Deutsches und Europäisches Privatversicherungsrecht Grundzüge des Rechts der Berufsunfähigkeitsversicherung Von Prof. Dr. Roland Rixecker 1 Recht der Berufsunfähigkeitsversicherung Absicherung der gesundheitlichen Folgen des beruflichen Statusverlustes Tatbestandsmerkmal 1: Letzter in gesunden Tagen ausgeübter konkreter Beruf Tatbestandsmerkmal 2: Gesundheitliche Verhinderung der Fortführung Tatbestandsmerkmal 3: Kausalität („infolge“ der gesundheitlichen Beeinträchtigung eintretende Hinderung an der beruflichen Tätigkeit: Einfluss wertender Faktoren) 2 Berufe? „Traditionelle chinesische Medizin“ OLG Saarbrücken 14.01.2004 5 U 137/03 OLGR 2004,263 VN macht nach einem Verkehrsunfall, bei dem Sie ein HWSSchleudertrauma erlitten hat, Ansprüche auf eine Berufsunfähigkeitsrente geltend. Vor dem Verkehrsunfall leitete sie ein „Institut für traditionelle chinesische Medizin“. Dabei war sie allerdings nur von Zeit zu Zeit an Wochenenden für einige Stunden gegen Entgelt tätig. Weitere Einnahmen erzielte sie nicht. Berufe können auch außergewöhnliche und geringfügige Beschäftigungen sein, wenn ihre Ausübung zum Lebensunterhalt beitragen soll. 3 Vielfalt von Berufen Maßgebend: Letzte (in gesunden Tagen) konkret ausgeübte Tätigkeit! (Nicht: Bezeichnung in der Police + nicht: Berufsbild) Schwarzarbeit? Mehrere Tätigkeiten sind ein Beruf! Hausarbeit? Vermögensverwaltung? 4 Beruf: Auszubildende „Eine auszubildende Kreissekretärin“ BGH 24.02.2010 – IV ZR 119/09 - VersR 2010, 619 VN, in Ausbildung zur Kreissekretärin, ist seit 1.9.2000 BUversichert. 2001 erlitt sie Gehirnblutungen. Am 18.7.2002 erkannte VR BU ab 1.11.2001 an. VN setzte die Ausbildung mit Unterbrechungen fort und schloss sie 9/04 ab. Als Auszubildende war sie 6 Stunden täglich tätig, Seit 1.10.2004 arbeitet sie als Sachbearbeiterin 19,25 Std. (reguläre Arbeitszeit 41 Std.). VR stellt Leistungen ein: VN könnte als Auszubildende 6 Stunden täglich arbeiten. VN: Sie könne jedenfalls nicht mehr als teilschichtig als Kreissekretärin arbeiten. Berufsunfähig ist nicht nur der, der die Ausbildung nicht fortsetzen kann, sondern auch der, der den Ausbildungsberuf nicht in bedingungsgemäßem Maße ausüben können wird. 5 Hausarbeit als Beruf. Komplexe Berufe „Eine Hausfrau und Fingernagelstylistin“ OLG Saarbrücken 26.02.2014 – 5 U 248/12 – juris VN war von 1973 bis 2001 bei verschiedenen Arbeitgebern als kaufmännische Angestellte und Sekretärin, zuletzt im Unternehmen ihres Ehemanns, tätig. Nach zwei Bandscheibenvorfällen orientierte sie sich aus gesundheitlichen Gründen um, arbeitete seither rund drei Stunden wöchentlich als Fingernagelstylistin und führte im Übrigen alle anfallenden Arbeiten im ehelichen Haushalt, Staub saugen, Wäsche waschen, Geschirr spülen etc. (wöchentlich 24 ½ Stunden) aus. Dann verschlechterte sich ihre gesundheitliche Lage ab 2011. Beruf kann auch die Hausarbeit sein, wenn sie als Beitrag eines Partners nicht nur zur privaten Lebensführung, sondern zur Erwirtschaftung des Lebensunterhalts dienen soll. 6 Sonderproblem: „Mitarbeitende Betriebsinhaber“ „Rettungssanitäter als Telefonisten“ BGH 12.06.1996 – IV ZR 117/95 – r+s 1997, 35 VN war ausgebildeter Krankenpfleger und Alleingesellschafter und mitarbeitender eines Unternehmens, das Rettungsfahrten, Kranken- und Behindertentransporte sowie Taxidienste ausführte. VN beschäftigte mehrere Arbeitskräfte im Transportdienst und mehrere Arbeitskräfte im Rettungs- und Taxidienst. Aufgrund von Erkrankungen der Wirbelsäule ist es ihm weit überwiegend nicht mehr möglich, die von ihm bislang ausgeführten Rettungstransporte zu übernehmen. Er beschränkt sich auf verwaltende Tätigkeit, vor allem als Telefonist. 