Freie Presse, Erscheinungsdatum 20160706, Seite MLe

LESERFORUM
Freie Presse
Mittwoch, 6. Juli 2016
LESEROBMANN
Google,
was gibt’s?
REINHARD OLDEWEME
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TELEFAX: 0371 656-17041
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A
nrufe von Lesern, die mich
bitten, für sie schnell mal etwas im Internet zu suchen,
sind bei mir an der Tagesordnung.
Für mich ist das Routine, ich mache
das gern, verkneife mir aber nicht,
für das Surfen auch im Alter zu werben. Nun möchte ich von einem Gespräch berichten, das etwas außergewöhnlich war.
„Ich brauche die Telefonnummer
von Google, können Sie mir helfen?“
„Sie wollen Google anrufen?“
„Ja, habe ich doch gerade gesagt,
warum wundert Sie das?“
„Na ja, Sie fragen mich nach der
Nummer eines der größten Unternehmen, da weiß ich nicht mal, wo
ich anfangen soll zu suchen.“
„Mir reicht eine Nummer, ich
frag mich dann schon durch.“
„Okay, also gebe ich jetzt bei
Google mal ‚Google‘ ein. Interessiert
Sie die Trefferzahl?“
„Was bedeutet das?“
„Die Anzahl der Vorschläge mit
Seiten im Internet.“
„Und?“
„Ungefähr zwölf Milliarden.“
„Oh Mann, das ist eine Menge.“
„Also schränke ich die Suche ein
und füge ‚Telefonnummer‘ hinzu.“
„Und?“
„Immer noch mehr als 30 Millionen Treffer. Ich schreibe ‚Deutschland‘ in die Suchmaske.“
„Und?“
„Immer noch mehr als eine Million, aber ganz oben steht jetzt ein
Link mit dem Hinweis auf den Kontakt zu Google.“
„Ein was?“
„Und Sie haben Glück, es gibt tatsächlich die Nummer eines Vertriebsbüros von Google in Hamburg.
Haben Sie was zu schreiben?“
„Kann losgehen.“
„Nun bin ich neugierig, verraten
Sie mir, was Sie von Google wollen?“
„Kein Problem, ich habe gelesen,
dass eine Stadt es geschafft hat, dass
bei den Luftaufnahmen eine Wolke
über dem Zentrum verschwindet.“
„Kommt mir bekannt vor. Obwohl die Leute nicht wissen, wie ihnen das gelungen ist, aber plötzlich
war die Sicht frei auf die Stadt.“
„Ganz genau, und darum geht es
mir eben auch.“
„Haben Sie eine Wolke über Ihrem Grundstück?“
„Nein, das nicht, aber ich war bei
meinem Nachbarn, als der Enkel mit
seinem Handy in der Küche stand
und mir stolz ein Luftbild zeigte, auf
dem unsere Straße zu sehen ist, einschließlich der Häuser und Gärten.
Das hat mich beeindruckt.“
„Und warum wollen Sie jetzt bei
Google anrufen?“
„Die Aufnahme ist schon ein paar
Jahre alt, das stört mich einfach.“
„Grundsätzlich?“
„Nein, aber man sieht den Schuppen hinter dem Haus, den ich vor
zwei Jahren abgerissen habe; an der
Stelle ist jetzt ein kleiner Teich, ein
viel schönerer Anblick. Nun möchte
ich, dass Google das Bild gegen ein
neueres austauscht, man will doch
zeigen, worauf man stolz sein darf.“
„Rufen Sie mich an und erzählen
mir, wie Google reagiert hat?“
„Na klar, schreiben Sie dann auch
einen Artikel darüber?“
„Das eher nicht, aber in meinem
Blog werde ich berichten.“
„In was?“
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Seite B1
Nicht einig: Brexit und wie nun weiter?
Zu den Berichten und
Kommentaren über das
Referendum in Großbritannien hat uns eine Flut
an Leserbriefen erreicht.
Dies sind weitere Auszüge
aus einer Auswahl davon.
Die Jungen sollten sich wehren
Großbritannien hat es den Ländern
vorgemacht, die auch die EU verlassen wollen. Das sei echte Demokratie, hörte ich. Kein Wort dazu, was
für Folgen es haben könnte. Es sind
meist Länder, in denen rechtspopulistische Gruppierungen stark sind.
Pegida und AfD wollen Deutschland
aus der EU scheiden sehen. Eine
kurzsichtige und egoistische Idee.
