Hart, aber herzlich

Das ist toll
Laut einem Urteil ist „Happy Birthday“ endgültig Allgemeingut Seite 31
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
NRW
124
Das tut weh
Bud Spencer war Kindheitsheld, Schwergewicht, unschlagbar im Doppelpack mit Terence Hill. Ein Nachruf Seiten 2/3
1 EURO
NACHRICHTEN
Hart, aber herzlich
SPORT
Die Isländer und ihr
Fußball-Märchen
Freundlich wird der scheidende britische Premier Cameron in Brüssel begrüßt.
Doch die EU-Partner machen deutlich: Wer aus der Union austritt, verliert Vorteile
Wer sind diese bärtigen Kerle,
die Europa verzaubern? Und
woher stammt der „Hu, Hu,
Hu“-Kampfruf der Fans? Antworten auf den EM-Seiten 10-14
F
ünf Tage nach dem BrexitVotum verschärft die Europäische Union ihren
Kurs gegenüber Großbritannien.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und Bundeskanzlerin Angela Merkel warnten, dass das Land ohne Austrittsantrag keine Gespräche über sein
Verhältnis zur EU und den Zugang
zum Binnenmarkt führen könne.
Merkel stimmte die britische Regierung auf einen harten EU-Kurs
ein: „Wir werden sicherstellen, dass
die Verhandlungen nicht nach dem
Prinzip der Rosinenpickerei geführt
werden“, sagte die Kanzlerin in einer
Regierungserklärung in Berlin. Zugleich betonte sie: „Die EU ist stark
genug, um den Austritt Großbritanniens zu verkraften.“ Der Ansicht des
Brexit-Befürworters und früheren
Londoner Bürgermeisters Boris
Johnson, dass Großbritannien weiterhin vollen Zugang zum EU-Bin-
WIRTSCHAFT
„Dieselgate“ kostet VW
fast 15 Milliarden Dollar
Die Aufarbeitung des Skandals
wird richtig teuer. Nach monatelangen Verhandlungen ist ein
Entschädigungspaket für USKunden geschnürt. Seite 19
WIRTSCHAFT
Mindestlohn steigt
auf 8,84 Euro
34 Cent mehr pro Stunde: Kommission aus Arbeitgebern und
Arbeitnehmern einigt sich auf
eine neue gesetzliche Lohnuntergrenze. Seiten 15 und 20
nenmarkt haben werde, erteilte Merkel eine klare Absage. „Wer austreten
möchte, kann nicht erwarten, dass alle Pflichten entfallen, die Privilegien
aber weiter bestehen.“ Die Kanzlerin
kündigte an, dass die verbleibenden
27 EU-Staaten bis spätestens März
2017 beschließen sollten, wie sie die
EU effektiver machen wollen.
EU-Kommissionschef Jean-Claude
Juncker forderte den raschen Start
des Austrittsprozesses. „Die Briten
wollen raus aus der EU, dementsprechend sollte man handeln“, sagte er
vor dem EU-Parlament. Doch anstatt
den Austritt offiziell zu erklären, betrieben Premier David Cameron und
seine Partei ein „Katz-und-MausSpiel“. Die EU könne sich keine längere Phase der Unsicherheit leisten.
Juncker kritisierte „klammheimliche“ Bestrebungen in London, die
Verhandlungen mit den EU-Partnern
noch vor der offiziellen Austrittserklärung „in abgedunkelten Räumen“
zu beginnen und so etwa den Zugang
zum EU-Binnenmarkt zu sichern. Er
habe seinen Mitarbeitern einen
„Mufti-Befehl“ erteilt, sich auf keinerlei derartige Gespräche einzulassen. Wenn die Verhandlungen dann
offiziell starteten, „werden wir die
Tagesordnung bestimmen und nicht
diejenigen, die die EU verlassen wollen“. In der Aussprache des Europaparlaments redete Juncker anders als
sonst nicht auf Englisch. Nur an den
Brexit-Wortführer Nigel Farage
wandte er sich einmal in dieser EUAmtssprache: „Ich bin überrascht,
dass Sie hier sind. Sie haben für den
Austritt gekämpft, die Bürger haben
dafür gestimmt“, sagte Juncker. „Warum sind Sie hier?“
Die EU muss nach den Worten des
französischen Präsidenten François
Hollande entschlossen reagieren.
„Die ganze Welt schaut auf Europa.“
Die Entscheidung der Briten sei sicher traurig – vor allem für diese
selbst. „Aber Europa wird sich nicht
aufhalten lassen.“ Seiten 4-7 und 15
IM INTERNET
Tweets des Tages
RIP Bud Spencer ... My heart goes out
to your family RUSSELLCROWE
Wegweisend: Angela Merkel
stimmt David Cameron auf
einen harten EU-Kurs ein
Thank you for everything! R.I.P.
#BudSpencer MESUTOZIL1088
#BudSpencer was a great sportsman, unique actor and a childhood
hero to all of us. My thoughts are
with his family. BSCHWEINSTEIGER
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2 NACHRUF
DIE WELT KOMPAKT
„
,,
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
FILMSPRÜCHE
Bohnen mit dem Holzlöffel:
Bud-Spencer-Filme – wie hier
„Die Troublemaker“ – gerne
als Klamauk-Western abgetan,
wurden Kult
Ist das Asthma
oder Leidenschaft?
(Bei einer Kneipenschlägerei
in „Sie nannten ihn Mücke“)
Was ist dir da aus
dem Gesicht gefallen,
du Arschloch?
,,
Von meiner
Blutprobe könnten
die Bullen
Betriebsfest machen
,,
(An Bord eines Flugzeugs in „Zwei
Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“)
Komm her, dir werde
ich auch einen vor
den Ständer kleistern
,,
PICTURE-ALLIANCE/ MARY EVANS PICTURES/ RIALTO FILMS / RONALD GRANT ARCH
(Als sich Bud Spencer in
„Vier Fäuste gegen Rio“ durch
einen Ausspruch beleidigt fühlt)
Weitere bärenstarke Rollen mit dem
Kumpel Terence Hill: „Hector, der
Ritter ohne Furcht und Tadel“ (o.)
und „Die rechte und die linke Hand
des Teufels“ (u.)
,,
(In „Vier Fäuste für ein Halleluja“,
um einen Revolverhelden von einer
Theke zu vertreiben)
PICTURE ALLIANCE / UNITED ARCHIV
Mach schon Platz,
ich bin der Landvogt!
PICTURE ALLIANCE / UNITED ARCHIV
(Zu Beginn einer Schlägerei in „Zwei
Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“)
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GETTY IMAGES
Insgesamt 17 Filme machte Bud Spencer mit dem zehn Jahre
jüngeren Terence Hill, darunter „Vier Fäuste gegen Rio“ (o.).
Ohne Hill in „Buddy haut den Lukas“ (u.). Dort kämpft er als
Sheriff mit seinem Adoptivsohn gegen Außerirdische
1952 hieß Bud Spencer noch Carlo Pedersoli und schwamm bei
der Olympiade in
Helsinki, hier mit der
Schwimmerin Irene
Strong (r.).
Unten: Mit Ehefrau
Maria Amato auf
dem Frankfurter
Opernball 1998
PICTURE ALLIANCE / UNITED ARCHIV
Hat dir eigentlich
schon mal einer
mit einem
Vorschlaghammer
einen Scheitel
gezogen?
PICTURE ALLIANCE/ OBS
(Bei einer Keilerei in „Zwei
sind nicht zu bremsen“)
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
DIE WELT KOMPAKT
NACHRUF 3
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Poet der
Männlichkeit
Der Himmelhund auf dem Weg zum Himmel: Bud Spencer
ist tot. Und hinterlässt die Generation Bud – erwachsene
Waisenkinder, die vom „Dampfhammer“-Schlag träumen
H
errje, soll man jetzt
mit dem SchimanskiWort „Scheiße“ anfangen? Die Klagen
über die Mortalitätsrate der internationalen
Kulturszenerie
sind ja längst zum Klischee geworden, jeden gottverdammten
Tag neue Namen. Nun hat sich
auch Carlo Pedersoli aus der
Welt verabschiedet, der sich von
der Mitte seines Lebens an Bud
Spencer nannte, nach einer Flasche seines Lieblingsbieres Budweiser und nach Spencer Tracy,
dem amerikanischen Schauspieler, der stets so weise, gütig und
cool wirkte.
PICTURE ALLIANCE/ KEYSTONE/ OLGUN
VON HOLGER KREITLING
Mit 86 Jahren ist er gestorben,
da kann man nicht meckern,
nach diesem Leben sowieso
nicht. Das letzte Wort, das uns
Bud Spencer geschenkt hat,
richtete er an seinen Sohn Giuseppe. Es soll „Danke“ gewesen
sein, grazie. Und in dieser heiteren Größe liegt ein Versprechen
und ein kluges Vermächtnis. Der
Mann, der so viel Spaß verbreitet und in seinen Filmen so viel
frohen Lebenssinn bewiesen
hat, bleibt sich treu bis zum
Schluss: nimm’s leicht und lächle. Es wird schon.
All die Erinnerung an die Toten rührt eine Generation, die
sich ihrer selbst in Sentimentalität versichert und rühmt. Der
späte Nachruhm Bud Spencers
mit der ungeheuren Beliebtheit
gerade in Deutschland, vervielfältigt durch immer neue Auftritte und Ovationen, ist ein Zeichen dafür.
Bud Spencer war für die überwältigende Mehrheit der Fans
und Verehrer ein Kindheitsheld,
eine Identifikationsfigur in den
Jahren der Herzensprägung und
des überquellenden Gefühlshaushalts. Es ging los mit den
Kindern der frühen Sechzigerjahre, die – wie der Autor – Bud
Spencers Faust noch gewaltig
und überlebensgroß im Kino gesehen haben, auf harten Holzstühlen in der Nachmittagsvorstellung, und danach überzeugt
waren, später einmal so fest zuhauen zu können, wenn man nur
genug Bohnen mit dem Holzlöffel oder Pasta aus dem Topf es-
sen würde. Naturgemäß hat das
nicht geklappt, ähnlich wie mit
den Doppelohrfeigen Terence
Hills. Es war Slapstick, reines Kino, die Organisation der Bilder
in der Zeit, aber das wussten die
staunenden Kinder damals nicht.
Spätere Zöglinge haben die
Filme dann im Fernsehen gesehen und genauso geliebt, in unzähligen Wiederholungen. Die
Szenen vermengten sich irgendwann, sodass niemand mehr so
richtig weiß, aus welchem Film
welche Prügelei stammt, irgendwas mit Nilpferd oder Krokodil
oder Mücke, oder Buddy oder
Banana Joe, eigentlich egal,
Hauptsache Dampfhammer auf
die Glocke. Und dieser BudSpencer-Schlag auf den Kopf
kam immer. Die bösen Kerle
mühten sich, flogen durch die
Räume, bis sie vor Bud Spencers
Faust kamen, sie hob sich und
sauste von oben auf den jeweiligen Wirsing oder Nüschel, boing
und fertig.
Im Kino auf den harten Holzstühlen wurde dann gelacht, gejubelt, gestrahlt, und später vor
dem Fernseher wieder. Die normative Kraft des Faktischen
steckte in diesem Hieb, lernte
man später, auch die alles verschlingende Kraft des Spätkapitalismus oder was sonst in die
Spaghettiwestern hineininterpretiert wurde, die die Vorläufer
des Bud Spencerschen Oeuvres
waren und nun als Komödien
neue Popularität gewannen.
Jedenfalls bewies der Held
Mut und Güte und soziales Gewissen, er war Don Camillo ohne
Kutte und Muhammad Ali in
dick, er war harmlos und durchsetzungsfähig zugleich, also
rundum bewundernswert. Friedensbewusst war sein Verzicht
auf Schießgewehr und Revolver
geradezu idealtypisch.
Die Kinder lachten über seine
archaischen Rituale, auch wenn
sie die parodierten Originale gar
nicht kannten. Und die Kinder
träumten sich in die Zeiten, als
Konflikte noch mit Fäusten zu
regeln waren; meistens war das
nämlich schon auf dem Schulhof
nicht mehr der Fall.
Bud Spencers Figuren waren
extrem aus der Zeit gefallen, immer, und genau deshalb funktionierten sie so gut. Hinzu kam das
Loblied auf die Freundschaft und
die Kumpelhaftigkeit. 17 Filme
machte Bud Spencer mit dem
zehn Jahre jüngeren Terence
Hill, der als Mario Girotti geboren wurde. Die deutschen Titel
setzen auf Serienhaftigkeit:
„Zwei Himmelhunde auf dem
Weg zur Hölle“, „Zwei wie Pech
und Schwefel“, „Zwei sind nicht
zu bremsen“. Oder doppelt so
stark: „Vier Fäuste für ein Halleluja“, „Vier Fäuste gegen Rio“,
„Vier für ein Ave Maria“.
Himmelhunde, Halleluja, Ave
Maria: Es war damals offensichtlich noch recht gut um die religiöse Grundbildung der Jugend
bestellt, wenn diese Schlüsselreize funktionierten. Immer rein
ins Kino, das Taschengeld war
super angelegt.
Das deutsche Publikum hat
Bud Spencer immer als Dampfhammer geliebt und erst spät begriffen, dass in dem Schwergewicht ein anderer Körper steckte, der eines choreografiebewussten Sportlers. Carlo Pedersoli aus Neapel feiert zuerst Erfolge als Schwimmer, mit 22 Jah-
Kabel eins sendet Kinohits
Der Privatsender Kabel eins
bestückt nach dem Tod von
Bud Spencer sein Programm
gleich an mehreren Abenden
mit dessen Kinohits. Heute
sind die Filme „Die rechte und
die linke Hand des Teufels“
(20.15 Uhr), „Vier Fäuste für
ein Halleluja“ (22.30 Uhr),
„Zwei außer Rand und Band“
(1.05 Uhr) und „Freibeuter der
Meere“ (3.30 Uhr) zu sehen.
Morgen lässt Kabel eins die
Filme „Zwei Asse trumpfen
auf“ (20.15 Uhr), „Die rechte
und die linke Hand des Teufels“ (22.20 Uhr), „Das Bud
Spencer Spezial“ (0.35 Uhr),
„Vier Fäuste für ein Halleluja“
(1.50 Uhr) und „Zwei Asse
trumpfen auf“ (3.50 Uhr)
folgen.
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ren schwamm er die 100 Meter
unter einer Minute (wie der spätere Schauspieler Johnny Weissmüller), zweimal, 1952 und 1956,
war er bei Olympia dabei. Er hatte Jura studiert, aber in Südamerika, wo er lange lebte, nie damit
gearbeitet. Als er Ende der Fünfzigerjahre nach Italien zurückkehrte, begann er als Schlagerkomponist und Musiker. Außerdem besitzt er Patente, er erfand
etwa die Einwegzahnbürste mit
integrierter Zahncreme und einen Spazierstock mit eingebautem Stuhl und Tisch.
1967 kam, nach einer Reihe
von Mini-Auftritten, die Rolle im
ernsthaften und der Zeit entsprechenden brutalen Western
„Gott vergibt … Django nie!“ Um
den Namen Pedersoli nicht zu
beschädigen, wählte er ein Pseudonym; auch das war üblich. Mario Girotti sprang ein, weil der
ursprüngliche Darsteller sich einen Fuß gebrochen hatte.
Das Publikum mochte die ungleichen Zwei, die Erfolgsformel
musste sich aber wie bei Laurel
& Hardy und Dean Martin & Jerry Lewis erst noch entwickeln.
Ab 1970 liefen die Komödien wie
am Schnürchen, eine ganz eigene
commedia dell’arte mit Prügel
und Happy End war geboren. Die
alten Filme wurden gekürzt und
neu (und möglichst schnodderig) synchronisiert und liefen
dann auch. Aus „Hügel der blutigen Stiefel“ wurde, um 13 Minuten Gewalt gekürzt, „Zwei hau’n
auf den Putz“. Kein Wunder,
dass seriöse Filmkritiker immer
verächtlich auf die zwei Komödianten blickten.
Bis die Kino- und Fernsehkinder groß wurden und zeitgleich
mit dem enormen gesellschaftlichen und sozialen Wandel der
letzten Jahrzehnte die Verklärung einsetzte. Bud Spencer ist
eben auch der väterliche Held
der schlichten Lösungen, eine
vormoderne Identifikationsfigur
aller Jungen, die ihre Ideale unerwartet oft anpassen müssen
und denen die Zeit durch die
Finger zu rinnen scheint.
Bud Spencers Autobiografie
wurde 2011 zum Bestseller, er
legte gleich nach, es gab umjubelte Auftritte. Auch wenn der
alte Herr im Stuhl saß, konnte er
die Faust recken. In Schwäbisch
Gmünd wurde ein Freibad nach
Bud Spencer benannt, dort gewann er in den Fünfzigerjahren
einen Schwimmwettkampf. Der
Rummel war größer als wenn jemand in die Walhalla und in die
Fußball-Nationalmannschaft
aufgenommen worden wäre.
Carlo Pedersoli hat das alles lächelnd entgegengenommen. Weise waren seine Antworten, simpel
sein Rat. Die Komödie des Lebens
müsse man annehmen und feiern, das Leben sei eine Farce, eine Groteske. „Wir sind, sobald
wir geboren werden, auf einer
Reise zum Tod“, hat er im vergangenen Jahr noch gesagt und
über seine Gelassenheit und den
Glauben gesprochen. Dem Tod
wolle er mit Anstand begegnen.
An diesem Montag war es soweit.
Grazie, signore.
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
4 NACH DEM BREXIT-VOTUM
KOMPAKT
VEREINIGUNG
Südkorea weist
Vorschlag zurück
Angesichts der Spannungen auf
der Koreanischen Halbinsel
kritisiert Südkorea einen Vorstoß Nordkoreas für eine Konferenz zum Thema Wiedervereinigung als bloße Propaganda.
Das Vereinigungsministerium
warf dem kommunistischen
Regime des Nachbarlands gestern vor, ein heuchlerisches
Angebot gemacht zu haben.
Nordkorea wolle angeblich
über Frieden und Vereinigung
reden, während es gleichzeitig
sein Atom- und Raketenprogramm vorantreibe.
BND
Mehr Kontrolle
über Geheimdienst
Für den Bundesnachrichtendienst (BND) sollen künftig
präzisere Regeln für das Ausspähen von Zielen im Ausland
gelten. Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht rechtliche Beschränkungen für das Abhören
von Bürgern und Institutionen
in der EU vor. Ein neues Gremium soll die Arbeit des BND
kontrollieren. Der Entwurf
bleibt allerdings hinter dem
ursprünglich von den Koalitionsfraktionen geplanten stärkeren Schutz von Einrichtungen und Bürgern in der Europäischen Union zurück.
Die EU will Einigkeit zeigen, dabei gibt es ganz
unterschiedliche Ideen zur Zukunft des Kontinents
N
ach dem Brexit wollen
die übrigen 27 EUMitglieder vor allem
eines: gegenüber den
abtrünnig gewordenen Briten Einigkeit demonstrieren und den
Willen, die Europäische Union fit
für die Zukunft zu machen. „Es
ist wichtig, dass wir sagen können: Wir kommen auch voran“,
sagte Angela Merkel vor Beginn
des EU-Gipfels in Brüssel, zu
dem auch der britische Premier
David Cameron anreiste.
VON CHRISTOPH B. SCHILTZ UND
ANDRE TAUBER
Diese Lösungen einvernehmlich zu finden, dürfte jedoch gewiss nicht einfach werden. Denn
die 27 Mitgliedsstaaten sind alles
andere als einig, wie die EU in Zukunft aussehen soll. Das sind die
wichtigsten Strömungen.
DIE VERTIEFER
Die Bundespolizei hat mit
ihren beiden Streifenbooten
seit März mehr als 1000 Menschen vor der griechischen
Ägäis-Insel Samos aus Seenot
gerettet. Die Lage habe sich
aber wegen der erhöhten Aufmerksamkeit der türkischen
Küstenwache etwas entspannt,
sagte der Präsident der Bundespolizeidirektion im schleswig-holsteinischen Bad Bramstedt, Bodo Kaping.
MALI
Frankreich geht
gegen Terroristen vor
Im unruhigen Norden Malis
gehen französische Truppen
seit Montagabend gegen Terroristen und Schmuggler vor.
Bislang seien mindestens vier
Verdächtige verhaftet worden,
berichtete der französische
Auslandsrundfunk RFI gestern
unter Berufung auf Sicherheitskreise. Die Operation
solle noch mehrere Tage andauern. Die Bundeswehr ist in
Mali am UN-Einsatz Minusma
beteiligt und bildet lokale Sicherheitskräfte aus.
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Gespaltene
Staaten
von Europa
MITTELMEEREINSATZ
Bundespolizei rettete
1000 Flüchtlinge
DIE WELT KOMPAKT
Im März trafen sich die sozialdemokratischen Parteichefs in Paris. Auf Einladung von Frankreichs Staatspräsident François
Hollande sprachen sie sich für
mehr Investitionen in Europa
und ein Ende der Sparpolitik aus.
„Wachstum, Wachstum, Wachstum“, forderte Italiens Premierminister Matteo Renzi. Und Hollande forderte ein „politischeres
Europa“ – also eines, das es Defizitsünder Frankreich erlaubt,
mehr Schulden zu machen.
Nun wittern die Sozialdemokraten die Chance, ihre Vorstellungen
auch in die Realität umzusetzen.
Als Reaktion auf den britischen
Austritt mehren sich die Forderungen, endlich mehr Wachstumsimpulse zu setzen. In Berlin fürchtet man diese Dynamik. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
(CDU) will verhindern, dass deutsche Steuerzahler für Defizite in
anderen Staaten haften.
