nicht direkt vergleichen, aber es fällt auf, dass das Nikotinpflaster bei Frauen (vier Wochen verwendet) wesentlich schlechter wirkte, während es in der Baker-Population (52% Frauen) über zwölf Wochen vergleichbar mit Vareniclin war. Ob der Unterschied in der Anwendungsdauer oder der Geschlechterverteilung begründet war, lässt sich nicht sagen. Redaktion Apotheken-Depesche 14 Apotheken-Depesche 4/2016 Womit entwöhnen Frauen besser? Die Studie wurde an Frauen zwischen 18 und 45 Jahren durchgeführt, die mindestens zehn Zigaretten pro Tag für mindestens sechs Monate geraucht hatten und willig waren, einen Rauchstopp-Versuch zu unternehmen. Die Frauen erhielten vier Wochen lang randomisiert entweder ein Nikotinpflaster und eine Plazebotablette (n=73) oder ein Plazebopflaster und eine Vareniclin-Tablette (n=67). Zwei Wochen nach Therapieabschluss waren 37,3% der Frauen mit Vareniclin rauchabstinent (versus nur 17,8% mit Nikotinpflaster). Die Chance auf einen kurzfristigen Erfolg war mit Vareniclin um 170% größer (OR 2,7; p=0,011). Auch die Raten an abstinenten Frauen nach einer und vier Wochen waren in der Vareniclin-Gruppe höher (44,8 vs. 20,6% und 22,4 vs. 9,6%). Nach Abschluss der gesamten Follow-up-Phase gab es allerdings nur noch einen numerischen, nicht signifikanten Vorteil für die Tabletten. Die häufigsten Nebenwirkungen waren gastrointestinaler Art, lebhafte Träume, Übelkeit und Insomnie. Ängstlichkeit und Depression kamen bei 10% der Nikotinpflaster-Frauen und bei 6% der Vareniclin-Einnehmenden vor; Suizidalität wurde keine beobachtet (mehr zum psychiatrischen Risiko von Vareniclin lesen Sie im untenstehenden Artikel). CB Gray KM et al.: An exploratory short-term doubleblind randomized ... Addiction 2015; 110: 1027-34 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160435 Tabakentwöhnung Entwarnung für Vareniclin? Die Fachinformationen zu Vareniclin (Indikation: Raucherentwöhnung) raten zur Vorsicht bei Patienten mit psychiatrischen Vorerkrankungen. Wie groß das Risiko tatsächlich ist, untersuchte man nun an der gesamten Bevölkerung Schwedens ... und fand vermehrt Gemütsschwankungen unter der Einnahme der Substanz. Es wurden die Gesundheitsdaten aller Schweden zwischen der Vareniclin-Markteinführung (2006) und Dezember 2009 gescreent, insgesamt 7,9 Mio. Personen über 15 Jahre. 69 000 wurden innerhalb dieses Zeitraumes mindestens zwölf Wochen lang mit Vareniclin behandelt (nach Rezepteinlösedaten). Man sah nach, ob es bei diesen Personen während der medikamentös unterstützten Rauchentwöhnung vermehrt zu neu aufgetretenen psychiatrischen Problemen gekommen war (z. B. suizidales Verhalten), oder auch zu mehr kriminellen Handlungen, Verkehrsunfällen oder Verkehrsdelikten. Als Vergleichsgruppe dienten jeweils die Vareniclin-einnehmenden Personen selbst, in Zeiten ohne Rauchentwöhnung. Man fand 337 000 neu gestellte psychiatrische Diagnosen, 507 000 vermutete und 338 000 tatsächlich begangene Verbrechen, 40 000 suizidale Ereignisse, 124 000 Unfälle und 99 000 vermutete bzw. 57 000 begangene Verkehrsdelikte. Die Einnahme von Vareniclin war dabei im intrapersonellen Vergleich nicht mit einer Erhöhung der genannten Ereignisse verbunden. Man fand lediglich eine Erhöhung des Risikos für Angststörung um 23% und für Gemütsschwankungen um 31%, allerdings nur bei Menschen, die eine vorbestehende psychiatrische Erkrankung aufwiesen. Die meisten Befürchtungen bzgl. psychiatrischer Nebenwirkungen einer Vareniclin-Therapie kann man den Autoren zufolge wohl als unbegründet betrachten. Der Hinweis auf eine erhöhte Achtsamkeit bei vorbestehenden mentalen Problemen, so wie in der Fachinformation gegeben, scheint gerechtfertigt zu sein. CB Molero Y et al.: Vareniclin and risk of psychiatric conditions, suicidal behaviour, criminal offending, and transport accidents and offenses: population based cohort study. BMJ 2015; 350: h2388 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160434 © GFI. Der Medizin-Verlag BERATUNGSGESPRÄCH Anzeige Die Kundenberatung im Juli Fuß- und Nagelpilz CHECKLISTE Mit effektiven Therapeutika die Compliance bei Tinea pedis und Onychomykosen stärken Foto: contrastwerkstatt – fotolia.com Pilzinfektionen der Füße und Nägel sind häufig – fast jeder Dritte in Deutschland ist davon betroffen. In der Selbstmedikation können spezielle Präparate von ratiopharm empfohlen werden. Wichtig dabei ist, dass die richtige Anwendung erklärt wird. Tipps zur Vermeidung von Rezidiven runden das Beratungsgespräch ab. Apothekerin: Guten Tag Frau Obermeier, was kann ich für Sie tun? Kundin (etwa 60 Jahre): Hier mein Rezept: ich brauche mal wieder meine Zuckertabletten. Und dann habe ich da noch so ein Problem: zwei meiner Fußnägel sind etwas dicker und gelblich verfärbt ... Der Arzt eben meinte, das sei Nagelpilz. (1) Apothekerin: Das ist gut möglich, Nagelpilz ist weit verbreitet. Besonders ältere Menschen mit bestimmten Grunderkrankungen wie beispielsweise Diabetes sind oft betroffen. (1) Kundin: Und wo holt man sich den Pilz? Apothekerin: Pilze gibt es überall, v. a. aber da, wo sich viele Menschen treffen, wie in Schwimmbädern oder Saunen. Sie können z. B. über feine Hautrisse eindringen. In der Regel kommt es zunächst zu einer Fußpilzinfektion. Daraus kann sich unbehandelt dann ein Nagelpilz entwickeln. Kundin: Das mit dem Fußpilz stimmt, das habe ich gelegentlich. Und was jetzt? Apothekerin: Ohne Therapie kann sich der Pilz weiter ausbreiten und den Nagel vollständig zerstören. Er kann auch auf andere Nägel übergreifen. Nicht zu vergessen das Ansteckungsrisiko für andere. Sie sollten die Infektion deshalb unbedingt behandeln. Ich empfehle Ihnen hierfür den Nagellack Amorolfinratiopharm® 5%. Damit geht es ganz einfach: Sie müssen den Lack nur einmal pro Woche auftragen. Kundin: Nagellack gegen Pilz? Apothekerin: Ja, der Nagellack enthält ein Antipilzmittel, das nach dem Auftragen aus dem Lack in den Nagel übertritt und die Pilze abtötet. (2) Kundin: Und wie wende ich den Lack an? Apothekerin: Zunächst bereiten Sie den betroffenen Nagel vor: Dazu feilen Sie die infizierten Anteile des Nagels einschließlich der Nageloberfläche vor der ersten Anwendung möglichst gut mit den mitgelieferten Nagelfeilen ab. Danach reinigen Sie den Nagel mit einem ebenfalls in der Packung vorhandenen Alkoholtupfer. Erst jetzt tragen Sie den Lack mit dem Spatel gleichmäßig auf den Nagel auf. Den Lack dabei nicht am Ende des Flaschenhalses abstreifen. In etwa drei Minuten ist der Nagellack trocken. Den Spatel anschließend sorgfältig reinigen – am besten mit dem Alkoholtupfer, den Sie zur Nagelreinigung verwendet haben. So können Sie ihn wieder benutzen. Kundin: Ich denke, das bekomme ich hin. Apothekerin: Das sollten Sie noch wissen: Nagelpilz ist hartnäckig. Die Behandlung ist erst abgeschlossen, wenn ein vollständig gesunder Nagel nachgewachsen ist. Weil Zehennägel langsam wachsen, dauert die Therapie insgesamt etwa neun Monate bis ein Jahr. Kundin: Das ist nicht schön. Aber das schaffe ich! Was kann ich gegen den Fußpilz tun? Apothekerin: Auch hier gibt es etwas von ratiopharm: Die Fungizid-ratiopharm® Extra Creme mit dem Wirkstoff Terbinafin. Kundin: Ist die Behandlung auch so aufwändig wie beim Nagelpilz? (1) Pilzinfektionen von Füßen und Nägeln • Erreger: Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze • Symptome Nagelpilz: Glanzlosigkeit des Nagels, Verfärbungen und Verdickungen der Nagelplatte • Symptome Fußpilz: Schuppung, Rötung der Haut insbesondere in den Zehenzwischenräumen, Juckreiz und Brennen, ggf. offene und nässende Stellen • Ein erhöhtes Risiko haben u.a. Sportler, Reisende, Ältere, Menschen mit bestimmten Grunderkrankungen (z. B. Diabetes) sowie mit Gefäß- und Durchblutungsstörungen (2) Therapie mit Amorolfin-Nagellack • Amorolfin ist wirksam gegen Hefen, Dermatophyten und Schimmelpilze • Die Selbstmedikation ist nur dann sinnvoll, wenn nicht mehr als zwei Nägel befallen sind und jeweils nicht der ganze Nagel betroffen ist (nur distaler und lateraler Befall) (3) Therapie mit Terbinafin-Creme • Das Wirkspektrum von Terbinafin umfasst die wichtigsten Erreger von Tinea pedis • Bei einmal täglicher Anwendung reicht meist eine Therapiedauer von ein bis zwei Wochen aus (4) Prävention Regelmäßige Fußpflege und Kontrolle der Füße • Regelmäßiges Eincremen der Füße und Vermeiden von Hautrissen • Sorgfältiges Abtrocknen der Zehenzwischenräume • Tragen atmungsaktiver Schuhe und Strümpfe • Apothekerin: Nein, nein! Hier genügt es, wenn Sie die Creme über ein bis zwei Wochen einmal täglich auftragen. Dabei insbesondere die Zehenzwischenräume eincremen. (3) Kundin: Das klingt wirklich einfach! Apothekerin: Damit das erst gar nicht nötig ist, sollten Sie Ihre Füße immer gut abtrocknen, regelmäßig eincremen und am besten von einem Fußpfleger regelmäßig kontrollieren lassen. (4) Kundin: Vielen Dank für die gute Beratung! Amorolfin-ratiopharm® 5 % wirkstoffhaltiger Nagellack Wirkstoff: Amorolfinhydrochlorid. