Rotwein-Sorten und -Klone Rebflächenentwicklung, Anbauempfehlungen, Versuchsergebnisse (Stand 2002) Dr. Bernd Prior, DLR-Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Dienstsitz Oppenheim Ungebrochener Rotweinboom Der Rotweinboom ist nach wie vor ungebrochen. Um von dieser Nachfrage zu profitieren, gilt es für den Winzer diesen Bedarf zu decken. Dies schlägt sich in der Ausweitung der Rotweinfläche auf Kosten der weißen Sorten nieder. Es stellt sich mehr denn je die Frage nach geeigneten Rotweinsorten. Entwicklung der Rotweinfläche Quo vadis Dornfelder ? Die Rotweinfläche in Rheinland-Pfalz hat sich von 1979 über 1989 bis 2001 von 3.312 ha über 6.589 ha bis auf 14.784 ha ausgedehnt. Der Rotweinanteil an der Gesamtrebfläche stieg dadurch im gleichen Zeitraum von 5,2 % über 9,9 % auf stattliche 22,5 % (vgl. Abb. 1). 12500 25 11618 22,5 19,3 10000 20 17,4 7500 5000 2500 15 6589 9,9 10 3312 5,2 5 Abb.1: Entwicklung der Rotweinfläche (ha, % der Gesamtrebfläche) von 1979-2001 2000 2001 1999 1997 1995 1993 1991 1989 1987 1985 1983 0 1981 0 1979 Rebfläche (ha) 30 14784 12884 Rotweinfläche (%) 15000 Jahr in Rheinland-Pfalz In den vergangenen Jahren lag die Anbaufläche des Portugiesers deutlich über der des Dornfelders und letztere wiederum seit 1991 über der des Spätburgunders. Die übrigen Rebsorten liegen gegenüber diesen drei Rebsorten auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Durch den enormen Zuwachs des Dornfelders im Jahr 2001 (1.129 ha) hat der Dornfelder schließlich die Spitze der Rotweinfläche übernommen (5.078 ha, 34,3%), gefolgt von Portugieser (4.653 ha, 31,5%) und dem Spätburgunder (3.050 ha, 20,6%). Die restlichen Rotweinsorten rangieren mit 1.996 ha (13,5%) auf einem weit abgeschlagenen Niveau (vgl. Abb.2). Vor einer übersteigerten Dornfelder-Euphorie ist angesichts des steigenden Angebotes zu warnen. Der Zenit der hohen Erlöse (2,25 /l Fassweinpreis) ist bereits überschritten. Mittlerweile hat der Lebensmitteleinzelhandel (allen voran der Discounterbereich) den Dornfeldermarkt entdeckt und damit einen Preiskrieg eingeläutet, der zur Zeit Fassweinpreise von 1,50 /l zulässt. Eine längerfristige Stabilisierung auf diesem Niveau kann aber nicht garantiert werden. Unterstützen lässt sich eine Preisstabilisierung sicherlich nur durch Verzicht auf übermäßig hohe Hektarerträge bei gleichzeitiger Erzeugung guter Qualitäten. Nachdem der Dornfelder zusammen mit dem Portugieser aus der EU-Umstrukturierungsförderung heraus genommen wurde und alle übrigen klassifizierten Rotweinsorten gefördert werden, bleibt abzuwarten, inwieweit der Anbauboom des Dornfelders anhält. Abb. 2: Entwicklung der Rotweinflächen (ha) differenziert nach Sorten von 1979- 2001 in Rheinland-Pfalz 5500 5078 ha 5000 + 1129 ha Rotweinfläche (ha) 4500 4000 3500 3949 ha + 566 ha 3383 ha Blauer Portugieser 3000 Dornfelder 2500 2000 1500 Blauer Spätburgunder 1000 500 } sonstige Rotweinsorten 1999 2000 2001 1997 1995 1993 1991 1989 1987 1985 1983 1981 1979 0 Jahr Von den übrigen Rotwein-Rebsorten ist der Regent mit 408 ha der anbaustärkste, gefolgt von St. Laurent (331 ha), Schwarzriesling (245 ha) und Dunkelfelder (242 ha). Die Anbauflächen aller weiteren Rebsorten rangieren i.d.R. deutlich unter 200 ha (insgesamt 770 ha). Vergleiche hierzu Abb. 3. Der Erfolg des Regents liegt vor allem an den geringen Lageansprüchen, der Pilztoleranz und dem farbkräftigen, fruchtigen, körperreichen