Die Sozialisten stehen unter
Druck zu liefern. Die Regierungen in Rom, Paris, aber auch
Madrid haben es mit eurokritischen Bewegungen von rechts
wie links zu tun. In Frankreich
wird kommendes Jahr gewählt,
und in Italien könnten auch
schon bald Neuwahlen drohen.
Beide Politiker brauchen Impulse
für die Wirtschaft, um die Populisten im Zaum zu halten. Und sie
hoffen auf Verständnis aus Berlin.
Renzi sagte dort am Montag, es
könne auch die „Chance“ für einen Neustart der EU sein.
DIE PRAGMATIKER
Europa war für die Deutschen immer zunächst einmal die Chance,
die eigene Macht zu begrenzen.
Den Nachbarn sollte die Angst
vor einer deutschen Dominanz
Wer Angela Merkel sucht: Sie steht auf diesem Gruppenbild der
EU-Staats- und Regierungschefs ausnahmsweise in der zweiten
Reihe, hinter dem bulgarischen Premier Bojko Borissow (3.v.r.)
genommen werden. Daran hat
sich bis heute nichts geändert.
Und so ist man in Deutschland lange Zeit für weitere Einigungsschritte offen. SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier machte den deutlichsten
Schritt, indem er die anderen
fünf
EU-Gründungsnationen
nach Berlin lud, um die Schaffung eines Kerneuropas zu diskutieren. Ein Kern der Gleichgesinnten sollte voranschreiten.
So seine Idee.
In den Gründungsstaaten gibt
es sie noch, die Föderalisten alter
Schule. In Belgien etwa forderte
Premierminister Charles Michel
unmittelbar nach dem britischen
Referendum einen EU-Sondergipfel. Die Staats- und Regierungschefs sollten in ein Konklave gehen, um über die weiteren Schritte zu beraten. In Luxemburg und
in den Niederlanden denkt man
ähnlich – wobei Den Haag es sich
wegen des Drucks der Rechtspopulisten kaum erlauben kann, of-
Juncker blafft Farage an
EU-Kommissionspräsident
Juncker hat im EU-Parlament
deutlich seine Gefühle gegenüber den Brexit-Befürwortern
gezeigt. Besonders mit dem
Ukip-Chef Nigel Farage legte
sich Juncker an. So sprach
Juncker nicht wie sonst Englisch, sondern nur Deutsch und
Französisch. Nur einmal wech-
selte er ins Englische: „Warum
sind Sie denn überhaupt
hier?“ blaffte er Farage an. Der
giftete zurück, dass er vor Jahren noch für seine Forderung
nach einem Brexit ausgelacht
worden sei. „Jetzt lachen Sie
nicht mehr, oder?“ sagte Farage in seiner Rede, die von BuhRufen begeleitet wurde.
„Hauptsache, nicht Boris“: Auch einige Tories wollen
D
as britische Brexit-Drama birgt viele Lehren. Eine davon handelt von der
grausamen Unberechenbarkeit
der Politik. Es ist eine Lektion
darüber, dass politische Triumphe nicht nur vergänglich, sondern gefährlich sind. Siege tragen
fürchterliche Risiken in sich.
VON EVA LADIPO
AUS LONDON
So erging es Premierminister
David Cameron. Es ist gut ein
Jahr her, seit er von einer überwältigenden Mehrheit wiedergewählt worden war und den britischen Konservativen den höchsten Wahlsieg seit 23 Jahren beschert hatte. Hätte er weniger
hoch gewonnen und wieder eine
Koalition mit den Liberalen eingehen müssen, hätte er das Versprechen eines Referendums nie
einlösen müssen. Der Brexit wäre nie passiert.
Ähnlich ergeht es jetzt dem
ehemaligen Londoner Bürgermeister Boris Johnson, dem Sieger des Brexit-Referendums.
Johnson dagegen soll auf das Votum, von dem er im Kellergeschoss seines Hauses vor dem
Fernseher erfuhr, sofort freudlos
reagiert haben. Die Rücktrittserklärung seines Rivalen Cameron
kommentierte er geradezu erschrocken mit den Worten: „Oh
Gott. Armer Dave. Jesus.“ Seine
Siegesrede trug er wenig später
mit Grabesstimme vor.
Seitdem ist er abgetaucht. Boris, der Liebling der Massen, der
sich zwei Tage vor dem Referendum bei der großen Abschlussdebatte im Wembley-Stadion noch
frenetisch feiern ließ, versteckt
sich. Und was er in seiner einzigen Wortmeldung – in seiner Zeitungskolumne für den „Daily Telegraph“ am Montag – zu sagen
hatte, klang fast wie Realitätsverweigerung: Er nannte seinen klaren Sieg „nicht gänzlich überwältigend“, verleugnete die Tatsache, dass die Wähler vor allem
gegen Einwanderung gestimmt
hatten, und erklärte die Finanzmärkte und das Pfund gegen die
offensichtliche Beweislage für
„stabil“. Es besteht zwar kein
Zweifel daran, dass Johnson sich
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um den Parteivorsitz der Tories
und um die Nachfolge Camerons
als Premierminister bewerben
wird. Die Kandidaten haben bis
Donnerstag Zeit, sich zu erklären. In den nächsten Wochen
wird dann die Fraktion die Liste
auf zwei Kandidaten reduzieren,
aus denen die Parteimitglieder in
einer Urwahl den neuen Parteivorsitzenden und Premierminister wählen werden. Johnson
wollte schon als Kind „Weltkönig“ werden, und er wird nicht
zögern, den nächsten Schritt in
diese Richtung zu machen.
Doch ebenso klar wie diese Absicht dürfte derzeit Johnsons
Agonie sein. Er braucht den Applaus des Publikums, die Anerkennung der Massen. Aber nun
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
NACH DEM BREXIT-VOTUM 5
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
D
as Nachbeben des Brexit-Votums hat jetzt
auch die britische Opposition ergriffen. Die Parlamentsfraktion der Labour-Partei sprach gestern Nachmittag
Jeremy Corbyn mit überwältigender Mehrheit ihr Misstrauen aus. 172 Abgeordnete stimmten gegen den Parteichef, nur
40 vertrauen ihm noch. Damit
verschärft sich die Krise in
Großbritannien. Das politische
Vakuum, das seit Freitag bereits
auf
Regierungsseite
herrscht, hat jetzt auch die Linke im Land angesteckt.
VON STEFANIE BOLZEN
AFP/ JOHN THYS
AUS LONDON
fen darüber zu sprechen. Auch die
meisten skandinavischen Länder –
mit Ausnahme Dänemarks – neigen der deutschen Position zu.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält sich mit Forderungen nach weitreichenden Integrationsschritten zurück. Sie fürchtet noch mehr Widerstand in der
Bevölkerung.
Indes ist sie offen für eine Debatte darüber. In der Außen- und
Sicherheitspolitik wird etwa ein
engerer Zusammenschluss der EUStaaten diskutiert. Auch eine weitere Integration der Euro-Zone ist
aus Berliner Sicht denkbar – sofern
es nicht nur um Transfers und gemeinsame Haftung, sondern vor allem auch um mehr Reformen geht.
DIE NATIONALEN
Die osteuropäischen Staaten, wie
Polen, die Slowakei und Tschechien, aber auch Dänemark, bedauern den Austritt Großbritanniens besonders. Diese Länder verlieren mit London einen der wichtigsten Verbündeten im Kampf um
Freihandel, Marktwirtschaft und
eine nationale Eigenständigkeit.
Diese Staaten sind äußerst
skeptisch gegenüber einer weiteren wirtschaftlichen Integration, sie wollen keine Transferunion, keine gemeinsame Haushaltspolitik mit einem Finanzminister und möglichst wenige
gegenseitige
Haftungsrisiken.
Für diese Staaten ist Eigenverantwortung deutlich wichtiger
als Solidarität. Sie wollen Marktwirtschaft statt Umverteilung,
mehr Wettbewerb statt mehr
Konjunkturprogramme.
Sie wollen auch keine automatische Aufteilung von Flüchtlingen in ganz Europa nach einem
Quotenschlüssel. Obwohl die EUKommission normalerweise als
Anwalt der kleineren Länder gilt,
hegen diese Staaten eine relativ
starke Skepsis gegenüber der
Kommissionsbehörde.
Sie werfen ihr vor, immer mehr
Kompetenzen nach Brüssel ziehen zu wollen und teilweise gegen
die Interessen der Mitgliedsländer zu agieren. Es ist zu erwarten,
dass sich diese Staaten auch für
eine möglichst enge Zusammenarbeit mit Großbritannien starkmachen werden.
Auslöser für das Fraktionsvotum war Corbyns schwacher
Wahlkampf vor dem EU-Referendum. Obwohl die Sozialdemokraten offiziell auf der Seite
von „Remain“ standen, glänzte
der Parteichef mit Abwesenheit
oder lahmen Parolen. Der Londoner Linksaußen, der vergangenen Sommer eher durch Zufall
an die Labour-Spitze geriet,
konnte seine angestammte Aversion gegen Brüssel nicht vertuschen.
Remain-Wahlkämpfer
werfen Corbyn nachträglich vor,
nicht einmal an wöchentlichen
Strategietreffen teilgenommen
zu haben. In der britischen Presse wird gar kolportiert, Corbyn
habe am 23. Juni sein Kreuzchen
für den Austritt gesetzt.
Die Gründe für das aktuelle
Chaos in der Labour-Partei liegen jedoch viel tiefer. Das Gros
der Parteispitze, aber zunehmend auch die Basis sind überzeugt, dass mit dem 67-jährigen Pazifisten weder jetzt noch
in absehbarer Zeit eine Wahl zu
gewinnen ist. Eine Umfrage des
Instituts BMG vom Wochenende bestätigte, dass die Wähler
genauso denken. Trotz der
Schwäche der Tories von NochPremier David Cameron würden derzeit nur 36 Prozent Labour wählen. Hätte die Partei
einen anderen Spitzenkandidaten stiege die Zustimmung um
zwölf Punkte auf 48 Prozent.
Krachende
Niederlage
für Corbyn
– aber der
bleibt stur
Labour spricht ihrem
Vorsitzenden das
Misstrauen aus und
steckt damit nun
ebenfalls in der Krise
GETTY IMAGES/CHRISTOPHER FURLONG
DIE WELT KOMPAKT
Will an der Parteispitze bleiben: Jeremy Corbyn
Die Corbyn zunehmend
feindlich gesinnte Parteispitze
ergriff deshalb jetzt die Gelegenheit zur Revolte. Seit dem
Wochenende traten zwei Drittel von Corbyns Schattenministern zurück, und das in einer
konzertierten Aktion beinahe
im Viertelstundentakt. Den Anfang vom Ausstieg hatte am
Sonntag Schatten-Außenminister Hilary Benn gemacht. Er
hatte die Rücktritte organisiert, Corbyn feuerte ihn daraufhin nach Mitternacht. Alle
Bitten der Parteispitze, die Krise nicht weiter zu eskalieren
und freiwillig zu gehen, wies
Corbyn kategorisch von sich.
Am Montag gab es dann in
der Labour-Fraktion im Unterhaus Augenzeugen zufolge ein
verbales „Blutbad“. Corbyn
versammelte daraufhin auf
dem Parliament Square wenig
später ein paar Hunderte Getreue seiner tieflinken Basisbewegung „Momentum“, denen
er den Kampf gegen soziale
Ungerechtigkeit und für die
Menschenrechte
versprach.
Von der eigentlichen Herausforderung, dem Brexit, kaum
ein Wort. Schon vor dem Votum am Dienstag hatte Corbyn
einen Rückzug erneut ausgeschlossen.
In den nächsten Tagen stellen sich für Labour nun zwei
große Hürden. Zum einen
muss die innerparteiliche Opposition einen Herausforderer
für Corbyn aus dem Hut zaubern. Ein alle Seiten einigermaßen überzeugender Kandidat ist nicht in Sicht. Deshalb
hatte Corbyn es schließlich
auch letzten Sommer überhaupt auf den Top-Posten geschafft. Die ehemalige CorbynVertraute Angela Eagle und
Partei-Vize Tom Watson gelten
als wahrscheinlichste Kandidaten. Zudem kann nur eine Urwahl den Wechsel an der Spitze
ermöglichen. Die „Corbynistas“ sind überzeugt, dass ihre
Parteigegner keine Chance haben werden. Ein frischer Pool
von mehr als 200.000 Mitgliedern kam in kürzester Zeit zu
Labour, von der Linken und
Corbyn selbst angezogen, und
das zwischen der verlorenen
Parlamentswahl im Mai 2015
und der Parteichefwahl im vergangenen September.
Doch seit dem verlorenen
EU-Referendum mehren sich
die Stimmen einstiger Getreuer, die Corbyns Rückzug wollen. Zumal nach Camerons
Rücktritt eine Neuwahl im
kommenden Herbst immer
wahrscheinlicher wird. Kann
Labour dann keinen mehrheitsfähigen Kandidaten präsentieren, könnte die Partei auf absehbare Zeit in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
Johnson als neuen Premier verhindern
er den Leuten alles erzählt hat.
Er war nie ein Outer. Er hat sich
nur aus Eigennutz dem LeaveLager angeschlossen, weil er Pre-
GETTY IMAGES/ CHRISTOPHER FURLONG
ist er zum Buhmann der Nation
geworden. „Ich bin so wütend auf
Boris, weil ich wirklich nicht
glaube, dass er geglaubt hat, was
Hat auch viele Gegner in der eigenen Partei: Boris Johnson
mierminister werden will und
weil er dachte, es nützt seinen
Ambitionen. Dabei ging es um
viel mehr als um eine Person. Es
ging um die Zukunft meiner Kinder und Enkelkinder.“ So macht
stellvertretend für viele innerhalb ihrer Partei die Ministerin
für kleine Unternehmen, Anna
Soubry, ihrem Zorn Luft.
Hinter den Kulissen haben
Johnsons Verbündete begonnen,
in der Fraktion um Unterstützer
für seine Kandidatur zu werben.
Schatzkanzler George Osborne
hat selbst ausgeschlossen, Premier zu werden, soll aber erwägen, Johnson zu unterstützen –
wenn er unter ihm Außenminister wird. Doch gleichzeitig formiert sich eine wachsende Alli-
anz gegen Johnson. ABB wird
dieses neue Phänomen genannt.
„Anyone but Boris“ – jeder, nur
nicht Boris. Nach einer Umfrage
der „Times“ ist Innenministerin
Theresa May, die als aussichtsreichste ABB-Kandidatin gilt,
derzeit unter Parteimitgliedern
beliebter als Johnson. Danach
würden 32 Prozent für May und
nur 24 Prozent für Johnson stimmen. Selbst der populäre Chefkoch Jamie Oliver hat sich zu
ABB bekannt. „Ich flehe um eine
Sache, Großbritannien“, schreibt
er in den sozialen Netzwerken.
„Gebt mir den verfluchten Boris
Johnson als Premierminister,
und ich bin fertig. Dann bin ich
weg. Dann ist mein Glaube an
uns für immer gebrochen.“
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Wie hart diese Wut Johnson
treffen dürfte, und wie schlecht
er damit umgehen kann, weiß
man aus seiner Vergangenheit.
Ken Livingstone, sein früherer
Rivale um das Amt des Bürgermeisters von London, wurde
Zeuge von Johnsons geradezu
aberwitzigem Verlangen, gemocht zu werden. Nach einem
heftigen Streit im Wahlkampf
wollte Johnson sich wieder vertragen. Livingstone gab ungläubig zu Protokoll: „Das ist jemand,
der eines Tages Premierminister
werden kann und vielleicht das
Land führen muss. Und dieser
Mann war besorgt, weil ich sauer
auf ihn war.“ Livingstone grinste:
„Für einen Politiker ist das eine
unfassbare Schwäche.“
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
6 NACH DEM BREXIT-VOTUM
E
ine kleine Boshaftigkeit
musste am Ende doch
sein. Ausgerechnet der
sonst so korrekte Bundestagspräsident Norbert Lammert leistete sich als Schlusswort
eine böse Spitze gegen Großbritannien, über dessen Referendum
zum Ausstieg aus der EU der Bundestag in einer Sondersitzung zwei
Stunden lang debattiert hatte.
VON THOMAS VITZTHUM
Man habe ja gerade im Fußball
gesehen, dass ein großes ehrgeiziges Land von einem recht kleinen
besiegt werden könne, sagte Lammert in Anspielung auf die 1:2Niederlage der Engländer gegen
Island bei der EM am Vorabend.
Und schickte hinterher: „Die guten Wünsche begleiten unsere Nationalmannschaft. Wo immer es
um Europa geht, sollte Deutschland bis zum Schluss dabei sein.“
Kein Zweifel, Deutschlands Regierung beansprucht für sich nicht
nur bis zum Schluss, sondern von
Anfang an dabei zu sein, ja die Modalitäten des ganzes Prozesses zu
bestimmen. Berlin war deshalb
nicht zufällig Schauplatz der ersten Akte des Brexit-Dramas.
Hier trafen sich die Außenminister der sechs Gründerstaaten
der Union am Samstag und am
Montag Frankreichs Staatspräsident François Hollande, Italiens
Premier Matteo Renzi, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kanzlerin Angela Merkel. Erst am
Dienstag verlagert sich das Geschehen nach Brüssel, wo die
Staats- und Regierungschefs zu
zweitägigen Beratungen zusammenkommen. Dabei hat Kanzlerin
Angela Merkel ein Problem. Sie
geht nicht mit voller Rückendeckung ihrer Regierung in die Gespräche. Union und SPD haben einen grundlegenden Dissens in der
Frage, wie viel Druck auf Großbritannien ausgeübt werden soll. Die
einen wollen den Austritt
schnellstmöglich (SPD), die anderen (CDU/CSU) scheinen bereit,
geduldig zu warten, bis die Briten
irgendwann Artikel 50 des Lissabon-Vertrags ziehen. Bis dahin, so
machte die Kanzlerin klar, werde
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Dieser Weg
wird kein
leichter sein
Die Regierungserklärung der Kanzlerin legt
Differenzen zum Umgang mit London offen.
Die Union will behutsam vorgehen, die
SPD dringt auf den schnellen Abgang.
In einem sind sich die Parteien einig:
Es soll keine „Rosinenpickerei“ geben
es weder formelle noch informelle
Austrittsgespräche geben.
Dieser Dissens in der großen
Koalition wird vielleicht in Brüssel noch nicht gleich wahrgenommen, im besten Fall gilt er als unerheblich. Doch er wirft seine
Schatten voraus. Denn die konkreten
Austrittsverhandlungen
sowie die Neuausrichtung der EU
dürften mit dem Bundestagswahlkampf zusammenfallen. Darauf
deutet der Zeitplan hin, den Merkel in ihrer Regierungserklärung
angedeutet hat.
Bis zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge im März 2017 sollte die EU
zu einem gemeinsamen Ergebnis
gelangen, wie sie effektiver werden will. Es sei dabei falsch, die
Debatte auf die Frage „mehr Europa“ oder „weniger Europa“ zu reduzieren. Dies stärke nur die
Fliehkräfte in der EU.
Im Bundestag erhob sich daraufhin nur schütterer Applaus.
Selbst in der Union schien mancher überrascht, dass Merkel dieses weit entfernte Datum wählte,
das den Briten signalisieren könnte, dass auch sie sich ruhig viel
Zeit lassen können. Die Abgeordneten der SPD ließen die Hände
gleich ganz ruhen.
Den Sozialdemokraten geht das
alles viel zu langsam. Als wäre er
selbst gar nicht an dieser Bundesregierung beteiligt, sagte SPDFraktionschef Thomas Oppermann: „Es ist die Pflicht der Bundesregierung, klar zu machen, was
unsere Erwartung ist. Drängen
Sie, dass möglichst schnell Klarheit geschaffen wird.“
So ging es hin und her. Sein Kollege Volker Kauder betonte, man
wolle nicht unnötig Druck auf die
Briten aufbauen. SPD-Mann Norbert Spinrath widersprach: „Ich
Gabriel: EU-Verbleib der Briten nicht mehr möglich
SPD-Chef und Vizekanzler
Sigmar Gabriel sieht keine
Grundlage für Spekulationen, ein EU-Austritt Großbritanniens könne doch noch
abgewendet werden. Die
Briten hätten in einem demokratischen Votum den Brexit
entschieden, „jetzt geht es
nur noch um die Frage, in welcher Weise sie rausgehen“,
sagte Gabriel bei einem Treffen der europäischen Sozialdemokraten vor dem EUGipfel in Brüssel. „Es gibt
nicht die Möglichkeit, dass
man in einer längeren Übergangsphase bessere Bedingungen herausverhandeln
kann, um dann am Ende wohl
doch noch drin zu bleiben.
Das geht nicht“, sagte Gabriel. Auch dem Wunsch von
der Insel nach Vorverhandlungen, bevor die Scheidung
offiziell eingereicht wird,
erteilte der SPD-Chef eine
Absage: „Geheimverhandlungen“ über bessere Bedingungen werde es nicht geben,
denn dadurch fühlten sich
andere Staaten zum Nachahmen ermuntert, „das wäre
der Untergang Europas“. Als
Konsequenz aus dem BrexitVotum fordert der Vizekanzler eine sozialeres Europa: Es
sei vor allem die Nichteinhaltung des Versprechens,
„Wohlstand für alle zu schaffen“, das die Bürger von der
EU entfremde.
Der ewige Streit ums Sparen in der Europäischen Union
D
urch den Brexit droht
ein alter Konflikt neu
aufzubrechen: der Streit
zwischen Süd- und Nordeuropa
um die richtige Finanzpolitik.
