GesundheitsManager, Ausgabe 3, August 2016

Das Onlinemagazin für Corporate Health
www.gesundheitsmanager-magazin.de
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Ausgabe 3 / August 2016
3
5
14
Neues Präventionsgesetz
Wie die erste Bilanz nach dem
ersten Jahr ausfällt
Fokusthema HKE
Auch der stärkste Muskel
braucht Achtsamkeit
Gesunde Organisation
Mitarbeiter richtig führen
und motivieren
2 // Editorial / Inhalt
Ausgabe 3 – August 2016
Liebe Leser,
vor gut einem Jahr ist das neue „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention“ in Kraft getreten. Was hat sich seitdem getan? Auf der Ebene
Dr. Guido Birkner,
verantwortlicher
Redakteur
Human Resources
der Sozialversicherungsträger und der politischen Entscheidungsträger einiges, doch in den Betrieben und bei den Beschäftigten scheint noch wenig bis gar nichts
anzukommen. Dieses Feedback bekomme ich in meinen regelmäßigen Gesprächen mit Unternehmensvertretern aus dem HR-Ressort immer wieder. Oft erhalte ich von
Personalern auf meine Frage die Gegenfrage: „Was ist das Präventionsgesetz überhaupt?“ Wenn die Präventionsinitiative einseitig auf Betriebsärzte als Ansprechpartner für gesundheitliche Präventionsmaßnahmen in den Unternehmen setzt und HR dabei übergeht, ist das Scheitern des Präventionsgesetzes absehbar.
Ihr
Dr. Guido Birkner
5
2Editorial/Inhalt
3
Das neue Präventionsgesetz – eine erste Bilanz
Große Ziele, viel Bewegung auf Bundes- und
Landesebene, doch erste Ergebnisse liegen
wohl erst 2019 vor
Guido Birkner
14
10
Herzgesundheit: Warum gerade Frauen
gefährdet sind
Interview mit Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart
12
Schlag auf Schlag: eine Herzensangelegenheit
Mitarbeiter und Arbeitgeber sollten auf die
Herzgesundheit im Betrieb achten
Michael Drees
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
5
Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Arbeitswelt
Neben dem individuellen gesundheitlichen
Schaden verursachen Herzkrankheiten hohe
volkswirtschaftliche Kosten in Deutschland –
mit steigender Tendenz.
Guido Birkner
14
Psychologisches Empowerment
in der Organisation verankern
Wie sich durch gesunde Führung Zustand und
Leistung von Mitarbeitern verbessern lässt
Guido Birkner
7
rteriosklerose – ein Gesundheitsrisiko, das
A
vermeidbar ist
Interview mit Dr. med. Reinhard F. Lang
Gesunde Arbeitsorganisation
16
Mitarbeiter sind mehr als eine Personalnummer
Warum ein wertschätzender Umgang so
wichtig ist
Tina Kühn
22
19
Unternehmen gesund durch Krisen führen
Wie Employee Assistance Programs in Krisensituationen Betrieben und ihren Belegschaften
helfen
Juliane Barth, Gerd Reimann
22
bKV – der Gesundheitsbenefit für den
­Mittelstand
Trotz steuerlicher Umstellung können sich
Zusatzversicherungen für die begünstigten
Mitarbeiter lohnen – und für die Arbeitgeber
Guido Birkner
25Kurz und knapp
26Veranstaltungskalender
27Partner
28Impressum
3 // Präventionsgesetz
Ausgabe 3 – August 2016
Das neue Präventionsgesetz – eine erste Bilanz
Große Ziele, viel Bewegung auf Bundes- und Landesebene, doch erste Ergebnisse liegen wohl erst 2019 vor
Von Guido Birkner
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Drei Anläufe waren zuvor gescheitert, ehe das „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und
der Prävention“ am 17. Juli 2015 in Kraft trat. Was
hat das PräVG seitdem bewirkt? Wir ziehen eine erste Bilanz.
In Deutschland herrschte schon immer ein Ungleichgewicht zwischen den Kosten für die Heilung erkrankter
Menschen und den Ausgaben für Präventionsmaßnahmen. Jetzt hat der Gesetzgeber durch das Präventionsgesetz hoffentlich eine Kehrtwende eingeleitet. Das Gesetz
gibt den gesetzlichen
Krankenkassen einen
größeren finanziellen
Handlungsspielraum,
um mehr Präventionsarbeit in Kooperation
mit Arbeitgebern und
Verbänden zu leisten.
Damit aus Prävention kein Wildwuchs
wird, wurde im Oktober 2015 die Nationale
Präventionskonferenz
aus der Taufe gehoben.
Ihre Hauptaufgabe besteht darin, eine bundesweite Präventionsstrategie auszuarbeiten und dadurch die
Kooperation der Sozialversicherungsträger grundlegend
zu steuern. So sollen die gesetzliche Rentenversicherung,
die gesetzlichen Krankenkassen und die gesetzliche Unfallversicherung (GUV) ihre Maßnahmen besser miteinander verzahnen und vor allem in Unternehmen stärker
zusammenarbeiten. Eines der Handlungsfelder lautet
„Gesund leben und arbeiten“. Demnach ist vorgesehen,
den Arbeitsschutz, das Eingliederungsmanagement und
die Gesundheitsförderung im Betrieb systematisch zu institutionalisieren und miteinander zu verknüpfen.
Prävention vor Reha vor Rente
Das erfordert neue Strukturen und neue Prozesse. Auch
sollen die direkten Ansprechpartner in den Unternehmen
miteinbezogen werden. Die Sozialversicherungsträger
sind zudem aufgefordert, sich gegenseitig über Maßnahmen in einem Betrieb zu unterrichten und im Bedarfsfall
andere Partner in betriebliche Projekte einzubeziehen. Ein
weiteres Handlungsfeld ist die Rehabilitation. So soll mit
dem Präventionsgesetz der Grundsatz „Reha vor Rente“
zu „Prävention vor Reha vor Rente“ ausgebaut werden.
Dafür erweitert die gesetzliche Rentenversicherung 
4 // Präventionsgesetz
Ausgabe 3 – August 2016
ihre Risikoprävention, die sie seit 2009 und noch intensiver seit 2012 aufgebaut hat. Das Rahmenkonzept der
Rentenversicherung zur Prävention fördert die Gesundheit
der Menschen über Seminare. In diesem Rahmen haben
Teilnehmer die Möglichkeit, den eigenen Lebensstil zu
hinterfragen, eine gesunde Lebensweise kennenzulernen
und den Umgang mit Stress und seelischen Belastungen
zu erfahren. Nachdem bislang Pilotprojekte gefahren und
ausgewertet wurden, plant die Rentenversicherung, bewährte Angebote flächendeckend auszurollen.
Gesundheitsrisiken entgegenwirken
Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen zur Prävention und Gesundheitsförderung werden durch das
Gesetz mehr als verdoppelt. So stehen den Kassen ab
2016 jährlich mindestens rund 490 Millionen Euro zur
Verfügung. Auf den einzelnen Versicherten umgerechnet, steigt der Förderbetrag pro Jahr von 3,09 auf 7 Euro.
Auf die Selbsthilfe entfallen zusätzliche 30 Millionen Euro.
Weitere 21 Millionen Euro stellen die Pflegekassen bereit.
Wofür sollen diese Mittel eingesetzt werden? Das
Präventionsgesetz zielt verstärkt auf jene Erwerbstätigen
ab, die zwar keinen aktuellen Bedarf an Rehamaßnahmen haben, die aber dauerhaft hohen Gesundheitsrisiken
ausgesetzt sind. Das gilt vor allem für Personen, die im
Beruf oder in der Familie starken Belastungen ausgesetzt
sind, beispielsweise Schichtarbeiter oder pflegende Angehörige. Sie haben in Zukunft leichter die Möglichkeit,
Präventionsangebote über die Werks- und Betriebsärzte
in Anspruch zu nehmen.
Ein Beispiel für die künftige Kooperation zwischen
Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung
(DRV) ist das Präventionsprogramm „Plan Gesundheit“.
Die DRV Rheinland und die Pronova BKK haben dieses
Programm gemeinsam aufgesetzt und 2011 an drei Chemiestandorten implementiert. Im Kern des Präventionsprogramms steht ein gesteuertes Gruppentraining. Die
Einführungs- und Trainingsphase findet in einer ambulanten Rehaeinrichtung statt. Daran schließen sich über
mehrere Monate hinweg Bestätigungs- und Eigenverantwortungsphasen an, in denen ein Präventionsmanager
die Teilnehmer unterstützt.
Damit sich solche Maßnahmen überhaupt realisieren lassen, müssen die Sozialversicherungspartner die
Unternehmen mit ins Boot holen. Das mag dort leichter
sein, wo bereits eine betriebsärztliche Infrastruktur intern
vorhanden ist. Dort bietet das Präventionsgesetz Ansatzpunkte, um die betriebliche Gesundheitsförderung in den
Unternehmen zu intensivieren. Allerdings ist dabei noch
viel Überzeugungsarbeit bei Mitarbeitern und Arbeitgebern zu leisten. Frühzeitig Präventionsangebote wahrzunehmen ist für alle Beteiligten besser als lange Arbeitsunfähigkeitszeiten.
Bündnisse auf Ebene der Bundesländer
Derzeit arbeiten die Sozialversicherungspartner auf der
Ebene der Bundesländer daran, erste Vereinbarungen
gemäß dem Präventionsgesetz auszuhandeln und umzusetzen. Wie im föderalen System schon in anderen Bereichen üblich, ist damit zu rechnen, dass sich die Emp-
fehlungen und Modelle von Bundesland zu Bundesland
deutlich unterscheiden werden. Mancherorts ist noch zu
klären, in wessen Händen die Leitung der Maßnahmen
und Prozesse auf Landesebene liegt und in welcher Form
die Kommunen darin eingebunden werden. Also sind viele Fragen offen. Experten schätzen, dass noch zwei bis
drei Jahre ins Land gehen werden, ehe sich verlässliche
Aussagen darüber treffen lassen, ob und wie die Umsetzung des Präventionsgesetzes gelingt. 2019 soll der erste
Präventionsbericht vorliegen.
Bereits im April hat das Thüringer Ministerium für Arbeit und Soziales eine Landesrahmenvereinbarung unterzeichnet. Auf Seiten der Leistungsträger sind AOK PLUS,
der BKK Landesverband Mitte, die DRV Bund, die DRV
Mitteldeutschland, die IKK classic, die Knappschaft Bahn
See, der Landesverband Mitte der DGUV, die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau sowie der vdek an der Vereinbarung beteiligt. Der Freistaat
Thüringen hat den Strukturwandel in den vergangenen
Jahren deutlich gespürt – ein Umstand, der seinen Niederschlag in den Gesundheitsdaten der Thüringer Bevölkerung findet. So nehmen beispielsweise chronische und
psychische Leiden zu. Das Ziel des landesweiten Bündnisses ist, Krankheiten zu vermeiden, bevor sie überhaupt
entstehen. Spätestens 2019 wissen wir, wie gut das in den
neuen Konstellationen funktioniert. 
Dr. Guido Birkner,
verantwortlicher Redakteur Human Resources,
FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag
[email protected]
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5 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ausgabe 3 – August 2016
Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Arbeitswelt
Neben dem individuellen gesundheitlichen Schaden verursachen Herzkrankheiten hohe volkswirtschaftliche Kosten in Deutschland – mit steigender Tendenz.
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Von Guido Birkner
Der stärkste Muskel pumpt
ohne Pause ein Leben lang.
Wie lassen sich die Ursachen, Begleiterscheinungen und Folgen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
in Zahlen zusammenfassen. Dr. med. Falk Liebers,
MSc., Claudia Brendler, MPH, und Prof. Dr. rer. nat.
Ute Latza, MPH, von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) haben in ihrem
Forschungsbericht „Berufsspezifisches Risiko für das
Auftreten von Arbeitsunfähigkeit durch Muskel-Skelett-Erkrankungen und Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. Sozioökonomische Bedeutung sowie
Zusammenhang von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
mit beruflichen Tätigkeiten“ die wichtigsten Fakten
zusammengetragen. Auf den Seiten 9 und 10 des
Berichts fassen sie die sozioökonomische Bedeutung
und den Zusammenhang von Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit beruflichen Tätigkeiten zusammen.
Demnach verursachen Herz-Kreislauf-Erkrankungen
(HKE) in den industrialisierten Ländern einen großen Anteil der Todesfälle. Schaut man darüber hinaus auf globale Daten, so zeigt sich, dass HKE weltweit sogar den
ersten Rang der Todesursachen einnehmen. Lediglich in
Afrika sterben mehr Menschen an Infektionskrankheiten
als an HKE.