7 Sonderproblem: Mitarbeitende Betriebsinhaber Letzter (ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgeübter) Beruf: Selbständige, Inhaber des Direktionsrechts, mitarbeitende Betriebsinhaber: Zum „Beruf“ zählt die Befugnis, den Beruf zu konkretisieren! Also: Darlegung - dass die letzte konkrete berufliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann (in bedingungsgemäßem Maße) - dass eine Möglichkeit der Umorganisation nicht besteht - dass eine Umorganisation statusmäßig oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist! 8 Zurechnungsfragen „Ein Fahrlehrer mit Rückenschmerzen“ OLG Saarbrücken 23.07.2004 – 5 U 568/03 – VersR 2005,63 VN, 35 Jahre alt, war zuletzt als angestellter Fahrlehrer beschäftigt und unterrichtete nur von einer Mittagspause unterbrochen zwischen 8 Uhr und 22 Uhr im Fahrschulwagen sitzend. Wegen Wirbelsäulenbeschwerden („nicht viel von Krankheitswert“) scheidet er aus diesem Beruf aus. Die Beschwerden wären einer krankengymnastischen Behandlung gut zugänglich und könnten durch Pausen zwischen den einzelnen Fahrstunden vermieden werden. 9 Berufsunfähigkeit „durch“ gesundheitliche Beeinträchtigungen „Ein Studienrat mit halbseitigem Gesichtsfeldausfall“ BGH 11.2010 – IV ZR 208/99 – VersR 2001, 89 Der VN, ein Studienrat für Mathematik und Informatik, litt nach einem Verkehrsunfall an einem halbseitigen Gesichtsfeldausfall auf beiden Augen. Sein Unterrichtspensum wurde nach Anerkennung eines Grades der Schwerbehinderung von 70 % von 24 auf 19 Stunden. Er fürchtet, dass seine weitere Tätigkeit zu einer Verschlechterung seiner Sehfähigkeit führen, benötigt zur Fortführung einen Bild Monitor, kann die Aufsicht bei Klassenarbeiten und in Pausen nicht mehr führen und bedarf zur Besorgung von Unterrichtsmaterialien und den Arbeitsweg der Hilfe von Kollegen und seiner Ehefrau. 10 Gesundheitliche funktionelle Beeinträchtigungen der Berufsausübung Feststellung der funktionellen gesundheitlichen Einschränkungen Feststellung ihres Maßes / Gewichts Feststellung ihrer Kausalität? (Keine Obliegenheiten, sich in medizinische Behandlung zu begeben!) (Keine „Obliegenheit“, Raubbau an der Gesundheit zu begehen) (Keine Obliegenheit, Hilfen und das Wohlwollen anderer in Anspruch zu nehmen). 11 Verweisungsmöglichkeiten Gesetz erlaubt weitere Voraussetzungen des Versicherungsfalls! Unterscheidung zwischen abstrakter / konkreter / beschränkter konkreter Verweisung! Darlegungslasten (Aufzeigelast VR! Beweislast VN!) Maßgeblichkeit des Zeitpunkts: Behaupteter Zeitpunkt des Versicherungsfalls! Entfallende Fähigkeiten? Hinzugewonnene Fähigkeiten? Maßgeblich des qualitativen Status! Maßgeblich der ökonomischen Zumutbarkeit! 12 Verweisung von einer abhängigen auf eine selbständige Tätigkeit „Der Frauenarzt, der einen Frauenarzt nicht für einen Frauenarzt hielt“ OLG Saarbrücken 31.01.1996 – 5 U 374/95 – NJW-RR 1997, 791 Der VN beanspruchte Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Er ist von Beruf Facharzt für Frauenheilkunde. Seit Februar 1985 war er ständiger Vertreter des Chefarztes einer bedeutenden Frauenklinik. Wegen einer Latexallergie, einer Allergie gegen aggressive Desinfektionsmittel und eines Wirbelsäulenleidens musste er diese Tätigkeit aufgeben und ist seither als niedergelassener Gynäkologe in einer Praxis tätig. Seine Einkünfte sind höher als bisher. Er hält sich für berufsunfähig. 13 Verweisungsprobleme Versicherungsverträge kennen unterschiedliche Klauseln Abstrakte Verweisung setzt voraus: VR zeigt einen Vergleichsberuf auf! VN kann nicht beweisen, dass er ihn aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben kann oder dass er ihm nicht zumutbar ist! Konkrete Verweisung setzt voraus: Ausgeübter Beruf ist dem VN zumutbar (= wahrt seine Lebensstellung) Primärer Qualifikationsvergleich (Vergleich der Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen) Sekundärer Statusvergleich (Keine ins Gewicht fallende Verminderung des Einkommens, Wahrung der Lebensstellung). 