Gedanken und Meinungen über die Zukunft der Landwirtschaft 13

Ein
Projekt des s
ramm
Traineeprog au
Ökolandb
Jahrgang
13
Land
WORTE
Titelbild: S. Marahrens / Umweltbundesamt
Gedanken und Meinungen
über die Zukunft der
Landwirtschaft LA
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MF|3
Brücke bauen
Interviews
zwischen 27
konventionellen
Jung-Landwirten und
25 Trainees des
Ökolandbaus.
Medien
Reizthema für die
(konventionelle)
Landwirtschaft?
Gibt es einen Graben
zwischen Öko und
Konventionell?
Wir haben ihn nicht
gefunden.
„Die Menschen
bauen zu viele
Mauern und zu
wenig Brücken.“
Isaac Newton
„Diese Arbeit ist mehr eine
Lebensphilosophie, als ein Job.
Es ist nicht einfach ein 40-Stunden-Job. Du lebst das Ding –
es ist dein Leben.“
Zitat von einem/r der interviewten Landwirt*innen
(im weiteren Verlauf werden Zitate immer in dieser Form und ohne Namensnennung abgebildet,
da die meisten Landwirte anonym bleiben möchten)
Was der englische Physiker und Mathematiker
Isaac Newton schon im 17. Jahrhundert erkannt
hatte, ist aktueller denn je. Dabei sind die realen
Mauern weniger das Problem als diejenigen, die in
den Köpfen der Menschen bestehen. Die Ursachen
dafür sind hauptsächlich Un- oder Missverständnis, Unwissen und daraus resultierende Vorurteile.
Derartige Mauern gibt es immer und überall. Selbst
innerhalb von Gruppen, deren Mitglieder im Grunde
eigentlich die gleichen Ziele verfolgen. Das gilt für
kleine Vereine ebenso wie für Unternehmen, überregionale Parteien oder sogar ganze Branchen.
Die Mauer, auf die wir uns in dieser Broschüre fokussieren, entzweit einen seit Jahrtausenden bestehenden Berufszweig: Die Landwirtschaft hierzulande
wird aufgeteilt in konventionell und biologisch. Diese
Annahme einer bestehenden Mauer stand also im
Raum, als wir, der 13. Traineejahrgang Ökolandbau,
mit unserem Gemeinschaftsprojekt Ende 2015 begonnen hatten. Es lag an uns, herauszufinden, warum
eine solche Mauer in unseren Köpfen existiert. Gibt es
womöglich Gemeinsamkeiten oder nur Unterschiede
zwischen den beiden Bewirtschaftungsformen?
Besteht gegenseitiges Interesse, wenn ja, wie viel und
auf welcher Ebene? Oder kann man gegebenenfalls
von „den anderen“ sogar noch etwas lernen? Was
spricht für gewisse Herangehensweisen, was dagegen? Gibt es überhaupt ein Für und Wider?
Liegt die Problematik bei den Landwirten selbst
oder vielmehr in der Politik oder gar bei den Verbrauchern? Ein weiterer Aspekt für unsere Überlegungen war die Tatsache, dass der Markt für
Biolebensmittel nach wie vor stetig wächst. Um der
geforderten Nachfrage gerecht werden zu können,
fehlen allerdings momentan in Deutschland, aber
auch weltweit, ausreichend Biolebensmittel und zu
deren Produktion der Nachwuchs. Unser Ziel war
es daher, „Brücken zu bauen“ – oder zumindest
mit dem Gießen der Fundamente zu beginnen.
Auf der Suche nach Beweggründen war uns wichtig,
zu verstehen, warum es verschiedene Ansätze sowie
Meinungen gibt und diese Erkenntnisse verständlich weiterzugeben. Dabei wollten wir keinesfalls
irgendjemanden anprangern oder besserwisserisch
belehren, vielmehr standen ehrliche und vielschichtige Antworten im Vordergrund. Als beste Option
dafür erschien es uns daher, die gewünschten Informationen per Interview zu generieren. Schnell war
uns dann auch die Zielgruppe klar: Junge konventionelle Landwirte, die vielleicht noch am Anfang ihrer
Berufslaufbahn stehen, von Bio gegebenenfalls schon
einmal etwas gehört und Interesse am Ausprobieren
sowie Optimieren haben.
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Unsere Hoffnung war es, dass sie unserem Projekt trotz einiger Mauern offen gegenüberstehen
und uns beim Gießen der Fundamente für die
Brücken behilflich sein würden. Schlussendlich
waren wir sehr überrascht von der erstaunlichen
Resonanz und dem großen Interesse, das unserem
Projekt „Brücken bauen“ entgegengebracht worden war: Insgesamt 27 junge Landwirte aus ganz
Deutschland haben wir gefunden, die sich bereit
erklärt haben, sich den Fragen unseres Interviewleitfadens zu stellen. Auf den nächsten Seiten
sind die daraus entstandenen Ergebnisse sowie
Erkenntnisse zusammengefasst dargestellt.
Die Trainees und das Konzeptionsteam des Traineeprogramms
Mit unserem Gemeinschaftsprojekt 2015/2016
möchten wir einen Beitrag zur Förderung des Dialogs
zwischen einzelnen Vertretern der deutschen Landwirtschaft leisten. Ein „Aufeinander zugehen“
ist unabdingbar - vor allem im Hinblick auf die aktuellen Geschehnisse, die die Landwirtschaft allgemein
vor große Herausforderungen stellen: Die geplante
Neuzulassung von Glyphosat, die extrem niedrigen
Milch- und Schweinepreise (v.a. im konventionellen
Bereich), TTIP, CETA, um nur einige zu nennen…
Inhalte
Sprache In unserer Gemeinschafts-Zeitschrift werden je nach Autor*in unterschiedliche
Gender-Formen verwendet. Allerdings wollen wir damit – in welcher Form
auch immer – grundsätzliche immer alle Geschlechter ansprechen.
von Marianne Quelle
2
Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken.
Die Ziele und Herangehensweisen unseres Gemeinschaftsprojekts
5
Der Enkel übernimmt‘s Bärenbachhöfle.
Der Erlebnisbericht des Interviews bei Michael Kurz
9
Bio = logisch?
Eine Analyse der gesammelten Meinungen
15
Medien – Reizthema für die (konventionelle) Landwirtschaft?
Eine kritische Betrachtung der medialen Darstellung von Bio und Konventionell
17
Die nächste Generation Landwirtschaft
Unser Besuch bei der Landwirtschaftsschule Kempten im Allgäu
19
Dialog wagen
Plädoyer für einen sachlichen Austausch auf Augenhöhe
23
Wir Trainees
23
Impressum
24
Was ist das Traineeprogramm Ökolandbau?
25
Schluss Worte
Ein Résumé unserer Erfahrungen
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ein
Erlebnis
bericht
Der Enkel
übernimmt‘s
Bärenbachhöfle
Meine Sorgen zeigt sich schon in den ersten fünf
Minuten als unbegründet, denn Michael entpuppt
sich als ein sehr freundlicher und ruhiger Mensch.
Als wir ankommen, werkelt er gerade an dem Bau
eines neuen Unterstandes herum. Als wir ihn fragen
wo wir das Interview machen sollen, breitet er nur
kurz die Hände aus und meint „Hier?“. Für mich als
Protokollantin organisiert Jörg mir noch schnell einen
klapprigen Plastikstuhl und schon geht es los. Michael
fragt uns: „Was macht ihr eigentlich hier?“, „Wieso um
alles in der Welt wollt ihr ein Interview über meinen
Alltag hier führen?“. Jörg erklärt kurz: „Wir sind
Trainees im Ökolandbau und interviewen konventionelle Junglandwirte…“. Michael zuckt zustimmend
mit den Achseln und meint: „Na dann, ich hoffe ich
kann euch helfen…“, und wir starten das Interview.
Michael Kurz ist auf dem Hof aufgewachsen und
auch während seiner Ausbildung als Landmaschinenmechaniker war er immer an Ort und Stelle.
Als 2011 sein Großvater plötzlich nicht mehr in
der Lage war, den Hof alleine zu bewirtschaften,
war für ihn klar, dass er einspringen wird. Seit 2015
besucht Michael Kurz nun nebenbei die Abendschule für Landwirtschaft. Auf mich wirkt es so,
als sei er das Herz und die Seele des Hofes.
