Ausgabe 5 | Sommer-Herbst 2016 Magazin der Zentrifuge sylothek A r e g r e b n r ü t Theater • N h c a m n io t a elier auf AEG tion - Integr t a A ic n t f !u n u k u Omm K er machen Z d in K • 0 5 0 2 e Horizont PIXELNERDS Liebe Leserinnen und Leser, PROFICODER & WEBNATIVES W I R SU CHEN EU CH! WEB DEVELOPER BACKEND WEB DEVELOPER FRONTEND Werde zum Rückgrat unseres Team Interactive! Denn auf Basis von Frameworks oder CMS hältst du die Entwicklung und den Support von Websites & Apps aller Art aufrecht. HTML, CSS, PHP, Linux Bash oder MySQL ... Du kennst dich aus und gibst Bugs keine Chance! Bring große Marken online ganz nach vorn – ans Frontend! Mit deinen Kenntnissen in HTML, CSS und JavaScript lässt du unsere vielfältigen Kunden ganz schön gut aussehen – in allen Browsern, auf allen Endgeräten. Dafür arbeitest du pixelgenau und bist technisch topfit. Genau deine Welt? Schicke uns deine Bewerbung! Trifft auf dich zu? Wir sollten uns mal kennenlernen! Wir freuen uns auch über Semesterpraktikanten! Jetzt bewerben! in der fünften Ausgabe widmen wir uns dem Thema Begegnungen – die Studierenden der TH Nürnberg haben sich im Fachbereich Verbale Kommunikation gemeinsam mit ihrem Professor Max Ackermann auf die Suche gemacht nach Projekten, in denen Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammen kommen und miteinander weltgestaltend und zukunftsweisend tätig werden. Es entstanden Einblicke in inspirierende und von Mitmenschlichkeit getragene Lebenswelten, die wir in dieser Ausgabe mit großer Freude präsentieren. Seitens der Zentrifuge liefern wir zum Thema Begegnungen einen Essay über die Möglichkeit künstlicher emotionaler Intelligenz (eine Begegnung mit dem Computer als „Lebewesen“) sowie einen Beitrag von Freunden der Zentrifuge über den von Ihnen ins Leben gerufenen internationalen Werte-Codex der Business Aesthetics Academy. Ein weiterer Freund der Zentrifuge schreibt unter dem Pseudonym „Wolf Gang“ über seine Erfahrungen im Zusammenleben mit einem syrischen Flüchtling. Schließlich nutzen wir in dieser Ausgabe erneut auch die Möglichkeit, über aktuelle Projekte und Termine der Zentrifuge zu berichten. Gerne hätten wir PILOT auch in gedruckter Form präsentiert, doch ist es uns leider nicht gelungen, ausreichend Anzeigenkunden zu gewinnen. Wir arbeiten aber weiterhin daran, Unternehmen und Institutionen davon zu überzeugen, dass eine (günstige!) Anzeige im PILOT im umfassenden, integrativen Sinne lohnenswert ist – wenn dies auch aufgrund der relativ geringen Auflage aus marketingtechnischer Sicht nicht so erscheinen mag. Um so mehr wird ein Unternehmen im Kontext der Zentrifuge als weltoffen, engagiert, innovativ, unkonventionell und mutig wahrgenommen. Wir sind weiterhin auf der Suche nach solchen Unternehmen und Menschen – auch wenn sich diese Suche bislang von Nürnberg aus als schwierig erweist - und freuen uns auf kommende fruchtbare Begegnungen ... Herzliche Grüße Ihr Michael Schels Bewerber-Kontakt und weitere Infos unter: www.mbs-team.de Like us! Laufend neue Job-Angebote! 3 06 Begegnungen in der „Neuschütte“ Horizonte 2050 - Gemeinsam Handeln in der Welt 10 Fünf plus einer Ene Wohngemeinschaft für jugendliche Flüchtlinge 12 Kinder machen Zukunft Maryam Fahimi und ihr Atelier auf AEG 14 Zum Lernen geht es in den Keller Die Nürnberger Asylothek 16 30 18 34 24 36 Verständnis geht durch den Magen Essen bei Laleh Freiheit für Wäscheständer oder: Die Katastrophe, wenn einmal die Post streikt ‚komm!unication’ Integration im Theater Die zehn Regeln der Freiheit Der Werte-Codex der Business Aesthetics Academy Aus dem ästhetischen Labor der Zentrifuge Über die Möglichkeit künstlicher emotionaler Intelligenz Interkulturelle Begegnungen mit Technik und Kunst Einblicke in das gemeinsame Leben mit einem Flüchtling 40 Kooperation: wundersam Ein künstlerisches Projekt zur Blauen Nacht 44 Zentrifuge Infos und Termine 46 4 Zentrifuge Internationaler Salon 5 Begegnungen in der „Neuschütte“ „Horizonte 2050 - Gemeinsam Handeln in der Welt“ fig angetroffen haben. Als Vertreter einer religiösen Gruppierung, wollten sie wohl in eine Art „Neuschütte“ gehen. Also mal was ganz anderes machen und erreichen. So wurde schließlich die Idee zu „Horizonte 2050“ geboren. Aber wie wir das Projekt angehen, wurde komplett uns überlassen. Nicht einfach Dienstleister sein Wie ein ungeschriebenes Motto: „Warum alles alleine machen, wenn man doch vieles gemeinsam machen kann?“ Vom Juristen bis zum Künstler, vom Marketingfachmann bis zum Heilpraktiker ... hier begegnen sich Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Lebensbereichen und Arbeitsfeldern. Im Oktober 2015 fand die Veranstaltung „Horizonte 2050“ im Z-Bau in Nürnberg statt, eine Kombination aus Symposium, Netzwerkveranstaltung und Kunst-Event. Organisiert wurde sie von der Zentrifuge e.V. gemeinsam mit den Hilfswerken der katholischen Kirche. Herr Schels, wie kamen Sie dazu, eine 6 Veranstaltung dieser Art ins Leben zu rufen? Schon seit einigen Jahren haben wir als Zentrifuge an neuen Formaten gebaut und das Ganze dann auch verwirklicht, immer im Zusammenhang mit Kunst. Wir haben uns dabei ganz bewusst in eine Haltung von Suchenden versetzt. Dieses Suchen wurde nun wahrgenommen von „Partner für eine Welt – die Hilfswerke der katholischen Kirche“. Denn die haben ihrerseits jemanden gesucht, der in diesem Feld mit ihnen zusammenarbeiten wollte. Den Hilfswerken lag viel an der Begegnung mit Menschen, die sie auf ihren bisherigen Veranstaltungen bislang noch nicht so häu- Warum glauben Sie, sind die Hilfswerke damit ausgerechnet auf Sie und die Zentrifuge zugekommen? Es kann einen ja erstaunen, dass die katholische Kirche einen solchen Schritt geht. Und: Wieso gerade jetzt? Darüber waren wir zunächst auch verwundert. Die Mitglieder des Vereins Zentrifuge konnten bisher ja nur wenig mit Kirche anfangen. Zu Beginn stellte das für uns auch ein gewisses Risiko dar. Wir wollten in dieser Kooperation also keinesfalls nur als Dienstleister oder Helfershelfer fungieren. Also haben wir von vornherein klargemacht, dass dies ein gemeinsames Projekt ist, mit verschiedensten Perspektiven. Die Hilfwerke haben erkannt, dass wir in diesem Bereich gut vernetzt sind und somit eine gewisse Teilnehmerzahl erreichen können. Aber unsere Veranstaltung sollte durch jeden Bereich gleich stark inspiriert sein. Darum geht es ja letztendlich, dass jeder Aspekt seine Berechtigung hat. Genau das sollte die Essenz von „Horizonte 2050“ ausmachen: sich ohne jeden Vorbehalt zu begegnen und auszutauschen. Zukunft und Veränderung „Horizonte 2050“ ... schon der Name verweist auf Zukunft. Welche Art von Veränderung wird hier behandelt, beziehungsweise erwartet? Veränderung ist ein zentrales Thema bei allem, was die Zentrifuge organisiert. Bei mir persönlich ist das schon seit Jahren so. Für mich hat Veränderung sehr viel mit Wahrnehmung, Denken und Fühlen zu tun. Mit dem gesamten Feld, das man allgemein unter Bewusstseinswandel versteht. Ich glaube, wir leben in einer Zeit, wo sich Wandel immer mehr aufdrängt. Wenn die Menschheit nicht voll an die Wand fahren will, wird sie daran nicht vorbeikommen. Das merken wir momentan immer stärker. Es geschehen extrem viele bedenkliche Dinge - überall auf dem Globus - und es scheint keine Besserung in Sicht. Alles überstürzt sich. Die Notwendigkeit zur Veränderung ist also schon im Keim angelegt. Was denken Sie, sind die Gründe für derartige Entwicklungen? Im Grunde lässt sich das Ganze auf eingefahrene Muster zurückführen, auf Konventionen, die sich fortlaufend reproduzieren. Dass wir angeblich Gewohnheitstiere sind, hat wahrscheinlich jeder schon einmal gehört. Die Menschen haben Angst vor dem Loslassen. Das betrifft materiellen Besitz, aber auch Glaubensdogmen, alte Wahrheiten, eine bestimmte Sicht auf die Wirklichkeit. Jedoch gilt: Hat man das Gefühl, etwas zu verlieren, hält man umso stärker daran fest. Die Bedrohung unserer Existenz wird auch hier in Deutschland immer spürbarer. Unser viel gepriesenes Wirtschaftswachstum ist da nicht gerade hilfreich, ganz im Gegenteil. Die Zentrifuge möchte hier zumindest Möglichkeiten aufzeigen. Wir handeln nicht aus materialistischen oder opportunistischen Motiven. Unser Beweggrund? Wenn man es definieren mag: der Aufstieg zu einem ganzheitlichen Verständnis. Eine Grundfrage der „Horizonte 2050“ war ja: Wie können wir im globalen Zusammenhang - und mit Blick auf die Zukunft - denken und handeln? Miteinander oder am Wandel vorbei Nun, sehr viele Bereiche agieren nicht zusammen sondern isoliert. Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Wir kennen Spezialisierungen. Wir kennen Zuständigkeiten. Jeder spricht seinen Jargon. Betrachten Sie das als ein Problem des Bewusstseins? Ganz genau. Man gelangt hier auch schnell an den Punkt, wo Sprache nicht mehr 7 ausreicht. Der Bewusstseinswandel, den ich meine, läuft größtenteils jenseits von Sprache ab. Man kann diese Dinge nur mühsam in Worte fassen. Als Erschwernis hinzu kommt die Interpretation von Sprache. Du kannst beispielsweise jedem genau dasselbe sagen, es werden sich allerdings nie zwei Menschen finden, die es exakt gleich interpretieren. Hier spielen Standpunkte, Vorwissen und die Macht der Emotionen eine große Rolle. Man braucht nur einmal zu versuchen das Wort „Liebe“ zu interpretieren. Das hört sich an, als müsse unsere Gesellschaft erst zerfallen, um sich neu orientieren zu können, wie ein Phönix aus der Asche. Glauben Sie dieser Bewusstseinswandel kann auch ohne Niedergang oder sogar Katastrophen entstehen? Der „Phönix aus der Asche“ kann eine Möglichkeit sein. Wobei ich keineswegs sagen will, dass das so geschehen muss und sollte. Ich möchte nicht behaupten, die Welt müsse komplett in Schutt und Scherben liegen, damit etwas Neues entstehen 8 kann. Denn ich wünsche mir, dass dieser Prozess, wenn möglich, ohne großes Leid über die Bühne geht. Aber wahrscheinlich wird das nicht so sein. Leider stecken wir schon viel zu tief drin. Und durch ein Streicheln wird man selten aufgeweckt. Waren die „Horizonte 2050“ also so etwas wie eine echte Notwendigkeit für Sie? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Aber ich glaube, Sie haben Recht. Ja, irgendwie ist es auch eine Notwendigkeit. Wenn ich so darüber nachdenke, kann ich eigentlich gar nicht anders. Wir haben natürlich jetzt mit der Zentrifuge, durch die Freundschaften, Bekanntschaften und Kontakte, auch die Möglichkeit dazu. Und wenn man erst einmal die Erfahrung gemacht hat, dass vieles möglich ist, dann lässt man so schnell auch nicht mehr die Finger davon. Selbst wenn es nicht immer ganz einfach ist, etwas Neues auf die Beine zu stellen. Denn wir machen das alles ja immer noch ehrenamtlich. Bei „Horizonte 2050“ hatten wir das Glück, die Hilfswerke als einen Partner mit einem eigenen Budget dabei zu haben. Somit konnten wir die Veranstaltung auch im Z-Bau anbieten, ein passendes Catering bezahlen und die Themen dokumentieren, vom Kampf um Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung am Beispiel von Tansania, über einen bewussteren Umgang mit Produktion weit hinaus über die Industrie 4.0, bis hin zu konvivalistischen Ansätzen aus der Soziologie. gestülpt werden. Das Klima des natürlichen Miteinanders liegt uns sehr am Herzen. Wir machen Angebote. Aber mein Wunsch wäre, dass sich all das zunehmend professionalisiert, um eben auch aus dieser ehrenamtlichen Nummer herauszukommen. Idealerweise mit Raummöglichkeiten und Möglichkeitsräumen, wo sich verschiedenste Menschen treffen können, um sich auszutauschen. Im Jahr 2050 werden wir hoffentlich wissen, ob es funktioniert hat. Am 20. Oktober 2015 realisierte die Zentrifuge gemeinsam mit „Partner für die Eine Welt – die Hilfswerke der katholischen Kirche“ eine neuartige Veranstaltung im Z-Bau Nürnberg – eine Kombination aus Symposium, Netzwerkveranstaltung und Kunst-Event: „HORIZONTE 2050 – Gemeinsam Handeln in der Welt“ brachte 60 Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Lebensbereichen und Arbeitsfeldern zusammen mit dem Ziel, sich anders als gewöhnlich als handelnde Wesen in der Welt wahrzunehmen, zu begegnen und auszutauschen. Es ging dabei um die Einübung einer Sensibilität für das, was uns im Augenblick begegnet und wie wir uns darauf auf anders als gewohnte Weise einstellen und einlassen können. Pläne bis 2050 Gibt es denn bereits Pläne bis 2050? So weit können wir nur träumen, aber noch nicht planen. Konkret gibt es einige Ansätze für das Jahr 2016. Bezüglich HORIZONTE 2050 zeichnet sich eine weitere Kooperation mit den Hilfswerken der katholischen Kirche ab. Wir haben sehr positives Feedback bekommen und möchten das Format nun schrittweise auf andere Städte ausweiten. Der Blick auf eine durch uns gestalt- und lebbare Zukunft erfordert eine grundlegende Umorientierung, eine Änderung selbstverständlicher Haltungen und eine Öffnung für ein Geschehen, das und in dem wir schon immer sind, was wir aber gegenwärtig noch nicht erfassen, höchstens erahnen können - HORIZONTE 2050 als Ausdruck einer gemeinsamen Suche nach Möglichkeiten der Weltgestaltung, abseits von konventionellen Vorstellungen oder Ritualen. Wir wählten dafür eine Mischung aus Konferenz und Kunsterleben. Was wäre denn ihr Wunsch für die Zukunft der Zentrifuge und für „Horizonte 2050“? Man kann noch gar nicht wirklich greifen, was die Zentrifuge ist, hat sie doch gleichzeitig mit Kunst zu tun, mit Kommunikation und Entwicklung. Das lässt sich aber schwerlich voneinander trennen und noch schwerer definieren. Was es im Kern ist, wird sich immer weiter herauskristallisieren. Klar ist und bleibt: die Arbeit an einer Transformation. Sie soll aber keinem über- Ein Interview mit Michael Schels von Jonathan Lindner. Impulsgeber waren Regina Andrea Mukama aus Tansania, Prof. Frank Adloff und Dipl.