Kurzsichtig, weil strukturschwache
Gebiete, zu denen Sachsen und andere östliche Gebiete nun mal gehören, noch mehr in den Zustand der
„Pampa“ verfallen, als sie es durch
Bevölkerungsrückgang, Überalterung und Landflucht schon tun. Seit
1990 sind durch Förderprogramme
Milliarden in diese Gebiete geflossen. Darauf möchten sie also verzichten und entvölkerte Mondlandschaften schaffen. Alternative Geldquellen nennen sie nicht. Glückwunsch für diese Weitsicht. Egoistisch, weil sie nachfolgende Generationen der Chancen berauben, die
die EU zu bieten hat: Freizügigkeit
und die Möglichkeit, außerhalb unseres Landes zu arbeiten und sich
ein Leben aufzubauen. Die Generation um die 50 und 60, die mit diesen
Ideen sympathisieren, waren mangels Sprachkenntnissen oder Beweglichkeit nicht in der Lage, ihre Chancen zu nutzen, oder wollten es nicht.
Was nützt mir die EU?, heißt es aus
den Mündern der Frustrierten. Diese
Bauchnabelschau sollten die Jungen
bekämpfen. Lasst nicht zu, dass man
Euch einengt, Eurer Chancen beraubt und entmündigt.
Susanne Pfeifer-Sachse, Geringswalde
Ein Signal aber ernst nehmen
Die Sonne ist wieder aufgegangen.
Deshalb sollte dieses Votum auch so
bewertet werden. Kontinentaleuropa hat über Jahre zähneknirschend
die Sonderkonditionen der Insulaner akzeptiert. Während die Briten
sich an den EU-Misslichkeiten der
Migration, den Kosten und am Verlust nationaler Souveränität rieben,
wurde der Nutzen der Handelsgemeinschaft und der des größten Binnenmarktes nie in Frage gestellt. Camerons Kalkül, stets das Beste aus
„beiden Welten“ zum Status zu erheben, ging nicht auf. Auch wenn einige Befürworter mit Selbstüberschätzung noch vom Empire und dessen
(vergangener) Größe träumen, die
Briten sind es nicht mehr, weder militärisch, politisch noch wirtschaftlich, weil ein Club mit 500 Millionen Menschen ein in jeder Hinsicht
anderes Gewicht hat als eine Insel
mit 64 Millionen. Ein Signal sollte
Brüssel ernst nehmen: die Ignoranz
der Frage nach der Schließbarkeit
von Grenzen, der Aufnahmefähigkeit von Immigranten und das Ausschließen nationaler Handlungsfähigkeit mit der Begründung, es sei
gar eine Form der Bewahrung rassistischer Traditionen. Selbst aufgeklärte Bürger, die die Werte und Errungenschaften der liberalen Gesellschaft verteidigen, sehen die Errungenschaften durch das Fremde und
die Fremden gefährdet.
Achim Tröger, Zwickau
Menschen und vor allem die Politiker nicht reif sind, so eine Idee umzusetzen; genauso wie einst die Idee
vom Sozialismus. Eitelkeit, Selbstherrlichkeit, zu starke unterschiedliche Interessen und wirtschaftliche
Voraussetzungen sowie die Unfähigkeit, nachhaltige Kompromisse zu
finden, sind Erscheinungen, die Europa zerfallen lassen. Man hat den
Eindruck, die Politiker in Brüssel
und den EU-Staaten beschäftigen
sich größtenteils mit sich selbst.
Hinzu kommen die riesigen Kosten,
die Brüssel verursacht. Die Bürger
fühlen sich nicht mehr vertreten.
Das bewirkt in vielen Ländern einen
Rechtsruck und bestärkt die Zweifel
an der europäischen Idee.
Joachim Berger, Chemnitz
Fehler steht außer Zweifel
Mir scheint, Brexit ist ein übersteigertes „mir san mir“. Dass die Engländer (nicht die Briten insgesamt)
einen Fehler gemacht haben, steht
außer Zweifel. Natürlich ist die EU
reformbedürftig. Natürlich weiß jeder, dass England zu Europa gehört
und eine Union ohne das Land ein
Torso ist. Natürlich brauchen England und Europa einander. Von der
Balance-Verschiebung im innereuropäischen Gefüge will ich gar nicht
anfangen. Ausgerechnet das Mutterland des europäischen Fußballs begreift nicht, dass man im Abseits keine Tore schießt. Was sollten wir tun
als Reaktion? Das hat eine Vernunftund eine Moral-Komponente. Die
Vernunftseite sagt, dass England
wirtschaftlich und kulturell mit Europa so verflochten ist, dass jede Entfernung voneinander nur Schaden
anrichtet. Schadensbegrenzung ist
angesagt. Die Moralseite sagt, wenn
wir England die kalte Schulter zeigen, sind wir nicht besser als die Brexit-Wähler. Mit ablehnender Haltung oder gar Strafmaßnahmen
schaffen wir keine Freunde, sondern
verfestigen wir antieuropäische Vorbehalte. Und wen würden wir mehr
bestrafen: die Alten, die uns sowieso
meiden, oder die Jüngeren, die mit
uns zusammenarbeiten wollen?
