Ertragspotenziale heben

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Wissen und Perspektive
Kommunalgeschäft
Ertragspotenziale
heben
Mit einer klaren Geschäftsstrategie in Bezug auf Marge, Risikobewertung, Volumina
und Kundengruppen ist das Kommunalgeschäft für eine Genossenschaftsbank eine
sinnvolle Erweiterung ihres bestehenden Angebots, wie die Erfahrungen der Volksbank Mittelhessen zeigen.
Markus Krampe und Günther Riedl
V
or fünf Jahren stand die
Volksbank Mittelhessen
vor der Entscheidung, das
Kommunalkreditgeschäft
weiterhin in den dezentralen Betreuungseinheiten zu belassen
oder in einer neuen Abteilung mit
Spezialisten zu konzentrieren, die
auch als zugeordnete Ansprechpartner für die Kommunen zuständig sind.
Mit der Bündelung in einer
neuen Abteilung wurden zugleich
Markus Krampe ist Abteilungsleiter Vertrieb
Öffentliche Kunden bei der WL Bank.
E-Mail: [email protected]
Günther Riedl ist Prokurist der Volksbank
Mittelhessen und in der Abteilung Spezialfinanzierungen und Kommunen tätig.
E-Mail: [email protected]
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die Weichen dafür gestellt, welchen Stellenwert das Kommunalgeschäft zukünftig einnehmen
sollte. Das war im Jahr 2011.
Diese Entscheidung war drei
Jahre nach der Staatsschuldenkrise nicht leicht und ist es heute
noch weniger. Denn aus den unterschiedlichen Ausgangssituationen vor Ort – Steuereinnahmen, Belastungen durch Flüchtlingsversorgung, Investitionsstaus,
demografische Entwicklung und
vieles mehr – resultieren regional
stark divergierende Haushaltslagen bei den Kommunen.
Veränderte Rahmenbedingungen
Zugleich verändern die steigenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Banken auch die Rahmenbedingungen für das Kommunalgeschäft. Geschäfte mit
hohen Volumen und langen Laufzeiten werden durch die zunehmende Bankenregulierung (etwa
Leverage Ratio, Liquiditätsanforderungen) trotz der geringeren
Risiken erschwert. Die Bankenabgabe und mögliche Eigenkapitalbelastungen in der Zukunft – wie
derzeit auf EU-Ebene diskutiert –
führen zu steigenden Kosten.
Das hat viele Geschäfts- und
Landesbanken zu einer geschäftspolitischen Neuausrichtung veranlasst und den Anbieterkreis regional deutlich verkleinert. Lange
Laufzeiten und entsprechende
Zinsbindungen werden nur noch
von wenigen Banken angeboten.
Genossenschaftlichen Geldinstituten, auch solchen mit noch geringer Kundenhistorie in diesem
Geschäftsfeld, bietet das die Gelegenheit, in den Markt einzusteigen oder bestehende Aktivitäten auszubauen. Zwar ist längst
nicht allen Kommunen bekannt,
dass die genossenschaftliche FinanzGruppe überhaupt ein spezifisches Produktangebot für die
öffentliche Hand pflegt. Doch ist
über die WL Bank eine breite Angebotspalette von Kassenkrediten
über langlaufende Kommunaldarlehen mit Zinsbindungen von
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bis zu 30 Jahren bis hin zu Anleihen und Schuldscheindarlehen
verfügbar.
Vor diesem Hintergrund entschied sich die Volksbank Mittelhessen für eine Stärkung des Kommunalgeschäfts. Aufgrund der
Größe des Geschäftsgebiets und
der Anzahl der Kommunen und
der kommunalen Verbände wurde
es in die Abteilung „Spezialfinanzierungen und Kommunen“ integriert und drei Beratern nach Regionen (Nord, Mitte, Süd) zugeordnet. Durch den neu aufgebauten Kontakt zu den Kommunen
betreut die Abteilung inzwischen
73 Kommunen und Landkreise, 28
kommunale Verbände sowie zahlreiche Eigenbetriebe und kommunale Gesellschaften.