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: 1 ml enth. 55,74 mg Amorolfinhydrochlorid (entspr. 50 mg Amorolfin). Sonst. Bestandt.: Ethanol. Ethylacetat, Ammoniumethacrylat-Copolymer (Typ A) (Ph. Eur.), Butylacetat, Triacetin. Anwendungsgebiete: Nagelmykosen (insbes. im distalen Bereich mit einem Befall unter 80 % der Nageloberfläche), verursacht durch Dermatophyten und Hefen. Gegenanzeigen: Pat., die auf die Behandl. überempfindlich reagiert haben. Nebenwirkungen: Nagelerkrank., Nagelverfärbung, Onychoklasie, Brennendes Gefühl der Haut, Pruritus, Bläschenbildung und Erytheme im periungualen Bereich. Dosierung: Erw.: Ein- od. zweimal pro Wo. auf die befallenen Finger- od. Fußnägel auftragen.. Apothekenpflichtig. Stand: 9/13. Fungizid-ratiopharm® Extra 10 mg/g Creme Wirkstoff: Terbinafinhydrochlorid. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: 1 g Creme enthält 10 mg Terbinafinhydrochlorid. Sonst. Bestandt.: Natriumhydroxid, Benzylalkohol, Sorbitanstearat, Cetylpalmitat, Cetylalkohol, Cetylstearylalkohol, Polysorbat 60, Isopropylmyristat, Gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Pilzinfektionen der Haut, die durch Dermatophyten wie Trichophyton (z. B. T. rubrum, T. mentagrophytes, T. verrucosum, T. violaceum), Microsporum canis und Epidermophyton floccosum verursacht werden. Hefeinfektionen der Haut, hauptsächl. jene, die durch die Gattung Candida (z. B. Candida albicans) verursacht werden. Pityriasis (Tinea) versicolor, verursacht durch Pityrosporum orbiculare (Malassezia furfur). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. Terbinafin od. einen der sonst. Bestandt. Warnhinw.: Dieses AM enth. Cetylalkohol und Cetylstearylalkohol. Schwangerschaft/Stillzeit: Nur anwenden, wenn es unbedingt erforderlich ist. Nebenwirkungen: Allergische Reaktionen wie Pruritus, Hautausschlag, bullöse Dermatitis und Urtikaria. Augenreizungen. Schuppende Haut, Pruritus, Hautläsionen, Schorf, Hauterkrank., Pigmentstör., Erythem, Brennen, trockene Haut, Kontaktdermatitis, Ekzem, Hautausschlag. Schmerzen, Schmerzen an der Applikationsstelle, Reizungen an der Applikationsstelle, Verschlechterung der Erkrank. Dosierung: Erw. und Jugendl. über 12 J.: Tinea pedis/Tinea cruris und Tinea corporis: einmal tgl. für eine Wo. Candidose der Haut: einmal tgl. für 1 - 2 Wo. Pityriasis versicolor: ein- od. zweimal tgl. für 2 Wo. Stand: 11/12 GYNÄKOLOGIE FORSCHUNG + ENTWICKLUNG Hormonelle Kontrazeptiva IL-35 macht Tumore angreifbar Die Reduktion von Treg-Zellen fördert die Abstoßung von Tumoren, ist wegen der autoimmunen Folgen aber nur begrenzt umsetzbar. Nun gelang es Forschern an Mäusen, die Treg-Zellaktivität direkt am Tumor zu begrenzen. Eine Neutralisation der IL-35-Produktion durch spezifische Antikörper oder durch eine Treg-Zell-spezifische Deletion reduzierte das Tumorwachstum. Treg-Zell-abgeleitetes IL-35 förderte zudem die Expression inhibitorischer Rezeptoren, darunter PD1, TIM3 und LAG3. Turnis ME et al.: Immunity 2016; 44(2): 316-29 Bakterielle Impfung gegen Stress Bei psychosozialem Stress gerät die mikrobielle Darmflora oft aus dem Gleichgewicht, wodurch Entzündungsreaktionen verstärkt werden können. Eine wiederholte Impfung mit abgetöteten Mycobacterium vaccae reduzierte in Mäusen typische Stress-bedingte Verhaltensreaktionen. Die Impfung hatte eine anxiolytische Wirkung auf die Tiere, reduzierte das spontane Auftreten einer Stress-bedingten Kolitis und verhinderte bei Mäusen mit bestehender entzündlicher Darmerkrankung eine Verschlechterung ihres Zustandes. Reber SO et al.: Proc Natl Acad Sci U S A 2016; 113(22): E3130-9 Ultraschall therapiert Alzheimer Typisch für Alzheimer ist die Ablagerung von Amyloid-b (Ab) im Gehirn. Nun gelang es Forschern an Mäusen mit Alzheimer, die AbPlaques durch wiederholte Ultraschallbehandlungen zu entfernen. Begleiterkrankungen oder sichtbare Schäden traten nicht auf. Nach der Ultraschallbehandlung zeigten die Mäuse verbesserte Ergebnisse in drei Gedächtnistests. Leinenga G, Götz J: Sci Transl Med 2015; 7(278): 278ra33 Vit. D wirkt direkt auf T-Zellen 38 Erwachsene mit Vitamin-D-Mangel und unbehandelter Prä- oder Grad-I-Hypertonie erhielten sechs Monate lang tgl. 400 oder 4000 IU Vitamin D3. Unter hochdosiertem Vit. D verringerte sich die intrazelluläre Freisetzung von CD4+ und ATP um 95,5 ng/ml, unter niedrig-dosiertem Vit. D dagegen nur um 0,5 ng/ml (OR 3,42; 95%KI 1,06 - 1,11). Folglich nimmt Vitamin D3 direkten Einfluss auf die T-Zell-vermittelte Immunität. Konijeti GG et al.: J Clin Endocrinol Metab 2016; 101(2): 533-8 16 Apotheken-Depesche 4/2016 Unterschiedliches Schmerzempfinden Die Gestagenkomponente in den hormonellen Kontrazeptiva kann die Schmerzempfindlichkeit von Frauen verändern, so das Ergebnis einer aktuellen Studie. 277 gesunde Frauen unterzogen sich einem standardisierten Test zur Bestimmung der individuellen Schmerzschwelle: Mit einem kleinen Gummistempel wurde steigender Druck auf den Unterarm und die Bauchdecke im Bereich des Uterus ausgeübt. Die Probandinnen gaben in drei Testreihen an, ab wann sie den Druck als schmerzhaft empfanden. Blut- und Urinuntersuchungen gaben Aufschluss über die Zyklusphase und die Serumspiegel von Estradiol, Progesteron und freiem Testosteron. 89 Frauen verwendeten keine hormonhaltigen Verhütungsmittel, 89 ausschließlich gestagenhaltige und 99 kombinierte Hormonpräparate. Keine Unterschiede in der Höhe der Schmerzschwelle fanden sich zwischen den drei Zyklus- phasen oder den gemessenen Hormonwerten. Eine höhere Schmerztoleranz zeigten jedoch die Anwenderinnen reiner Gestagenpräparate – sowohl im Vergleich zu Frauen, die nicht hormonell verhüteten, als auch zu denen, die kombinierte Kontrazeptiva benützten. Sowohl Etonogestrel als subkutanes Implantat und als Bestandteil des Vaginalrings (mit Ethinylestradiol), als auch das Levonorgestrel-freisetzende IUD senkten die Schmerzempfindlichkeit. Beim IUD war die Wirkung allerdings lokal auf den Unterleib beschränkt. DMPA-Injektionen oder orales Desogestrel zeigten keinen signifikanten Effekt. CW Máximo MM et al.: Low-dose progestin-releasing contraceptives are ass. with a higher pain threshold in healthy women. Fertil Steril 2015; 104: 1182-9 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160535 Simulation zur Familienplanung Wann für wie viele Kinder starten? In Europa wünschen sich junge Menschen im Schnitt 2,2 Kinder. Der Terminus „fertility gap“ (Fertilitäts-Lücke) bezeichnet, um wie viele Kinder die tatsächlich im Leben erreichte Anzahl von der initial gewünschten abweicht (in Deutschland 0,28). Nun berechnete man anhand einer aufwändigen Simulation, in welchem Alter ein Paar mit dem Kinderkriegen anfangen sollte, um auf die gewünschte Kinderzahl zu kommen. In die Computersimulation gaben die Autoren alle zum Thema „Familienplanung“ bekannten Daten ein: z. B. monatliche Konzeptionswahrscheinlichkeit bei nicht-verhütenden Paaren, Fehlgeburtsrisiko, Menopausenalter, IVF-Erfolgsdaten und sozioökonomische Faktoren. Anhand dieser Rahmenbedingungen wurde dann eine Kohorte von 10 000 Paaren im Computer durchgerechnet und ermittelt, mit welchem Alter ein Paar mit seinen Konzeptionsbemühungen beginnen sollte, um mit einer gegebenen Wahrscheinlichkeit die geplante Kinderzahl zu erreichen. Dabei wurde auch unterschieden, ob ein Paar bereit war, IVF-Methoden einzusetzen oder nicht. Paare, die mit einer 90%igen Wahrscheinlichkeit eine Ein-Kind-Familie erlangen möchten und IVF in Betracht ziehen, sollten mit dem verhütungslosen Sex beginnen, wenn die Frau 35 Jahre oder jünger ist. Soll die Familie zwei Kinder haben, beträgt das empfohlene Start-Alter 31 Jahre, bei drei Kindern 28 Jahre. Lehnt das Paar IVF-Techniken ab, liegt das empfohlene Alter der Frau bei 32, 27 bzw. 23 Jahren (1-, 2- bzw. 3Kind-Familie). Akzeptiert man eine „Erfolgswahrscheinlichkeit“ für die gewünschte Kinderzahl von 75% oder weniger, kann man sich mit dem Absetzen der Verhütung noch vier bis elf Jahre länger Zeit lassen. CB