Deutschland und seine verbliebenen Verbündeten sagen, gerade jetzt dürfe Europa nicht vom
Sparkurs abrücken, um nach
dem Brexit nicht für noch mehr
Unruhe an den Finanzmärkten
zu sorgen.
VON MARTIN GREIVE
UND ANDRE TAUBER
In den südeuropäischen Ländern hingegen gewinnt angesichts der hohen Arbeitslosigkeit
die Kritik an Schärfe, Europa
spare sich unter dem deutschen
Spardiktat zu Tode. Das birgt
Streitpotenzial. Aus Sicht Berlins
wollen die südeuropäischen
Staaten den Brexit instrumentalisieren, um ihren lang gehegten
Wunsch nach einer gemeinsamen Schuldenhaftung endlich
umzusetzen. Man selbst hält in
einer Phase, in der gerade ein
zentrales Land wegen zu viel Europa seinen Austritt aus der EU
erklärt hat, wenig von einer weiteren Vergemeinschaftung.
„Das würde nur weitere Referenden in anderen EU-Staaten
provozieren“, heißt es aus dem
Bundesfinanzministerium. Doch
auch im EU-Parlament gibt es
Widerstand. Einige Abgeordneten der Europäischen Volkspartei, der CDU und CSU angehö-
ren, fühlten sich mit der weitreichenden Resolution überrumpelt
– erst in letzter Minute konnten
die Abgeordneten den Verweis
auf ein EU-Budget streichen.
„Dass nun husch husch ein neuer
Weg in die Transferunion eingeschlagen wird, kann ich nicht akzeptieren“, sagt Gruppenchef
Herbert Reul (CDU) der „Welt“.
Der Druck auf Deutschland,
sich zu bewegen, dürfte zunehmen. Die Bundesregierung muss
sich schon lange vorwerfen lassen, der Profiteur der Euro-Krise
zu sein. Je desolater die anderen
Euro-Partner sind, desto mehr
gelten die Bundesanleihen als sicherer Hafen. Deutschland kann
sich derzeit zum Nulltarif verschulden. Seit Jahren rufen EU-
Kommission und internationale
Organisationen das Land auf,
diesen Spielraum zu nutzen,
mehr zu investieren und so die
Wirtschaft in anderen EU-Ländern anzukurbeln.
Die Bundesregierung argumentiert dagegen, Deutschland
müsse als eines der wenigen solide wirtschaftenden Euro-Länder
eine Ankerrolle auf dem Kontinent einnehmen. Und Konjunkturprogramme würden in Europa kein einziges Problem lösen.
So hätten höhere Staatsausgaben
in Deutschland kaum Effekte auf
die Nachbarländer. Und in Südeuropa würden staatliche Ausgabenprogramme ebenfalls nicht
mehr als ein Strohfeuer entfachen. Nur durch mehr Wettbe-
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werbsfähigkeit könnten die Länder ihre Krisen bewältigen.
Doch nach dem Brexit steigt
der Druck, die Wirtschaft in Europa wieder anzukurbeln. In Spanien konnte sich bei den Parlamentswahlen erneut das Eurokritische Bündnis Podemos als
drittstärkste Kraft behaupten. In
Italien schwingt sich die linkspopulistische Bewegung Cinque
Stelle in die Regierungsverantwortung. In Frankreich wird im
kommenden Jahr der Staatspräsident neu gewählt – während die
Chefin des rechtsnationalen
Front National, Marie Le-Pen,
schon längst einen Euro-Austritt
des Landes fordert. Selbst der
Zusammenhalt der Euro-Zone
ist wieder in Gefahr. Dem Bera-
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
fordere Cameron auf, nicht mehr
Zeit zu schinden, sondern die notwendige Mitteilung schnellstmöglich in Brüssel vorzulegen.“ Dagegen wandte sich wiederum CSULandesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. „Wir haben behutsam,
besonnen und vernünftig mit dem
Ergebnis umzugehen. Ein BritenBashing ist fehl am Platz.“
Hasselfeldt schimpfte unverblümt auf die SPD, die sich mit
Vorschlägen zur Reform der EU
schon am Tag eins nach dem Referendum zu Wort gemeldet hatte. Dieses sozialere Europa, das
die SPD fordere, müssten am Ende doch nur die Deutschen bezahlen. Hier seien die Nationalstaaten gefordert.
SPD-Generalsekretärin Katharina Barley dagegen erklärte ein
sozialeres Europa zur Grundvoraussetzung, damit die EU überleben könne: „Lassen sie uns end-
tungsunternehmen Sentix zufolge halten es 27,2 Prozent von befragten 1305 Investoren für möglich, dass binnen zwölf Monaten
ein Euro-Land die Währungsunion verlässt.
Im Mai dachten dies nur 12,3
Prozent. „Das unerwartete Votum der britischen Bürger, die
Europäische Union verlassen zu
wollen, dürfte auch das Fundament des Euro erneut schwer erschüttern“, sagte Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner.
Als Austrittskandidat Nummer
eins gilt nach wie vor Griechenland. An zweiter Stelle folgen die
Niederlande – eigentlich viele
Jahre ein enger Verbündeter
Deutschlands. Auch deswegen
wird die EU-Kommission in
NACH DEM BREXIT-VOTUM 7
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
lich ernst machen mit dem sozialen Europa. Am Ende geht es doch
um das wichtigste: Frieden.“
Es geht also nicht nur um Zeitpläne, die große Koalition spricht
auch in inhaltlichen Fragen längst
nicht mit einer Stimme. Der
Streit, ob die Briten sich nun beeilen oder sich Zeit lassen sollen,
dokumentiert einmal mehr, dass
die Bundesregierung mit dem Brexit nicht wirklich kalkuliert hat.
Denn über diese methodische
Frage hätte man schon vor dem
Votum einen Konsens erzielen
können. Nun konterkariert die
Auseinandersetzung die guten
Absichten, die von allen Rednern geäußert werden: in Zukunft besser und anders über
Europa zu sprechen.
Die Kanzlerin selbst stellte den
Briten keine leichten Verhandlungen in Aussicht. Der Ansicht
des Brexit-Befürworters und früheren Londoner Bürgermeisters
Boris Johnson, dass Großbritannien auch weiterhin vollen Zugang zum EU-Binnenmarkt haben werde, erteilte Merkel eine
Absage. „Es muss und es wird einen spürbaren Unterschied machen, ob ein Land Mitglied der
EU sein will oder nicht.“
Norwegen habe als Nicht-EUMitglied etwa nur vollen Zugang
zum EU-Binnenmarkt, weil es
gleichzeitig die vier Grundfreiheiten der EU für Menschen,
Güter, Dienstleistungen und Kapital akzeptiere, und dazu gehöre eben auch die Einwanderung
aus der EU.
Die Ablehnung der Zuwanderung von EU-Bürgern auf die Insel
war aber ein zentrales Thema der
Brexit-Befürworter
gewesen.
„Wer austreten möchte, kann
nicht erwarten, dass alle Pflichten
entfallen, die Privilegien aber weiter bestehen“, sagte Merkel. „Wir
werden sicherstellen, dass die Verhandlungen nicht nach dem Prinzip der Rosinenpickerei geführt
werden.“ Zumindest hier gibt es
keinen Streit innerhalb der Koalition. Wenngleich innerhalb der
Union die Haltung deutlicher als
in der SPD spürbar ist, Großbritannien für seinen unschönen Abgang nicht bestrafen zu wollen.
Brüssel nun aufgefordert, bei der
Überwachung der Staatsdefizite
Strenge zu zeigen.
„Die europäische Politik hat
das Problem, dass sie die
Glaubwürdigkeit verliert“, sagte Reul. „Wenn die Kommission
nicht sicherstellt, dass die Regeln eingehalten werden, dann
ist die Glaubwürdigkeit dahin.“
Der Appell dürfte wohl nicht
gehört werden.
Im Juli will die Europäische
Kommission über die Budgets in
Portugal und Spanien befinden.
Insbesondere Spanien verfehlt
derzeit die Euro-Defizitkriterien
deutlich. Dass die Europäische
Kommission Sanktionen verhängt, so heißt es, ist trotzdem
nicht zu erwarten.
London zieht nach Frankfurt
Viele Finanzdienstleister dürften nach einem Brexit an den Main wechseln
D
ie ersten Konsequenzen
wurden bereits gezogen.
Nach der britischen Entscheidung für den Austritt aus
der EU prüft der Versicherer Axa
nun „alle Optionen“ für das 62stöckige Hochhaus, das er eigentlich in London bauen wollte.
Auch „Crown Estate“, der Immobilienverwalter des Königshauses, überdenkt jetzt den Bau
eines Bürogebäudes im Westend
der britischen Hauptstadt. Vieles spricht dafür, dass beide Immobilien nie gebaut werden.
welcometofrm.com freigeschaltet, die Banken und anderen ausländischen Unternehmen den
Standort schmackhaft macht
und bei allen Fragen rund um
Steuerrecht,
Wohnungssuche
oder auch Lifestyle hilft.
Michael Voigtländer, Leiter
des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte
beim IW in Köln, hält den Optimismus am Main durchaus für
realistisch. „Ich glaube schon,
dass es einen Arbeitsplatzaufbau
in Frankfurt am Main geben
wird“, sagt er. Die räumliche Nä-
VON KARSTEN SEIBEL
UND FRANK STOCKER
Denn Tausende Banker in
London sind offenbar auf dem
Sprung. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group
hat unmittelbar vor dem Referendum 360 leitende Banker aus
Großbritannien, Frankreich, den
USA und Deutschland gefragt,
was sie im Falle eines Brexit tun
werden. Das Ergebnis: Rund
20.000 Arbeitsplätze im Finanzdienstleistungssektor
dürften
verlagert werden, weg aus London. Betroffen wären sämtliche
Unternehmensbereiche, vom Investmentbanking über das Handelsgeschäft bis zum grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr.
Der Grund ist, dass die Finanzfirmen
besonders
von
einem Austritt Großbritanniens
aus der Europäischen Union
(EU) betroffen wären. Sie können bisher problemlos von London aus ihre Geschäfte in der gesamten EU betreiben. Eine Investmentgesellschaft, die einen
Fonds in Großbritannien verwaltet, kann diesen ohne weitere
Genehmigung auch in den 27 anderen EU-Mitgliedstaaten vertreiben, eine Bank kann ihren
Sitz in London haben und dennoch Deals in Bukarest, Barcelona oder Berlin abwickeln. Mit
einem Austritt aus der EU wäre
damit Schluss. „Wenn Großbritannien tatsächlich austritt, werden alle Banken und sonstigen
Finanzdienstleister auf der Insel
plötzlich genauso behandelt wie
Institute mit Sitz in Brasilien
oder den Vereinigten Staaten“,
sagt Matthias Terlau, Leiter der
deutschen Bankeneinheit bei der
Kanzlei Osborne Clarke. Derzeit
arbeiten in der Londoner Finanzbranche rund 360.000
Menschen.
„Als Alternative zum Finanzplatz London kommt auf europäischer Ebene eigentlich nur
Frankfurt in Frage“, freut sich
Gordon Grundler, Vorstandsmitglied beim Immobilienvermittler Primus Valor, schon.
„Wir rechnen aus diesem Grund
mit einer wachsenden Nachfrage
nach Geschäfts- und Wohnimmobilien in Frankfurt.“ Auch das
Marketing-Unternehmen
der
Region Frankfurt Rhein-Main
hat unmittelbar nach der BrexitEntscheidung die Internetseite
„
REUTERS/ RALPH ORLOWSKI
Auf dem Weg zum EUGipfel in Brüssel: Kanzlerin Angela Merkel nach
der Regierungserklärung
DPA/ KAY NIETFELD
DIE WELT KOMPAKT
Frankfurt gilt als Alternative
zum Finanzplatz London
Die City of
London wird eine
der bedeutendsten
Finanzmetropolen
Europas bleiben
Martin Steininger, Chefvolkswirt
des Immobiliendienstleisters
Bulwien Gesa
he zur Europäischen Zentralbank (EZB) werde sich auszahlen. „Da der Frankfurter Immobilienmarkt auch nicht so groß
ist, würden sich schon 20.000
Arbeitsplätze deutlich bemerkbar machen.“ Denn bisher sind
in den Frankfurter Banken nur
gut 62.500 Beschäftigte tätig.
Platz wäre für neue Kollegen
aber auf jeden Fall, denn rund elf
Prozent der Frankfurter Büroflächen stehen derzeit leer. Und
im Finanzdistrikt werden derzeit diverse neue Bürohäuser
hochgezogen. Auch Anwaltskanzleien wittern daher schon
das große Geschäft. Auf ihren
Internetseiten können potenzielle Klienten ausführlich nachlesen, wie sich ein Austritt Großbritanniens aus der EU auf ihr
Geschäft auswirken könnte und
was alles zu beachten ist. Nun
muss schnell geklärt werden, ob
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es überhaupt zu Umzügen aus
London kommen muss – und
wenn ja, auf welche Stadt die
Wahl fällt. Frankfurt kann außer
mit Europas größter Volkswirtschaft auch mit dem Sitz der
EZB sowie der europäischen
Versicherungsaufsicht und der
Deutschen Börse punkten. Doch
auch Dublin, Luxemburg und Paris machen sich große Hoffnungen. Der Standortwettbewerb ist
bereits voll entbrannt. So punktet Luxemburg mit einer schnellen Umsetzung von EU-Recht
und einer unkomplizierten Verwaltungspraxis. Dublin wiederum bietet den Vorteil der englischen Sprache. Zudem winkt
hier eine Unternehmenssteuer
von gerade mal 12,5 Prozent.
Auch Paris will nicht leer ausgehen, was sich vor allem bei der
Frage zeigen dürfte, wo die Europäische Bankenaufsicht EBA
künftig ihren Sitz haben wird.
Bisher ist dieser in London. Dass
die EBA von dort abzieht, wenn
Großbritannien wirklich aus der
EU austritt, ist bisher die einzige
gesicherte Tatsache.
Um die Voraussetzungen für
einen EU-Bankenpass zu erfüllen, ist es allerdings nicht zwingend notwendig, dass alle Mitarbeiter aus London mit umziehen. „Es reicht, wenn die Führungsmannschaft innerhalb der
EU sitzt, das Fußvolk kann weiterhin in England arbeiten“, sagt
Tim Brandi, Spezialist für grenzüberschreitende
Firmenverschmelzungen
bei
Hogan
Lovells. Die Mitarbeiter würden
dann formal von der EU-Gesellschaft nach London ausgelagert.
Dies ist aber mit Unsicherheiten
verbunden. „Wenn die Datenserver einer Bank außerhalb der EU
stehen, kommen sofort Fragen
des Datenschutzes und der Datensicherheit auf“, so Brandi.
Die Aufsichtsbehörden könnten
Einwände haben und die Banken
vor die Wahl stellen, entweder
das gesamte Geschäft in die EU
zu holen oder den Pass zu
verlieren. Deshalb geht er davon
aus, dass es von Anfang an nicht
nur zu Sitz-, sondern auch zu
Mitarbeiterbewegungen
kommen wird. Doch es gibt auch
Stimmen, die den ganzen Aktionismus für verfrüht halten. Martin Steininger, Chefvolkswirt des
Immobiliendienstleisters Bulwien Gesa, mahnt beispielsweise
zur Vorsicht, was die Größe des
Effekts einer möglichen Abwanderung aus London angeht. „Die
City of London wird weiterhin
eine der bedeutendsten Finanzmetropolen Europas bleiben“,
sagt er. „Zudem können positive
Effekte
von
Verlagerungen
durch die weiter notwendige
Konsolidierung innerhalb der
Bankenbranche überlagert werden.“ Womöglich stopfen also
übersiedelnde Banker aus London nur die Lücken, die durch
den Stellenabbau bei Deutsche
Bank & Co. gerissen werden.
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
KULTUR
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
SEITE 8
KOMPAKT
ABSCHIEDE
„Fluxus“-Künstler
Patterson ist tot
Silvia Tennenbaum
stirbt mit 88 Jahren
PRIVATARCHIV SILVIA TENNENBAUM
Die
US-amerikanische
Schriftstellerin Silvia Tennenbaum (Foto) ist tot. Die
aus einer großbürgerlichen
jüdischen Frankfurter Familie
stammende Autorin sei im Alter von 88 Jahren auf Long Island gestorben, teilte der
Schöffling-Verlag in Frankfurt
mit. Tennenbaum besuchte in
den vergangenen Jahren immer wieder ihre alte Heimat,
um vom Schicksal ihrer Familie in der NS-Zeit zu erzählen
Rettungshund
im Archiv
PA/ DPA/ POP TBA
Einer der Mitbegründer der
Avantgardebewegung „Fluxus“, Benjamin Patterson, ist
tot. Der 82-Jährige sei in seiner Wiesbadener Wohnung
gestorben, teilte der Nassauische Kunstverein mit.
Der Amerikaner lebte seit
Jahrzehnten in der hessischen Landeshauptstadt. Unter dem Motto „50 Jahre Fluxus“ hatte der Kunstverein
Patterson 2012 mit einer großen Retrospektive geehrt. Der
Musiker hatte 1962 die „Festspiele Neuester Musik“ mitorganisiert, die als Geburtsstunde der Bewegung gelten.
Sprache lebendig halten: Marcel Beyer – Erzähler, Dichter, Archivar
I
n Marcel Beyers Gedichtband „Graphit“ findet sich
ein Zyklus über den Einsturz
des Kölner Stadtarchivs
2009. Er trägt den sarkastischen
Titel „Das Rheinland stirbt zuletzt“ und entfaltet ein postapokalyptisches Szenario, ein geschichtliches
Schreckensbild.
„Himmel, hier sieht es aus / Blick
aufs felsgraue, / abschüssige
Schuttfeld, die / tristen, die tief-,
die todgrau / lackierten Blechwände der / zerlegten, zerdrückten / Aktenschränke Einschlüsse
/ im Stein“.
VON RICHARD KÄMMERLINGS
und für ein friedliches Miteinander von Religionen und
Kulturen zu werben. Dafür erhielt sie 2012 die Goethe-Plakette des Landes Hessen.
BERLIN
Eine Ausstellung
über Redensarten
Das Museum für Kommunikation in Berlin ist „Redewendungen auf der Spur“. In einer Ausstellung mit dem Titel
„Mein Name ist Hase“ lernen
Besucher die Wurzeln von
Sprichwörtern,
geflügelten
Worten und Redensarten kennen. Dabei sollen unterhaltsame interaktive Stationen sowie Workshops helfen. Viele
der rund 300.000 Redewendungen stammen aus der Bibel. Vor allem Luthers Übersetzung beeinflusste den
Sprachschatz immens. Idee
und Konzept der Schau stammen vom Germanisten RolfBernhard Essig.
Für den 1965 in Baden-Württemberg geborenen, aber unter
anderem im Rheinland aufgewachsenen und sozialisierten
Dichter wurde der Unfall zum
Menetekel einer „zusammengefalteten Welt“, eines unwiederbringlichen Verlusts von Sprache, Tradition und Erinnerung.
„Südstadt. Im Flutlicht liegt /
das größte Lawinenfeld / nördlich der Alpen. Ein buch-, ein
buchstabenübersäter / Lawinengarten.“ Eine Katastrophe
der Schrift, die allerdings ganz
real zwei Menschenleben forderte. Die Rettungshunde, die
sich auf der Suche nach den
verschütteten Opfern „mit rauer Stimme durch die Papiere arbeiten“, sind Sinnbilder einer
Welt nach dem tödlichen Zusammenbruch von Kultur und
Zivilisation. „Zwischen Stahlbeton und Ofenrohr und Mörtelstaub und Inkunabeln“ nehmen die Huskys schließlich
Witterung auf. Sprache sei für
Beyer „immer auch Erkundung“, heißt es in der Begründung der Deutschen Akademie,
die ihm nun – völlig zu Recht –
den bedeutendsten Literaturpreis des Landes zuerkannt hat.
Beyer widme sich „der Vergegenwärtigung deutscher Ver-
Archäologie ist
eine Sache der
Sprache: Der
Dichter und
Romanautor
Marcel Beyer
erhält völlig zu
Recht den
renommierten
Büchner-Preis
der Deutschen
Akademie
gangenheit mit derselben präzisen Hingabe, mit der er die
Welten der Tiere und Pflanzen
erforscht“. Das in Trümmern
liegende Archiv ist Beyers Domäne, er ist selbst eine Art von
Lawinenhund, der in seinem
Werk nach Spuren und Fährten
sucht und nach den Opfern
(und Tätern) gräbt und die Vergangenheit bewahrt.
„Flughunde“, der Roman, der
Beyer Mitte der 90er bekannt
machte, unternahm eine Tiefen-
„Flughunde“
unternahm eine
Tiefenbohrung
im dunkelsten
Schutt der
deutschen
Geschichte
bohrung im dunkelsten Schutt
der deutschen Geschichte. Auf
virtuose Weise wird darin die
Biografie des Akustikers und
Stimmenforschers
Hermann
Karnau mit dem Schicksal der
Kinder von Magda und Joseph
Goebbels verknüpft. So hatte
sich noch niemand getraut, vom
Ende des Dritten Reichs zu erzählen. Beyer verbindet eine
Nahaufnahme aus dem Führerbunker – wo die sechs Geschwister schließlich ermordet wurden
– mit einer Reflexion über eine
vermeintlich unpolitische Wissenschaft, die glaubt, als reiner,
objektiver Beobachter unschuldig zu bleiben. In „Flughunde“
spielt das nach der Wende entdeckte Schallarchiv Karnaus eine wichtige Rolle. Die Überlieferung hält die Erinnerung an die
Opfer wach und dokumentiert
das Verbrechen. Auf den Rillen
der Matrize sind die Stimmen
der Kinder, die Karnau heimlich
aufzeichnete. „Flughunde“ war
einer der wichtigsten Romane
der 90er, er erschien im gleichen
Jahr wie Christian Krachts „Faserland“ und steht ähnlich repräsentativ für den Aufbruch einer Nachwendeliteratur, die Geschichtsbewusstsein, Erzählvermögen und poetologische Reflexion auf neue Weise verband.