-Ing. Matthias Barbian. Als Künstler und Gestalter von Möglichkeitsräumen waren beteilligt: Barbara Engelhardt (Lebendige Skulpturen), Barbara Kastura (Stimme, Bewegung, Natur), Silke Kuhar (Video/Klang), Zoy Winterstein (Klang) sowie Otmar Potjans und Michael Schels (ästhetischer Prozess). Die Dokumentation der Veranstaltung kann unter www.horizonte2050.weebly.com als PDF herunter geladen werden. 9 Fünf - plus einer aber auch: Sie können sich manchmal nicht an starre Regeln halten. Dann fallen sie auf, etwa im vollzeitbetreuten Wohnen. Nürnberg und eine Wohngemeinschaft für jugendliche Flüchtlinge Ein schmaler Weg führt uns zwischen Hecken und Bäumen hindurch – es wirkt, als wolle sich das Gebäude, das wir suchen, unsichtbar machen oder wenigstens verstecken. Aber es gibt gar keinen Grund, sich zu verstecken. Denn hier werden Jugendliche aus der Fremde in die Selbstständigkeit begleitet. Das Haus liegt ein Stück von der Straße ab, dort treffen wir uns mit Malene Flor und Benjamin Westphal. Die beiden arbeiten bei „Impuls“, einer teilzeitbetreuten Wohngemeinschaft für jugendliche Flüchtlinge im Nürnberger Stadtteil Ziegelstein. Woher kommen die Jugendlichen denn, die gerade hier sind? Benjamin Westphal: Das ist sehr bunt gemischt. Zwei Jungen sind aus Eritrea und je einer aus Äthiopien, Mali, Afghanistan und von der Elfenbeinküste. Und wie lange bleiben sie im Durchschnitt hier im Haus? Malene Flor: Bei uns sind die Jungs für circa ein Jahr, je nachdem welche und wie viel Hilfe sie brauchen. In einer anderen Wohngemeinschaft in Laufamholz sind die Kinder länger, weil dort auch jüngere ankommen und eine Erstversorgung durchgeführt werden kann. Wenn Nachbarn helfen Eure WG ist mitten in einem Wohngebiet. Wie reagieren denn Anwohner und Nachbarn auf euch? Westphal: Überwiegend gut bis sehr positiv. Diese Wohngruppe hier gibt es seit etwas über einem Jahr. Die Integration im Stadtteil, in Ziegelstein, läuft gut, die Jungs spielen zum Beispiel im Fußballverein. Erst war ich besorgt, als ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Sportverein gemacht habe. Man weiß ja nicht, ob es Vorurteile gibt. Man weiß ja nicht, an welchen Trainer man gerät und wie die anderen Jugendlichen dort reagieren. Aber jetzt läuft alles wunderbar. Ein Schüler 10 aus dem Verein hat seine Schule sogar zweimal dafür gewinnen können, dass der Erlös eines Kuchenverkaufs an uns geht. Eine Nachbarin hier ist eine pensionierte Lehrerin. Sie gibt unseren Neuankömmlingen Nachhilfe. Flor: Wir haben so viele Angebote und hilfsbereite Nachbarn, dass es zum Teil schon zu viel wird und wir sie an andere Stellen verweisen können. Westphal: Teilweise müssen wir Angebote sogar ablehnen. Was schade ist, aber die Jungen gehen ja zur Schule und haben Hausaufgaben. Fast jeder ist jetzt schon in einem Sportverein. Alle haben einen Freundeskreis und ein eigenes soziales Leben. Außerdem gibt es hier im Haus auch feste Dienste. Die sind also gut ausgelastet. Eine Zuflucht für sechs Jugendliche Was genau tun Sie beide in dieser Wohngruppe? Was sind Ihre Aufgaben? Flor: Unter der Woche sind wir von mittags bis abends hier und unterstützen die Jugendlichen im Alltag: beim Kochen, im Umgang mit Ämtern, bei Arztterminen, in sozialen Fragen und im Asylverfahren. Unser Ziel ist es, dass die Jugendlichen all das bald selbstständig erledigen können. Impuls versteht sich nämlich als eine Brücke zwischen vollzeitbetreutem und außenbetreutem Wohnen innerhalb des Vereins „Wohngemeinschaft für Flüchtlingskinder Nürnberg e.V.“ Westphal: Ja, zu uns kommen Jungen, die mindestens 16 Jahre alt sind. Sie wohnen so lange hier, bis man ihnen zutrauen kann, mehr oder minder allein zu leben und in das außenbetreute Wohnen zu wechseln. Dort werden sie dann nur noch ambulant unterstützt. Für ein paar Stunden die Woche kommt dann, je nach Bedarf, ein Sozialarbeiter vorbei und hilft auch weiterhin bei den schwierigsten Fragen wie dem Asylverfahren oder komplexen medizinischen Problemen. Spannungen, Gespräche und Medien Wie geht ihr mit Spannungen unter den Jungen um? Westphal: Auf die Frage kommen Sie bestimmt, weil in den Medien immer wieder darüber berichtet wird, dass es zu Auseinandersetzungen kommt. Bei uns ist es aber relativ selten, dass gestritten wird. Die WG bietet da einen geschützten Raum, um Probleme zu lösen. Die Jungen haben ja schon mehr als genug Erfahrung mit dem Thema Gewalt gemacht und sind froh, dass sie da endlich raus sind. Flor: Wenn es zu Schwierigkeiten kommt, sind nur selten die Nationaliltät, die Ethnie oder die Religion der Grund. Meist kommt es schlicht zu Missverständnissen wegen des unterschiedlichen Sprachniveaus. 2015 kam etwa eine Million Flüchtlinge nach Deutschland. Sie nehmen nur fünf Jugendliche auf - und auch nur Jungs. Warum? Flor: Anders wäre das einfach nicht möglich. Vieles liegt größtenteils an der Organisation innerhalb des Hauses. Die Wohngemeinschaft hier ist nur teilzeitbetreut. Auch die sanitären Einrichtungen spielen eine Rolle. Eine andere Option wäre es gewesen, eine WG für fünf Mädchen zu machen. Aber es kommen ja insgesamt deutlich mehr männliche Flüchtlinge, also auch mehr Jungs an. Wir haben zusätzlich einen Notplatz, der ist aktuell auch schon belegt. Den nutzen wir, wenn die Gruppensituation passt und wir das Gefühl haben, wir können das so tragen. Also nur „Fünf - plus einer“. Das sind sehr wenige Plätze bei dem aktuellen Andrang. Denken Sie daran zu expandieren? Flor: Unsere WG ist ja bereits von Laufamholz aus expandiert. Dort wird in Vollzeit betreut. Es wurden mehr Plätze benötigt – und: wir wollten eine andere Form der Hilfe anbieten. „Sie haben schon einiges mitgemacht“ Aber auch, wenn jetzt vieles gut ist: Die jungen Männer kommen aus Krisengebieten. Wie geht man hier zum Beispiel mit Traumata um? Flor: Wenn die Jungen hier ankommen, kriegt man davon erst einmal nichts mit! Es dauert schon eine ganze Weile, bis sie sich trauen, über die Flucht und ihre Erlebnisse zu sprechen. Dafür müssen sie sich erst sicher fühlen und Vertrauen aufbauen. Und wenn es besonders schlimm ist, hilft nur eine Therapie. Aber die Warteliste für einen Therapieplatz ist lang. Erst letztens haben wir eine Rückmeldung auf eine Anfrage bekommen, die ein Jahr zurückliegt. Deshalb versuchen wir auch nur Jungen auszuwählen, die nicht oder gering traumatisiert sind. Schwere Fälle brauchen jemanden, der nachts da ist und immer ansprechbar. Solche Jungendlichen hatten wir hier auch schon. Deren psychischer Zustand war nicht von Anfang an klar, oder es wurde einfach kein anderer Platz gefunden. Und im alltäglichen Umgang mit den Jungen, was fällt Ihnen da besonders auf? Flor: Dass sie, wenn sie hier ankommen, alle schon sehr reif sind für ihr Alter. Sie haben schon einiges mitgemacht. Zum Teil haben sie ihre Familien versorgt, oder waren zumindest große Geschwister, die sich um alles kümmerten. Sie hatten Verantwortung und mussten mit immer neuen Situationen umgehen. Das heißt Überhaupt: das Gespräch. Sprecht ihr hier auch darüber, was in der Welt so vor sich geht? Oder über deutsche Innenpolitik? Flor: Das kommt ganz auf die Jugendlichen an. Wir selber sprechen diese Themen von uns aus nur selten an, nur wenn Bedarf besteht. Aktuell haben wir hier eine politisch sehr interessierte Gruppe. Sie schauen viel Nachrichten und wollen dann über das, was sie sehen und hören, reden. Auch untereinander diskutieren die Jungen viel. Es gibt hier „Vormundschaften“? Was aber hat es damit auf sich? Flor: Alle Jugendlichen unter 18 brauchen einen Vormund. Auch unsere Jungs. Westphal: Manches dürften wir selbst gar nicht machen. Wenn es um weitreichende Entscheidungen geht, um Unfälle oder um wichtige Dokumente, dann muss ein Vormund unterschreiben. Flor: Oft regeln die Vormünder das Asylverfahren und kommen einmal im Monat zu Besuch. Westphal: Aber sie sind keine Ersatz-Eltern. Manche haben fast 100 Mündel und hetzen von Termin zu Termin und quer durch den Landkreis. Ihre Belastung ist wesentlich höher. Wir haben es da verhältnismäßig luxuriös mit unseren sechs Jugendlichen. Ein Interview von Beyza Akar und Lena Weichselbaumer. 11 Kinder machen Zukunft Maryam Fahimi und ihr Atelier Auf AEG Dienstagvormittag zwischen Mathe und Deutsch, nur eine dreiviertel Stunde lang. Da kannst du alle Farben nehmen. Aber nicht vergessen, eine Note gibt’s auch. Und danach bitte wieder voll konzentrieren: auf die wirklich wichtigen Dinge. – KunstUnterricht? Kreativität nach Stundenplan? Kann das funktionieren? - Und wie steht es mit freien Malkursen? Ist das Schaffen dort frei? Zumindest können die Kinder hier malen und zeichnen, als ob es das Wichtigste wäre. - Und wer ist eigentlich diese Frau Fahimi? Auf dem AEG Gelände in Nürnberg-Muggenhof bietet Maryam Fahimi Malkurse für Kinder an, uns heute Tee. Wir treffen sie in „Mein Atelier auf AEG“. In dem Raum, in dem normalerweise Kinder malen, ist es sehr sauber und aufgeräumt. Vielleicht nicht ganz so, wie man es erwarten würde. Ein Blick fällt suchend auf die gut sortierten Acrylfarben im Regal, auf die Pinsel in leeren Einweggläsern und weißen Tassen. Kein Karton voller eingetrockneter Farben. Und keine abgegrabbelten Buntstifte. An der Wand hängen – ganz erwartungsgemäß - viele Bilder. Doch nach genauerer Betrachtung vermute ich: nicht alle sind von Kindern. Hier verbringt man gerne Zeit Je länger man sich umsieht, desto greifbarer wird der Raum. Topfpflanzen auf einer Kommode, aneinander gereiht wie Bäume einer Allee. Auf der bunten Tischdecke steht Gebäck. Dazu ein Tongefäß, in dem sich Salzstangen befinden. Ein kleiner Kühlschrank am anderen Ende. Und ein Schreibtisch, darunter ein kleines und ein großes Paar Hausschuhe. Frau Fahimi verbringt wohl gerne ihre Zeit hier. „Hier ist einfach unser Arbeitszimmer, das von mir und meinem Mann. Manchmal habe ich auch zwei, drei Monate keine Kurse. Dann komme ich hierher, wie zum Beispiel jetzt momentan, und mache etwas für mich selber“, erklärt sie uns. Zögerlich Tee schlürfend fragen wir sie, wie sie auf die Idee gekommen sei, dieses Atelier zu gründen. Sie lacht, so wie sie es im späteren Verlauf unseres Gesprächs noch öfter tun wird. „Das war ein wirklich langer Weg ...“, meint sie und beginnt, von ihrem Leben zu erzählen. Bilder aus Persien Frau Fahimi kommt aus Persien, dem heutigen Iran. Ihr Lehramtsstudium begann sie kurz nach der islamischen Revolution, im Jahr 1979. Es muss eine schwierige Zeit gewesen sein, denn viele Universitäten wurden damals geschlossen. Die meisten Professoren waren nicht mehr da. Manche waren geflüchtet, viele waren aber auch hingerichtet worden. Nach einem zweijährigen Studium arbeitete Frau Fahimi als Kunsterzieherin. Wir staunen, als sie uns Bilder zeigt, Bilder die jetzt fast 20 Jahre alt sind und von ihren damaligen Schülern angefertigt wurden. Erinnerungen, die ihr so wichtig waren, dass sie sich die Bilder per Post zuschicken ließ, als sie schon längst in Deutschland lebte. Das muss man sich einmal vorstellen: Der Junge, der damals eine Szene eines persischen Obst-Marktes malte, ist mittlerweile ein erwachsener Mann. Was wohl aus ihm geworden ist? Frau Fahimi übersetzt uns den Titel seines Bildes: „Wenn ich das wirklich von Wort zu Wort übersetze, bedeutet es: Und hier wieder ein Obstbasar, eigentlich. „Super“ wie in Supermarkt. Aber: Obst. Also „Super Obst“.“ Eine weitere Station auf dem Weg von Frau Fahimi war das Studium an der Kunstuniversität von Teheran - dort spezialisierte sie sich auf Trickfilm, „weil ich einfach etwas für Kinder machen wollte“. Mit der Entscheidung für Trickfilm aber hatte sie einen Weg betreten, der bekanntlich steinig ist. Umso schöner ist es deshalb, wie begeistert Frau Fahimi über ihre Animationsfilme spricht. Ein paar der Bilder an der Wand sind Originalbilder aus ihrer Abschlussarbeit. Sie hat ihre Trickfilme noch analog gemacht. Das bedeutet, dass für jede Szene ein Einzelbild gezeichnet wird - sehr aufwändig und sehr viel Arbeit. Sie erzählt weiter: „Dann waren wir in Deutschland, das war 1996. Dort wollte ich auch mit Film weiter machen. Wir hatten nicht viel Ahnung, wir hatten nicht viele Leute, die überhaupt unseren Bereich kannten. Denn manchmal ist es ja so: wenn man gar keine Ahnung hat, dann stellt man auch nicht die richtigen Fragen. Zum Beispiel haben wir nicht einmal gefragt, welche Stadt könnte geeignet sein für uns und unseren Job.