Die häufigsten Diagnosen bei HKE sind laut der bauaStudie der akute Myokardinfarkt und der Schlaganfall. In
Deutschland sind HKE derzeit die Ursache für mehr als
40 Prozent der Sterbefälle. Zugleich bedingen sie nach
wie vor die höchsten Kosten im Gesundheitswesen. Allein 2008 beliefen sie sich auf 37 Milliarden Euro. Welche
wirtschaftliche Bedeutung HKE haben, veranschaulicht
der große Anteil der Krankenhausfälle. In Deutschland
gehen rund 15 Prozent der stationären Behandlungen
auf HKE zurück. Bei Berufstätigen bis zum 65. Lebensjahr
tragen HKE für etwa 10 Prozent der Frühverrentungen
und für knapp jeden vierten vorzeitigen Todesfall die Verantwortung.
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6 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ausgabe 3 – August 2016
Steigende Relevanz der HKE-Morbidität
Die drei Autoren der baua-Studie führen aus, dass die
meisten HKE einen Altersverlauf aufweisen, oft mit einem starken Anstieg im hohen Alter. Da die Bevölkerung
aufgrund der demographischen Entwicklung weiter altern wird, ist anzunehmen, dass die HKE-Morbidität in
Deutschland weiter an Bedeutung zunehmen wird. Allerdings lassen sich dank der verbesserten medizinischen
Versorgung viele HKE frühzeitig erkennen und erfolgreicher als in der Vergangenheit therapieren. Dadurch sinkt
das Risiko für einen krankheitsbedingten, vorzeitigen
Ausstieg aus dem Arbeitsleben. Also sind mehr Arbeitnehmer mit einer manifesten HKE imstande, weiterhin
am Berufsleben teilzunehmen. Zugleich ist unter Erwerbstätigen mit einem Anstieg der Arbeitsunfähigkeit
(AU) aufgrund von HKE zu rechnen. Die verlängerte gesetzliche Lebensarbeitszeit bis 67 Jahre verstärkt noch
diesen Trend.
Was bedeutet das für ältere Beschäftigte? Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie altersoder krankheitsbedingt berufliche Anforderungen nicht
oder nur noch teilweise erfüllen können. Somit steigt das
Risiko von Arbeitsunfähigkeit durch HKE mit dem Alter
etwa ab dem 45. Lebensjahr stark an. Dieser Trend bei
HKE wird laut den Autoren der baua-Studie nur von den
Zahlen zur Arbeitsunfähigkeit durch Muskel-Skelett-Erkrankungen übertroffen. Der Anstieg bei HKE wird insbesondere auf die altersbezogene Zunahme der Erkrankungen zurückgeführt, die mit Arteriosklerose assoziiert
werden. Dort weisen Männer eine höhere Zunahme auf
als Frauen.
Die Risikofaktoren für HKE sind bekannt. Bei ihnen
handelt es sich vor allem um Faktoren wie Alter, familiäre
Veranlagung und Lebensstil. Ein problematischer Lebensstil ist vor allem durch Bewegungs- und Ernährungsverhalten sowie Rauchen geprägt. Weitere Ursachen für HKE
sind berufliche Faktoren wie Lärm, Schichtarbeit, lange
Arbeitszeiten, physische und psychosoziale, aber auch
inhalative Belastungen wie Passivrauchen und Partikelexposition. So steigt beispielsweise das Risiko für koronare
Herzerkrankungen durch wiederholten arbeitsbezogenen
Stress. Ebenso haben medizinische Studien Veränderungen des Lebensstils bezüglich kreislaufrelevanter Risikofaktoren als Reaktion auf arbeitsbedingte Belastungen
hinlänglich bewiesen. Reaktionen auf arbeitsbedingte
Belastungen können ungünstigere Ernährungs- und Bewegungsmuster sowie ein stärkeres Rauchverhalten sein.
Deshalb ist die Prävention von HKE für den Erhalt der
körperlichen Leistungsfähigkeit sowie der Arbeits- und
Beschäftigungsfähigkeit nach Ansicht der Studienautoren
immer wichtiger. Gezielte betriebliche Präventionsmaßnahmen ermöglichen es, besonders betroffene Berufsgruppen zu erreichen. Dafür sind Aussagen zur Betroffenheit von Arbeitsunfähigkeit in Bezug auf den Beruf bzw.
die Berufsgruppe erforderlich.
HKE-bedingte Arbeitsunfähigkeit tritt mit verschiedener Häufigkeit in allen Berufsgruppen auf, je nach Arbeits- und Lebensbedingungen. Dabei variiert die Anzahl
von AU-Tagen zwischen den Wirtschaftsbranchen. In der
Metallindustrie, im sonstigen Fahrzeugbau und in den
Verkehrsunternehmen ist der HKE-Anteil besonders hoch.
In den AU-Statistiken der gesetzlichen Krankenkassen
nehmen HKE den sechsten bzw. achten Platz ein.
HKE ist Hauptgrund für Klinikeinweisungen
Laut einem Bericht der ÄrzteZeitung ist ein schwaches
Herz in Deutschland der häufigste Grund für eine krankheitsbedingte Klinikeinweisung. Zudem haben die meisten Todesfälle in Krankenhäusern ihren Grund in Herzinsuffizienz. Dabei erklären sich die Zahlen nicht allein mit
der Alterung der Gesellschaft. Die Zahl der stationären
Behandlungen von Herzinsuffizienzpatienten nimmt in
Deutschland seit Beginn des 21. Jahrhunderts zu – entgegen dem internationalen Trend. Aktuell werden die Behandlungskosten für diese Patienten in Deutschland auf
über 2,9 Milliarden Euro geschätzt.
Die Zahlen gehen auf eine Analyse von Michael Christ
und seinen Kollegen vom Klinikum Nürnberg der Paracelsus-Universität zur zeitlichen Entwicklung bei Klinikeinweisungen, Liegezeiten und Todesfällen von Patienten
mit der Diagnose Herzinsuffizienz in deutschen Krankenhäusern zurück. Die Datenbasis bildete die jährliche
Gesundheitsberichterstattung des Bundes aus den Jahren
2000 bis 2013 (Eur J Heart Fail, 18: 1009-1018).
Der beschriebene Trend ist nur teilweise auf die demographische Entwicklung zurückzuführen, denn er betrifft alle Altersgruppen, dabei Männer deutlich häufiger
als Frauen. Deshalb sollte Prävention für Herzinsuffizienz
dringend größere Aufmerksamkeit bekommen.

Dr. Guido Birkner,
verantwortlicher Redakteur Human Resources,
FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag
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7 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ausgabe 3 – August 2016
Arteriosklerose – ein Gesundheitsrisiko,
das vermeidbar ist
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Interview mit Dr. med. Reinhard F. Lang, Chefarzt und Facharzt für Innere Medizin – Kardiologie, Sozialmedizin, SRH Gesundheitszentrum Bad Wimpfen
Arteriosklerose aus nächster Nähe.
Wie verbreitet sind Arterienerkrankungen aktuell in
Deutschland, und wer ist davon in erster Linie betroffen?
Reinhard F. Lang: Etwa jeder zweite Deutsche verstirbt
heute an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Auch weltweit
sind arteriothrombotische Erkrankungen, also Erkrankungen, die mit Veränderungen in den Arterien und mit Gerinnselbildung einhergehen, führend. Erste Schädigungen der Arterien treten bei vielen Menschen schon im
mittleren Alter auf, wenn sie noch mitten im Berufsleben
stehen. Solche Erkrankungsfälle haben in der Regel eine
lange Vorgeschichte. Bei diesen Erkrankungen finden
sich im Wesentlichen drei Manifestationsformen: Zum
Ersten die Erkrankung der Herzkranzgefäße, die zum
Herzinfarkt führen kann, zum Zweiten die Erkrankung
der gehirnversorgenden Gefäße, die einen Schlaganfall
zur Folge haben kann, und zum Dritten die Erkrankung
der peripheren Gefäße mit der Folge der sogenannten
Schaufensterkrankheit.
Welche Risikofaktoren begünstigen die Schädigung von
Arterien und verursachen langfristig Gefäßerkrankungen?
Reinhard F. Lang: Alle drei genannten Gruppen von
Krankheiten sind Arterioskleroseerkrankungen. Bis heute
weiß die Wissenschaft noch nicht, welche genauen Ursachen Arteriosklerose auslösen. Wir kennen aber gewisse
Voraussetzungen für Arteriosklerose, etwa eine familiäre
Disposition, die sich bis heute noch nicht wirksam therapieren lässt. Auch sind Männer im Durchschnitt häufiger
und in jüngerem Alter von Arteriosklerose betroffen als
Frauen. Dazu kommen rund 400 Risikofaktoren, darunter die Klassiker Rauchen, Fettstoffwechselstörung, Blutzuckererkrankung, Bluthochdruck, Stress, Übergewicht,
aber auch Schutzfaktoren wie körperliche Aktivität, Konsum von frischem Obst und Gemüse und moderater Genuss von Alkohol.

8 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Dr. med. Reinhard F. Lang,
SRH Gesundheitszentrum
Bad Wimpfen
Welchen Einfluss hat die Berufstätigkeit auf das Risiko
einer Arteriosklerose?
Reinhard F. Lang: Auch im Berufsleben lassen sich Risikokonstellationen feststellen. In den fünfziger Jahren haben Mediziner in London Unterschiede zwischen Stadtbusfahrern und Schaffnern festgestellt. Die Fahrer waren
deutlich häufiger von solchen Erkrankungen betroffen als
die Schaffner, obwohl das Berufsumfeld das gleiche ist.
Offensichtlich ist die Risikokonstellation beider Berufsgruppen signifikant verschieden. Arteriosklerose lässt sich
auch in bestimmten sozialen Schichten häufiger diagnostizieren als in anderen. Darüber hinaus lassen sich zwei
arbeitsweltspezifische Konstellationen beobachten: So
© Jörg Simanowski.
„Erste Schädigungen der
Arterien treten oft schon im
mittleren Alter auf, wenn
sie mitten im Berufsleben
stehen. Solche Erkrankungen haben in der Regel
eine lange Vorgeschichte.“
stellt einerseits ein unausgewogenes Verhältnis zwischen
Aufwand und Belohnung einen Risikofaktor dar. Dabei
geht es den Beschäftigten nicht allein um einen materiellen Gegenwert wie Vergütung, sondern zum Beispiel
auch um die Anerkennung für ihre geleistete Arbeit. Ein
weiterer Risikofaktor ist der Job-Strain, also hohe Anforderungen am Arbeitsplatz bei relativ geringen Kontrollund Entscheidungskompetenzen.
Welche Rolle spielt Stress für das Risiko einer Arteriosklerose?
Reinhard F. Lang: Ein sehr hoher Prozentsatz dieser
Arterienerkrankungen steht in mittelbarem oder unmittelbarem Zusammenhang mit Stress. Manche Forscher
vermuten einen Anteil von bis zu 90 Prozent der Erkrankungen, die auf Stress zurückgeführt werden können.
Mindestens 50 Prozent der Fehlzeiten in Unternehmen
sind unter anderem stressbedingt, wobei die Stressbelastung nicht allein im Berufsumfeld liegen muss.
Wie lassen sich Risikofaktoren und frühe Schädigungen
der Arterien diagnostizieren?
Reinhard F. Lang: Eine erste Diagnosemaßnahme ist die
Evaluation der Risikobelastung. Eine Person, die die zuvor genannten Risikofaktoren mit sich herumträgt, läuft
natürlich eher Gefahr zu erkranken. Das lässt sich beispielsweise im Rahmen der zweijährigen Check-up-Untersuchungen der gesetzlichen Krankenkassen ab dem
35. Lebensjahr klären. Zudem bieten sich diverse Scoringsysteme zur Berechnung der Risikolage für die Zukunft
an. Die Höhe eines solchen Scores sollte die Intensität
der Prävention für die betroffene Person bestimmen. Ich
kenne auch zahlreiche Unternehmen, die ihren Mitarbeitern im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung
einen Zugang zu solchen präventiven Untersuchungen
und bei Bedarf zu vorbeugenden Maßnahmen anbieten.
Zum Teil sind die Arbeitgeber sogar gesetzlich zu solchen
arbeitsmedizinischen Maßnahmen verpflichtet. Der Gesetzgeber hat die Betriebsärzte vor einigen Jahren auch
ermächtigt, bei entsprechenden Diagnosen Rehabilitationsmaßnahmen einzuleiten.