Weintyp. Interessant ist der starke Anstieg der Anbaufläche von St. Laurent, der z.Zt. eine Renaissance erfährt. Hierfür spricht der attraktive Name, die erzielbare Qualität des Weines und die ertragsstabilen neuen Klone. Auch internationale Rebsorten wie Merlot und Cabernet Sauvignon erfahren einen starken Anstieg, jedoch auf einem wesentlich geringeren Niveau. Da insbesondere der Cabernet Sauvignon die höchsten Lageansprüche aller bei uns zugelassenen Rebsorten stellt, ist eine sehr starke Ausweitung der Anbaufläche aus qualitativen Gesichtspunkten auch nicht möglich. Solche Sorten sollten nur von Rotweinspezialisten angebaut werden. 450 Rebsorten und Rebflächen in 2001 400 Regent (408 ha) Rotweinfläche (ha) 350 St. Laurent (331 ha) 300 Schwarzriesling (245 ha) 250 Dunkelfelder (242 ha) 200 Heroldrebe (173 ha) Merlot (143 ha) 150 Cabernet Sauvignon (124 ha) 100 Blauer Frühburgunder (89 ha) 50 Sonstige (Sorten < 89 ha, insges. 241 ha) 2001 1999 1997 1995 1993 1991 1989 1987 1985 1983 1981 1979 0 Jahr Abb. 3: Entwicklung der Rotweinflächen weniger stark angebauter Rotweinsorten (ha) von 1979-2000 in Rheinland-Pfalz Bevor im Folgenden auf einzelne Rebsorten eingegangen wird, soll verdeutlicht werden, dass der Erfolg des Rotweines nicht nur von der Rebsorte, sondern auch von zahlreichen weiteren Faktoren abhängt. Alle Faktoren zusammen determinieren letztendlich die Qualität des Weines. Rotwein-Qualität und Sortimentsgruppierung Eine erfolgreiche marktorientierte Rotweinerzeugung ist neben der Rebsortenwahl, aus weinbaulicher Sicht vor allem eine Frage des Standortes und der Bestandsführung (Triebzahl und -anordnung, Laubarbeiten, Pflanzenschutz, Stockerträge etc.) bis hin zum Leseverfahren sowie aus kellerwirtschaftlicher Sicht eine Frage der Ausbauverfahren. Nur wenn die Faktoren Rebsorte, Standort, Bestandsführung und Ausbauverfahren miteinander abgestimmt werden, ist ein qualitativ hochwertiger Rebsorte, -klon Rotwein zu erzielen. Dies ist gerade unter unseren klimatischen Bedingungen, die uns immer wieder an die qualitativen Grenzen des Rotweinanbaus drängen, von Standort Qualität besonderer Bedeutung. Letztendlich stellt sich die Frage: Was ist Qualität ? Zentrale Merkmale der Qualität eines Rotweines aus Bestandsführung Ausbauverfahren Sicht des Konsumenten sind sicherlich die Farbintensität, die Dichte, die Nachhaltigkeit und die Frucht des Weines. Dies alles sind z.B. Eigenschaften eines gelungenen Dornfelders und haben sicherlich zu dessen Erfolg beigetragen. Wie jeder Wein, sollte auch ein Rotwein entsprechend seiner Wertigkeit und seiner Vermarktungsstruktur einem der folgenden drei Sortiments- bzw. Qualitäts-Bereiche angehören: 1. höchste Qualitäten, evtl. Barrique-Ausbau (Premium-Weine) 2. gehobene Qualitäten für anspruchsvolle Konsumenten (Mittelklasse-Weine) 3. Premium Mittelklasse normale Qualitäten für den zügigen marktorientierten Absatz (Basis-Weine) Basis Auch hier wird deutlich, dass die Zugehörigkeit zu einem Qualitätsbereich weniger von der Sorte als vielmehr von der Bestandsführung, den Stockerträgen, dem Ausbauverfahren und dem Jahrgang abhängen. Schließlich hat sich noch kein Betrieb durch den Anbau bestimmter Rebsorten, sondern stets durch die Erzeugung hoher Qualitäten hervorgehoben. In allen drei genannten Segmenten ist sicherlich nahezu jede für Rheinhessen klassifizierte Rotweinsorte unterzubringen. Die Möglichkeit eine Sorte in ein höherwertiges Segment zu platzieren, ist jedoch abhängig von deren Eigenschaften und Anforderungen, unterschiedlich leicht zu realisieren. Neben den vom Winzer beeinflussbaren Faktoren (weinbaulich, kellerwirtschaftlich), die wiederum aus finanzieller und arbeitswirtschaftlicher Sicht zu beleuchten sind, sind diesbezüglich die sehr unterschiedlichen Lage- und Bodenansprüche der verschiedenen Sorten zu berücksichtigen. Welche Sorten pflanzen? 