Titelstory apr 06/16 - apr - Aktuelle Papier

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ZELLCHEMING/
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06
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2016
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QUELLE: SÖDR A
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Das Werk von Södra in Värö
Värö-Werkleiter Jonas Eriksson
[ T I T E L S T ORY ]
SÖDRA CELL: FIT FÜR DIE ZUKUNFT
Als Södra Cell, schwedischer Produzent von Marktzellstoff, vor einigen Jahren seine Zukunftsvision bis
2020 präsentierte, gründete er seine Strategie auf fünf Säulen: organisches Wachstum, Produkte, kontinuierliche Verbesserungen, Qualität sowie Verantwortung und Lernbereitschaft.
M
it Hilfe der größten Investition in
der 80-jährigen Geschichte des Unternehmens und mit Verbesserungen in
allen drei Zellstoffwerken ist Södra jetzt
dabei, dieses Wachstum zu realisieren.
Das Unternehmen hat erkannt, dass es
mit seinen Kunden wachsen, für seine
Waldbesitzer Werte schaffen und seine
Stellung auf dem expandierenden globalen Markt für Langfaserzellstoff ausbauen muss, um als Unternehmen wettbewerbsfähig zu bleiben.
Der Löwenanteil der 550-Mio.-EuroInvestition entfällt auf die Kapazitätserweiterung in Värö von jetzt 425.000 auf
künftig 700.000 t Zellstoff im Jahr. Mit
einer fast komplett neu errichteten Produktionslinie wird das Werk zum weltweit effizientesten und modernsten seiner Art. Parallel durchläuft der Standort
Mörrum ein abgestuftes Investitionsprogramm mit den Schwerpunkten Qualitätssteigerung, Verbesserung der Energieeffizienz und Kapazitätserweiterung
auf 500.000 jato (von denen rund 200.000
t auf Textilzellstoff entfallen). Södra Cell
Mörrum erwirbt sich zunehmend ein
Renommee als Anbieter von Spezialzellstoffen mit einem sehr hohen Wert für
die Kunden. Mönsterås, das größte Werk
des Unternehmens, gehört bereits heute
zu den größten und effizientesten Langfaserzellstoffwerken der Welt.
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Die Unternehmensstrategie von Södra basiert nach Södra Cell-CEO Gunilla
Saltin auf wertschöpfenden Beziehungen und einem langfristigen Konzept,
das bereits im Wald ansetzt. Die ungewöhnliche Struktur des Unternehmens
lässt nur eine solche langfristige Planung zu: Denn die Södra-Gruppe befindet sich im Besitz von rund 50.000 Waldbesitzern in Südschweden, die in ihrer
Gesamtheit den größten privaten Landeigentümer der Region bilden. Aufgabe
von Södra Cell, dem Geschäftsbereich
für Marktzellstoff, ist es, den Wert der
Wälder für seine Eigner zu erhöhen, indem aus den bereitgestellten Fasern
werthaltige Produkte erzeugt werden,
die das Interesse der Käufer finden. Neben Papierzellstoff spielt hier seit einigen Jahren Textilzellstoff sowie in zunehmendem Umfang grüne Energie eine entscheidende Rolle.
Der Zeitpunkt der Erweiterung ist
nicht zufällig gewählt. Gunilla Saltin erklärt: „Der Werkleiter von Värö hatte
schon seit geraumer Zeit entsprechende
Pläne in der Schublade, aber wir mussten
zuerst die für die Kapazitätserweiterung
erforderliche Faserversorgung sicherstellen. Mit der Schließung mehrerer Papierfabriken in der Region sowie des
Södra-Werkes im norwegischen Tofte ist
nun der richtige Zeitpunkt gekommen.
