Assoz. Prof. Dr. Bettina Bidmon-Fliegenschnee Definition Gedeihstörung: eine Verzögerung der somatischen Entwicklung, häufig von Auffälligkeiten in der motorischen und psycho-sozialen Entwicklung begleitet. Definition Gewichtsverlust: keine einheitliche pädiatrische Definition („weniger als zuvor“), akut vs. chronisch Unterschreiten der 3. Perzentile für Körpergewicht und der Körperlänge durch ein erniedrigtes Längensollgewicht (Längensollgewicht % = Körpergewicht/Gewichtsmedian für die Körpergröße x 100; Norm 90110%) Abfall der Gewichts- und Wachstumsperzentile im Vergleich zu den Voruntersuchungen um mehr als 2 Hauptperzentilen. Objektivierung (KG, KL, BMI, Kopfumfang, Anamnese) Perzentilenkurve (Verlauf) Gewichtsverlust gewollt oder ungewollt Appetit ↑ oder ↓ Wieviel Gewichtsverlust (absolut oder %)(Erw. -5%/3Mo) Dynamik des Gewichtsverlusts Gewichtsverlust dokumentiert Immer gleiche Waage? Kleidergröße? Fremdanamnese? wichtig: Anamnese (einschließlich Familien-, Schwangerschafts-, Geburts- und Ernährungsanamnese) Erhebung der Beschwerden klinischer Befund (weitere Symptome?) Ziele der Diagnostik sind: Ermittlung der Defizite in der somatischen, motorischen und psychosozialen Entwicklung Bestimmung des Ausmaßes der Unterernährung Ermittlung der pathogenetischen Faktoren einer/s Gedeihstörung / Gewichtsverlust Diagnostik der auslösenden Erkrankungen detaillierte Familien- (psychoziale Belastung, Erkrankungen in der Familie, Konsanguinität) und Eigenanamnese (Meilensteine, Verhaltensauffälligkeiten) Sozialkontakte Reiseanamnese ausführliche Ernährungsanamnese (insbesondere Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Symptom und Nahrungsaufnahme bzw. bestimmter Nahrungsmittel ist essentiell) Die Schwangerschafts- und Geburtsanamnese (embryofetales Alkoholsyndrom, einen Nikotinabusus der Mutter, eine intrauterine Wachstumsretardierung oder eine perinatale Asphyxie) Somatische Daten aktuellen Werten für Gewicht (ermittelt mit geeichter Waage), Kopfumfang, Länge bzw. Höhe (Messmulde für Säuglinge, Stadiometer für größere Kinder), Sitzhöhe, Beinlänge Von vergangenen Jahren bzw. seit Geburt werden soweit sie vorliegen (Vorsorgeheft) auf Perzentilenkurven eingetragen Vergleich mit den aktuellen Daten Wachstumsgeschwindigkeit verglichen. und auch bzgl. Anthropometrische Daten sind auf das genetische Potential des Patienten bzw die Elterngrößen zu beziehen Objektivierung (KG, KL, BMI, Kopfumfang, Sitzhöhe, Beinlänge) Abgrenzung von „normal zu bereits beunruhigend“ erfordert deshalb immer eine Interpretation der Daten folgende Abweichungen von der Norm charakteristisch: ein unzulässiges Verhältnis von Körperlänge zu Gewicht mit einem Längensollgewicht < 70–79 % einem Body-Mass-Index (BMI) < 3. Perzentile ein Gewicht < 3. Perzentile ein fehlender Zuwachs an Länge und/oder Gewicht mit Abweichungen der Perzentile um > 2 Hauptperzentilen (3., 10., 25., 50., 75., 90., 97.) Perzentilen müssen populationsspezifisch und zeitgemäß sein! Somatische Daten Inspektion: Trommelschlegelfinger – Lunge, Vitien Abdomen: vergrößert, Leber und Miz palpabel, Aszites Haut inkl Anhangsgebilden: Ikterus, Pruritus, Blässe, Rhagaden, Alopezie, Petechien, Haut und Haarwuchs Skelett: Rachitis Dysmorphiezeichen: Turner Syndrom, LKG-Spalte Fokussuche Psychomotorische Entwicklung Pubertätsstadium Stuhlinspektion (entfärbt, blutig, schleimig) Erhebung der Ernährungsanamnese (Fehlernährung / unterkalorische Ernährung) Art der Nahrung mit Mengenangaben (MM, Formelnahrung, Trinkgewohnheiten) Ernährungs- und Trinkprotokoll über 3-5 Tage Erfragen von Essverhalten und Ernährungsgewohnheiten (gemeinsames Essen, Aversionen..) Nahrungsmittelunverträglichkeiten Alternative Ernährungsformen (zB. vegetarisch, vegan..) Beobachtung Essverhalten oder Fütterungssituationen pathogenetischen Faktoren dieser Krankheitsbilder sind: Unzureichende Nahrungszufuhr Mangelnde Digestion und Resorption (Malabsorbtion) Gesteigerter Energieumsatz Untergewicht / Gewichtsverlust Hinweisend auf Unterernährung - überproportionaler