u. Änderungskündigung - Juristisches Repetitorium Hemmer

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Hauptkurs Arbeitsrecht
Verdachts- / Druck- und Änderungskündigung
I. Verdachtskündigung
Abgrenzung zwischen Verdachtskündigung und Tatkündigung, da es sich um zwei
verschiedene Kündigungssachverhalte handelt:
Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss entscheidend, dass der
Arbeitnehmer nach Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung oder
Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund
die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.
Bei der Verdachtskündigung begründet der Arbeitgeber die Kündigung damit, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren oder vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nötige Vertrauen
zerstört. Dieser Verdacht ist in dem eigenständigen Kündigungsgrund der zumindest als erwiesen behaupteten Tat nicht enthalten.
Voraussetzungen der Verdachtskündigung
 Der Arbeitgeber muss die Kündigung gerade auf den Verdacht einer schwerwiegenden Vertragsverletzung oder strafbaren Handlung stützen;
 Der Verdacht muss aufgrund objektiver Umstände dringend und plausibel
sein;
 Der Arbeitgeber muss alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhalts
getan und den Arbeitnehmer aus verfassungsrechtlichen Wertungsgesichtspunkten insbesondere angehört haben, sofern der Arbeitnehmer bereit ist,
sich zu den Verdachtsgründen zu äußern.
 Umfassende und einzelfallbezogene Abwägung der (sofortigen oder befristeten) Lösungsinteressen des Arbeitgebers und der Bestandsschutzinteressen
des Arbeitnehmers (entscheidend ist u.a., ob dem Arbeitgeber zuzumuten ist,
das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der Kündigungsfrist – im Fall der ordentlichen Kündigung – oder den Zugang der fristlosen Kündigung hinaus
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fortzuführen. Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn sie nicht geeignet ist,
das verlorene Vertrauen des Arbeitgebers wiederherzustellen.
II. Druckkündigung
Druckkündigung mit Kündigungsgrund („unechte Druckkündigung“)
Es liegt ein Kündigungsgrund nach § 1 II KSchG oder ein wichtiger Grund i.S.d.
§ 626 I BGB vor und der Arbeitgeber beruft sich zusätzlich auf den ausgeübten
Druck, so ist die Kündigung trotz des – wegen der Nähe zur Nötigung grundsätzlich zu missbilligenden – Drucks des Dritten wirksam.
Druckkündigung ohne Kündigungsgrund („echte Druckkündigung“)
Problematisch ist das Rechtsinstitut der Druckkündigung, wenn der Arbeitnehmer
Kündigungsschutz in Anspruch nehmen kann und objektiv kein Kündigungsgrund
vorliegt.
Exemplarische Druckmittel: Auftrags- und Liefersperren, Streikdrohungen, Androhung von Eigenkündigungen oder sonstigen Nachteilen
Verlangt z.B. die Belegschaft oder ein Teil der Belegschaft die Entlassung eines
Arbeitnehmers, darf der Arbeitgeber dieser Forderung aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht nicht ohne Weiteres nachgeben.
Der Arbeitgeber muss alles Zumutbare versuchen, um z.B. die Belegschaft von ihrer Drohung, die Zusammenarbeit mit dem betroffenen Arbeitnehmer zu verweigern, abzubringen und eine Kündigung zu vermeiden. Unterlässt er dies, ist die
Druckkündigung unwirksam. Haben die zumutbaren Versuche des Arbeitgebers
keinen Erfolg, ist die Kündigung gerechtfertigt.
Bei einer betriebsbedingten Druckkündigung muss ein Verhalten in Aussicht gestellt werden, durch das schwerste wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber
drohen, die nur durch die Beendigungskündigung als letztes Mittel abgewendet
werden können („ultima-ratio“). Dem Arbeitnehmer obliegt es, einen tragbaren
Kompromiss zur Lösung der Drucksituation zu ermöglichen, da die Gefährdung der
Arbeitgeberbelange in seiner Person begründet ist. Die vorherige Anhörung des
Arbeitnehmers ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Druckkündigung.
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III. Änderungskündigung
Die Änderungskündigung ist in zwei Formen möglich: Der Arbeitgeber kann unbedingt kündigen und im Zusammenhang damit neue Arbeitsbedingungen anbieten
oder er kündigt unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer das ihm unterbreitete
Änderungsangebot nicht annimmt.
Der Arbeitnehmer kann das Änderungsangebot
1. vorbehaltlos annehmen,
2. ganz ablehnen oder
3. unter Vorbehalt annehmen (§ 2 KSchG).
Die Änderungskündigung bedarf der Schriftform (§ 623 BGB) und besteht nach § 2
KSchG immer aus zwei Elementen: (1.) Der Kündigung des Arbeitsverhältnisses
und (2.) dem Angebot des Arbeitgebers auf dessen Fortsetzung zu geänderten Arbeitsbedingungen.
Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Änderungskündigung ist eine echte Kündigung, die das gesamte Vertragsverhältnis umfasst. Es muss eindeutig feststehen,
dass das Arbeitsverhältnis endet, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot
nicht, auch nicht unter Vorbehalt, annimmt. Diese Kündigungsabsicht muss für den
Arbeitnehmer klar erkennbar sein.
Will der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer in andere zivilrechtliche Beziehungen
treten, die nicht dem Arbeitsrecht unterliegen, muss er eine Beendigungskündigung erklären und kann in diesem Zusammenhang die anderen Vertragsbedingungen anbieten. Dieses Angebot unterliegt dann nicht dem Prüfungsmaßstab des
§ 2 KSchG, sodass bei einer Klage allein zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen
einer Beendigungskündigung vorliegen.
Eine hilfsweise Änderungskündigung für den Fall, dass eine bereits erfolgte Maßnahme nicht wirksam ist, wäre zulässig, wenn die einseitige Änderung der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber die Grenzen des Direktionsrechts überschreitet.
Eine Änderungskündigung kann auch als außerordentliche Kündigung gem. § 626
BGB erklärt werden, wobei § 2 KSchG nur die ordentliche Änderungskündigung
regelt und § 13 I KSchG nicht auf § 2 KSchG verweist. Nach der h. M. ist § 2
KSchG auf eine außerordentliche Änderungskündigung analog anzuwenden.
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