Eckhard Riedel, Chemnitz
Deponie unliebsamer Politiker
Die Briten haben es geschafft, sich
aus der Bevormundung Brüssels zu
befreien. Ein Volk wurde befragt, es
hat geantwortet. Für deutsche Verhältnisse ein unglaublicher Vorgang. Die sehr gute Idee eines vereinten Europas wurde 1957 in Form der
Römischen Verträge besiegelt. Die
Unterzeichner konnten nicht ahnen, dass ihre Nachkommen daraus
ein ineffektiv arbeitendes, bürokratisches und milliardenteures Verwaltungsmonster schaffen. Selbstverständlich braucht ein geeintes
Europa eine gut arbeitende Verwaltungseinheit. Man nahm damals an,
dass aus den Mitgliedsstaaten die fähigsten und besten Politiker die Idee
voranbringen. Heute ist Brüssel zu
einer Deponie ausgebrannter oder
in den Ländern unliebsamer Politiker geworden, die aber teuer von
den Steuerzahlern in den Mitgliedsländern bezahlt werden müssen. Die
Briten haben nicht gegen Europa gestimmt – sondern gegen Brüssel.
Frank Ludwig, Adorf/Vogtl.
Warnung an die Regierungen
Das Austrittsvotum ist kein Schock
für Europa, sondern eine logische
Konsequenz der Entwicklungen der
letzten Jahre. Insofern ist die Abstimmung höchstens ein Schock für
die EU. Europa reicht noch weiter als
die immer als „Europa“ bezeichnete
EU. Ich begrüße die Entscheidung
der Briten mit allen Konsequenzen.
Es kann nicht sein, dass ein Land seit
über 40 Jahren ständig Sonderrechte
einfordert und auch bekommt – auf
Kosten der Steuerzahler der übrigen
EU-Mitglieder, vor allem aber der
deutschen. Es wurde Zeit, dass nunmehr diese Entscheidung getroffen
Ob Churchill sich im Grab umgedreht hat? Man weiß es nicht, sein Denkmal
aber nutzen die Gegner des Brexits für ihre Zwecke.
FOTO: SEAN DEMPSEY/DPA
wurde. Jetzt rächt sich, dass die
Gründung und Verwaltung der EU
im wesentlichen ohne die Bürger
groß zu fragen und sie mit einzubeziehen vonstattenging. Es sollte aber
auch eine Warnung an die EU-Institutionen und alle EU-Regierungen
sein, künftig nicht über die Köpfe
der Menschen und mit Geheimverhandlungen weitreichende Entscheidungen zu fällen, sondern demokratische Entscheidungsprozesse zu stärken, dem EU-Parlament
mehr Entscheidungsbefugnisse zu
geben und auf jeden Fall die Bürger
einzubeziehen.
Hans-Volkhard Gründler, Zschopau
Gutes Feld für Demagogen
Um seine Macht zu sichern, verspricht Cameron das Referendum
und verzockt sich dabei. Ein kluger,
seriöser Politiker hingegen steht zu
seinen Überzeugungen, wirbt dafür
und nimmt eine Niederlage mit Anstand in Kauf. Die Galionsfigur für
den Brexit, Boris Johnson, befeuert
mit Lügen, Halbwahrheiten und falschen Zahlen das Lager der EU-Gegner. Als er sein Ziel erreicht hat,
kneift der Feigling vor der Verantwortung. Das Geschehene ist ein Paradebeispiel für pervertierte Demokratie. Bei derart komplexen Fragen
kann man nicht das Volk befragen,
dem nur ein Ja oder Nein zur Wahl
bleibt. Auf diesem Feld können sich
Demagogen richtig austoben. Und
so ist es geschehen.
Peter Epperlein, Hohndorf
Abschied von einer guten Idee
Es war mal eine großartige Idee vom
vereinten Europa. Was sich nun abspielt – bis hin zum Brexit als vorläufigem Höhepunkt –, treibt mir
die Zornesröte ins Gesicht. Man
muss nüchtern einschätzen, dass die
Festhalten am Gängelband
Ja, sie haben es gut gemacht, die Briten. Sie können stolz auf sich sein.
Und: Die britische Regierung hatte
wenigstens noch so viel Mut, Charakter und Geradlinigkeit, ihr Volk
zu fragen. Wann wurden wir Deutschen jemals von der Regierung zu
irgendetwas befragt? Sich dahinter
zu verkriechen, vom Volk gewählt
worden zu sein, halte ich vonseiten
der Regierung für schäbig. Auch ein
David Cameron ist ein vom Volk Gewählter. Und sind wir von Brüssel jemals zu irgendetwas gefragt worden? Das Festklammern an Brüssel
ist doch nichts anderes als das Festhalten an einem wirtschaftlichen
und damit finanziellen Gängelband.
