Reicenberger Zeitung - Sudetendeutsche Landsmannschaft

Vor 65 Jahren: General Lev Prchalas „Ruf von Königstein“ (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung
155. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 68 | Folge 31 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 5. August 2016
Diese Woche
KURSE
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Schubert-Messe & Co.
Das abgelehnte Kirchenlied: Der vergebliche
Kampf um das ost- und sudetendeutsches Liedgut.
Seite 5
München
Kammermusik für Komponistenkönig: Widmar Hader zum 75. Geburtstag.
Seite 7
� Gespräche in Böhmen
Ganz aktuelle
Themen
Bei seinem letzten Böhmen-Besuch vor der Sommerpause ist
Volksgruppensprecher
Bernd
Posselt mit dem tschechischen
Kulturminister Daniel Herman
von den Christdemokraten, dessen für Minderheitenfragen zuständigen Kollegen Jiří Dienstbier von den Sozialdemokraten
sowie mit dem Deutschen Botschafter in Prag, Arndt Freiherr
Freytag von Loringhoven, zusammengetroffen.
Z
entrale Themen waren neben der Fortentwicklung der
tschechisch-deutschen,
tschechisch-bayerischen und tschechisch-sudetendeutschen
Beziehungen auf kulturellem und
politischem Gebiet auch Fragen der europäischen Einigung.
Die tschechische Seite interessierte sich für die Einschätzungen Posselts, der 20 Jahre lang
dem Europaparlament angehörte, in Sachen „Brexit“, Sicherheitspolitik und Flüchtlingskrise. Selbstverständlich ging es
auch um Projekte im Rahmen der
deutsch-tschechischen
Strategischen Partnerschaft sowie des
bayerisch-tschechischen Kulturabkommens. Begegnungen mit
Vertretern der Zivilgesellschaft
im Prager Büro der Sudetendeutschen sowie in Ronsperg und Pilsen schlossen sich an.
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B 6543
� Konferenz in Reichenberg
Weiter im Dialog ohne Tabus
Alte Freunde
„Die Reinheit des Landes
schützen“: Der Journalist
Jan Kovařík befragte den
Juristen Václav Pavlíček.
Seite 2
VOLKSBOTE
Wie jeden Sommer luden die
ehemaligen Europaabgeordneten Milan Horáček, Träger des
Karlspreises der Sudetendeutschen Landsmannschaft, und
Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe,
die Arbeitsgruppe „Dialog ohne Tabus“ des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums zu
einer Sitzung ins Reichenberger
Begegnungszentrum. Die Teilnehmer ließen die großen Erfolge der letzten Monate – allem
voran den Besuch des tschechischen Kulturministers Daniel
Herman beim Sudetendeutschen
Tag – Revue passieren und entwickelten Konzepte für die Fortsetzung des Verständigungsprozesses.
V
on besonderer Bedeutung
war dabei die Vorbereitung
der Jahreskonferenz des DeutschTschechischen Gesprächsforums
im Herbst in Tepl und Marienbad, die diesmal unter dem Motto „Die Angst vor dem Fremden“
stand. Die Themenpalette wird
vom Nationalismus des 19. Jahrhunderts über die totalitären Systeme und die Vertreibungen
des 20. bis zum aktuellen Flüchtlingsproblem reichen.
Ein weiterer Schwerpunkt der
Beratungen waren die Projekte
der Strategischen Partnerschaft
zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik
Deutschland. Außer einem „Kulturfrühling“ mit zahlreichen gemeinsamen Veranstaltungen sind
für 2017 auch mehrere große Debatten über die Entwicklung der
bilateralen Beziehungen geplant.
Die Reichenberger Arbeitsgruppe sah dafür Anknüpfungspunkte vor allem in zwei Aussagen des
tschechischen Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka, der die
Sudetendeutschen als „natürliche Verbündete“ bezeichnet und
und angemerkt hatte: „Es ist die
Aufgabe unserer Generation, eine gemeinsame Sprache zu finden.“ (Ý SdZ 21/2016)
Intensiv beleuchtet wurden
die Auswirkungen des vor 25
Jahren geschlossenen DeutschTschechoslowakischen
Nachbarschaftsvertrages sowie der
vor 20 Jahren verabschiedeten
Deutsch-Tschechischen Erklärung, an die nächstes Jahr erinnert werde. Gemeinsame Organe wie das Deutsch-Tschechische Gesprächsforum und der
Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds hätten sich bewährt, zumal
Diskutieren, bis die Köpfe rauchen: Daniel Meller, Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner, Monika Žárská, Irene
Novak, Stephanie Waldburg, František Černý, Bernd Posselt und Dr. Raimund Paleczek bei der Sitzung im Reichenberger Begegnungszentrum.
Gespräche am Rand des Reichenberger Gondelteiches: Milan Horáček, Johannes Kijas, František Černý, Anna
Knechtel und Dr. Raimund Paleczek.
Bilder: Jaroslav Šonka
von Anfang an führende Sudetendeutsche daran beteiligt gewesen seien. Inhaltlich seien beide Seiten heute viel weiter als
damals. Wie tragfähig diese Veränderungen seien, müsse sich allerdings noch erweisen. Wichtige
Fragen wie die Vertreibung und
ihre Folgen, die Verurteilung des
Kollektivschuldprinzips, das Verhältnis zu Denkmalen und Friedhöfen sowie die moralische Beurteilung der Geschichte müßten
heutzutage ohne Tabus und offen besprochen werden.