Abfall der Gewichtskurve mit weitgehend normalen oder langsamer zurückbleibenden Perzentilenverlauf für die Länge und den Kopfumfang. Dagegen spricht eine weitgehend proportionale Retardierung von Gewicht, Länge und Kopfumfang für eine konstitutionelle, genetische oder frühzeitige exogene Schädigung, oder auch endokrine Ursachen mangelnden Gewichtszunahme oder Gewichtsabnahme Wachstumsstörung Zusätzlich verzögerte Knochenreifung und Pubertätsentwicklung motorische oder psychosoziale Retardierung klinische Zeichen der Unterernährung wenig Unterhautfettgewebe gering ausgebildete Muskulatur (Greisengesicht der Säuglinge, Tabaksbeutelgesäß) häufig prominentes Abdomen insbesondere bei Malabsorptionssyndromen trockene Haut spärliches Haar Inappetenz Nahrungsverlust resultiert über Erbrechen Schluck- oder Kaustörungen Transportstörungen des Ösophagus Kurzatmigkeit bei Herz- und Lungenerkrankungen - Einfache Methoden zur Bestimmung des täglichen Energiebedarfes sind nicht verfügbar - Die Ermittlung des Ruheumsatzes lässt keine zuverlässige Bestimmung des Mehrbedarfes etwa bei erhöhter Atemarbeit oder gesteigerter Bewegungsunruhe bei neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen zu - Ein erhöhter Bedarf muss deshalb geschätzt werden. - Erhöhter Bedarf Entzündungen auch bei: malignen Erkrankungen, chronischen Gestörte intestinale Aufnahme Leitsymptom der Malabsorption: chronische Diarrhö (> 4-6 Stühle/d über > 4 Wochen, Stuhlgewicht > 200g/d, beim Säugling und Kleinkind über 10 g/kg/KG pro Tag) Neugeborene: Kurzdarm nach NEC, Volvulus und Darmresektionen kongenitale Resorptionsdefekte Defekte der Dünndarmstruktur unzureichende Nahrungszufuhr Säuglinge (2 bis 8 Monate) unzureichende Nahrungszufuhr Vernachlässigung intestinale Kuhmilchprotein-Allergie Ösophagitis bei gastro-ösophagealem Reflux zystische Fibrose Essstörungen und/oder erhöhter Bedarf bei kardiologischer, neurologischer, onkologischer oder renaler Grunderkrankung Zöliakie chronische Diarrhö bei Immundefekten Autoimmunenteropathie Postenteritis-Syndrom und Malabsorptions-Syndrome Münchhausen Syndrom by Proxy Kleinkinder (9 bis 36 Monate) unzureichende Nahrungszufuhr Vernachlässigung Zöliakie zystische Fibrose Essstörungen und/oder erhöhter Bedarf bei kardiologischer, neurologischer, onkologischer oder renaler Grunderkrankung chronische Diarrhö bei Immundefekten Münchhausen Synrdrom by Proxy Kinder (3 bis 16 Jahre) unzureichende Nahrungszufuhr Vernachlässigung psychiatrische Erkrankungen insbesondere Anorexia nervosa chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Zöliakie zystische Fibrose Essstörungen und/oder erhöhter Bedarf bei kardiologischer, neurologischer, onkologischer oder renaler Grunderkrankung chronische Diarrhö bei Immundefekten Lambliasis und andere chronische Darminfektionen BSG (Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit), CRP,.. Blutbild inkl Diff Elektrolyte (inkl Calcium und Phosphat) Leberfunktionsparameter, Albumin, CHE, Bilirubin, Gerinnung Blutzucker Nierenretentionsparameter, Harnstatus (Glucosurie) (Tuberkulinhauttest) Immunglobuline Stuhl – Lipase, Amylase Indikation für weitere Laboruntersuchungen richtet sich im wesentlichen nach anamnestischen und klinischen Hinweisen, um eine gezielte Abklärung durchzuführen TSH (Thyreoideastimulierendes Hormon) Freies T4 (freies Thyroxin) Schweißtest Wachstumshormone (IGF1 „insulin like growth factor 1“; IGFBP3 „IGF binding protein3“) Stuhlkulturen – pathogene Darmkeime, Calprotectin Aminosäuren im Serum und organische Säuren im Harn Zöliakieserologie, HLA-DQ2/8 (neuer Diagnosepfad!) Transferrinsättigung Folsäure, Vitamin B12. E, D, Zn, Se-Spiegel Triglyceride-, Cholesterin- und Gallensäurenkonzentration Immunglobulinspiegel Stuhluntersuchungen pH-Wert Reduzierende Substanzen Hämocult Calprotectin (evtl alpha1-Antitrypsin) Parasiten (Lamblien) Pankreas Elastase im Stuhl Chymotrypsin im Stuhl Abdomen Ultraschall Skelettalter Knochendichte - Densitometrie
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