Habbema JDF et al.: Realizing a desired family size: when should couples start? Hum Reprod 2015; 30(9): 2215-21 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160671 KOMMENTAR Für eine grobe Einschätzung mögen diese simulierten Erkenntnisse ausreichen. Im Einzelfall sollten sie allerdings nicht überbewertet werden – dazu haftet dem Modell eine zu große Unsicherheit an, z. B. bewertet es das Alter der Männer nicht und spiegelt die steigenden Erfolgsquoten der IVF nicht ausreichend wider. Redaktion Apotheken-Depesche © GFI. Der Medizin-Verlag BERATUNGSGESPRÄCH Therapie von Wechseljahresbeschwerden Innovatives Estradiol-Spray richtig anwenden Klimakterische Beschwerden können die Lebensqualität der betroffenen Frauen erheblich einschränken. In diesen Fällen kann eine Hormonersatztherapie sinnvoll sein. Seit Anfang Juni steht dafür erstmals ein Estradiol-Spray* zur Verfügung. Apotheken sollten die Anwenderinnen auf die korrekte Anwendung hinweisen. Praktische Tipps runden das Beratungsgespräch ab. BERATUNGSWISSEN Hier finden Sie wichtiges Fachwissen – diesmal zum Thema Wechseljahresbeschwerden. So sind Sie fit für das nächste Beratungsgespräch. (1) Klimakterische Beschwerden Hitzewallungen, Schweißausbrüche Schlafstörungen Apothekerin: Hallo Frau Langenhorst. Wie geht es Ihnen? Kundin (55 Jahre): Naja, im Moment eher mäßig, diese Wechseljahre machen mich richtig fertig ... auf der Haut trocknen. Bitte verreiben Sie das Spray nicht! Kundin: Alles klar. Muss ich denn sonst noch etwas beachten? Apothekerin: Ja, in den 60 Minuten nach der Apothekerin: Das kann ich mir gut vorstellen. Anwendung des Sprays sollten Sie die Stelle Viele Frauen leiden in dieser Zeit unter Hitze- nicht waschen, und der Bereich sollte nicht von wallungen oder Schweißausbrüchen und schla- anderen Personen berührt werden. Auch Haustiere sollten in dieser Zeit nicht mit der Stelle in fen schlecht. Kundin: Stimmt! An manchen Tagen kann ich Berührung kommen. Das können Sie einfach sicherstellen, indem Sie die Stelle kaum arbeiten. Meine Frauenbeispielsweise mit Kleidung abärztin hat mir deshalb heute Eine Hormondecken. Am besten wenden Sie etwas verschrieben. Damit soll ersatztherapie kann das Spray immer zur gleichen es besser werden (reicht der belastende WechselZeit an, dann ist auch die Gefahr Apothekerin das Rezept) ... jahresbeschwerden geringer, dass man die Anweneffektiv lindern dung an manchen Tagen vergisst. Apothekerin: Die Ärztin hat Kundin: Ja, das ist ein guter Ihnen ein Östrogen- und ein Punkt. Gestagenpräparat verordnet. Das gleicht den mit den Wechseljahren verbundenen zu niedrigen Hormonspiegel aus und lin- Apothekerin: Eine Hormontherapie zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden bedert Ihre Beschwerden. steht bei Frauen mit Gebärmutter in der Regel Kundin: Das klingt gut! aus einer Kombination aus Östrogen und GestaApothekerin: Ihre Frauenärztin hat für Sie ein gen. Mit dem Östrogen kennen Sie sich ja jetzt innovatives Östrogen-Präparat ausgewählt: Das aus. Das Gestagen ist in den Tabletten hier entHormon wird in Form eines Sprays angewen- halten (reicht der Kundin das Präparat). Davon nehmen Sie – wenn Ihre Ärztin nichts anderes det. verordnet hat – jeden Tag, mindestens aber an Kundin: Und wie funktioniert das? zwölf bis 14 aufeinanderfolgenden Tagen pro Apothekerin: Nach der Anwendung des Sprays Monat eine Tablette ein. dringt das Hormon in die Haut ein und bildet Kundin: Alles klar. Muss ich sonst noch etwas dort ein Depot aus. Aus dem Depot wird das wissen? Östrogen – in diesem Fall das natürlich wirkende Hormon Estradiol – sehr gleichmäßig in Apothekerin: Während der Hormontherapie sollten Sie die regelmäßigen Kontrolltermine bei die Blutbahn aufgenommen. Ihrer Frauenärztin nicht versäumen. Sie wird mit Kundin: Und wie wende ich das Spray an? Ihnen auch besprechen, wann die Therapie wieApothekerin: Bereiten Sie zuerst das Pump- der abgesetzt werden kann. spray vor, indem Sie dreimal in den Deckel sprü- Kundin: Das mache ich. Vielen Dank für die hen. Setzen Sie das Spray auf die Innenseite des gute Beratung. MW Unterarms auf. Achten Sie dabei darauf, dass die Haut trocken ist. Halten Sie das Spray aufrecht *Estradiol Spray: Lenzetto® und geben Sie einen Sprühstoß ab. Anschließend Mit freundlicher Unterstützung der Firma Gedeon lassen Sie die Lösung mindestens zwei Minuten Richter, Köln » « Stimmungsschwankungen Symptome, die mit der Atrophie der Vaginalschleimhaut assoziiert sind (2) Hormonersatztherapie (HRT) Indikation: Östrogen-Mangelsymptome bei Frauen nach der Menopause, die die Lebensqualität beeinträchtigen Kontraindikationen u. a.: Brustkrebs, andere östrogenabhängige Tumoren, nicht abgeklärte Blutungen im Genitalbereich, unbehandelte Endometriumhyperplasie oder thromboembolische Erkrankungen (3) Transdermales Estradiol Spray Lenzetto® ist das erste transdermale Estradiol-Spray für die HRT in Deutschland (1 Sprühstoß entspricht 1,53 mg Estradiol) In einer Studie konnte im Vergleich zu Placebo eine signifikante Abnahme von moderaten bis schweren Hitzewallungen gezeigt werden (Buster et al., 2008) (4) Anwendung Auf die trockene Haut des Unterarms sprühen (Tageshöchstdosis: 3 Sprühstöße) Nach dem Aufsprühen etwa 2 min trocknen lassen und das Areal in den 60 min nach der Anwendung nicht waschen. Andere Personen sollten die Hautstelle eine Stunde nach der Anwendung nicht berühren Eine Anwendung auf der Haut des Oberschenkels (Innenseite) ist vergleichbar wirksam; nicht auf der Brust anwenden Bei extremen Temperaturverhältnissen – z. B. Sonnenbaden oder Sauna das Spray mit Vorsicht anwenden Sonnencreme mit einer Stunde Abstand (davor und danach) zur Anwendung des Sprays auftragen Apotheken-Depesche 4/2016 17 GYNÄKOLOGIE Immer noch 2,6 Millionen Totgeburten pro Jahr – und Deutschland auf Platz 12 2011 hatte eine Lancet-Artikelserie zum Thema Totgeburten für viel Aufsehen gesorgt. Ein internationales Expertengremium forderte damals umfangreiche Maßnahmenbündel, um die Zahl der Totgeburten weltweit zu senken. Ein Update zeigt: Noch immer ist der Handlungsbedarf groß – auch in den Industrienationen. In der 2016 erschienenen Artikelserie sammelten mehrere Studiengruppen aktuelle Daten aus 157 Ländern. Ihr Ergebnis: Nach wie vor wird der Reduktion von Totgeburten global zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Während die Todesraten von Müttern und von Kindern bis zum fünften Lebensjahr seit 1990 halbiert wurden und weiterhin sinken, stagniert die Zahl der Totgeburten seit einigen Jahren: Weltweit sterben 2,6 Millionen Kinder jährlich vor der Geburt. Das entspricht 18,4 pro 1000 Geburten. Als Totgeburten gelten nach WHO-Definition Neugeborene ohne Lebenszeichen, die mehr als 1000 Gramm wiegen oder nach der vollendeten 28. SSW geboren werden. Dabei wird das Gestationsalter als aussagefähigstes Kriterium angesehen. In Deutschland ist dagegen das Geburtsgewicht ausschlaggebend: Hier spricht man von einer Totgeburt, wenn ein mindestens 500 Gramm schweres Kind bei der Geburt kein Lebenszeichen zeigt. WHO-Ziel erreicht, aber reicht uns das wirklich? Mitte 2014 wurde auf Initiative der WHO der „Every Newborn Action Plan“ verabschiedet. Ziel dieses Aktionsplans ist es unter anderem, die Totgeburtenrate bis zum Jahr 2030 in allen Ländern auf höchstens zwölf pro 1000 Geburten zu senken. Geschafft haben dies bislang 94 Länder. 