1996 hat Beyer Dresden zu seiner Wahlheimat gemacht und
seinen Blick in die Tiefenschichten der Gegenwart in Richtung
Ostdeutschland erweitert. Der
Roman „Kaltenburg“ (2008)
wandte sein kriminalistisch-rekonstruktives Erzählverfahren
auf die DDR-Geschichte an, die
an der Biografie des Zoologen
Ludwig Kaltenburg erzählt wird.
Auch hier gelingen Beyer atmosphärisch dichte Schilderungen,
etwa eine erschütternde Beschreibung des Dresdner Zoos
nach der Bombardierung 1945,
aber der Roman war doch eine
Enttäuschung – auf hohem Ni-
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veau. Vier Romane in 25 Jahren
sind ein schmales Werk; der
Büchner-Preis könnte daher
manchen überraschen. Aber das
übersähe, dass Beyer eben auch
einer unserer sprachmächtigsten Dichter ist. Geschult an
Friederike Mayröcker, deren
Werkausgabe er mit herausgab,
und an Thomas Kling, hat Beyer
über die Jahre ein lyrisches
Werk vorgelegt, das in der Vielfalt seiner souverän beherrschten Formen und seiner Themen
seinesgleichen sucht.
Sprache, so führt Beyer immer wieder vor, ist nicht unschuldig, und Dichtung umgekehrt wild und gefährlich:
„Wespe, komm in meinen
Mund, / mach mir Sprache, innen / und außen mach mir was
am / Hals, zeigs dem Gaumen,
zeig es / uns“, heißt es in dem
2014 erschienenen Buch „Graphit“, das kein schmaler Lyrikband ist, sondern auf 200 Seiten die Essenz aus 15 Jahren bietet. Das ist hoch konzentrierte
Sprachkunst, die ihr Material
und ihre Mittel nie aus Selbstzweck vorführt, sondern als
historische
Vergewisserung
und Kritik an einer konsumistischen, massenmedial geprägten
und oberflächlichen Gegenwart. Wenn die Worte begraben
sind, unter Trümmern und
Schutt unserer Zeit, wenn sie
niemand mehr verstehen kann,
wenn ganze Sprachschichten
absinken ins kulturelle Nirvana,
dann wächst auch das Rettende.
Dann wird die Literatur zum
bewahrenden Museum, zum
„brennenden Archiv“, wie ein
nachgelassenes Gedicht von
Thomas Kling heißt. Marcel
Beyers Werk beweist, dass
Dichtung die subversive Kraft
innewohnt, die symbolischen
Ordnungen aufzulösen, die
Sprache heiß und flüssig und
formbar, mit einem Wort: lebendig zu halten.
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„Start me up!“ – Deutschlands Gründerwettbewerb mit dem höchstdotierten Hauptpreis
GRATU
LIERT
DEM GEWINNER DES START ME UP!
GRÜNDERWETTBEWERBES 2016
Die ArtiMinds Robotics GmbH entwickelt
und vertreibt die Software „ArtiMind Robot
Programming Suite“ (RPS).
Die RPS ist eine Entwicklungssoftware, mit der Programmcode für die
Ausführung komplexer Industrieroboteraufgaben intuitiv und teilautomatisch auch von wenig erfahrenen Bedienern schnell erzeugt werden kann.
Dabei stehen vor allem Aufgaben mit Prozessvarianzen im Fokus, bei denen sensor-adaptive
Roboterbewegungen für die robuste Ausführung
eingesetzt werden müssen. Die RPS unterstützt dabei kraftsensitive und
-geregelte Roboterbewegungen. Die Unterstützung industrieller Bildverarbeitung für die intuitive Programmierung komplexer visuell-adaptiver
Bewegungen ist ebenfalls vorhanden.
Eine Initiative für Gründergeist und innovatives Unternehmertum unterstützt von:
© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
EM 2 16
Der Sieg
für die
Ewigkeit
TOP 3
Jedes Spiel
ein Klassiker
Die Top-Duelle
zwischen dem DFB
und Italien
Island schafft die große Sensation und
ringt England nieder. Der Trainer kündigt
bereits die nächste Großtat an
1
17. Juni 1970,
Mexiko-Stadt
Das Jahrhundertspiel im
Halbfinale der WM: Die
Verlängerung erzwang
Karl-Heinz Schnellinger
(Foto oben) mit dem späten 1:1 (90.). Gerd Müller
brachte Deutschland zwischenzeitlich in Führung,
am Ende siegten die Italiener 4:3.
E
r wartete nun schon
mehr als eine halbe
Stunde. Am Schalter
der
Autovermietung
hatte sich eine lange Schlange
gebildet. Der Schweiß rann ihm
das blasse Gesicht hinunter auf
die blau-rote Fahne, die er sich
um den Hals gebunden hatte.
Doch Aron Saevarsson grinste.
Nichts auf dieser Welt konnte
ihm seine gute Laune an diesem
Tag verderben. Hinter dem 19Jährigen lag die schönste Nacht
seines Lebens.
2
4. Juli 2006,
Dortmund
Das Ende des Sommermärchens. Italien war im WMHalbfinale besser, siegte in
der Verlängerung 2:0 (Torschütze Fabio Grosso im
Foto links) und holte fünf
Tage später den Titel.
VON LUTZ WÖCKENER
AUS NIZZA
Im Stadion von Nizza hatte er
miterlebt, wie Sportgeschichte
geschrieben wurde. Ein 2:1-Sieg
über England. Im EM-Achtelfinale. Auch nach zwölf Stunden und
ein bisschen Schlaf wirkte der
Triumph immer noch schier unglaublich. Es ist der größte Erfolg in der Historie des isländischen Verbandes und ein Märchen, wie es der europäische
Fußball noch nicht erlebt hat.
Gemeinsam mit 5000 Landsleuten hüpften Aron und seine fünf
Freunde geschockt und glückselig zugleich auf der Tribüne. Sie
klatschten, sangen, schrien,
weinten – genau wie sein zwölf
Jahre älterer Bruder unten auf
dem Rasen: Birkir Saevarsson.
3
19. Juni 1996,
Manchester
Torwart Andreas Köpke
(Foto) parierte Chancen in
Serie, hielt einen Elfmeter.
Italien war nach dem 0:0
draußen, Deutschland
holte später den dritten
EM-Titel.
BILD DES TAGES
Der Rechtsverteidiger von
Hammarby IF hatte ein herausragendes Spiel abgeliefert. Aus
dem Duell mit Manchester Citys
Raheem Sterling war er als klarer
Punktsieger
hervorgegangen,
und in der 73. Minute wäre ihm
bei einem seiner Vorstöße beinahe das vorentscheidende 3:1
gelungen. Sein Schuss strich
nur um Zentimeter über das
Lattenkreuz. „Vielleicht war
es das beste Spiel seines
Lebens“, sagte Aron am
Tag danach voller Stolz.
Das Spiel des Lebens.
Nicht weniger hatten die
elf tapferen Isländer gegen
England gezeigt. 90 Minuten
für die Ewigkeit. Sie alle spielen
in der Diaspora des europäischen
Fußballs. In Norwegen, Schweden und Dänemark. Für Odense,
Bodö Glimt, Sundsvall und den 1.
FC Kaiserslautern. Kapitän Aron
Gunnarsson und Johann Berg
Gudmundsson haben es immerhin bis nach Großbritannien geschafft: Zweite Liga in Cardiff
und Charlton. Klubs, die die englischen Superstars allenfalls aus
dem FA-Pokal kennen. Allein
Sterling kostet mehr als doppelt
so viel wie der gesamte isländische 23-Mann-Kader.
„Wenn du das Beste im Leben
willst, musst du bereit sein,
wenn sich die Möglichkeit dazu
bietet“, sagte Trainer Heimir
Hallgrimsson, im echten Leben
Zahnarzt. „Das heute war ein
Tag, über den wir bis zu unserem
Tod sprechen werden.“ Große
Worte, die dem Ereignis durchaus entsprachen.
Bereits die erstmalige Qualifikation für das kontinentale Kräftemessen war eine Überraschung. Die Isländer hatten dafür gesorgt, dass die Niederlande
die EM nur am Fernseher erleben. Als sie dann auch noch ungeschlagen aus den Gruppenspielen gegen Portugal, Ungarn
und Österreich hervorgingen,
war die Sensation perfekt. Gegen
England folgte nun das Fußballwunder, bestaunt und gefeiert
auf der ganzen Welt.
Island, das am Sonntag einen
Historiker zum neuen Präsidenten wählte, erlebt bewegte Wochen. Und nun wollen sie in der
Heimat ihren Helden alle ganz
nah sein. Am Dienstagmorgen
habe die Nachfrage nach Frankreich-Flügen das Angebot der
nächsten Tage überstiegen, erzählen sich die Fans. 20.000 Isländer, und damit mehr als sechs
Prozent der Bevölkerung, sind
bereits mit der Mannschaft in
„Es ist wie ein wunderschöner Traum“
Online
„He has good Technik“:
Lothar Matthäus
glänzt im britischen
TV mit akzentgeprägten
Sätzen als FußballEM-Experte.
welt.de/sport
PA/LACI PERENYI (2); PA/DPA/WEREK; GETTY IMAGES/ MONTAGE DIE WELT
Kommentator Gudmundur Benediktsson ist nach seinen Jubelschreien im TV in der Welt bekannt –
S
ie haben es wieder getan –
die Mannschaft und er
auch. Die isländische Nationalelf steht im Viertelfinale,
und TV-Kommentator Gudmundur Benediktsson ließ sich von
dem Sieg des Überraschungsteams wie beim 2:1 gegen Österreich zu einer emotionsgeladenen Berichterstattung hinreißen.
VON LUTZ WÖCKENER
AUS NIZZA
Schon beim zweiten Tor der
Isländer verlor er phasenweise
seine Stimme, nach dem Schluss-
pfiff hüpfte der 41-Jährige freudetrunken über die Pressetribüne
im Stadion von Nizza. Eine Stunde und zwei Bier später hatte er
sich zumindest wieder ein wenig
beruhigt.
DIE WELT: Herr Benediktsson,
was war da los beim Abpfiff?
GUDMUNDUR BENEDIKTSSON:
Keine Ahnung. Aber es war völlig
anders als gegen Österreich. Damals standen wir in der Schlussphase massiv unter Druck. Es
schien nur noch eine Frage der
Zeit, wann wir das zweite Gegentor bekommen würden. Es hätte
das Aus bedeutet. Und dann
schossen wir stattdessen selbst
eins. Wahnsinn! Aber gegen die
Engländer hatte ich in der zweiten Hälfte keine Bedenken. Wir
hatten das Spiel völlig unter
Kontrolle.
Sie mussten nur am Ende zwei
heikle Situationen überstehen.
Ja, wir sehnten uns natürlich alle
nach dem Abpfiff. Aber ich muss
auch mal sagen, dass es nicht fair
war. Die Uhren in Frankreich sind
kaputt. Die gehen viel zu langsam. Meine Güte! Im Ernst: Es ist
großartig, einfach großartig.
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Kein Wunder, dass Sie beim
Abpfiff völlig ausflippten.
Wirklich? Ich habe keine Ahnung, was ich gesagt oder gemacht habe. Ich kann mich wirklich nicht mehr an den Moment
erinnern. Ich plane da auch
nichts vorher oder lege mir etwas zurecht, falls Sie das fragen
wollen. Ich bin einfach nur ich
selbst.
Sie sind Journalist und Isländer. Wie schwierig ist es, diesen
Erfolg sachlich einzuordnen?
Sehr schwer. Es ist wie ein wunderschöner Traum.
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
DIE WELT KOMPAKT
EM 2016 11
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Islands Coup:
Erst trifft Sigurdsson
(u. l.), dann
Sigthorsson (u. r.).
Der Rest ist eine
große Party (o.)
Die Wikinger mit den
komischen Nachnamen
Warum heißen Islands Spieler alle „-son“?
Und wo spielen die 100 Profifußballer des Landes?
A
ls das Wunder vollbracht
war, zeigten die erschöpften Männer noch mal ihren beeindruckenden Schlachtruf. Doch woher stammt das Ritual, und wie kommt dieses kleine Volk zu großen sportlichen
Erfolgen? Die „Welt“ beantwortet die wichtigsten Fragen.
GETTY IMAGES; REUTERS; AFP; DPA
WARUM HEISSEN ALLE SPIELER „-SON“?
Frankreich unterwegs. Am Morgen danach sah man viele von ihnen im Bahnhof und vor den Autovermietungen in Nizza stehen.
Flüge wurden storniert, Urlaube
verlängert, Unterkünfte gebucht.
Streiche: Reykjavik, setze: Paris.
Viertelfinale. In der Hauptstadt.
Gegen den Gastgeber. Am Sonntag. Keiner will jetzt nach Hause.
Niemand will das Märchen verpassen. Sie wollen das nächste
Kapitel mitschreiben. „Das Duell
mit den Franzosen wird ein unglaubliches Spiel“, sagte der
Schwede Lars Lagerbäck, der
sich mit seinem ehemaligen Assistenten Hallgrimsson das Trai-
neramt teilt: „Vielleicht bin ich
der einzige in der Mannschaft,
der das so empfindet. Aber es ist
größer als das England-Match.“
Nein, Angst haben sie nicht.
So sachlich und mutig, wie sie in
den 70 Minuten nach dem zweiten Tor gegen England ihr Programm abspulten, werden sie
auch den Franzosen begegnen.
„Wir wollen etwas dominanter
spielen“, sagt Sigurdsson, „ich
erwarte eine gute französische
Mannschaft, ähnlich wie England.“ Hallgrimmson lacht: „Tja,
die Spieler haben ihre Hürde genommen.“ Er zuckt mit den
Schultern: „Jedes Hindernis
wirkt nun kleiner. Das hilft und
schafft Selbstbewusstsein. Wenn
die Spieler es weiterhin so angehen wie heute, können wir jede
Mannschaft schlagen.“ Ein Halbfinale? Gegen Deutschland?
Aron Saevarsson hält nichts
für ausgeschlossen. Er glaubt an
diese Mannschaft – und an seinen Bruder. Bis Sonntag wollen
sie sich Paris anschauen. Und
wenn er nach Hause kommt,
wird trainiert. Er habe Talent,
sagt einer seiner Freunde. Womöglich steht er bei der nächsten
EM selbst auf dem Rasen – und
nicht mehr in der Warteschlange
der Autovermietung.
im Interview spricht er über Islands Nationalteam
Wie gehen Sie damit um, dass
Sie spätestens seit ihrem Kommentar beim Sieg gegen Österreich die halbe Welt kennt.
Da hat sich für mich gar nichts
geändert. Ich bin immer noch
Gummi Ben, so wie mich jeder in
Island nennt. Ich verstelle mich
nicht und bin mir immer treu geblieben. Fußball ist mein Job, ich
liebe ihn und versuche ihn so gut
zu machen, wie ich kann.
Seit wann arbeiten Sie für das
isländische Fernsehen?
PA/DPA
Vielleicht können Sie ja noch
ein wenig länger träumen?
Ja, hoffentlich. Weshalb nicht?
Gern bis zum 11. Juli.
Moderator und Ex-Nationalspieler: Gudmundur Benediktsson
Ich kommentiere seit 2004 die
Spiele der englischen und spanischen Liga, Champions League und seit der vergangenen
Saison auch die der Bundesliga.
Mein Leben dreht sich jeden
Tag nur um Fußball. Ich war ja
selbst Profi in Belgien, habe
auch ein paar Länderspiele gemacht. Es ist der großartigste
Sport der Welt, und ich bin
sehr, sehr dankbar, dass ich in
diesem Umfeld meiner Arbeit
nachgehen kann. Jetzt geht es
in Paris weiter. Gegen den
Gastgeber. Im Viertelfinale der
EM.
möglicht – auch während der extrem kalten und schneereichen
Winter.
WO SPIELEN DIE ISLÄNDER?
In der heimischen Liga, in der
zwölf Teams zwischen Frühjahr
und Sommer um die Meisterschaft kämpfen, verdient kein
einziger Spieler aus Islands EMKader sein Geld. Die Isländer
sind quer durch die europäischen Ligen verteilt. Innenverteidiger Ragnar Sigurdsson läuft
für FK Krasnodar in der ersten
russischen Spielklasse auf. Seine
Kollegen sind überwiegend in
Norwegen, Schweden und Dänemark unter Vertrag, bei Odense,
Bodö Glimt, Sundsvall, Hammarby oder Norrköping. Alles
keine Schwergewichte in Europas Klubfußball. Kapitän Aron
Gunnarsson und Johann Berg
Gudmundsson verdienen ihr
In Island ist die Familie wichtig.
Und das spiegeln auch die Namen wider. Denn der Vorname
des Vaters wird in den Nachnamen des Sohnes weitervererbt.
„Son“ bedeutet also „Sohn“. Ein
Beispiel: Heißt der Vater Olaf
mit Vornamen, wird der Sohnemann Olafsson mit Nachnamen
heißen. Das oftmals verwendete
doppelte „s“ entsteht durch den
Genitiv (Olafs Sohn). Der
häufigste männliche Vorname in
Island ist übrigens Jon. Jetzt
dürfen
Sie Registrierte Fußballer
raten, was der bei den EM-Viertelfinalisten
häufigste
Deutschland 6.308.946
Nachname ist.
Frankreich 1.794.940
Und
was
Italien 1.513.596
macht
man,
656.964
Polen
wenn man eine
Tochter
be443.383
Belgien
kommt? Ganz
132.734
Portugal
einfach und lo67.550
Wales
gisch:
Statt
21.503
Island
„Son“ hängt
Quelle: Fifa
man „Dottir“
(Tochter) an.
Olafs Tochter
hieße also Olafsdottir mit Nach- Geld immerhin in Großbritannamen. Dieses Namensgebungs- nien – allerdings in der Zweiten
system galt früher in vielen Liga, in Cardiff und Charlton.
Ländern Skandinaviens. Norwegen und Schweden sind inzwi- WOHER STAMMT DER „HU,
schen zum Familiennamensys- HU, HU“-KAMPFRUF DER
tem übergegangen. In Däne- FANS?
mark ist die Verwendung von
Vatersnamen aber noch erlaubt. Die Männer von der Insel im hohen Norden spielen gern mit ihWIE WICHTIG IST DER FUSSrem Wikingerimage. Gehörnte
BALL FÜR ISLAND?
Helmattrappen, wilde Bärte und
breitflächige Tattoos gehören
Island ist eine sehr sportbegeis- zum Standartrepertoire der islänterte Nation. Neben Handball ist dischen Fans in Frankreich. Noch
dabei Fußball die mit Abstand eindrucksvoller als das äußerliche
populärste Sportart. Das kleine Erscheinungsbild ist jedoch die
Land hat zuletzt einen rasanten enorme Lärmkulisse auf den RänAufstieg erlebt – vom Punktelie- gen. Um ihr Team anzufeuern, inferanten hin zum ernst zu neh- tonieren die Isländer ein lautes
menden Konkurrenten. 2010 „Hu“, gefolgt von einem rhythminoch jenseits der besten 100 im schen Klatschen. In immer
Fifa-Ranking, belegt Island aktu- schnellerer Abfolge schwillt der
ell Platz 34. Und das bei nur Kampfruf der Nordeuropäer zu
21.500 aktiven Spielern, davon einem ohrenbetäubenden Getöse
rund 100 Profis. Nachdem die an. Ein Fangesang wie Donnerhall
Teilnahme an der WM 2014 in – der in seiner einschüchternden
Brasilien noch knapp in den Play- Wirkung ein bisschen an den Haoff-Spielen gegen Kroatien ver- ka-Tanz des neuseeländischen
passt worden war, qualifizierte Rugbyteams erinnert. Das Ritual
sich Island in diesem Jahr erst- geht in diesem Falle aber nicht
mals für ein großes Turnier. auf die Wikinger zurück. Die
Grund für den Aufschwung ist furchteinflößende Form, ihr
der Bau von überdachten Sport- Team anzufeuern, haben sich die
plätzen Mitte der 1990er-Jahre, Anhänger im heimischen Klubder das ganzjährige Training er- fußball abgeschaut.