E s ist Samstagnachmittag, Anfang März, die Sonne
scheint und es wirkt fast so, als hätte sich der Frühling
endgültig durchgesetzt. Sowohl für Jörg, als auch für
mich, wird das heutige Interview unser Erstes sein,
zum Thema: „Brücken bauen zwischen der konventionellen und der biologischen Landwirtschaft“. Ich
bin etwas nervös, da ich weiß, dass ich hier mitten
auf der schwäbischen Alb als Hessin „dialekttechnisch“ nicht wirklich mithalten kann und wahrscheinlich mehr als einmal das Interview mit einem „Wie
bitte…?“ unterbrechen muss. Auch Jörgs Auto, auf
dem dick gedruckt „GO VEGAN“ klebt, erscheint mir
in Anbetracht der Tatsache, dass das Bärenbachhöfle
ein Milchviehbetrieb ist, eine dezente Provokation.
Als ich vorsichtig nachfrage, ob es trotzdem etwas
gibt, was er ändern wird, wenn er dann den Hof
von seiner Mutter übernimmt, zögert er nicht lange
und antwortet: „Ein bisschen wachsen könnten
wir schon noch. Ein paar mehr Milchkühe und eine
intensivere Düngung, um die Erträge zu steigern,
sind meine Ziele“. Die Ausbildung, so sagt er, hätte
ihm gerade durch die viele und alltägliche Arbeit
auf dem Hof sehr viel gebracht. Zum Beispiel das
Thema Leguminosen-Anbau hätte ihm einen neuen
Horizont eröffnet. Es scheint ein Thema zu sein,
welches Michael bewegt, denn auf einmal wird
er energischer und sagt: „Es ist doch so, gerade
Milchviehbetriebe verwenden heute hauptsächlich
importiertes Soja als Eiweißfutter für ihre Kühe. Für
den Anbau dieses Sojas werden jedoch irgendwo auf
der Welt Wälder abgeholzt. Das ist eine Schande,
wenn man bedenkt, dass man auf seinen eigenen
Feldern, hier vor Ort Ackerbohnen anbauen kann,
die die Kühe mit ausreichend Eiweiß versorgen.“
Michaels Meinung zum Leguminosen-Anbau bestärkt
mich. Dann können wir jetzt bestimmt die Bio-Fragen
stellen. Jörg fängt vorsichtig an: „Das hört sich ja fast
nach biologischer Landwirtschaft an, oder?“. Michael
zuckt die Achseln und antwortet nach kurzer Überlegung: „Über biologische Landwirtschaft mache ich
mir wenig Gedanken. Meine Kühe sind den Sommer
über auf der Weide, denen geht es auch nicht schlechter als den Demeter-Kühen im Nachbardorf.“ Vorsichtig hake ich nach „… ja und hast du jemals daran
gedacht umzustellen?“ frage ich Michael. „Nein,
nie. Wenn ich mir vorstelle, ich dürft meine Äcker
nicht mehr mit Pflanzenschutzmitteln bearbeiten,
erscheint mir das deutlich zu arbeitsintensiv und ineffizient.“ Nach einer längeren Diskussion wird jedoch
klar, dass das, was Michael Kurz hemmt, im Grunde
die ständige Kontrolle seiner Arbeit von Externen ist.
„Ich will mich nicht Jahr für Jahr, Monat für Monat,
Tag für Tag für alles rechtfertigen, was ich auf meinem
Hof tue. In der Landwirtschaft sollte es um Vertrauen
gehen und das kommt meiner Meinung nach, mit all
ihren Zertifikaten und Kontrolleuren, abhanden“ sagt
Michael und fährt fort: „Für mich ist eine moderne
Landwirtschaft in erster Linie so regional wie möglich.
Schon heute verkaufe ich meine Milch und mein
Fleisch an die lokale Molkerei und einen lokalen
Schlachter. Wenn ich es in den nächsten Jahren noch
schaffen sollte, eigene Ackerbohnen anzubauen, dann
bin ich für mich schon ein gutes Stück weiter gekommen. Der Reiz der Landwirtschaft liegt für mich in
der Balance zwischen Selbstständigkeit und Verantwortung, die die Arbeit auf dem Hof mit sich bringt.“
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„Verliere ich
meine Selbstständigkeit
durch zu viel
Kontrolle von
außen, fällt für
mich ein Großteil des Reizes
an der Landwirtschaft weg.“ Michael Kurz
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Nun kommen wir zu unserer finalen Frage: „Mal angenommen, du würdest 1 Million Euro gewinnen, was
würdest du hier ändern?“, fragt Jörg. Michael überlegt
einen Moment und antwortet: „Ich würde einen neuen
Laufstall für meine Kühe bauen und einige Maschinen
kaufen… Wenn das Geld dafür reichen würde“. Ich
unterbreche ihn: „Und wenn Geld keine Rolle spielen
würde?“. Michael überlegt wieder kurz und meint
dann: „Ganz ehrlich? Ich würde trotzdem morgens
aufstehen und in den Stall gehen und melken. Ich
würde trotzdem meine Felder bewirtschaften.“
Er lebt für
den Hof und
die Arbeit die
ihn mit ihm
verbindet.
Daran können
Milliarden von
Euros nichts
ändern.
Nach zwei Stunden, einem Interview im Freien unter
Sonnenschein und einem netten Spaziergang über
das Bärenbachhöfle, fühle ich mich viel besser als
vorher. Ich bin Michael Kurz dankbar, dass er mir mal
wieder gezeigt hat, dass wir eigentlich doch alle für
ein einziges Ziel arbeiten: Es geht uns allen doch im
Grunde um das Leben und Leben lassen, zwischen der
Natur und dem Mensch. Und auch wenn die Wege,
wie wir dieses Leben erreichen wollen, unterschiedlich sind, so bleibt uns doch immer das gleiche Ziel.
von Antonia Kotschi
Was würdest du
mit 1 Mio. €
machen?
Ich würde mein Weingut umgestalten.
… in Maschinentechnik investieren.
… Schulden tilgen.
… zum Wohle aller einsetzen.
… größere Ballenpresse kaufen.
… alles auf den neusten Stand bringen.
… Hofladen …
… weiter machen wie bisher.
… größerer Hühnerstall …
… Kuhstall mit genug Auslauf …
… Bauer sein.
… der Tierhaltung zugute kommen lassen.
… was Besseres.
… gar nichts mehr.
… kleiner werden.
… in Direktvermarktung umbauen.
… nicht aufhören.
… Bahamas.
… schickes Haus mit Pool.
… mein Hobby finanzieren.
… Selbstverwirklichung.
gesammelte Antworten
aller Interviewten.
Wem gehört der Hof ?
Gesammelte Antworten der 27 befragten Landwirt*innen:
Alter
Mein eigener Hof
z. T. mein eigener Hof
k.A.
20–25
26–30
4
1
1
1
4
bald mein eigener Hof
31–35
1
1
18,5 %
29,6 %
1
14,8 %
40,7 %
1
18,5 %
3
7
nicht mein eigener Hof
keine Angabe
>35
29,6 %
11,1 %
1
7,4 %
1
7,4 %
22,2 %
„Ich finde, dass die Akteure der
Landwirtschaft, also z.B. die
Biobranche und die konventionelle
Branche, aufhören sollten sich
selbst zu zerfleischen und
gegeneinander auszuspielen und
stattdessen mehr zusammenstehen
und an einem Strang ziehen.“
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Bio = logisch?
Brücken bauen statt Gräben ziehen. Anstatt mit
missionarischem Eifer loszuziehen, lieber mit offenen
Ohren zuhören, was junge konventionelle Landwirte
über Biolandbau wissen und denken. Genau so haben
wir unsere Interviews gestaltet und möchten hier
einen Teil der gesammelten Meinungen wiedergeben.
… geringe
re
Fruchtbark Boden-­‐ eit ohne Minerald
ünger und Klärs
chlamm …von Poli6k
abhängig … mit Landscha9s-­‐ pflegeverträgen nicht kompa6bel …Nische …Verm
arktun
ere …höh ilität stab
Preis rämien …P
für Flächen
Interesse an Bio?
Antworten der 27 befragten Landwirt*innen;
graphisch nach prozentualer Häufigkeit der Aussage dargestellt.