Welche Möglichkeiten der Therapie lassen sich bei frühzeitiger Erkennung von Vorschädigungen anwenden?
Reinhard F. Lang: Der nächste Schritt ist sicher eine
frühe Diagnostik arteriosklerotischer Gefäßveränderungen. Dies ist mit einer Ultraschalluntersuchung der
Halsschlagadern einfach und nebenwirkungsfrei möglich. Wenn dort arteriosklerotische Frühschädigungen
festgestellt werden, erhärtet das den Verdacht einer
drohenden Erkrankung. Hier gilt es dann, Hinweise für
das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung anhand
eines Belastungs-EKGs genau festzustellen. Auch diese
Vorsorgeuntersuchung übernehmen die Krankenkassen
bei Menschen ab 45 Jahren. Hinzu kommen weitere
Möglichkeiten, frühe Veränderungen im Herz-KreislaufSystem zu ermitteln. Über solche Messmethoden lassen
sich etwa die Gefäßsteifigkeit und damit das Gefäßalter
untersuchen. Damit können Mediziner diagnostizieren,
ob der Zustand der Arterien eines Menschen dessen Lebensalter entspricht, ob er zu schnell altert oder ob er
jünger ist. Auch ist die Auswirkung von Stress auf das
unbewusste Nervensystem mit modernen Computerpro
grammen erfassbar.
© xxxxxxxx
Ausgabe 3 – August 2016
9 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ausgabe 3 – August 2016
Angesichts vieler Risikofaktoren stellt sich die Frage, an
welchem Punkt eine medikamentöse Therapie ansetzen
sollte.
Reinhard F. Lang: Basis aller therapeutischen Maßnahmen bei Arterioskleroseerkrankungen ist die Kontrolle der
auslösenden Risikofaktoren. Das ist oft mit einer Korrektur des bisherigen Lebensstils verbunden, um Fehlverhaltensweisen zu ändern und Schädigungen in den Griff zu
bekommen. Zusätzlich lassen sich einige dieser Risikofaktoren effektiv mit Medikamenten therapieren. Auch eine
Verminderung des Risikos der Bildung von Blutgerinnseln
an den geschädigten Arterien ist erforderlich. Doch bei einer medikamentösen Therapie wird in der Regel nicht nur
an einer Stelle angesetzt, sondern der behandelnde Mediziner wird schauen, dass er weitere Risikofaktoren wie
Bluthochdruck erfasst. Das Ziel aller Maßnahmen muss
sein, die Gefäßfunktion zu verbessern. Hier gewinnt die
Wissenschaft immer wieder neue Erkenntnisse, aus denen sich innovative Schritte für die Therapie ergeben. So
ist uns erst in den vergangenen Jahren die Bedeutung der
Gefäßinnenhaut für das reibungsfreie Funktionieren von
Arterien in ihrem gesamten Umfang bekanntgeworden.
Eine Dysfunktion der Gefäßinnenhaut ist das derzeit erste nachweisbare Stadium in einer sehr frühen Phase der
Arterioskleroseentwicklung.
Also führt an einer Medikation kaum ein Weg vorbei,
um Arteriosklerose zu bekämpfen?
Reinhard F. Lang: Nicht unbedingt. Unverzichtbar für
die Therapie ist dagegen körperliche Bewegung. Sowohl in der Vorsorge als auch in der Nachsorge gehört
Bewegungstherapie dazu. Außerdem existiert zur Ver-
besserung der Gefäßfunktion ein Therapieverfahren, das
in Deutschland unter dem Namen Herzhose bekannt ist.
Natürlich stehen den Medizinern verschiedene interventionelle und operative Verfahren zur Verfügung, um die
ungehinderte Durchlässigkeit der Arterien zu gewährleisten. Das begann vor Jahrzehnten mit Bypassoperationen,
bei denen Umgehungskreisläufe um verschlossene oder
verengte Gefäße gelegt werden. Es folgten die Ballonaufdehnung, etwas später die Stentimplantation als weitere
Meilensteine der interventionellen Therapie gegen Arteriosklerose. Dieser Ansatz kam besonders auch in Akutsituationen zum Einsatz und wird bis heute weiter verfeinert. Der Charme der Ballonaufdehnung besteht nicht
zuletzt darin, dass dieser Therapieansatz sehr schnell
wirksam ist.
Wie funktioniert eine Herzhose?
Reinhard F. Lang: Sie arbeitet mit einer natürlichen Körperreaktion. So bildet der Körper um verengte Gefäße
herum auf natürliche Weise neue Umgehungskreisläufe,
sogenannte Kollateralen. Mit Hilfe der Herzhose können
wir die Bildung solcher Kollateralen anregen, ebenso mit
Bewegungstherapie. Bei der Herzhosetherapie wird für
den Patienten individuell das Druckniveau hergestellt,
das einen effektiven Gefäßimpuls abgibt. Dieser kann mit
Ultraschall an der Halsschlagader gemessen werden, um
dann den Behandlungsdruck optimal zu regulieren. Damit wird die Therapie verträglicher und effektiver. Bislang
wird dieses Therapieverfahren aber nur in einzelnen Kliniken in Deutschland praktiziert. Es kommt vor allem bei
Erkrankungen der Herzkranzgefäße zum Einsatz. Unsere
Patienten haben in der Regel schon eine längere Leidens-
geschichte mit unterschiedlichen Therapieansätzen hinter
sich. Eine solche Gegenpulsationstherapie wird auch in
den kardiologischen Leitlinien bei therapierefraktären Beschwerden empfohlen. Bei den Patienten, die wir behandeln, erzielen wir eine ungefähr 80-prozentige Verbesserungsrate. Zunehmend mehren sich Erfahrungsdaten zur
Effektivität der Herzhosetherapie auch bei anderen Arterioskleroseerkrankungen wie Schlaganfall und Schaufensterkrankheit.
Nehmen Arbeitgeber wahr, welche präventive Maßnahmen die Medizin heute bereithält, um Mitarbeiter vor
schweren Erkrankungen zu schützen?
Reinhard F. Lang: Ich kann gerade im Bereich der Arbeitsmedizin in Betrieben von vielen guten Projekten der
Kooperation berichten. Dabei kommen auch die Deutsche Gesetzliche Rentenversicherung und die Kostenträger im Gesundheitswesen, die gesetzlichen Krankenkassen, ins Spiel. Das Zusammenspiel von Arbeitgebern,
Kostenträgern und medizinischen Einrichtungen funktioniert nach meiner Wahrnehmung immer besser, da hat
sich in den vergangenen Jahren viel bewegt, auch wenn
einiges noch verbesserungsfähig ist. Aber es rechnet sich
mit Sicherheit für die Kostenträger, Menschen länger arbeitsfähig und im Beruf zu halten. Präventionsmaßnahmen werden auch vor dem Hintergrund einer längeren
Lebensarbeitszeit immer bedeutsamer.

Das Interview führte Dr. Guido Birkner.
10 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ausgabe 3 – August 2016
Herzgesundheit: Warum gerade Frauen gefährdet sind
Interview mit Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart, Preventicum Zentrum für Individualisierte Medizin
Frauen sind aber später betroffen. Sie leben ja auch länger. Hat das mit ihrem gesünderen Lebensstil zu tun?
Dietrich Baumgart: Mit einer Lebenserwartung von
durchschnittlich 83 Jahren leben Frauen rund fünf Jahre länger als Männer. Das hat verschiedene Ursachen,
eine ist sicher die gesündere Lebensweise. Während von
den Männern knapp 30 Prozent täglich rauchen, sind es
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Herr Professor Baumgart, eigentlich gilt der Herzinfarkt
eher als typische Männerkrankheit. Wiegen sich Frauen
hier in einer falschen Sicherheit?
Dietrich Baumgart: Ja, durchaus. Der weiblichen Öffentlichkeit ist tatsächlich nicht bewusst, dass der Tod
durch Herzinfarkt sie ebenso oder gar mehr betrifft
als Männer, wenn auch im Schnitt sieben Jahre später.
Denn rund 55 Prozent der Frauen und nur 43 Prozent
der Männer in Europa sterben an kardiovaskulären Ursachen, also an Infarkt, Herzschwäche, plötzlichem Herztod
oder Schlaganfall. Und während bei Männern die Zahl
der Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
abnimmt, steigt sie bei Frauen zwischen dem 40. und 55.
Lebensjahr sogar an.
Frauen zeigen bei einem Herzinfarkt oft unspezifische Symptome wie Schmerzen im Oberbauch oder Übelkeit. Diese
sollten vor allem nach der Menopause immer ernst genommen
werden.
bei den Frauen nur etwas über 20 Prozent. Zudem sind
rund 60 Prozent der Männer übergewichtig, der Anteil
übergewichtiger Frauen liegt dagegen bei 43 Prozent.
Frauen trinken zudem weniger Alkohol, essen gesünder
und achten mehr auf die Signale ihres Körpers. Auch in
Sachen Vorsorgeuntersuchungen sind Frauen disziplinierter: Immerhin geht etwa die Hälfte von ihnen regelmäßig
zur Krebsvorsorge. Von den Männern tun dies gerade
einmal 18 Prozent. In Sachen Herzgesundheit ist es aber
vor allem das Hormon Östrogen, welches den Unterschied ausmacht.
Was bewirkt das Östrogen denn, und was ändert sich
nach den Wechseljahren?
Dietrich Baumgart: Das Hormon Östrogen wirkt wie
ein natürlicher Schutz gegen Herzinfarkt. Es senkt das
schlechte Cholesterin im Blut und erhöht das gute. Doch
mit den Wechseljahren stellt der Körper nach und nach
die Produktion der Östrogene ein, die Frauen verlieren
ihren Schutz. Frauen, die früher unter zu niedrigem Blutdruck litten, haben plötzlich einen erhöhten und damit
auch erhöhte Krankheitsrisiken.

11 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
© Preventicum.
Ausgabe 3 – August 2016
unspezifische Symptome auftreten, etwa Schmerzen im
Oberbauch oder Übelkeit. Manche müssen plötzlich erbrechen oder sind extrem kurzatmig. Tückisch ist auch,
dass die Schmerzen im Brustraum offensichtlich weniger
heftig erscheinen als bei Männern. Frauen beschreiben
sie eher als Druck- oder Engegefühl. Derartige Anzeichen
sollten aber immer sehr ernst genommen werden.
„Neben gesunder Ernährung ist regelmäßige
Bewegung eine gute
Vorsorge. Wer regelmäßig Sport treibt, kann
seine Blutwerte gezielt
positiv beeinflussen.“
Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart,
Preventicum Zentrum für Individualisierte Medizin
Lassen sich Risiken durch eine Hormontherapie senken?
Dietrich Baumgart: Davon wird bislang deutlich abgeraten. In umfangreichen Studien konnte bislang keine eindeutige Schutzwirkung nachgewiesen werden. Zudem
wird vermutet, dass Hormontherapien das Brustkrebsrisiko erhöhen. Daher sollte nur bei starken Wechseljahrsbeschwerden und nach individueller Nutzen-Risiko-Analyse
eine Hormontherapie in Betracht kommen.
Welche Anzeichen könnten bei Frauen auf einen Herzinfarkt deuten?
Dietrich Baumgart: Anders als bei Männern können
bei Frauen neben den klassischen Symptomen wie Brustschmerz und Ausstrahlungen in Rücken oder Arme auch
Welche Probleme ergeben sich durch unklare Symptome?
Dietrich Baumgart: Das größte Problem ist, dass die
Frauen und ihre Angehörigen viel zu spät an einen Herzinfarkt denken und dementsprechend zu langsam und
zögerlich handeln. Sehr bedenklich ist außerdem, dass
gerade bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen Frauen auch
weniger Diagnostik und Therapie erhalten als Männer.
Bei gleichen Symptomen haben Frauen eine 20 Prozent
geringere Chance auf ein Belastungs-EKG als ihre männlichen Kollegen, die Wahrscheinlichkeit auf einen Herzkatheter ist sogar um 40 Prozent geringer. Daher halte
ich es für sehr wichtig, Frauen für die Thematik zu sensibilisieren. Im Zweifel sollten sie selber verstärkt auf eine
umfassende Herzdiagnostik drängen.
Werden Frauen in der Medizin schlechter behandelt?
Dietrich Baumgart: Generell lässt sich das nicht sagen.
Im gynäkologischen Bereich ist die Präventionsmedizin in
Deutschland mittlerweile für Frauen sehr weit ausgebaut.