1. Eine Frage der Absatzstruktur ! Wie aus dem Folgenden hervorgeht, kann es eine allgemeingültige Sortimentsüberlegung bzw. Rebsortenwahl nicht geben. Während in den Anbaugebieten mit Rotweintradition die Sortenfrage weniger von Bedeutung ist, wird sie in den flächenstarken Anbaugebieten Pfalz und Rheinhessen aufgrund der unterschiedlichen Absatzstrukturen stärker diskutiert. Die Absatzstrukturen der Direktvermarkter bieten die Möglichkeit der Sortimentserweiterung bzw. -ergänzung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass jede weitere Rebsorte bzw. jeder zusätzliche Rotwein den betrieblichen Ablauf erschwert und mit der Sortimentserweiterung i.d.R. auch eine Qualitätssteigerung verbunden sein sollte. Erzeuger für den Absatz im Lebensmittelhandel (Produktion für Genossenschaften, Erzeugergemeinschaften, Kellereien) sollten i.d.R. nur bewährte, absatzstarke Rebsorten, wie Dornfelder, Portugieser und Spätburgunder anpflanzen. Nur wenn Abnahmeverträge für bestimmte Rebsorten bestehen, kann auch auf andere Rebsorten ausgewichen werden. Entscheidend ist dabei immer die Verbraucherakzeptanz im Lebensmitteleinzelhandel, welche nicht immer hinreichend vorhersehbar ist. Reelle Chancen dürften hier z.Zt. vor allem für den Regent und den St. Laurent bestehen. 2. Eine Frage des Standortes ! Die verschiedenen Rebsorten stellen z.T. sehr unterschiedliche Ansprüche an die Lage, d.h. sie haben unterschiedliche Ansprüche an den Boden und an die klimatischen Gegebenheiten des Standortes. Neben der prinzipiellen Vermarktungsmöglichkeit einer Sorte, muss schließlich gewährleistet sein, dass ein für die Rebsorte geeigneter Standort im Betrieb zur Verfügung steht. 3. Eine Frage der notwendigen Intensität der Bestandsführung (Arbeitswirtschaft / Kosten) ! Selbstverständlich erfordern die verschiedenen Rebsorten auch einen unterschiedlichen Arbeitseinsatz und somit auch unterschiedliche Kosten. Dies betrifft insbesondere Ausbrecharbeiten, Laubarbeiten, Maßnahmen zur Ertragsregulierung, den Pflanzenschutz und evtl. auch die Lese. Bedingt ist dies vor allem durch die unterschiedliche Wüchsigkeit, Fruchtbarkeit und Traubendichte der jeweiligen Sorten. Als Beispiel einer der arbeitsintensivsten Rebsorten soll hier der Blaue Spätburgunder angesprochen werden. Wie alle Burgundersorten neigt auch der Spätburgunder zur verstärkten Ausbildung von Doppeltrieben, welche zu einer dichten Laubwand mit der Folge einer geringeren Beerenausfärbung und einem höheren Botrytisdruck (schlechte Abtrocknung und Pflanzenschutzmittelapplikation) führt. Diese Sorte ist davon besonders betroffen, da sie ohnehin eine vergleichsweise geringe Farbausbeute und bei den klassischen Spätburgunder-Klonen eine sehr dichte Traubenform ( Abdrücken der Beeren ) aufweist und zu dem spät reift. Die für die Erzeugung von Spitzenqualitäten zu hohen Erträge und die hohe Botrytisanfälligkeit zwingen den Winzer zu konsequenten Laubarbeiten (Ausbrechen, Entblätterung), Ausdünnungsmaßnahmen und gegebenenfalls zu einer selektiven Handlese. Welche Rebsorten stehen zur Wahl ? Eine Übersicht ! Eine detaillierte Beschreibung möglicher Rebsorten würde den Rahmen dieser Ausführungen sprengen. Deshalb soll neben den bereits genannten Entscheidungskriterien, im Rahmen dieses Beitrages eine kurze Charakterisierung verschiedener Rebsorten genügen. Einen Beitrag hierzu leisten im wesentlichen die Übersichten 1 und 2. Entsprechend Übersicht 1 werden die Rebsorten in traditionelle Rebsorten (bei Cabernet Sauvignon und Merlot auf internationaler Ebene) und Neuzüchtungen unterteilt. Die Neuzüchtungen wiederum werden in Deckrotweinsorten, eigenständige Sorten und zusätzlich in pilztolerante Sorten unterschieden. Überschneidungen innerhalb dieser drei Bereiche werden für die jeweiligen Sorten durch einen Pfeil dargestellt. Die Rebsorten sind in der Übersicht auch nach ihrem Lageanspruch gruppenweise geordnet. Traditionelle Rotweinsorten Neuzüchtungen Deckrotweine eigenständige Weine pilztolerante sehr hohe Sorten Übersicht 1: Rotweinsorten, unterteilt in traditionelle Sorten und Neuzüchtungen, gruppenweise geordnet nach Lage- Schwarzriesling St. Laurent Portugieser Frühburgunder Do rn fel der Dakapo Dunkelfelder Re gen t Rondo ansprüchen Lageansprüche mittel hoch S p ä t burgunder-Klone M erlo t Le mb erger Ca berne t Cu bin * Ca ber ne t Do rio * Ca ber ne t Do r sa * Ca ber ne t M ito s P ala s A co lon sehr hoch C a b e r n e t S a u v ig n o n * noch nicht in Rheinland-Pfalz klassifiziert, Versuchsgenehmigung erforderlich In Übersicht 2 sind die Rebsorten nach ihren erzielbaren Rotweintyp (deutsch / international) und der Farbdichte differenziert. Hier ist jedoch anzumerken, dass der Rotweintyp nicht allein durch die Rebsorte, sondern in hohem Maße durch anbautechnische Maßnahmen (Bestandführung, Ertragsregulierung) und den Weinausbau (Maischeerhitzung / -gärung, Holzfass- / Barriqueausbau etc.) bestimmt wird. Die Eignung verschiedener Rebsorten zur Erzeugung insbesondere eines internationalen Rotweintyps ist jedoch unterschiedlich zu bewerten. Die Positionierung der Rebsorten (Schriftzug) in Übersicht 2 gibt die standardmäßige, eher sortenbedingte Zuordnung zum Rotweintyp und die hinterlegten Pfeile, die durch entsprechende Maßnahmen (Ertragsregulierung, Maischegärung, Barriquausbau etc.) erzielbaren Rotweintypen wieder. Internationaler Rotweintyp: Deutscher Rotweintyp: weich, fruchtiger, weniger gerbstoff- körperreicher, gerbstoffbetonter, meist Barriqueausbau betont, ohne Barriqueausbau sehr hoch Cabernet Mitos (Cabernet Dorsa) Regent (Cabernet Cubin) Acolon Dornfelder Rondo (Cabernet Dorio) Merlot Lemberger Rotweinsorten, unterteilt nach dem Cabernet Sauvignon Portugieser erzielbaren Weintyp, gruppenweise geordnet nach Frühburgunder Spätburgunder Schwarzriesling gering Übersicht 2: Farbdichte mittel St. Laurent der Farbdichte Spätburgunder-Klone und Neuzüchtungen zunehmender Informationsbedarf ! Die Frage nach geeigneten Klonen bei Rotweinsorten wird, von einer Ausnahme - dem Spätburgunder abgesehen, weniger stark diskutiert als bei Klonen von Weißweinsorten. Unterschiede zwischen einzelnen Klonen werden im Allgemeinen als nicht sehr groß angesehen. Der Spätburgunder dagegen ist wie alle Burgundersorten sehr mutationsfreudig, wodurch sich die verschiedenen Klone im Wuchs, der Traubenform und -dichte sowie der