„Konzern“ Kommune bietet
Potenzial
Das Geschäftsfeld „Kommunalgeschäft“ wird häufig weitgehend
mit dem reinen Kommunalkreditgeschäft gleichgesetzt. Tatsächlich ist das Kreditgeschäft eine wesentliche Komponente, gerade
aus Sicht der Kommunen. Aus
Die enge Verbindung zu
den Kommunen bringt
oft Hinweise auf interessante Projekte wie beispielsweise den Ausweis
neuer Gewerbegebiete
Banksicht meint das Segment
„Kommunale Kunden“ jedoch
weit mehr als nur den Kommunalkredit. So spielt beispielsweise das
Anlagegeschäft eine wesentliche
Rolle nicht nur in wirtschaftsstarken Regionen, denn selbst Kommunen mit hohem Kreditbedarf
haben gleichzeitig zweckgebundene Rücklagen oder kommunale
Stiftungen und sind verpflichtet,
Anlagen zu tätigen.
Wer die Kommune auch mit
ihren Eigengesellschaften, wie
zum Beispiel den Stadtwerken
oder Wohnungsbauunternehmen,
als „Konzern“ betrachtet, dem
offenbart sich ein großes Geschäftspotenzial für einen ganzheitlichen Vertriebsansatz: Neben Haushaltsfinanzierungen gehört dazu die Finanzierung der
unselbstständigen Eigenbetriebe
sowie der Eigengesellschaften,
aber auch Themen wie Cash Management vom Kassenkredit bis
zum Electronic Banking, Geldanlage und Vermögensmanagement. Häufig unterschätzt werden vorhandene Produkte, wie
der kommunale Bausparvertrag,
den mittlerweile viele Kommunen zur Zinssicherung nutzen.
Auch Kapitalmarktprodukte, wie
Anleihen und Schuldscheindarlehen, bieten insbesondere größeren Kommunen Vertriebschancen,
die nach Möglichkeiten suchen,
ihre Refinanzierungsbasis und dabei die Anzahl potenzieller Anbieter zu erweitern.
Die Volksbank Mittelhessen
pflegt inzwischen eine enge Bindung zu den Kommunen, die
durch feste Gesprächstermine mit
den kommunalen Verantwortungsträgern entstand: Im ersten
Halbjahr Termine mit den Bürgermeistern, im zweiten Halbjahr
Termine mit den Kämmerern
und/oder den Leitern der Stadtoder Gemeindekassen. Außerhalb
dieser festen Termine finden Gespräche zu Sonderthemen, etwa
zu SEPA, VR-RechnungsService
oder dergleichen, statt.
Da die bestehenden Verbindungen der Kommunen zu den
Sparkassen, zur Sparkassenversicherung, zur GVV-Kommunalversicherung und den Versorgungskassen seit Jahren gepflegt wer-
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Wissen und Perspektive
den, gestaltet sich der Cross-Selling-Bereich anspruchsvoll. Der
Impuls für eine Anknüpfung
muss hier über die Bürgermeister
und die Leiter der Fachbereiche
gesetzt werden. Interessante Ansätze bieten sich zum Beispiel im
kommunalen Bausparen (Bausparkasse Schwäbisch Hall), bei
den Sachversicherungen (R+V),
der Beamtenversorgung (R+V,
Pension Consult und Compertis),
der Vermögensverwaltung (DZ
Bank) und dem Zahlungsverkehr.
Cross-Selling-Optionen
Aus der engen Verbindung zu den
Kommunen ergeben sich für die
Volksbank Mittelhessen immer
wieder Hinweise auf interessante
Projekte, wie etwa Sozialimmobilien, neue Bau- und Gewerbegebiete, Fachmarktzentren,
Öffentlich-Private-Partnerschaften
oder im Bereich Erneuerbare
Energie. Die Kommunen sind in
den meisten Fällen erste Anlaufstation für Investoren und Projektierer. Durch diese frühe Kenntnis
hat die Volksbank Mittelhessen einen Informationsvorsprung vor
den Mitbewerbern und kann
frühzeitig Projektfinanzierungen
akquirieren. Die Kommunen als
Informationsquelle und Multiplikatoren zu nutzen – allein das ist
schon ausreichende Motivation,
das Kommunalgeschäft verstärkt
in den Fokus zu stellen.