Das Faserangebot ist hoch, und so können wir jetzt aus diesen Fasern das Beste
machen – das ist eine gute Nachricht
für uns und unsere Eigentümer.“ Nach
dem vorübergehenden Stillstand des
Werkes Värö für die abschließenden Installationsarbeiten wird es darum gehen, die Wiederinbetriebnahme für die
Kunden so reibungslos und störungsfrei
wie möglich zu gestalten. Die offizielle
Eröffnung im Beisein Seiner Majestät König Carl XVI. von Schweden wird im September stattfinden. Werkleiter Jonas
Eriksson freut sich besonders darüber,
dass der Tagesbetrieb unter den umfangreichen Umbauarbeiten kaum gelitten
hat. Bei den Planungen hatte ein Hauptaugenmerk auf der Gewährleistung des
Normalbetriebs – mit Ausnahme der
kurzen abschließenden Umstellungsphase – gelegen.
Bis zu 2800 Menschen waren zwischenzeitlich auf der Baustelle beschäftigt, die zentrale Rolle hat nach Eriksson
die ständige Belegschaft gespielt. „Es bedarf einer sehr guten inneren Einstellung, um ein derartiges Projekt erfolgreich zu meistern. Wir haben sorgfältig
darauf geachtet, dass keine Trennung
zwischen altem und neuem Team entsteht – jeder Mitarbeiter arbeitete früher oder später für beide Produktionsstraßen, die bestehende sowie die neu zu
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errichtende, so dass jeder eine persönliche Beziehung zum Ganzen entwickeln
konnte. Das ist uns sehr wichtig. Unsere
Mitarbeiter haben in diesem Parallelbetrieb eine fantastische Arbeit geleistet.“
Ein Blick voraus
Der Umbau in Värö ist so umfassend,
dass praktisch eine komplett neue Produktionslinie entsteht (siehe Kasten).
Entscheidend für die Durchführbarkeit
eines solchen Projekts ist die Werktradition des vorausschauenden Denkens:
Mehrere entscheidende Teile der bestehenden Anlage wurden von vornherein
für größere Kapazitäten ausgelegt, um
auch einmal Erweiterungen wie die heutige zu ermöglichen. Genau diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Erweiterung gegenüber einer kompletten Neuinstallation deutlich kostengünstiger
ausfällt. Die Verdampfungsanlage z.B.,
bereits 2009 installiert, hat genügend
Kapazität, um den Zuwachs von 550 auf
900 t/h zu bewältigen. Der Rückgewinnungsboiler von 2002 wurde mit einer
erweiterbaren Wand ausgestattet, durch
die ein drittes Rauchgasrohr installiert
und die Kapazität des Wärmetauschers
erhöht werden konnte. Die ScreeningAnlage wurde bereits ein Jahr vor Projektbeginn verlegt, was nun die Installationsarbeiten erleichtert.
Ein zusätzlicher Vorteil für Värö ist
die unmittelbare Nachbarschaft zum
größten Sägewerk des Unternehmens
(und Schwedens). Diese ermöglicht z.B.
eine Kooperation von Säge- und Zellstoffwerk in den Bereichen Wartung
und Logistik. Die Hackschnitzel aus dem
Sägewerk landen direkt im Zellstoffwerk. Dort wiederum wird Rinde getrocknet und an Fernwärmeunternehmen verkauft, während das Sägemehl
teils zu Pellets verarbeitet und verkauft,
teils zur Befeuerung der Kaustizierungsanlage verwendet wird. Im Gegenzug bezieht das Sägewerk Wasserdampf und
Elektrizität aus dem Zellstoffwerk. Das
sind extrem gute Synergien, so betont
Eriksson, die Värö besonders energieeffizient machen. Und angesichts einer
Produktionssteigerung im Bereich grüner Energie von 900 auf 1600 GWh ist
Effizienz wichtig.
Eriksson weiß die räumliche Nähe
zur Faserquelle sehr zu schätzen. „Wenn
wir über die Größe unserer Hackschnitzel sprechen müssen, können wir das
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beim Mittagessen tun“, sagt er. „Auch
wenn wir zum selben Unternehmen wie
unsere Lieferanten gehören, heißt das
nicht, dass wir nicht anspruchsvoll sind.