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12 EM 2016
DIE WELT KOMPAKT
B
eschämt flüchteten
Wayne Rooney und
die
Kollegen
so
schnell wie möglich
vom Ort ihrer historischen Demütigung. Nach dem peinlichen Aus hat der englische Fußball einen neuen Tiefpunkt erreicht – mit Hohn, Spott und
blanker Verachtung. „In Englands 144-jähriger Geschichte
ist nichts mit dieser Schande
vergleichbar. Nichts. Nach 959
Spielen war das die demütigendste Niederlage“, ätzte die
„Times“ über „hirntoten Fußball“ beim 1:2. „Gegen ein Land
von 330.000 Einwohnern, trainiert von einem Zahnarzt. England hat letzte Nacht aufgehört,
ein Fußballteam zu sein und ist
nur noch eine Lachnummer.“
Der ehemalige englische Nationalspieler und heutige TVExperte Gary Lineker höhnte:
„Die schlimmste Niederlage unserer Geschichte. England wird
von einem Land mit mehr Vulkanen als Profifußballern geschlagen.“ Schlagzeilen und Expertenmeinungen werden die
Spieler auch die nächsten Tage
verfolgen. Auf Milde dürfen sie
nicht hoffen. „Der Grund, warum die Nation damit kämpft,
Mitgefühl oder eine Verbindung
zu vielen dieser Spieler aufzubauen, ist das Ego“, analysierte
der „Independent“ und versah
die Profis mit den Attributen:
„Zu berühmt, zu wichtig, zu
reich, zu arrogant.“
Nur 19 Minuten nach Vollendung des „erbärmlichen
Scheiterns“ („Sun“) vollzog
Trainer Roy Hodgson den unvermeidlichen Schritt und verkündete
seinen
„Brrrexit“
(„Mirror“). Mit aschfahlem Gesicht setzte sich der 68-Jährige
in den kargen Presseraum des
EM-Stadions von Nizza, verlas
155 Sekunden lang monoton
sein Rücktrittsstatement und
ging durch den Seitenausgang.
„Es tut mir leid, dass es so enden muss“, erklärte Hodgson –
und kam seinem Rausschmiss
damit lediglich zuvor. Vorbei alles Gerede von einer vermeintlich leuchtenden Zukunft die-
Achtelfinale 1
Sa., 25.6.
15 Uhr
5
Schweiz
6
AFP/PAUL ELLIS
Zum
Heulen
Trotz großer
Talente scheitert
England früh –
und erntet Hohn.
Trainer Hodgson
muss gehen
ser jungen Generation. Vorbei
die Träume von einem Ende des
halben Jahrhunderts voller
Schmerz ohne Titel.
Nur zwei Jahre nach dem
schmachvollen Vorrundenaus
bei der WM in Brasilien ist jede
Hoffnung erneut dahin. Selbst
das 0:1 gegen Fußballentwicklungsland USA bei der WM 1950
fällt in der Peinlichkeitenrangliste dahinter zurück. Dabei hat
Achtelfinale 3
Sa., 25.6.
21 Uhr
St. Etienne
:
Raus gegen
Island: Das ist
zu viel für die
Nerven dieses
jungen Fans
n.E.
0
1
Kroatien
Polen
Achtelfinale 2
n.V.
1
Portugal
Wales
:
Sieger
Polen AF 1
So., 26.6.
21 Uhr
0
0
3
4
Sieger
AF 3
Portugal
Sieger
Wales AF 2
Klopp verpflichtet
Sadio Mané
Nach dem Mainzer Torwart Loris Karius holt der
FC Liverpool auch Mittelfeldspieler Sadio Mané
vom FC Southampton.
Eine genaue Ablösesumme nannte der Verein
nicht. Laut Medienberichten unterschrieb Mané
einen Fünf-Jahres-Vertrag und wechselte für
rund 34 Millionen Pfund
(etwa 41 Millionen Euro).
In der abgelaufenen Saison erzielte er in 43 Spielen 15 Treffer und bereitete neun weitere vor.
Deutschland
Belgien
Achtelfinale 7
Mo., 27.6.
18 Uhr
Lille
:
0
2
Slowakei
Viertelfinale 2
Fr., 1.7.
21 Uhr
Marseille
:
EM-Endrunden-Match gewonnen, in dem es ums Weiterkommen ging.
Vor allem ist es ein Versagen
der Führungsspieler. Keeper
Joe Hart wird im Internet für
seinen Patzer vor dem ent-
Achtelfinale 5
So., 26.6.
18 Uhr
Toulouse
:
Ungarn
Nordirland
Viertelfinale 1
Do., 30.6.
21 Uhr
Achtelfinale 6
Sa., 25.6. Paris, Parc des
18 Uhr
Princes
Lens
:
England zurzeit eins der größten Reservoirs an vielversprechenden Talenten im Weltfußball. Im Mittelfeld bilden bereits jetzt der defensive Eric
Dier (22), Spielmacher Dele Alli
(20) und Slalom-Dribbler Raheem Sterling (21) die Achse der
Nationalelf.
Mittelstürmer
Harry Kane (22) ist in der abgelaufenen Saison mit 25 Treffern
Torschützenkönig der Premier
League geworden. Und dann ist
da noch Marcus Rashford (18),
der in dieser Saison einen märchenhaften Aufstieg vom Jugendspieler bei Manchester
United zum EM-Teilnehmer
hingelegt hat.
Wie schon in den Vorrundenpartien wusste diese zweitjüngste Mannschaft des Turniers ihre Dominanz nicht zu
nutzen und schied am Ende
hilf-, kraft- und einfallslos völlig verdient aus. Seit mehr als
einem Jahrzehnt wartet England nun auf einen Sieg in der
K.o.-Runde eines großen Turniers. Noch nie haben die Three
Lions außerhalb Englands ein
:
Sieger
AF 6
Belgien
Sieger AF 5
Deutschland
Achtelfinale 8
Lyon
Mo., 27.6.
21 Uhr
Irland
England
1
Frankreich
Viertelfinale 3
Sa., 2.7.
21 Uhr
Lille
:
1
Nizza
:
2
Island
Viertelfinale 4
So., 3.7.
21 Uhr
Bordeaux
:
Sieger
AF 7
Italien
Sieger
AF 4
Frankreich
Paris, St. Denis
:
SiegerIsland
AF 8
Halbfinale 2
Do., 7.7.
21 Uhr
Lyon
:
Sieger VF 1
2
Spanien
Halbfinale 1
Mi., 6.7.
21 Uhr
Achtelfinale 4
0
Italien
scheidenden Gegentor zum 1:2
verspottet, Wayne Rooney
konnte dem Offensivspiel nach
seinem Foulelfmetertor zum
1:0 keine dauerhafte Ordnung
verleihen. „Es ist beschämend
für uns. Wir sind alle bitter enttäuscht, wir wissen, dass wir
die Verantwortung dafür tragen“, gestand der Kapitän.
Im Gegensatz zu Hodgson
will der 30-Jährige jedoch
weitermachen und sein
Team durch die Qualifikation unter anderem gegen
die Slowakei und Schottland
zur WM 2018 führen.
Doch mit welchem Coach?
„Jetzt ist es an der Zeit für jemand anderen, den Fortschritt
dieser jungen, hungrigen und
extrem talentierten Gruppe zu
verantworten“,
erklärte
Hodgson, der mit der unterirdischen Bilanz von drei Siegen in
elf Turnierspielen abtritt. Der
Trainer-Routinier hatte das
Team kurz vor der EM 2012
übernommen. Doch die Nachfolgeoptionen für Hodgson
klingen keinesfalls so verlockend. Als Favorit wird U21Coach Gareth Southgate gehandelt, dem jedoch die Erfahrung
auf großer internationaler Bühne fehlt. Die restlichen Kandidaten sind eine Mischung aus
Trainern mittelmäßiger bis
schlechter englischer Klubs
(Alan Pardew, Sam Allardyce),
Ausländern über ihrem Zenit
(Arsene Wenger, Rafael Benitez) oder TV-Experten, die sich
selbst ins Gespräch brachten
(Alan Shearer).
Bleiben Überraschungskandidaten. Eigentlich pocht der
Verband auf Premier-LeagueExpertise an der Seitenlinie.
Doch so verzweifelt wie die aktuelle Lage ist, wäre selbst ein
Deutscher aus den belächelten
USA nicht undenkbar: Jürgen
Klinsmann. Der 69 Jahre alte
Trainer Harry Redknapp sagte:
„Die FA (englischer Verband, d.
Red.) muss wirklich ein Kaninchen aus dem Hut zaubern, weil
es anscheinend keine offensichtlichen Kandidaten da draußen gibt.“
So., 26.6.
15 Uhr
Paris,
St. Denis
:
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Marseille
:
Finale
Sieger VF 2
So., 10.7.
21 Uhr
Sieger VF 3
Sieger VF 4
Paris, St. Denis
:
Sieger HF 1
Sieger HF 2
Stand 20 Uhr
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WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
EM 2016 13
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
)
Weltmeister
haben
keine Angst
S (2
AUS EVIAN
Löw erzählt diese Anekdote
manchmal, wenn er gefragt
wird, wie er Deutschland zum
Weltmeister gemacht hat. Er
erzählt, dass da dieses Aufbäumen war nach der EM 2012. So
wie damals beim FC Bayern,
der das Champions-League-Finale 1999 so tragisch in den
letzten Minuten gegen Manchester United verlor, dass die
Wut darüber zwei Jahre später
zum Titelgewinn führte. Das
Gleiche habe er 2012 verspürt;
an jenem Abend, an dem die
Spieler sich schworen, die
Schmach auszuwetzen.
Kurz zuvor hatte Schiedsrichter Stephane Lannoy aus
Frankreich das Halbfinale abgepfiffen. Deutschland hatte gegen Italien keine Chance gehabt, zwei Tore von Mario Balotelli hatten Löws Team den
Garaus gemacht, der verwandelte Elfmeter von Mesut Özil
in der Nachspielzeit war nur
noch Ergebniskosmetik gewesen. Es war Löws Niederlage, er
hatte sich vercoacht. Hatte
Müller draußen gelassen, hatte
drei Wechsel im Vergleich zum
Mario Balotelli (l.)
feiert bei der EM 2012
sein Tor zum 2:0 gegen
Deutschland, Thomas
Müller weint hinterher
auf der Bank. War das
Spiel die Geburtsstunde
einer großen
Mannschaft?
AG
E
VON LARS WALLRODT
brillanten 4:2-Viertelfinalsieg
gegen Griechenland vorgenommen, hatte Toni Kroos
ins Zentrum beordert, um
dort die Kreise des Spielmachers Pirlo zu stören.
Nichts klappte.
Es sollte die bitterste Niederlage in
Löws
Karriere
werden und die
Stunde Null für
die spätere Weltmeistermannschaft.
2014 wurden viele Spieler Weltmeister, die
schon 2012 dabei waren.
Und Joachim Löw sagt heute: „Im Nachhinein hat uns
das Aus gegen Italien geholfen,
auch wenn es natürlich eine bittere Niederlage war. Es war für
mich eine gute Lehre. Ich habe in Brasilien oft daran gedacht, habe die Erfahrung
in einige Entscheidungen
einfließen lassen.“
Und nun wieder:
Italien. „Angstgegner“ schreien die
Schlagzeilen. Tatsächlich
hat
Deutschland noch
nie in einem großen
Turnier gegen die
Squadra Azzurra gewonnen. Viermal gab es
ein Unentschieden in der
Vorrunde, viermal eine Niederlage in der K.-o.-Phase.
Auch das „Sommermärchen“
2006 wurde von den Italienern
im Halbfinale beendet.
„Angstgegner?“, fragt Joachim Löw und zieht eine Augenbraue hoch, „nein, einen
Angstgegner haben wir nicht.“
Zwei Kontrahenten auf Augenhöhe sieht der Bundestrainer
am kommenden Samstag (21.00
Uhr) im Viertelfinale in Bordeaux aufeinandertreffen. Aber
Angst kennt der Weltmeister
nicht. Und einschüchtern von
Statistiken lässt er sich schon
gar nicht. „Das ist doch kalter
Kaffee. Ich aber bevorzuge heißen Espresso“, kalauerte Löw.
Noch nach dem 3:0 gegen die
Slowakei im Achtelfinale hatte
er gewarnt, war mit beiden Fü-
Y IM
ar die größte
Niederlage
gleichzeitig die
Geburtsstunde
der Sieger von morgen? War
das der Urknall, der Deutschland zwei Jahre später zum
Weltmeistertitel katapultierte?
28. Juni 2012, kurz vor elf Uhr
abends: Thomas Müller sitzt
weinend auf der Bank des Warschauer EM-Stadions. Andere
Kollegen liegen auf dem Rasen,
blicken ins Nichts. Bundestrainer Joachim Löw steht stumm
an der Seitenlinie, die Hände in
den Hüften, das Gesicht leer
vor Enttäuschung. Dann kommen nacheinander zwei Spieler
zu ihm, Miroslav Klose und Per
Mertesacker. Beide schauen
ihm in die Augen und geben
Löw ein Versprechen: Das war
es noch nicht, diese Niederlage
werden wir wieder gutmachen.
TT
W
GE
DIE WELT KOMPAKT
sie sich in ihre
weltberühmte
Abwehrformation
zurück.
„ItalieDas DFB-Team will
ner“, schmunzelte
den Italien-Fluch
Löw, „gehören zu den
wenigen
Fußballern,
endgültig besiegen
die den Ball auch mal mit
einem Lächeln auf die Tribüne hauen und sich auch
ßen auf die Euphoriebremse ge- über ein 0:0 freuen.“
stiegen und hatte gemahnt, seiEs wird das Duell der jüngsne Spieler müssten sich stei- ten gegen die älteste Manngern: „Die Slowakei war kein schaft des Turniers. Italiens alMaßstab. Jetzt kommen ganz te Säcke, angeführt vom 38-jähandere Kaliber.“ Er wusste da rigen Torwart Gianluigi Buffon,
noch nicht, dass Italien dieses haben bislang eine starke LeisKaliber werden würde. Nun tung gezeigt. In der Vorrunde
freut er sich auf das Duell der schlugen sie Belgien 2:0, distanGiganten. Nach vier Gegnern, zierten Schweden mit 1:0 und
die sich einmauerten, kommt schonten dann im letzten Vornun ein echter Prüfstein.
rundenspiel acht Stars, was zu
Mit einer brillanten Taktik einer (einkalkulierten) Niederhatten die Italiener am Montag- lage gegen Irland führte.
abend in Paris Titelverteidiger
Da schnalzte mancher ExperSpanien ausgeschaltet. Eine te mit der Zunge. Eigentlich
halbe Stunde spielten sie die war die Mannschaft von TraiIberer an die Wand, dann zogen ner Antonio Conte maximal im
erweiterten Favoritenkreis angesiedelt worden. Und dann
rauschte sie durch die vermeintlich stärkste Vorrundengruppe, schaltete zudem den
Titelverteidiger aus. „Einige
hatten Italien vor der EM ja
schon fast abgeschrieben. Aber
ich wusste, was sie für eine
Qualität haben. Es wird schwierig gegen sie. Sie haben Erfahrung und Klasse, sind athletisch
und psychisch sehr stark. Italien ist stärker als 2008, 2010
oder auch 2012“, sagte Löw.
Das wäre eigentlich eine beängstigende Aussage. Doch
auch Löws Elf ist eine andere
als noch vor vier Jahren. „Die
Tagesform wird entscheiden“,
sagt der Bundestrainer. Er werde jedenfalls die lange Zeit bis
zum Viertelfinale nutzen, um
seine Spieler auf alle Wahrscheinlichkeiten einzustellen,
die gegen die Taktikgenies aus
Italien zu erwarten ist: „Und
dann werden wir ja sehen …“
Bei Italien ist der Trainer der Star
Der geschickte Tiefstapler Antonio Conte hat seiner Mannschaft neuen Geist eingehaucht – die Spieler folgen ihm blind
ntonio Conte lässt sich
Zeit. Es scheint, als könne er nicht genug bekommen von den Huldigungen
seiner Landsleute, die sich nach
dem Sieg über Spanien vor ihm
in den Staub werfen.
VON SIMON PAUSCH
AUS PARIS
Mehr als eine halbe Stunde
lang parliert Italiens Trainer
über die beeindruckende Leistung seiner Spieler, die Komplimente an die eigene Adresse
nimmt er leise lächelnd zur
Kenntnis. Als er sich im gewal-
tigen Pressesaal im Bauch des
Stade de France erhebt, verabschiedet er sich mit einer Ankündigung: „Wir werden hart
arbeiten bis zum Spiel gegen
Deutschland. Das entspricht
unserem Charakter.“
Bundestrainer Joachim Löw
sagt: „Antonio Conte hat erkannt, dass Catenaccio allein
kein Turnier mehr gewinnt“. Es
kling ein wenig ehrfürchtig:
„Früher war Italien vorne nicht
so durchschlagskräftig. Er hat
der Offensive mehr Gewicht gegeben.“ Titelverteidiger Spanien spielten die Italiener im
Achtelfinale 75 Minuten lang an
die Wand und hatten dabei so
viele Torchancen wie früher in
einer gesamten Gruppenphase.
Die Mannschaft folgt dem 46Jährigen Conte beinahe blind.
Seine Leidenschaft, die selbst
die Sprints und Sprünge von
Trainerirrwisch Jürgen Klopp
in den Schatten stellt, ist einer
der Mosaiksteine im italienischen Gefüge. Conte lebt vor,
was er von seinen Spielern erwartet: Einsatz, Hingabe und
die Bereitschaft, bis an die körperlichen Grenzen zu gehen.
Mit seinem Pragmatismus
führte der Ex-Juve-Spieler die
Auswahl in die Zeit nach An-
drea Pirlo, der jahrelang Herz
und Hirn der Squadra gewesen
war. Dessen Rolle teilen sich
nun unermüdliche Balljäger wie
Daniele De Rossi, Marco Parolo
und Emanuele Giaccherini, davor lauern die kantigen Grazia-
DPA/PETER KNEFFEL
A
Ein verschworenes Team:
Antonio Conte und seine Spieler
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no Pellè und Éder. Auf seine Abwehr kann sich Conte ohnehin
verlassen. Andrea Barzagli,
Giorgio Chiellini, Bonucci und
Buffon standen schon beim
Halbfinalsieg gegen die Deutschen in der Startelf.
Conte tut bereits alles, um
sich als Außenseiter zu positionieren. „Deutschland ist die mit
Abstand beste Mannschaft bei
dieser EM. Wir werden eine titanische Leistung brauchen
und unseren besten Fußball
spielen müssen“, sagte er. Es
darf eher als geschickte Tiefstapelei denn als aufrichtige Ehrfurcht verstanden werden.
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
14 EM 2016
DIE WELT KOMPAKT
E
Zwei Deutsche in
Wimbledon weiter
D
GETTY IMAGES FOR LTA
ustin Brown mit großem Kampf, Benjamin
Becker ohne Mühe:
Nach dem frühen Aus von Philipp Kohlschreiber sind zwei
deutsche Tennis-Herren in die
zweite Runde von Wimbledon
eingezogen. Brown kämpfte
sich nach einem Auf und Ab in
einem Fünf-Satz-Match gegen
Dusan Lajovic erfolgreich weiter. Mit 4:6, 6:3, 3:6, 6:3 und 6:4
behauptete sich am Ende der
Niedersachse. „Die Volleys und
Returns sind am Anfang überall
hingeflogen. Aber das Wichtigste war, dass ich immer daran
glaube, dass Gras mein Belag
ist“, erklärte Brown.
In der zweiten Runde trifft er
auf den Australier Nick Kyrgios,
der – wie er selbst – als Paradiesvogel gilt. „Die Leute werden ein Spektakel erwarten, ich
Angriffslustig: Brown fürchtet
auf Rasen keinen Gegner
werde mir keinen Kopf machen“, sagte Brown. „Wir sind
Freunde, ich will Spaß haben.“
Der Saarländer Becker setzte
sich anschließend klar mit 6:3,
6:3, 6:1 gegen den Argentinier
Facundo Bagnis durch. Auf den
Weltranglisten-102. wartet in
London nun der an Position
zehn gesetzte Tscheche Tomas
Berdych oder Ivan Dodig aus
Kroatien. Von anfangs sechs gestarteten Herren war am Eröffnungstag neben der deutschen
Nummer eins Kohlschreiber
auch Jan-Lennard Struff gescheitert.
Titelverteidigerin
Serena
Williams (34) zog hingegen
souverän in die zweite Runde
ein. Die 21-malige Grand-SlamSiegerin aus den USA gewann
gegen die Schweizer Qualifikantin Amra Sadikovic 6:2, 6:4.
s hat lange gedauert,
und natürlich musste
erst das Ausscheiden
kommen. Aber letztlich blickten zumindest manche
Spanier nach dem 0:2 (0:1) gegen Italien der Wahrheit ins Auge, allen voran Innenverteidiger Gerard Piqué. Zwei
Sätze blieben hängen
von seiner Analyse: „Wir
müssen
anerkennen,
dass wir derzeit nicht zu
den Besten gehören“.
Und: „Diese Mannschaft
hat nicht mehr das Niveau derjenigen, die WM
und EM gewann.“
VON FLORIAN HAUPT
AUS PARIS
Schon als das letzte
Vorbereitungsspiel gegen Georgien verloren
ging, habe er innerlich
von jeder Favoritenrolle
Abstand genommen, berichtete Piqué. Zwar trugen die Spieler nach den
Auftaktsiegen
gegen
schwache
Tschechen
und Türken ein betont
monströses
Selbstbewusstsein vor sich her.
Aber das klang immer
ein bisschen nach dem
Pfeifen im Walde. Das
Express-Aus bei der WM
2014 hat das Selbstverständnis der „Selección“
in seinen Grundfesten
erschüttert.
Seitdem
reichten Kleinigkeiten,
um sie aus der Bahn zu
werfen.
Tatsächlich
lieferte
schon die verpatzte Generalprobe gegen den
Weltranglisten-137. eine
Blaupause dafür, was Italien umso drastischer offenlegte – der Europameister von 2008 und
2012 sowie Weltmeister von
2010 ist dabei, sich in einer Kultur des Verlierens einzurichten.
Niederlagen bekommen etwas
Selbstverständliches. Das Unglaubliche ist nicht, dass Spanien gegen Italien ausgeschieden ist. Sondern dass Spanien
von Italien dominiert wurde.