14 Verweisung und Einarbeitung oder Fortbildung „Eine verwaltungserfahrene LKW-Fahrerin OLG Saarbrücken 29.10.2008 5 U 124/07 juris VN war als LKW-Fahrerin im Güternahverkehr tätig. Das kann sie aufgrund von krankhaften Veränderungen der Knie nicht mehr fortführen.VN (Anfang 40) war vor fünfzehn Jahren als Verwaltungsfachangestellte tätig gewesen. Darauf verweist sie VR.VN verweist auf den technischen Fortschritt in Verwaltungen. Sie verfügt über keine – auch keine privaten – PC Kenntnisse. Sie hat damals lediglich mit Schreibmaschine gearbeitet und Formulare ausgefüllt. Berufskundlicher SV: Verwaltungen stellen Berufsrückkehrerinnen ein. Die Einarbeitungszeit (inhouseSchulungen) beträgt 3-6 Monate. 15 Sekundärer Statusvergleich: Wirtschaftliche Zumutbarkeit „Der Flugbegleiter als Altenpfleger“ OLG Saarbrücken 31.05.2006 5 U 605/05 OLGR 2006, 902 [BGH Beschl. v. 30.01.2008 IV ZR 174/06 (Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde)] VN, ausgebildeter Altenpfleger, verdient als Flugbegleiter netto 1633 € abzüglich pauschaler Aufwandsentschädigungen. Wegen einer HIV-Infektion ist er dort berufsunfähig. Er ist als stellvertretender Bereichsleiter im Pflegedienst beschäftigt und erzielt ein Nettoeinkommen von zunächst 1417 € und alsbald 1518 €. VN macht – unter anderem – geltend, bei dem Vergleich der Einkommen hätte berücksichtigt werden müssen, dass er als Flugbegleiter Gehaltssteigerungen zu erwarten hatte 16 Wirtschaftliche Zumutbarkeit Der Verweisungsberuf muss • in wirtschaftlicher Hinsicht der bisherigen Lebensstellung entsprechen (das von der versicherten Person in einem Verweisungsberuf erzielte oder erzielbare Einkommen darf also nicht signifikant unter dem früheren Einkommen liegen) • darüber hinaus, weil das Gesetz und weil die AVB auf die Lebensstellung abstellen, bei wertender Betrachtung weitere Anforderungen erfüllen (Dabei kann es auf Aufstiegschancen, Ansehen, Mobilität ankommen). 17 Probleme des Anerkenntnisses Bedeutung des § 173 VVG: Anerkenntnis als bindende Regulierungserklärung! Verpflichtung zur Abgabe eines Anerkenntnisses! Befugnis zur Begrenzung (zeitlichen Befristung) der Erklärung! Rechtsfolgen des Anerkenntnisses : Notwendigkeit eines Nachprüfungsverfahrens mit „Umkehr der Beweislast“! Abgrenzungen: Kulanz / Anerkenntnis / Außervertragliche Vereinbarung 18 Anerkenntnis, Kulanz, außervertragliche Vereinbarungen und die rechtlichen Folgen! „Krabbenfischer, Traumprinzen von Versicherungssachbearbeiterinnen und das Problem, nicht in die Zukunft sehen zu können“ BGH 07.02.2007 IV ZR 244/03 VersR 2007,633 (Krabbenfischer) VN, ein Krabbenfischer mit Kapitänspatent, ist – unstreitig – seit 1995 in seinem alten Beruf berufsunfähig und arbeitet jetzt (1999, nach einer Umschulung zum Einzelhandelskaufmann) im elterlichen Fischhandel. Die meisten seiner BUVerträge enthalten keine Befristungserlaubnis und keine Befugnis zur Nachprüfung unter Berücksichtigung neuer Kenntnisse und Fähigkeiten. BGH 28.2.2007 IV ZR 46/06 VersR 2007, 777 (Versicherungssachbearbeiterin) VN ist Versicherungssachbearbeiterin. 