Im Gegenteil: Wir investieren in modernste Holzverarbeitungsanlagen, um
absolute Spitzenleistungen in Konsistenz und Qualität garantieren zu können.“
Das Werk in Värö wird künftig vermehrt Durchforstungsholz von den Södra-Mitgliedern beziehen. Dieses Holz ist
besonders wichtig für die Herstellung
von hochwertigem Zellstoff für die Hygieneindustrie, bei dem es auf Zugfestigkeit und Weichheit zugleich ankommt.
Auf die im Premiumsegment erzielten
Fortschritte ist Södra besonders stolz.
„Wir kommen jetzt sehr dicht an die
Qualität von kanadischem Langfaserzellstoff heran“, erklärt Gunilla Saltin,
„und das ist eine echte Errungenschaft
in Anbetracht unserer ganz anderen
Ausgangsbasis. Die kanadischen Fasern
sind länger und haben dünnere Wände,
was ihnen einen Startvorteil verschafft.
Aber wir wollen noch mehr. Wir wollen
noch genauer verstehen, was der Kunde
von unserem Zellstoff erwartet. Worin
besteht für ihn die wichtigste Wertschöpfung? Gegenwärtig bemühen wir
uns, den Kontakt zum Kunden weiter zu
intensivieren, um seine Erwartungen
jetzt und in Zukunft auch wirklich erfüllen können. In diesem Sinne entwickeln wir uns zunehmend vom Produkthersteller zum Serviceanbieter, der seinen Kunden anstelle von Standardware
maßgeschneiderte Lösungen liefern
kann. Unser Motto lautet: Was immer
Sie sich wünschen – wir realisieren es.“
Bestandteil dieser stärker zielgerichteten Initiative wird ein neues Serviceangebot namens Pulp+ sein, das an die
Stelle der PulpServices tritt und von dem
sich Södra in vielerlei Hinsicht eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und seinen
Kunden verspricht. Unter anderem soll
der Bereich Forschung und Entwicklung
stärker in die Zusammenarbeit eingebunden werden, und auch für diese Aufgabe ist Värö bestens aufgestellt. Zwischen dem Werk und der auf demselben
Gelände untergebrachten Innovationsabteilung findet ein reger Austausch
statt. „Das ist das Gesicht der Zukunft“,
resümiert Jonas Eriksson. „Wir sind sehr
flexibel und stets daran i nter essier t ,
neue Betätigungsfelder und Innovationen zu entwickeln –
auch mit Blick auf
neue Kunden, vorrangig aber für unsere bestehende Kundenbasis. Wir setzen auf eine langfristige Zukunft und hoffen,
dass unsere Kunden
diesen Weg mit uns
gemeinsam gehen.“ |
Im Sack verpackte
Pellets
Viel mehr als ein Facelifting
Das Werk wurde fast komplett umgebaut und gehört nun zu den weltweit modernsten seiner Art.
Hackschnitzelwerk
• Zusätzliche Entrindungsanlage
• Neue Screening-Anlage
• Neues Hackschnitzellager
Kocheranlage und Zellstoffwerk
• Neue Kocheranlage mit kontinuierlichem Kocher
• Umrüstung der Zellstofflinie
• ECF- und TCF-Bleiche
Turbine/Kühlturm
• Erweiterter Sodarückgewinnungskessel
• Ergänzung und Erweiterung der
Verdampfungsanlage
• Zusätzliche Turbine mit Kondensatorstufe
• Neuer Kühlturm
Trocknung
• Umrüstung der Trockenanlage
Kaustifizierung
• Neue Kaustizierungsanlage (im Rahmen
eines früheren Projekts eingerichtet,
Inbetriebnahme im Frühjahr 2014)
• Neuer Weißlaugenfilter
Logistik
• Erweiterung von Holzplatz und Lager­
flächen auf dem Werkgelände
• Erweiterung der Transportkapazitäten via
• Straße und Schiene
Nachhaltigkeit
• Neue biologische Abwasseraufbereitungsanlage
• Abwasserfilterung
• Lärmschutzmaßnahmen
• Rauchgasreinigung
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