sensorischen Eigenschaften der Weine i.d.R. deutlich unterscheiden. Da der Spätburgunder über alle Absatzschienen vermarktet wird, ist die Wahl eines geeigneten SpätburgunderKlons sowohl für Direktvermarkter als auch für Trauben-, Most- und Fassweinvermarkter von zentraler Bedeutung. Die Sortenfrage wird dagegen von der Absatzstruktur stark begrenzt und ist somit vor allem für Direktvermarkter, insbesondere wenn es um die Sortimentserweiterung geht, relevant. Neben traditionellen Sorten wird ein zunehmendes Interesse einigen Neuzüchtungen beigemessen, die in absehbarer Zukunft zur Sortimentsergänzung oder -erweiterung an Bedeutung gewinnen könnten. Die weiteren Ausführungen werden sich deshalb auf diese beiden Schwerpunkte, Spätburgunderklone und erfolgsversprechende Rotweinneuzüchtungen, beschränken. Die Variation der Spätburgunderklone ist verglichen mit anderen Rebsorten sehr groß. Die Klontypen können vor allem nach der Traubenform unterschieden werden (vgl. Übersicht 3). Klontypen des Blauen Spätburgunders Kompakte Traubenform groß, geschultert Übersicht 3: Lockerbeerige Traubenform klein, walzenförmig Einteilung des Blauen Spätburgunders in verschiedene Klontypen Kleinbeerige Traubenform Aufrechtwachsende Triebe MariafeldTypen GeisenheimTypen in manchen Jahren lockerbeerig (nach M. Porten) Die kompakten Klone stellen die alten klassischen Klone dar. Die dichte Traubenform führt durch Abdrücken der Beeren oft zu extremem Botrytisbefall, was meist eine selektive Lese erfordert oder in ungünstigen Jahren eine Rotweinbereitung unmöglich macht. Die Weine aus diesen Klonen haben über Jahrzehnte das typische Aroma des Spätburgunders definiert. Die Klone mit kleineren Traubenformen innerhalb dieser Gruppe allem durch kleinere Beeren bedingt vor neigen durch ein kleineres Fruchtfleisch/Beerenschale-Verhältnis zu einer besseren Aroma- und Farbausbeute. Als Grenzgänger zu den lockerbeerigen Klonen kann der Klon Frank 105 S bezeichnet werden, der in zwei von zehn Jahren eine eher lockere Traubenform aufweist. Insgesamt werden mit diesen Klonen höchste Qualitäten erzeugt. Die Ausbeute der für Rotwein geeigneten Trauben ist allerdings gering und nur durch eine konsequente Bestandsführung und i.d.R. nur durch eine selektive Lese (höchste arbeitswirtschaftliche Anforderungen) zu erzielen. Da bei den lockerbeerigen Klonen die Gefahr des Abdrückens von Beeren nicht besteht, sind diese wesentlich botrytisunempfindlicher. Ein nennenswerter Botrytisbefall tritt hier nur in Jahren mit allgemein sehr hohem Botrytisdruck auf. Im Gegensatz zu den dichtbeerigen Klonen erlaubt die lockere Traubenform auch eine stärkere Ertragsregulierung (Ausdünnung), ohne der Gefahr zu unterlaufen, dass sich die verbliebenen, jetzt dicker werdenden Beeren abquetschen und zu einem erhöhten Botrytisbefall führen. Die Reife der lockerbeerigen Klone liegt gegenüber den dichtbeerigen Klonen um etwa eine Woche und mehr zurück. Dies macht sich u.a. durch die erhöhten Säurewerte bemerkbar. Da die Trauben lockerbeeriger Klone in der weinbaulichen Praxis aufgrund der geringeren Botrytisgefährdung zwei bis drei Wochen länger am Stock belassen werden können, kann dieser Nachteil in den meisten Jahren mehr als kompensiert werden. Man unterscheidet zwei Typen, die MariafeldTypen und die Geisenheim-Typen. Äußerlich unterscheiden sich die Mariafeld-Typen von den Geisenheim-Typen nur durch ein etwas größeres