Aber teilweise gibt es in der Behandlung von Mann und
Frau Nachteile. Beispielsweise sind Größe, Gewicht und
Hormonspiegel bekannte biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Auch Stoffwechselvorgänge und
einige Organe arbeiten bei der Frau anders als beim Mann.
Tatsache ist aber, dass 75 Prozent aller medizinischen Studien nur am Mann durchgeführt werden. Geschlechtsspezifische Dosierungsanleitungen finden sich auf kaum einem Beipackzettel. Dabei wirken einige Arzneiwirkstoffe
bei Frauen durchaus ganz anders als bei Männern.
In den vergangenen Jahren hat sich das weibliche Rollenverhalten verändert. Wirkt das auf die Gesundheit?
Dietrich Baumgart: Gerade Frauen sind durch die Doppelbelastung von Beruf und Familie zunehmend einem
starken Druck ausgesetzt. Immer mehr Frauen klagen daher über Stress. Er belastet den Körper und ist schon lange
kein reines Männerproblem mehr. Es gibt zudem Studien,
die belegen, dass Frauen schlechter entspannen können,
weil sie die Hauptverantwortung für Familie und Haushalt
tragen. Männer hingegen erleben Stress eher selektiv auf
die Arbeit bezogen. Aktive Entspannung etwa durch Yoga
oder autogenes Training ist gerade für Frauen sinnvoll.
Wie können Frauen ihr Herzinfarktrisiko noch senken?
Dietrich Baumgart: Auf jeden Fall aufhören zu rauchen.
Frauen, die rauchen und hormonell verhüten, haben ein
erhöhtes Risiko, ihnen rate ich zudem zu einer frühzeitigen Vorsorge von Herz- und Gefäßerkrankungen so ab
etwa 40 Jahren. Für alle anderen spätestens mit Eintritt
der Menopause. Neben gesunder Ernährung ist vor allem
regelmäßige Bewegung eine gute Vorsorge. Wer regelmäßig Sport treibt, kann seine Blutwerte gezielt positiv
beeinflussen. Zudem ergeben sich günstige Auswirkungen auf die Glukosetoleranz und den Fettstoffwechsel.
Das Interview führte Dr. Guido Birkner.
12 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ausgabe 3 – August 2016
Schlag auf Schlag: eine Herzensangelegenheit
Mitarbeiter und Arbeitgeber sollten auf die Herzgesundheit im Betrieb achten
Von Michael Drees
Viel Bewegung, mediterrane Kost, öfter einmal
einen Gang herunterschalten – so weit, so herzgesund? Jein. Um das Herz gesundzuhalten, sollte
mehr berücksichtigt werden, gerade in Betrieben.
Herzgesundheit geht jeden an. Wir alle wünschen
uns, dass unser Herz kräftig für uns schlägt und uns damit leistungsfähig macht für die Anforderungen aus Berufs- und Privatleben – und das bis ins hohe Alter. Nicht
gerade wenig, was wir da von unserem wichtigsten Muskel erwarten, der dafür sorgt, dass sich sämtliche Nährstoffe, Hormone sowie Wasser und Sauerstoff über den
Blutkreislauf in unserem Körper bewegen. Unser Herz bildet das wichtigste Organ im Blutkreislauf und vollbringt
rund um die Uhr Höchstleistungen. Innerhalb einer Minute pumpt es unser Blut einmal durch den gesamten
Körper und bewegt somit etwa 7.000 Liter pro Tag.
Das Herz braucht mehr
Achtsamkeit.
© janulla/Thinkstock/Getty Images
Die Pumpe des menschlichen Körpers
Im Ruhezustand sowie im Schlaf werden Pumpleistung
und Herzfrequenz herabgesetzt. Bei sportlicher Betätigung steigert unser Herz seine Leistung, um Organe und
Muskeln schneller mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Ähnlich verhält es sich, wenn wir unter Anspan-
nung stehen. Haben wir Stress oder empfinden wir Angst
oder Wut, dann schütten unsere Nebennieren die Hormone Adrenalin und Noradrenalin aus und regen damit
eine erhebliche Leistungssteigerung unseres Herzens an.
Der Unterschied: Während Bewegung gut für unser Herz
ist, kann sich Langzeitstress wie Gift auswirken. Auch
wenn unser Herz ein ausgesprochen robuster Muskel ist,
so kann er doch durchaus Schaden nehmen. Dauerhafter
psychischer Stress zum Beispiel macht unser Herz krank.
Stress sorgt dafür, dass der Herzmuskel die Blutversorgung steigert und uns damit flucht- bzw. kampfbereit macht. Das ist eine ganz natürliche Reaktion unseres
Organismus und nicht per se krankmachend. Ernst wird
es, wenn jemand ständig unter negativem Strom steht.
Mittel- und langfristig bringen die verschiedenen Prozesse und Hormone den Stoffwechsel durcheinander. Ist es
erst einmal so weit gekommen, resultieren hieraus häufig
Herzrhythmusstörungen. Das Herz kommt bei pausenloser
Hetze und Anspannung einfach nicht mehr hinterher.
Was braucht das Herz in der Arbeitswelt?
Die Anforderungen an die psychische Belastbarkeit und
geistige Leistungsfähigkeit in der Arbeitswelt sind in 
13 // Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Ausgabe 3 – August 2016
Typische psychomentale Stressoren in der modernen
Arbeitswelt
•ständige Erreichbarkeit, auch nach Feierabend oder im
Urlaub
•Termindruck
•Leistungsdruck
• Erwartungen des Vorgesetzten
• Erwartungen der Kollegen/des Teams
• geringe eigene Handlungs-/Entscheidungsspielräume
•globales Handeln in unterschiedlichen Zeitzonen und
Kulturkreisen
• öffentliche Meinung, Presse
• soziales Prestige
•auch private Stressoren durch Partner, Familie, Freunde,
Hobby, Finanzen oder Süchte
Herzrhythmusstörungen
wartet nicht, bis der Betroffene Zeit hat, sich bei einem
vollen Terminkalender seiner Herzgesundheit zu widmen. Vielmehr sendet es deutliche Signale. Werden diese
überhört, kann es zu schwerwiegenden Herzkrankheiten
kommen. Die größten Risikofaktoren von Herzerkrankungen sind mangelnde körperliche Bewegung, Übergewicht, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Zigarettenkonsum und Langzeitstress.
Unternehmen sind hier besonders gefragt. Ihnen bieten sich verschiedene Ansatzpunkte, um ihre Belegschaft
zu sensibilisieren und langfristig herzgesund und leistungsfähig zu halten, auch bis ins Alter. Das wird unter
demographischen Gesichtspunkten und angesichts häufig fehlender Nachwuchskräfte in den Betrieben immer
wichtiger. Die ias-Gruppe hat vor diesem Hintergrund
präventive Vortrags- und Workshopprogramme sowie
Herzgesundheitstage entwickelt.
•„Herzstolpern“ durch Extraschläge = Extrasystolen.
Harmlos.
•„Herzrasen“ = krankhaft beschleunigter Herzrhythmus
durch Störungen auf Vorhofebene oder Kammerebene.
Kann lebensbedrohlich sein.
•Vorhofflimmern = unkoordinierte Kontraktionen der
Vorhöfe mit dem Risiko, dass sich ein Blutgerinnsel
bildet und von den Vorhöfen in die Gehirngefäße geschwemmt wird und dort einen Schlaganfall („cerebraler
Insult“) auslöst.
•Kammerflimmern = unkoordinierte Kontraktion der
Herzkammern, so dass keinerlei Blut mehr in den Körperkreislauf ausgeworfen wird. Dies führt zum Blutstillstand im Gehirn. Nach 10 Sekunden Bewusstlosigkeit.
Nach 3 Minuten erste irreversible Gehirnschäden.
sich in Einklang zu bringen, während die Grenzen beider
Bereiche immer mehr verschwimmen.
Durch eine Lebensstiloptimierung hat es jeder selbst
in der Hand, sein persönliches Risikoprofil über Ernährungs-, Bewegungsoptimierungen, den gesunden Umgang mit Stress und andere Maßnahmen zu verbessern.
Doch oft bleibt die Frage, wie man dies vernünftig angeht. Welche Maßnahmen passen individuell? Wie lassen sie sich in das eigene Leben integrieren? Berufs- und
Privatleben verschwimmen: Auch im rein unternehmerischen Interesse sollte jede Organisation die Herzgesundheit ihrer Mitarbeiter zur Herzenssache machen. 
Dem Herzen zuliebe das Leben umkrempeln
Wer ohnehin schon bewusst auf sich und sein Herz achtet,
braucht vielleicht nur hier und da etwas nachzubessern.
Bei vielen Beschäftigten geht es aber um nicht weniger
als die Änderung ihres bisherigen Lebensstils. Präventionsprogramme beleuchten die vier Schwerpunktbereiche
Arbeits- und Zeitgestaltung, Selbstfürsorge, Stressmanagementtechniken und Konfliktbearbeitungsstrategien.
Diese liefern mögliche Veränderungsfaktoren für Berufsund Privatleben. Eine getrennte Betrachtung von Arbeit
und Freizeit bringt wenig, denn der Mensch wird von
beiden stark beeinflusst. Zudem ist er bestrebt, beides für
© Fernando Baptista Photographie
den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen. Wurde
Arbeit früher hauptsächlich unter körperlichem Einsatz
verrichtet, steht in unserer heutigen Arbeitswelt der psychomentale Faktor im Vordergrund. Die psychomentalen
Stressfaktoren, die sich heute negativ auf die Gesundheit
unseres Herzens auswirken können, sind vielfältig (siehe Infokasten unten). Auch moderne Medien spielen eine Rolle,
denn ein unselektierter Umgang mit E-Mail, Smartphone
und Co. erhöht den persönlichen Stresslevel deutlich.
Betriebsärzte stehen den Mitarbeitern in den betreuten Unternehmen zu individuellen Beratungen und zum
Check von Risikofaktoren, zur Blutdruckmessung und
Pulsmessung zur Verfügung. Wir als Ärzte erleben dabei
häufig Phänomene beginnender Herz-Rhythmus-Störungen bei den Beschäftigten (siehe Infokasten rechts). Diese
Warnsignale sollten sehr ernst genommen werden, und
das nicht nur von den betroffenen Mitarbeitern, sondern
auch von den Unternehmen, die gefordert sind, präventive Programme zur Herzgesundheit anzubieten. Das Herz
Dr. med. Michael Drees,
Arzt für Arbeitsmedizin
ias Aktiengesellschaft,
[email protected]
www.ias-gruppe.de
14 // Gesunde Arbeitsorganisation
Ausgabe 3 – August 2016
Psychologisches Empowerment in der Organisation
verankern
Wie sich durch gesunde Führung Zustand und Leistung von Mitarbeitern verbessern lässt
© monkeybusinessimages/Thinkstock/Getty Images
Von Guido Birkner
Führung bedeutet
Teamarbeit.
Im Zusammenhang mit Arbeitsorganisation und betrieblicher Gesundheit genießt das psychologische
Empowerment immer mehr Aufmerksamkeit. Es
lässt sich an vier Merkmalen festmachen: an Bedeutsamkeits-, Kompetenz-, Selbstbestimmungs- und
Einflusserleben. Die vier Merkmale beeinflussen viele Eckwerte für den Arbeitnehmer wie auch für die
gesamte Organisation. Dazu zählen etwa der Grad
der Arbeitszufriedenheit, die Arbeitsleistung des
Einzelnen oder auch seine psychische Gesundheit.
Prof. Dr. Carsten C. Schermuly von der SRH-Hochschule Berlin sieht einen direkten Zusammenhang
zwischen dem Erleben von Empowerment und der
Depressionsneigung eines Mitarbeiters. „Neben der
Depressionsneigung ist die Frage des psychologischen
Empowerments auch eng mit emotionaler Erschöpfung, also dem Burn-out-Syndrom, und mit Stress verbunden“, so der Psychologe. Bei älteren Mitarbeitern
ab 55 Jahren schlägt sich ein unzureichendes psychologisches Empowerment in dem Wunsch nieder, früher
in den Ruhestand zu gehen. „Diejenigen, die weniger
psychologisches Empowerment an ihrem Arbeitsplatz
erleben und stattdessen eine höhere psychische Belastung erfahren, wollen oft früher aus dem Job raus“,
beschreibt der Autor des Buchs „New Work – Gute
Arbeit gestalten“.