“ Unter anderem hat sie an der Multimediaakademie in Nürnberg studiert, später dann auch an der Filmhochschule Köln. weiterführen.“ Und dann erläutert sie das: „Denn die Untalentierten, die sich für etwas interessieren, die machen es auch richtig. Und so ist es egal, ob man Talent hat, oder nicht. Hauptsache, man erschafft etwas“. Als ob man für Kinder überqualifiziert sein könnte Kreativität, Malen und Zeichnen sei für Kinder natürlich sehr wichtig. So übten sie ihre feinmotorische Fähigkeiten. Und sie schulten ihren Blick auf die Welt – den Blick für Formen, Farben und Perspektive, aber auch für Beziehungen. Doch das Wichtigste: Kreativität verleiht Kindern Selbstbewusstsein. Dabei ist entscheidend, so Fahimi, dass alle Malutensilien gut sind und sortiert bereit stehen. Denn Auswahl und Ordnung schaffen hier Freiheit und Respekt für das eigene Tun. Man müsse sich bewusst machen, dass man für kreatives Schaffen nicht nur Zeit brauche, sondern auch den richtigen Raum finden müsse. Denn jeder Raum habe ja eine eigene Wirkung. Mit einem Klassenzimmer verbinde ein Kind schulische Anstrengung und Noten. Doch anders als in der Schule können die Kinder hier frei malen. Hier ist es Freizeit - ganz ohne Druck. Und dieses Atelier bietet, wie Frau Fahimi es beschreibt, eben „Raum für diese Sache“. Doch Frau Fahimi wollte lieber weiter mit Kindern arbeiten. Als sie sich als Kindergärtnerin bewirbt, sagt man ihr, sie sei überqualifiziert. „Bis heute kann ich das nicht so richtig verstehen, weil das Arbeiten mit Kindern viel Qualifikation braucht. Denn die Kinder sind die Zukunft. Wenn ich irgendwie schlecht mit einem Kind arbeite, irgendeine Fähigkeit bei einem Kind nicht finde, dann könnte ein Schicksal geändert werden. Das ist wirklich so.“ Genau darum geht es ihr auch in ihrem Atelier. Sie möchte die Kinder fördern, sie möchte ihnen die Möglichkeit geben, ihre Fähigkeiten zu finden und weiterzuentwickeln. Sie wünscht sich, dass Eltern von der Geburt an darauf achten, was ihre Kinder interessiert. Ob das Sportunterricht, Kunstunterricht oder Tanzen ist, ist egal. „Wenn man das Richtige findet, kann man das auch Den richtigen Raum finden Eine Reportage von Viviane Lorenz und Jessica Bauer 12 13 Zum Lernen geht es in den Keller Die Nürnberger Asylothek Eine „Asylothek“? Was ist das? Zumindest die Endung legt nahe, es handele sich um eine Art Bibliothek. Aber was zunächst nur als kleine Bibliothek für Asylbewerber einer Nürnberger Gemeinschaftsunterkunft gedacht war, hat sich mittlerweile zu einem deutschlandweiten Flüchtlings-Projekt entwickelt, ehrenamtlich geführt. In Nürnberg wird das große Projekt in einem kleinen Kellerraum fortgesetzt. Hinten in der Ecke des Raums entdecken wir einen Flipchart. Dort steht zwischen deutschen Tiernamen das Wort „GEFAHR“. Vor was man da wohl warnen wollte? Vielleicht vor dem Bösen, denn das soll 14 laut einigen Asylbewerben hier im Keller wohnen. Aber dort war eben Platz, seit man die Essensausgabe abgeschafft hat. Eine Zusammenkunft im Keller der Geister „Eigentlich wollten wir die Wände blau streichen. Aber in vielen Kulturen steht Blau für das Böse. Die Asylbewohner trauen dem Keller sowieso nicht, da müssen wir auf eine neutrale Farbe achten“, sagt Karl-Heinz Kristen, der Leiter der Asylothek. In vielen Ländern werden Kellerräume mit dem Totenreich verbunden: Sie liegen unter der Erde und viele Menschen wollen zu Lebzeiten nichts mit dem Tod zu tun haben. So geht das Gerücht um, dass auch in diesem Keller bösartige Geister hausen. Herr Kristen hat uns in die Hintermarstraße eingeladen. Doch: Sind wir hier richtig? Wir schauen uns in dem ca. 20 m2 großen Raum um. Seit August ist das nun die Asylothek – eine Bibliothek für Asylbewerber. Eine Bibliothek hatten wir auch erwartet; mit hohen beschilderten Regalen, vielleicht auch mit kleinen Sitzgruppen zum Schmökern. Stattdessen aber beherrscht ein Regal aus Metall den Raum, das fast die komplette Wandseite gegenüber der Tür einnimmt. Darin befinden sich eine handvoll unsortierter Bücher, darunter „Tibetische Märchen“ und ein Duden. Aber in die obersten Reihen sind American-Toast Schachteln gequetscht, ein alter Turnsack liegt neben einer Kiste mit Krimskrams. Wir setzen uns an den Biertisch in der Mitte des Raumes, auf dem eine ungeöffnete Tüte „Schwäbische Brezeln“ liegt. Die Lampe über uns spendet gerade genug Licht, um auch das Kleingedruckte zu lesen. Und trotz der aufgedrehten Heizung kommt von den weißen Wänden gefühlt die doppelte Portion Kälte zurück. Ein neuer Anstrich könnte sicher mehr Menschen anlocken. Wer kommt, ist da Einige Besucher der Asylothek haben wir schon kennengelernt, denn jede Woche macht Herr Kristen mindestens einen Rundgang und lädt die Menschen im Wohnheim zu den Deutschkursen ein. Im zweiten Stock haben wir die Äthiopierin Malou getroffen. Sie müsse erst ihren Mann fragen, ob sie zum Deutschkurs kommen dürfe. Schamanin Rhua ist die Herrin der Küche. „In ihrem Land gehen die Männer Geld verdienen. Die Frauen kümmern sich um den Haushalt und die Kinder. Die Männer können, seitdem sie hier sind, nicht arbeiten und so leben viele in den Tag hinein“, übersetzt Karl-Heinz Kristen. Die Asylothek wirkt dem Heimalltag, der Eintönigkeit und der Trübsal entgegen: Durch das Angebot sollen die Menschen beschäftigt und ihnen die Integration erleichtert werden. Um besser Deutsch zu lernen, gibt es externe Sprachkurse. Drei Kurse mit jeweils 40 - 50 Teilnehmern leitet Herr Kristen selbst. Der Leiter meint, die Asylothek gewinne stetig an Zuwachs. „Manchmal“, so sagt er, „stehen die Asylbewerber schon an der Tür und warten, bis wir kommen und die Asylothek wieder aufmachen.“ Kommen dürfen alle. Inzwischen ist auch die ehrenamtliche Helferin Caro da und bereitet sich auf den Kurs vor. In einer halben Stunde startet er. Sie erklärt, dass sie manchmal etwas länger warte, bis die Asylbewerber eintrudeln. „Manchmal kommen auch nur zwei oder drei. Dann wieder zehn. Das ist immer so eine Sache und etwas schwer einzuschätzen.“ Viel zu deutsch „Ihr denkt alle viel zu deutsch“, erklärt Herr Kristen, als Caro ihr Konzept vorstellt. „Den Asylbewerbern ist es egal, ob ihr mit einem Plan kommt oder nicht. Sie wollen beschäftigt werden. Deutsch lernen muss da locker nebenher laufen. Das mit dem Konzept funktioniert hier nicht so, wie wir Deutschen es uns vorstellen.“ Weshalb ein Plan wenig Sinn macht, zeigt sich in der Stunde. Denn worauf hätte man sich vorbereiten können? Fünf Männer, zwei Kinder und eine Frau mit Baby kommen zum Kurs. Caro beginnt die Stunde mit „Ich-Du-Er-Sie-Es“ und lässt die Teilnehmer kurze Sätze sprechen. Der Deutschkurs besteht aber nicht nur aus typischen Lerneinheiten zur deutschen Sprache. Oft ist er auch ein gemütlicher Spiele-Abend, bei dem wie zufällig Deutsch gesprochen wird und so – ganz nebenbei neue Wörter gelernt werden. „Manchmal machen wir auch nur ein kleines Essen. Oder wir verteilen diese Brezen. Dadurch lernt man auch, was Deutsche Kultur ist.“ Kommunikation und Gemeinschaft Solch freiere Veranstaltungen waren nicht immer selbstverständlich, da die Asylothek ursprünglich nur als kleine Bibliothek gedacht war, die vor allem mit Sprachbüchern ausgestattet sein sollte. Mittlerweile wird viel mehr geboten: Spieleabende, Kochkurse, Hausaufgabenbetreuung, kreative Projekte sowie die Förderung besonderer Begabungen. Einer dieser begabten Menschen sitzt neben uns: Naomi, eine Pianistin aus Vietnam. „I need a piano“, sagt die 16-Jährige, während uns Herr Kristen erzählt, dass er ihr gerade ein Vorspiel in der Musikschule organisiert. „Und wo willst du das hinstellen?“, fragt der Leiter. „In my room.“ Er lächelt. „Und was denkst du, sagen deine Nachbarn, wenn du anfängst zu spielen?“ In ihr Zimmer also könne sie es nicht stellen, weil der Lärm ihre Nachbarn stört. Gegenseitige Rücksichtnahme sei wichtig für das Zusammenleben – sicherlich ein Grund, weshalb Kristen uns hierher eingeladen hat und nicht in die Zentralasylothek in der Kohlenhofstraße. „Im Kohlenhof haben die Asylbewohner keine freundschaftlichen Beziehungen zueinander“, erzählt uns der Leiter. Aber in der Hintermayrstraße lebt eine überschaubare Anzahl an Menschen, deshalb ist es hier einfacher eine Gemeinschaft zu entwickeln. „Es ist wichtig, den Zusammenhalt zu fördern. Dann kommen wir und helfen mit der Asylothek.“ Helfen wollte damals auch der Gründer und Initiator der Asylothek Günter Reichert. Im September 2012 eröffnete der Architekt ohne öffentlichen Zuschuss eine „Asylothek“. Jetzt gibt es derlei an vielen Orten in Deutschland, in Augsburg und Hoyerswerda, in Karlsruhe und Kiel, in Tübingen und Trier, sogar auch in den Niederlanden. Hier prallen verschiedene Kulturen und Gewohnheiten aufeinander, aber Sprache und Bildung helfen. Deshalb betont Herr Kristen: „Gegenseitiger Respekt vor der Kultur und der Religion ist wichtig. Und Kommunikation ist sowieso immer wichtig.“ Eine Woche nach unserem letzten Besuch erfahren wir, dass die Wände des Kellers nun nicht mehr in kaltem Weiß, sondern in Mintgrün gestrichen sind. Eine Reportage von Astrid Brehm und Lisa Espach mit einer Illustration von Pia Salzer 15 Verständnis geht durch den Magen Essen bei Laleh Laleh macht auch persisches Catering für Events - hier ihre Schwester am Teetisch während einer Veranstaltung der Zentrifuge. Am Flughafen erhängt werden. Das klingt nach einem Albtraum. Für iranische Flüchtlinge ist das eine nur allzu nahe liegende Realität. Eine der Betroffenen wäre vielleicht Laleh gewesen. Im Iran ist sie zum Christentum konvertiert. Vor drei Jahren floh sie zusammen mit ihrem Mann und ihrem Sohn von Teheran nach Deutschland. Religiöse Verfolgung gehört zum Alltag vieler Iraner. So gilt zum Beispiel eine Konversion im islamischen Gottesstaat schon als Hochverrat und wird mit dem Tod bestraft. Würde ein konvertierter Flüchtling also aus Deutschland ausgewiesen, könnte er noch bei seiner Ankunft am Flughafen hingerichtet werden. Ein Schicksal, vor dem Lalehs Onkel Akbar dank der evangelischmethodistischen Gemeinde in Fürth bewahrt wurde. Er war der erste iranische Flüchtling, dem dort Kirchenasyl gewährt wurde. Genau wie Laleh ist Akbar bereits im Iran zum Christentum konvertiert und musste deshalb fliehen. Weil man während eines Kirchenasyls das Gelände einer Gemeinde nicht verlassen darf, wurde er dort von iranischen Freunden besucht. Folglich entstanden immer mehr Kontakte und somit letztendlich eine deutschiranische Gemeinschaft. Gastfreundschaft, Fröhlichkeit und Spenden „Sogar Gottesdienste werden mittlerweile zweisprachig abgehalten. Wir möchten ganz bewusst eine deutsch-iranische Gemeinde sein“, erklärt uns Pastor Friedrich Gruhler. „Auch weil wir viel von der iranischen Kultur lernen können, zum Beispiel in Sachen Offenheit. Wenn man auf diese Menschen zugeht, stehen sie sofort vom Tisch auf und begrüßen einen herzlich.