In den letzten fünf Jahren hat
die Volksbank Mittelhessen ihre
Kompetenz so weit ausgebaut,
dass sie von allen Kommunen und
kommunalen Verbänden in ihrem
Geschäftsgebiet bei Ausschreibungen für Kassenkredite und Kommunaldarlehen angefragt wird. In
Zusammenarbeit mit der WL Bank
können nahezu alle Anfragen abgedeckt werden. Kommunale Anfragen werden von der Volksbank
Mittelhessen direkt an den Verbundpartner aus Münster durchgeleitet, der alles Weitere vom Angebot bis zur Abwicklung übernimmt. Der Kunde erhält so das
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beste Angebot aus der genossenschaftlichen FinanzGruppe.
Gemeinsame Kundenbesuche
stärken zudem die Kompetenz
der Partnerbank. Neben der Erweiterung im Produktangebot,
etwa durch 30-jährige Zinsbindungen, profitiert die Volksbank
von der zügigen Abwicklung und
von der fachlichen Unterstützung
durch die WL Bank bei Veranstaltungen für Kommunen. Auch deren Kontakte zu Interessensvertretungen und Verbänden nutzen
der Volksbank. Zudem können
über sie auch weitere Verbundpartner ins Spiel gebracht werden. So wurden beispielsweise bei
Kapitalmarktprodukten erfolgreiche Geschäfte zusammen mit der
DZ Bank realisiert.
Günstiger Zeitpunkt
Aus den Erfahrungen der Volksbank Mittelhessen ist das Kommunalgeschäft ein lohnendes Geschäftsfeld. Auch ist der Einstiegszeitpunkt zurzeit durchaus
günstig, weil sich viele Mitbewerber aus dem Geschäft zurückgezogen haben und die Förderbanken den Markt nicht allein abdecken können. Außerdem stehen
die Kommunen den Genossenschaftsbanken und der genossenschaftlichen FinanzGruppe insgesamt sehr positiv gegenüber und
schätzen gerade ihre „Bodenständigkeit“ als positive Qualität.
Allerdings rät die Volksbank
Mittelhessen dazu, beim Einstieg
mit einem erfahrenen und bundesweit operierenden Verbundpartner zusammenzuarbeiten.
Denn nur wenige Volksbanken können eine eigene Organisationsstruktur für den öffentlichen Sektor vorhalten, da die kritische Größe nicht erreicht wird.
Die daraus folgende dezentrale
Organisation des Kommunalgeschäfts als eine Nebenaufgabe
für anderweitig spezialisierte
Mitarbeiter führt dazu, dass weder Fachwissen noch Routinen
aufgebaut werden können.
Hinzu kommt, dass andere
Marktteilnehmer, speziell aus
dem Sparkassensektor, in der Vergangenheit im Preiswettbewerb
offensiv unterwegs waren. Die
Kooperation mit einer Pfandbriefbank als Verbundpartner kann
hier aufgrund ihrer Refinanzierungsvorteile deutliche Wettbewerbsverbesserungen bieten.
Wichtig ist aus Sicht der Volksbank Mittelhessen, das Geschäft
bankintern auf einen oder wenige Betreuer zu konzentrieren.
In einigen Volksbanken wird es
sogar als „Chefsache“ behandelt –
der Vorstand betreut die Bürgermeister persönlich und lässt sich
extern unterstützen. In jedem Fall
ist die konsequente Betreuung
durch feste Ansprechpartner innerhalb der Genossenschaftsbank
ein Weg zu größerer Effizienz
und entlastet die anderen Mitarbeiter. Eine Ausbildung der Mitarbeiter im Vertrieb und in der
Marktfolge kann über Angebote
wie der der ADG in Kooperation
mit der WL Bank erfolgen.
Das Kommunalgeschäft wird
wegen zunehmender Regulatorik einerseits schwieriger, andererseits bieten sich aber durch
einsetzende Wettbewerbsveränderungen große Chancen: Während andere sich zurückziehen
oder nur bestimmte (kürzere)
Zinsbindungen darstellen, kann
die genossenschaftliche FinanzGruppe die gesamte Produktpalette anbieten. Davon können
insbesondere solche Volksbanken und Raiffeisenbanken profitieren, für die eine eigene spezialisierte Betreuung nur bedingt
sinnvoll ist. Der gemeinsame
Marktantritt kann hier neue Geschäftspotenziale für die genossenschaftliche FinanzGruppe heben, die politische Vernetzung
der Volksbankvorstände unterstützen und nicht zuletzt Image
und regionale Stellung der Volksbank – gerade gegenüber dem
Sparkassensektor – weiter verBI
bessern.
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