823 BGB Lösung Fall 5

Lösung Fall 5: Mangelhafte Transistoren (BGH NJW 1998, 1942 ff.)
I. Vertragliche Ansprüche
Vertragliche Ansprüche wurden vom BGH nicht behandelt und waren vermutlich verjährt
(damals galt noch § 477 BGB a. F.)
II. Deliktische Ansprüche
Schadensersatzanspruch K gegen V gem. § 823 Abs. 1 BGB
Fraglich ist, ob eine Eigentumsverletzung vorliegt.
1) Eigentumsverletzung bzgl. der von K hergestellten Steuergeräte (Gesamtsache)
Eine Eigentumsverletzung an den Steuergeräten des K ist nicht durch die Herstellung
unbrauchbarer Steuergeräte infolge Verwendung der schadhaften Transistoren eingetreten.
Insoweit hat sich der Produktfehler lediglich auf das Äquivalenzinteresse des K an den
gebrauchsuntauglichen Steuergeräten ausgewirkt, nicht aber das Integritätsinteresse des K
am Bestand unbeschädigten Eigentums beeinträchtigt. Denn der durch den Einbau der
mangelhaften Transistoren eingetretene Unwert der Steuergeräte haftete diesen bereits seit
ihrer Herstellung an und hat sich auch nicht im Steuergerät ausgeweitet („weitergefressen“).
Eine Reparatur ist mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht möglich. Es hat von Anfang
an keine funktionsfähigen Steuergeräte gegeben. Bzgl. der Steuergeräte ist daher der
eingetretene Schaden mit der im Mangel verkörperten Entwertung dieser Geräte „stoffgleich“
(so die Auffassung des BGH).
Der BGH hat daher einen Schadensersatzanspruch für das ganze Steuergerät abgelehnt.
Darauf, dass dieses nicht von V geliefert, sondern von K selbst hergestellt worden war, kam
es nach Auffassung des BGH nicht an.
2) Eigentumsverletzung bzgl. der zusammen mit den Transistoren in die Steuergeräte
eingebauten weiteren Bestandteile (Zutaten)
Nach Auffassung des BGH liegt eine Eigentumsverletzung des K an den zusammen mit den
Transistoren in die Steuergeräte eingebauten weiteren Bestandteilen vor, obwohl diese
Zutaten nicht in ihrer Sachsubstanz verletzt worden sind.
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Eine Eigentumsverletzung setzt nach st. Rspr. des BGH nicht zwingend den Eingriff in die
Sachsubstanz voraus, sondern sie kann auch durch eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung
der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache erfolgen. Der BGH hat es dahingestellt
gelassen, ob insoweit auf die einzelnen Bestandteile oder auf die Gesamtsache abzustellen
sei. Die Eigentumsverletzung wurde im vorliegenden Fall bereits aufgrund der Verbindung der
fehlerfreien mit den fehlerhaften Bestandteilen bejaht, da die zuvor unversehrt im Eigentum
des K stehenden Einzelteile durch das unauflösliche Zusammenfügen mit den fehlerhaften
Transistoren nicht nur in ihrer Verwendbarkeit, sondern auch erheblich in ihrem Wert
beeinträchtigt worden sind (sie wurden wertlos).
Die
Einzelteile
können
nicht
mit
wirtschaftlich
vertretbarem
Aufwand
aus
den
funktionsuntüchtigen Steuergeräten wieder ausgebaut werden und folglich von K nicht mehr
in anderer Weise genutzt werden; die vorher intakten, in die Steuergeräte eingebauten Teile
sind mit dem Zusammenbau wertlos geworden. Daher ist insoweit das Integritätsinteresse des
K verletzt.
Darauf, ob den beschädigten Einzelteilen nach ihrem Einbau noch sachenrechtliche
Selbständigkeit zukommt (§§ 947 ff. BGB), kam es nach Auffassung des BGH nicht an.
In der Literatur wird diese Rechtsprechung teilweise abgelehnt.
Nimmt man mit der Rspr. bzgl. der bei dem Zusammenbau der Steuergeräte verwendeten
„guten“ Zutaten eine Eigentumsverletzung an, so ist diese rechtswidrig. Das Verschulden des
V wurde im konkreten Fall festgestellt.
Achtung:
Das Verschulden des V wird im Rahmen der Produzentenhaftung vom BGH regelmäßig
vermutet (insoweit weicht der BGH also von der gesetzlichen Regel, dass der Geschädigte
das Verschulden beweisen muss, ab; siehe BGH NJW 1999, 1028, 1029 [= Fall 7] m. w. N).
V ist somit nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verpflichtet, dem K die Materialkosten der zunächst
einwandfreien Teile zu ersetzen.
N.B.: Im „Kondensator“-Fall wurden die fehlerhaften Teile beim Ausbau beschädigt. Der BGH
hat dort die Eigentumsverletzung in der Substanzbeeinträchtigung bei der Reparatur der
Regler gesehen – siehe dazu BGH NJW 1992, 1225 ff.
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