DIE WELT - Die Onleihe

MITTWOCH, 13. JULI 2016
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THEMEN
POLITIK
Große Analyse: So
schlecht steht es um
Deutschlands Brücken
Seite 8
POLITIK
In Aleppo sind 300.000
Menschen eingekesselt
Seite 6
WIRTSCHAFT
Chinesischer
Hausgeräte-Riese
Haier erobert Europa
Seite 12
WISSEN
Gentest-Pflicht
für Brustkrebs?
Seite 20
AP/LUIGI COSTANTINI; DPA/HENNING KAISER
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Ab in den Hafen
Genau genommen gab es diese Hochzeit in Venedig gar nicht. Denn während Promi-Ereignisse dieser Art üblicherweise in den sozialen Medien rauf und runter laufen, gab es von Bastian Schweinsteiger und Tennisstar Ana Ivanovic zunächst keine Hinweise – weder bei Twitter noch bei Instagram oder Facebook. Auch
Schweinsteigers Management und die Stadtverwaltung von Venedig erklärten,
dass sie nichts sagen. Wer sich äußert, sind die Kritiker des 31-Jährigen – die Forderungen nach seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft werden lauter. Dann
hätte er zumindest mehr Zeit für seine Gattin.
Seite 19
Vizekanzler Gabriel blamiert
sich bei Supermarkt-Fusion
S
Oberlandesgericht Düsseldorf erklärt Sondererlaubnis zur Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch
Edeka für rechtswidrig. Union, Grüne und FDP sprechen von schwerer Niederlage des Wirtschaftsministers
ie war von Anfang an umstritten, nun hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Ministererlaubnis für die Übernahme der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann durch Edeka vorläufig
gestoppt. Das Gericht stufte die Sondergenehmigung in einem Eilverfahren als
rechtswidrig ein – unter anderem wegen
möglicher Befangenheit von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).
Die von Gabriel erteilte Ministererlaubnis erweise sich „schon nach einer vorläufigen Prüfung im Eilverfahren als rechtswidrig“, teilte das Gericht mit. Sie sei deshalb „zunächst außer Kraft gesetzt“ worden: „Es bestehen ernstliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Erlaubnisentscheidung.“
Als einen Grund führten die Richter an,
dass Gabriel befangen gewesen sein könnte. So habe er „geheime Gespräche“ mit
Edeka-Chef Markus Mosa und Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub geführt.
Dies habe sich erst nach einer Anforderung von Akten beim Ministerium heraus-
gestellt. Der Inhalt sei „nicht aktenkundig“ gemacht worden. Die Gespräche hätten zudem „ohne Kenntnis und unter Ausschluss“ der weiteren Beteiligen – wie des
Konkurrenten Rewe – stattgefunden. Au-
ßerdem stelle der Erhalt der Arbeitnehmerrechte bei Kaiser’s Tengelmann keinen
Gemeinwohlbelang dar, so das Gericht.
Auch die Argumentation des Ministers,
mit Auflagen die rund 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann zu sichern,
wurde von den Richtern angezweifelt.
Mit Genugtuung haben Politiker von
Union, Grünen und FDP die Entscheidung begrüßt. Dies sei ein „Super-GAU“
für Gabriel, erklärte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion im
Bundestag, Joachim Pfeiffer. Wenn die
Tatsachenfeststellung des Oberlandesgerichts stimme, wäre Gabriels Sondererlaubnis „einfach nur dreist“, sagte die
wettbewerbspolitische Sprecherin der
Grünen, Katharina Dröge, der „Welt“.
FDP-Chef Christian Lindner sprach von
einer „einmalig schweren Niederlage“.
Das Gericht zwinge die „völlig orientierungslose Politik des Wirtschaftsministers zurück auf den Weg der Marktwirtschaft“. Die Ministererlaubnis „hätte zu
weniger Wettbewerb, weniger Auswahl
und steigenden Preisen geführt – und war
Die größten
Lebensmittelketten
In Deutschland, Umsatz „Food/
Lebensmittel“ im Inland 2015:
1. Edeka-Gruppe (inkl. Netto):
48,274 Mrd. Euro
2. Rewe-Gruppe (inkl. Penny):
28,569 Mrd. Euro (geschätzt)
3. Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland):
28,048 Mrd. Euro (geschätzt)
4. Aldi-Gruppe: 22,794 Mrd. Euro
(geschätzt)
5. Metro-Gruppe (Real, Metro):
10,271 Mrd. Euro (geschätzt)
13. Tengelmann-Gruppe (Kaiser's
Tengelmann): 1,872 Mrd. Euro
(geschätzt)
somit gegen die Interessen der Verbraucher“, sagte Lindner.