Noch vor wenigen Jahren sahen die Spiele der Spanier so
aus: Der Ball gehörte ihnen, die
Chancen mochten manchmal
auf sich warten lassen, aber Gefahr liefen sie eigentlich nie,
und der eigene Torwart war
GETTY IMAGES/CLIVE ROSE
Dustin Brown:
„Gras ist
mein Belag“
maximal für die eine entscheidende Parade bei einer Konterchance gefordert. Notfalls
musste der Gegner erst müde
gespielt werden, und es wurde
schließlich mit einem späten
Tor oder in der Verlängerung
gewonnen.
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
teidiger zeigte deutlich, dass
die WM vor zwei Jahren mehr
als ein Ausrutscher war. Gegen
taktisch innovative Rivalen
wirkte die Elf von Trainer Vicente del Bosque schon damals
überfordert. Nun trieb sie ihren
Verfall auf die Spitze.
dem WM-Debakel nicht notwendigerweise eine „Lame
Duck“. Neue Impulse schaffte
er jedoch auch nicht. Aufgrund
seiner einmaligen Verdienste –
WM und EM nacheinander –
wird del Bosque immer eine
Lichtgestalt in der spanischen
Fußballgeschichte bleiben. Aber vielleicht hätte
es dieses Turnier nicht
mehr gebraucht.
„Italien war die bessere Mannschaft“, räumte
der Trainer später unumwunden ein, wie immer
zeigte er Anstand und
Sportlichkeit in der Niederlage. Genauso gefasst
würde er eine Entlassung
Das EM-Aus offenbart:
akzeptieren und hätte
Spanien braucht einen
das auch schon vor zwei
Jahren getan. Mit 65 JahNeustart – ohne Trainer
ren hat er den Ruhestand
del Bosque
allemal verdient. Doch
nicht zuletzt aus Loyalität zum spanischen Fußballverband hat er diesen
bisher nie erklärt. Die
Funktionäre sollen ihn
schon damals zum Weitermachen überredet haben und zeigen sich auch
in diesem Sommer hartnäckig untätig.
Attraktive Kandidaten
wie der waghalsige Paco
Jémez (Granada) oder
der weltläufige Quique Sánchez Flores
(zuletzt Watford,
Ratlos
jetzt
Espanyol
und kraftlos:
Barcelona) haSpanien ist nicht
ben inzwischen
mehr wiederbei neuen Verzuerkennen
einen
unterschrieben. Verbliebene Anwärter wie
die Liga-Fahrensmänner Joaquín Caparrós
und Pepe Mel oder der
ehemalige U21- und FCPorto-Trainer Julen Lopetegui reißen im PubliAm Montag erlebten die ZuVor allem in der ersten Halb- kum niemanden zu Begeisteschauer im Stade de France vor zeit war keine Spannung in ei- rungsstürmen hin. Dennoch
allem in der ersten Halbzeit die ner Mannschaft, die ihre An- gilt eine weitere Beschäftigung
Umkehrung aller Werte. Die hänger schon in den vergange- del Bosques nach dem OffenbaMannschaft, die entschlossen nen Tagen mit beleidigter rungseid gegen Italien als ausnach vorn spielte, war Italien. Selbstgerechtigkeit
irritiert geschlossen. Der Trainer verDer Torwart, der unter Be- hatte und bei diesem Turnier passte in Frankreich die Mögschuss stand, war David de Gea, über weite Strecken in eine Pa- lichkeit, von sich aus den Weg
der seine Elf mit mehreren rallelwelt geflüchtet war. Die frei zu machen. „Ich werde mit
Glanzparaden im Spiel hielt. Niederlage gegen Kroatien et- dem Präsidenten darüber spreSpaniens Rest giftete sich wa verklärte sie zu einer bloßen chen, was das Beste für den spaschon nach einer Viertelstunde Laune des Schicksals. Auch del nischen Fußball ist“, sagte er.
an (Jordi Alba und Nolito), pro- Bosque pflegte diesen Diskurs, Del Bosque weiß sicher selbst
duzierte ungewohnte Fehler in er ist nicht unschuldig daran, zu gut, dass es auf diese Frage
Serie (Sergio Ramos) oder ver- dass die „Selección“ so morsch nur eine Antwort geben kann:
sank im Phlegma. Der Titelver- daherkommt. Zwar war er nach den Neuanfang.
Das Ende
einer Ära
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WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
DIE WELT KOMPAKT
FORUM 15
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
LEITARTIKEL
KOMMENTAR
Merkel und die
beiden Europas
Der Brexit zeigt die Macht unterschiedlichen
historischen Bewusstseins innerhalb der
europäischen Familie. Am Brüsseler Tisch sitzen
einst Unterdrückte und frühere Imperien.
Deutschland könnte jetzt führen – steht aber
vor einem Wahljahr
K
ann Großbritannien das
Austrittsvotum rückgängig
machen? Sollte es das sogar? Die Härte, mit der
Angela Merkel von London
eine klare Entscheidung verlangt und
jedwede Hoffnung auf britische Sonderkonditionen zunichte macht, könnte bedeuten: Überlegt es euch gut –
und zwar um des politischen Ganzen
willen. Denn das Europa der unterschiedlichen historischen und politischen Bewusstseinsstände ist viel zu
gefährdet, um jetzt durch Halbheiten
immer neue Begehrlichkeiten zu wecken. Die EU-freundlichen Schotten,
die am Dienstag im EU-Parlament an
den Kontinent appellierten, sie nicht
im Stich zu lassen, sind keineswegs
eine willkommene Stimme. Wenn sie
tatsächlich ein Unabhängigkeitsreferendum ansetzen und so dem Begriff
„sich abschotten“ einen ganz neuen
Sinn geben, nämlich „sich abseilen“ –
dann können sie in der EU noch viel
mehr Chaos anrichten, als es jetzt
schon herrscht. Die Katalanen oder die
bosnischen Serben warten nur darauf,
dass ein Abspaltungsreferendum mit
der EU-Mitgliedschaft belohnt wird.
Es gibt eben nicht nur eine EU der
unterschiedlichen Währungen. Es gibt
vor allem auch eine EU der gänzlich
unterschiedlichen historischen Bewusstseinsstände. Diese bisher gerne ignorierte Schwachstelle im EU-Fundament
ist gerade dabei, die Stabilität des ganzen Gebäudes zu gefährden. Die Hafenstadt Dover hat mit 60 Prozent für den
Brexit gestimmt – Dover, wo der Kanaltunnel endet, an dessen französischem Eingang Tausende Flüchtlinge
unter chaotischen Bedingungen hausten;
vor allem aber auch dasjenige Dover, das
1940 in Erwartung der Deutschen auf die
Kontinentalküste starrte, in Erinnerung
an die Normanneninvasion 1066, an die
spanische Armada oder an Napoleon.
Die Küstenbezirke von Nordirland und
Nordostengland votierten für den Austritt – die Bezirke, in denen die großen
Werften lagen, die Großbritanniens
maritime Weltgeltung möglich machten.
Die Hafenstädte dort wiederum stimmten für die EU: Sie profitieren vom Binnenmarkt. Gibraltar wollte zu fast 96
Prozent in der EU bleiben – der Außenposten gegenüber Afrika, das wie kein
anderes britisches Gebiet auf eine starke
EU-Außengrenze hofft.
TORSTEN KRAUEL
ǑǑ
Für den Markt
historischer
Befindlichkeiten
gibt es keinen
Brüsseler
Kommissar und
keine EU-Regeln
Vorbei. Vor dem 60. Gründungstag der
EWG im März nächsten Jahres fordern
1000 Jahre europäischer Geschichte, die
für die EU-Staaten so gänzlich unterschiedlich verlaufen ist, ihren Tribut.
Großbritannien ist womöglich erst der
Anfang. Wie für viele Briten, so sind auch
für viele Polen Ereignisse aus dem Mittelalter, der frühen Neuzeit oder aus dem 18.
Jahrhundert bewusstseinsbildend. Auch
an der Weichsel sind 1939 bis 1944 Schlüsseljahre des politischen Empfindens,
besonders für Jaroslaw Kaczynski, dessen
Vater am Warschauer Aufstand teilgenommen hatte. Kaczynski liebäugelt mit
einem Referendum. Für Slowenien oder
Estland gilt das Gegenteil. Diese und
einige andere Länder haben Europa als
Befreiung empfunden. Für sie sind estnische oder slowenische EU-Kommissare
die Erfüllung der Geschichte.
Für den Markt historischer Befindlichkeiten gibt es keinen Brüsseler Kommissar und keine EU-Regeln. Die Hälfte der
EU-Länder, von Schweden bis nach
Portugal, hatte seit den Zeiten Karls des
Großen imperiale Ambitionen, die in ihr
Weltbild eingebunden sind. Die andere
Was sich
mindestens
lohnt
Hälfte der EU-Staaten hatte von Tschechien bis Estland eine Unterdrückungsgeschichte. Manche hatten beides. Für
die unterschwellige Gefühlslage gegenüber „Brüssel“ gilt aber: Nur eine Minderheit der EU-Mitglieder betrachtet die
gleichberechtigte Position im Europäischen Rat oder eigene EU-Kommissare
als eine nationale Aufwertung. Die Mehrheit der Staaten empfindet die Teilung
der Macht und die Abgabe von Souveränitätsrechten als nationale Abwertung.
Diese Mehrheit fühlt sich angesichts der
europäischen Kompromisszwänge oft
wie der in den Kriegen vertriebene,
verarmte „Etagenadel“. Man hatte ein
Gut, eine Herrschaft sogar. Nun muss
man den Parkplatz teilen, den Lift und
den Keller, und jeder Umbau muss genehmigt werden.
In diesem Europa wird Deutschland
mehr denn je zur Führungsmacht wider
Willen. Es vereint beide Sichtweisen auf
die EU in sich. Das 800 Jahre alte frühere Königreich Bayern hat einen britischen Blick auf die EU. Die nach 1945
kunstgeschöpften Bindestrichländer wie
Nordrhein-Westfalen oder RheinlandPfalz sehen Brüssel eher so, wie Estland
oder Slowenien es tun. Der Umgang mit
den Folgen des Brexit ist für Angela
Merkel und Sigmar Gabriel eine Übung
in angewandtem Föderalismus. Das
Nahziel ist es, Nachahmer zu entmutigen. Marine Le Pen möchte mit einem
Referendum aus dem Euro austreten.
Die Niederländer könnten bei der Parlamentswahl im Frühjahr mit Geert
Wilders einen europaskeptischen Politiker zum Premier machen. In Dänemark
regt sich der Stolz einer oft übersehenen
alten Seefahrernation, die einschließlich
Grönlands für Jahrhunderte das größte
Flächenland Europas war.
Angela Merkel hat im Bundestag den
eigenen Führungswillen unterstrichen.
Sie sagt seit Jahren, Europa müsse gegenüber Weltmächten wie Google oder
China zusammenstehen. Sie hat verschiedentlich angedeutet, die EU brauche dafür eine Reform an Haupt und
Gliedern. Es wäre ein Projekt nach ihrem Geschmack, so wie sie 1995 als Umweltministerin in letzter Minute die
UN-Klimakonferenz rettete und 2007 als
Kanzlerin den EU-Reformvertrag von
Lissabon.
Aber sie hat mit ihrer Flüchtlingspolitik etliche EU-Partner gegen sich
aufgebracht, und sie regiert mit einer
Koalition, die vor dem Wahljahr 2017
auseinanderzustreben beginnt. Die Sozialdemokraten nähern sich der EU-skeptischen Linkspartei als möglichem Partner an. Sie sehen in Paris und Rom Verbündete für eine andere EU-Wirtschaftspolitik, die nach dem Ausscheiden
Londons aus der EU sehr an Gewicht
gewinnen. Eine stärker links ausgerichtete EU erscheint ihnen möglich. Es ist
deshalb fraglich, ob die SPD einen britischen Verbleib in der EU so begrüßen
würde, wie Merkel und Wolfgang Schäuble es wohl täten. Für einen solchen
Verbleib müsste das britische Parlament
das Referendum ignorieren, was rechtlich möglich wäre. Damit könnte Merkel
eher leben als Gabriel, dessen erwünschter künftiger Koalitionspartner Linkspartei auf der absoluten Wertigkeit von
Volksabstimmungen beharrt. Der Riss in
Großbritannien und Europa geht auch
durch das Bundeskabinett.
ie Mindestlohnkommission hat ihren ersten
Test bestanden. Eineinhalb Jahre nach seiner Einführung plädierten die Experten
von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite dafür, den Mindestlohn um 34 Cent anzuheben. Damit steigt die gesetzliche
Lohnuntergrenze Anfang 2017
von 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro
Stunde. Mit dieser Entscheidung bewegt sich die Kommission in einem vernünftigen
Rahmen. Schnaps-Forderungen
nach einer Anhebung auf zehn
Euro hat sich das Gremium
nicht hingegeben. Stattdessen
hat es sich an die Richtschnur
gehalten, den Mindestlohn
entsprechend der Lohnsteigerungen der vergangenen eineinhalb Jahre zu erhöhen.
Allerdings ist diese erste
Entscheidung noch lange kein
Beleg dafür, dass die Kommission immer weise Entscheidungen treffen wird, wie Regierungspolitiker nun jubeln.
Schon die nun beschlossene
erste Anhebung liegt knapp
über den 8,77 Euro, mit denen
im Vorfeld gerechnet worden
war. Denn auf Druck der Gewerkschaften floss in die Berechnungen auch der jüngste,
allerdings noch nicht wirksame
Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst mit ein. Und
angesichts der Flüchtlingskrise
hätte die Kommission auch
darüber nachdenken können,
den Mindestlohn gar nicht
anzuheben. Denn je höher die
gesetzliche Lohnuntergrenze
für Migranten ist, desto
schwieriger wird ihre Arbeitsmarktintegration.
Vor allem aber steht der
Kommission der wahre Praxistest erst noch bevor. Der Mindestlohn hat bislang nicht, wie
von einigen Ökonomen vorhergesagt, Hunderttausende
Jobs vernichtet. Das bedeutet
aber keinesfalls, dass er nicht
das Potenzial dazu hätte. Ob
und wie viele reguläre Arbeitsplätze er gefährdet, wird sich
erst im nächsten Abschwung
zeigen. Und erst dann lässt sich
mit Gewissheit sagen, ob die
Mindestlohnkommission stark
genug ist, auf die schwierige
wirtschaftliche Lage entsprechend zu reagieren. Denn sollten in einer Rezession die Löhne sinken, müsste das Gremium
auch den Mindestlohn nach
unten anpassen. Solange sich
der Mindestlohn nicht im Abschwung bewährt hat, sind alle
Jubelmeldungen verfrüht.
[email protected]
[email protected]
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MARTIN GREIVE
D
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
16 REPORT
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
A
DW
uf der Suche nach Kerim
Ucar versuchten wir, sittsam auszusehen. Es ist
wahr, wir versuchten es, obwohl wir natürlich gar nicht unsittsam
aussahen. Wir sahen nur aus wie zwei
Frauen, die bei 35 Grad arbeiten gehen, kurze Ärmel, kurze Röcke.
VON KATHRIN SPOERR
Der Handschlag ist ein
Ritual, das verbindet
M
ANDREA
an mag
dacht, die sich
SEIBEL
der Lehhöflich verhalten,
rerin eiund weit noch ist
ner Berliner Prider Weg bis zum
vatschule
VerSittenverfall und
bohrtheit unterUntergang
des
stellen. SchließAbendlandes.
lich hatte der weAber nichts ist
gen Auffälligkeimehr selbstverten seines Sohnes
ständlich,
alle
geladene Imam
Regeln und Autogleich bei Eintritt ins Leh- ritäten müssen neu begrünrerzimmer erklärt, dass er det werden. Sie müssen geeiner Frau aus religiösen wollt sein. Im Umgang mit
Gründen nicht die Hand ge- Fremden, die sehr klar – und
ben könne und als Ehrerbie- manchmal auch militant –
tung die Hand aufs Herz ge- ihre Rituale und Verhaltenslegt. Die Lehrerin jedoch be- weisen anwenden wollen,
stand auf dem Handschlag. erkennt der autochthone
Vielleicht erinnerte sie sich Deutsche seine Schwäche.
an einen Fall in der Schweiz, Und er richtet sich wieder
wo die Schulbehörde die etwas auf an seiner TraditiPflicht zum Händedruck on, wo es schon keine Hüte
durchsetzte, da das öffentli- mehr gibt, die man lupfen
che Interesse an der Gleich- kann und nur noch der Russtellung von Mann und Frau se und Österreicher einer
sowie die Integration von Dame die Hand zu küssen
Ausländern „erheblich“ die pflegt.
Glaubensfreiheit überwiege.
Der Handschlag ist eleDer erzürnte Berliner Imam mentar wie die Sprache eihingegen sagte in Inter- nes Menschen. Denn durch
views, man könne von ihm die Berührung erfährt man
erwarten, dass er sich an die viel über den anderen und
Gesetze des Landes halte, erlebt zudem eine Anerkenaber nicht, dass er alle kultu- nung durch den direkten
rellen Gepflogenheiten der Blick in die Augen. So steht
Deutschen kopiere. Die es noch heute im Knigge.
Schule eiert, weil sie Scha- Seit biblischen und antiken
den befürchtet. Denn es gibt Zeiten wird auf diesem Wenicht wenige Stimmen, wie ge Vertrauen hergestellt,
etwa die der ersten Auslän- werden Verträge geschlosderbeauftragten des Berli- sen, zeigen Krieger, dass sie
ner Senats, Barbara John keine Waffe mehr in der
(CDU), welche die Lehrerin Hand haben. Man ertastet
kritisieren und mehr „Gelas- den Charakter des anderen.
senheit“ anmahnen im Um- Aus dem innermännlichen
gang mit den Muslimen.
Ritual ist im Laufe der Zeit
Zurück zur Lehrerin: War ein gleichberechtigtes Signal
sie wirklich verbohrt? Hätte geworden: Die Frau gibt dem
sie nicht nachgeben können? Mann die Hand. Und er
Gelassenheit ist ein großes nimmt sie. All die Betonung
Wort. Es endet verlogen in von Leitkultur und GrundWurstigkeit. Und das ist gesetz verkennt: Es sind die
doch das eigentliche, das kleinen Gesten des Alltags,
deutsche Problem: Rituale die
Respektbezeugungen,
und
Höflichkeitsformen die das Zusammenleben prädrohen aus dem öffentlichen gen. Es ist eine Bringschuld
Raum zu verschwinden. derjenigen mit MigrationsWelcher Jugendliche gibt hintergrund, da somit signanoch Erwachsenen freiwillig lisiert wird, das Land, in
die Hand? Welcher junge dem man lebt, als VorderMann hält noch einer Frau grund zu sehen. Und deshalb
die Tür auf? Wer grüßt fröh- sollten das auch Muslime
lich seine Mitmenschen und beherzigen. Sie müssen ja
bekommt auch noch umge- kein Bier trinken oder
hend ein „guten Morgen“ Schweinefleisch essen. Aber
zurück? Es sind noch immer sie sollten sich endlich in die
viel mehr Menschen als ge- Hände der Frauen begeben.
Auf der Suche nach Kerim Ucar versuchten wir, so auszusehen, dass Kerim Ucar uns nicht für unsittsam halten würde. Also so, wie wir glaubten,
dass Herr Ucar sich eine sittsame Frau
vorstellt. Obenrum: ein Tuch, mit dem
man die aus Imamsicht möglicherweise unsittsam freien Schultern bedecken können würde und die grüne
Strickjacke einer Kollegin, die ungefähr 20 Zentimeter kleiner ist als wir.
Untenrum war schwieriger. Wir fragten Kolleginnen nach eventuell im Büro vorrätig gehaltenen langen Röcken.
Wir verwarfen den Gedanken, bei H &
M vorbeizufahren, um uns kulturell
respektvoll einzukleiden.
Wir wollten einen Imam in seiner
Moschee besuchen. Gehst du in eine
Moschee, halte die Regeln der Moschee ein, darum ging es. Schließlich,
in einem Anfall kultureller Selbstbesinnung, beschlossen wir, es anpassungsmäßig beim Obenrum zu belassen. Wir zupften unsere Röcke ein
bisschen tiefer, ungefähr bis ans Knie.
Reichte das nicht als Zeichen des Respekts? Doch. Also los.
Zuvor hatten wir ihm eine Mail geschrieben: Wir würden gern „Herrn
Ucar die Gelegenheit geben zu erklären, warum es ihm verboten ist, einer
Frau die Hand zu geben.“ Niemand
antwortete.
Es ist jetzt natürlich nötig, zu erklären, wer Kerim Ucar ist. Bis vor ein
paar Tagen war er ein relativ unbekannter Berliner Türke, Beruf: Imam.
Seit Freitag ist er der türkische Berliner Imam, welcher der Lehrerin seines Sohnes nicht die Hand geben wollte. Der Imam war mit seiner Frau zum
Elterngespräch gebeten worden, weil
sein Sohn sich auf dem Schulhof geprügelt hatte. Es handelte sich um die
Platanusschule in Pankow, eine Privatschule, bilingual geprägt. Englisch und
Deutsch haben hier Priorität. Eltern,
die ihre Kinder hier lernen lassen, sind
vermutlich nicht total desinteressiert
an europäischen Werten.
Die Lehrerin empfing die Eltern. Sie
reichte beiden die Hand, die Mutter
nahm sie, der Vater jedoch nicht. Die
Lehrerin forderte den Imam nun auf,
ihre Hand zu greifen, er lehnte ab. Einmal, zweimal, dreimal und viermal.