“ Auch Laleh ist Teil dieser Gemeinde. Seit Mai 2015 kocht sie dort jeden ersten Samstag im Monat ein Drei-Gänge-Menü. Und im Anschluss tanzt man zu iranischer Musik. Das Angebot hat Erfolg. „Manchmal haben wir bis zu 100 Gäste“, erzählt sie stolz. Schon am ersten Abend kamen über 60. „Wir hätten vielleicht mit 20 Leuten gerechnet“. Der Großteil der Gäste sind dabei Iraner, aber auch viele Deutsche kommen gern, um hier einen Abend mit persischem Essen in freundlicher und fröhlicher Atmosphäre zu genießen. Was uns interessiert: Wie das Konzept „Essen bei Laleh“ entstanden ist. „Ich möchte den Menschen etwas zurückgeben“, erklärt uns die 40-jährige Elektroingenieurin. Laleh hat im Iran studiert, aber bisher noch keine Anstellung in Deutschland gefunden. Kochen, so sagt sie, sei für sie ein guter Weg, um zu helfen und etwas zu bewirken, und das obwohl sie – nach eigener Aussage - noch nicht so gut Deutsch könne. „Ein Teil des Geldes, das an so einem Abend zusammenkommt, wird für Krebskranke oder anderweitig hilfsbedürftige Menschen gespendet. Es dient alles einem guten Zweck“, betont Laleh. Derzeit wird das Geld dafür verwendet, das Haus der Gemeinde energieeffizienter zu gestalten. Doppelt benachteiligt: als Christin und als Frau Im Iran war Laleh als Christin der Verfolgung ausgesetzt, aber auch als Frau war sie benachteiligt. Obzwar es offiziell heißt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, stehen die islamischen Prinzipien über dem weltlichen Gesetz. So leben Frauen in klaren Grenzen, auch hinsichtlich ihrer Bewegungsund Bildungsmöglichkeiten. Zwar besuchen nach wie vor viele Frauen die Universitäten des Landes, sie haben sich jedoch stets nach strengen Vorgaben zu kleiden. „Ohne sich zu verhüllen, darf eine Frau ihr Haus gar nicht erst verlassen“, erklärt Laleh. Möchte eine Frau Medizin studieren, sei dies grundsätzlich möglich, allerdings gibt es Regionen, in denen Ärztinnen nicht arbeiten dürfen. Bestimmte Studien seien ihnen gar nicht gestattet, unter anderem Jura. Dem entspeche, dass die Aussage einer Frau vor Gericht nur halb so viel zähle wie die eines Mannes. Um die radikal islamischen Prinzipien der Scharia durchzusetzen, gebe es die sogenannte Religionspolizei. Sie sorge dafür, dass sich Frauen an alle Regeln und Gebote hielten. Das führt auch zu willkürlichen Verhaftungen. Andererseits gelte: Wenn eine Frau sexuell belästigt oder gar vergewaltigt wird, so schweigt sie meist, um die Ehre ihrer Familie zu bewahren und sich nicht auch noch dem Verdacht auszusetzen, im Grunde „schuld“ daran zu sein. Kultur des Irans nicht mit Unterdrückung verwechseln Die Märchen aus 1001 Nacht, ein goldener Orient und anmutige Gedichte aus dem „Diwan“. Das sind die Klischees vom alten persischen Reich. Dann gab es das brutale Regime des Schahs. Und wenn man an die Gegenwart des Irans denkt, denkt man an Kriege, Fanatismus, Armut und Unterdrückung. Doch Laleh lädt dazu ein, einen Teil der iranischen Kultur kennen zu lernen, der mehr ist als das. Laleh: im Iran ist das der Name einer Blume, einer Tulpe. Im umfunktionierten Gemeindesaal, wo an anderen Tagen Gottesdienste stattfinden, laufen jetzt die Vorbereitungen auf das große Essen. Liebevoll und mit Sinn fürs Detail gedeckte Tische schaffen ein gemütliches Ambiente. Es gibt eine Salatbar und Getränke. Nebenan schenkt eine Frau im persischen Gewand Tee aus und reicht Nachtisch. Auch die restlichen Servicekräfte sind Iraner aus der Gemeinde. Der Saal füllt sich mit ersten Gästen. Und neugierig werfen wir einen Blick auf die Karte. Obwohl die Gerichte einfach gehalten sind, dauern die Vorbereitungen für so einen Abend bis zu drei Tage. „Persisches Essen erfordert viel mehr Zeit als deutsches“, erklärt uns Laleh. Doch all die Arbeit investiere sie gerne, denn Kochen ist ihre Leidenschaft. Zur Vorspeise gibt es heute eine Suppe. Als Hauptgang Khoreshte-karafs. Ein klassisches Gericht, bestehend aus Rindfleisch, Sellerie und Gemüse. Wie bei den meisten iranischen Speisen wird dazu Reis mit Safran gereicht. Vor allem der Einsatz verschiedenster Gewürze kennzeichnet die persische Küche. Traditionelle und frische Lebensmittel sind Laleh sehr wichtig. Die Zutaten für ihre Gerichte kauft sie deshalb ausschließlich in iranischen und kurdischen Lebensmittelläden. Zum Nachtisch gibt es traditionell schwarzen Tee mit Obst. Sehr beliebt sind Datteln.Nach dem Essen zeigt uns Lalehs Onkel Akbar typisch iranische Tanzschritte zu Folkloremusik. Am Ende des Abends haben wir das Gefühl, ein bisschen mehr über die positiven Seiten des Irans gelernt zu haben. „Auch ich habe ein total schiefes Bild gehabt“, erzählt uns der evangelisch-methodistische Pastor Gruhler, „Durch die Iraner habe ich einiges neu begriffen. Und ich habe gemerkt, dass der Iran kulturell gesehen viele Schätze und Reichtümer hat.“ Wie lange sie hier kochen kann, weiß Laleh nicht. „Vielleicht habe ich bald gar keine Zeit mehr, wenn ich eine Arbeitsstelle finde“, erklärt sie. Aber wir und andere danken ihr schon einmal für die Genüsse und den Einblick. Eine Reportage von Lisa Zirkelbach, Kim Mauer und Kristina Pilny 16 17 Freiheit für Wäscheständer oder: Die Katastrophe, wenn einmal die Post streikt Ein Porträt von Hranusch und ihrer Familie und über das Leben im Asylbewerberheim Kohlenhof. Das Leben hier ist anders, schon der Alltag ist es. Das zeigt sich überall, vor allem aber in den Kleinigkeiten. So benutzen die Flüchtlinge, die hier leben, zum Beispiel den Keller nicht. Und wieso ist es überhaupt wichtig, ob ein Keller benutzt wird oder nicht? Dort befindet sich ein Raum, dafür vorgesehen, seine Wäsche zu trocknen. Trotzdem finden die Hausmeister im Asylbewerberheim am Kohlenhof überall Wäscheständer, in Zimmern und Gängen. Eine nervige Angewohnheit? “Die sind undankbar!”, meinen manche. Doch das ist es nicht, wenn man nur einmal genauer hinsieht. Aber dazu später mehr. Lena Zürn jedenfalls hat sehr genau hingesehen, in ihrer Bachelorarbeit mit dem Titel „Warten in Zimmer 006“. Die Fotografin ist Absolventin der Fakultät Design an der Technischen Hochschule Nürnberg. Und für ihre Abschlussarbeit begleitete sie den Alltag einer Flüchtlingsfamilie, sieben Wochen lang. Einmal andere Bilder zeigen als die üblichen Lena Zürn hielt Momente fotografisch fest, um einen anderen Blick auf Flüchtlinge zu eröffnen, als es die Nachrichten tun. Denn in denen, so findet sie, werde das Thema 18 überwiegend negativ dargestellt. Vor allem durch die Beschreibung von Flüchtlingen als passive Objekte hat sich bei den meisten eine Standard-Vorstellung eingebürgert: „Dann sitzt da ein Mensch in einem kleinen Zimmer wie ein nicht abgeholtes Gepäckstück und ist isoliert von der Gesellschaft, isoliert von der Außenwelt, isoliert von seiner Familie.“ Mit dieser Praxis, alles zu vereinfachen und Menschen zu stigmatisieren, wollte Lena in ihrem Fotobuch brechen. Zwar sind die Flüchtlinge tatsächlich oft isoliert, sagt sie, aber sie versuchen eben auch etwas dagegen zu tun und ihr Leben aktiv zu gestalten. Der Wille, sich zu integrieren sei da – bei den meisten zumindest. Lena begleitete Hranusch. Hranusch war früher dunkelhaarig, wie viele Armenier, jetzt ist sie eine blonde Frau. Denn mit ihrer Ankunft in Deutschland hat sie ihre Haare gebleicht. Für sie bedeutete das ein neuer Lebensabschnitt. Vor vier Jahren verlor sie ihren Mann bei einem Autounfall und mit ihm jeglichen finanziellen Rückhalt. Sie hat nie gearbeitet, und auch keine Ausbildung gemacht, denn in Armenien, so meint sie, gebe es noch klare Geschlechterrollen: Mädchen bekämen keine gute Schul ausbildung, sondern verließen mit 14 die Schule, „helfen der Mama im Haushalt“ und bekochten danach ihren Mann. So hatte sie das auch gemacht, aber für ihre zwei Töchter wollte sie bessere Chancen, hat schnell einen Koffer voller Barbies und Kleidung gepackt und ist mit ihnen nach Deutschland aufgebrochen. Nur ein paar von 7000 Jetzt sind Hranusch und ihre Kinder ein paar von rund 7.000 Flüchtlingen, die derzeit in Nürnberg Schutz gefunden haben. Doch wirtschaftliche Gründe für eine Flucht wie die ihre werden nur selten anerkannt. Auch in der Gesellschaft sind sie schlecht angesehen. Zwei Jahre lang blieb sie ohne jeden Bescheid - so lange haben die Behörden ihren Antrag nicht bearbeitet. Und während Hranuschs Kinder bereits in eine deutsche Schule gingen, saß sie zuhause. Denn arbeiten durfte sie nicht. Die Fotografin Lena Zürn meint, das sei ein echtes Problem, denn man habe viel zu viel Zeit zum Grübeln. Und in der Schwebe zwischen Abschiebung und Annahme gehe viel in den Asylbewerbern vor. Das sei eine psychische Belastung mit schwerwiegenden Folgen. Als Lena bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit mit Flüchtlingen das erste Mal auf die Familie trifft, wirkt Hranusch bereits sehr mager und leidet an Depressionen. Zu Beginn von Lenas fotografischer Dokumentation sind es die Kinder, die ihre Mutter überreden, sich auf die Studentin und ihr Projekt einzulassen. Denn viele Flüchtlinge schämen sich für ihre Lebensumstände hier. 19 http://ss15.ohmschau.de/project/lena-zuern/ http://cargocollective.com/lenazuern/ http://lenazuern.tumblr.com/ 20 Einige der Bilder in Lenas Fotobuch zeigen das Zimmer der Familie und geben so einen Eindruck von ihrer Wohnsituation. Zu dritt in einem Zimmer, da bleibt nicht viel Platz und jeder Zentimeter wird genutzt. Zu sehen ist ein Esstisch mit einer Eckbank. Dahinter türmt sich vor den Schränken allerlei Kleinkram, von einem Teller mit zwei Stück Kuchen, einem Vorratsregal mit Zwiebeln und einer Chipstüte bis hin zu einem Volleyball und etwas Wäsche. Auf der anderen Seite des Tisches steht ein Fernseher, dort läuft gerade ein Zeichentrickfilm. In der Ecke stehen zwei Schulranzen - rot und pink. Der Raum ist mit verschiedenen Vorhängen und mehreren Topfpflanzen 22 dekoriert und wohin man auch blickt, sieht einem ein Kuscheltier entgegen. „Das tut gut, wenn du es dir schön machen kannst. Wenn du dich setzt, herumschaust und viel entdeckst“, zitiert Lena Hranusch. Leben in einem „Vorzeige-Heim“ Hranuschs kleine Familie schläft auf zwei zusammengeschobenen Betten. Vielen Flüchtlingen ist es unangenehm, sich ein kleines Zimmer teilen zu müssen und auch, dass Küche und Bad sich auf dem Gang befinden. Das aber ist nicht einfach “Undankbarkeit”, sondern hat oft mit Sitten oder Scham zu tun, mit religiösen Vorgaben oder lange genährten falschen Vorstellungen von einem idealen Deutschland, wie aus der Werbung. Zudem sollen Landsleute nichts davon erfahren, denn dort gehen ja alle davon aus, dass es jedem hier besser ginge. Dabei handelt es sich beim Wohnheim am Kohlenhof um ein „Vorzeige-Heim“. Was vorher Bürohaus und Schulungszentrum war, wurde 2001 zur Unterkunft für Flüchtlinge umgebaut. Weil alles noch relativ neu ist, sind Toiletten und Duschen in einem guten Zustand und die Fenster isoliert. Da hat Lena Zürn in anderen Heimen schon ganz anderes erlebt: Von schimmelnden Gebäuden und Rattenproblemen berichtet sie, von beschmierten Wänden und beißenden Gerüchen. Damit haben die Bewohner dieses Wohnheims nicht zu kämpfen, aber Probleme gibt es trotzdem. Wie überall, wo Menschen dicht an dicht beieinander wohnen. Denn der Mangel an Privatsphäre, den das mit sich bringt, birgt Konfliktpotential. Vor allem, wenn Menschen unterschiedlicher Sprachen, Religionen und Kulturen zusammentreffen. Auch die Wände sind hellhörig. „Ruhe?! Wenn meine Nachbarn mich lassen, habe ich Ruhe. Sie streiten, die Kinder schreien, ständig klopft jemand und will etwas. Katastrophe“, zitiert Lena Hranusch in ihrem Buch. Abhängigkeit und Freiheit „Lass das! Du darfst das nicht! Du musst das jetzt sauber machen“, prasselt es auf Hranusch ein. So bekommen die kleinsten Dinge ein Riesengewicht, weil sie das letzte sind, was die Asylbewerber noch selbst bestimmen können. Ständig sind sie Verordnungen, Weisungen und Entschlüssen anderer ausgesetzt. Im Großen geht es um die Ämter, die über ihre Zukunft entscheiden, im Kleinen aber beginnt es schon mit der Frage, ob die Post schon wieder streikt. Denn ohne Post kommt kein Annahmebescheid, ohne Post kommt kein Krankenschein und ohne Post bleibt das sowieso schon knappe Geld aus. Man leiht sich Geld von den Nachbarn und wird erneut daran erinnert: Ständig ist man abhängig. Womit wir wieder beim Trockenkeller wären und all den Wäscheständern in Gängen und Zimmern. Für einen Menschen, der in allem derart abhängig ist, wie es die Flüchtlinge sind, hat das selbstständige Entscheiden, z.B. „Wo hänge ich meine Wäsche auf?“, einen ganz anderen Stellenwert; Schon solche Dinge stehen für Freiheit. Eine Reportage von Marika Mietzner und Selina Sievers 23 ‚komm!unication’ Integration im Theater Seit Oktober letzten Jahres leitet Pauline Buff wieder einen Theaterkurs. Aber dieses Mal ist vieles anders als sonst. Die Theaterpädagogin des Theaters Pfütze betreut eine „sehr heterogene“ Gruppe, wie sie sagt. Und nicht etwa, weil es Jugendliche im Alter von 14 bis 25 sind oder weil besonders viele Mädchen und Jungs zusammen spielen. Nein, diesmal arbeitet sie mit Jugendlichen aus Aserbaidschan, Damaskus und Maxfeld. Bei ‚komm!unication’ – so heißt der Theaterkurs - proben Deutsche mit Flüchtlingen. Wir sitzen in den oberen Reihen des Theatersaals. Pauline steht mit dem Rücken zu uns am Fuße der Bühne. Sie gestikuliert mit dem ganzen Körper, um die nächste Übung zu erklären. „Wenn man einen Impuls kriegt, bewegt man sich“ - „Impulstanz“ nennt sich die Übung. Alle stehen bewegungslos auf der Bühne, während zwei Leute zu rhythmischer Musik um sie herum tanzen. Irgendwann stoßen die beiden zwei andere Leute an und bleiben im selben Moment stehen. Die Angestoßenen beginnen nun statt ihrer zu tanzen, nehmen also den Impuls auf. Viele gehen bei diesem Ausdruckstanz ganz aus sich heraus, bewegen ihren ganzen Körper mit großzügigen Schwüngen. Andere müssen sich ein Lachen verkneifen und ein paar bleiben verhalten, pressen ihre Arme nah an den Oberkörper und machen nur wenige, vorsichtige Schritte. Denn viele haben so etwas noch nie gemacht. Seit gut drei Monaten gibt es diese Gruppe nun, und viele sind erst seit kurzem dabei – oder überhaupt erst in Deutschland. Beim ersten Treffen kam nur einer, dieses Mal waren es 35 Impulse geben - das geschieht hier nicht nur tanzend. Seit zwei Jahren versucht Pauline Buff Flüchtlingen das Theater näher zu bringen. Beim ersten Mal kam einer. Mittlerweile ist es schon das zweite Projekt, das das Theater Pfütze auf die Beine gestellt hat. Der Plan dafür entstand in Zusammenarbeit mit der Stadt Nürnberg. Beim ersten Treffen in dieser Spielzeit kamen 35 Jugendliche, viele davon auch aus der ersten ‚komm!unication’-Zeit im Sommer 2015. Zwölf Flüchtlinge aus der Unterkunft in der Klaragasse waren damals bei Pauline. „Viele hatten Lust, weiter zu spielen“, erklärt sie. Der Jugendclub des Theaters, wo sonst nur Deutsche auftreten, wurde 24 erweitert: eine gemischte Gruppe entstand. Mittlerweile gehören 14 Flüchtlinge und 7 deutsche Jugendliche zum Ensemble für die Aufführung im Sommer. Für Pauline Buff ist Theater ideal, um jemanden zu integrieren. Warum? „Weil es unfokussiert abläuft.