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Risikokennzahlen auf dem Prüfstand, Teil 6
Die meisten Risikomaße konzentrieren sich auf Rendite und Volatilität eines Wertpapiers. Eigenschaften
wie die Schiefe der Gewinn- und Verlustchancen sowie die Bedeutung seltener Ausreißer werden dabei
nicht wirklich erfasst. Die Omega Ratio ist eine innovative und simple Kennzahl, welche sich dieses
Problems annimmt und ohne großartige Modellannahmen auskommt.
Die bekannten Kennzahlen Sharpe Ratio, Volatilität, Alpha, Beta oder Korrelation berücksichtigen
konstruktionsbedingt nur Durchschnittsrenditen und Standardabweichungen von Wertpapierrenditen.
Die Komplexität der Finanzmärkte lässt sich durch diese sparsame Dimensionierung dabei nur
unzureichend darstellen.
Gleichzeitig erfordert die Messung und das Verwerten von Eigenschaften wie Renditeasymmetrien und
sogenannter Fat Tails ein umfangreicheres theoretisches Gerüst. Allerdings geht dieses in der Regel
mit Rechenaufwand und zusätzlichen Modellspezifikationen einher. Freunde der Generalisierung und
Skeptiker rein akademischer Ansätze werden hiermit nur selten glücklich.
Weshalb ist es überhaupt so wichtig, über Durchschnittrenditen und Standardabweichungen
hinauszugehen?
Die untenstehende Grafik illustriert das vorliegende Problem. Wertpapier A und Wertpapier B
unterscheiden sich ganz offensichtlich in ihrem Rendite- und Risikoprofil. Während die Tagesrenditen
von Wertpapier A um einen Mittelwert schwanken, realisieren sich Wertänderungen für Wertpapier B
entweder um den Bereich von minus 1 oder plus 2 Prozent.
Ein solches Verhalten könnte man von einem Derivate-Portfolio erwarten. Nun kommt die Krux: Beide
Wertpapiere haben die gleiche Durchschnittsrendite und Volatilität und damit beide auch eine identische
Sharpe Ratio.
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Eine ähnliche Grafik zeigten die Wissenschaftler Con Keating und William Shadwick Anfang 2002 bei
der Präsentation der von ihnen erarbeiteten Omega Ratio. Diese Ratio geht einen anderen Weg und
setzt die Renditen über einem bestimmten Wert (in der Regel null) in ein Verhältnis zu den Renditen
unter diesem Schwellwert.
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Hierbei geht es nicht nur um die schiere Anzahl dieser Punkte, sondern auch um deren Ausprägung. So
wird ein absoluter Gewinn oder Verlust mit seiner historischen Häufigkeit verrechnet und dann entweder
in den Zähler (Gewinn) oder Nenner (Verlust) gesteckt.
Am Ende ist dieses Vorgehen nichts anderes als eine Renditeverteilung in der Mitte zu teilen und die
positive Seite durch die negative zu teilen. Ist die linke Seite also entweder durch Häufigkeit oder
extreme Höhe von Verlusten überproportional groß, fällt die Omega Ratio unter 1. Überwiegen
allerdings die Gewinnchancen auf der rechten Seite, steigt die Kennzahl an.
Da die Ratio direkt aus der empirischen Verteilung errechnet wird, enthält sie auf natürliche Art und
Weise Informationen zu Schiefe sowie den Fat Tails und hört nicht bei der Standardabweichung auf.
Wie lässt sich diese Eigenschaft messen oder darstellen?
Zunächst gilt es dabei ein Maß für Asymmetrie und Tail-Risiken zu finden. In der Statistik greift man
hierbei häufig auf sogenannte „Momente“ zurück. Etwas salopp ausgedrückt kann man sagen, dass
die Summe der Renditen mit dem ersten Moment korrespondiert, die Summe der quadrierten Renditen
mit dem zweiten Moment, die Summe der Renditen hoch drei mit dem dritten Moment und die Summe
der Renditen hoch vier mit dem vierten Moment.