Der Grund: die Lehrerin sei eine Frau,
und er, Kerim Ucar, gebe Frauen nun
mal nicht die Hand, auch dann nicht,
wenn er viermal dazu aufgefordert
werde. Die Lehrerin erklärte dem
Imam, dass er sich den Regeln, der
Kultur seines Gastlandes anzupassen
habe. Der Imam wies das später im
Gespräch mit dem rbb (Rundfunk Berlin-Brandenburg) zurück. Er sagte,
dass er lediglich die Gesetze des Gastlandes berücksichtigen müsse. Kulturelle Anpassung sei nicht seine Pflicht.
Kerim Ucar lebt seit 15 Jahren in
Deutschland und spricht nur wenig
Deutsch. Dem rbb erklärte er den
Grund für seine schlechten Deutschkenntnisse: Er habe sich um seine Gemeindearbeit gekümmert, hatte also
keine Zeit, Deutsch zu lernen, sagte er.
Imam!
Was ist so
schlimm an
einer Frau?
Er wollte der Lehrerin seines Sohnes nicht die
Hand geben. Wir suchten den Geistlichen in
seiner Moschee in Berlin-Wedding. Und fanden
etwas anderes heraus – über uns selbst
RBB
PRO
Kerim Ucar gemeinsam mit seiner Frau Dilek
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DIE WELT KOMPAKT
REPORT 17
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Es wird schon so sein,
dass der Imam viel zu tun
hat. Hinzu kommt aber auch,
dass in Berlin weder Deutschkenntnisse noch kulturelle Integration
wirklich erforderlich sind, um sehr
gut durch den Alltag zu kommen.
Richtig ist außerdem, dass die Gesetze Deutschlands niemanden
zwingen, die hiesige Kultur anzuerkennen. Was soll das auch sein, die
deutsche Kultur? Es gibt Leute, die
permanent Hände schütteln wollen,
es gibt Leute, die zum Wangenkuss
übergegangen sind. Es gibt Leute,
die aus Angst vor Bakterien jeglichen Körperkontakt meiden. Es gibt
ziemlich viel Kultur in Deutschland.
Das wusste sicherlich auch die Lehrerin, als sie den Imam aufforderte,
ihre Hand zu schütteln.
Man wüsste gern, warum sie beim
Imam aufs Handschütteln bestand.
Leider kann man sie nicht fragen,
denn sie und die Schulleitung reden
nicht mit den Medien. Man kann nur
mutmaßen. Vorstellbar ist, dass es die
Lehrerin nervte, dass Kerim Ucar ihre
Hand zurückwies, dass es sie nervte,
weil sie wusste, dass es damit zu tun
hatte, dass sie eine Frau ist. Möglicherweise war das ihr Anspruch:
Gehst du in eine Schule, halte dich an
die Regeln der Schule. Kerim Ucar
sah es anders. Auch außerhalb der eigenen Kultur zog er seine Regeln
durch. Und sie ebenso. Toleranz und
Respekt, zwei Grundsätze der Demokratie, prallten also an der Platanusschule ziemlich exemplarisch gegeneinander. Das Elterngespräch eskalierte und wurde abgebrochen. Der
Imam kündigte an, seinen Sohn von
der Schule abzumelden. Er ging zur
Polizei und zeigte die Lehrerin an.
Und irgendwie irrsinnigerweise könnte er damit durchkommen. Denn Frauen die Hand zu schütteln gebietet in Deutschland niemand. Religionen zu achten schon.
Die Sache mit der Hand war der
Grund, warum wir Kerim Ucar suchen gingen. Wir wollten ihn fragen:
Was ist an einer Frauenhand so
schlimm? Was ist an einer Frau so
schlimm? Was ist los mit dem Islam,
mit dem Koran und mit den muslimischen Männern?
Die Moschee liegt in Wedding, einem Stadtteil, der überwiegend von
Türken bewohnt wird. Es handelte
sich um die Cafer-Sadik-Moschee,
und es steigerte nicht gerade unser
gutes Gefühl, dass Google erhellte,
dass diese Moschee ein „geheimer
Treffpunkt der Hisbollah“ ist oder
war. „Imam Khomeini hat der ganzen
Welt die Tore der Liebe und Brüderlichkeit der islamischen Religion geöffnet. Die Menschen haben durch
diese großartige Persönlichkeit gesehen, was für eine schöne Gesellschaft
der Koran schaffen kann“ – das soll
Imam Ucar vor ein paar Jahren bei einem Besuch im Iran gesagt haben.
Der Imam selbst sah bei Google
ganz nett aus. Ein Typ mit schwarzem Hipsterbart, Scheitel und weißen
Zähnen. Er sah aus wie einer, der absolut nichts gegen Frauen in kurzen
Röcken hat. Es war gar keine unangenehme Vorstellung, ihm gleich in seinem Imambüro kräftig die Hand zu
schütteln. Es war dann aber doch ein
komisches Gefühl, vor der Moschee
zu stehen. Sie sah aus wie ein Mietshaus.Das Haus hatte so viel mit unse-
rer Vorstellung von einer Moschee zu
tun, wie eine HEM-Tankstelle mit einer gotischen Kathedrale.
In einer Vitrine waren die geistlichen Werke von Kerim Ucar ausgestellt, auf Türkisch natürlich. Ob er in
seinen Werken wohl noch immer die
Weisheit des Ajatollah Khomeini
preist? Und wenn ja, wie viel geht uns
das eigentlich an in einem Land, in
dem alle Religionen unter Verfassungsschutz stehen? Die Sonne knallte auf unsere Strickjacke und das
Tuch. Die Tür ließ sich öffnen, einfach mit dem Türdrücker. Was würden sie mit uns machen, da drin?
Sie machten dann gar nichts mit
uns. Sie – das waren ungefähr fünf
Männer, die in der Teestube der Moschee saßen. Die Männer saßen da
und tranken vermutlich keinen Tee,
denn es war ja Ramadan. Wir näherten uns ihnen – vorsichtig und zielstrebig, wie man sich einem Kind nähert, das gerade eingeschlafen ist. Die
Männer waren nicht mehr die Jüngsten. Sie sahen uns an. Nicht unfreundlich. Auch nicht böse. Auch
nicht abweisend. Auch nicht frauenfeindlich. Sie sahen uns an, wie man
vielleicht eine Fehllieferung von
Amazon ansieht. Wie etwas, das
einen zwar interessiert, das man
aber keinesfalls behalten und bezahlen will. Ihr Deutsch war eher
mittelmäßig.
Die Sache mit der Hand. Ja, ja,
davon hatten sie gehört. Wir zeigten uns gegenseitig unsere Hände,
schüttelten sie in der Luft, um sicherzugehen. Man kann auf diese
Weise sehr viel erklären. Zum Beispiel: Frauen berühren geht nicht. Die
Männer schüttelten die Köpfe. Folgende Frauen berühren geht: Mutter,
Schwester, Tante, Tochter, Nichte,
Cousine, Ehefrau. Jede andere Frau
anfassen geht nicht. Aus Achtung.
Was an einer Berührung respektlos sei?
Die Begierde.
Der Imam hatte also Angst gehabt,
die Lehrerin begehren zu können,
und das vermeiden wollen.
Ähm. Okay.
Hatten sie alle ernsthaft noch nie
eine Frau mit der Hand begrüßt?
Doch.
Doch?
Wenn es nicht anders geht oder
wenn die Situation missverständlich
oder unübersichtlich sei, wenn eine
Frau, die es nicht wissen kann, eine
Deutsche zum Beispiel, ihnen die
Hand hinstreckt, dann, sagten die
Männer, reichen sie ihr ebenfalls die
Hand, um sie nicht zu beleidigen.
Oder, um beim Bild von oben zu bleiben: Kommt einer in die Moschee,
der die Regeln der Moschee nicht
kennt, mach kein Drama draus. Zumindest darin unterscheiden sich die
Männer der Cafer-Sadik-Moschee
von ihrem Imam, aber auch von der
Lehrerin der Platanusschule.
Man muss sagen, dass wir uns mit
den Männern prima verstanden. Sie
ließen uns leider ausrichten, dass
Imam Kerim Ucar nicht da sei, was
vielleicht stimmte, vielleicht aber
auch nicht. Wenn du in eine Moschee
gehst, richte dich nach den Regeln
der Moschee.
Wir richteten dem Imam zum Abschied Grüße aus. Grüße ausrichten
gehört sich in Deutschland. Die
Männer lächelten. Wir gaben uns
nicht die Hand.
CONTRA
Nicht zum Handschlag
zwingen
F
EVA MARIA
ührt
eiBotschaft
ist,
KOGEL
gentlich
ethnologisch gejemand eisprochen, immer
ne Statistik darüdieselbe. Wenn
Franzosen sich
ber, wie viele
Luftküsse
auf
Männer gerade
Wangenhöhe zuFrauen
den
werfen,
wenn
Handschlag verDeutsche
sich
weigern? In die
die Hand geben,
Öffentlichkeit
wenn
Araber
gelangen solche
Fälle jedenfalls immer häu- sich die Hand aufs Herz lefiger. Es scheint ein emotio- gen, dann heißt das so viel
nales Thema zu sein. In wie: hallo. Ich trage keine
Schweden trat im April ein Waffe bei mir, ich komme in
Politiker – der einem musli- Frieden. Diese kulturellen
mischen Bekenntnis folgt – Codes sind wichtig für das
zurück, weil er einer Jour- soziale Miteinander. Wer
nalistin nicht die Hand ge- sie bricht, wer keinem Rituben wollte (das lag daran, al folgt, der ist verdächtig.
dass es sich um eine Frau Denn er hat den Respekt
handelte, und nicht, weil sie verweigert.
Im Berliner Fall hat der
Journalistin war). Die CDUVorsitzende in Rheinland- Imam die kulturellen Codes
Pfalz Julia Klöckner weiger- nicht gebrochen. Er hat nur
te sich im vergangenen einen Code benutzt, den
Jahr, einen Imam zu tref- die Lehrerin nicht verstanfen, nachdem er angekün- den hat – oder, möchte man
digt hatte, ihr den Hand- fast vermuten: nicht versteschlag zu verwehren. Und hen wollte. Zur Begrüßung
in der Schweiz wurde hat der Imam stattdessen
jüngst von Amts wegen ge- einen Ersatz geboten: Als
klärt, dass zwei muslimi- Zeichen der Ehrerbietung
sche Schüler dazu ver- hat er sich die Hand auf die
pflichtet seien, ihrer Lehre- Brust gelegt. Das ist in vierin die Hand zu geben. Es len Gesellschaften eine
scheint zumindest, als wür- durchaus gängige Formel.
den sich Fälle dieser Art Der deutschen Lehrerin
reichte das nicht, sie fühlte
häufen.
In Deutschland könnte sich herabgesetzt, und zwar
die Frage, wie man sich in ihrer Rolle als Frau. Wer
denn nun am besten be- hat eigentlich bestimmt,
grüßt, demnächst ein Fall dass man sich als Zeichen
Respekts
anfassen
für die Behörden werden. des
Der Berliner Polizei liegt muss? Respekt kann man
die Anzeige eines Vater auch anders zollen.
Was auffällt an den ganvor, der sich von der Lehrerin seines Sohnes diskri- zen Fällen, die durch die
miniert fühlt. Die hatte bei Öffentlichkeit geistern: Es
mehreren Treffen darauf handelt sich nur um Vorfälbestanden, ihm die Hand le, bei denen Muslime den
verweigern.
zu schütteln. Der Vater, Handschlag
ein Imam, hat das stets Dabei ist auch anderen orBekenntnissen
verweigert. Die Lehrerin thodoxen
wurde wütend, sehr wü- der Hautkontakt zwischen
tend, schnell war die Rede Mann und Frau verboten.
von mangelndem Respekt, Wie oft haben orthodoxe
die Lehrerin soll am Juden schon Frauen in
Schluss gebrüllt haben. Deutschland nicht die Hand
Der Vater fühlte sich da- geben wollen? Und wenn
von diskriminiert. Und sie es verweigern: Wird es
trug den Streit um ein als dann auch als grundsätzlifalsch empfundenes Gruß- ches Zeichen der Missachtung gelesen? Es scheint
ritual zur Judikative.
Dabei könnte alles so ein- beinahe, als stünden Muslifach sein. Wenn Menschen me hier häufiger im Fokus.
sich begegnen, dann begrü- Es wird Zeit, dass wir ehrlißen sie sich. Das ist in allen cher sind bei diesen DiskusKulturen so, nur die Rituale sionen – und nicht mit
dafür sind verschieden. Die zweierlei Maß messen.
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WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
18 BILDER
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Fischen mit
Feuer
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REUTERS/ TYRONE SIU (5)
Unter
dem
nachtschwarzen Himmel Taiwans setzt eine Gruppe
Fischer Segel Richtung
der nordöstlichen Küste. Die Bambusstäbe in
ihren Händen sind getränkt mit brennbaren
Chemikalien. Streichholzfunken springen auf
die Stäbe über und erleuchten die Dunkelheit.
Die Gruppe muss nicht
lange warten: Wie ein
Magnet zieht das Licht
Hunderte Fische aus
dem Wasser. Die Männer schwingen ihre Netze und ziehen den Fang
in die Boote. Von anfänglich 300 Booten
sind nur drei geblieben.
Feste Einkünfte hat keiner der Männer. In einer
guten Nacht lassen sich
schon mal 4000 Euro
mit einem Fang verdienen – die Ausnahme.
Doch die Regierung unterstützt die Fischer, damit sie auch in Zukunft
ihre traditionelle Technik des Feuerfischens
fortsetzen können.
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
WIRTSCHAFT
nsgesamt 15 Milliarden Dollar, umgerechnet 13,6 Milliarden Euro, wird Volkswagen die Abgasaffäre in den
USA kosten – eine Mega-Strafe
im Vergleich zu dem, was andere Autobauer bei Abgasmanipulationen zahlen mussten. Die
Wolfsburger werden auch deshalb so hart rangenommen,
weil sie die Behörden getäuscht
und vorsätzlich betrogen haben
und weil sie zu Beginn der Affäre auch noch mauerten, anstatt
mit aufzuklären.
VON NIKOLAUS DOLL
UND PHILIPP VETTER
Doch die Strafe ist vor allem
deshalb so drakonisch, weil
Volkswagen ein tausendfacher
Umweltsünder ist, weil die
rund 475.000 Autos in den USA
mit ihrer Betrugssoftware die
Luft verschmutzt und die Gesundheit von US-Bürgern gefährdet haben. Die US-Umweltbehörden EPA und CARB reiten
mit dieser Begründung ihre heftigen Attacken auf den Autobauer. Nur: Die Strafen und die
Auflagen zur Wiedergutmachung werden der Umwelt in
den Vereinigten Staaten kaum
etwas bringen.
Denn als Folge des Vergleichs, den Volkswagen mit
den Vertretern der US-Kläger
schießt, werden Zehntausende
fahrbereite Autos, viele davon
so gut wie neu, einfach verschrottet werden. Ein großer
Teil der Fahrzeuge mit Betrugssoftware kann nicht mit vertretbarem Aufwand so umgerüstet werden, dass sie die USUmweltgesetze einhalten. Genutzt werden können sie damit
nicht mehr.
Eine Ausfuhr in ein Land außerhalb der USA ist aber auch
nicht möglich. „Produkte, die
nicht mit den Gesetzen der Vereinigten Staaten im Einklang
stehen, können nicht einfach
exportiert werden. Sie sind illegal und das Problem kann nicht
gelöst werden, in dem man es
einfach außer Landes schafft“,
sagt eine mit den Vergleichsverhandlungen vertraute Person in
den USA gegenüber der „Welt“.
Volkswagen hat für eine ganze Reihe von Fahrzeugen noch
immer keine technische Lösung
zur Umrüstung vorgelegt, die
von EPA oder CARB akzeptiert
wird. Sollte VW am Ende keinen Plan zur Nachrüstung präsentieren können, den die USUmweltbehörden annehmen,
müssen die entsprechenden
Autos zerlegt werden, am
schlimmsten Fall in die
Schrottpresse. Dabei kann es
sich um Tausende Autos handeln. Selbst wenn vorab viele
Teile ausgebaut und wiederverwertet werden können: Gut für
die Umwelt ist das nicht.
Mit insgesamt 15 Milliarden
Dollar wird der Vergleich für
VW nun noch einmal erheblich
teurer als in den vergangenen
Tagen angenommen. Die Summe selbst geht aus der außergerichtlichen Einigung hervor, die
gestern offiziell beim Gericht in
San Francisco eingereicht wird.
Demnach wird VW den größten Teil, nämlich 10,03 Milliarden Dollar (9,06 Milliarden Euro) an die Besitzer der betroffenen Autos zahlen müssen. Das
Geld wird für den Rückkauf der
Fahrzeuge, ihre Reparatur und
die Entschädigung der Eigentümer eingesetzt. Besitzer, die
sich entscheiden, das Auto an
VW zurückzugeben, bekommen
je nach Alter, Zustand und Laufleistung nach „Welt“-Informationen für ihren VW zwischen
12.475 und 32.867 Dollar. AudiFahrer bekommen bis zu 44.176
Dollar. Entscheiden sich die
VW- und Audi-Kunden dafür,
das Auto kostenlos nachrüsten
zu lassen, gibt es dafür zwischen 5100 und 9852 Dollar.
Die Entschädigung, die zusätzlich zum Rückkaufpreis bezahlt wird, richtet sich ebenfalls nach dem Alter und Wert
des Autos. Besitzer bekommen
zusätzlich einen Aufschlag von
20 Prozent des Fahrzeugwertes plus knapp 3000 Dollar.
Maximal kann die Entschädi-
Endstation
Schrottpresse
„Dieselgate“ wird Volkswagen in den
USA 13,6 Milliarden Euro kosten.
Dieser Deal könnte für eine
gigantische Umweltsünde sorgen
PA/ DPA/ INGO WAGNER
I
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
VW-Neuwagen stehen in Emden zur Verschiffung bereit
gung damit rund 10.000 Dollar
zusätzlich zum Fahrzeugwert
betragen. Wer das betroffene
Auto nur geleast hat, kann den
Vertrag vorzeitig beenden und
muss dafür keine Strafgebühr
bezahlen. Zusätzlich erhält jeder Leasing-Nehmer die Hälfte
der Entschädigung, die einem
Käufer des gleichen Modells
zugestanden hätte. Die Entschädigung bewegt sich damit
zwischen 2550 und 5000 Dollar. Zusätzlich zum Rückkaufpreis und der Entschädigung
bekommen die Kläger auch ihre vollen Anwaltskosten von
VW erstattet.
Bei der Summe von 10,03
Milliarden Dollar handelt es
sich um den Maximalbetrag,
wenn tatsächlich alle betroffenen Besitzer ihre Autos zurück-
geben würden. Sollten einige
ihre Fahrzeuge weiterfahren
wollen, könnten die Kosten für
VW niedriger ausfallen. Es ist
nicht damit zu rechnen, dass alle VW-Kunden tatsächlich reagieren und ihr Auto zurückgeben oder umrüsten lassen.
Rückrufe können in den USA
nicht wie in Deutschland
rechtsverbindlich durchgesetzt
werden. Darüber hinaus verstoßen die betroffenen Wagen von
VW trotz Einsatzes der Betrugssoftware in vielen USBundesstaaten nicht gegen die
Umweltgesetze.
Volkswagen
hat für die Abgasaffäre bislang
16,2 Milliarden Euro zurückgestellt. Weitere 2,7 Milliarden
Dollar (2,4 Milliarden Euro)
muss VW an die Umweltschutzbehörden EPA und CARB
SEITE 19
bezahlen, die mit dem Geld einen Fonds finanzieren, der
Stickoxide in der Umwelt reduzieren soll. Das Geld soll über
drei Jahre eingezahlt werden.
Damit könnten unter anderem
Anlagen zur umweltfreundlichen Energiegewinnung gebaut
oder ein Netz von Ladesäulen
aufgebaut werden.
Zwei Milliarden Euro muss
der Wolfsburger Konzern zudem in die Entwicklung von
Techniken investieren, die
Fahrzeuge
komplett
ohne
schädliche Abgase antreiben.
Das könnte unter anderem dadurch passieren, dass Volkswagen im US-Werk Chattanooga
(Tennessee) Produktionslinien
zum Bau von Elektroautos aufbaut. 603 Millionen Dollar bekommen die US-Bundesstaaten. Mehrere Staaten hatten
wegen der Abgasaffäre Volkswagen verklagt – wie es auch
das US-Justizministerium und
mehrere Landkreise (Countys)
getan hatten. Das Gesamtpaket
wurde am Dienstagvormittag
(Ortszeit) in Kalifornien von
den drei Klägern eingereicht.
Neben dem US-Justizministerium, das die Umweltschutzbehörden EPA und CARB vertritt,
werden auch die Handelskommission Federal Trade Commission (FTC) und die Vertreter der privaten Sammelkläger
dem Gericht Dokumente übergeben. Am Donnerstag wird es
dann eine kurze Anhörung vor
Richter Charles Breyer geben,
der sich die Einigungen dann
genau ansehen wird. Einen
knappen Monat später, am 26.
Juli, muss das Gericht dann
entscheiden, ob der Vergleich
fair und vernünftig ist. Allerdings kann der Richter nur zustimmen oder den Vergleich
komplett ablehnen, eine Änderung der Summen kann er nicht
veranlassen.
Für VW-Kunden in Europa
hat der US-Vergleich keine Auswirkungen. Außerhalb der Vereinigten Staaten plant VW keine
Entschädigungszahlungen für
Besitzer der betroffenen Autos.