Von innen nach außen lesen.
g …noch nicht genug mit beschä9igt …k.A. Die meisten der Interviewten halten die Bewirtschaftung ihrer Betriebe nach biologischen
Standards für ausgeschlossen. Neben persönlichen
Gründen, wie fehlende Überzeugung von Bio, wurden
fachliche Bedenken geäußert. Diese reichen von
Kritik am Einsatz von Kupfer zur Pilzbekämpfung
bis zur Angst vor drohendem Preisverfall aufgrund
eines Überangebots an Bio-Rohware. Auch die
allgegenwärtige Flächenknappheit in Verbindung
mit hohen Pachtpreisen wurde als Hinderungsgrund genannt. Bei einigen ist die Umstellung auch
aufgrund bereits getätigter Investitionen in Biogasanlagen oder Stallneubauten ausgeschlossen.
Trotz dieser Entscheidung gegen die biologische
Bewirtschaftung, hatten unsere Interviewpartner
sich teilweise schon mit speziellen Aspekten des
Biolandbaus auseinandergesetzt. Einzelne interessieren sich bspw. für mechanische Unkrautbekämpfung, für symbiotische Pflanzen, Mischkulturen oder
den Anbau von Leguminosen. Einer der befragten
Winzer wendete bereits bio-dynamische Präparate
zur Bodenverbesserung und Pflanzenstärkung an.
Persönliches Interesse oder Freunde und Bekannte im
näheren Umfeld gaben dabei meist den ersten Impuls.
Das Thema Ökolandbau war bei keinem unserer
Interviewten in der Lehre fest verankert.
Was ist heute noch wirklich Bio? Diskussionen
über Bio-Kartoffeln aus Ägypten, in Plastik eingeschweißte Bio-Produkte im Discounter oder über
weite Strecken transportierte Bio-Milch sind oft
genutzte Beispiele, um die Sinnhaftigkeit von Bio zu
hinterfragen und wurden auch in unseren Interviews
aufgegriffen. Können aber Umweltschäden durch
Transport und Verpackung mit einer umweltschonenden Produktionsweise verrechnet werden? Ist
Bio in Wahrheit ein versteckter Klimakiller? Nein,
denn CO2 entsteht nicht erst beim Verpacken und
Versenden von Lebensmitteln. Synthetische Dünger
und Pflanzenschutzmittel werden unter großem
Energieeinsatz hergestellt. Dabei werden fossile
Brennstoffe verbraucht und CO2 freigesetzt. Durch
den Verzicht auf diese Mittel spart die Bio-Landwirtschaft daher etliche Tonnen CO2 im Jahr ein.
Weiterhin verursacht der Anbau von Futtersoja in den
Tropen und die damit verbundene Abholzung des
Regenwaldes riesige CO2-Emissionen. Die Menge
an Bio-Soja ist hierbei verschwindend gering. Diese
Punkte sind dem Verbraucher jedoch meist nicht
bewusst. Durch dessen zunehmende Entfernung
von der landwirtschaftlichen Produktion fängt der
ökologische Fußabdruck eines Lebensmittels anscheinend erst da an, wo er es sieht – verpackt im Laden.
Ok, aber zurück zur Basis. Was bedeutet Bio
für den Landwirt? Oft bedeutet Bio erstmal eins:
Mehr Arbeit. Dieser höhere Arbeitsaufwand wurde
insbesondere von unserem interviewten Nachwuchs
kritisch betrachtet. Zum einen bedeutet dieser gerade
für Familienbetriebe meist eine höhere Gebundenheit an den Betrieb und zum anderen treibt er
die Personalkosten in die Höhe. Durchschnittlich
sind diese bei Bio 1,5x höher als bei konventionellen Betrieben. Diese Mehrkosten werden im
Durchschnitt jedoch durch den geringeren Materialaufwand ausgeglichen. Dieser ist nicht zuletzt
wegen des Verzichts auf zugekaufte synthetische
Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger geringer
als bei vergleichbaren konventionellen Betrieben.
Warum wirtschaftet jemand überhaupt ökologisch?
Unsere interviewten Landwirte nannten hierzu
zweierlei Motive: Persönliche Überzeugung der
Betriebsleiter und deren Kritik an konventionellen
Anbaumethoden, sowie wirtschaftliche Erwägungen
(Öko-Prämie, Nutzung anderer Vermarktungsmöglichkeiten). Interessant ist, dass ein Einklang dieser
beiden Motive in den allgemeinen Vorstellungen über
Bio nicht zu existieren scheint. Woran liegt das?
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Bio boomt – Aber wird Bio bald die Welt ernähren?
Eher nicht. Deutlich wird dies am Beispiel Bundesrepublik Deutschland: Im Jahr 2015 betrug der
Bio-Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen
Fläche 6,4%, in der gesamten EU waren es 5,7%.
Bio ist also noch weit weg davon die Welt zu ernähren.
Zudem herrscht in einer Industrienation, wie der unseren für Bio ein deutlich zu hoher Fleisch-und Wurstkonsum. Den könnte Bio gar nicht decken. Zusätzlich
landen jährlich ca. 11 Millionen Tonnen Essen gar
nicht erst auf dem Teller, sondern gleich in der Tonne.
Also haben wir nur ein Verteilungsproblem?
Nein. Unser Problem ist nicht nur die Verteilung –
es ist die Veredelung. Global gesehen besteht keine
Nahrungsmittelknappheit; die Lebensmittelindustrie produziert derzeit jährlich Nahrung für
12 Milliarden Menschen. Es gibt also genug. Die
Gründe für Hunger sind heute politischer, wirtschaftlicher und soziologischer Natur. Weltweit
wird ca. ein Drittel der Ackerflächen genutzt, um
den überhöhten Fleischkonsum der Industrieländer, sowie den zunehmenden Fleischkonsum der
Schwellenländer zu decken. Die Ärmsten dieser
Welt produzieren also landwirtschaftliche Rohstoffe in Massen für den Export und können sich
anschließend jedoch eigene Nahrung nicht leisten.
Skepsis gegenüber Bio
Und was ist jetzt die Lösung? Bio?
Bio wirkt einigen dieser Effekte zumindest ein
wenig entgegen. Als in sich geschlossene Logik der
Lebensmittelproduktion ist bspw. die Tierhaltung
flächengebunden und daher nicht beliebig erweiterbar. Die Futtermittel müssen ebenfalls ökologisch
angebaut werden und sichern so eine umweltschonende Erstproduktion ohne Gentechnik. Das Ideal
der globalen Bio Landwirtschaft jedoch fordert mehr:
Einen Verbraucher, der seine Essgewohnheiten
reflektiert und durch eine ausgewogene Ernährung
auch zu einer vielseitigen Landwirtschaft beiträgt,
gesellschaftliche Verantwortung aller an der Lebensmittelproduktion beteiligten Akteure (keine Schuldverteilung zwischen Landwirten und Kosumenten,
oder noch schlimmer zwischen Konventionell und
Bio) und politische Entscheidungen, die Landwirten
ermöglichen von Ihrer Arbeit leben zu können.
Was wollen wir der Bio-Branche raten?
Nehmt die Leute mit. Gerade die junge Generation
unserer konventionellen Kollegen ist nicht von
Vorurteilen oder Ablehnung gegenüber der biologischen Landwirtschaft geprägt. Bio wird von vielen
als alternative Produktionsweise wahrgenommen.
Trotzdem werden viele Aspekte von Bio teils sehr
kritisch hinterfragt. Frustrierend ist für die junge
Generation vor allem auch die einseitige mediale
Darstellung der konventionellen und ökologischen
Landwirtschaft. Die Fragen nach Mainstream oder
Nische, die Diskussion um Mehrwerte wie Regionalität, soziale Aspekte und Saisonalität, sowie die Kritik
an der zunehmenden Bürokratisierung sind auch in
der Bio-Branche aktuelle Themen. Lasst die Öffentlichkeit an unserer Diskussion teilhaben. Bio steht
seit seiner Entstehung für Transparenz und Authentizität. Nur wenn wir uns mit Kritik offen auseinandersetzen und uns eingestehen, dass auch Bio noch
nicht perfekt ist, können wir diese Werte erhalten.
von Lisa König
Wer aus Geldgründen umstellt ist nicht Bio!?
Tatsächlich wurde festgestellt, dass Landwirte,
die aus wirtschaftlichen Beweggründen umstellen, eher wieder zur konventionellen Wirtschaftsweise zurückkehren als „Überzeugungstäter“.