98% aller Totgeburten ereignen sich in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen, drei Viertel in Afrika südlich der Sahara und Südasien. Allein in den drei Ländern mit den meisten Totgeburten – Indien, Nigeria und Pakistan – starben 2015 fast 1,2 Millionen Ungeborene im dritten Trimenon. Vermeidbare Risikofaktoren Ein großer Teil aller Totgeburten wäre vermeidbar. Etwa ein Zehntel aller Fälle weltweit, so schätzen die Experten, ist die Folge von maternalem Übergewicht, Hypertonie und/oder Diabetes. Viele dieser Todesfälle könnten durch 18 Apotheken-Depesche 4/2016 eine frühzeitige Diagnose und adäquate pränatale Versorgung verhindert werden. Auch Rauchen während der Schwangerschaft gehört zu den Risikofaktoren, die durch bessere Aufklärung der Mütter beeinflusst werden können. Insgesamt trägt Nikotin aber nur zu knapp 2% aller Totgeburten bei. 6,7% aller Totgeburten schreiben die Autoren einem höheren Alter der Mutter zu (über 35 Jahre). In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara geht jede fünfte Totgeburt auf das Konto einer Malaria-Erkrankung; 7,7% weltweit stehen in Zusammenhang mit Syphilis. HIVInfektionen werden dagegen nur für 0,7% der Totgeburten verantwortlich gemacht. Deutschland nur auf Platz 12 In einer separaten Analyse untersuchte eine Studiengruppe die Situation in 49 einkommensstarken Ländern. Zwar lag hier die Rate insgesamt mit 3,5 totgeborenen Kindern pro 1000 Entbindungen deutlich niedriger als im weltweiten Durchschnitt. Doch war die Schwankungsbreite hoch: Während in Island nur 1,3 Todesfälle (nach der 28. SSW) auf 1000 Geburten kamen, waren es in der Ukraine 8,8. Sechs Länder, darunter Finnland, Dänemark und die Niederlande, erreichten 2015 eine Quote von 2,0‰ oder niedriger. Mit einer Quote von 2,4‰ rangierte Deutschland auf Platz zwölf, hinter z. B. Kroatien, Portugal und Polen. Unabhängig von nationalen Unterschieden bei der Klassifikation zählen Plazentaprobleme mit einem Anteil von 40% zu den häufigsten Ursachen von Totgeburten. Welche Rolle andere Faktoren spielen, variiert dagegen beträchtlich. Von Bedeutung scheinen in erster Linie angeborene Fehlbildungen (6-27%), Infektionen (5-22%), spontane Frühgeburt und vorzeitiger Blasensprung (1-15%). Der Anteil ungeklärter Totgeburten ist jedoch noch immer hoch. Etwa 20 bis 30% gehen selbst in den einkommensstarken Ländern auf Versorgungsmängel zurück, schätzen die Autoren. Auffällig erscheinen auch sozioökonomische Unterschiede innerhalb der Länder: Bei Frauen mit Migrationshintergrund, niedriger Schulbildung und/oder geringem Einkommen liegt die Totgeburtenrate doppelt so hoch wie in der „privilegierteren“ Bevölkerungsschicht. Für stark verbesserungsfähig halten die Experten außerdem die Unterstützung betroffener Familien nach einer Totgeburt und die öffentliche Wahrnehmung. Stigmatisierung und Fatalismus seien nach wie vor weit verbreitet und verstärkten das Trauma des Verlusts. Von rund 3500 befragten Eltern totgeborener Kinder fühlten sich nur 31,5% angemessen betreut. Die empfohlenen Interventionen zur Reduktion von Risikofaktoren beginnen bereits vor der Konzeption. Modellrechnungen zeigen, dass eine Verringerung des durchschnittlichen präkonzeptionellen BMI um 10% das Totgeburtsrisiko ebenfalls um 10% senkt. CW Frøen JF et al.: Stillbirths: progress and unfinished business. Lancet 2016; 387: 574-86; Lawn JE et al.: Stillbirths: rates, risk factors, and acceleration towards 2030. Ebd. 587-603 ; Flenady V et al.: Stillbirths: recall to action in high-income countries. Ebd. 691702 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160466 Frage 5: Risikofaktor ist NICHT: A Mütterliches Übergewicht B Erhöhte Aufmerksamkeit C Mütterlicher Hypertonus D Rauchen E Syphilis Frage 6: Ursache einer Totgeburt sind in der Regel NICHT: A Plazenta-Pathologien B Angeborene Fehlbildungen C Infektionen D Spontane Frühgeburt E In Industrienationen ein höherer Bildungsabschluss der Schwangeren Bitte vermerken Sie Ihre Antworten auf Seite 27 im Heft oder unter www.apotheken-depesche.de/cme. © GFI. Der Medizin-Verlag Foto: abendblatt.de - Juergen Joost/ZGBZGH Häufig vermeidbare Komplikationen GYNÄKOLOGIE Ohrentropfen Schwangerschaftsabbruch Unter Antidepressiva wahrscheinlicher Einige Studien weisen darauf hin, dass SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) teratogen wirken können. Ob sie auch die Rate später Schwangerschaftsabbrüche erhöhen, untersuchten skandinavische Wissenschaftler. Aus nationalen Patientenregistern in Dänemark, Norwegen und Finnland gingen die Daten von fast 15 000 Frauen hervor, die in den Jahren 1996 bis 2007 einen Schwangerschaftsabbruch in der 12. bis 23. SSW vornehmen ließen. Grund für die Termination waren bei 40% fetale Missbildungen, beim Rest ein schlechter Gesundheitszustand der Mutter oder sozioökonomische Gründe. Als Kontrollgruppe dienten ebenso viele Frauen gleichen Alters und gleicher Parität, deren Schwangerschaft länger als bis zur 24. SSW bestand. 3,7% der Fälle und 2,2% der Kontrollen hatten während der Schwangerschaft und bis zu drei Monate davor mindestens ein Rezept für Antidepressiva eingelöst – meist für SSRI. Insgesamt erhöhte die Einnahme eines Antidepressivums die Wahrscheinlichkeit eines Abbruchs um 70%. In den Einzelauswertungen stieg das Risiko unter Venlafaxin am stärksten, nämlich auf das Dreifache. Allerdings galten diese Assoziationen für SSRI, trizyklische Antidepressiva und die meisten anderen Substanzen nur bei medizinischer und sozialer Indikation – nicht aber bei einer embryopathischen. Lediglich bei Frauen, die Mirtazapin erhalten hatten, verdoppelte sich die Abruptiorate aufgrund fetaler Anomalien. Eine leichte Erhöhung war auch in der Gruppe der „weiteren Antidepressiva“ zu beobachten (z. B. Mianserin, Trazodon, Duloxetin). Die Studienautoren spekulieren, dass Schwangere allein aus Angst vor einer Fruchtschädigung durch Antidepressiva einen Abbruch wünschen. Aber auch die Erkrankung selbst könnte die Entscheidung beeinflussen. CW Kieler H et al.: Use of antidepressants ... BJOG 2015; 122: 1618-24 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160027 Neueste Studienergebnisse tagesaktuell per E-Mail Jetzt registrieren: www.apotheken-depesche.de/newsletter Stoppt Schmerz und Entzündung direkt vor Ort Kein vorschneller Einsatz von Antibiotika Unkomplizierte Blasenentzündung Ibuprofen statt Antibiotikum? Trotz zunehmender Resistenzbildung des Haupterregers E. coli werden in vielen Leitlinien nach wie vor Antibiotika zur First-line-Therapie von unkomplizierten Blasenentzündungen empfohlen. Könnte Ibuprofen eine sinnvolle Alternative sein? An 42 norddeutschen Allgemeinarztpraxen erhielten jeweils knapp 250 Frauen mit Symptomen einer unkomplizierten Blasenentzündung randomisiert entweder drei Tage lang 1× tgl. 3 g Fosfomycin oder 3× tgl. 400 mg Ibuprofen (zusammen mit einem jeweils entsprechenden Plazebo). Bei Persistenz, Verschlechterung oder Wiederkehr der Symptome (Dysurie, häufige oder dringende Miktion, abdominale Schmerzen) wurden zusätzlich Antibiotika gegeben. Bei zwei Drittel der Patientinnen verschwand die Blasenentzündung unter Ibuprofen ohne weitere Antibiotika innerhalb von 28 Tagen. Zwar benötigten mehr Frauen unter Ibuprofen zusätzliche Antibiotika als unter Fosfomycin (34 vs. 14%), doch fiel der gesamte Antibiotikabedarf unter Ibuprofen um ca. 65% geringer aus Hilft Ohrenschmerzen schnell zu vergessen! (p<0,001). Allerdings hielten die Symptome in der Ibuprofen-Gruppe einen Tag länger an als in der Fosfomycin-Gruppe. Nach vier Tagen waren 56% der mit Fosfomycin behandelten Frauen symptomfrei, unter Ibuprofen nur 39% (p<0,001); nach sieben Tagen waren es 82 bzw. 70%. Zudem traten in der Ibuprofen-Gruppe fünf Fälle von Pyelonephritis auf (versus ein Fall unter Fosfomycin). Folglich erwies sich keine Nicht-Unterlegenheit für Ibuprofen gegenüber Fosfomycin als First-line-Therapie. Ibuprofen könnte allerdings eine Option für Frauen mit nur leichten bis mittelstarken Symptomen sein. OH Gágyor I et al.: Ibuprofen versus fosfomycin for uncomplicated urinary tract infection in women: randomised controlled trial. BMJ 2015; 351: h6544 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160372 Apotheken-Depesche 4/2016 19 pH-Verschiebung in den sauren Bereich gewährleistet antimikrobielle Wirkung Ohrentropfen Zus.: 1 g Lösung enthält 50 mg Phenazon, 10 mg Procainhydrochlorid. Sonst. Bestandteile: Butylhydroxyanisol 0,1 mg, Glycerol 939,9 mg. Anw.: Zur örtlichen symptomatischen Behandlung von Schmerzen am äußeren Gehörgang, d. h. bei äußeren Ohrenentzündungen sowie bei akuter Mittelohrentzündung. Die Anwendung darf nur bei unverletztem Trommelfell erfolgen. Gegenanz.: Pyrazolon-Allergie (Überempfindlichkeit z.B. gegen Metamizol-, Isopropylaminophenazon-, Propyphenazon- oder Phenazonhaltige Arzneimittel), Allergie gegen Phenylbutazon-haltige Arzneimittel, bestimmte Stoffwechselerkrankungen (hepatische Porphyrie, angeborener Glucose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel), bekannte Überempfindlichkeit gegenüber einem der Bestandteile von Otalgan, beschädigtes Trommelfell, Gehörgangsentzündung mit Hautverletzung. Nebenwirk.: Otalgan kann in sehr seltenen Fällen zu Überempfindlichkeitsreaktionen wie Hautveränderungen oder Nesselfieber führen. Butylhydroxyanisol kann örtlich begrenzt Hautreizungen (z.B. Kontaktdermatitis), Reizungen der Augen und der Schleimhäute hervorrufen. 10 g. Zul.Nr.: 6236688.00.00 Stand 08/2015 Südmedica GmbH, Ehrwalderstr. 