09/99 zeigt sie wegen depressiver Entwicklungen eine BU an. Hintergrund ist, dass sie einen „Traumprinzen“ als Gefährten suchte, meinte ihn gefunden zu haben und sodann erkennt, dass dessen Mutter (wie auch er) alkoholkrank ist. 05/00 kehrt sie halbtags auf ihren Arbeitsplatz zurück. Daraufhin schließt VR eine 1. Vereinbarung über die Gewährung von Leistungen bis 07/00. In der folgenden Zeit arbeitet VN halbtags, dann vollschichtig, dann scheidet sie 09/01 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Es kommt zwischen 08/00 und 08/02 zu 4 weiteren aufeinander folgenden befristeten Leistungsvereinbarungen. Später stellte ein SV fest, dass VN phasenweise berufsunfähig war. Es ergeben sich Beweisschwierigkeiten. 19 Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Anerkenntnisses und seiner Verweigerung Anerkenntnis i.S.v. § 173 ≠ Anerkenntnis i.S.v. § 781 BGB Anerkenntnis ist gesetzliche/vertragsrechtliche Konstruktion mit vertragsgemäßen Bindungswirkungen! VR trifft Pflicht zum Anerkenntnis. Verletzung der Pflicht löst Schadensersatzansprüche aus! VR darf sich seiner Pflicht zum Anerkenntnis nicht dadurch entziehen, dass er seine Verhandlungsmacht ausnutzt! 20 Generalisierung des Problems VR ist zum AE verpflichtet, VR bietet „außervertragliche Vereinbarung“ an! ▼ VR entzieht sich seinen vertraglichen Verpflichtungen ▼ Verletzung des § 242 BGB bei Ausnutzung der überlegenen Verhandlungsmacht des VR (Wissen/ Angewiesenheit) ▼ VR muss Nachteile (auch beweisrechtliche) Nachteile ausgleichen, wenn er treuwidrig / pflichtwidrig kein AE abgegeben hat. 21 Probleme des befristeten Anerkenntnisses „Eine depressive Spielwarenverkäuferin“ OLG Saarbrücken 29.04.2015 5 U 67/14 VN war Spielwarenverkäuferin. Ab 07.01.2011 war sie arbeitsunfähig krank geschrieben und machte am 07.06.2011 Leistungen aus ihrer BU-V geltend. VN übersandte in der Folge Atteste, die eine Depression bestätigten, jedoch Arbeitsfähigkeit ab 01.09. in Aussicht stellten, sowie ein für die Bundesagentur für Arbeit erstelltes umfassendes Gutachten vom September 2011, das eine stark verminderte Leistungsfähigkeit für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten prognostizierte. Daraufhin vereinbarte VR mit VN – statt eine von ihm für erforderlich gehaltene Untersuchung zu veranlassen – bis zum 31.12.2011 befristete Leistungen. Die danach erfolgten ärztlichen Untersuchungen ergaben, dass VN 2010/2011 aufgrund einer Depression berufsunfähig war, nach stationären Behandlungen ab 01.01.2012 jedoch nicht mehr. VR verweigerte daher ab Januar 2012 weitere Leistungen. VN verklagte VR daraufhin auf Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente ab Januar 2012 bis Vertragsende. Mit einem im Rahmen der vorprozessualen Korrespondenz gefertigten Schreiben des VR vom 11.07.2012 erläuterte er VN, dass keine weiteren Leistungen über den Dezember 2011 hinaus erfolgten, weil eine berufliche Einschränkung nur bis zur Entlassung der VN aus der Klinik im Dezember 2011 anzunehmen sei. 22 Nachprüfung Ungewöhnliche Möglichkeiten, das Fortbestehen eines Versicherungsfalls nachprüfen zu dürfen! Obliegenheiten des VN, die Nachprüfung zu ermöglichen (Untersuchungsobliegenheiten)! Korrespondierende Pflichten des VR, dem VN die Überprüfung der Nachprüfungsentscheidung zu erlauben! Darlegungslasten (Vergleichsbetrachtung) Beweislasten (Nachweis der relevanten Verbesserung des gesundheitlichen Zustands) 23 Das Lazarus-Syndrom der Berufsunfähigkeitsversicherung „Das Lazarus-Syndrom der Berufsunfähigkeitsversicherung ein Profihandballspieler wird Wirtschaftsingenieur“ OLG Köln 22.7.2011 20 U 127/10 r+s 2012, 452 VN hat mit Beginn seiner Tätigkeit als Profihandballspieler eine BU-Versicherung (Laufzeit bis zum 35.Lebensjahr) abgeschlossen. Aufgrund einer Sportverletzung ist er berufsunfähig, was VR 2002 anerkennt. 