Europäische Kommission - Pressemitteilung Staatliche Beihilfen: Kommission leitet eingehende Untersuchungen zu Steuerbefreiungen für belgische und französische Häfen ein Brüssel, 8. Juli 2016 Die Europäische Kommission hat zwei eingehende Prüfungen eingeleitet, um festzustellen, ob die Körperschaftsteuerbefreiungen, die nach belgischem und französischem Recht für die wirtschaftlichen Tätigkeiten von Häfen gewährt werden, mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen und ob sie Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweigs einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern in anderen Mitgliedstaaten verschaffen. Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin, Margrethe Vestager, erklärte hierzu: „Häfen spielen für die Wirtschaft der EU eine zentrale Rolle. Unsere Wettbewerbsvorschriften tragen dem Rechnung und ermöglichen es den Mitgliedstaaten, den Bau oder die Modernisierung von Hafeninfrastruktur durch Investitionsbeihilfen zu unterstützen. Steuerbefreiungen dürfen jedoch nicht den Wettbewerb verzerren, indem sie einigen Häfen einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Häfen in Europa verschaffen." Der grenzüberschreitende Wettbewerb spielt im Hafensektor eine wichtige Rolle, und die Kommission ist verpflichtet, in diesem wichtigen Wirtschaftszweig gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Die wichtigsten Tätigkeiten von Häfen sind der Transfer von Personen, der Umschlag von Gütern sowie die Bereitstellung von Infrastruktur für Reedereien, Werften und andere Unternehmen. Der kommerzielle Betrieb von Hafeninfrastruktur stellt eine wirtschaftliche Tätigkeit dar, für die die Häfen Körperschaftsteuer entrichten sollten wie andere Unternehmen auch. In Häfen werden aber auch Tätigkeiten ausgeübt, die mit der Erfüllung wesentlicher staatlicher Aufgaben wie Sicherheit, Überwachung oder Verkehrssteuerung im Zusammenhang stehen. Diese Tätigkeiten fallen nicht unter die EU-Beihilfenkontrolle. Mit einer Körperschaftsteuerbefreiung wird Häfen, die durch wirtschaftliche Tätigkeiten Gewinne erzielen, ein selektiver Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern in anderen Mitgliedstaaten gewährt. Dies stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne der EU-Vorschriften dar. In Belgien sind eine Reihe von See- und Binnenhäfen (insbesondere Antwerpen, Brügge, Brüssel, Charleroi, Gent, Lüttich, Namur und Ostende sowie die Häfen entlang der Kanäle in der Provinz Hennegau und in Flandern) von der allgemeinen Körperschaftsteuer befreit. Sie unterliegen einer anderen Steuerregelung mit anderer Bemessungsgrundlage und anderen Steuersätzen, was dazu führt, dass die kommerziellen Tätigkeiten der belgischen Häfen insgesamt niedriger besteuert werden als die anderer Unternehmen in Belgien. In Frankreich sind die meisten Häfen, insbesondere die 11 großen Seehäfen (Bordeaux, Dunkerque, La Rochelle, Le Havre, Marseille, Nantes - Saint-Nazaire und Rouen sowie Guadeloupe, Guyane, Martinique und La Réunion) sowie der autonome Hafen von Paris und die von Industrie- und Handelskammern betriebenen Häfen von der Körperschaftsteuer befreit. Dadurch werden die kommerziellen Tätigkeiten der französischen Häfen natürlich insgesamt niedriger besteuert als die anderer Unternehmen in Frankreich. Im Januar 2016 hat die Kommission im Anschluss an ihre Untersuchung zu Funktionsweise und Besteuerung von Häfen in den EU-Mitgliedstaaten Belgien und Frankreich aufgefordert, ihr Körperschaftsteuerrecht mit den EU-Beihilfevorschriften in Einklang zu bringen und die Steuerbefreiungen für Häfen abzuschaffen. Da Belgien und Frankreich nicht bereit waren, ihre Steuergesetze wie von der Kommission vorgeschlagen anzupassen, hat die Kommission jetzt eingehende Prüfverfahren eingeleitet, um festzustellen, ob sich ihre anfänglichen Bedenken bestätigen. Mit der Einleitung der eingehenden Prüfverfahren wird den beiden Mitgliedstaaten und Beteiligten – etwa Beihilfeempfängern oder Wettbewerbern – Gelegenheit gegeben, zu den beihilferechtlichen Aspekten der Steuerbefreiungen, insbesondere zum wirtschaftlichen Charakter der Hafentätigkeiten und der Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel, Stellung zu nehmen. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt. Da sowohl die belgischen als auch die französischen Maßnahmen bereits vor der Gründung der EWG im Jahr 1958 bestanden, werden die Beihilfen als „bestehende Beihilfen“ betrachtet. Die Kommission kann daher nicht von Belgien und Frankreich verlangen, Beihilfen, die in der Vergangenheit gewährt wurden oder die bis zum Erlass eines endgültigen Beschlusses der Kommission gewährt werden, zurückzufordern. Hintergrund Für „bestehende Beihilfen“ und ihre Würdigung gilt ein besonderes Verfahren der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission. Wenn der Verdacht besteht, dass eine bestehende Beihilfe gegen die EU-Beihilfevorschriften verstößt, teilt die Kommission ihre Bedenken zunächst dem betreffenden Mitgliedstaat mit. Unter Berücksichtigung von dessen Antwort kann die Kommission dem Mitgliedstaat dann geeignete Maßnahmen vorschlagen, um die Förderung mit den EUBeihilfevorschriften in Einklang zu bringen. Wenn der Mitgliedstaat den Vorschlag der Kommission ablehnt, kann die Kommission ein eingehendes Prüfverfahren einleiten, in dem die Beihilfe auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorschriften geprüft wird. Die heutigen Beschlüsse fallen unter letztere Kategorie. Die Beseitigung ungerechtfertigter Steuervorteile bedeutet nicht, dass Häfen keine staatlichen Beihilfen mehr erhalten dürfen. Die Mitgliedstaaten haben zahlreiche Möglichkeiten, Häfen im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften zu unterstützen, zum Beispiel bei der Verwirklichung verkehrspolitischer Ziele der EU oder bei notwendigen Investitionen in die Infrastruktur, die ohne eine öffentliche Förderung nicht möglich wären. In diesem Zusammenhang hat die Kommission vorgeschlagen, den Anwendungsbereich der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung zu erweitern, die auch unproblematische Investitionsbeihilfen für Häfen erfassen und strategische Investitionen in Infrastrukturen fördern soll, die Arbeitsplätze in Europa schaffen können. Im Januar 2016 hatte die Kommission bereits die Niederlande aufgefordert, die den niederländischen öffentlichen Seehäfen gewährte Befreiung von der Körperschaftsteuer abzuschaffen. Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb unter den Nummern SA.38393 (Belgien) und SA.38398 (Frankreich) zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News. IP/16/2451 Kontakt für die Medien: Ricardo CARDOSO (+32 2 298 01 00) Giulia KOMEL (+32 2 296 11 75) Kontakt für die Öffentlichkeit: Europe Direct – telefonisch unter 00 800 67 89 10 11 oder per E-Mail
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