Dennoch hilft weder Überzeugung ohne buchhalterisches Geschick, noch Wirtschaftlichkeit ohne
Kenntnisse der Grundsätze des Ökolandbaus.
Denn diese werden regelmäßig kontrolliert.
Früher noch in einer eher „kollegialen“ Selbstkontrolle, heute per Gesetz. Seit 1991 ist der Begriff
Bio rechtlich geschützt und genau das ist Teil des
heutigen Problems. Denn obwohl viele Elemente
der biologischen Landwirtschaft als positiv wahrgenommen werden, wird den Bestimmungen der
EG-ÖKO-VO oft Willkür und Sinnlosigkeit unterstellt.
Die Kontrollen selbst hingegen werden häufig als zu
schwammig und bürokratisch empfunden. Zumindest in diesem Punkt sind sich konventionelle und
ökologische Landwirte einig. Ob das der Bio-Branche
nutzt ist dabei eine andere Frage. Spätestens mit
der anstehenden Revision der EG-ÖKO-VO könnten sich jedoch auch hier die Karten neu mischen.
Wie sieht sie also aus - Die Zukunft von Bio?
Auch hier spiegeln unsere Interviews viel öffentliche
Meinung wider. Einerseits wird prophezeit, Bio entwickle sich weiter zu einem elitären Marktsegment
und bleibe eine lohnende Nische, andererseits heißt
es, Bio erweise sich als unrentabel, da die Inlandserträge im Preiskampf mit Importwaren nicht mithalten
können. Insgesamt herrscht jedoch die einheitliche Meinung, dass der Bio-Markt weiter wachsen
wird. Die offiziellen Zahlen geben dem Recht.
„Ich denke, man muss sich immer
alle Optionen offen halten als
guter Unternehmer und über den
eigenen Tellerrand blicken. Dies
ist vor allem wichtig, weil du
in Deutschland immer weniger
machen darfst. Und vor allem ist
Boden nicht vermehrbar.“
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i
trie
33%
be
21%
21%
„Ein anderes Problem ist, dass
die Biobranche jungen konventionellen Landwirten nicht unbedingt
Mitgestaltungsmöglichkeiten
anbietet, sondern Lösungen
vorgibt.“
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be
B
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Ge
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Viehaltung (Schweine und Kühe)
Grünlandbetrieb
Weinbau
Milchviehbetrieb
Ackerbau
Gemischtbetriebe
sc
z
u
m
„Bio ist eigentlich keine
Alternative, weil man bei Bio so
eingeschränkt ist. Man kann bei
uns nicht mehr richtig arbeiten,
vor allem aufgrund der strikten
Auflagen und strengen Regeln. Man
müsste den Kühen auch im Winter
einen Auslauf bieten und bei vielen
Bauern ist das nicht umsetzbar,
weil das einfach vom Platz her
nicht geht.“
4%
4%
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17%
Betriebsausrichtung
der 27 interviewten Landwirt*innen
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„Erstrebenswert ist, wenn du im
Einklang mit der Natur bist, wenn
es den Tieren gut geht und wenn du
davon leben kannst – aber das muss
nicht Bio sein.“
Medien – Reizthema
für die (konv.)
Landwirtschaft?
W
ieder ein neuer Skandalbericht über die Landwirtschaft im Fernsehen, in der Presse oder im Internet.
Zum Beispiel mit der Schlagzeile: „Verheizt
1 www.swr.de/report
für billige Milch – das Leben der deutschen
„Trächtige Kühe im Schlachthof –
Turbokühe“ im Ersten bei „Report Mainz“¹.
Tausende ungeborene Kälber
ersticken qualvoll.“
Als Trainee der ökologischen LandwirtAbruf am 08.04.2016
schaft lasse ich mich von solchen Berichterstattungen nicht aus der Ruhe bringen,
sondern setze mich objektiv und auf kritischer Ebene
mit deren Inhalten auseinander. Aber wie gehen
Landwirte mit diesen Negativschlagzeilen um? Sind
die konventionelle und ökologische Landwirtschaft
gleichermaßen betroffen? Wie sollten wir reagieren?
Welchen Einfluss
haben negative
Schlagzeilen auf
die Landwirte?
Im Rahmen unseres Projektes haben wir 27 konventionelle Landwirte auch zum Thema Medien interviewt. Die Auswertung der Befragungen zeigt, dass
sich mindestens neun der Befragten negativ über
die Medien geäußert haben. So sah ein Landwirt das
Problem vor allem darin, dass die Medien nur auf
Schlagzeilen aus seien und deshalb wichtige Details
ausließen. Ein anderer beschrieb es folgendermaßen:
„… man fühlt sich durch den Kakao gezogen und
schlecht gemacht…“ Selten käme im Fernsehen ein
positiver Bericht über die Landwirtschaft. Derselbe
Landwirt gab zu bedenken: „An die Medien kommt
man nicht ran – die wollen das auch gar nicht.“ Seine
Forderungen an eine sachliche Berichterstattung
habe er in Leserbriefen an die Medien geäußert,
bisher ohne angemessene Reaktion. Ein weiterer
Landwirt berichtete, dass bei einem Einbruch in
seinen Stall Aufzeichnungen gemacht worden waren,
die, in zusammengeschnittener Form, einen angeblichen Missstand in seiner Tierhaltung zeigten.
Zudem sind zwei der befragten Landwirte der
Ansicht, dass der Biolandbau durch die Medien
deutlich positiver dargestellt wird als die konventionelle Wirtschaftsweise. Den Medien zufolge sei nur
der Ökolandbau die einzig gute Landwirtschaft.
Wird dem
Ökolandbau
der mediale
Lorbeerkranz
aufgesetzt?
Nicht wirklich. So haben
2 www.sueddeutsche.de
München: „HerrmannsTierschützer Anfang des
dorfer Landwerkstätten:
Jahres „recherchiert“, dass
Kritik an der Tierhaltung“
Abruf am 12.04.2016
es auch in der Schweinehaltung der Herrmannsdorfer Landwerkstätten – einem
Öko-Vorzeigebetrieb – Probleme mit der Tiergesundheit gibt. Dort würden doch tatsächlich Antibiotika
zur Behandlung erkrankter Tiere eingesetzt!²
Doch dass auch Ökobetriebe im Rahmen der EU-ÖkoVerordnung bzw. der Verbandsrichtlinien unter
tierärztlicher Indikation Antibiotika einsetzen dürfen,
bleibt unerwähnt.
Wir sitzen alle
in einem Boot!
Ein kürzlich im NDR gelau3 www.ndr.de/fernsehenPanorama – Die Reporter;
fener Bericht der Sendung
„Die Ramschkälber“
„Panorama – die Reporter“
Sendung 514264
mit dem Titel „Die Ramsch- Abruf am 08.04.2016
kälber“ thematisiert den Verbleib von männlichen Kälbern aus Milchviehrassen,
die nicht in die Mast verkauft werden können³. Dieser
Bericht zeigt Interviews mit Milchviehhaltern, ohne
Unterscheidung zwischen ökologischer und konventioneller Haltung. Weiterhin habe der niederländische
Landwirtschaftsminister bekannt gegeben, dass an
sogenannten Sammelstellen wöchentlich rund 200
Kälber zurückbleiben, die nicht vermarktungsfähig
seien. Diese würden geschlachtet oder eingeschläfert.