21, 81377 München. PTA-Depesche Schwangere umfassend beraten Viele Schwangere sind unsicher, ob sie zusätzlich zu ihrer gesunden Ernährung Supplemente einnehmen sollen. Wir haben für Sie die wichtigsten Aspekte zum Thema Vitamine und Mineralstoffe in der Schwangerschaft zusammengestellt. So sind Sie fit für das nächste Beratungsgespräch. Eine besonders wichtige Rolle für die Gesundheit des Kindes spielt Folsäure: Bei ausreichend hohen Spiegeln kann das Risiko eines Neuralrohrdefekts um bis zu 75% gesenkt werden kann. Zudem sinkt die Häufigkeit von angeborenen Herzfehlern, Fehlbildungen der ableitenden Harnwege sowie von Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten. Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, sollten deswegen täglich mindestens 400 µg Folsäure einnehmen. Die Supplementierung sollte spätestens vier Wochen vor der Schwangerschaft beginnen und bis zum Ende des ersten Trimenons oder länger beibehalten werden. Grund für den frühen Einnahmebeginn: Das Neuralrohr schließt sich bereits in der Frühschwangerschaft, es dauert aber rund sechs Wochen, bis ein ausreichend hoher Folatspiegel erreicht wird. Manche Menschen können genetisch bedingt Folsäure nur in geringer Menge in deren Wirkform umwandeln. Sicherheitshalber sollten Frauen direkt den biologisch aktiven Metaboliten Metafolin supplementieren. Erhöhten Jodbedarf decken In der Schwangerschaft steigt der Jod-Bedarf um etwa 15%, doch die meisten Frauen sind bereits vor der Schwangerschaft nicht optimal versorgt. Deshalb besteht in der Schwangerschaft ein relevantes Defizit, das allein durch Seefisch und Jodsalz nicht zu beheben ist. Eine inadäquate Jodzufuhr kann zu Störungen der Schilddrüsenfunktion bei Mutter und Kind führen. In der Schwangerschaft steigt das Risiko für Fehlgeburten und -bildungen. Zusätzlich können das Wachstum, die Knochenreifung und die Gehirnentwicklung beeinträchtigt werden. Fachgesellschaften empfehlen schwangeren und stillenden Frauen, 100-150 µg Jod pro Tag zu supplementieren. 20 Apotheken-Depesche 4/2016 Eisen nur bei Mangel geben Während der Schwangerschaft steigt der Eisenbedarf beträchtlich. Von Eisenmangel und der Eisenmangelanämie sind etwa 48% bzw. 9% der Schwangeren betroffen. Ist der HämoglobinWert zu niedrig, besteht die Gefahr einer Unterversorgung des Kindes mit Sauerstoff. Die Folgen können Entwicklungsverzögerungen, geringeres Geburtsgewicht und Geburtskomplikationen sein. Trotzdem empfehlen die Fachgesellschaften keine generelle Supplementierung mit Eisen. Denn auch ein Zuviel kann schädlich sein. Im Rahmen der Schwangeren-Vorsorge wird der Hämoglobinspiegel regelmäßig bestimmt. Ab einem Wert unter 11,0g/dl verordnen Gynäkologen in der Regel ein Eisen-Präparat. EPA und DHA im Fokus Omega-3-Fettsäuren sind während der Schwangerschaft insbesondere für die Entwicklung von Gehirn und Sehvermögen des Kindes unentbehrlich. Vor allem Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) sind hier von Bedeutung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Schwangeren, durchschnittlich mindestens 200 mg Docosa- hexaensäure pro Tag aufzunehmen – vorzugsweise aus zwei Portionen fettem Meeresfisch pro Woche. Da nicht alle Schwangeren zweimal in der Woche Fisch essen wollen, können entsprechende Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein. Ernährung für die Vitamin-D-Versorgung unwichtig Vitamin D ist vor allem für die Knochengesundheit, das Immunsystem und die Funktion der Plazenta wichtig. Die Vitamin-D-Versorgung des Menschen erfolgt zum Großteil durch Eigensynthese in der Haut unter UVB-Lichtexposition. Bei häufigem Aufenthalt im Freien kann die gewünschte Vitamin-D-Versorgung erreicht werden, andernfalls kann es leicht zu einer Unterversorgung kommen. Die Ernährung spielt für die Vitamin-D-Zufuhr nur eine untergeordnete Rolle. Zu den Vitamin-D-reichen Lebensmitteln zählen vor allem fetter Seefisch sowie in geringerem Maß auch Eier, Champignons und angereicherte Streichfette. Amerikanische Fachgesellschaften empfehlen Schwangeren eine tägliche Supplementation von 600 IU Vitamin D. Eine entsprechende Empfehlung einer deutschen Fachgesellschaft gibt es nicht. Calcium in Milch und Milchprodukten Calcium ist für die Knochenmineralisierung und eine optimale Wirkung von Vitamin D unentbehrlich. Der DGE zufolge lässt sich der erhöhte Bedarf in der Schwangerschaft über eine abwechslungsreiche Mischkost mit reichlich Milch und Milchprodukten decken. Für eine ausreichende Magnesium-Versorgung in der Schwangerschaft sollten reichlich natürliche Magnesium-Quellen wie Hülsenfrüchte, Vollkornbrot, Käse, Milch und Nüsse verzehrt werden. Supplementiert wird meist nur, wenn Wadenkrämpfe auftreten. Doch sollten Beschwerden im Bein zunächst von einem Arzt abgeklärt werden, da auch eine Thrombose oder eine Venenentzündungen die Ursache sein könnte. © GFI. Der Medizin-Verlag Foto: Kzenon – fotolia.com Vitamine und Mineralstoffe PTA-Depesche Gesunde Kost Wer Nüsse isst, lebt länger Forscher in den Niederlanden befragten über 120 800 Männer und Frauen im Alter zwischen 55 und 69 zu ihren Lebensstil- und Ernährungsgewohnheiten. Dabei wurde auch erfasst, wie oft und wie viel Nüsse, Erdnüsse und Erdnussbutter die Teilnehmer konsumierten. Zehn Jahre Schwangere mit Zöliakie Weniger Frühgeburten durch glutenfreie Diät Foto: Diana Taliun – fotolia.com Schwangere, die an Zöliakie leiden, haben ein höheres Risiko für Frühgeburten. Dass der Verzicht auf Gluten das Risiko senken kann, belegte nun eine große Metaanalyse. Mithilfe einer internationalen Datenbank wurde das Auftreten von Schwangerschaftskomplikationen bei Frauen mit und ohne Zöliakie verglichen. Insgesamt gingen die Daten von knapp fünf Millionen Frauen in die Analyse ein; 6309 von ihnen litten an Zöliakie. Für Frauen mit Zölikaie ergab sich unter anderem ein signifikant höheres Risiko für Frühgeburten, ein verringertes intrauterines Wachstum des Feten, Totgeburten und ein Geburtsgewicht unter 2500 g. Die Präeklampsieraten unterschieden sich nicht signifikant. Subgruppenanalysen zeigten, dass das Frühgeburtsrisiko sowohl bei einer behandelten als auch bei einer erst später diagnostizierten und daher unbehandelten Zöliakie erhöht war. Die Frauen, die während der Schwangerschaft eine glutenfreie Diät einhielten, konnten das Frühgeburtsrisiko dadurch jedoch um 20% senken. Weshalb das Risiko von Schwangerschaftskomplikationen bei einer mütterlichen Zöliakie steigt, ist nicht erforscht. Möglich wäre, dass die Malabsorption zu einem Nährstoffdefizit führt oder erhöhte mütterliche Autoantikörper schädigen. Betroffene Schwangere sollten deshalb unbedingt über die Bedeutung einer glutenfreien Ernährung aufgeklärt werden. CW Saccone G et al.: Am J Obstet Gynecol 2016; 214: 225-34 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160553 später untersuchte man die Sterblichkeit. Die Nussesser waren im Schnitt etwas jünger, aßen mehr Gemüse und Obst und hatten seltener Bluhochdruck. Bis zum Jahr 1996 verstarben 5797 Männer und 3026 Frauen. Erwartungsgemäß sank mit der Menge konsumierter Nüsse das Risiko. Am größten war die Risikoreduktion bei einer täglichen Zufuhr von etwa 10 g für Frauen und 15 g für Männer. Die Überlebensvorteile galten dabei sowohl für echte Nüsse wie Walnüsse oder Haselnüsse als auch für Erdnüsse. Der Konsum von Erdnuss- butter hingegen hatte keinen Einfluss auf die Mortalität. OH Van den Brandt PA, Schouten LJ: Int J Epidemiol 2015; 44(3): 1038-49 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160704 Salbe mit Jojobaöl und Bienenwachs Akute Hämorrhoidalbeschwerden verhindern Eine klinische Studie zeigt, dass eine Hämorrhoidalsalbe mit Jojobaöl und Bienenwachs typische Beschwerden lindern und darüber hinaus die beschwerdefreien Intervalle verlängern kann. Patienten mit Hämorrhoiden leiden oft unter anorektalen Symptomen wie Juckreiz, Schmerzen und Brennen. Dabei jucken nicht die Hämorrhoiden selbst, sondern die Beschwerden sind ein Zeichen dafür, dass die besonders empfindliche Analschleimhaut gereizt und teilweise entzündet ist. Lokaltherapeutika können die Symptomatik günstig beeinflussen, wie die vorliegende Studie zeigt. Williams et al. schlossen in ihre Untersuchung 100 Patienten ein, die seit mehreren Jahren unter Hämorrhoiden litten. Im Vergleich zur Baseline bestand insbesondere leichter bis mäßiger BERATUNGSWISSEN Beratungsgespräch ist es wichtig zu wissen, wo die Grenzen der Selbstmedikation sind – z. B. um zu verhindern, dass eine ernste Erkrankung übersehen wird. In der Indikation Hämorrhoiden sollten Patienten in folgenden Situationen an einen Arzt verwiesen werden: Sicherung der Diagnose Blut auf dem Stuhl / am Toilettenpapier Keine ausreichende Besserung der Beschwerden durch Selbstmedikation Juckreiz und Brennen. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen randomsiert. In Gruppe A wendeten die Teilnehmer in zwei Intervallen von jeweils vier Wochen das Prüfpräparat* an, Gruppe B blieb unbehandelt. Patienten der Gruppe A profitierten von der Anwendung des Prüfpräparates mit einem kontinuierlichen Rückgang von Juckreiz und Brennen. Der Summenscore der täglich bewerteten am meisten beeinträchtigenden Symptome war über den Zeitraum von 57 Tagen unter dem Prüfpräparat signifikant geringer als in der unbehandelten Gruppe (p < 0,0001). Darüber hinaus war unter dem Prüfpräparat die Frequenz und die mittlere Dauer der akuten Symptomepisoden geringer als in der Vergleichsgruppe. Patienten, die das Prüfpräparat verwendeten, nutzen außerdem seltener eine Akutmedikation. Die meisten Patienten bewerteten die Gesamtwirksamkeit und Verträglichkeit der Hämorrhoidal-Salbe mit „sehr gut“ bis „gut“ und gaben an, das Produkt weiterzuempfehlen. MW Williams R et al.: Akt Dermatol 2013;39:540-508 *Prüfpräparat: Hautschutzkomplex mit Jojobaöl, gelbem Bienenwachs und Cetylstearylisononanoat: Posterisan® protect Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160953 Apotheken-Depesche 4/2016 21 SCHMERZ Lifestyle-Interventionen bei Migräne Hoch effektiv – wenn sie durchgehalten werden In die retrospektive Auswertung eingeschlossen wurden 175 Patienten mit chronischer Migräne (CM) und 175 mit episodischer Migräne (EM). Das Durchschnittsalter betrug 44,4 Jahre, 78% waren Frauen. Die mediane monatliche Attackenfrequenz lag bei 25 (CM) bzw. 5 (EM). Die „Regular lifestyle behaviors“ (RLB) betrafen a) regelmäßige Schlafzeiten unter der Woche und am Wochenende, b) mind. 20 Min. täglich aerobe körperliche Übungen mit Herzfrequenzanstieg und c) regelmäßige Mahlzeiten-Einnahme und adäquate Flüssigkeitsaufnahme (zur Vermeidung einer Dehydrierung). Dichotom wurde zwischen Patienten unterschieden, die alle drei Bedingungen erfüllten (RLB+) oder nicht (RLB-). In der CM-Gruppe war der Anteil an RLB+Patienten mit 22% deutlich geringer als in der EM-Gruppe mit 69%. Dem entsprechend war die Wahrscheinlichkeit für RLB+ mit einer (unadjustierten) Odds Ratio (OR) von 0,13 bei den CM-Patienten erheblich geringer (p < 0,001). Umgekehrt betrachtet fanden sich in der RLB+-Kohorte mit 24,5% vs. 71,2% deutlich seltener CM-Patienten als in der RLB--Kohorte (Relatives Risiko: 0,34, (p < 0,0001). KOMMENTAR Die niedrige NNT zeigt, dass nur etwa zwei Patienten alle drei RLB-Kriterien der regelmäßigen Lebensführung erfüllen müssen, um den Migränekopfschmerz wirksam zu kontrollieren bzw. sich vor der Entstehung einer chronischen Migräne zu schützen. Nicht näher dargestellte Daten belegen, dass die CM-Patienten mit RLB+ in dieser Studie häufiger zur EM-Patienten wurden. Die Modifizierung dieser Lifestyle-Faktoren, insbesondere des Schlafes, erscheint demnach ausgesprochen lohnenswert. 22 Apotheken-Depesche 4/2016 Die absolute Risikoreduktion (ARR) einer CM betrug für die RLB+-Patienten (vs. RLB--Patienten) 46,7%, die relative Risikoreduktion (RRR) 65,6%. Die Number needed to treat (NNT) lag bei günstigen 2,14. Die Medikation als dritte Variable hatte hierauf keinen signifikanten Einfluss: Der Anteil an CM-Fällen war in der Med+-bzw. Med-Gruppe mit 21,6% vs. 29% nicht signifikant unterschiedlich (adj. RR: 0,74; p = 0,28). Die CM-Wahrscheinlichkeit war unter RLB+/Med+-und RLB+/Med--Patienten ebenfalls ohne signifikanten Unterschied (adj. OR: 0,67; p = 0,29). Auch Depression und Angst wirkten sich auf den Zusammenhang nicht gravierend aus. Das regelmäßige Essen und Trinken waren für die Patienten offenbar am leichtesten zu bewerkstelligen, die Körperübungen am schwierigsten. Unter den drei RLB-Komponenten – in denen die CM-Patienten stets schlechter abschnitten als jene mit einer EM – hatte der regelmäßige Schlaf den stärksten Einfluss. JL Woldeamanuel YW, Cowan RP: The impact of regular lifestyle behavior in migraine: a prevalence casereferent study. J Neurol 2016 [Epub 25. Jan.; doi:10.1007/s00415-016-8031-5] Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160491 Zertifizierungsfrage 7: Die absolute Risikoreduktion einer CM betrug bei RLB+ A 13% B 34% C 46,7% D 65,6% E 67,0% Bitte vermerken Sie Ihre Antworten auf Seite 27 im Heft oder unter www.apotheken-depesche.de/cme. Impressum Herausgeber: GFI. Gesellschaft für medizinische Information mbH Anschrift des Verlages: Paul-Wassermann-Str. 15, 81829 München Telefon: 089/43 66 30 - 0 Telefax: 089/43 66 30 - 210 E-Mail: [email protected] Internet: www.apotheken-depesche.de Geschäftsführung: Michael Himmelstoß Redaktion: Chefredaktion: Monika Walter, Apothekerin (verantw.) Redaktionsassistenz: Erwin Hellinger Mediaberatung: Klaus Bombös 0177 / 7 31 12 54 [email protected] Heike Zeiler 0 89 / 43 66 30 - 203 [email protected] Anzeigenverwaltung: Alfred Neudert 089 / 43 66 30 - 293, [email protected] Anzeigenpreisliste: 2016 vom 1. Okt. 2015 Erscheinungsweise: 6 Ausgaben pro Jahr Grafik und Satz: vm-grafik, München Druckerei: Vogel Druck und Medienservice GmbH & Co. KG, 97204 Höchberg Bezugsbedingungen: 6 Ausgaben p.a. 34 € zzgl. 6,90 € Inlandsporto; Auslandsporto: 17,90 €, ISSN: 0948-8588 Copyright: GFI. Gesellschaft für medizinische Information mbH, 2016, München Die Zeitschrift und ihre Bestandteile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung durch Dritte bedarf der Zustimmung des Herausgebers. Mit der Annahme eines Textes und seiner Veröffentlichung in dieser Zeitschrift geht das ausschließliche, unbeschränkte Nutzungsrecht auf den Herausgeber über. Es schließt die Veröffentlichung in Druckerzeugnissen sowie die Vervielfältigung und Verbreitung jeder (auch elektronischer) Art ein. Der Herausgeber kann diese Rechte auf Dritte übertragen. Die Verwendung oder Nichtverwendung von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenzeichen etc. berechtigt in keinem Fall zu der Annahme, dass solche Namen als frei betrachtet und damit von jedermann benutzt werden können. Als Sonderveröffentlichung oder mit Namen oder Kürzel des Verfassers gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen. Angaben über Dosierungen und Applikationsformen sind anhand wissenschaftlicher Informationen oder der Packungsbeilage auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Der Verlag übernimmt für diese Angaben keine Gewähr. Die Rechte für die Nutzung von Artikeln für elektronische Pressespiegel oder OnlinePresseschauen erhalten Sie über die PMG Presse-Monitor GmbH (Tel. 030/28 49 30 oder www.presse-monitor.de). Verleger: Hans Spude © GFI. Der Medizin-Verlag, 2016 © geprüft LA-PHARM 2014 GFI. Der Medizin-Verlag Foto: ajlatan – fotolia.com Lifestyle-Faktoren im Sinne einer regelmäßigen Lebensführung (Schlaf, körperliche Übungen, Mahlzeiten) können das Auftreten einer Migräne unabhängig von anderen Faktoren beeinflussen. Die Relevanz dieser „Regular lifestyle behaviors” wurde bei Patienten mit chronischer und episodischer Migräne im Rahmen einer Fall-Referenz-Studie untersucht. Ihr neuer Arbeitsspeicher: Die Wissensdatenbank der GFI. Rund 150.000 Studienzusammenfassungen und die aktuellen Fortbildungen der Apotheken-Depesche stellen wir Ihnen ab sofort zusätzlich tagesaktuell und kostenlos in unserer Wissensdatenbank* mit weiterführenden Links zur Verfügung: www.apotheken-depesche.de 1 2 3 *Um alle Texte und weiterführende, kostenlose Links nutzen zu können, registrieren Sie sich bitte. isse ergebn n e i d u t eS il. Neuest r E-Ma e p l l e ktu tagesa en: istrier newsletter g e r t z t / Je sche.de epe eken-d Die für Sie relevanten Inhalte finden Sie im Handumdrehen: poth www.a 1 Über die Volltextsuche im Suchschlitz 2 Über Eingabe des ICD-10-Codes in den Suchschlitz 3 Über das Auswahlmenü INDIKATION 4 Über den Direktlink in der Printausgabe, z.B.: www.apotheken-depesche.de/141080 GFI • Der Medizin-Verlag • Paul-Wassermann-Str. 15 • 81829 München www.apotheken-depesche.de GERIATRIE Multimorbide Patienten managen Ordnung ins Versorgungschaos bringen Multimorbide Patienten haben komplexe Bedürfnisse. Die Auwahl der richtigen Behandlungsstrategie ist für den Arzt nicht einfach. Ein optimales Medikametenmanagement wird durch eine effektive Zusammenarbeit von Medizinern und Pharmazeuten erleichtert. Kontinuität reduziert Komplikationen Oft werden multimorbide Patienten von mehreren Ärzten behandelt. Die Kommunikation zwischen den Versorgern ist jedoch oft suboptimal und das Patienten-Management häufig chaotisch und unkoordiniert. Durch mehr Kontinuität in der Versorgung lassen sich Behandlungserfolge verbessern, Aufnahmeraten in Krankenhäusern und Notfallaufnahmen senken und Komplikationsraten reduzieren. Dem Allgemeinarzt kommt dabei eine bedeutende Rolle zu. Die meisten multimorbiden Patienten leiden unter einer kardiometabolischen Erkrankung in Verbindung mit psychologischen Problemen (meist Angst oder Depression) und einer mit Schmerz verbundenen Indikation. Typisch sind beispielsweise Kombinationen von Arthritis und Hypertonie, Ischämie, Diabetes oder Adipositas. Die krankheitsspezifischen Leitlinien nehmen jedoch nur selten Bezug auf Komorbiditäten. Die Empfehlungen für die einzelnen Indikationen lassen sich im Regelfall aber nicht einfach aufaddieren. Bei der Auswahl einer bestimmten Behandlusngstrategie kann das strikte Verfolgen krankheitsspezifischer Therapieziele mehr schaden als nutzen; in anderen Fällen ist es für den Therapieerfolg sinnvoll, sich zunächst auf die Therapie eine einzelnen Erkrankung zu konzentrieren. 