Dabei helfen schon bestimmte Freiheiten, die Arbeitssituation entscheidend zu verbessern. Wenn Beschäftigte selbst bestimmen können, wann sie eine Pause einlegen, können sie Belastungen im Job besser abpuffern
als jemand, der den ganzen Tag nicht aus der Tretmühle
herauskommt. Das Gleiche gilt für den Umgang mit 
15 // Gesunde Arbeitsorganisation
Ausgabe 3 – August 2016
„Moderne Führung
arbeitet mit Mitarbeitern
in einem Team zusammen. Es geht darum,
ihnen anspruchsvolle
Aufgaben zuzuweisen.“
Prof. Dr. Carsten C. Schermuly,
SRH Hochschule Berlin
technischen Innovationen am Arbeitsplatz. Hier helfen
Freiheiten sowie eine gute Vorbereitung durch die Personalabteilung. Das unterstützt besonders das Erleben von
Kompetenz.
Die große Mehrheit der Unternehmen in Deutschland
fühlt sich nach wie vor dem klassischen Hierarchiemodell
und dem 9-to-5-Arbeitstag verpflichtet. Andere Unternehmen schlagen hier inzwischen neue Wege ein, was
sich positiv auf die Arbeitgebermarke und die Gesundheit
der Mitarbeiter auswirkt. Hier sind noch sehr viel Potenzial und viele technologische Hilfsmittel für Unternehmen
ungenutzt, mit deren Hilfe sich Arbeit besser organisieren
lässt. Gerade das Thema Arbeitszeitautonomie eröffnet
Mitarbeitern weitere Freiräume, die die Unternehmen
nutzen könnten.
Unternehmen als Mehrgenerationenhaus
Neue Rolle von Führung
„Jeder Mitarbeiter ist verschieden, deshalb hat jeder
hinsichtlich der Arbeitsorganisation auch andere Bedürfnisse“, hebt Carsten Schermuly hervor. „Das liegt schon
allein daran, dass wir heute sehr verschiedene Generationen in einer Belegschaft haben, die zusammenarbeiten.“
Der Psychologe führt hier die Beschreibung eines Unternehmens als Mehrgenerationenhaus an. „Doch für mich
ist unabhängig davon vor allem das psychologische Empowerment ausschlaggebend, wie gut und motiviert und
damit auch wie gesund jemand arbeitet“, so Schermuly.
Hinter Hierarchie, Organisation und Unternehmenskultur steckt oft das Bedürfnis nach Kontrolle der Mitarbeiter.
Hier begegnen viele Arbeitgeber ihren Beschäftigten mit
Misstrauen. Doch zu viel Kontrolle nimmt den Menschen
die Luft zum Atmen und macht sie krank. Die jüngeren
Generationen erheben da andere Ansprüche. Umgekehrt
spüren Führungskräfte in Unternehmen, dass sie mehr
freie Zeit für wichtige Dinge im Job haben, wenn sie ihre
Mitarbeiter nicht mehr ständig kontrollieren müssen.
Oft wissen Unternehmen nicht, wie sie die Arbeitsorganisation richtig verbessern sollen. Manche verändern
einfach die Strukturen und hoffen, dass jetzt alles gut
wird. „Doch eine andere Struktur alleine hilft nicht“, betont Schermuly. „Diese Maßnahmen müssen auch durch
psychologisches Empowerment reflektiert werden.“ Mitarbeiter erhalten durch gute Führungskräfte Orientierung,
und gute Führungskräfte schlichten auch Konflikte und
motivieren Mitarbeiter. Also hilft es nicht, eine Hierarchieebene im Unternehmen einfach zu entfernen, ohne die
positiven Funktionen von Führungskräften zu ersetzen.
Notwendig ist vielerorts ein anderes Rollenverständnis
von Führungskräften. Führungskräfte fungieren in Zukunft stärker als Administratoren eines Netzwerks von
Mitarbeitern, die untereinander Wissen austauschen
und die zu Projekten neu zusammenkommen. Zugleich
müssen Führungskräfte ihre Mitarbeiter auch individuell berücksichtigen. Führung bedeutet zudem, Mitarbeiter an Entscheidungen teilhaben zu lassen und sie
in anderen Situationen ermächtigen. „Es geht darum,
bürokratische Hürden abzubauen und den Mitarbeitern
anspruchsvolle Aufgaben zuzuweisen“, fordert Carsten
Schermuly.
Gemeinsam mit den Mitarbeitern sollten Führungskräfte Kompetenzen entwickeln und fördern. Im Umgang
miteinander sollte an die Stelle eines Verhältnisses, das
von Kontrolle und Misstrauen geprägt ist, eine vertrauensbasierte Zusammenarbeit treten. Respekt und Dienstleistungsmentalität statt hierarchiebedingter Unterschiede
und Privilegien. „Moderne Führung arbeitet mit Mitarbeitern in einem Team zusammen“, beschreibt Schermuly.
Gegebenenfalls wird die Führung auch mal geteilt. Führen in dynamischen Netzwerken funktioniert anders als in
Hierarchien.

Dr. Guido Birkner,
verantwortlicher Redakteur Human Resources,
FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag
[email protected]
www.gesundheitsmanager-magazin.de
16 // Gesunde Arbeitsorganisation
Ausgabe 3 – August 2016
Mitarbeiter sind mehr als eine Personalnummer
Warum ein wertschätzender Umgang so wichtig ist
Als Stressmanagement-Trainerin arbeite ich in Kliniken mit Patienten und in Unternehmen. Denn Stress
hat jeder – sowohl gesunde als auch erkrankte Menschen.
In meinen Seminaren sitzen Männer und Frauen
aus völlig verschiedenen Branchen, Jüngere und Ältere,
Menschen mit und ohne Krankheiten, Führungskräfte,
Betriebsräte, Facharbeiter. Es ist egal, mit wem ich es zu
tun habe – bei dem Thema Stress wird in allen Seminargruppen immer auch die Arbeit genannt. Stress und
Arbeit gehören irgendwie zusammen, so wie der Angler
und der Fisch, der Tisch und der Stuhl, das Klavier und
die Noten.
Ein falscher Umgang mit Stress führt
Beschäftigte in eine Sackgasse.
Ursachen des Stresses
Doch was genau stresst die Menschen am Arbeitsplatz,
und warum wird dagegen nicht ausreichend etwas unternommen? Die Antworten sind unterschiedlich, aber
doch irgendwie immer gleich. „Zu viele Aufgaben in zu
kurzer Zeit.“ „Mein Chef hat keine Führungsqualitäten.“
„Die Kollegen machen mich fertig.“ „Druck von oben.“
„Ich bin nur eine Nummer.“ „Wenn ich zu lange krank
bin, werde ich ausgetauscht.“ „Alle sind gestresst und
motzen nur rum.“ Klingt nicht gerade verlockend, in so
einem Unternehmen zu arbeiten, oder? Doch was können diese Betriebe gegen eine miese Stimmung tun? Was
können Abteilungsleiter machen, damit die Mitarbeiter
gern zur Arbeit gehen, sich wohlfühlen und motiviert
sind? Was wünschen sich die Menschen eigentlich genau
am Arbeitsplatz?
Die Antworten meiner Seminarteilnehmer sind ganz
eindeutig: „Wir wollen als Mensch wahrgenommen werden.“ „Ich möchte nicht mehr Nummer P308 sein, sondern Herr Müller.“ „Ein einfaches „Herzlichen Glück- 
© kieferpix/iStock/Thinkstock/Getty Images
Von Tina Kühn
17 // Gesunde Arbeitsorganisation
Ausgabe 3 – August 2016
wunsch“ vom Chef zum Geburtstag hätte mich sehr,
sehr gefreut.“ „Wenn ich aus dem Urlaub zurück bin und
gefragt werde, wie es mir geht.“ „Als ich länger krank
war und sich niemand während der Zeit gemeldet hat –
weder telefonisch noch per Post, dachte ich, dass ich gar
nicht existiere in den Köpfen der anderen.“ „Ich würde
mir wünschen, dass mein Chef mir auch mal sagt, wenn
ich Sachen gut gemacht habe und ich nicht immer nur in
sein Büro kommen soll, wenn etwas schlecht läuft.“ „Als
mich der Geschäftsführer zu meinem zehnten Dienstjubiläum als Tischler würdigte, obwohl ich Dachdecker bin,
war ich sprachlos.“
Nachvollziehbar, oder? Die Frage, die ich mir stelle,
ist: Warum interessieren sich die Menschen eigentlich so
wenig füreinander? Warum zählt nur die Leistung eines
Mitarbeiters? Warum tun einige Führungskräfte so, als
wenn die Persönlichkeit eines Mitarbeiters morgens an
der Garderobe mit abgegeben würde? Der Mensch ist
doch mehr als ein Tätigkeitenerfüller. Wahrscheinlich jeder Mensch hat eine Persönlichkeit, ein Gewissen, eine
Vergangenheit, Ziele, Träume, ein Privatleben, Sorgen,
Ängste, Wertvorstellungen. Doch diese werden häufig
gänzlich aus den Augen verloren.
Mit Angst an den Arbeitsplatz gehen?
Nicht wenige Mitarbeiter fühlen sich wie Roboter, die
krankgeschrieben werden, wenn sie kaputt, beziehungsweise nicht mehr leistungsfähig genug sind. Dass hinter
diesem „Roboter“ Frau Schneider steckt, die vielleicht
gerade Probleme mit ihrer dementen Mutter hat, die sie
versorgen muss, und dazu zwei pubertierende Kinder,
dazu alleinerziehend ist und darum verständlicherweise
hin und wieder überfordert ist mit dem Schichtdienst,
danach fragt sie keiner. „Wer nicht funktioniert, fliegt“,
erzählt sie. Und vor dem „Fliegen“ hat sie die größte
Angst. Angst vor dem sozialen Abstieg, Angst davor, den
Kindern keine gute Zukunft bieten zu können, Angst, der
eigenen Mutter nicht gerecht zu werden, Angst, selbst zu
erkranken. Und mit genau dieser Angst geht Frau Schneider jeden Tag zur Arbeit. Auch keine nachahmenswerte
Vorstellung, oder?
Wie gut hätte es ihr getan, wenn ihr Vorgesetzter sie
mal gefragt hätte, wie es ihr geht. Dass er sich Sorgen
mache um sie. Ob sie übergangsweise weniger Stunden
arbeiten möchte. Aus Angst ist sie nicht zum Chef gegangen und hat um ein Gespräch gebeten. Das Ende:
Burn-out – Depressionen – Klinik – mehrjährige Therapie,
viel Leid und Tränen.
Was also können Unternehmen tun, damit sich die
Mitarbeiter wohlfühlen und gesund bleiben? Die Geschichten der Menschen weiter oben im Text verraten es
ja schon. Ich kann nur jedem Abteilungsleiter empfehlen,
die Namen und Geburtstage „seiner“ Mitarbeiter zu kennen. In Abteilungen mit bis zu 30 Mitarbeitern sollte das
kein Problem sein.
Regelmäßige Treffen wie Betriebsausflüge, Unternehmungen in den Abteilungen oder Teamtage festigen
die Zusammenarbeit und erhöhen das Gefühl der Unternehmenszugehörigkeit. Abteilungsübergreifende Treffen
erhöhen das Verständnis füreinander. Es gibt Betriebe,
die beispielsweise regelmäßig einmal im Monat alle Menschen, die in dem Monat Geburtstag haben, zu Kaffee
und Kuchen ins Büro des Chefs einladen – so kommen
die Empfangsdame, die Reinigungskraft, der Verwaltungsdirektor, die Küchenchefin und der Fahrer mal alle
gemeinsam an einen Tisch, können sich gegenseitig kennenlernen und verstehen die Arbeitsweisen der anderen,
die vorher häufig unklar waren.
Jeder wünscht sich Wertschätzung
Ist ein Mitarbeiter lange im Unternehmen, kann der Vorstand zum Beispiel zum Jubiläum einen Brief mit der Hand
schreiben mit einem Dankeschön für das Engagement im
Unternehmen. Glauben Sie mir, diesen Brief wird der Jubilar nicht so schnell vergessen – und er drückt die Wertschätzung aus, die doch alle so gern hätten.
Regelmäßige Pausen sind ebenfalls sinnvoll. Häufig
werden aus Angst, seine Arbeit nicht zu schaffen, diese eingespart. Hier tut eine Führungskraft Gutes, wenn
sie selbst regelmäßig Pausen macht und während dieser
nicht dienstlich telefoniert oder E-Mails schreibt. Denn
eines sollten wir nicht vergessen: Führungskräfte haben
eine Vorbildfunktion und eine Verantwortung für die
Mitarbeiter. Und es ist – neben all den gesundheitlichen
und persönlichen Aspekten – auch betriebswirtschaftlich
günstiger, in die Gesunderhaltung von Mitarbeitern zu
investieren, als sie zu verheizen. Ein Beschäftigter brachte
es mal auf den Punkt: „Die Maschinen bei uns laufen auf
80 Prozent, damit sie möglichst lange halten und damit
sie geschont werden - und wir Menschen arbeiten auf
120 Prozent und sollen trotzdem lange gesund bleiben.“
Diese Rechnung geht nicht auf.