Das Wirtschaftsministerium wies den
Vorwurf der Befangenheit zurück. Die
Gespräche mit Mosa und Haub seien zudem „im Rahmen eines solchen Verfahrens üblich, möglich und zulässig“. Es sei
zudem nicht nachvollziehbar, dass Arbeitnehmerrechte vom Gericht nicht als
Gemeinwohlgrund angesehen würden.
Schließlich gehe es um die Existenz von
vielen Tausenden Beschäftigten. Bei Tengelmann sorgte die Entscheidung für
„große Bestürzung“. Konzernchef KarlErivan Haub hatte mehrfach damit gedroht, dass bei einer Einzelabwicklung
Tausende Jobs verloren gehen könnten.
Das Geschäft war ursprünglich vom
Bundeskartellamt untersagt worden.
Auch die Monopolkommission hatte sich
dagegen ausgesprochen, ihr Chef Daniel
Zimmer war im April aus Protest zurückgetreten. Gabriel erließ dennoch eine
Sondergenehmigung und machte mehrere Auflagen für die Übernahme.
Siehe Kommentar, Seite 9
Alles
verloren
MARTIN GREIVE
as Bundeswirtschaftsministerium darf nicht nur das
ordnungspolitische Gewissen der Bundesregierung sein. Es darf
nicht nur am Spielfeldrand stehen
und darüber wachen, dass die anderen Häuser keinen Unsinn treiben. Es
muss selbst wirtschaftspolitischer
Akteur sein. So hat Sigmar Gabriel
seine Aufgabe umrissen, als er 2013
als Wirtschaftsminister antrat.
In dieses Amtsverständnis passte
die Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann
durch Edeka. Rhetorisch gibt Gabriel
gern den „roten Erhard“. In der Praxis war die Erlaubnis für die Elefantenhochzeit ein Verrat am Erbe des
legendären
Wirtschaftsministers.
Gabriel stellte sich nicht nur gegen
das Votum seiner Regierungsberater
und griff auf fragwürdige Weise in
den Lebensmittelmarkt ein. Er tat es
auch noch mit der wackeligen Begründung, der Erhalt von Arbeitnehmerrechten sei ein Gemeinwohlgrund, der einen solchen Eingriff
rechtfertige.
Gabriel wischte alle Bedenken zur
Seite, weil er als Retter von 16.000
Jobs in Erscheinung treten wollte. Er
argumentierte, die konkreten Belange von Arbeitnehmern seien wichtiger als abstrakte ordnungspolitische
Grundsätze. Er verhielt sich wie ein
französischer Wirtschaftsminister –
denn jenseits des Rheins hat Industriepolitik immer Vorrang vor Ordnungspolitik. Nun ist Gabriel genau
diese Strategie zum Verhängnis geworden. Das Urteil des Oberlandesgerichts, die Ministererlaubnis vorläufig außer Kraft zu setzen, wird in
die deutsche Wirtschaftsgeschichte
eingehen – und einen blamierten
Wirtschaftsminister zurücklassen.
Dass ein Gericht eine Ministererlaubnis einkassiert, weil der zuständige Minister möglicherweise befangen war, hat es so noch nicht gegeben. Auch wenn Gabriel den Vorwurf
zurückweist – ein fader Nachgeschmack wird bleiben. Gabriel ist
jetzt nicht nur als SPD-Chef angezählt, sondern muss auch als Wirtschaftsminister einen Rückschlag
einstecken. Und in der Sache wird er
am Ende wohl alles verlieren. Denn
jetzt droht wieder eine monatelange
Hängepartie. Die Leidtragenden sind
die Arbeitnehmer Tengelmanns, die
Gabriel eigentlich schützen wollte.