24 Apotheken-Depesche 4/2016 Auch generelle Risikofaktoren wie Rauchen oder Hypertonie sowie allgemeine körperliche Einschränkungen sollten Beachtung finden. Das Problem der Polypharmazie Wenn mehrere chronische Indikationen vorliegen, ist meist auch die Medikamentenlast der Patienten hoch. In einer Studie mit über 180 000 Patienten hatten 20% der komorbiden Teilnehmer Verschreibungen von vier bis neun Medikamenten, 1% sogar zehn oder mehr. Lagen sechs oder mehr Erkrankungen vor, stieg der Anteil auf 48 bzw. 42%. Verbunden mit der Polypharmazie ist eine erhöhte Morbidität, bedingt durch das erhöhte Risiko unerwünschter Substanzwirkungen und potenzieller Verschreibungsfehler. Auch wirkt sich die hohe Medikamentenlast negativ auf die Adhärenz aus. Ein häufiges Problem in der Behandlung multimorbider Pa- Wallace E et al.: Managing patients with multimorbidity in primary care. BMJ 2015; 305: h176 Mehr Infos: www.apotheken--depesche.de/160025 Zertifizierungsfrage 8: Multimorbide Patienten A sind kaum körperlich eingeschränkt B haben immer Depressionen C leiden oft unter Arthritis D sind selten über 65 Jahre alt E haben immer Hypertonie Zertifizierungsfrage 9: Die Medikation A sollte stets maximiert werden B sollte regelmäßig überprüft werden C bedarf keiner Absprachen D ist meist unkompliziert E erfolgt gemäß Summe der Leitlinien Bitte vermerken Sie Ihre Antworten auf Seite 27 im Heft oder unter www.apotheken-depesche.de/cme. Herzinsuffizienz Zu alt für einen ICD? ICD (implantierbarer Kardioverter-Defibrillator) wurden in Studien überwiegend an Patienten um die 60 Jahre getestet. In der tatsächlichen Versorgung sind Patienten aber oft älter und multimorbider. Haben ICD dann überhaupt noch einen positiven Effekt? Untersucht wurden retrospektiv über 23 000 Patienten, die mindestens 66 Jahre alt waren und die wegen einer akuten HerzinsuffizienzExazerbation oder anderer akuter Komorbiditäten ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Für alle stand eine ICD-Implantation zur Diskussion, knapp 5300 erhielten auch tatsächlich einen. Die Mortalität der ICD-Patienten erwies sich dabei als geringer als die von Patienten ohne ein entsprechendes Device (40% vs. 60% nach drei Jahren). Wenn man allerdings die adjustierten 180-Tages-Daten ansah, gab es keinen signifikan- ten Unterschied mehr bzgl. eines plötzlichen Herztodes (adjustierte Hazard Ratio 0,95). Auch die Gesamtmortalität war dann statistisch nicht mehr unterschiedlich (aHR 0,91). Ein nichtsignifikanter Trend bestand dennoch: Der ICD verhinderte etwas mehr Todesfälle bei Patienten, die vor mehr als 40 Tagen einen Myokardinfarkt erlitten hatten. Fazit: Der erwartete Benefit eines ICD blieb in dieser Kohorte von über 66-Jährigen aus. CB Chen CY et al.: Real world effectiveness ... BMJ 2015; 351: h3529 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160184 © GFI. Der Medizin-Verlag Foto: yourphototoday Schätzungen zufolge leidet jeder sechste Patient im UK an mehr als einer chronischen Indikation. In Schottland liegen bei etwa 65% der über 65-Jährigen und bei fast 82% der über 85Jährigen mindestens zwei Erkrankungen vor. Die Behandlung ist besonders dann komplex, wenn drei oder mehr Indikationen vorliegen, die drei oder mehr Körpersysteme betreffen. Ebenfalls schwierig sind Fälle von Patienten mit körperlichen Einschränkungen und Depressionen, mit sehr hoher Medikamentenlast oder eingeschränkter Mobilität. tienten ist, dass die Erstverschreibung vieler Therapien beim Spezialisten erfolgt, alle weiteren im Rahmen der Erstversorgung fortgesetzt werden. Um ein optimales Medikamentenregime zu gewährleisten, sollten die beteiligten Ärzte und pharmazeutischen Fachkräfte eng zusammenarbeiten. Ferner sollte das medikamentöse Therapieregime regelmäßig überprüft werden. Vor allem sollte man daran denken, Medikamente wieder abzusetzen, die nicht indiziert sind, keinen adäquaten prognostischen Nutzen haben oder Nebenwirkungen verursachen. OH NEUROLOGIE 1087054716646452 [Epub: 28. Apr.] Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/160787 Zucker, Computer, Schlaf Sind Lifestyle-Faktoren ADHS-relevant? Inwieweit ist eine ADHS auch von den Lebensgewohnheiten der Kinder abhängig? In einer US-Studie wurde jetzt geprüft, ob Zucker- und Fernsehkonsum, Internetnutzung, Schlaf und andere Lifestyle-Faktoren bei Kindern mit einer ADHS häufiger sind. Zertifizierungsfrage 10: Bei den ADHS-Kindern nicht(!) häufiger war(en) A der Softdrink-Konsum B die Zeit vor dem Bildschirm C die körperliche Aktivität D Schlafprobleme E eine NahrungsergänzungsmittelEinnahme Foto: ®Piotr Adamowicz – Fotolia.com, Lsantilli – Fotolia.de, Monkey Business – Fotolia.de Bitte vermerken Sie Ihre Antworten auf Seite 27 im Heft oder unter www.apotheken-depesche.de/cme. Die Eltern von 184 Kindern mit ADHS im Alter von sieben bis elf Jahren und von 104 psychisch gesunden Kindern gleichen Alters wurden zu den Lebensgewohnheiten des Nachwuchses befragt. Die ADHS war meist vom kombinierten Typ (71%), gefolgt vom Unaufmerksamkeitstyp (25%) und dem Hyperaktivitäts-/Impulsivitätstyp (4%). Das von den Eltern ausgefüllte Questionnaire Lifestyle Behavior Assessment mit 35 Items umfasste sieben Kategorien: die tägliche Flüssigkeitsaufnahme, den Konsum von Softdrinks (hoher Zuckergehalt), die Einnahme von Multivitaminen und anderen Nahrungsergänzungsmitteln sowie die tägliche mit Lesen oder vor dem Bildschirm (Fernsehen, Computer inkl. Online-Gaming) verbrachte Zeit, die körperliche Aktivität und das Schlafverhalten der Kinder. Aus diesen Domänen wurden ein Lifestyle-Index gebildet (Score 0–7; höherer Score = gesünderes Verhalten). Die ADHS-Kinder konsumierten deutlich mehr Softdrinks, lasen weniger, verbrachten häufiger ≥ 2 h vor dem Bildschirm (48% vs. 35%; p = 0,02) und waren eine geringere Stundenzahl pro Woche körperlich aktiv. Ihre Eltern berichteten mit 45% vs. 9% signifikant häufiger von (Einschlaf)schwierigkeiten (p < 0,0001), selbst KOMMENTAR Kinder mit ADHS leben deutlich ungesünder als jene ohne ADHS. Auch wenn die Kausalität unklar ist: Nach diesem robusten Ergebnis mutmaßen die Autoren, dass primäroder sekundär-präventive Lifestyle-Interventionen die ADHS-Symptomatik verringern könnten. Dies bliebe natürlich zu prüfen. in der Untergruppe der derzeit nicht mit Stimulanzien behandelten Kinder (33% vs. 9%; p < Erwachsene mit ADHS 0,0001). Nahrungsergänzungsmittel wurden dagegen häufiger eingenommen (z. B. Omega-3- Tagesmüdigkeit und Fettsäuren: 23% vs. 11%; p < 0,01). Viele der Unfallrisiko einzelnen Domänen waren miteinander signifi12634_Akustika_Holiday_Probepackung_51x75mm 28.06.2016 1 kant korreliert. Forscher untersuchten bei erwachsenen ADHS-Patienten das Unfallrisiko im Straßenverkehr und Zusammenhänge mit einer bei ADHS vermehrten Tagesmüdigkeit. Holiday Akustika ® Praktische Kombipackung: Windschutzwolle – der bewährte Schutz vor Zugluft und Kälte – zusammen mit Lärmschutzstöpseln (32 dB) Zweifacher Ohrschutz in einer Packung. FÜR UNBESCHWERTE URLAUBSTAGE Probepackung: [email protected] Insgesamt wies die Gruppe der ADHS-Kinder eine um fast das Doppelte erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen ungesünderen Lebensstil auf als die Vergleichsgruppe: Nach der Kontrolle der Daten auf eine Vielzahl möglicher Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, IQ, ADHS-Medikamente, Haushaltseinkommen und vier komorbide psychiatrische Krankheiten betrug die Odds Ratio 1,95 (95%-KI: 1,16–3,30; p = 0,01). JL Holton KF, Nigg JT: The association of lifestyle factors and ADHD in children. J Atten Disord 2016: pii: 36 140 regelmäßige Autobahn-Fahrer nahmen an einer Internetbefragung teil und gaben Auskunft über (Beinahe-)Unfälle, Schlafbeschwerden, Müdigkeit und Ablenkung am Steuer und ADHS-Symptome. 