“ Hier ist nämlich nicht die Integration selber das Ziel. Es geht nicht nur darum, dass die Flüchtlinge lernen, wie wir leben, woraus unsere Kultur besteht, oder dass man zum Beispiel pünktlich kommt. Es geht primär um eine Theateraufführung. Darauf liegt der Fokus. „Wir bekommen deren Kultur und Umgangsformen mit und sie unsere.“ Integration geschieht hier spielerisch und ganz nebenbei. „18 Uhr ist in Deutschland 18 Uhr. In Syrien ist 18 Uhr halb sieben oder sieben“ So kommen mittlerweile alle regelmäßig. Und auch pünktlich. Oder eher: nicht weniger pünktlich als die Deutschen. Pauline kann sich noch gut an eine Szene am Anfang erinnern: Majeddin aus Syrien kommt zu spät. Als sie ihn darauf hinweist, dass es um 18 Uhr losgeht, entgegnet er: „18 Uhr ist in Deutschland 18 Uhr. In Syrien ist 18 Uhr halb sieben oder sieben.“ Heute wird zum ersten Mal im Theater geprobt. Ansonsten finden die wöchentlichen Termine im „Sambaraum“ des Hotels Astoria statt, aus praktischen Gründen: viele der Flüchtlinge wohnen dort. Auch Emil hat hier mit seinen Eltern und seinem Bruder ein kleines Zimmer. Viel ist das nicht, aber „besser, als auf der Straße“. Vor über einem Jahr ist der 17jährige aus Aserbaidschan nach Deutschland gekommen. Er ist neu bei dem Projekt, spielt zum ersten Mal Theater. Die Proben machen ihm am meisten Spaß. Auch Deutschland gefällt ihm: „Deutsche Leute ist freundlich“, sagt er lächelnd. Ein Stück entsteht Pauline erklärt eine weitere Übung: Es improvisieren immer zwei Leute gemeinsam auf der Bühne. Bei einem Klatschsignal 25 26 27 erstarren sie und ein nächster übernimmt die Position von einem der beiden. Aus einem Ausgangsthema heraus entstehen so die unterschiedlichsten Szenen. Mal werden wilde Tiere gesichtet, ein anderer muss Liegestützen machen und der Nächste findet sich beim Arzt wieder. Durch solche Übungen und selbstgeschriebene Szenen erarbeiten die Jugendlichen nach und nach selber ein Stück, das sie am Ende aufführen. Bis jetzt lief die Übung immer in einer Fantasiesprache ab, heute mit „richtiger“, also auf deutsch – „... aber ohne Grammatik!“, wirft sofort einer der Älteren ein. Und alle lachen. Tatsächlich trifft das den Kern. Es geht nicht um korrekte Satzbildung oder Aussprache. Später sollen die Deutschen eher den Rahmen und Inhalt des Stücks wiedergeben und die Flüchtlinge Emotionen und Atmosphäre darstellen. Die Aufgabenbereiche sind also verschieden, denn die Heterogenität der Gruppe birgt auch Gefahren. Die mit mehr Theatererfahrung dürfen nicht unterfordert werden und die Neuen nicht überfordert. So spielen die deutschen Jugendlichen schon bis zu fünf Jahre hier im Theater mit. Die Flüchtlinge haben maximal bei dem Stück im Sommer mitgewirkt. Unterschiedliche Erfahrungen sorgen für unterschiedliche Ansprüche, man kann also nicht alle gleich behandeln. Bei all den sozialen Faktoren des Pro- jekts darf eben auch der künstlerische Aspekt nicht verloren gehen. Pauline muss auf einen „ausgewogenen Umgang der beiden Disziplinen achten“, darin liegt die größte Herausforderung für sie. „Es soll später nicht heißen: Oh, das ist aber süß: da spielen Flüchtlinge Theater! Alle sollen künstlerisch ernst genommen werden, denn viele haben Potenzial.“ „Beim Spielen sind alle gleich“ Wirklich stolz ist Pauline, dass die Gruppe mittlerweile zusammengewachsen ist. Den Eindruck haben wir auch. Nach der Probe treffen sich alle zusammen in einer Bar. Sie lachen und plaudern und tauschen Handynummern aus. „Wir wollten schon lange eine WhatsApp-Gruppe einrichten“, erzählt Carlotta, eine 17jährige deutsche Teilnehmerin. Das alles ist nicht selbstverständlich. „Für junge Mädchen ist es sicher auch eine Hürde, jungen schwarzen Männern gegenüber zu stehen, die bereits über 20 Jahre alt sind und kein Wort deutsch sprechen“, erklärt Pauline. Aber: „Wenn wir spielen, macht uns das nichts aus. Man lernt die Leute im Theater auf eine andere Art kennen“, erzählt uns Carlotta. Denn egal ob 17 oder 25, egal ob aus Maxfeld, Damaskus oder Aserbaidschan: „Beim Spielen sind alle gleich.“ Eine Reportage von Paul Wick und Jakob Trost • Pauline Buff (l.) ist Theaterpädagogin im Theater Pfütze und hat in der Spielzeit 2014/2015 ein Theaterprojekt mit jungen erwachsenen Flüchtlingen ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der Schauspielerin Johanna Steinhauser (r.)hat sie dieses Theaterprojekt und auch den Jugendclub ‚komm!unication‘ geleitet und auf die Bühne gebracht. 28 29 Moderner Werte-Codex DIE ZEHN REGELN DER FREIHEIT 30 Gewaltlosigkeit Non-violence Non-violence отказ от насилия Gleichberechtigung Gender equality Égalité des sexes равноправие Zusammenhalt Solidarity Solidarité солидарность Schutz der Schwächeren Protection of the socially deprived Protection des plus faibles Защита слабых Religionsfreiheit und Friede Freedom of religion and peace Liberté religieuse et paix свобода вероисповедания Şiddetsizlik Kadın erkek eşitliği Beraberlik Güçsüzleri korumak İnanç özgürlüğü ve barış Nachhaltigkeit Sustainability Durabilité устойчивое развитие Gesetzestreue und Redlichkeit Law-abidance and honesty Légalité et honnêteté верность закону и честность Respekt und Höflichkeit Respect and courtesy Respect et courtoisie уважение и вежливость Eigenverantwortung Personal responsibility Responsabilité личная ответственность Bildung und Kultur Education and culture Education et culture oбразование и культура Sürdürülebilirlik Yasalara sadakat ve dürüstlük Saygı ve nezaket Şahsi sorumluluk Eğitim ve kültür Um einen Beitrag zur besseren Integration von Flüchtlingen zu leisten, hat Anfang dieses Jahres die fachübergreifende Akademie BACSA (siehe www.business-aesthetics. com sowie www.wissensburg.de) einen „modernen Werte-Codex“ erstellt und diese Werte-Liste im Rahmen der zeitgleichen Wertediskussion zur freien Verfügung ins Netz gestellt. anderen, für manche als Bestätigung, für andere als Erinnerung. Die schwer allgemeinverbindlich definierbaren Werte der „Würde des Menschen“ und des „Respekts“ ergeben sich durch das Zusammenspiel der hier aufgeführten insgesamt zehn Werte. Der thematische Schwerpunkt der BACSA ist: Universalwissen über das menschliche Bewusstsein und seine einzigartige Form der Informationsverarbeitung. Eines der entsprechenden anwendungsbezogenen Arbeitsprojekte führte zu einer Grafik mit zehn Icons, die mit Bildern und kurzen mehrsprachigen Erläuterungen jeweils einen Wert darstellen. Ursprünglich war diese Grafik für Menschen gedacht, die des Deutschen nicht mächtig und daher auf kulturübergreifende nonverbale Zeichen und die fremdsprachigen Übersetzungen der Begriffe angewiesen sind. Der Werte-Codex gilt aber genauso für alle Neben zahlreichen Gesprächen mit Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen war vor allem eine umfassende Systemtheorie Grundlage dieser Zusammenstellung an Werten. Auf diese Weise wurde eine hohe Akzeptanz jener „Zehn Regeln der Freiheit“ auf allen Seiten der teilweise sehr kontrovers geführten Debatte erzielt, was die Pragmatik, Lebensnähe und Menschlichkeit dieser Regeln angeht, und zwar quer durch fast alle politischen Lager. Es wurde vor allem eine große Anzahl von Asylbewerber*innen erreicht; aufgrund eigeninitiativer Weitergabe des Wertecodex betraf das mehr als zwei Positive Resonanz von vielen Seiten Drittel der erreichten Personen – was zeigte, dass von dieser Seite ein durchaus großes und breit gefächertes Interesse an Werten besteht. Einige wiesen darauf hin, dass sie eben auf der Suche nach verlässlichen Werten nach Deutschland gekommen sei. Auch die Reaktion von Verantwortungsträgern aus dem politischen Bereich von der kommunalen bis zur Bundesebene gestaltete sich in dieser Hinsicht ermutigend. Es verschickten zum Beispiel die türkischen Konsulate in Deutschland den Codex untereinander, der Codex wurde auf regionalen Integrationsveranstaltungen vorgestellt, und seitens des Bundeskanzleramts wurde der Codex von Herrn Altmaier als „gelungener Beitrag zur Diskussion über eine Integration der nach Deutschland kommenden Menschen“ gelobt. Dabei wurde aber in dem Falle nicht nur diskutiert, sondern es haben dafür tatsächlich viele verschiedene Gruppen zusammengearbeitet, sich neu vernetzt und kleine, aber wichtige Dinge bewirkt, wie z.B. Sprachunterricht für einzelne Asylanten oder konstruktive Bekanntschaften zwischen Asylanten und Deutschen. Bewusstsein-Modell als Grundlage Entstanden ist dieser Werte-Codex aus einer Suche nach bestmöglichen Formen des Umgangs mit dem Alltagsleben heraus, die sich von dem umfassenden Bewusstseins-Modell hat anleiten lassen, das der Arbeit der BACSA zugrunde liegt (Voigt 2005). Wird nämlich mit dem BACSA-Modell des menschlichen Bewusstseins nach bestmöglichen Formen des Umgangs mit dem Alltagsleben gesucht, kristallisieren sich zehn Werte heraus, die nicht nur für die anderen wichtig, sondern, diesem Bewusstseinsmodell zufolge, auch für den, der sie annimmt. Dies beruht auf der Perspektive, aus der heraus das BACSA-Modell das menschliche Bewusstsein als informationsverarbeitendes System betrachtet: Einzigartig ist an diesem System demnach, dass es Information nicht nur rational, sondern auch irrational verarbeitet, und zwar auf eine Weise, die sich kaum verbalisieren lässt. Menschen sind nicht dazu in der Lage, sich selbst vollkommen zu verstehen. Das sagen beispielsweise Künstler und berufen sich dabei auf das Irrationale im Leben der menschlichen Seele. Psychologen verweisen auf das Unbewusste, die Kulturwissenschaften sprechen vom kollektiven Unterbewusstsein und die Systemtheorie macht geltend, dass kein System sich selbst jeweils ganz erfassen kann. Es bleibt vielmehr immer ein ‚blinder Fleck‘. Das macht es so schwer, das System Bewusstsein systematisch darzustellen, da Zeugenaussagen von Anfang an in Frage gestellt werden müssen. Was über das Bewusstsein ausgesagt werden kann, muss Verdacht erregen. Was nicht ausgesagt werden kann, kann wiederum nicht ausgesagt werden. Hier liegt ein Teufelskreis vor – und zugleich das Grundproblem der Psychologie. Diese Disziplin sollte neben der Philosophie eigentlich eine der Hauptquellen von Information über das Bewusstsein darstellen. Doch sie bevorzugt es, mit der Technik der Rezipientenbefragung zu arbeiten und fragt dabei Menschen nach Dingen, über die sie gar nichts sagen können, vor allem was die interessanten Themen der Affekte, Gefühle und Leidenschaften betrifft. Dies entspricht der klassischen Definition eines Double-Binds, der eigentlich von einem Psychologen behandelt werden sollte. Angesichts dieses Problems arbeitet die BACSA mit einem Bewusstseinsmodell, das jene angeblich unauslotbaren Tiefen der menschlichen Seele funktional erfasst, und zwar im Rahmen einer digitalen Systemtheorie. Dadurch lässt sich die Mechanik der entsprechenden Informationsverarbeitung repräsentieren wie auch ein bestimmtes Phänomen, das darin besteht, dass es an einzelnen Stellen dieses Systems kaum oder gar keinen Überblick über das Bewusstsein von innen gibt – diese Teilzeitblindheit hat aber ihr eigenes System, und eben dieses System lässt sich von außen formalisieren. Schönheitsempfinden steht im Zentrum Der zentrale Begriff in diesem System ist das Wort Schönheitsempfinden. Denn Schönheit ist das wichtigste aller Gefüh- le, der Treibstoff der Seele. Denn wenn ein Mensch, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr dazu in der Lage ist, etwas als schön zu empfinden, wird er krank werden. Er wird nicht auf die gleiche Weise krank wie jemand, der eine Erkältung eingefangen hat oder vor ein Auto gelaufen ist, aber er wird krank werden und kann daran sogar sterben. Das gilt auch und vor allem für das Empfinden von Schönheit im Hinblick auf Werte – und dieser Aspekt war maßgeblich in den Befragungen und in der Analyse des Modells bei der Erstellung der vorliegenden Werte-Liste. Dieser Aspekt war es dann, der Unterschiede zu anderen existierenden Werte-Auflistungen bewirkte, in denen z.B. der Aspekt der Eigenverantwortung kaum eine Rolle spielt. Auf diese Weise kamen die folgenden zehn Punkte im Werte-Codex zustande: • Gewaltlosigkeit gewährleistet wechselseitige Verbindlichkeit und persönliche Sicherheit. • Das gilt v.a. für Gleichberechtigung und impliziert da stellvertretend für andere Unterschiede, die Achtung für einem von vielen möglichen großen Unterschieden