2008 führt VR die Nachprüfung durch, stellt fest, dass VN nach Abschluss seines neben der Sportausübung begonnenen Studiums Projektleiter als Wirtschaftsingenieur ist. Daraufhin stellt sie die Leistungen ein mit der Begründung, VN sei schon als Profihandballer zugleich Student gewesen und in dieser Tätigkeit nicht berufsunfähig geworden, VN habe nunmehr einen Beruf aufgenommen, der eine vergleichbare Lebensstellung gewährleiste. 24 Gegenstand und Umfang der Nachprüfung 1.Begründungsansatz: Anerkenntnis beruht auf der Annahme von BU im Beruf Profihandballer; VR darf sich nicht nachträglich auf das von VN betriebene Studium berufen. 2.Begründungsansatz: Vergleichbarkeit der Lebensstellung a.Prominenz als Profisportler? b.Verdienst 2300 € (als Profisportler) gegenüber 2043 € (als Wirtschaftsingenieur? Aber: 44 Arbeitsstunden als Profisportler ./. 150 Arbeitsstunden als Wirtschaftsingenieur Keine Relevanz der zeitlichen Begrenzung des Profisportlereinkommens (Auslegung des Vertrages!) 25 Nachprüfung OLG Saarbrücken 25.02.2015 5 U 31/14 n.v. VN war beamteter Betriebsprüfer. Nach ehelichen und beruflichen Konflikten entwickelte er eine depressive Störung und wurde 2006 als dienstunfähig in den Ruhestand versetzt. Nach einer ärztlichen Begutachtung erkannte VR seine Leistungspflicht an. 2011 nahm VR eine Nachprüfung vor. Ein GA kam zu dem Ergebnis, VN sei in seiner Leistungsfähigkeit nicht nachweislich eingeschränkt. Die Darstellung seiner Beschwerden sei nicht valide. Daraufhin stellte VR seine Leistungen unter Bezugnahme auf das frühere und das jetzige GA ein, weil die dem AE zugrunde liegenden kognitiven Beeinträchtigungen nicht mehr „vollbewiesen nachweisbar“ seien. Die gerichtliche SV bestätigte die jetzige Leistungsfähigkeit des VN und erklärte, sie könne nicht ausschließen, dass sie VN auch 2006 für leistungsfähig gehalten hätte, hätte sie ihn untersucht. Formelle Anforderungen an die Nachprüfung Einwände VN: Einstellungsmitteilung belehrt VN nicht, wie in AVB vorgesehen, über Klagemöglichkeit und Klagefrist! (Das ist auch nicht erforderlich!) Einstellungsmitteilung lässt nicht erkennen, worin die nachweisbare Besserung des Zustands liegen soll! Erforderlich: Nachvollziehbar begründete gesundheitliche Damals-Jetzt-Betrachtung! Gutachtenüberlassung! Nicht erforderlich: Richtigkeit der Vergleichsbetrachtung! Zutreffen der Beweislastannahmen! Materielle Voraussetzungen der Nachprüfung Wegfall der Voraussetzungen des Versicherungsfalls! Einwand VN: VR muss beweisen, dass zum Zeitpunkt des AE Berufsunfähigkeit vorlag! Keine Korrektur fehlerhafter Entscheidungen des VR durch Nachprüfung! In der Tat: VR muss – an sich – den „Wegfall“ von BU behaupten, damit also auch ihr früheres Vorliegen. Vom VN wird nicht verlangt zu bestreiten, dass er je berufsunfähig gewesen sei oder sich gar zu bezichtigen, Beschwerden vorgetäuscht zu haben! VN trifft aber in Fällen psychischer Leiden eine Art sekundäre Darlegungslast: Aufzeigen konkreter Zweifel an dem früheren GA! Materielle Voraussetzungen der Nachprüfung Einwand des VN: „Natürlich geht es mir besser, seit ich nicht mehr arbeite und geschieden bin, das würde sich ändern wenn ich wieder arbeite und…“ Die bloße Möglichkeit erneuter Verschlechterungen des gesundheitlichen Zustands ist unerheblich! (Anders: Voraussehbare medizinisch nachweisbare Auslösung funktioneller Einbußen bei Wiederaufnahme der Arbeit!) Materielle Voraussetzungen der Nachprüfung Einwand VN: Infolge meiner Krankheit bin ich in den Ruhestand versetzt worden! Das kann (!) ein begründeter Einwand sein, wenn der Verlust des letzten konkreten Berufs dadurch weiterhin auf der Erkrankung beruht! (Also nicht, wenn nach Wegfall der Krankheit die frühere Tätigkeit wieder ausgeübt werden kann!)
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