1,7% berichteten aus dem letzten Jahr auf Unaufmerksamkeit zurückgehende und 0,3% einschlafbedingte Unfälle. 3,7% litten unter einer schweren Tagesmüdigkeit. Die 1543 Fahrer (4,3%), die ADHS-Symptome angaben, hatten gegenüber den übrigen ein signifikant um 24,0% höheres Unfallrisiko. Dabei berichteten 14,2% der Fahrer mit ADHS-Symptomen eine schwere Tagesmüdigkeit, aber nur 3,2% der Fahrer ohne ADHS – dem entsprechend häufiger wurde auch eine starke Müdigkeit am Steuer, die sie im letzten Monat zu einem Stopp zwang, von Ersteren häufiger angegeben (20,5% vs. 7,3%). Fahrer mit ADHS räumten auch häufigere Unaufmerksamkeits- bzw. einschlafbedingte Beinahunfälle ein als Fahrer ohne ADHS-Symptome. Der Anteil an Beinahunfällen aufgrund starker Müdigkeit am Steuer betrug 10,3% bei den Fahrern mit vs. 4,2% bei den Fahrern ohne ADHS. JL Philip P et al.: Attention deficit hyperactivity disorder symptoms ... PLoS One 2015; 10(9): e0138004 Mehr Infos: www.apotheken-depesche.de/151484 Apotheken-Depesche 4/2016 25 AKTUELL FÜR DIE OFFIZIN SERVICE Fortbildungsangebot von Orifarm Als Servicepartner stehen für den Arzneimittelimporteur Orifarm die Leistungen im Vordergrund, die eine Apotheke erfolgreich machen. Neben wirtschaftlichen Vorteilen für die Apotheken, legt das Unternehmen dabei Wert auf die Wissensvermittlung im komplexen Arzneimittelimportmarkt. Mit einem weitreichenden Angebot an Weiterbildungsmaßnahmen rund um das Thema Importarzneimittel, möchte Orifarm Apothekenteams stärken und mehr Sicherheit vermitteln. Besonders die Infomodule, die in Kooperation mit dem Wissensportal apothekia® entstanden sind, erfreuen sich sehr starker Nachfrage. Eine umfassende Aufklärung über den Arzneimittelimportmarkt vermittelt zudem das zertifizierte Fortbildungsprogramm „Oriculum“. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Großhändlern führt das Unternehmen in zahlreichen Städten in Deutschland Präsenzseminare durch. Exklusive Apothekenschulungen durch den IN DER NäCHSTEN APOTHEKEN-DEPESCHE CME: Infektiöse Mononukleose: Halsschmerzen der besonderen Art Atemwege: Erwachsene und Kinder mit Asthma: Weniger Adhärenz, mehr Exazerbationen Kardiologie: Cholesterin-Senkung mit Statinen: Auf Dauer können die Nieren leiden PTA-Depesche: Die Präventions-Apotheke externen Außendienst Jade.team GmbH runden das Angebot ab. Weitere Infos unter www.orifarm.de PHYTOTHERAPIE Lavendelöl für überreizte Nerven Zwei Drittel der Frauen mit Kindern sind gleichzeitig berufstätig – eine hohe Belastung. Dies gilt insbesondere für Alleinerziehende. Aber auch die Lebensmitte ist für viele Frauen eine schwierige Phase, in der „das leere Nest“, Wechseljahre oder die beginnende Pflegebedürftigkeit der Eltern zu bewältigen sind. Sind die Anforderungen dauerhaft zu groß, können Unruhe, Angstgefühle und Schlafstörungen entstehen. Um eine Chronifizierung und Folgeerkrankungen zu vermeiden, ist ein frühes Handeln wichtig. Lasea® (Wirkstoff Lavendelöl) kann dazu beitragen, das überreizte Nervensystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wirksamkeit und Verträglichkeit des Phytopharmakons wurden in Studien nachgewiesen. Pressekonferenz „Moderne Frauen im Dilemma – die Angst den Ansprüchen nicht zu genügen“, Hamburg, 7.6.2016; Veranstalter Dr. Wilmar Schwabe, Ettlingen MINERALSTOFFE Haut, Haare und Nägel brauchen viel Zink Der tägliche Zinkbedarf beträgt laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) etwa 7 mg für Frauen und 10 mg für Männer. Gesunde Personen, die sich ausgewogen ernähren, können den Zinkbedarf in der Regel über die Nahrung abdecken. Ein erhöhten Bedarf an Zink haben Schwangere, Stillende und Leistungssportler sowie bei Menschen mit chronischen Erkrankungen wie z. B. Diabetes oder entzündlichen Darmerkrankungen. Auch bestimmte Arzneimittel (z. B. Diuretika, ACEHemmer, orale Kontrazeptiva, Lipidsenker) können den Zinkspiegel senken. Chronischer Zinkmangel kann sich u. a. äußern in trockener Haut, Akne, erhöhter Anfälligkeit für Hautinfektionen, splitternden Nägeln sowie glanzlosen Haaren. Bei der gezielten Behandlung von Zinkmangelerscheinungen ist neben der guten Verträglichkeit auch die Bioverfügbarkeit des eingesetzten Arzneimittels entscheidend. Mit der Einnahme der magensaftresistenten Zinkorotat-POS® Tabletten auf nüchternen Magen kann das Zink nicht an Nahrungsbestandteile gebunden werden und steht dem Körper voll zur Verfügung. Die Bindung des organischen Zinks an die natürliche Orotsäure (6,3 mg Zink pro Tablette) ermöglicht dessen gleichmäßige und konstante Aufnahme durch den Dünndarm und damit den Transport direkt an die Körperstellen, an denen Zink optimal wirken kann. LITERATURDIENST Bestellung der Originalarbeiten Die Apotheken-Depesche regelmäßig lesen Sie können die Kurzfassungen der Originalstudien, die unseren Beiträgen zugrunde liegen, direkt online bei PubMed lesen, wenn Sie dem Link am Ende des Beitrags folgen (z. B. www.apotheken-depesche.de/150737). Wenn Sie die Apotheken-Depesche regelmäßig erhalten möchten, füllen Sie bitte online das Formular www.apotheken-depesche.de/abo aus, oder schicken Sie uns Ihre Bestellung per Fax an 089 / 43 66 30 - 210 Alternativ schicken wir Ihnen gerne eine Kopie der Volltext-Originalstudie per Post zu. Die Anforderung erfolgt online unter der Adresse http://www.apotheken-depesche.de/zeitschrift/originalarbeiten/. Ich möchte die Apotheken-Depesche abonnieren. Bitte schicken Sie mir alle 6 Ausgaben pro Jahr bis auf Widerruf zum aktuellen Jahresbezugspreis von 34,- Euro (zzgl. 6,90 Inlandsporto) frei Haus. Das Abonnement kann jederzeit monatlich gekündigt werden und enthält die kostenfreie Kopie einer Originalstudie im Monat. Gerne können Sie die Kopie der Originalstudie auch unter Angabe der Ausgabe der Zeitschrift (z. B. Apotheken-Depesche 1/2016) und der am Ende genannten Nummer (z. B. 150737) per Post beim Verlag anfordern. GFI. Gesellschaft für med. Information Leserservice Paul-Wassermann-Str. 15 81829 München Bitte schicken Sie uns hierfür 10,- Euro in Briefmarken und einen adressierten Rückumschlag zu. Abonnenten erhalten eine Originalarbeit pro Ausgabe kostenlos. Name, Anschrift Datum, Unterschrift Zertifizierte Fortbildung • Alle CME-Beiträge und die dazugehörigen Fragen finden Sie in diesem Heft auf der zu jeder Frage angegebenen Seite oder im Internet unter www.apotheken-depesche.de/cme. spunkte ildung tb r o F esche eln Sie en-Dep k Samm e me th o r Ap e.de/c mit de epesch d n e k pothe www.a • Sie können entweder online teilnehmen oder dieses Formular komplett ausgefüllt per Post an uns senden. • Bei mindestens sieben korrekt beantworteten Fragen haben Sie die CME-Einheit mit Erfolg absolviert und erhalten einen Fortbildungspunkt. • Ihr Fortbildungszertifikat erhalten Sie ausschließlich digital als PDF per E-Mail. • Die Fortbildung ist von der Bundesapothekerkammer akkreditiert (Kategorie 7 „Bearbeitung von Lektionen mit Lernerfolgskontrolle“). Veranstaltungsnummer: BAK/FB/2016/029 Einsendeschluss: 21. September 2016 Es ist jeweils nur eine Antwort pro Frage zutreffend. A 1. Reizdarmsyndrom I … S. 7 2. Reizdarmsyndrom II … S. 7 3. Typ-2-Diabetes I … S. 13 4. Typ-2-Diabetes II … S. 13 5. Totgeburten I … S. 18 6. Totgeburten II … S. 18 7. Lifestyle-Interventionen bei Migräne … S. 22 8. Multimorbide Patienten I … S. 24 9. Multimorbide Patienten II … S. 24 10. ADHS … B C D E7 S. 25 Vorname, Name Straße, Nr. PLZ, Ort Berufsbezeichung E-Mail (Angabe zur Zertifikatszusendung erforderlich) Ort, Datum Unterschrift Ich versichere, alle Fragen ohne fremde Hilfe beantwortet zu haben. Ich bin damit einverstanden, dass meine Daten gespeichert und an die zuständige Landesapothekerkammer weitergeleitet werden. Bitte beantworten Sie alle Fragen online unter www.apotheken-depesche.de/cme oder schicken Sie dieses Formular ausgefüllt an: GFI. Gesellschaft für medizinische Information, Paul-Wassermann-Straße 15, 81829 München
© Copyright 2024 ExpyDoc