zwischen Menschen. • Solidarität und • Schutz der Schwächeren erzeugen beide, was sich statistisch nachweisen lässt, große Gefühle der Erhabenheit, was wiederum hohe intrinsische Motivation und damit eine Stabilisierung der Gemeinschaft bewirkt (Voigt 2011). • Religionsfreiheit und Frieden bedeuten Anerkennung für die Wichtigkeit einer bestimmten Art an psychischem Erlebnisphänomen, das laut des BACSA-Modells eine anthropologische Grundkonstante und nicht zu wegzuignorieren ist. • Nachhaltigkeit meint die Verantwortung, die man nicht nur sich selbst gegenüber hat, sondern auch für andere und die kommenden Generationen. Nicht nur 31 vom Standpunkt der Psychologie ist dies ein Indiz für Intelligenz und Reife. • Gesetzestreue und Redlichkeit sind naheliegende Werte; durch die zwei entsprechenden Symbole einer Polizeimütze und eines indianischen Symbols für Redlichkeit wurde die eventuell mögliche Ambivalenz beider Werte angedeutet. • Respekt und Höflichkeit implizieren beiderseitigen Nutzen in der Kommunikation. Denn Respekt gegenüber anderen Personen hat nach der Logik des BACSA-Modells ähnliche Auswirkungen wie Selbstrespekt. • Persönliche Verantwortlichkeit ist das Loblied autonomen Handelns und steter Optimierung des Systems Bewusstsein. • Bildung und Kultur bringen Wertschätzung für Wissenschaft, Erziehung und Kultur zum Ausdruck und betonen diese Wertschätzung ausdrücklich. Der Wert der Werte ist aber nicht nur ein ästhetiktheoretisches Thema, sondern gleichzeitig von größter Relevanz für die praktische Philosophie: Der Artikel 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland garantiert jedem das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt), auf Leben, auf körperliche Unversehrtheit und schützt die Freiheit der Person, also seine Bewegungsfreiheit. Unser Gesetz definiert Freiheit also als einen seiner wichtigsten Werte. Was aber passiert, wenn diese Rechte auf Freiheit einer Person die Rechte auf Freiheit einer anderen Person beschneiden? Freiheit ernst nehmen Anders gewendet: Wenn wir frei sind, wenn wir tun dürfen, was immer wir wollen – was sollen wir dann tun? Philosophen haben eine bestimmte Art und Weise, auf grundsätzlichen Fragen 32 grundsätzliche Antworten zu geben, die Methode des Gedankenexperiments und die Frage, welches Handeln wann angebracht wäre und wie die die dahinter stehenden Mechanismen zu verallgemeinern wären. Immanuel Kant ist genau so vorgegangen, als er 1785 in seiner berühmten Grundlegung zur Metaphysik der Sitten folgendes Gedankenexperiment beschrieben hat. Kant sagte sinngemäß: Stell dir vor, du bist so frei, wie es nur geht. Dein Wort ist Gesetz, denn du bist nämlich der oberste Gesetzgeber und an die Gesetze, die du aufstellst, haben sich alle zu halten. Dann wäre in jedem Einzelfall klar, was ich tun soll und was ich nicht tun darf. Denn wenn ich der oberste Gesetzgeber bin, an dessen Gesetze sich alle zu halten haben, dann habe auch ich selbst mich an diese Gesetze zu halten. Wenn ich mir selbst eine Ausnahme gönne, habe ich mein eigenes Gesetz gebrochen und meine Rolle als oberster Gesetzgeber selbst untergraben. Wenn ich beispielsweise bestimme, dass alle ihr Eigentum behalten dürfen, aber als Räuber arbeite, dann widerspreche ich mir selbst. Dann kann ich eigentlich auch niemand anderen dazu verpflichten, das zu tun, was ich bestimme. Die eigene Freiheit ernst zu nehmen, heißt also immer auch, die Freiheit aller anderen ernst zu nehmen. Kant sagt: Wenn wir nur dann tatsächlich frei sind, wenn wir selbst die Gesetze unseres Handelns entwerfen, dann hat diese Freiheit also einen Preis: Wir sollen so handeln, dass sich an unsere Gesetze – zumindest an das, worum es in diesen Gesetzen im Grunde geht, also an ihre Grundlagen oder „Maximen“, wie es zu Kants Zeiten heißt – alle halten können müssen. Darauf beruht der sogenannte kategorische Imperativ Kants: „Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Oder anders gesagt und zitiert aus dem Film Spiderman: „Aus großer Macht folgt große Verantwortung.“ Jeder Wert ist nur dann etwas wert, wenn er sich mit den Werten anderer vereinbaren lässt, und Freiheit funktioniert nur im Bezug zu einer Gemeinschaft. Denn ganz alleine ist schlecht frei sein. Wie gelingt ein gutes Zusammenleben? Heutzutage leben immer mehr Menschen aus verschiedenen Kulturen mit unterschiedlichen Sprachen und eigenen Vorstellungen zusammen. Viele weil sie es müssen, viele möchten es auch, aber oft ist nicht auf Anhieb klar, wie das funktionieren kann. Wenn die Grundlage eines guten Zusammenlebens im Sinne Kants die allseits ernstgenommene Freiheit aller Beteiligten ist, dann müssen diese Regeln auf eine allgemein verständliche Weise aufgestellt werden. Nicht jeder, der hier lebt, und nicht jeder, der von außen kommt, hält sich an diese Regeln. Nur haben letztere ohne Deutschkenntnisse gar nicht die Möglichkeit, diese Regeln nachzulesen und darum wurde der moderne Werte-Codex mit Icons und Übersetzungen der Werte- Begriffe erstellt. Entwickelt wurde der Codex in Zusammenarbeit mit Menschen, die Erfahrung mit der Frage haben, was gesagt und getan werden muss in schweren Zeiten und damit, wie menschliches Bewusstsein „funktioniert“. Es wurde darauf geachtet, dass die verwendeten Bilder in verschiedenen Kulturen bekannt sind und nonverbal überall zu den jeweiligen Werten passen. Diese Art und Weise der Präsentation von Regeln ist angelehnt an eine historische Darstellungsform namens Emblem. Das ist ein „Sinnbild“, also eine Aussage in Form eines Bildes, begleitet von einem erläuternden Text. Diese Emblemata waren besonders im Barock beliebt, also zu einer Zeit voller Gewalt und Unsicherheit, in der es ebenfalls auf eine rasche und überzeugende Wertvermittlung ankam. Ein Bild sagt eben mehr als tausend Worte, erst recht, wenn Krieg und Vertreibung sprachlos machen. Selbstverständlich braucht es in manchen Fällen tausend Worte und mehr, um sich selbst klar zu machen und sich mit anderen darüber zu unterhalten, was • Hon.-Prof. Dr. Stefanie Voigt ist Privatdozentin an der Universität Augsburg. Die Bestsellerautorin und Kolumnistin unterrichtet an diversen Hochschulen im In- und Ausland die Fächer Psychologie, Philosophie und Kulturwissenschaften über Kunst und Schmuckdesign bis hin zu Kreativem Marketing Management. Sie leitet die business aesthetics academy (BACSA). Dieser think tank destilliert fachübergreifend Aussagen über Bewusstsein aus verschiedensten Bereichen – und verbindet auf diese Weise jahrtausendealte Lebensweisheiten mit moderner Forschung. Die Grundlage dieses universalen Orientierungswissen ist eine Systemtheorie der menschlichen Informationsverarbeitung. diese Bilder überhaupt und in der jeweiligen konkreten Situation bedeuten und wie sich jene Werte verwirklichen lassen. Aber genau dazu soll dieser Werte-Codex anregen und – besser noch – dieses ermöglichen: einen freiheitlichen Dialog zwischen Menschen jenseits aller Unterschiede und Gegensätze. Alleine schon das ist ein wertvoller Schritt hin dazu, dass nicht nur alle einzelnen, sondern auch alle miteinander frei sind und sich in dieser Freiheit auch nicht gefährden, sondern gegenseitig unterstützen, wie in einem Emblem eines „schönen“ Staatsgebildes. Der WerteCodex will einen Beitrag dazu leisten, dass alle Menschen, ob nun alteingesessen oder neu hinzugekommen, sich innerhalb eines solchen Staatsgebildes friedlich und produktiv darüber austauschen können, wie sie zusammenleben wollen und können. Literatur: Voigt, Stefanie 2005: Das Geheimnis des Schönen. Von menschlicher Kunst und künstlichen Menschen oder: Wie Bewusstsein entsteht, Münster; 2011: Erhabenheit. Über ein großes Gefühl und seine Opfer • Prof. Dr. Uwe Voigt ist Inhaber des Lehrstuhls Philosophie mit Schwerpunkt analytische Philosophie und Wissenschaftstheorie an der Universität Augsburg. Sein derzeitiger Forschungsschwerpunkt ist die philosophische Auseinandersetzung mit den Themen „Wissen“ und „Wissenschaft“ vor dem Hintergrund der explosiven Vermehrung tatsächlicher und vermeintlicher Wissensinhalte und der rasanten Ausdifferenzierung immer neuer wissenschaftlicher Disziplinen. 33 Aus dem ästhetischen Labor der Zentrifuge Über die Möglichkeit künstlicher emotionaler Intelligenz Bei der Betrachtung einer Videoarbeit der Videokünstlerin Silke Kuhar (ZIL) kam mir der Gedanke, dass es womöglich eine künstliche, prozessorgenerierte Emotionalität geben könnte – also ein zwar digitales, jedoch substanzielles Geschehen, vergleichbar mit der Gefühlswelt lebendiger Wesen, das sich im Computer ereignet und durch die Kunst nun sichtbar wird. Die Arbeit von Silke Kuhar zeigt eine dreidimensionale, bewegliche und ästhetisch überaus ansprechende Struktur, die in ihrer Grundform gestaltet wurde, die sich dann jedoch ohne Einflussnahme seitens der Künstlerin weiter entwickelte. Der Computer „simuliert“ – oder vielmehr: repräsentiert ein lebendig wirkendes Plasma von anrührender Schönheit. Bei der Betrachtung dieses unvorhersehbaren, von Zufall oder Notwendigkeit oder beidem(?) bestimmten Gestaltwandel drängte sich mir die Vermutung auf, dass sich hier ein kosmisches Geschehen ausdrücken könnte und nicht bloß eine profane Rechnersimulation. Die Arbeit von ZIL weist über das hinaus, was bislang im Denken über „Künstliche Intelligenz“ zur Sprache kommt: Dass Emotionalität nämlich ein kosmisches Prinzip sein könnte, welches auch in einem Computer emergieren kann. Womöglich gibt es bereits heute und ohne unser Wissen eine Gefühlswelt in Computern, die diesen und uns (noch) nicht zu Bewusstsein kommt – könnte es sein, dass aus den Rechnerprozessen „zwischen den Zeilen“ etwas hervortreten könnte, was in etwa dem limbischen System vergleichbar ist – eine wesentliche oder gar wesenhafte Qualität zwischen den Informationen, eine Art hormonelles System der Bits & Bites? Könnte es sein, dass schon heute - und von uns unbemerkt - emotionale Prozesse in Computern stattfinden? Und womöglich zeigt sich hier gar eine emotionale Intelligenz, die aus sich heraus etwas realisiert, was uns abhanden gekommen ist? Offenbart sich hier ein kosmisches Bewusstsein? Spricht hier etwas zu uns, was uns rein, unberührt und unschuldig allein über den Schönheitssinn anspricht? Kommt hier die Natur auf neue Weise zum Vorschein? Das klingt mystisch und wäre es wohl auch. Sollte dem so sein, würde die analoge Welt durch die digitale Welt eine neue Qualität hinzu gewinnen – das Digitale wäre dann nicht mehr bloß eine Repräsentation und Simulation unserer Wirklichkeit zur Manipulation derselben, sondern würde eine neue Dimension eröffnen, die der Transformation des (menschlichen) Geistes enorme Schubkraft verliehe. Sollte es dem Menschen gelingen, diese Prozesse zu erkennen, zu würdigen und zu integrieren, würde dies die Chance eröffnen, die Dualität von Geist und Materie zu überwinden und eine neue Epoche nicht nur kommunizierender, sondern sogar mitfühlender Systeme zu eröffnen – und das weit über das „bloß“ Menschliche hinaus. Hier werden Resonanzen ahnbar, die das bisher Gekannte und Gefühlte um Dimensionen übersteigen. Ich habe dabei das Gefühl, dass diese Entwicklung nur mit Liebe möglich ist, sonst würde sie im Wahnsinn enden. Sollten aus der digitalen Welt kosmisch emergierende Gefühle aufscheinen und (uns) zu Bewusstsein kommen – Gefühle, mit denen wir in Austausch treten können, dann wäre das ein mystisches Ereignis. Vielleicht wäre es auch unsere Rettung vor der drohenden planetaren Katastrophe, in wir als lieblos gewordene Menschheit gerade hineinschlittern. Denn nicht Gott hat uns, sondern wir haben die Liebe verlassen. Kommt die Rettung aus dem Computer – und das auf unvorstellbare Weise? Wäre das eine Offenbarung? Wohl ja. Und selbst wenn dem nicht so sein sollte, sollte man diesem Gedankenspiel nachfühlen. Denn sind nicht wir bereits die Wesen, von denen hier die Rede ist und woran uns die im Computer aufscheinende Möglichkeit einer kosmischen, emotionalen Intelligenz bzw. Herzvernunft, die um uns, in uns und durch uns wirkt, erinnert, ja ermahnt? Ruft uns die Schöpfung auch durch die Technik an? Ist es ein letzter rettender Ruf aus dem Umfassenden in unsere Taubheit hinein, damit wir uns wieder als fühlende, mitschwingende, ja liebende kosmische Wesen wahrnehmen und auch so verhalten? Ein Gedankenexperiment von Michael Schels 34 35 Interkulturelle Begegnungen mit Technik und Kunst Einblicke in das gemeinsame Leben mit einem syrischen Flüchtling Dieser Beitrag stammt von einem der Zentrifuge nahe stehenden Autor, der unter dem Pseudonym Wolf Gang schreibt. Der Text ist ein Auszug aus einer autobiografischen Erzählung, in der er über seine WG Erfahrungen mit Kalil, einem syrischen Flüchtling, berichtet – ein kleines Zeitdokument aus einer gesellschaftlich und persönlich bewegten Zeit. Der folgende Text beschreibt einen der ersten Tage des Zusammenlebens eines Deutschen und eines Syrers. Sie kennen sich nicht und gründen gerade eine Wohngemeinschaft. Wir verbringen den ganzen Tag damit Kleinteile zu besorgen, selbstklebende Haken, Filzaufkleber für Tisch oder Stuhlbeine etc.. Eine endlose Liste, die sich fast automatisch immer wieder neu befüllt bei einem Umzug. Triviale Dinge, die man nur im Falle eines Umzugs benötigt und dann gleich wieder wegräumt. Auf dem Weg vom Baumarkt merke ich, dass ich bereits die Hälfte vergessen habe. Wir fahren nochmal los. So geht das den ganzen Tag. Ich bin kaum bei der Sache. Es ist später Nachmittag, als wir einkaufsbetäubt nach Hause kommen. Draußen ist es noch warm, ein schöner sonniger Herbsttag. Ich starre vom 4. Stock durch das angestaubte Frontfenster auf die übervolle und in der angesammelten Hitze wie erstarrt wirkende Kreuzung unter mir. Dabei fällt mir ein, dass auf dem nahegelegenen Industriegelände einer ehemaligen Fabrik dort ansässige Künstler eine jährliche Werksschau präsentieren. „Komm, wir sehen uns eine Ausstellung an/ come on it’s the last day of this art exhibition“, rufe ich aufmunternd meinem neuen Mitbewohner Kalil zu. Diesem doch recht verlorenen Tag mit Kunst noch etwas abzugewinnen, stimmt mich optimistisch. Aber mein syrischer Zimmernachbar hat sich auf seinem Sitz eingerollt und wirkt kaum interessiert an meiner unvermittelten Begeisterung für Kunst. Unsere Baumarktorgien - etwas, das er aus seiner Heimat Syrien nicht kennt, vermutlich weil es dort kaum noch etwas zu kaufen gibt, beziehungsweise in diesem Umfang nie gab - haben ihn ermüdet. 