Stielgerüst und längere Traubenstiele. Die Erträge der Geisenheim-Typen sind etwas geringer. Den Geisenheim-Typen sagt man ein typischeres Spätburgunderaroma (Weichselkirsche, statt Sauerkirsche) zu. Auch sind deren Säurewerte ähnlich der kompakten Klone auf deutlich niedrigerem Niveau. Insgesamt erlauben diese Klone, eine ordnungsgemäße Bestandsführung und Ertragsregulierung vorausgesetzt, in jedem Jahr eine Produktion guter Spätburgunder-Qualitäten bei einer weitgehend gesicherte Ertragsleistung. Auch zur Sekt- und Weißherbstproduktion sind sie hervorragend geeignet. Die kleinbeerigen Klone zeichnen sich durch eine Mischbeerigkeit, d.h. durch einen Wechsel kleiner und großer Beeren, aus. Die Botrytisanfälligkeit soll in den meisten Jahren ähnlich hoch sein, wie bei den lockerbeerigen Klonen, der Ertrag fällt dagegen i.d.R. deutlich niedriger aus. Durch den hohen Anteil kleiner Beeren wird diesem Klontyp ein intensiveres Spätburgunderaroma und eine höhere Farbausbeute nachgesagt. Insgesamt sollen diese Klone für hochwertige Spätburgunder-Weine im Hochpreissegment dienen. Die aufrechtwachsenden Klone stellen aus arbeitswirtschaftlicher Sicht eine interessante Alternative da. Entgegen den übrigen Spätburgunderklonen zeichnen sich diese nicht durch einen hängenden, sondern durch einen besonders geraden Wuchs mit guter Rankenbildung und geringer Geiztriebbildung aus. Dies reduziert die Heftarbeiten. Die freier hängenden (kompakten) Trauben zeigen, verglichen mit den klassischen kompakten Klonen, eine drastische Reduzierung des Botrytisbefalls und eine Begünstigung der Aroma- und Farbbildung. Mit diesen Klonen kann ein ähnliches oder sogar höheres Qualitätssegment bedient werden, als mit den lockerbeerigen Klonen. Das Botrytisrisiko ist jedoch etwas höher. Je nach betrieblicher Situation ist nun abzuwägen, für welchen Klon man sich entscheidet. In Oppenheim liegen seit 1998 Erntedaten eines Klonenvergleichs vor, die in den folgenden Abbildungen dargestellt werden. Dabei ist folgendes zu beachten. Von 1998 bis 2000 wurden die Trauben der verschiedenen Klone zum gleichen Tag geerntet. Im Jahr 2001 dagegen erstmals entsprechend den Erfordernissen (Botrytisbefall) praxisüblich nach Klonen differenziert gelesen. Deshalb werden die Ertrags-, Mostgewicht- und Säurewerte einerseits für den Durchschnitt der Jahre 1998-2000 (Abb. 4 u. 6) und andererseits gesondert für das Jahr 2001 (Abb. 5 u. 7) dargestellt. Die Reben wurden für diesen Klonenversuch nicht ausgedünnt, was sich in den hohen Erträgen wiederspiegelt. Dieses Ertragspotential erlaubt keine Produktion von Spitzenqualitäten. Aus den Abbildungen 4 und 5 gehen einerseits hervor, dass sich die lockerbeerigen Klone im Durchschnitt mehrerer Jahre durch ein deutlich höheres Ertragspotential auszeichnen, in Einzeljahren infolge von Überlastungen des Vorjahres aber auch ähnlich hohe Erträge aufweisen können wie die kompakten Spätburgunder-Klone. Weiterhin kann die starke Reduzierung des nur noch zur Weißherbstbereitung geeigneten botrytisbelasteten Traubenanteils der lockerbeerigen Klone auch bei wesentlich späterer Lese- aufgezeigt werden. Aus Abbildung 6 geht hervor, dass die lockerbeerigen Klone mit Ausnahme des Geisenheim-Typs gegenüber den kleinen, dichtbeerigen Traubenformen bei gleichem Lesetermin deutlich höhere Säurewerte und niedrigere Mostgewichte, also eine langsamere Reifeentwicklung aufweisen. In Abbildung 7 ist zu sehen, dass diese verzögerte Reifeentwicklung im Jahr 2001 durch eine um etwa zwei Wochen spätere Lese zum Teil mehr als kompensiert werden konnte. 