Hierzu eine Anekdote aus meinem Trainee-Alltag:
Das Telefon klingelt. Eine Verbraucherin ist am
anderen Ende der Leitung! Sie sucht nach einem
Biomilchviehhalter, der seine männlichen Kälber
eben nicht in die konventionelle Mast verkauft. Ah
ja, denke ich und versuche ihren Ausführungen zu
folgen… Ich erkläre ihr, dass es auch im Ökolandbau
auf Milchviehhaltung spezialisierte Betriebe gibt und
dass es oft nicht wirtschaftlich ist, die männlichen
Kälber nach Öko-Richtlinien aufzuziehen. Am Ende
des Gesprächs kann ich die Frau tatsächlich an einen
Milchviehhalter vermitteln, der so wirtschaftet, wie
sie es sich vorstellt… Aber halt - nach dem Gespräch
habe ich ein ungutes Gefühl. Die Dame war sehr
fordernd, zugleich freundlich und zudem sehr gut
informiert. Habe ich da etwa mit einer Journalistin
telefoniert? Und das als Trainee in der Beratung für
ökologischen Landbau. Mir wird ganz schlecht…
Was habe ich daraus gelernt? Schlussendlich war
die vermeintliche Journalistin wohl doch nur eine
gut informierte Verbraucherin… Dies zeigt aber, wie
aufrichtig das Interesse der Verbraucher an der Landwirtschaft sein kann und dass wir dieses Interesse
ernst nehmen müssen. Ich finde, wir sollten jede
Gelegenheit nutzen, sachliche und vor allem ehrliche
Informationen an die Medien weiterzugeben – egal
ob Bio oder Konventionell. Gleichzeitig müssen wir
aber deutlich machen, dass wir ebenfalls Sachlichkeit und Ehrlichkeit von den Medien erwarten!
von Susanne Göring
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Besuch
in einer
Landwirtschaftsschule
Die nächste
Generation
Landwirtschaft
D
ie nächste Generation von Landwirten steht
in den Startlöchern, um die zukünftige Produktion von Lebensmitteln und die Gestaltung der
Umwelt zu prägen. Die angehenden Landwirte
eignen sich an Landwirtschaftsschulen das nötige
Wissen für die Bewirtschaftung ihrer Höfe an.
Um unterschiedliche Meinungen zu sammeln und um
gemeinsam zu diskutieren, suchen wir das Gespräch
mit den Schülern des ersten Semesters in einer
ausgewählten Landwirtschaftsschule. Wie stellen sich
die Schüler die Zukunft der Landwirtschaft vor? Und
wie bewerten sie die ökologische Landwirtschaft?
Die Schüler des ersten Semesters
Bei unserer Ankunft in der Schule empfangen uns die
Lehrkräfte und Schüler sehr freundlich. Die Neugier am Traineeprogramm und an unserem Projekt
ist groß. Die Schüler stammen überwiegend von
Milchviehbetrieben. Die Größe und Ausrichtung der
vertretenen Betriebe deckt die gesamte Bandbreite
der regionaltypischen landwirtschaftlichen Strukturen ab. Uns bietet sich damit eine interessante
Mischung für unser Projekt. Da fünf der 17 Schüler
von einem ökologisch bewirtschafteten Betrieb
stammen, kommt es innerhalb der Klasse regelmäßig zum Austausch und zu Diskussionen über die
konventionelle und ökologische Wirtschaftsweise.
Leberkässemmeln und Diskussionen
Unser Treffen erstreckt sich über einen ganzen
Vormittag – inklusive Brotzeitpause, in der wir
von den Schülern zu Leberkäsesemmeln eingeladen werden. Die Schüler bearbeiten in Gruppen zunächst verschiedene Fragestellungen zu
den Themen „Landwirtschaft“, „Landwirtschaft
in der Zukunft“ und „Ökologische Landwirtschaft“, präsentieren anschließend die Ergebnisse und diskutieren gemeinsam darüber.
Ab ins Allgäu
Bei der Suche nach passenden Interviewpartnern werden wir bei der Landwirtschaftsschule
Kempten im Allgäu fündig. Die Schulleitung ist
von unserem Projekt „Brücken bauen“ und unserer Idee, eine Zeitschrift zu entwerfen, sofort
begeistert. Im Allgäu, einer Grünlandregion, ist die
Landwirtschaft überwiegend von der Milchviehhaltung geprägt und die ökologische Landwirtschaft weit verbreitet. Auch im Schulunterricht
spielt die ökologische Landwirtschaft eine Rolle.
Pro und Contra Landwirtschaft
Für die Landwirtschaft begeistern sich die Schüler
vor allem aufgrund ihrer Vielseitigkeit. Besonders
schätzen sie den Bezug zur Natur und den Erhalt der
heimischen Kulturlandschaft. Aus ihrer Sicht überwiegen deutlich die Vorteile ihres Berufs. Gleichzeitig
sind sie sich dessen bewusst, dass unter anderem die
enge Bindung an die Hofstelle, die große Abhängigkeit von Politik und Markt, die hohen Anforderungen
der Gesellschaft sowie die Hindernisse beim Aufbau
von Partnerschaften erhebliche Einschränkungen
gerade für junge Menschen bedeuten können.
Die Zukunft der Landwirtschaft
Die Schüler streben eine moderne Landwirtschaft
an, in der verantwortungsvoll mit Ressourcen
umgegangen wird und maximale Tierwohlstandards umgesetzt werden. Intensive Mastbetriebe
sowie Umweltbelastungen durch unsachgemäßen
Einsatz von Antibiotika sowie Pflanzenschutzund Düngemitteln nehmen sie als Problemfelder
der konventionellen Landwirtschaft wahr.
Die Zukunft der Landwirtschaft - insbesondere in
ihrer Region - sehen die Schüler in der regionalen
Vermarktung von Qualitätsprodukten. Die Entwicklung ihrer eigenen Betriebe hängt allerdings stark
von der politischen Entwicklung, den Erschwernissen durch zunehmende Bürokratisierung und der
Entwicklung der Pachtpreise ab. Gleichzeitig wird die
Rolle der Landwirte als Ernährer einer stetig wachsenden Weltbevölkerung immer bedeutungsvoller.
Bewertung des Ökolandbaus
Die ökologische Wirtschaftsweise nehmen die Schüler
als nachhaltiges System wahr. Allerdings stellt das
aktuelle Wachstum des Bio-Marktes für viele in der
Klasse nur eine vorübergehende Erscheinung dar, die
mit der aktuellen Kaufkraft der Gesellschaft zusammenhängt. Als Risiken des Ökolandbaus geben die
Schüler die Anfälligkeit gegenüber Skandalen in der
Bio-Branche und die Begrenztheit des Marktes an.
Viele stehen dem strengen Kontrollsystem und der
Vielzahl an Vorschriften skeptisch gegenüber. Ein
Teil der Schüler empfindet das strenge Kontrollwesen allerdings als wichtiges Instrument zur klaren
Abgrenzung von der konventionellen Branche und
als notwendige Grundlage zur Erzielung hoher
Preise und Erlöse. Die höheren Gewinne sind für die
gesamte Klasse aber auch durch den aus ihrer Sicht
deutlich höheren Arbeitsaufwand gerechtfertigt.
Unsere Eindrücke
Der Ökolandbau ist für die Schüler ein aktuelles
Thema, mit dem sie sich beschäftigen. Wir als Moderatoren sind beeindruckt, wie offen und tiefgründig
die Diskussionen innerhalb der Klasse verlaufen.
Für uns war der Besuch ein absolutes Highlight
und wir möchten uns hiermit auch herzlich bei
der Schulleitung und dem ersten Semester der
Landwirtschaftsschule Kempten bedanken!
von Katharina Schraag & Christoph Schinagl
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Dialog wagen
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ie Auseinandersetzung mit dem Thema „Brücken
bauen“ im Rahmen unseres Gemeinschaftsprojekts
hat uns gezeigt, dass ein unvoreingenommener und
respektvoll geführter Dialog mit der Biobranche auch
von Vertretern der konventionellen Landwirtschaft
grundsätzlich gewünscht und als überfällig angesehen wird. Denn obwohl ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ansprüche an die eigene
Arbeit so unterschiedlich sind wie die Landwirte
selbst, steht der Berufsstand insgesamt häufig vor
den selben Herausforderungen. Vertreter beider
Landwirtschaftssysteme können also davon profitieren, sich über gemeinsame Werte und Visionen für
die Landwirtschaft der Zukunft zu verständigen.
Die Zukunft der Landwirtschaft betrifft jeden von
uns. Es ist im Grunde erfreulich, dass die Debatte
über die Entwicklung hin zu einer zukunftsfähigen,
nachhaltigen Landwirtschaft seit einigen Jahren so
stark an Fahrt aufnimmt. Auf verschiedenen Ebenen und Kanälen wird diese vorangetrieben, sowohl
über die landwirtschaftliche Wertschöpfungskette
hinweg als auch in den Medien, in politischen Institutionen und nicht zuletzt bei den Verbrauchern.