Was hat Brüssel dem Otto Normalverbraucher denn schon gebracht?
Einen Euro, der sich recht schnell als
das erwiesen hat, was er in Wirklichkeit ist: ein Teuro.
Gunter Sieber, Limbach-Oberfrohna
Zügige Privatisierung
löst das Problem
Bis 2050 kann ja noch viel passieren
Zum Bericht „Scherben bringen
Meissen-Porzellan kein Glück“:
Zu den Berichten „Kriterien für Suche nach Atommülllager vorgelegt“ und
„Atommüll-Endlager
könnte auch in Sachsen
entstehen“ haben uns
diese Meinungen erreicht.
Das Problem mit dieser Luxus-Manufaktur haben wir nun schon einige Jahre, doch bisher ist unser Freistaat immer noch bereit, diesen Luxus aus der Staatskasse zu finanzieren. Wann wird man endlich erkennen, dass sich das kleine Meißen
nicht mit italienischen Luxuskonzernen messen kann und man
schnellstens auf den Boden der Tatsachen kommen muss? Ich bin für
eine zügige Privatisierung, dann
werden wir sehen, wie schnell die
Verantwortlichen
betriebswirtschaftlich rechnen werden. Aber
wenn der Größenwahn weiter
durch Steuergelder gesponsert wird,
besteht scheinbar keine Notwendigkeit. Ich glaube, wir hätten vernünftigere Verwendungsziele für unser
Geld.
Waltraud Kluge, Annaberg-Buchholz
Erst hinterher schlauer
Wenn ich das Ergebnis der Endlagerkommission richtig zusammenfasse, wird nun bis zum Jahr 2050 ein
Schwarzer Peter bestimmt, der das
Endlager für hoch radioaktiven
Müll auf seinem Territorium errichten darf. Irgendwie erinnert mich
das an das Orakel von Delphi. Was
unerwähnt bleibt, ist die Aussage,
dass dieser Müll nicht einfach auf
Nimmerwiedersehen verbuddelt
werden darf, sondern dass er stets
zugänglich sein muss. Dies ist meiner Ansicht nach die einzig vernünftige Aussage dieser Kommission, die
auch Bestand hat. Leider aber ist das
auch ein teures Vergnügen auf lange
Zeit. Auch in unserer modernen, angeblich von Wissenschaft geprägten
Welt ist man immer erst hinterher
schlauer.
Manfred Knobloch, Hohenstein-E.
Zu gesund im Erzgebirge?
Über Rückenerkrankungen, die gehäuft im Schwarzwald und im Erzgebirge auftreten, wurde vor Jahren
berichtet. Eine Theorie der Mediziner besagte, dass in diesen Gebieten
die natürliche Radioaktivität wegen
des Uranvorkommens bereits so erhöht ist, dass ein Zusammenhang
vermutet wurde. Wahrscheinlich
passen solche Untersuchungen und
deren (mir leider nicht bekannten)
Endergebnisse nicht ins heutige Szenario beim Suchen nach Endlagern.
Gesucht wird ein Endlager für radioaktiven Müll.
FOTO: JENS WOLF/DPA
Sind irgendwo im Erzgebirge die
Menschen noch zu gesund? Wir beziehen „grünen“ Strom aus reinen
Umweltgründen, denn billiger ist er
nicht gerade – dürfen wir dann
trotzdem von unten atomar geheizt
werden? Erinnerungen an „Atomino“-Comics werden wach.
Peter Kroll, Oberlungwitz
Test für möglichen Widerstand
Mit solchen Nachrichten wird immer wieder mal ausgetestet, inwieweit sich Widerstand in bestimmten Regionen der Bundesrepublik
gegen ein potenzielles Endlager für
hoch radioaktive Stoffe regen könnte. Sachsen hat ja an sich schon in
Sachen Müll einen unrühmlichen
Ruf, wir importieren aus anderen
Bundesländern und dem Ausland
laut Statistischem Landesamt mehr
als ein Drittel des hier verarbeiteten
Mülls. Sicher auch wegen des Preisvorteils, den das Lohngefüge hier
bietet, damit wirbt Sachsen ja sogar.
Warum also nicht über das Erzgebirge als nukleares Endlager nachdenken? Widerstand ist hier kaum zu
erwarten, und wenn, dann allenfalls
gegen Windkraftanlagen, die ja die
Umwelt verschandeln. Und billiger
als anderswo wird es in dieser Hungerlohnregion sicher auch werden.
Björn Weidensdorfer, Zschopau