34 68 200 77 150 31 39 40 (Weißherbstbereitung) 75 73 gesund 100 (Rotweinbereitung) Traubenform groß, geschultert, rel. dicht We M1 Fr 13 L Fr 12 L Gm 1-11 Fr 52-86 Franc Classic klein, walzenförmig, dicht Gm 18 Menk (Neus) 50 0 fäulnisbehaftet 76 Pinot noir Werte = %-Anteil fauler Trauben Ertrag (kg / ar) 250 M-Typen groß, geschultert, locker Abb. 4: Ertragsdaten der Spätburgunder-Klone bei jeweils gleichem Lesetermin 350 15 34 300 250 fäulnisbehaftet 13 32 16 35 200 42 150 4 20 100 (Rotweinbereitung) Traubenform Lesetermin 2.10. groß, geschultert, rel. dicht 11.10. 2.10. We M1 Fr 13 L Fr 12 L Gm 1-11 Fr 52-86 Franc Classic klein, walzenförmig, dicht Gm 18 Menk (Neus) 50 0 (Weißherbstbereitung) gesund Pinot noir Werte = %-Anteil fauler Trauben Ertrag (kg / ar) (Ø 1998-2000) M-Typen groß, geschultert, locker 17.10. Abb. 5: Ertragsdaten der Spätburgunder- Klone bei differenziertem Lesetermin 2001 93 84 87 92 86 90 87 87 10 0 0 Traubenform klein, walzenförmig, dicht groß, geschultert, rel. dicht We M1 2 Fr 13 L 20 Fr 12 L 4 Gm 1-11 40 Franc Classic 6 Fr 52-86 60 Gm 18 8 Menk (Neus) 80 Säure (g / l) 96 Pinot noir Mostgewicht (°Oe) 100 M-Typen groß, geschultert, locker Abb. 6: Mostgewichte und Säurewerte (der gesunden Traubenfraktionen) der Spätburgunder-Klone bei jeweils gleichem Lesetermin (Ø 1998-2000) 79 80 82 76 80 88 84 84 78 12 10 69 8 60 6 40 4 Traubenform klein, walzenförmig, dicht Lesetermin 2.10. groß, geschultert, rel. dicht 11.10. 2.10. We M 1 Fr 13 L Fr 12 L Gm 1-11 Franc Classic Fr 52-86 0 Gm 18 0 Menk (Neus) 2 Pinot noir 20 Säure (g / l) 100 M-Typen groß, geschultert, locker 17.10. Abb. 7: Mostgewichte und Säurewerte (der gesunden Traubenfraktionen) der Spätburgunder-Klone bei differenziertem Lesetermin 2001 Bezüglich der Rotweinneuzüchtungen haben in den letzten Jahren vor allem Züchtungen aus Weinsberg auf sich aufmerksam gemacht. Dabei handelt es sich um zwei Deckrotweinsorten und vier eigenständige Rotweinsorten. Diese sind in Abbildung 8 dargestellt. Mit Ausnahme des Cabernet Mitos sind diese Sorten noch nicht für Rheinland-Pfalz klassifiziert und somit nur im Versuchsanbau zugelassen. Deckrotweinsorten Palas Cabernet Mitos Trollinger x Rubintraube Lemberger x Cabernet Sauvignon Eigenständige Rotweine Abb. 8: Weinsberger RotweinNeuzüchtungen Acolon Cabernet Dorsa Cabernet Dorio Cabernet Cubin Lemberger x Dornfelder Dornfelder x Cabernet Sauvignon Dornfelder x Cabernet Sauvignon Lemberger x Cabernet Sauvignon Die beiden Deckrotweinsorten Palas und Cabernet Mitos zeichnen sich durch eine tiefdunkle Farbe des Saftes aus. Der Saft des Palas weist weniger Blautöne auf, als der des Cabernet Mitos. Beide Sorten liefern sehr kräftige Weine mit zuckerfreien Extraktwerten von 30-35 g/l. Zur Farbverbesserung eines Rotweines werden 3-8 % dieser Weine benötigt. Der Cabernet Mitos wird gelegentlich auch als eigenständiger Rotwein angeboten. Solche Weine sind sehr dicht und gerbstoffbetont, was eine längerer Lagerung empfielt. Neben diesen Weinsberger Neuzüchtungen stellt auch die Geisenheimer Neuzüchtung Dakapo (Deckrot x Portugieser), welche keine Blautöne aufweist, eine Alternative dar (Erntedaten vgl. Abb. 9). Die eigenständige Rotweinsorte Acolon ähnelt in den weinbaulichen Eigenschaften