18 // Gesunde Arbeitsorganisation
Ausgabe 3 – August 2016
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Selbstverwirklichung statt Pflichterfüllung
Druck und Kontrolle waren gestern. Wer heute erfolgreich sein möchte, braucht kreative, mitdenkende, selbstverantwortliche Mitarbeiter mit Entscheidungsfähigkeit.
Menschen möchten sich selbst verwirklichen und keine
reinen Pflichterfüller mehr sein. Sie möchten sich wohlfühlen und sich mit dem Unternehmen und seinen Zielen
identifizieren.
Es würde einfach guttun, wenn alle Vorgesetzten ein
wirkliches Interesse an den Mitarbeitern hätten. Wenn
die Beschäftigten mal nach dem Privatleben gefragt würden, zum Beispiel: „Geht es Ihrer Frau wieder besser?“
oder „Haben Sie sich gut eingelebt im neuen Heim?“ Das
sind Fragen, die nichts kosten, die den Mitarbeitern aber
Interesse an ihrer Person zeigen.
Natürlich gibt es auch erfreuliche Beispiele mit verständnisvollen Vorgesetzten, einem tollen Betriebsklima,
motivierten, gesunden Mitarbeitern. Ich danke diesen
Menschen, die so etwas Wertvolles schon geschaffen haben. Und ich hoffe, dass ich in Zukunft sehr viele dieser
Geschichten erzählen kann.

Tina Kühn,
Trainerin für positive Unternehmenskultur,
Stressmanagement-Trainerin
[email protected]
www.tina-kuehn.de
LEISTUNGSFÄHIGE MITARBEITER
UND ORGANISATIONEN IN DER
DIGITALISIERTEN ARBEITSWELT
20. Oktober 2016, Pagode der F.A.Z.,
Frankfurt am Main
geschlossene Veranstaltung für Fachleute
aus dem Personal- und betrieblichen
Gesundheitsmanagement
Veranstalter
Medienpartner
Sie möchten teilnehmen?
Kontakt: Roxana Itner / Tel.: (069) 75 91-30 91 / E-Mail: [email protected]
www.frankfurt-bm.com/roundtable-hr
19 // Gesunde Arbeitsorganisation
Ausgabe 3 – August 2016
Unternehmen gesund durch Krisen führen
Wie Employee Assistance Programs in Krisensituationen Betrieben und ihren Belegschaften helfen
Von Juliane Barth und Gerd Reimann
terstützen und die psychische Gesundheit, Belastbarkeit
und Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen.
In extremen Gefahrensituationen kann Panik
ausbrechen.
© George Doyle/Thinkstock/Getty Images
Erfahrungen aus München
In den vergangenen Wochen und Monaten gab es
Anschläge mit Toten und Verletzten, die Europa in
Schrecken versetzten. Von solchen Ereignissen sind
wesentlich mehr Personen als nur die direkten Augen- und Ohrenzeugen betroffen. Dies bekommt
man auch in vielen Unternehmen zu spüren.
Viele Unternehmen fragen sich, wie sie adäquat damit umgehen können, wenn sich Auswirkungen solcher
Ereignisse bei ihren Mitarbeitern zeigen. Wie kann man
in einer solchen Situation als Unternehmen und als Führungskraft zur Gesundheit und Stabilität von Mitarbeitern und Teams beitragen? Wer ein Employee Assistance
Program (EAP) oder eine betriebliche Sozialberatung im
Unternehmen implementiert hat, findet dort eine erste
Anlaufstelle für Tipps und Unterstützung bei konkreten
Problemlagen. Auch besteht die Möglichkeit, auf die
Dienste von Notfallpsychologen zurückzugreifen, um Arbeitnehmer bei der Bewältigung des Ereignisses zu un-
Nach den Ereignissen am 22. Juli 2016 in München nutzten verschiedene Unternehmen eine solche Dienstleistung. Wir fassen in diesem Artikel einige Erfahrungen zusammen, die wir mit Kunden aus dem Einzelhandel, aus
Behörden und aus IT-Unternehmen gemacht haben. Die
Belastung der Mitarbeitenden war unterschiedlich:
•
Menschen, die im Einkaufszentrum OEZ arbeiteten,
waren mit der Situation konfrontiert, dass Besucher die
Läden stürmten und dort Sicherheit suchten. Das führte zu Gefühlen der Hilflosigkeit, Panik und Bedrängnis.
•Einige Menschen waren sehr erschüttert und nicht arbeitsfähig, weil sie Personen nahestanden, deren Kinder ums Leben gekommen sind.
•Erinnerungen an frühere Ereignisse kamen hoch. Ein
Mitarbeiter eines globalen Unternehmens war am 11.
September in New York gewesen, ein anderer in Paris.
Die Bilder und Emotionen von damals kamen wieder
hoch.

20 // Gesunde Arbeitsorganisation
Ausgabe 3 – August 2016
•Mitarbeiter, die aus Kriegsgebieten nach Deutschland
gekommen sind, erinnerten sich aufgrund der Schüsse oder der Helikopter an gefährliche Situationen, bei
denen sie nur knapp mit dem Leben davongekommen
sind.
•
Einige Mitarbeiter fanden es schwierig, am Montag
nach dem Ereignis wieder ihrer Arbeit nachzugehen.
•Manche hatten Angst, ein Einkaufszentrum zu besuchen oder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
•Für manche Mitarbeiter, die die deutsche Sprache nicht
gut beherrschen, weil sie noch nicht lange in Deutschland sind, war die Erfahrung erschreckend, der Kommunikation über das Geschehen nur schwer folgen zu
können.
•Führungskräfte, die akut eine Situation vor Ort gemanagt haben, hatten keinen Raum, ihre eigenen Emotionen zu verarbeiten, und sahen sich im Nachhinein
damit konfrontiert. Andere Führungskräfte fragten
sich, ob sie das Richtige getan hatten und wie jetzt am
besten mit Mitarbeitern umzugehen sei, die sich in Reaktion auf die Ereignisse krankgemeldet hatten.
Es wurde Unterstützung für Teams und für Einzelpersonen angeboten. Notfallpsychologen waren vor Ort im
Betrieb und erläuterten, welche Reaktionen angesichts
einer solchen Erfahrung normal seien und wie man am
besten für sich und andere sorgen könne. In Einzelgesprächen konnten persönliche Erfahrungen thematisiert
werden, und es wurde persönliche Beratung angeboten
für Mitarbeiter, die von diesem Ereignis oder durch die Erinnerung an ein altes, unverarbeitetes Trauma besonders
aus der Bahn geworfen waren. Wichtig ist,
Typische Reaktionen während und nach traumatischen Ereignissen sind:
emotional: Schock, Trauer Weinen, Schuldgefühle, Aggressionen.
körperlich: Schwitzen, Nervosität, Unruhe, Herzrasen, Übelkeit, Ein- und Durchschlafstörungen.
gedanklich: Konzentrationsprobleme, quälendes Wiedererleben.
verhaltensbezogen: Rückzug, übertriebene Empfindlichkeit, Vermeidungsverhalten, Ausbildung von Süchten (Alkohol, Tabletten).
Diese Reaktionen sind eine normale Reaktion auf ein unnormales Erlebnis. Wer das an sich beobachtet, ist keineswegs krank oder
gestört. Wenn es allerdings länger als vier bis sechs Wochen dauert, sollte man sich Hilfe holen. Im Durchschnitt brauchen 25 bis 35
Prozent der Betroffenen Unterstützung, um zur Normalität zurückzufinden.
Nach jeder traumatischer Extremsituation gilt: Es sollte die Gemeinschaft mit anderen Menschen bewusst gesucht werden. Das
können Kollegen, Helfer, Angehörige oder Freunde sein. Man sollte jemanden haben, mit dem man reden und zusammen sein kann,
sich möglichst nicht sozial isolieren. Deshalb sind auch ärztliche Krankschreibungen nicht in jedem Fall hilfreich für Betroffene.
•eine Verarbeitungshilfe anzubieten,
•dort, wo es möglich ist, schnell zur Normalität zurückzufinden.
Die Reaktionen auf solch ein Erlebnis sind vielfältig
(vergleiche Kasten „Typische Reaktionen“ oben). Sie sind
nicht nur abhängig davon, wie nah eine Person dem Geschehen war. Ein Anschlag wie der in München ist auch
ein Anschlag auf unser Sicherheitsgefühl. Presse, Rundfunk und Fernsehen, aber vor allem auch die Sozialen
Online-Netzwerke (SON) tragen zu einer extrem schnellen
und flächendeckenden Verbreitung von Informationen
bei. Dazu gehören aktuelle Bilder und Filmsequenzen. Zusätzlich werden in Sondersendungen zurückliegende dramatische Ereignisse aufgewärmt. Sich diesen vielfältigen
Bildern und Informationen auszusetzen kann zusätzlich
belasten und eine Verarbeitung erschweren. Das betrifft
vor allem jüngere Mitarbeiter und Familienangehörige,
insbesondere dann, wenn sie vor allem in Kontakt mit
den digitalen Medien stehen und wenig direkte soziale
Einbindung erfahren.
Unternehmen und Führungskräfte können zur Bewältigung eines dramatischen Ereignisses beitragen, indem sie
•zunächst den Fokus auf die physische Sicherheit der
Mitarbeiter richten,
•Ruhe und Struktur in die Situation bringen,
•
für ausreichende und gelenkte Kommunikation sorgen,
•idealerweise dabei auch an die abwesenden und an die
ausländischen Mitarbeiter denken,
•wenn möglich, Mitarbeiter davon abhalten, sich mehr
als nötig traumatischen Bildern, Filmen oder Erzählungen auszusetzen,
•
direkt und indirekt Betroffene voneinander trennen,
um eine unnötige Traumatisierung bei denen, die nur
entfernt betroffen waren, zu vermeiden,

21 // Gesunde Arbeitsorganisation
Ausgabe 3 – August 2016
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Was können Unternehmen tun?
Notfallplan erstellen
In jedem Unternehmen sollte es einen Notfallplan geben.
Dieser regelt, welche Ansprechpartner bei einem Notfall zur
Verfügung stehen, welche Kommunikationswege einzuhalten sind und wie die interne und externe Kommunikation
abzulaufen hat. Darüber hinaus wird darüber informiert,
welche externen Stellen (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst,
EAP, Berufsgenossenschaften, Notfallpsychologen) einzubinden sind.
Kollegiale Unterstützer identifizieren und ausbilden
Es hat sich bewährt, in der Akutphase kollegiale Unterstützer (Peers) zu haben. Die Peers unterstützen betroffene
Personen in den ersten 24 bis 48 Stunden nach dem Ereignis. Auf diese Aufgabe sollten die Peers vorbereitet werden,
was zum Beispiel in einer zweitägigen Schulung möglich
ist. Vorteil ist, dass diese Peers im beruflichen Kontext eingebunden sind, die gleiche Sprache sprechen und schnelle
psychologische Erste Hilfe im gewohnten Arbeitsumfeld
leisten können.
Externe Unterstützungsmöglichkeiten einschalten
Notfallpsychologen können zur weiteren Stabilisierung
Einzelberatung anbieten. Ein EAP oder die innerbetriebliche Sozialberatung können frühzeitig in einen Notfallplan
eingebunden werden und somit in der akuten Situation
eine gute Strukturierungshilfe für die Verantwortlichen bieten. Auch ist darauf zu achten, den internen Helfern eine
Begleitung und Nachbetreuung anzubieten.
Auch in den folgenden Tagen sollte – neben den
obengenannten Punkten – auf sachliche Art kommuniziert werden, was geschehen ist und inwieweit das
Unternehmen betroffen war. Kommunikation und Zusammenhalt sind stabilisierende Faktoren. Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter im Auge behalten und darauf achten, ob sich jemand anders verhält als gewohnt.