Interessanterweise hängen diese Momente sehr stark mit den von uns gesuchten Eigenschaften
zusammen. So ist die Summe der Renditen (1. Moment) nichts anderes als unser erwarteter Gewinn
und damit die Basis der Durchschnittsrendite. Die Summe der quadrierten Renditen (2. Moment) ist die
Grundlage der Volatilität. Auf dieselbe Art und Weise gibt es ein Verhältnis zwischen Schiefe und
drittem Moment sowie der Ausprägung der Verteilungsenden (Tails) und viertem Moment.
Jetzt gilt es zu prüfen, ob die Omega Ratio dem Investor eine Indikation zur relativen Attraktivität einer
Anlage geben und dabei all diese Eigenschaften berücksichtigen kann.
Die untenstehende Grafik zeigt die Ratio für den Euro Stoxx 50 Aktienindex im Vergleich zu den
statistischen Momenten auf Basis der Tagesrenditen. Der Schwellwert der Omega Ratio ist hierbei eine
Rendite von 0 Prozent und sowohl die Momente (hier als Summe der Renditen hoch X) als auch die
Ratio sind jeweils auf Basis eines sechsmonatigen Fenstern berechnet worden.
Generell entsteht der Eindruck, dass hohe Werte der Ratio mit positiven kumulierten Renditen, niedriger
Volatilität, einem positiven Verhältnis von Gewinnen und Verlusten sowie geringeren Tail-Risiken
einhergehen. All diese Eigenschaften bietet diese Kennzahl ohne eine explizite Schätzung dieser
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Phänomene oder eine spezifische Verteilungsannahme.
Gleichzeitig sind Omega Ratio und Sharpe Ratio hoch korreliert. Nichtsdestotrotz ist dieser
Zusammenhang für extrem hohe Sharpe Ratio Werte schwächer. Hier spiegelt sich die Bedeutung
höherer Momente erneut wieder.
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Blinder Fleck der Omega Ratio
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es natürlich auch: Die Omega Ratio ist als Ergebnis einer Division
natürlich blind bei ansteigenden Tail-Risiken an beiden Enden der Verteilung. Nehmen extreme
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Gewinne und Verluste gleichermaßen zu, ändert sich die Zahl nicht. Dies entspricht jedoch nicht immer
dem Risikoempfinden des Investors.
Gleichzeitig ist die Ratio, im wahrsten Sinne des Wortes, immer nur eine Momentaufnahme historischer
Preisentwicklungen. Sie hat wie alle anderen Ratios sehr begrenzte Prognosekraft und ist daher in
erster Linie als alternative Bewertungsgrundlage von Finanzprodukten zu gebrauchen.
Nützliche Excel-Funktionen:
=ABS(X) -> Gibt den absoluten Wert (Betrag) einer Zahl wieder
=(SUMMEWENN(X:X;">"&$A$1;Y:Y))/(SUMMEWENN(X:X;"<="&$A$1;Y:Y)) -> Gibt die Omega Ratio
wieder; Dabei gilt: X:X ist eine Renditereihe; Y:Y ist der absolute Wert der Renditen in einer eigenen
Spalte (=ABS(X)); die Zelle A1 enthält den Schwellwert (zum Beispiel 0), welcher der Ratio zugrunde
liegt
Bisher erschienene Artikel der Serie:
Volatilität – Die Mutter aller Risikokennzahlen
Sharpe Ratio – Was sie aussagt, und was nicht
Korrelation – Lässt sie uns im Ernstfall im Stich?
Alpha & Beta – wie man Glück von Können unterscheidet
Value at Risk – wer nicht hinsieht, tappt in die Falle
Über den Autor:
Paul Skiba verantwortet beim Vermögensverwalter BPM – Berlin Portfolio Management die Bewertung
von Portfoliorisiken und Absicherungsstrategien. Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität
Mannheim und am University College Dublin sowie Finanzmathematik an der Cass Business School in
London.
Für Fragen und Anregungen steht Herr Skiba gerne zur Verfügung: www.berlin-pm.com
Dieser Artikel erschien am 29.07.2016 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/risikokennzahlen-auf-dem-pruefstand-teil-6-von-alpha-zu-omega--eine-simple-kennzahl-fuer-tail-risiken-146
9192680/
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