dem Lemberger, weist jedoch einen späteren Austrieb, eine höhere Beerenfarbe und eine bessere Holzreife auf. Die Weine besitzen eine hohe Farbintensität bei dezenter Gerbstoffnote. Aus qualitativen Gründen ist eine Ertragsregulierung zu empfehlen. Nach unseren Erfahrungen eignet sich die Sorte auch als Verschnittpartner zum Spätburgunder (Erntedaten vgl. Abb. 9). Der Cabernet Dorsa ähnelt im Habitus der Muttersorte Dornfelder, weist jedoch eine etwas geringere Wüchsigkeit, bessere Holzreife, spätere Beerenreife und etwas kleinere Beeren und Trauben auf. Die Weine sind sehr farbintensiv, manchmal gerbstoffbetont und zeigen deutliche Kirscharomen. Der Cabernet Dorsa kann als Dornfelder-Typ gehobener Qualität bezeichnet werden (Erntedaten vgl. Abb. 9). Der Cabernet Dorio entstammt der gleiche Kreuzung wie der Cabernet Dorsa, weist jedoch nur wenige Merkmale der Elternsorten auf. Er besitzt allgemein praxisgerechte Rebstockmerkmale, wobei die späte Beerenreife und die hohe Reifeleistung beachtlich ist. Die Farbe des Weines ist ähnlich einem Cabernet Sauvignon, ist also geringer als die der übrigen Weinsberger Neuzüchtungen. Auch das Geschmacksbild des Weines weist Parallelen zur Vatersorte Cabernet Sauvignon auf. Der Cabernet Dorio liefert einen eigenständigen neuen Rotwein-Typ (Erntedaten vgl. Abb. 9). Der Cabernet Cubin kann als robuste spätreifende Rotweinsorte charakterisiert werden. Der Traubenaufbau weist Ähnlichkeiten zur Vatersorte Cabernet Sauvignon auf. Die Weine zeichnen sich durch eine hohe Farbdichte, kräftige, tanninbetonte und Cabernet Sauvignon geprägte Art aus. Eine Ertragsregulierung und der Ausbau im Holzfass oder Barrique ist bei dieser Sorte zur Erzeugung herausragender Weine besonders zu empfehlen. Mehrjährige Ergebnisse aus Oppenheim liegen zu dieser Sorte noch nicht vor. Versuchsergebnisse aus Oppenheim zeigen das deutlich niedrigere Ertragspotential der Weinsberger Neuzüchtungen verglichen mit einem lockerbeerigen Spätburgunder und insbesondere dem Dornfelder. Gegenüber dem Dornfelder macht sich dies durch ein stark erhöhtes Mostgewicht bemerkbar (vgl. Abb. 9). 200 Ertrag (kg/ar) bzw. Mostgewicht (°Oe) Ertrag kg/ar 187 171 157 153 160 Mostgewicht °Oe 148 124 120 87 80 92 94 88 77 94 95 91 Palas Deckrotweinsorten Cabernet Mitos Acolon Cabernet Dorsa Eigenständige Rotweine Cabernet Dorio Dornfelder 0 Spätburgunder (We M1) 40 Abb. 9: Spätburgunder und Dornfelder im Vergleich mit verschiedenen Weinsberger Rotwein-Neuzüchtungen in der Lage Oppenheimer Kreuz (Ø1998-2001) Fazit Wie den Ausführungen zu entnehmen ist, ist die Rebsortenwahl von zahlreichen, zum Teil nicht kalkulierbaren Faktoren abhängig. Diese reichen von der Absatzstruktur, der allgemeinen Angebotssituation einer Rebsorte, dem Standort, der arbeitswirtschaftlichen und technischen Ausstattung des Betriebes, der Betriebsphilosophie mit der sich der Betriebsleiter identifizieren muss bis hin zum Konsumentenverhalten (Nachfrage). Erschwerend kommt hinzu, dass es die Standzeit einer Rebanlage nicht erlaubt auf eine falsche Sortenwahl bzw. auf sich ändernde Nachfragesituationen zeitgerecht zu reagieren. Aus diesen Gründen kann es keine allgemeingültigen Empfehlungen zur Sortenwahl geben. Ziel dieses Beitrages ist es deshalb, einen Überblick zu verschaffen, um so Entscheidungshilfen für die einzelbetriebliche Situation zu geben.
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