Alle sind sich in vieler Hinsicht einig, dass es nicht
so weitergehen kann wie bisher. Nicht nur in Bezug
auf aktuelle Themen wie das Tierwohl müssen sich
Landwirte daher zum Einen mit vielfältiger, teils
auch zu Recht geäußerter Kritik an den Missständen auseinandersetzen. Zum Anderen sehen sie
sich mit gesellschaftlichen und politischen Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit und moralischer
Verantwortung für ihre Arbeit konfrontiert. Die
Notwendigkeit vieler dieser Forderungen sehen auch
die von uns befragten Junglandwirte. Ein Großteil
von ihnen ist jedoch der Ansicht, dass die Diskussion oftmals über die Landwirtschaft hinweg, aber
kaum im Dialog mit Landwirten geführt werde.
Entfremdung und Polarisierung der Debatte
über Landwirtschaft. In diesem Zusammenhang
brachten die Befragten in den Interviews häufig
das Argument vor, dass zumeist ein verklärtes Bild
über die tagtägliche Arbeit von Landwirten in den
Köpfen der Menschen vorherrsche. Zudem würden agrarpolitische Beschlüsse selten die realen
Bedingungen auf Landwirtschaftsbetrieben berücksichtigen (z.B. in der Tierhaltung), sondern sich
vermehrt an diesen vorbei entwickeln und zu stark
an überzogene Ansprüchen der Verbraucher anlehnen. Gesamtgesellschaftlich gesehen, fehle heute
fast völlig der vormals gegebene, praktische Bezug
zur Landwirtschaft, wodurch die Distanz zwischen
landwirtschaftlicher Urproduktion und breiter
Öffentlichkeit als sehr groß empfunden wird. Das
fehlende Verständnis für die Bedingungen in den
Betrieben und die Sorgen und Nöte der Landwirte
werde dabei zusätzlich durch die polarisierte mediale
Berichterstattung befördert. Lebensmittelskandale würden zu oft Anlass für Schuldzuweisungen
geben und die Debatte emotional aufheizen, wobei
eine objektive, konstruktive Auseinandersetzung
zwischen allen Beteiligten auf der Strecke bleibe.
Betonung der Gegensätze verhindert
offenen Dialog. Von Kritik bleibt allerdings auch
die biologische Landwirtschaft nicht verschont.
Wie konventionelle Betriebe wirtschaften auch
Biobetriebe häufig in ähnlichen Maßstäben,
Abläufen und Strukturen und sind ebenso den
Anforderungen des Marktes unterworfen.
Im öffentlichen Diskurs und seitens der Politik werde
die Biobranche jedoch in einem besseren Licht
dargestellt, so die Meinung einiger Interviewpartner. Das mag vielleicht daran liegen, dass das
Image der Biobranche durch eine romantisierte
Vorstellung von Landwirtschaft geprägt ist, welche
häufig auch so beworben wird. Aber auch durch
Werbebotschaften aus dem konventionellen Bereich
werden ähnliche Vorstellungen vermittelt, wobei
die realen Bedingungen auf landwirtschaftlichen
Betrieben in der Praxis jedoch immer wieder von
diesen Images abweichen. Beispielsweise kommen auch Biobetriebe oft nicht ohne entsprechend
große, „konventionelle“ Strukturen aus, um im
Haupterwerb überlebensfähig zu bleiben. Hier gilt
es, sowohl die Biobranche, als auch die konventionelle Seite zu einem offenen, ehrlicheren Umgang
mit den eigenen Unzulänglichkeiten zu bewegen.
Trainees im
Prozess des Projekts
Demgegenüber empfinden viele unserer Interviewpartner die konventionelle Landwirtschaft pauschal
vorverurteilt oder gar mit negativen Attributen wie
„Massentierhaltung“, „Industrielle Landwirtschaft“,
„Agrarfabriken“ usw. belastet. Der – vermeintlich
krasse – Gegensatz zum Ökolandbau werde durch
diese Art der Rhetorik auch von der Biobranche
betont und führe somit zu unnötiger Abgrenzung.
Gerade bei Themen wie dem Tierwohl oder dem Einsatz von umstrittenen Mitteln wie Kupfer müsse sich
also auch die Biobranche den Vorwurf gefallen lassen,
nicht allen selbst gesetzten Idealen oder Grundsätzen nachzukommen. Für viele dieser Themen
besteht daher besonders innerhalb der Branche noch
weiterer Klärungsbedarf, wobei es nötig erscheint,
die Forschung vermehrt in solche Fragestellungen
einzubeziehen. In einigen Interviews klang außerdem
an, dass sich die Biobranche zukünftig darauf einstellen müsse, von der konventionellen Landwirtschaft
hinsichtlich bestimmter Nachhaltigkeitskriterien eingeholt zu werden. Für eine diskursive Annäherung an
den konventionellen Landbau sollte sie sich daher mit
der Kritik an den eigenen Schwächen offener auseinandersetzen. Diese Art der Reflexion sollte im Gegenzug auch im konventionellen Bereich stattfinden.
Insbesondere das häufig vorgebrachte Argument,
dass auch in der konventionellen Landwirtschaft
nachhaltige Bewirtschaftung von höchstem Interesse
sei und sie damit bereits ihre Pflicht erfüllt habe,
fördert geradezu kritische Stimmen und regt gleichzeitig dazu an, den Finger in die Wunde zu legen.
Austausch über gemeinsame Werte und Visionen
notwendig. Klar ist also, dass zwischen beiden
Seiten nach wie vor Vorbehalte existieren. Unsere
Befragung zeigt aber auch, dass gerade die junge
Generation konventioneller Landwirte keinesfalls
vor einer Diskussion über gemeinsame Werte und
Visionen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft
zurückschreckt. Es wurde deutlich, dass sich einige
der konventionellen Landwirte für Möglichkeiten der
aktiven, konstruktiven Mitgestaltung einer Landwirtschaft der Zukunft aussprechen. Explizit schließt das
den Willen zur Verständigung und Zusammenarbeit
mit der ökologischen Landwirtschaft ein, möglicherweise beim Ausbau gemeinsamer Forschungsvorhaben. Ohnehin stehen manche Interviewpartner
in persönlichem, auch freundschaftlichem Kontakt
zu Berufskollegen aus dem Ökolandbau und holen
sich Anregungen für die eigene Arbeit ein. Viele sind
bereit, ihre Haltung zum Ökolandbau anzupassen,
wenn sich dadurch messbare Mehrwerte für die
eigene Arbeit, für die Kommunikation mit der Gesellschaft oder im betrieblichen Umfeld erzeugen lassen.
Interesse an Ökolandbau seitens der Junglandwirte vorhanden. Einige der Junglandwirte betonen
ihr Interesse, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten
zukünftig näher mit den grundlegenden Prinzipien des Ökolandbaus auseinander zu setzen und
entsprechende Maßnahmen im eigenen Betrieb
zu erproben. Verschiedene Maßnahmen in diese
Richtung setzen einige Interviewpartner nach eigenen
Angaben bereits mit Überzeugung und Erfolg um.
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Sie greifen dabei teils auch auf agrarökologische
Methoden zurück, die im Ökolandbau häufig breite
Anwendung finden. An dieses Interesse – gewissermaßen ein Grundstein für den Bau der Brücke
– könnte und sollte die ökologische Landwirtschaft
anknüpfen, um die junge Generation konventioneller
Landwirte für ihre Ansätze und Ideale zu begeistern – Attraktivität und Nachvollziehbarkeit der
Maßnahmen vorausgesetzt. Wichtig zu betonen ist
zudem, dass viele der Befragten eine Würdigung von
Einzelmaßnahmen im gegenseitigen Diskurs mit der
ökologischen Landwirtschaft zwar vermissen, sich
aus eigener Überzeugung jedoch um Schritte für
nachhaltige landwirtschaftliche Erzeugung bemühen.
Betriebswirtschaftliche Bedenken im Vordergrund
Gleichzeitig lehnen die meisten Befragten eine
gesamtbetriebliche Umstellung vor dem Hintergrund aktueller Rahmenbedingungen im Biobereich
ab. Eine grundlegende Befürchtung bezieht sich
auf langfristig schwer abschätzbare Entwicklungen im Biomarkt und einen möglichen Preisverfall
von Bioprodukten durch höhere Umstellungsraten. Betriebswirtschaftliche Bedenken stehen als
Umstellungshindernis dementsprechend an erster
Stelle. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn die
Umstellung zum Ökolandbau erfordert oftmals
erhebliche Investitionen sowie Umstrukturierungen
des Betriebes und von Arbeitsabläufen. Es ist zudem
wichtig anzumerken, dass die Tätigkeit in der Landwirtschaft nicht bloß als irgendeine Arbeit, sondern
als grundlegende Lebenseinstellung gesehen werden
kann, mit welcher unweigerlich auch die Existenz
von Landwirten und ihren Familien verbunden ist.