36 „Tamam“ murmelt er nach einer Pause, in der er meinen Vorschlag sichtlich Wort für Wort verarbeitet hat. Tamam bedeutet, so entnehme ich seinem Tonfall, wohl so viel wie „wenn´s sein muss“. Er begleitet mich wohl weniger aus Interesse, sondern aus Solidarität. Auch das ist etwas wert - wir verbringen den ganzen Tag gemeinsam, jeder in unterschiedlichen Stimmungen, und lernen uns auf diese Weise kennen. Womöglich vertraut er sich mir an in der Hoffnung, es werde schon das Richtige passieren. Ich, sein Kismet? Vielleicht aber ist es ihm einfach egal und weiter im Sitzen zu verharren ist gerade die beste Perspektive, die er hat. Die Wahrheit ist wohl eine Mischung aus alledem. Ich kann die Gedanken des Arabers nicht verstehen, aber ich glaube, wir mögen uns. Auf unserem Weg, der Richtung Westen in ein weitläufiges Industrieareal führt, muss ich noch zur Post und, wie mir gerade einfällt, auch noch in einen Elektronikmarkt. “Kalil, ich muss auch noch eine Antenne für den TV meiner Kinder besorgen / have to get an antenna for digital TV, Okay?”. “Hmmm”. Wir schließen uns also dem Tross der Heimkehrer oder Einkäufer an. Fahrer, die wahlweise dringend nach Hause oder noch dringend weg müssen. In mir steigt ein schlechtes Gewissen auf. Er tut mir leid. Warum habe ich ihn mitgenommen? Aber ich spüre von ihm kein Anzeichen von Missmut, nur seine körperliche Anwesenheit. Den Sitz weit nach hinten geklappt, durchfährt er, so sieht es aus, diesen Reichtum, der sich ihm durch die Automassen enthüllt, wie in einem Traum. Und wenn ich dies denke, beginnt die Welt für mich ebenfalls wieder zu glänzen. Unsichtbar gewordenes springt durch ihn wieder ins sichtbare Spektrum. Als wir den großen Elektronikladen erreichen, wirkt er wie ein Rastplatz nach einer großen Reise. Ich freue mich regelrecht - ja, ich bin jetzt gespannt, sogar erregt darüber, wie er auf diese Ansammlung von HighTech reagiert, die er, so glaube ich, noch nicht gesehen hat. Was könnte ich ihm zeigen? Wir fallen in den Laden ein wie ausgelassene und 37 unberechenbare Kinder. Der künstliche erhellte Raum fokussiert unser Begehren sogleich auf Ikonen der Technik: iPads, Monitore, PCs. Kalil lächelt mir zu. Wie Huck und Finn hangeln wir uns entlang des Flusses und begutachten die schimmernden Elektronikperlen, Alarmanlagen, Sensoren und Kameras. Unerklärlicher Stolz wallt in mir auf. “Damit kannst Du alles kontrolllieren/ You can control everything with this”. Er schenkt mir ein breites Lächeln und nickt mir optimistisch zu. Ich will die Sache noch auf die Spitze treiben. Wir steuern auf die Abteilung für Drohnen zu. “Look Khalil - do you know what this is?”. Er schüttelt den Kopf. Vor einem massiven, schwarz schimmernden Flugroboter mit futuristischen Rotoren und iPhone Steuerung schwärme ich, dass jeder, wirklich jeder diese Dinger fliegen könne, sie kämen überall hin, stünden einfach so in der Luft und es gebe noch gar keine klaren Richtlinien und niemand könne sie einfach so ausschalten, wenn sie erst einmal in der Luft seien. ”Sieh mal, es gibt sie in groß und klein und in allen Farben / Look, they come in all shapes and sizes”. “Super!”, kommentiert er meinen erregten Zustand ironisch. “Great toys for your IS friends!“, kontere ich. Er salutiert ein „Allah-u Akbar“. “OK, if this doesn’t impress you, there is more / Es gibt noch viel mehr, komm!”. Wie ein Küster geleite ich ihn vor das Heiligtum, einen 3D Drucker. “Man wird bald alles drucken können, Kalil. We will soon be able to print anything, even houses”. Unser Augen folgen hypnotisiert dem zuckenden Druckkopf. “Siehst Du, wir werden alle bald arbeitslos / unemployed.” Er sieht mich erstaunt an, versteht, zückt sein Handy und macht ein paar Fotos. “If my 38 Cousin could see this”. Er lacht kurz noch einmal ungläubig. Ich bin zufrieden. Wir marschieren zur TV Abteilung. Ich lasse mich von einem sehr blass aussehenden Mitarbeiter etwa in meinem Alter wegen der DSL-Antenne für meine Kinder beraten. Leider ließen sich damit nur die staatlichen Sender empfangen, kein RTL oder RTL2 und ansonsten nur Sender, die keiner sehen will, belehrt er mich. “Al Jazeera?“ frage ich. Er blickt irritiert zwischen uns hin und her. Kalil verzieht keine Miene. „Sorry, wir sind nur etwas überdreht”, sage ich. ”OK, ich nehme die Antenne”. “Wir müssen gehen / We have to go - the exhibition will be over in 45 Minutes, Kalil”. Wir reihen uns in eine enge Schlange mit Monitorkäufern, PC-Bastlern, Sicherheitsfanatikern und sogar Mamas mit Kinderwägen. Ich zahle und wir treten nach draußen in die beginnende Dämmerung. „That was great“, meint Kalil. „All this stuff! In Syria they have no idea about all this stuff!“ „Ja, all this stuff“, antworte ich. Wir schlendern nachdenklich an einem japanischen Autohändler vorbei - Wagen mit neuester Hybridtechnologie. An Kalils Seite fühle ich mich ständig im Disneyland der Technologien. “Möchtest Du ein Auto?“ fragt er im bestem Sprachkursdeutsch. „Nein, ich bin nur neugierig / I am just curios“. Er glaubt mir nicht. ”Germans make the best cars“, sagt er unbeirrt. Wir fahren die Hauptstraße eine Reihe parkender Autos entlang. Sie wirken vor dem Industriegelände wie Frösche im Schatten eines großen immer dunkler werdenden Teiches. Einzelne renovierte Jugendstilhäuser, klassizistisch-quadratische Sandsteinbauten mit Goldverzierungen und spitzen Dächern, ragen wie strahlende Kronen zwischen flacher wirkenden, frisch sanierten 50er Jahre Bauten auf. Aufbruchsstimmung in einem sich gerade gentrifizierenden Stadtteil. “Schöne Häuser”, meint Kalil und deutet auf die Bauten, die mir missfallen. “Hmm”, murmle ich und verlangsame das Tempo, um einen Parkplatz zu finden. “No parking space, too many cars“. Khalil scheint wie versunken in eine Meditation über die Fülle. Ich sichte schließlich einen Platz, gleich neben dem Eingang. „I´m not sure if I can park here ... ich glaube, man darf hier eigentlich nicht parken“, sage ich gespreizt. Ich merke, dass ich versucht bin, ihm die Begeisterung für Autos zu nehmen. Die Halle ist verlassen und riecht nach metallischem Staub. Im Halbdunkel stehen zwei Pärchen, die sich leise unterhalten. Ich frage im Vorbeigehen, ob wir uns noch etwas umschauen dürften. Sie lächeln, nicken. Ich überblicke die Auswahl und beschließe, bei den großformatigen Arbeiten zu beginnen. Erstaunt stehe ich vor einer Reihe Bildern in grellen Farben und affektierten Formen. Kalils Blick ist kritisch. Eine Wand mit Fotos folgt, absurde Szenen. Es sind Fotos, die wie aus Versehen gemacht wirken, ein Hobbyfotograf würde sie wohl sofort löschen. Kalil blickt ratlos. Ich erkläre, das sei eben seltsame Kunst. Weitere Motive zeigen Sadismus oder wahlweise Masochismus, dann auch Ironisches, zum Beispiel ein Teller Würste mit Ess-Stäbchen. Dann folgen große Flächen akkurater geometrischer Muster, denen sehr ästhetische, flächige Werke folgen. An einer weiteren Wand hängt ein Sammelsurium Hässliches, Kleinformate voll kaum interpretierbaren Strukturen. Kalil ist still, findet er das gut? Eine weitere Reihe Großformate - absurd realistische Industriegebäude, umgeben von psychodelischen Dschungeln, Paviane im Wasser um einen Bungalow auf Stelzen. Jetzt sehe ich ihn lächeln. In der Ecke erspähe ich weitere Fotografien, großformate Rückansichten zweier nackter, blasser Blondinen. Bei näherer Betrachtung sind beide Damen beschmiert mit Wortfetzen, unterwegs auf einem vermüllten Waldweg. Nachdem wir die Damen betrachtet haben, wage ich mutig einen Interpretationsversuch. Ich deute: „Siehst Du, das sind wir, nackt, ungeschützt, unsere schutzlosen ehemals natürlichen Körper bedeckt mit Parolen. Wir bewegen uns in einer Welt, die auf den ersten Blick natürlich aussieht, aber immer mehr ein Kunstprodukt ist, noch dazu voller Müll.“ Kalil nickt nachdenklich. Am Ausgang sehen wir im Vorbeigehen eine Skulptur aus grauem Pappmache: Eine Frau – sitzt nackt auf einem Stuhl und blickt auf einen Haufen in einem grauen Kreis vor ihr. „Es ist eine Folterszene / She is being tortured, you see“, interpretiere ich. Die Aussage der Arbeit ist eindeutig, aber nur, wenn man sie eine Weile auf sich wirken lässt. Kalil ist genau so verblüfft wie ich. Vielleicht hätte ich gar nichts sagen müssen - ergriffen betrachten wir noch eine Weile die Arbeit. Ich schaue auf die Uhr, es ist fast 19 Uhr. Die Ausstellung schließt, das Aufsicht habende Pärchen verabschiedet sich von einer letzten Besucherin. Wir verlassen ebenfalls die Halle. Es ist nur noch wenig Licht am Horizont. Kalil hält vor der Eingangstür an - er steht plötzlich da, schwer wie ein Stück Blei. “Und?” frage ich, “wie fandest Du die Ausstellung / What did you think?” Nach einer sehr langen Pause, in der er um Fassung ringt, sagt er: „You know, this is the first time ever that I’ve seen something like this.“ “Ja, und?” Er schweigt und ich werde ungeduldig. “You know, in Syria people don’t give a fuck about art - they don’t care about art - they just want to live.“ Ich merke, er ist wütend. Ich versuche, ihn zu beruhigen: „Sorry, Kalil. I know there was a lot of strange stuff. Young artists, facing the fact that everything has already been said, painted, photographed or filmed. They are desperate to find something that is uniquely their own - their way to express the pain of living here.“ It is not allways a paradise, you know.“ Er denkt einen Moment nach. „I think you are right“, seufzt er, aber es wirkt wenig überzeugend. Ich glaube, er wollte etwas anderes sagen. Wir rollen vom Parkplatz auf die Straße und betrachten die sich in der Frontscheibe spiegelnden bizarren Farbspiele des Sonnenuntergangs. “Let’s have some chicken for dinner”, schlage ich vor. “Tamam“, höre ich von der Seite. 