Interne und externe Beratungsmöglichkeiten können
dabei eine wichtige Hilfe sein. So berichtet die Leiterin
der Personalabteilung eines betroffenen Unternehmens
in München, der zeitnahe Einsatz einer Notfallpsychologin vor Ort – organisiert durch ihr EAP – sei für ihr
Unternehmen von großer Wichtigkeit gewesen: „Diese
schnelle Reaktion war Gold wert.“ Schon im Vorhinein
gute Voraussetzungen zu schaffen, um schnell reagieren
zu können, wenn der Ernstfall eintritt, ist somit für jedes Unternehmen unbedingt zu empfehlen (vgl. Kasten
„Was können Unternehmen tun?“).

Juliane Barth,
Vorstand Corrente AG
[email protected]
www.corrente.de
•so viel Normalität wie möglich in die Situation bringen,
ohne das Ereignis herunterzuspielen,
•dafür sorgen, dass niemand alleine nach Hause geht
oder zurückbleibt,
•ihre Vorgesetzten oder Personalmanager informieren
und um Back-up bitten,
•EAP und Sozialberatung oder andere unterstützende
Instanzen einschalten.
Dr. Gerd Reimann,
Geschäftsführung Gideon GmbH Potsdam
[email protected]
www.gideon-potsdam.de
Jetzt lesen unter: www.faz-personaljournal.de
22 // Betriebliche Krankenversicherungen
Ausgabe 3 – August 2016
bKV – der Gesundheitsbenefit für den Mittelstand
Trotz steuerlicher Umstellung können sich Zusatzversicherungen für die begünstigten Mitarbeiter lohnen – und für die Arbeitgeber
bAV, BGM, bKV: Die Liste betrieblicher Sozialleistungen und ihrer Abkürzungen ließe sich fortführen.
Doch während die betriebliche Altersversorgung
und das betriebliche Gesundheitsmanagement offiziell festgeschriebene Begriffe sind, fehlt für die betriebliche Krankenversicherung (bKV) bislang noch
eine Legaldefinition. Entsprechend vielfältig können die einzelnen Tarife ausgestaltet sein. Auch die
steuerliche Handhabung der bKV bei Arbeitgeberfinanzierung eröffnet mehrere Optionen.
„Die privaten Krankenversicherer konzipieren ihre
bKV-Tarife so, dass sie mit verschiedenen Leistungsmodulen einen zusätzlichen Krankenversicherungsschutz
in Ergänzung zum Versicherungsschutz der gesetzlichen
Krankenkassen gestalten“, umreißt Stefan Reker vom
PKV-Verband das Profil der betrieblichen Krankenversicherung. Konkreter äußert sich Dr. Jan Esser, Mitglied des
Vorstands der Allianz Private Krankenversicherung und
dort verantwortlich für das Ressort Produktentwicklung,
Aktuariat und Firmenkunden: „Unsere bKV-Produkte
schließen die Lücken im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen und gewähren dadurch in vielen
Bereichen Leistungen wie in einer privaten Vollversicherung.“
© shironosov/iStock/Thinkstock/Getty Images
Von Guido Birkner
Auch in jungen Jahren hilft
zusätzlicher Versicherungsschutz.
Zum Leistungsportfolio der bKV-Tarife bei der Allianz
PKV gehören vor allem erweiterte Vorsorgeuntersuchungen, Zahnersatz, Zahnvorsorge und Zahnbehandlung,
die Absicherung von Wahlleistungen bei stationären Behandlungen, Krankentagegeld, Heilpraktikerleistungen,
Sehhilfen sowie eine Auslandsreisekrankenversicherung.
Damit bietet der Versicherungskonzern die Kernleis-
tungen an, die auch viele andere bKV-Tarife enthalten.
Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber alle gesetzlich krankenversicherten Mitarbeiter, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis angestellt sind, über eine solche
Zusatzversicherung absichern. „Viele Arbeitnehmer würden sich eine solche Absicherung privat nicht leisten“,
betont Esser.

23 // Betriebliche Krankenversicherungen
Ausgabe 3 – August 2016
Benefit mit Wachstumschancen
Unternehmen haben auch die Option, objektive Personengruppen – zum Beispiel einzelne Funktionsträger mit
einem beruflich bedingt größeren Absicherungsbedarf
– anhand der Unternehmensstruktur festzulegen und
ihnen einen zusätzlichen Versicherungsschutz zu gewähren. Dabei sollten Unternehmen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz berücksichtigen, um eine Diskriminierung anderer Mitarbeiter auszuschließen. Auch deshalb
ist es grundsätzlich ratsam, eine Betriebsvereinbarung für
die erstmalige Einführung einer bKV abzuschließen. Existiert in einem Betrieb kein Betriebsrat, kann der Arbeitgeber die betriebliche Krankenversicherung durch sein
Weisungsrecht einführen.
Aktuell bieten 22 private Krankenversicherungsgesellschaften bKV-Tarife an. Offizielle statistische Daten
zu diesem noch jungen Produktfeld halten weder der
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft
noch der Verband der Privaten Krankenversicherung
bereit. Laut Marktschätzungen haben hierzulande über
10.000 Unternehmen betriebliche Krankenversicherungen für knapp 600.000 Mitarbeiter abgeschlossen. Angesichts von 3,63 Millionen Unternehmen in Deutschland
ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Für die Finanzierung der bKV sind am Markt zwei
Grundtypen anzutreffen. Da sind zum einen arbeitgeberfinanzierte Zusatzversicherungen für alle Mitarbeiter
oder für definierte Mitarbeitergruppen. Diese Finanzierungsvariante überwiegt auf dem deutschen Markt. Zum
anderen werden Gruppenverträge zwischen Arbeitgeber
und Versicherer angeboten, deren Beiträge die Mitar-
beiter vollständig oder anteilig selbst bezahlen. Trotz
der Arbeitnehmerfinanzierung können sich auch solche Gruppentarife für die Beschäftigten lohnen, da sie
Preisvorteile von bis zu 5o Prozent gegenüber normalen Einzeltarifen bieten. Zudem gewähren viele Anbieter
auch den Ehegatten der Mitarbeiter sowie deren Kindern
vergünstigte Konditionen im Rahmen eines Gruppenvertrags.
Hohes Interesse der Arbeitnehmer, geringes
Angebot der Arbeitgeber
Überwiegend trägt aber der Arbeitgeber die kompletten
Kosten für bKV-Zusatztarife, also die Versicherungsbeiträge, die Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge,
und bietet den Beschäftigten damit einen zusätzlichen
Benefit. „Für den Arbeitgeber hat die Gewinnung und
Bindung von Fachkräften angesichts der demographischen Entwicklung Priorität“, hebt Jan Esser von der
Allianz PKV hervor. „Dafür kann er über die Leistungsmodule einer betrieblichen Krankenversicherung einiges
tun.“
Mehrere Umfragen belegen, dass die Nachfrage der
Arbeitnehmer nach bKV-Tarifen deutlich größer als das
Interesse der Arbeitgeber ist. So zählen die befragten
Arbeitnehmer laut einer GfK-Studie die bKV zu den drei
wichtigsten monetären Personalzusatzleistungen nach
der Betriebsrente und den vermögenswirksamen Leistungen. Hingegen haben viele Arbeitgeber die betriebliche
Krankenversicherung noch nicht auf dem Schirm. Um
Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden, halten sie bis-
lang das eigene Image für den stärkeren Treiber als das
Angebot monetärer Zusatzleistungen.
Nach Ansicht von Jan Esser von der Allianz PKV verpassen Unternehmen mit dieser Haltung Chancen. „Die
betriebliche Krankenversicherung ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen interessant“, so das Vorstandsmitglied. „Während viele Großunternehmen ein
betriebliches Gesundheitsmanagement anbieten können, ist die bKV für den kleinen Mittelstand ein effizienter Ansatz, um über Personalzusatzleistungen mit Großunternehmen den Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt
aufzunehmen.“ Und das bereits für monatliche Versicherungsbeiträge im unteren zweistelligen Euro-Bereich
pro Mitarbeiter. Zudem entsteht dem Arbeitgeber nur
ein geringer administrativer Aufwand. Dieser besteht im
Wesentlichen darin, die teilnehmenden Mitarbeiter über
Listen beim Versicherer anzumelden. In die Leistungsabwicklung zwischen Versicherer und Mitarbeiter ist das
Unternehmen in der Regel nicht eingebunden. Auch sind
bei der bKV im Gegensatz zur betrieblichen Altersversorgung keine Einzelberatungen notwendig.
Der Versicherer errechnet durch die Kollektivbildung
einer Gruppenversicherung einheitliche Beiträge. Das
Sammelinkassoverfahren – also das Abführen der Beiträge in einer Summe an das Versicherungsunternehmen
– reduziert den Kostenaufwand für das Unternehmen
zusätzlich. Marktüblich ist, dass Versicherer Vergünstigungen bei Versicherungen mit Sammelinkasso gewähren, wenn mindestens zehn Arbeitnehmer versichert
werden. Durch die Absicherung einer größeren Personalgruppe kann die Versicherungsgesellschaft günstiger
kalkulieren und in der Regel auf die sonst erforder- 
24 // Betriebliche Krankenversicherungen
Ausgabe 3 – August 2016
liche Gesundheitsprüfung und auf Wartezeiten verzichten. Davon profitieren insbesondere die Mitarbeiter, die
wegen der Kosten oder aufgrund von Vorerkrankungen
ansonsten keinen zusätzlichen Gesundheitsschutz erlangen könnten.
Wahlfreiheit ein, welche Art von Sachlohn sie zugunsten
der Arbeitnehmer im Rahmen des Steuerfreibetrags nutzen wollen.
Drei Optionen für die Versteuerung
Steuerliche Behandlung
Bei der steuerlichen Behandlung haben die Finanzminister von Bund und Ländern zum 1. Januar 2014 die
Konditionen aus Unternehmenssicht verschlechtert,
indem arbeitgeberfinanzierte Gruppenkrankenversicherungen im PKV-Bereich zugunsten der Mitarbeiter
nicht mehr länger als Sachlohn akzeptiert werden, sondern als Barlohn zu behandeln sind. Die Folge ist ein
steuerlicher Preisaufschlag auf die arbeitgeberfinanzierte bKV, denn die Beiträge sind in vollem Umfang
für den Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtig. In der Vergangenheit waren die monatlichen Versicherungsbeiträge steuerfrei und beitragsfrei zur Sozialversicherung.
Voraussetzung dabei war lediglich, dass sie zusammen
mit anderen Sachzuwendungen beim Arbeitnehmer im
jeweiligen Kalendermonat den Wert von 44 Euro nicht
übersteigen durften.
Tatsächlich trägt die Neubewertung betrieblicher
Krankenversicherungen seit 2014 nicht zu höheren Steuereinnahmen des Fiskus bei. Schließlich schöpfen viele
Unternehmen die 44-Euro-Freigrenze in aller Regel für
andere Sachlohnleistungen wie beispielsweise Jobtickets
oder Essenszuschläge aus. Somit schränkt die Neubewertung der bKV als Barlohn lediglich die Betriebe in ihrer
Seit 2014 stellt eine Beitragszahlung zu einer betrieblichen Krankenversicherung einen geldwerten Vorteil für
den Arbeitnehmer dar und ist damit lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. Für die steuerrechtliche Behandlung der betrieblichen Krankenversicherung als Barlohn
bieten sich drei Alternativen an:
• die Versteuerung als geldwerter Vorteil,
• die Nettolohnversteuerung,
• die Pauschalversteuerung nach § 40 Abs. 1 EStG.
Bei der Nettolohnversteuerung gelten die Beiträge
als Nettoentgelt, aus dem der entsprechende Bruttowert
errechnet wird. Die darauf entfallenden Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung – für Arbeitgeber und für
Arbeitnehmer – trägt allein der Arbeitgeber. Bei einer
Pauschalversteuerung müssen die Versicherungsbeiträge
als sonstige Bezüge jährlich gezahlt werden und dürfen
dabei den Wert von 1.000 Euro je Mitarbeiter nicht übersteigen. Die Pauschalversteuerung muss beim Betriebsstättenfinanzamt beantragt werden. Sowohl die Beiträge
zur Gruppenversicherung als auch die Pauschalsteuer lassen sich als Betriebsausgaben buchen.
„Wir sehen, dass sich die meisten unserer Geschäftskunden bei der steuerlichen Behandlung der bKV als
Barlohn für eine Nettolohnversteuerung entscheiden“,
konstatiert Jan Esser von der Allianz PKV. „Im Rahmen
der Nettolohnversteuerung entstehen dem Arbeitnehmer keine Zusatzkosten.“ Den Allianz-Vorstand stört
an der Steuerdebatte um die bKV in den vergangenen
Jahren, dass das Produkt zu einseitig als Steuersparinstrument und zu wenig als Investition in die Zukunftsfähigkeit und die Arbeitgebermarke der Unternehmen
gesehen wird.