Gemeinsamkeiten betonen, Differenzen beilegen
Das Arbeiten mit den Gesetzmäßigkeiten der
Natur ist aber sowohl für den ökologischen als auch
konventionellen Landbau grundlegend für den
betrieblichen Erfolg. Auch wenn also beide Landwirtschaftsformen auf Grundlage unterschiedlicher
Ansätze wirtschaften, ist ein entschiedenes Eintreten
für Umweltbelange im gesamten Landwirtschaftsbereich unerlässlich für die nachhaltige Produktion
von Lebensmitteln, die uns alle ernähren. Im besten
Fall sind damit Umweltleistungen sowie positive
Beiträge im sozialen und wirtschaftlichen Bereich
von ländlichen Regionen verbunden. Wenn auf
diese Weise zusätzlich Werte erhalten bzw. erneuert
werden können, sich die Vertreter beider Seiten auf
diese verständigen und gemeinsam daran mitwirken,
Verantwortung für die Landwirtschaft der Zukunft
zu übernehmen, dann ist für den Dialog und den
Abbau von gegenseitiger Abschottung schon viel
gewonnen. Nicht zuletzt könnte sich damit vielleicht auch die Debatte über Nachhaltigkeit in der
Landwirtschaft durch den sachlichen Austausch der
Vertreter beider Landwirtschaftssysteme entspannen und würde emotional geladenen, gegenseitigen
Anschuldigungen den Wind aus den Segeln nehmen.
Anregung zu konstruktivem Dialog auf Augenhöhe
Wir als Trainees in der Biobranche möchten anregen, in konstruktiven Austausch auf Augenhöhe mit
Berufskollegen beider Seiten zu treten. Vielversprechend ist, dass ein großer Teil der Interviewten, als
Vertreter für die junge Generation konventioneller
Landwirte, bereit ist, sich mit der ökologischen Landwirtschaft zu befassen. Diese bietet in ihrer Grundkonzeption bereits viele Lösungsansätze, die sich
über die Jahre der gründlichen Erprobung hinaus
bewährt haben und nachweislich dem Ideal zukunftsfähiger, nachhaltiger Landwirtschaft nahe kommen.
„Den Menschen müsste
klargemacht werden, dass unsere
Landwirtschaft sie ernährt.
Machen wir in Deutschland alles
zu Bio, liegt in den Regalen der
Supermärkte eben nur noch der
Kram aus dem Ausland!“
Um die Dialogbereitschaft zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft zukünftig
zu erhöhen, sollte das notwendige Vertrauen nicht
durch gegenseitige Konfrontation leichtfertig verspielt werden. Es sollte sich eine Diskussionskultur
etablieren, in der unterschiedliche Ansichten und
Ansprüche nebeneinander bestehen können, ohne
pauschal mit Relativierungen oder bloßstellenden
Begrifflichkeiten zurückgewiesen zu werden.
Diese Art der Abgrenzung, die einen echten Dialog
immer wieder zu behindern scheint, ist zumindest
unter den von uns befragten Jung-Landwirten
weitgehend überholt. Die bisherige Distanz zwischen
Ökolandbau und konventioneller Landwirtschaft
– an der, genau betrachtet, auch die Ökobranche
ihren Anteil haben mag – gilt es also zukünftig zu
überwinden. Eine Handreichung der beteiligten
Akteure auf beiden Seiten ist angebracht und sollte
möglichst rasch in einen Dialog münden, welcher
die drängenden, existenziellen Fragen im fachlichen,
marktwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich
konkret benennt. Nur dann ist eine konstruktive und
unvoreingenommene Auseinandersetzung zwischen
beiden Parteien möglich. Das ist zwar sicher ein
langwieriger Prozess, im Ergebnis aber lohnend.
von Raphael Schäfer
17 Landwirte
(Einige Interviewpartner leben zusammen auf einem Hof, einige haben
auf eine Ortsangabe verzichtet)
25 Trainees
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„
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Autor*innen
Wir bedanken uns bei den teilnehmenden
Unternehmen sowie dem Konzeptionsteam
des Traineeprogramms, welche das Thema
begleitet und die Arbeit ermöglicht haben.
Beispiel:
Name Trainee Studienrichtung
Partnerorganisation
Aufgabenbereich
Jonathan Schweikle M. Sc. Agrarwissenschaften
Lehmann natur GmbH
Qualitätsmanagement / Permakultur Projekte
Amelie Schilling B.Sc. Lebensmitteltechnologie
Byodo Naturkost GmbH
Qualitätsmanagement
Jule Metterhausen B.Sc. Agrarwissenschaften
Chiemgauer Naturfleisch GmbH
Einkauf
Anke Nemitz M.Sc. Ernährungswissenschaften
Alnatura Produktions- & Handels GmbH
Qualitätsmanagement
Katharina Schraag M.Sc. Agribusiness
Bioland e.V.
Qualitäts- und Herkunftssicherung
Anna Kohnle Dipl. Biologie
Netzwerk Blühende Landschaft; Beratung /
Organisation / Verkauf / Veranstaltungen
Kira von Knoop Dr. rer. agr.
tegut…gute Lebensmittel!
Qualität und Umwelt
Annika Sophie Emmler B.A. BWL und
Nachhaltigkeitshumanwissenschaften;
Bohlsener Mühle GmbH & Co. KG; Marketing
Lisa König M.Sc. Food Science and Engineering
ABCERT AG
Fachreferentin Abteilung Verarbeitung
Antonia Kotschi B.Sc. Ökonomie und Sozialwissenschaften (PPE); Naturkost Ernst Weber GmbH
Einkauf / Verkauf / Kundenkommunikation
Marianne Quelle B.A. BWL - Food Management
Vollkornbäckerei Köhler e.K.
Marketing & Kundenbetreuung
Ariane Wagner Dipl. Biologie
Biofrisch Nordost GbR
Vermarktung Großhandel
Milena Schulz M.Sc. Umweltwissenschaften
Naturland Fachberatung Nord/West
Erzeugerberatung
Christine Brenner M.Sc. Ökologische Agrarwissenschaften;
Demeter e.V.; Redaktion Lebendige Erde
Natalie Becker Dipl.- Ing. Gartenbau / M.Sc. Agrarwissenschaften
SÖL; Projektassistenz, -management, Events
Christoph Schinagl M.Sc. Agrarwissenschaften
Bioland Erzeugerring Bayern e.V.
Erzeugerberatung Milchvieh / Grünland
Nathalie Auer B.Sc. Oecotrophologie
Alnatura Produktions- und Handels GmbH
Produktmanagement Strategie
Hanna Neuser M.Sc. Organic Agriculture and Food Systems; IMO Institut für
Marktökologie GmbH; Zertifizierung
Raphael Schäfer M.Sc. Organic Agriculture
and Food Systems;
ErdmannHAUSER; Verarbeitung / Bio-AHV
Hanno D. Vetter M.Sc. Öko-Agrarmanagement
KULAU GmbH
Vertrieb
Stephanie Laux M. Sc. Ernährungswissenschaften
Alnatura Produktions- und Handels GmbH
Verbraucherservice
Was ist das Traineeprogramm?
•
•
Jette Wagner B.A. Visuelle Kommunikation
mërzpunkt | umweltorientierte Designagentur
Kommunikationsdesign
Susanne Göring M. Sc. Agrarwissenschaften
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Beratung ökologische Milchviehhaltung
Jörg Albrecht M.Sc. Umweltmanagement
KORNKREIS Erzeugergemeinschaft GmbH
Assistenz der Geschäftsführung
Tim Griesbach B.Sc. Lebensmitteltechnologie
Vermarktungsgesellschaft Gut
Wilhelmsdorf mbH; Molkereiplanung
IMPRESSUM: Herausgeber: FiBL Projekte GmbH, Kasseler Str. 1a, 60441 Frankfurt am Main
•
einjähriges, berufsbegleitendes Ausbildungsprogramm für den Fach- und
Führungskräftenachwuchs der Biobranche
Mischung aus Training on-the-job in einem Unternehmen der Biobranche und
Training off-the-job (überbetriebliche Ausbildungsseminare)
Anstellung bei der FiBL Projekte GmbH; nach der Traineezeit entscheiden Unternehmen
und Trainee über die Übernahme
Wer kann Ausbildungsunternehmen sein?