Der Wirtschaftsminister sollte aus
dem Fehlschlag Konsequenzen ziehen. Gerade liegt auf seinem Tisch
die Reform des Wettbewerbsrechts.
Gabriel hat damit die Chance, das Instrument Ministererlaubnis zu reformieren. Dafür müsste er aber den
Mut aufbringen, sein eigenes Amt zu
schwächen.
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Daumenlutschen und Nägelkauen sind gesund
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Nr. 162
KOMMENTAR
Zippert zappt
as Oberlandesgericht
Düsseldorf hat die Fusion von Edeka und Tengelmann/Kaiser’s gestoppt, obwohl eine Sondergenehmigung
von Sondergenehmigungsminister Sigmar Gabriel vorlag, oder
besser gesagt: weil eine Sondergenehmigung von Sigmar Gabriel
vorlag. Gegen diese außerordentliche Erlaubnis hatte der EdekaKonkurrent Rewe geklagt. Das
Oberlandesgericht beanstandete
vor allem, dass der Bundeswirtschaftsminister möglicherweise
befangen gewesen sein könnte.
Gabriel kauft bekanntlich gerne
und reichlich bei Edeka ein, aber
gönnt sich durchaus noch einen
Nachschlag bei Tengelmann oder
Kaiser‘s. Oder er startet den Tag
bei Tengelmann, um ihn bei Edeka gemütlich ausklingen zu lassen. Nach Auskunft seines Staatssekretärs schätzt er besonders,
dass sie dort Lebensmittel lieben.
Deshalb habe Gabriel in der entscheidenden Phase des Verfahrens geheime Gespräche mit
Vertretern von Edeka und Tengelmann geführt, mit dem Ziel,
beide Unternehmen rasch zusammenzuführen. Dadurch hätte
er viel Zeit beim Einkaufen sparen und sich intensiver um sein
Hobby, die Wirtschaftspolitik
kümmern können.
B
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D
Neuseeländische Forscher vermuten positiven Effekt gegen Allergien
aumenlutschen und Nägelkauen zählen nicht zu den
Angewohnheiten, die Eltern gerne bei ihren Kindern
sehen. Möglicherweise stärken sie aber die Gesundheit: Eine Langzeitstudie neuseeländischer Wissenschaftler
deutet darauf hin, dass Daumenlutscher und Nägelkauer deutlich besser gegen Allergien abgehärtet sind als Menschen, die
sich solche Angewohnheiten im Kindesalter verkneifen. Die
Studie wurde im US-Fachblatt „Pediatrics“ veröffentlicht.
Die Befunde unterstützen nach Auffassung der Forscher die
Theorie, dass Menschen, die in jungem Alter mikrobiologischen Organismen ausgesetzt sind, stärker gegen Allergien
resistent sind. Solche Organismen können durch Daumenlutschen und Nägelkauen verstärkt in den kindlichen Körper
gelangen. Von 1037 untersuchten 13-Jährigen, die als kleine
Kinder weder Nägel knabberten noch Daumen lutschten, hatten 49 Prozent mindestens eine Allergie entwickelt. Von den
DIE WELT Edition.
Digitale Zeitung.
Untersuchten, die früher entweder Daumen lutschten oder
Nägel kauten, waren es nur 38 Prozent. Von denen, die als
Kind beides machten, waren sogar nur 31 Prozent allergisch. Im
Alter von 32 Jahren wurden die Probanden dann noch einmal
untersucht.
„Dies legt nahe, dass Mikrobenkontakte im Kindesalter das
Allergierisiko verringern“, sagte Studienhauptautor Bob Hancox von der neuseeländischen Universität Otago. Die Allergien
seien allerdings lediglich bei Hauttests festgestellt worden. Bei
Heuschnupfen etwa, dessen Symptome nicht auf Hautreaktionen beschränkt seien, lasse sich kein Unterschied zwischen den untersuchten Gruppen feststellen. Und um es sich
nicht ganz mit allen auf Benimm achtenden Eltern zu verderben, wird in der Studie klargestellt: „Wir regen keineswegs
an, dass Kinder zu diesen Angewohnheiten ermuntert werden,
weil der tatsächliche gesundheitliche Nutzen unklar ist.“
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