Eine besondere Rolle spielte bei der Reichenberger Konferenz die Lage der deutschen
Minderheit in der Tschechischen
Republik mit ihren verschiedenen Problemen, aber auch ihrer
unverzichtbaren Brückenfunktion. Hier müßten sich beide Regierungen noch wesentlich mehr
engagieren. Auch die Arbeit an
einem europäischen Volksgruppen- und Minderheitenrecht sei
eine zentrale Aufgabe beider EUMitgliedstaaten.
Begrüßt wurde von den Teilnehmern die überfällige Entschädigung für deutsche Zwangsarbeiter, in deren Genuß auch
die Betroffenen unter den Deutschen in der Tschechischen Republik kommen sollen. Konkret
wurde beraten, wie mit schwierigen Grenzfällen umzugehen ist.
Positiv würdigte die Arbeitsgruppe die völkerverbindenden Aktivitäten der christlichen Kirchen
und der jüdischen Gemeinden
auf beiden Seiten, die schon illegal unter den Kommunisten
begonnen habe und nach wie vor
von herausragender Wichtigkeit
sei. Materialismus ziehe Nationalismus und gefährliche Ideologien nach sich; Menschen
mit Idealen seien gerade angesichts der aktuellen Renationalisierungstendenzen besonders
gefragt.
Die Arbeitsgruppe beschloß
eine Fülle von Anregungen für
das Jahr des Europäischen Kulturerbes 2018, in dessen Programm sich beide Länder und die
Sudetendeutschen in besonderer
Weise einbringen wollen. Bei einer Fachtagung der Arbeitsgruppe „Dialog ohne Tabus“ soll es
um den spezifischen Beitrag der
Kirchen und Religionsgemeinschaften gehen, wobei die Veranstaltung sich an der christlichen
Persönlichkeit Přemysl Pitters
orientieren soll.
Als durchschlagenden Erfolg
in den gegenseitigen Beziehungen lobte die Arbeitsgruppe die
Tschechisch-Bayerische Landesausstellung über Kaiser Karl IV.,
die von Mitgliedern des Gremiums schon vor Jahren angeregt
worden war.
Dringend zu erhalten seien
die zehn Begegnungszentren in
den ehemals sudetendeutsch bewohnten Gebieten, zu denen sich
inzwischen die unter der Leitung
von Petra Laurin vorbildlich arbeitende „Galerie Verständnis“
in Reinowitz bei Gablonz gesellt
habe. Wichtig sei für alle diese Institutionen, den Generationenübergang zu bewältigen. Eine wichtige Stütze dabei sei die
Zusammenarbeit zwischen den
tschechischen Städten, in denen
sich diese Zentren befänden, ihren deutschen Partnerstädten
und den sudetendeutschen Heimatkreisen. Auf diesem Gebiet
leiste etwa die Patenstadt Augsburg mit der Partnerstadt Reichenberg und den von dort vertriebenen
Sudetendeutschen
und ihren Nachkommen Wegweisendes.
Kennzeichnend für die jüngere tschechische Generation
sei das Interesse an der Wiedererrichtung von Denkmalen aus
der Zeit vor der Vertreibung,
auch wenn diese mit Kontroversen verbunden sei. So hätten die
Gymnasien von Gablonz und
Neugablonz in der „Galerie Verständnis“ den Diskurs über die
Aufstellung des Rüdiger-Brunnens in Gablonz an der Neiße
dokumentiert. Der Original-Rüdiger wurde nach dem Zweiten
Weltkrieg gestürzt und steht inzwischen in der bayerischen Vertriebenensiedlung Neugablonz.
Jetzt erwägen die tschechischen
Gablonzer, eine Kopie anfertigen
zu lassen und sie wieder an die
alte Stelle zu setzen.
Bei einem gemütlichen Abend
im Reichenberger Ratskeller begegneten die Mitglieder der Arbeitsgruppe überraschend einer
Reisegesellschaft von Südmährern aus dem niederösterreichischen Laa an der Thaya, unter denen sich die Leiterin des dortigen
Südmährer-Museums,
Brigitta Appel, sowie SLÖ-Bundesobmann Gerhard Zeihsel und seine
Gemahlin Reinhilde befanden.
� Der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman empfiehlt:
Schußwaffe bitte mitführen
Der tschechische Staatspräsident Miloš Zeman baut seine
Popularität aus und segelt auf
der Welle des Widerstandes gegen die Aufnahme von Flüchtlingen.
Milos Zeman mit einer AK 47 „Kalaschnikow“. Damit könne man Premier
Bohuslav Sobotka „abberufen“, hatte er im Januar gescherzt.
A
m Wochenende kritisierte er
Angela Merkel, aber wer lobt
sie schon in der Tschechischen
Republik? Und er schilderte sei-
ne Vision eines wehrhaften Staates. Er unterstrich die Funktion
der Privatleute, die – nach einer strengen Prüfung – einen
Waffenschein bekommen und
Schußwaffen besitzen. Die Waffe
solle man nicht als ein Souvenir
im Schrank haben, sondern mitführen mit der Bereitschaft, sie
auch zu benutzen. Der Gedanke darf schockieren – die Polizei
kommt und im Einkaufzentrum
schießen die einen auf die anderen. Auf wessen Seite soll sie sich
begeben? Nun, im berühmten
tschechischen Western „Limonaden-Joe“ von 1964 waren, wie
in vielen anderen Western auch,
die einen in heller Kleidung, die
anderen in schwarzer. Ob auch
die Terroristen diese Kleiderordnung befolgen werden?
Zeman teilte in dem Interview
mit dem Server blesk.cz („Blesk“
ist die tschechische Variante der
„Bild“-Zeitung) auch mit, daß
die Prager Burg 100 Millionen
Kronen in die Verbesserung der
Sicherheitsstandards
stecken
werde, da sie ihren Amtssitz als
mögliches Ziel terroristischer Angriffe sieht. Die Terroristen seien
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