Unternehmen und Organisationen aus der gesamten Wertschöpfungskette des Biobereichs wie z.B. :
•
Unternehmen der ökologischen Lebensmittelerzeugung, -verarbeitung und des Handels
•
Verbände und Erzeugergemeinschaften
•
Ökokontrollstellen
•
Ökoberatungseinrichtungen
•
Forschungseinrichtungen und weitere Branchendienstleister
Wer kann sich als Trainee bewerben?
Interessierte Berufseinsteiger vorwiegend aus den Studiengängen Agrarwissenschaft, Gartenbau,
Ernährungswissenschaft, Lebensmitteltechnologie oder Betriebswirtschaft mit abgeschlossenem
Studium oder vergleichbarem Abschluss
Teilnahme
Unternehmen, die einen Trainee ausbilden möchten, bewerben sich bis zum 30. April.
Ab 1. Juni finden interessierte Absolventen unter
www.traineeprogramm-oekolandbau.de alle offenen Stellen im Traineeprogramm.
Weitere Infos
www.traineeprogramm-oekolandbau.de
Oder rufen Sie uns an: 08 21 - 34 68 01 61
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Ein herzliches DANKESCHÖN gilt der
Das Traineeprogramm Ökolandbau wird im
Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer
Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) durchgeführt aufgrund eines
Beschlusses des Deutschen Bundestages. Die
Geschäftsstelle des BÖLN befindet sich in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
durch deren Spende die professionelle
Umsetzung ermöglicht wurde.
Stimmen der Interviewer*innen:
„Es hat riesig Spaß gemacht, wir haben viel
gelacht bei den Interviews.“ (Susanne)
„Es hat mir gefallen, weil man hinter die
Kulissen dessen schaut, was oft viel zu
vereinfacht und pauschalisiert in den
Medien kommuniziert wird.“ (Anna)
Schluss
Worte
Unsere Zeitschrift geht hier leider schon
zu Ende. Damit rückt das Ende unserer
Traineezeit ein wenig näher. Ein guter Zeitpunkt um einen Blick zurück zu wagen…
Wie ist es den Interviewern*innen
eigentlich ergangen?
Für einige von uns war es eine Premiere in die Rolle
des Interviewers zu schlüpfen. Andere kannten
diese Situation schon aus dem Studium z.B. beim
Hochschulradio. Die Akquise und die Beziehung zu
den Befragten waren sehr unterschiedlich. Zum Teil
kamen die Kontakte über die Partnerorganisationen zustande, weiterhin durch Internetrecherche
und teilweise handelte es sich um Kollegen aus der
Ausbildung. Dementsprechend spannend und auch
emotional beseelt war der Austausch. Für viele von
uns war es eine Situation, in der man sich selbst ein
bisschen ausprobieren konnte, nicht selten verbunden mit einem großen Schritt aus der Komfortzone.
Wir haben die Interviews als eine herausfordernde
Art der Gesprächsführung erlebt, in der es schwierig
ist nicht in direktive Fragetechniken zu verfallen. Im
Alltag glauben wir oft zu wissen, was andere denken
und in ihnen vorgeht. Als Interviewer/in merkt man,
dass es sehr wichtig ist, neutral zu bleiben und andere
Meinungen gelten zu lassen, auch wenn die eigene
Überzeugung eine ganz andere ist. Die Fähigkeit
sich zurückzunehmen und zuhören zu können ist
hier klar von Vorteil. Der Landwirt steht während
der Dauer des Interviews im Mittelpunkt, nicht wir.
Interviewen ist nicht einfach nur „Fragen stellen“,
Interviewen sollte vorbereitet werden und bedarf
der Selbstdisziplin um nicht ins Widersprechen oder
Urteilen zu verfallen. Als Interviewer/in bestimmen
wir ebenso das Gesprächsklima, und diese ist letztlich
entscheidend für die Offenheit des Befragten.
„Der Gesprächspartner wird sehr viel offener, wenn ich ihn respektiere.“ (Amelie)
„Überall wurde ich freundlich aufgenommen und die Landwirte nahmen sich die Zeit
alle Fragen zu beantworten.“ (Christine)
Die Landwirtschaft der Zukunft –
Wie soll sie nun aussehen?
Geht es wirklich so sehr um die Entscheidung zwischen bio oder konventionell? Nicht unbedingt; eher
um die Möglichkeit zum offenen Dialog in geschütztem Rahmen. Erstrebenswert ist eine gleichermaßen
objektive wie wissenschaftliche Betrachtung der
gemeinsamen Probleme und möglichen Lösungsansätze. Ziel dieses Austausches könnte sein, zusammen
eine gesellschaftlich akzeptierte Form der Landbewirtschaftung zu definieren und einen vorausschauenden sowie verantwortungsbewussten Umgang mit
natürlichen Ressourcen anzusteuern. Das Interesse
der konventionellen Junglandwirte an den Praktiken
des Ökolandbaus scheint groß zu sein. Vor allem von
Auszubildenden werden solche Themen nachgefragt. Hier gibt es noch Potenzial für den fachlichen
Transfer. Die Interviews haben uns gezeigt, dass die
Landwirte verstanden werden möchten und durch das
Schwarz-Weiß/Gut-Böse-Denken in eine schwierige
Situation gebracht werden. Auch konventionellen
Landwirten sind das Wohl und die Gesundheit ihrer
Tiere wichtig und sie üben ihren Beruf mit Stolz und
Freude aus. Der Ökolandbau ist eine erstrebenswerte
Form der Landnutzung und Betriebsführung. Da
sind sich alle einig. Mit der geplanten Neufassung
der europäischen Öko-Verordnung gefährdet die
EU-Bürokratie die Weiterentwicklung des Ökolandbaus in ganz Europa. Hinzu kommt, dass nicht nur
die medial ausgeschlachteten Skandale, sondern
auch schwarze Schafe an der Glaubwürdigkeit der
Branche rütteln lassen und öffentliches Misstrauen
gegenüber dem Ökolandbau schüren. Ferner
vermittelt ein fast schizophrenes Konsumverhalten
des Endverbrauchers einen völlig falschen Eindruck
seiner Erwartungen an Landbau und Tierhaltung.
von Natalie Becker, Stiftung Ökologie & Landbau
„Ich habe gelernt, dass Zuhören und Wertschätzen einer anderen Meinung wichtig ist
für das gegenseitige Verständnis.“ (Milena)
„Generell finde ich dieses Projekt
des Traineeprogramms 2015/16
ziemlich gut, weil dann auch
mal gezeigt wird ‚Hey der blöde
konventionelle Landwirt macht
sich ja auch Gedanken.‘ Es muss
künftig mehr Leute wie euch
geben, die den Dialog zwischen
konventioneller und biologischer
Landwirtschaft suchen und
Gemeinsamkeiten herausarbeiten.“
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Was motiviert
Sie als Landwirt
zu arbeiten?
Wie ist
Ihr Betrieb
organisiert?
Wie stehen Sie zu
der in der Öffentlichkeit geführten
Debatte über
Ökolandbau?
Was ist für Sie
sinnvolle und
erstrebenswerte
Landwirtschaft?
Inwieweit sollte
sich die
Politik in die
Landwirtschaft
einmischen?
Stellen Sie sich
vor Sie gewinnen
1 Mio. € – was
würden Sie
anders machen?
Land
WORTE
Unter welchen
Umständen ist
eine biologische
Bewirtschaftung
möglich?
Wo sehen Sie
Ihren Betrieb
in 10 Jahren?
Wie funktioniert
moderne Landwirtschaft?
13
Gedanken und Meinungen
über die Zukunft der
Landwirtschaft LA
Titelbild: S. Marahrens / Umweltbundesamt
Wie wirtschaftet
man erfolgreich
als Betrieb?
Ein
Projekt des s
ramm
Traineeprog au
Ökolandb
Jahrgang
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2 7 |28
Brücke bauen
Interviews
zwischen 27
konventionellen
Jung-Landwirten und
25 Trainees des
Ökolandbaus.
Medien
Reizthema für die
(konventionelle)
Landwirtschaft?
Gibt es einen Graben
zwischen Öko und
Konventionell?
Wir haben ihn nicht
gefunden.