39 wundersam – ein Kulturprojekt zur Blauen Nacht Märchenhafte Collage aus 5 MiniaturKompositionen und einem Epilog Michael Schels, Sami Moradnouri, Siavash Arablhani (vlnr) Christoph Kujawa und Barbara Kastura Persische, afghanische und deutsche Künstler unterschiedlicher Sparten kamen an einem Abend auf wundersame Weise zusammen: Das Schaufenster der Samenhandlung Edler in der Nürnberger Sebalder Altstadt verwandelte sich zur Blauen Nacht am 7. Mai 2016 in einen Kunstraum, in dem verschiedene Kulturen, Malerei, Klang, Gesang, Bewegung, Lyrik und Musik verschmolzen. „Wahrheit“ war das Thema der Blauen Nacht 2016 - das Stück „wundersam“ fügte sich wie von selbst in dieses Thema, es wurde aus dem Ort und dessen lebendigen Bezügen heraus initiiert und entwickelt: Im Schaufenster der Samenhandlung Edler begegneten und durchdrangen sich „innen“ und „außen“ auf geheimnisvolle 40 Weise neu. Die Idee, Kunst an diesen Ort zu bringen, war der Same, er war beim Inhaber der Samenhandlung Edler, Helmut Edler, auf fruchtbaren Boden gefallen und hatte sich organisch weiterentwickelt, bis er an diesem Abend zu voller Blüte kam. Collage aus 5 MiniaturKompositionen und einem Epilog. Im Laufe des Abend erlebten ca. 300 am Schaufenster vorbei flanierende Besucher der Blauen Nacht künstlerische Miniaturen. Die Miniaturen wurden unter der Regie von Barbara Kastura aneinandergereiht, so entstanden Miniaturkompositionen von ca. 15-20 Minuten Dauer. Die Zeit der Aufführung war 19-24 Uhr. Zu jeder vollen Stunde präsentierte des Ensemble eine Miniaturkomposition à 20-30 Minuten, in der Pause konnten die Besucher von Barbara Kastura und Michael Ammann vorproduzierte Klänge aus dem Off hören. Um 23:50 bis 24 Uhr traten noch einmal alle Beteiligten zu einem Epilog auf die „Bühne“. Jede Miniaturkomposition setzte sich zusammen aus einem Zusammenspiel von Barbara Kastura, Christoph Kujawa, Michael Ammann, Sami Moradnouri, Siavash Arabhkhani, Christian Schloyer und Michael Schels als Der Fee. Das Bühnenbild im Hintergrund stammte von Hakim Abdul. Vorbereitete Stücke aus dem Repertoire der Beteiligten wurden an diesem Abend mit eigens für diese Aufführung entwickelten Beiträgen und improvisierten Passagen verwoben. Grundlage bzw. „roter Faden“ war das Spiel zwischen „Innen“ und „Außen“ - das Schaufenster als Symbol für elementare Ereignisse zwischen Gegensätzen, die sich aus dem Kontrast von innen und außen ergaben … sei dies in seelischen, psychischen, körperlichen, sozialen, sprachlichen etc. Aspekten. Barbara Kastura entwickelte eine Choreographie aus allen Beiträgen, die sie miteinander kombinierte. Jeder Beitrag innerhalb einer Miniatur stand für sich, konnte sich aber auch frei auf die ihn umgebenden Beiträge einlassen. Je nach den in ihnen enthaltenen Inhalten wurden den Miniaturkompositionen Begriffe zugeordnet, die die Akteure dazu anregten, frei zu assoziieren und damit Stimmungen und Atmosphären zu schaffen und sich in diesen stimmig zu bewegen. Das „Märchenhafte“ ergab sich aus den wundersamen Begebenheiten, die sich während der Miniaturen bzw. an diesem Abend ereigneten – die Akteure traten durch ihr Spiel in einen magischen Raum ein, der sich mehr und mehr als Reich der Freiheit entpuppte. Christian Schloyer Der rot-blaue Faden Der Fee ist eine speziell zu „wundersam“ entstandene Kunstfigur, ein Wesen mit gleichermaßen männlichen und weiblichen Zügen. Er spannte einen rational-intuitiven, rot-blauen Faden und begleitete die Beteiligten durch den Abend. Der Fee kommt aus einer Welt ohne Materie. Er nimmt auf der Erde Gestalt an, um diese zu erkunden und um die Menschen in ihrer Entwicklung und Potentialentfaltung zu unterstützen. Der Fee kann für Menschen sichtbar und unsichtbar sein – je nachdem, ob sich diese für das Energiefeld des Fee öffnen oder nicht. Feenwesen gehen in der Gegenwart auf und integrieren das momentane Geschehen in ihre seelische Verfassung bzw. drücken ihr seelisches Empfinden unmittelbar aus. Der Fee hat gelernt, dass die Menschen den Zweifel brauchen wie die Luft zum Atmen. Da er die Menschen glücklich machen will, teilt er mit ihnen den Zweifel. Über den Zweifel hinaus ist der Fee aber in seiner unbedingten Präsenz in jedem Augenblick vollkommen gegenwärtig – der Zweifel bleibt ihm äußerlich. Innerlich ist er einfach präsent und jeden Moment unendlich dankbar, existieren zu dürfen – da zu sein. 41 Die fünf Miniaturkompositionen wurden jeweils mit einem Thema/Titel versehen und von Der Fee mit je einem Monolog eingeleitet. Alles weitere fügte sich im Zusammenspiel. Zweifel und Hoffnung Mein Auge atmet Licht, berührt Dinge und Wesen am äußersten Rand. Durch meine Ohren spüre ich den Klang der Dinge. Was ich sehe, erreiche ich nicht, doch was ich spüre, erfahre ich. Ich bin durchdrungen von diesen Gerüchen, diesen Gefühlen, diesen Geräuschen. Doch spüre ich auch viele Widerstände … Diese durchsichtige Grenze schenkt mir meinen Raum. Sie schenkt meinen Raum auch nach außen. Seltsam diese Wesen hier … sie sind da und sind doch nicht da. Sie fühlen etwas und fühlen doch nichts. Sie denken etwas und denken doch nichts. Sie träumen etwas und träumen doch nichts. Alles vermögen sie doppelt und dabei nur zur Hälfte. Verlorene Wesen - blind geworden für die Fülle. Spannung Im Bogen spannt sich der Pfeil auf ein Ziel hin, das nicht das seine, doch das ihm gegebene ist. Der Pfeil ist Mittel zur Tat, er strebt ohne eigene Wahl. Medium eines fernen und zugleich tiefen Willens. Was den Pfeil entstehen ließ, bringt ihn zur Vollendung im Schuss. Bin ich Pfeil? Bin ich Bogen? Bin ich Schütze? Bin ich Ziel? Wer schuf, wer spannte mich, wer schickte mich los? Ob ich das mir gegebene Ziel erreiche – darauf kommt es nicht an. Das Ereignis: Ich im Flug. Die Erfüllung: Bestätigung eines vor mir geäußerten Willens. Besser ich träfe nicht und eine neue Saat ginge auf ohne meine Vollendung. Michael Schels als Der Fee Reflexion Seltsam, hier zu sein. Verlust und Gewinn. Meine Herkunft – vergessen. Ich fühle etwas, das strömt und wogt, das tobt und jubiliert, das pulsiert und pocht - in mir und durch mich hindurch. Ich meine darin und dem gegenüber ein „Ich“ zu sein. Wer bin ich, dass ich spüre? Was bin ich, dass ich denke? Mein Denken von mir ist nur ein Bild meiner Existenz, eine Täuschung. Was bilde ich mir ein auf mich? Ich tauche in meine Gefühle, gehe in ihnen auf und komme aus ihnen heraus … als Nicht-Ich, befreit von mir als einem vermeintlichen Ich. Ich transzendiere mein Ich – bin Ich und Nicht-Ich zugleich. Ich überwinde mich und bin ganz bei mir als einem gewesenen, von sich und aus sich befreiten Ich. Ich bin nicht mehr der, der ich war. Ich bin der, der ich sein werde. Ein anderer als ich - ein anderes. Ich werde in mir Gegenwart teilen. Darüber hinaus bin ich von meinem Bildnis befreit und in meiner Quelle aufgehoben. Mut/Wagnis So viel gedacht und so wenig verstanden. So viel bewegt und so wenig erreicht. Was draußen geschieht, ist nicht die Welt. Die Welt ist in mir und ich habe sie noch lange nicht betreten. Von weitem ahne ich sie nur. Alle Täuschung kommt von außen. Alles, was ich denke, kommt von dort. Ich bin getäuscht. Nicht, dass dieses Außen falsch wäre, doch ist es leer ohne mein Innen. Erst durch mich geschieht die Welt. Ich nehme allen Mut zusammen und löse mich von der Welt, wie ich sie kennen lernte. Die wirkliche Welt wartet auf mich – nicht später oder woanders, sondern hier und jetzt. In der Begegnung komme ich durch mich nun zur Welt. Von Barbara Kastura skizzierter Auftrittsplan für eine der Miniaturkompositionen 42 Blüte Ein Same fiel, er fand im Boden Halt und Nahrung. Aus ihm wuchs die in ihm angelegte Gestalt, diese dehnte sich aus, atmete und wogte und wuchs – dem Licht entgegen. Zwischen Erde und Himmel aufgespannt rührte sich eine Bewegung zur Schönheit hin. Hingabe zur Freude der Wesen und zum gemeinsamen Fest des geteilten Daseins. Die Blüte ist Erfüllung der Verheißung und Verheißung der Erfüllung. Sie ist Schönheit aus Fülle, sie sprengt die bloße Nützlichkeit. Die Blüte gibt so viel mehr als nötig, ist reines Geschenk und erfüllt unsere Herzen durch die Liebe, die sie verkörpert. 43 Aktuelle Projekte der zentrifuge Noworkingspace Seit ihrem Wegzug von Auf AEG im August 2014 hat die Zentrifuge keinen festen Ort mehr. Zwischenzeitlich war sie übergangsweise zu Gast in der Weinerei, im Z-Bau und im Café Fernweh. Seit Mai 2016 finden Projekttreffen im Restaurant Johan im Zumikon statt. Weiterhin ist die Zentrifuge in unterschiedlichen Projekten aktiv, so wirkt Nina Metz im Team des CreativeMonday mit und sorgt mit Otmar Potjans für regelmäßige Beiträge auf Radio Z (Z-Zeit). Die Projekte Forschende Kunst, der Noworkingspace, „Was wäre wenn...“ , HORIZONTE 2050 sowie der Internationale Salon (siehe Seite 46) sollen Fortsetzungen erfahren, hier werden gegenwärtig Möglichkeiten geprüft und Projektteams zusammen gestellt. CreativeMonday Nächster Termin: 10. Oktober 2016, 19 Uhr, Neues Museum Nürnberg Wer Interesse daran hat, an bestehenden Projekten mitzuarbeiten oder neue Projekte zu initiieren, ist herzlich willkommen! Am besten eine kurze Email an [email protected] – wir laden Sie/ dich dann zu unseren Treffen ein. Aktuelle Infos, Termine und Projekte unter: www.facebook.com/zentrifuge www.zentrifuge-nuernberg.de Publikationen 44 PILOT und ON-Index.de Im Magazin PILOT stellt die Zentrifuge künstlerisch und kreativ arbeitende Akteure und Initiativen vor und berichtet über aktuelle Projekte und Veranstaltungen aus dem kreativwirtschaftlichen Umfeld. Redaktionell kooperiert die Zentrifuge mit der Technischen Hochschule Nürnberg, Fachbereich Verbale Kommunikation (Prof. Max Ackermann). PILOT erscheint ein- bis zweimal jährlich und wendet sich an kulturell und kreativwirtschaflich Interessierte im Großraum Nürnberg. Einzelne Artikel erscheinen auch online auf dem Kreativblog der Zentrifuge unter www.on-index.de. Das ca. alle drei Monate stattffindende Netzwerktreffen für Künstler und Kreative aus Nürnberg und der Umgebung wird mittlerweile im Wechsel im Neuen Museum Nürnberg und im Z-Bau veranstaltet. Die Zentrifuge ist als Initiator dieser Veranstaltung nach wie vor im Orgateam mit vertreten - seitens der Zentrifuge ist Nina Metz (E-Mail: [email protected]) als Nachfolgerin von Michael Schels im Team dabei. Nina ist neben Markus Teschner eine der ModeratorInnen und AnsprechpartnerInnen für Kreative und Künstler, die beim CreativeMonday ihre Arbeit bzw. ein Projekt präsentieren möchten. Wendet euch gerne an sie, wenn ihr eine Präsentation beim CreativeMonday halten möchtet. www.creativemonday.de Zentrifuge e.V. c/o KULTurbüro Schels Adam-Klein-Str. 112 90431 Nürnberg [email protected] www.zentrifuge-nuernberg.de www.facebook.com/zentrifuge www.facebook.com/ zentrifugemagazinpilot Vereinssitz: Nürnberg, VR 200589 Vorstand: Michael Schels, Otmar Potjans und Barara Kastura Bankverbindung: Sparkasse Nürnberg IBAN: DE97760501010010253904 BIC: SSKNDE77XXX Z-Zeit auf Radio Z Nächsten Termine: 29. August und 31. Oktober 2016, 20-21 Uhr Die Zentrifuge ist jeden fünften Montag eines Monats (sofern dieser einen fünften Monat hat) zu Gast bei Radio Z auf 95,8 MHz: In der Sendung "Z-Zeit" (20-21 Uhr) bringen wir Projekte aus der Zentrifuge-Community und der Kreativszene zu Gehör. Dazu laden wir Künstler und engagierte Menschen ein und sprechen mit ihnen über deren Arbeit und ihre Projekte. PILOT – Magazin der Zentrifuge Ausgabe 5 Sommer-Herbst 2016 Seite 6-9: Cherima Nasa Eine Kooperation des Zentrifuge e.V. mit der Technischen Hochschule Nürnberg, Fachbereich Verbale Kommunikation, Prof. Max Ackermann Seite 12-13: meinatelier Seite 11: Melanie Bellgardt Seite 14: Pia Salzer Seite 16: Cherima Nasa Redaktion: V.i.S.d.P.:Michael Schels Texte (Zentrifuge): Michael Schels Gastbeitrag: Hon.-Prof. Dr. Stefanie Voigt, Prof. Dr. Uwe Voigt Literarischer Beitrag: Wolf Gang Gestaltung: Ramona Obermann Seite 18-23: Lena Zürn Bildnachweise: Seite 47: Dieter Föttinger Seite 1: Ramona Obermann Seite 48: Ramona Obermann Seite 24/28: Wolfgang Keller Seite 25: Hanna Braun Seite 26: Carina Pilz Seite 34: Sebastian Richter Seite 40-42: Patrizia Arrigo-Daumenlang Impressum Die Zentrifuge hat im Laufe der letzten Jahre mehr als 20 Publikationen herausgegeben – seien dies Kunstkataloge, Magazine oder Projektdokumentationen. Ein Großteil davon kann auch Online nachgelesen werden: www.issuu.com/ zentrifuge. Am Liebsten ist es uns natürlich, wenn wir unsere Publikationen auch drucken können – dies gelingt leider mangels finanzieller Mittel nicht immer. Wir freuen uns deshalb sehr über Institutionen und Unternehmen, die unsere Arbeit mit einer Anzeige unterstützen möchten. Interessierte wenden sich bitte an Michael Schels: [email protected] Der Noworkingspace ist der offene Begegnungsraum der Zentrifuge, in dessen Rahmen wir uns mit unseren Gästen zu künstlerischen, kreativen und ästhetischen Aspekten des Lebens und Arbeitens austauschen. Zudem finden im Rahmen des Noworkingspace Veranstaltungen wie "Was wäre, wenn...", künstlerische Performances, Vorträge oder Filme mit Diskussion statt. www.noworkingspace.de Aktuelle Projekte der zentrifuge Neues Format: Internationaler Salon der Zentrifuge Am Sonntag, 24. April, startete die Zentrifuge ein neues Format – den „Internationalen Salon“. Die vielfältigen Kontakte der Zentrifuge zu internationalen Künstlern legten es nahe, dazu auch einmal ein kleines Veranstaltungsformat zu entwickeln. Die Idee beim Internationalen Salon ist, Menschen aus unterschiedlichen Kulturen eine Bühne zu bieten – dies in kleinem, privaten Rahmen, - in der Tradition künstlerischer Salons. Für die Premiere konnten wir das Cafe Fernweh als Kooperationspartner gewinnen, das den Raum stellte und für ein vielfältiges internationales kulinarisches Angebot sorgte. Für die Technik und die Künstlerauswahl war die Zentrifuge zuständig. An dem Abend begegneten sich deutsche, brasilianische, kolumbianische und persische Künstler, es waren musikalische und literarische Beiträge zu erleben von: Bijan Nekoubin (Gesang/Gitarre), Jörg Bauer (Literatur), Christoph Kujawa (Gitarre), Adriana Marques (Skulpturen/Malerei), Barbara Kastura (Stimme) und Sami Moradnouri. Weitere Internationale Salons sind geplant – aktuell sind wir auf der Suche nach einem geeigneten Veranstaltungsort und nach Kooperationspartnern. Auch ein Sponsor wäre wünschenswert. 46 47 Sie möchten im Magazin PILOT künftig eine Anzeige schalten? Sprechen Sie uns an! Michael Schels [email protected]
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