30. Juni 2016 VÖB-Sommer-PK: Podcast mit Präsident Dr. Gunter Dunkel und Hauptgeschäftsführerin Prof. Dr. Liane Buchholz (5:54 Min.) Aktuelle Themen aus der Bankenwelt standen am 30. Juni in Frankfurt am Main im Mittelpunkt der Sommer-Pressekonferenz des Bundesverbands Öffentlicher Banken, VÖB. Dabei ging es unter anderem um die Brexit-Entscheidung der Briten, um die seit anderthalb Jahren laufende Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) und um die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik auf die Banken. Mehr dazu hören Sie hier in diesem Podcast von VÖBPräsident Dr. Gunter Dunkel und VÖB-Hauptgeschäftsführerin Prof. Dr. Liane Buchholz. 1. Herr Dr. Dunkel, die Mehrheit der britischen Wähler hat am 23. Juni dafür gestimmt, dass Großbritannien die Europäische Union verlassen soll. Wie beurteilen Sie das Votum für den Brexit? O-Ton 1 (Dr. Gunter Dunkel, 0:54 Min.): „Das ist natürlich ein ganz tiefer und auch am Ende historischer und auch schwerer Einschnitt in der Geschichte Europas. Das hat so die Größenordnung vom Mauerfall 1989. Wir verlieren ein ganz wichtiges Mitglied, das immer für weniger Bürokratie, für Augenmaß in der Regulierung votiert hat. Wir verlieren eine unbequeme Stimme, aber die war auch wichtig und notwendig. Und was mich wirklich besorgt, was darauf ja folgt, ist so eine europafeindliche Haltung, insbesondere dann, wenn man von Brüssel, wo man positiv diskutiert hat, wieder nach Hause zurückkehrt und dann mit den Wölfen heult. Das besorgt einen schon. Wir brauchen jetzt in Europa innere Reformen. Wir müssen wissen, auf was wir uns konzentrieren wollen. Wir brauchen einen Konsens über die Zukunft der europäischen Union. Und Großbritannien muss jetzt schnell in die Strümpfe kommen und dann für klare Verhältnisse, auch im eigenen Interesse, sorgen. Insgesamt kann ich nur sagen, das sind so turbulente Zeiten. Da sind kühle Köpfe gefragt.“ 2. Der VÖB vertritt die Landesbanken und die Förderbanken. Wie haben sich Ihre Mitglieder im abgelaufenen Geschäftsjahr entwickelt? O-Ton 2 (Dr. Gunter Dunkel, 1:22 Min.): „Insgesamt kann man sagen: positiv. Aber wie immer, nicht überall positiv. Ich beginne mal zunächst damit, dass wir weiterhin einen ganz wesentlichen Teil, also unsere Mitglieder meine ich natürlich damit, einen wirklich ganz wesentlichen Teil des deutschen Bankenmarktes repräsentieren. Jeder dritte Unternehmenskredit, mengenmäßig, höhenmäßig, kommt von uns – 30 Prozent der Bilanzsummen des deutschen Bankenwesens vertreten wir. Etwa die Hälfte aller Kommunalkredite kommen von unseren Mitgliedern. Also wir leisten schon einen ganz wichtigen Beitrag 1/3 für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Die Landesbanken stärken weiterhin ihr Eigenkapital, bauen parallel Risiken substanziell in den Bilanzen ab. Sie sind also heute viel stabiler als noch vor wenigen Jahren und auch stabiler als im Vorjahr. Bedenklich, und das ist etwas Wasser in den Wein, ist die schwache Ertragslage. Die ergibt sich nicht daraus, dass dort nicht ordentlich gewirtschaftet wird, sondern, dass Regulierung und Niedrigzinsphase einfach so stark auf die Ertragslage wirken, dass die Kosten des Eigenkapitals im Augenblick nicht verdient werden können. Bei den Förderbanken ist der Blick anders. Die sind bärenstark, haben hohe Eigenkapitalquoten, sodass wir nicht verstehen, warum die mit derselben Intensität wie eine internationale Großbank reguliert werden müssen. Wir plädieren sehr dafür, dort regulatorische Änderungen und Erleichterungen zu machen.“ 3. Frau Prof. Buchholz, die Niedrigzinspolitik der EZB trifft vor allem die Sparer in Deutschland hart. Welche Folgen haben die niedrigen Zinsen für die Banken? O-Ton 3 (Prof. Dr. Liane Buchholz, 1:13 Min.): „Für die Banken sind niedrige beziehungsweise aktuell sogar negative Zinsen ein wirklich großes Problem – insbesondere über einen so langen Zeitraum. Die Banken profitieren nicht von der Niedrigzinsphase, denn die Banken verdienen in diesem Umfeld weniger Geld. Und da Banken in der Regel Kredite langfristig vergeben, zum Beispiel für den Hausbau eines Kunden, sind sie von den niedrigen Zinsen auch längerfristig betroffen. Banken müssen zudem Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB anlegen. Daher müssen manchen Banken ihren Kunden wiederrum Gebühren berechnen, falls diese große Summen anlegen wollen. Bei manchen Produkten betreten wir dabei auch wirklich juristisches Neuland. Weiterhin ist die Preisbildung an den Geld- und Kapitalmärkten gerade massiv verzerrt, da die EZB auch umfangreich Wertpapiere ankauft. Wer beispielsweise der Bundesrepublik Geld leiht, muss dafür noch Geld zahlen – und das bis zu zehn Jahre lang. Je länger die Niedrigzinsphase anhält, desto größer und unkalkulierbarer werden die daraus resultierenden Kosten. Wir sehen die langfristige Stabilität des Finanzsystems dabei wirklich gefährdet. Die EZB sollte das Ende der lockeren Geldpolitik klar und deutlich einleiten. Dabei muss sie aber sehr vorsichtig vorgehen und Überraschungen vermeiden.“ 4. Die Europäische Zentralbank beaufsichtigt auch die wichtigsten Banken der Eurozone, darunter 13 Banken aus Ihrem Verband. Wie ist hier Ihre Bewertung? O-Ton 4 (Prof. Dr. Liane Buchholz, 1:01 Min.): „Hier sind die ersten Erfahrungen tatsächlich sehr positiv. Die Experten der EZB und der nationalen Aufseher sind nun seit anderthalb Jahren in den Banken aktiv. Und von unseren Mitgliedern werden die EZB-Aufseher als sehr professionell eingeschätzt. Für den 2/3 schnellen Aufbau der einheitlichen Bankenaufsicht zollen wir der EZB großen Respekt. Kritisch jedoch sehen wir die fehlende Transparenz mancher Entscheidungen. Zum Beispiel hat die EZB von einigen Banken höhere Kapitalzuschläge verlangt. Die Gründe dafür sind aber nicht bekannt. Hier würden wir das Vorgehen der EZB gern besser nachvollziehen können. Leider überschreitet die EZB nach unserer Ansicht zuweilen ihr Mandat. Sie hat den Auftrag, Banken anhand von rechtlichen Regelungen zu beaufsichtigen. Die EZB neigt jedoch dazu, die Regeln für ihr Handeln selbst zu setzen. Das verstößt gegen die rechtsstaatlichen Prinzipien und bringt den Banken große Unsicherheit. Wir werden den fachlichen Dialog mit der Bankenaufsicht in der EZB weiterhin intensivieren. Positiv zu vermerken ist, dass die EZB sehr offen und dankbar für Rückmeldungen aus der Praxis ist.“ Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.voeb.de. 3/3
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