Fehlende einheitliche Regelungen
Da keine spezielle gesetzliche Regelung für betriebliche
Krankenversicherungen existiert, fehlen auch einheitliche
Regelungen für den Fall, dass ein versicherter Mitarbeiter
den Arbeitgeber wechselt oder sein Beschäftigungsverhältnis altersbedingt endet. Deshalb sollten Unternehmen die Verträge der Versicherungsunternehmen entsprechend vergleichen. In den meisten Fällen kann der
neue Arbeitgeber auf Wunsch in den bestehenden bKVVertrag eines neuen Mitarbeiters einsteigen. Außerdem
ermöglichen die meisten Versicherer, dass ein Arbeitnehmer eine betriebliche Krankenversicherung zu den bestehenden oder leicht teureren Konditionen auf eigene
Rechnung fortführt.

Dr. Guido Birkner,
verantwortlicher Redakteur Human Resources,
FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag
[email protected]
www.gesundheitsmanager-magazin.de
25 // Kurz und knapp
Ausgabe 3 – August 2016
Nachrichten aus der Corporate-Health-Welt
Deutschland bleibt sitzen –
besonders im Job
Rückgang der berufsbedingten
Erkrankungen
Bildschirme und Schreibtische bestimmen den Arbeitsalltag vieler Menschen.
46 Prozent der Berufstätigen geben
laut dem DKV-Report „Wie gesund lebt
Deutschland?“ an, dass sie hauptsächlich
am Schreibtisch arbeiten. Dies betrifft vor
allem Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen und höherem Einkommen.
Menschen mit Schreibtischjobs sitzen im
Durchschnitt 73 Prozent ihrer Arbeitszeit.
Über den ganzen Tag betrachtet, sitzt
der typische Schreibtischarbeiter inklusive
Freizeit etwa elf Stunden lang. Das dauerhafte Sitzen hat weitreichende Folgen für
den Fett- und Blutzuckerstoffwechsel und
kann viele Menschen auf Dauer krank machen. Im Durchschnitt möchten Schreibtischarbeiter aber nur etwa die Hälfte ihrer Arbeitszeit sitzen. Das Einfachste ist:
Mehrmals pro Stunde aufstehen, etwa
zum Telefonieren oder um an einem erhöhten Platz im Stehen zu arbeiten. Laut
dem DKV-Report bleibt der Anteil der
Menschen, die rundum gesund leben, auf
niedrigem Niveau bei 11 Prozent.
Laut der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sinkt
die Zahl der berufsbedingten HepatitisB- und Hepatitis-C-Erkrankungen in ihren
Mitgliedsbetrieben. Zudem machen erste
Erfahrungen mit neuen Medikamenten
Hoffnung auf bessere Heilungschancen bei
chronischer Hepatitis C. Bei der Prävention
von berufsbedingten blutübertragbaren
Virushepatitiden sind durch vermehrte
Impfungen und einen besseren Schutz vor
Nadelstichverletzungen in den vergangenen Jahren große Erfolge erzielt worden.
Die Zahl der bei der Berufsgenossenschaft
eingegangenen meldepflichtigen Verdachtsanzeigen berufsbedingter HepatitisB-Erkrankungen sank zwischen 2005 und
2015 um rund 60 Prozent von 146 auf 57.
Noch stärker ging die Meldung von Hepatitis-C-Erkrankungen an die BGW zurück:
Hier fiel die Zahl der meldepflichtigen Verdachtsanzeigen von 168 im Jahr 2005 auf
53 im Jahr 2015. Fortschritte konstatiert
die BGW auch bei der Behandlung chronischer Hepatitis-C-Erkrankungen.
Betriebe mit einer mitarbeiterorientierten Personalpolitik haben
engagiertere Mitarbeiter
Jeder dritte AU-Tag geht auf HerzKreislauf- oder Muskel-SkelettErkrankungen zurück
In Betrieben mit mitarbeiterorientierten
Maßnahmen wie Angeboten zum Gesundheitsschutz,
Qualifizierungsangeboten oder regelmäßigen Mitarbeitergesprächen sind die Beschäftigten laut einer
Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung (IAB) zufriedener, engagierter und denken seltener über einen
Arbeitgeberwechsel nach. Acht von zehn
Beschäftigten berichten von mindestens
einer belastenden Arbeitsbedingung wie
Termindruck, Informationsflut, körperlicher Anstrengung oder von unangenehmen Umgebungsbedingungen. Am
häufigsten werden Termindruck und Multitasking genannt. Von unangenehmen
Umgebungsbedingungen berichten vier
von zehn Beschäftigten. Gleichzeitig steuern aber auch acht von zehn Betrieben
dem entgegen, indem sie Maßnahmen
zum Gesundheitsschutz und zur Gesundheitsförderung anbieten, die über die gesetzlich verpflichtenden Maßnahmen hinausgehen.
Erkrankungen des Herz-Kreislauf- sowie
des Muskel-Skelett-Systems verursachen
fast jeden dritten Ausfalltag wegen Krankheit. Besonders häufig betroffen sind Beschäftigte in manuellen Berufen und im
Dienstleistungsbereich. Durch gezielte
Präventionsmaßnahmen in den gefährdeten Berufen lassen sich Erkrankungen
vermeiden. Darum führte die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) das Projekt „Berufsspezifisches
Risiko für das Auftreten von Arbeitsunfähigkeit durch Muskel-Skelett-Erkrankungen und Krankheiten des Herz-KreislaufSystems – Bestimmung von Berufen mit
hoher Relevanz für die Prävention“ durch.
Auf der Grundlage einer großen Datenbasis ermittelte das Projekt, in welchen
Berufen bestimmte Herz-Kreislauf- und
Muskel-Skelett-Erkrankungen besonders
häufig auftreten. Metallarbeiter, Pflegekräfte, Köche und Lager- und Transportarbeiter gehören zu den Berufen mit dem
höchsten Präventionsbedarf.
26 // Veranstaltungskalender
Ausgabe 3 – August 2016
Seminare und Events von September bis Oktober 2016
Arbeitsschutzmanagement – mit
System sicher zum Erfolg
Krankenkassen und betriebliche
Prävention: Neue Entwicklungen
und Anbieterkonzepte
Arbeitsschutzmanagement ist die hohe Kunst
Arbeitsschutz Aktuell 2016
Arbeitsschutz in all seinen Facetten, ganzheitlich
F.A.Z.-Roundtable: Leistungsfähige
Mitarbeiter und Organisationen in
der digitalisierten Arbeitswelt
und interdisziplinär – dafür steht die Fachmesse
und Kür bei der Organisation des betrieblichen
Die Tagesveranstaltung beleuchtet verschiedene
„Arbeitsschutz Aktuell – das Präventionsforum“.
Die Digitalisierung führt zu radikalen Umbrüchen
Arbeitsschutzes. Auf der Veranstaltung stellen
Aspekte rund um die wachsenden Herausforde-
Hier treffen sich Experten, Entscheider sowie
in der Arbeitswelt. Neue Prozesse verändern die
Praktiker das Thema Arbeitsschutzmanagement
rungen im BGM für Krankenversicherer und mit-
Praxisprofis und präsentieren Trends, News und
Arbeitsbedingungen grundlegend. Die Konse-
aus verschiedenen Blickwinkeln dar. Es besteht
telständische Betriebe. Im Fokus stehen unter an-
neueste Konzepte rund um Sicherheit und Ge-
quenzen daraus sind wenig bekannt. Der Round-
Gelegenheit zur intensiven Diskussion sowie zum
derem Theorie und Praxis effektiver betrieblicher
sundheit am Arbeitsplatz. In den Hamburger
table befasst sich u.a. mit den Fragen, wie sich Un-
Erfahrungsaustausch. Die Veranstaltung wendet
Prävention sowie der Präventionsbedarf aus medi-
Messehallen B5 und B6 finden sich Produkte und
ternehmen auf die Digitalisierung vorbereiten und
sich an Unternehmer und Führungskräfte mit
zinischer Sicht. Unternehmen berichten über neue
Dienstleistungen zu den Themen Persönliche Ar-
wie die Digitalisierung Gesundheit und Leistungs-
Verantwortung für Sicherheit und Gesundheits-
Ansätze betrieblicher Gesundheitsleistungen.
beitssicherheit, Sicherheit im Betrieb und Corpo-
fähigkeit beeinflusst. Teilnahme nur auf Einladung.
schutz im Unternehmen.
rate Health.
Veranstalter: Bauerfeind, MedicalContact
Veranstalter: DGUV
Zeit und Ort: 06.10., Station Lounge,
Zeit und Ort: 28.09.2016, Maternushaus, Köln
Kontakt: Dr. Markus Kohn
Veranstalter: FRANKFURT BUSINESS MEDIA, ias
Veranstalter: HINTE GmbH
Group, 3DSE
Frankfurt am Main
Zeit und Ort: 11.–13.10., Messegelände, Hamburg
Zeit und Ort: 20.10., Pagode der F.A.Z., Frankfurt/M.
Kontakt: Christian Weyer
Kontakt: Elvira Freier
Kontakt: Roxana Itner
Telefon: +49 2241 231-1329
Telefon: +49 36628 662536
Telefon: +49 721 93133-720
Telefon: +49 69 7591-3091
E-Mail: [email protected]
E-Mail: [email protected]
E-Mail: [email protected]
E-Mail: [email protected]
© mizar_21984/iStock/Thinkstock/Getty Images
27 // Partner
Ausgabe 3 – August 2016
Strategische Partner:
Astrid Funken
Marketing und Vertrieb
Öffentlichkeitsarbeit und
Kommunikation
BARMER GEK Hauptverwal­
tung, Lichtscheider Straße 89,
42285 Wuppertal
[email protected]
Christian Weyer
Bereichsleiter Betriebliches
Gesundheitsmanagement
Bauerfeind AG,
Triebeser Straße 16,
07937 Zeulenroda-Triebes
[email protected]
Eike Jeske
Unternehmenskommuni­
kation und Marketing
BG Kliniken – Klinikverbund
der gesetzlichen Unfallversicherung gGmbH,
Mittelstraße 51,
10117 Berlin
[email protected]
Juliane Barth
Vorstand und Leiterin des
Beratungszentrums
Corrente AG,
Strandstraße 14,
24159 Kiel
[email protected]
Dr. Peter Wrogemann
Vorstandsvorsitzender
Dr. Ingo Weinreich
Geschäftsführer
Ruth Wagner
Leiterin Bereich Prävention
Dr. Hansjörg Becker
Geschäftsführer
ias Aktiengesellschaft,
Askanischer Platz 1,
10963 Berlin
IfG GmbH – Institut für
Gesundheit und Management,
Ferdinand-Rhode-Straße 3,
04107 Leipzig
IKK classic,
Schlachthofstraße 3,
71636 Ludwigsburg
INSITE-Interventions GmbH,
Clemensstraße 10–12,
60487 Frankfurt am Main
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Kooperationspartner:
Prof. Dr. med. Dietrich
Baumgart
Leiter
Preventicum – Zentrum für
Individualisierte Medizin,
Theodor-Althoff-Straße 47,
45133 Essen
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Direktor Kommunikation
SRH Holding (SdbR),
Bonhoefferstraße 1,
69123 Heidelberg
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Dr. med. Ulrike
Hein-Rusinek
Leitende Betriebsärztin
E.ON SE
Redaktion ASU, Alfons W.
Gentner Verlag GmbH & Co.
KG, Forststraße 131,
70193 Stuttgart
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28 // Partner
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Strategische Partner:
Impressum
Verantwortlicher Redakteur:
Dr. Guido Birkner
Telefon: 069 7591-3251
E-Mail: [email protected]
Internet: www.gesundheitsmanager-magazin.de
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FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag
Geschäftsführung: Dr. André Hülsbömer, Hannes Ludwig
Frankenallee 68–72, 60327 Frankfurt am Main
HRB Nr. 53454, Amtsgericht Frankfurt am Main
Telefon: 06031 7386-0 / Fax: 06031 7386-20
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Dorothee Groove, Objektleitung GesundheitsManager
Telefon: 069 7591-3217
E-Mail: [email protected]
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(Februar, Mai, August, November)
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Sandra Reich
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der gesetzlichen Unfallversicherung gGmbH, Corrente AG, ias
Aktiengesellschaft, IfG GmbH – Institut für Gesundheit und
Management, IKK classic, INSITE-Interventions GmbH, Preventicum Interdisziplinäre Praxisklinik, SRH Holding
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