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Julia Nissen
Landwirtin aus Schleswig-Holstein
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WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
20 WIRTSCHAFT
M
KOMPAKT
NACH TODESFÄLLEN
Ikea ruft Schränke in
Nordamerika zurück
Nach mehreren Todesfällen
von Kleinkindern durch umkippende Schränke ruft Ikea in
den USA und Kanada Kommoden der Serie Malm zurück.
Der Rückruf sei auf Nordamerika begrenzt, sagte eine
Ikea-Sprecherin. Auf allen
anderen Märkten erfüllen die
Kommoden demnach die „Anforderungen an die Stabilität“.
DEUTSCHE POST
Abmahnung wegen
Dumpingpreisen
Die Bundesnetzagentur wirft
der Deutschen Post vor, in
Teilen des Marktes für Werbebriefe Wettbewerber mit
Dumping-Preisen verdrängen
zu wollen. Der Bonner Konzern müsse entsprechende
Praktiken bis Ende Juni abstellen, teilte die Regulierungsbehörde mit.
FINANZMÄRKTE
DATEN VON
Marktstimmung in Deutschland
gemessen am Angst-Index VDax
-
-
Aktuell
W Euphorie
Vorheriger Handelstag
W Beschwingtheit
W Niedergeschlagenheit
W Verzweiflung
W Gleichgültigkeit
Dax
Punkte
Euro-Stoxx-50
28.06.
9447,28
Dow Jones
28.06.
2758,67
Gold
Punkte
28.06.
Punkte
$/Feinunze
17309,94
28.06.
1309,70
onatelang hatten
Gewerkschaften
und Arbeitgeber
um jeden Cent gefeilscht. Doch am Ende einigte
man sich auf ein Ergebnis, mit
dem beide Seiten leben können: Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1.1.2017 um 34
Cent auf 8,84 Euro brutto. Dies
gab der Vorsitzende der Mindestlohnkommission, Jan Zilius, in Berlin bekannt.
DIE WELT KOMPAKT
Ab Januar gibt
es 8,84 Euro
Arbeitgeber und Gewerkschaften
einigen sich in der Kommission auf eine
Anhebung des Mindestlohns
VON DOROTHEA SIEMS
Relative Höhe des Mindestlohns
Zwar ist die neue Lohnuntergrenze weit von der gewerkschaftlichen Zielmarke von
zehn Euro entfernt. Dennoch
ist Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), zufrieden: „Bei einer Vollzeitstelle mit 37,5 Wochenstunden bedeutet die Anpassung immerhin 55 Euro mehr im Monat.“
Der Hauptgeschäftsführer der
Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände
(BDA), Reinhard Göhner, unterstrich, dass der Kompromiss zeige, dass die Anpassung
des Mindestlohns nach klaren
Regeln erfolge: „Es gibt weder
politischen Händel noch Tarifverhandlungen, sondern eine
Erhöhung, die die Tariflohnentwicklung nachzeichnet.“
Es ist die erste Anpassung
des vor eineinhalb Jahren eingeführten gesetzlichen Mindestlohns. SPD und Union hatten entschieden, dass eine paritätisch mit Vertretern der Sozialpartner besetzte Kommission
alle zwei Jahre die Erhöhung ermittelt. Basis ist dabei die vorangegangene Entwicklung der
Tariflöhne.
Bei der ersten Anwendung
dieser Regel stritten beide Seiten allerdings bis zuletzt darüber, welche Tarifvereinbarungen einzubeziehen seien. Strittig waren dabei die Einigungen
in der Metallbranche sowie die
im öffentlichen Dienst. Während die Metallvereinbarung
jetzt außen vor blieb, weil sie ab
1. Juli gilt – und damit erst nach
dem vereinbarten Stichtag Ende Juni greift – floss der Abschluss des öffentlichen Dienstes in die Neuberechnung des
Monatlicher Mindestlohn (1473 Euro bei Vollzeitbeschäftigung)
in Prozent des Durchschnittsverdienstes von Vollzeitbeschäftigten, 2014
Kaitz-Index in Prozent
unter 40
40 bis unter 45
45 bis unter 50
50 bis unter 55
55 bis unter 60
60 bis unter 65
65 und mehr
Quelle: Statistisches Bundesamt
Mindestlohns ein, da dieser
rückwirkend zum 1. März wirksam wird.
Das Gremium legte auch einen ersten Bericht über die
Auswirkungen des Mindestlohns vor. Allerdings sei es zu
früh, um die Wirkung fundiert
beurteilen zu können, sagte der
Kommissionsvorsitzende. Weder könnten die Folgen für die
Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Betriebe eindeutig
beurteilt werden, noch die langfristigen Folgen für die Beschäftigung. Zumal die Einführung
des Mindestlohns in einem ei-
nem konjunkturell guten Klima
stattgefunden habe, sagte Zilius. Der Bericht zeigt, dass die
von vielen Ökonomen befürchten negativen Folgen für den
Arbeitsmarkt bisher weitgehend ausgeblieben sind. Lediglich bei den Minijobs gab es einen spürbaren Rückgang. So lag
die Zahl der Minijobber im
Frühjahr 2015 im Vergleich zum
Vorjahresmonat
um
fast
130.000 niedriger. Zum Teil
wurden die geringfügigen Beschäftigungen allerdings in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze umgewandelt. Auf
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
die Zahl der Erwerbslosen hatte
der Abbau der Minijobs keine
nachweislichen Folgen, zumal
viele der geringfügig Beschäftigten Rentner und Studenten
sind, die nicht arbeitslos sein
können.
Auch haben zahlreiche Arbeitnehmer den Minijob nur als
Nebenerwerb zu einer regulären Stelle und sind somit ebenfalls nicht erwerbslos, falls ihr
Minijob abgebaut wurde. Doch
nicht nur die Warnungen vor
Bremsspuren auf dem Arbeitsmarkt haben sich bislang als
übertrieben erwiesen. Auch die
Erwartungen, dass die gesetzliche Lohnuntergrenze ein wirksames Instrument zur Armutsbekämpfung sei, wird durch die
Statistiker widerlegt.
Denn die Zahl der sogenannten Aufstocker, die zusätzlich
zu ihrem Lohn ergänzende
Hartz-IV-Leistungen beziehen,
ging im vergangenen Jahr lediglich um zwei Prozent zurück,
wie Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen.
Und so beziehen hierzulande
trotz des Mindestlohns noch
immer rund 1,25 Millionen Erwerbstätige ergänzende HartzIV-Leistungen. Denn ein Großteil der Aufstocker arbeitet nur
Teilzeit, oft wenige Stunden in
der Woche: Bei ihnen handelt
es sich um Hartz-IV-Bezieher,
die sich ein Taschengeld hinzuverdienen. Unter den Vollzeit
Beschäftigten, die von ihrem
Lohn nicht leben können, dominieren Eltern mit mehreren
Kindern. Auch hier hilft der
Mindestlohn in aller Regel
nicht, da der Monatslohn, der
sich daraus ergibt, bei gut 1470
Euro liegt und somit bei großen
Familien nicht ausreicht, um
das Existenzminimum plus
Wohnkosten abzudecken.
Bislang profitieren nach amtlichen Schätzungen bis zu vier
Millionen Beschäftigte vom
Mindestlohngesetz: 2,9 Millionen im Westen und 1,1, Millionen im Osten.
Damit erhalten knapp elf
Prozent der Beschäftigen in
den alten Bundesländern seit
2015 mehr Geld. In den neuen
Ländern ist die Quote doppelt
so hoch.
DAX
Name
Schluss
28.06.
Adidas NA
122,65
124,00
Allianz SE vNA
BASF NA
65,81
89,14
Bayer NA
Beiersdorf
80,57
BMW St
65,83
Commerzbank
5,94
170,00
Continental
Daimler NA
53,68
Deutsche Bank NA
12,65
Deutsche Börse NA
73,67
24,26
Deutsche Post NA
Deutsche Telekom NA 14,40
8,36
E.ON NA
Fres. Med. Care
76,75
63,64
Fresenius SE&Co
HeidelbergCement
67,65
105,40
Henkel Vz.
Infineon NA
12,63
Linde
122,35
Lufthansa vNA
10,40
Merck
88,16
Münchner Rück vNA 145,10
38,21
ProSiebenSat.1
RWE St.
12,71
SAP SE
66,40
Siemens NA
89,19
ThyssenKrupp
17,54
107,85
Volkswagen Vz.
Vonovia SE
32,14
+/%
+2,42
+3,20
+0,95
+2,48
+1,86
+0,24
+1,09
+2,04
+0,58
+0,84
+4,30
+2,47
+3,04
+1,60
+4,52
+2,74
+2,55
-0,43
+2,19
+0,87
+3,48
+2,70
+0,94
+0,55
+4,74
+1,84
+2,06
+3,18
+1,65
-0,33
52 Wochen
Hoch
Tief
124,8 62,51
170,0 119,1
85,87 56,01
138,0 83,45
89,54 67,92
104,9 65,01
12,30
5,76
231,9 165,9
86,59 52,00
32,31 12,07
87,41 69,80
29,10 19,55
17,57 13,39
12,69
7,08
83,17 63,10
70,00 52,39
79,99 58,17
113,1 87,17
14,20
8,32
182,6 113,5
15,41
9,90
98,82 70,68
193,7 142,8
50,95 37,00
20,58
9,13
75,75 53,91
100,9 77,91
25,13 12,56
218,6 86,36
33,10 24,92
Die Milch macht’s – nicht mehr
Krisengebeutelt mit unrentablen Preisen hoffen Landwirte zum Bauerntag auf die Politik
M
itten in der Milchkrise wollen Landwirte
auf dem Deutschen
Bauerntag ab Mittwoch wichtige Weichen für ihre Zukunft
stellen.
„Wir erwarten, dass uns die
Politik in der Krise flankierend durch Kostenreduzierungen und Wirtschaftsprogramme hilft“, erklärte am
Dienstag der Generalsekretär
des Deutschen Bauernverbands (BDV), Bernhard Krüsken, vor Journalisten in Han-
nover. Gesunkene Weltmarktpreise und der russische Importstopp für EU-Agrarprodukte haben bei vielen Betrieben zu heftigen finanziellen
Einbußen geführt. Betroffen
sind vor allem Milchbauern,
doch auch bei Schweinefleisch
sowie bei Obst und Gemüse
war die Lage kritisch.
Das von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Unterstützungspaket sei „noch
nicht in trockenen Tüchern“,
sagte Krüsken. Sowohl Bun-
deslandwirtschaftsminister
Christian Schmidt (CSU) wie
auch EU-Agrarkommissar Phil
Hogan stünden am zweiten
Tag des Bauerntages daher bei
ihren Reden vor den rund 600
Delegierten in der Pflicht. Sie
sollen sich konkreter zu ihren
Versprechungen einer weiteren Unterstützung für die in
Finanznot geratenen Milchbauern äußern.
Mit Blick auf Hilfe aus Brüssel meinte Krüsken: „Die Unbekannte liegt im Moment in
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Europa, da ist noch keine
Richtung erkennbar.“ Für den
Bund hatte Schmidt bei einem
Milchgipfel mit Vertretern
von Bauern, Molkereien und
Handel Ende Mai bereits Nothilfen von „100 Millionen plus
X“ zugesagt.
Dabei geht es zum großen
Teil um weitere Bundeszuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Die
Größenordnung des X soll
Schmidt auf dem Bauerntag
konkretisieren.
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
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RENAULT TALISMAN GRANDTOUR
Willkommen in der Komfortzone
Der Renault Talisman Grandtour im Überblick
1
Wahrer Komfort ist, wenn Ihnen Ihr
Wagen schon vor dem Einsteigen die
nächste Fahrt so angenehm wie möglich macht – so wie der Renault Talisman
Grandtour.
Mit der Keycard Handsfree werden die Türen
und/oder die Heckklappe bei Annäherung
schon automatisch entriegelt. Zudem begrüßt der Wagen den Fahrer, indem er den
Innenraum erleuchtet, die Außenspiegel aufklappt und die Tagfahrlichter sowie die Ambiente-Beleuchtung4 einschaltet. Dabei lässt
sich vorab über das MULTI-SENSE System für
verschiedene Stimmungen die AmbienteFarbe einstellen. Zur Verfügung stehen Grün,
Blau, Sepia, Rot und Violett. Auch alle motor-,
getriebe- und fahrwerksbezogenen Technologien, aber auch die Komfortfunktionen
wie die Massagesitze6 und der Motorsound
lassen sich über dieses System von einem
zentralen Punkt aus steuern.
Komfortabel ist beim Renault Talisman
Grandtour auch, dass sich die elektrische
Heckklappe mit Fußsensor2 öffnen lässt,
indem einfach ein Fuß unter den hinteren
Stoßfänger gehalten wird. Dadurch wird das
Be- und Entladen vereinfacht, selbst wenn
die Hände nicht frei sind. Wer hinter dem
Steuer Platz nimmt, spürt den Unterschied
sofort. Die großzügige Bewegungsfreiheit,
die handwerklich perfekte Verarbeitung der
hochwertigen Materialien und die durchdachte Ergonomie vermitteln das gute
Gefühl eines gehobenen Lebensstils. Der
Komfort geht dabei aber nicht zulasten der
praktischen Eigenschaften. Das Laderaumvolumen lässt sich durch ein paar einfache
Handgriffe auf 1.681 Liter (nach VDA-Norm)
erweitern, damit auch größere Transporauf-
> Design: stillvolle Persönlichkeit und unverwechselbare Eleganz
> Fahrspaß: individualisierbares MULTI-SENSE System und
dynamische Allradlenkung 4CONTROL2
> Komfort: gehobene Verarbeitung und innovative Technologien
> Einstiegspreis: ab 28.950,– Euro3
gaben gemeistert werden
können.
Auch Sicherheit wird im Renault Talisman
Grandtour großgeschrieben. Deswegen
verfügt er neben seiner vorbildlichen passiven Sicherheitsausstattung über zahlreiche Fahrerassistenzsysteme, die je nach
Ausstattungsniveau serienmäßig oder optional sind: Der Notbremsassistent2 warnt per
optischem und akustischem Signal, wenn
gebremst werden muss. Erfolgt keine oder
keine ausreichende Bremsung, greift er
ein und bremst das Fahrzeug automatisch
ab. Der adaptive Tempopilot2 reguliert die
Geschwindigkeit und hilft, einen zuvor festgelegten Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten.
Hinzu kommen Spurhalte-, Sicherheitsabstandund
Toter-Winkel-Warner2,
Verkehrszeichenerkennung5,
Rückfahrkamera2, Fernlichtassistent5 und ein
Head-up-Display2. Zu den Ausstattungsmerkmalen des Renault Talisman
Grandtour gehören zudem eine AkustikVerglasung der Windschutzscheibe, elektrische Fensterheber vorn und hinten
sowie eine 2-Zonen-Klimaautomatik. Sie
ist nicht nur mit Partikel- und AktivkohleFiltern ausgestattet, sondern hat auch
einen Beschlagsensor, um je nach Bedarf
für freie Sicht zu sorgen. Wird am Ziel der
Motor ausgeschaltet, fährt der Fahrersitz
um 50 Millimeter zurück 2, um das Aussteigen zu erleichtern. Jede Fahrt mit dem
Renault Talisman Grandtour wird so zum
komfortablen Erlebnis.
HEAD-UP-DISPLAY
BOSE ® SURROUND SOUND-SYSTEM
RAUMANGEBOT ZUM WOHLFÜHLEN
Vorausblickend ausgestattet
Der richtige Klang
Einladend intelligent
Ein praktisches Ausstattungsmerkmal des Renault Talisman
Grandtour ist das Head-up-Display2, das Warnmeldungen, aber
auch Navigations- und Geschwindigkeitshinweise direkt ins Blickfeld projiziert und damit für maximale Aufmerksamkeit sorgt,
ohne dass der Blick von der Straße genommen werden muss.
Das BOSE® Surround Sound-System2 sorgt im Renault Talisman
Grandtour mit 12 Hochleistungslautsprechern für kristallklaren
Klang. Es wurde speziell an den Innenraum des Wagens angepasst, sodass alle Passagiere auf jedem Platz von kraftvollem
und ausgeglichenem Klang umgeben sind.
Beim Renault Talisman Grandtour erwartet die Passagiere
ein großzügiges Raumangebot mit Wohlfühlcharakter. Dafür
sorgen zum Beispiel der Fahrer- und Beifahrersitz mit ihrer
Massagefunktion6 und die hochwertigen Materialien im Innenraum, die ein luxuriöses Gefühl vermitteln.
Renault Talisman Grandtour ENERGY dCi 110: Gesamtverbrauch innerorts/außerorts/kombiniert (l/100 km): 4,2/3,5/3,7; CO2-Emissionen kombiniert (g/km): 98. Renault Talisman
Grandtour: Gesamtverbrauch kombiniert (l/100 km): 6,0–3,7; CO2-Emissionen kombiniert (g/km): 135–98 (Werte nach Messverfahren VO [EG] 715/2007).
1)
3 Jahre Renault Neuwagengarantie und 2 Jahre Renault Plus Garantie (Anschlussgarantie nach der Neuwagengarantie) gem. Vertragsbedingungen für 60 Monate bzw. 100.000 km ab Erstzulassung; 2) Serienmäßig oder optional
(gegen Aufpreis), verfügbar ab Ausstattungsniveau Intens; 3) UPE zzgl. Überführung für einen Renault Talisman Grandtour Life ENERGY dCi 110; 4) Serienmäßig ab Ausstattungsniveau Intens; 5) Je nach Version serienmäßig oder optional (gegen Aufpreis). 6) Fahrersitz mit Massagefunktion serienmäßig. Für Beifahrersitz gilt: serienmäßig oder optional (gegen Aufpreis), verfügbar ab Ausstattungsniveau Intens. Renault Deutschland AG, Postfach, 50319 Brühl
DER RENAULT TALISMAN IST WELT-KLASSE.
MEHR INFORMATIONEN UNTER WWW.WELT.DE/WELT-KLASSE
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WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
22 WIRTSCHAFT
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Foodwatch
kritisiert
Cola-Werbung
EM-Kampagne wider
gesunde Ernährung
D
Am durchgestrichenen Barcode – hier rot gefärbt –
scheiden sich die Geister
M
it so einem Wirbel
hatte
FacebookNutzer Sascha sicher nicht gerechnet, als er der bayerischen
Brauerei Neumarkter Lammsbräu seine scheinbar harmlose
Frage stellte. Dem aufmerksamen Kunden war ein seltsamer
Querbalken über dem Barcode
auf der Bierflasche aufgefallen.
COCA COLA
VON PHILIPP VETTER
Coca-Cola wirbt auf den Getränkedosen mit der Nationalelf
nen, gesunden Ernährung“.
„Flüssiger Zucker in Form von
Cola und Limonade ist besonders gefährlich. Schon eine Dose am Tag erhöht das Risiko für
Übergewicht und Typ-2-Diabetes“, erklärte DDG-Präsident
Baptist Gallwitz. Eine Dose Cola mit 0,33 Litern Inhalt enthält
35 Gramm Zucker.
Coca-Cola wollte keine Stellungnahme abgeben. Der USKonzern ist Hauptsponsor der
Euro 2016 und Partner des
Deutschen
Fußballbundes
(DFB).
Foodwatch, die DDG und der
Berufsverband der Kinder- und
Jugendärzte hatten den DFB
kürzlich aufgefordert, Werbeverträge mit Coca-Cola, Ferrero und McDonald's zu kündigen. Der DFB solle sein Sponsoring-Konzept überdenken, um
seiner Vorbildfunktion und gesellschaftlichen Verantwortung
gerecht zu werden, erklärte
DDG-Präsident Gallwitz.
„Hallo Lammsbräu, ich bin
ein großer Fan eurer Produkte
und was ich schon immer mal
fragen wollte: was soll der
Querstrich
im
Barcode?“,
schrieb er in der vergangenen
Woche auf der Facebook-Seite
der Brauerei. Seitdem tobt dort
ein Glaubenskampf.
Viele Nutzer stoßen sich vor
allem an der Antwort von
Lammsbräu: „Manche Menschen haben Sorge, Barcodes
könnten Energien bündeln und
würden damit die Qualität von
Nahrungsmitteln
beeinflussen“, schreibt die Brauerei.
„Eine Wirkung, die sich deren Meinung nach durch einen
Querstrich im Barcode neutralisieren lässt. Beides ist bisher
wissenschaftlich nicht hinreichend belegt, weshalb wir dieser Theorie neutral gegenüberstehen.“ Da es für Hersteller
und Handel keinen Unterschied
mache, komme man aber „diesem speziellen Kundenwunsch
nach“.
Tatsächlich gibt es im Internet eine nicht gerade kleine Gemeinde von Verschwörungstheoretikern, die dem Barcode
quasi magische Kräfte zu-
Bar jeder
Vernunft
Einige Unternehmen drucken für
Verschwörungstheoretiker Querbalken
über ihre Strichcodes.
Andere Kunden sind deshalb empört
schreibt. Sie glauben, dass
durch das Scannen des Strichcodes an der Kasse die Lebensmittel in der Verpackung negativ verändert werden.
Wissenschaftlich gesehen, ist
das purer Unsinn. Doch einige
Unternehmen
wollen
wie
Lammsbräu auch diese Menschen als Kunden für sich gewinnen und drucken deshalb
den Querbalken auf ihren
Strichcode. Doch das lässt wiederum die Kunden Sturm laufen, die mit dem Aberglauben
nichts anfangen können. „,Weshalb wir dieser Theorie neutral
gegenüberstehen’ – ernsthaft?
neutral?“, regt sich ein Facebook-Nutzer auf. „Das ist
schwarze Farbe auf Papier.
Schwarze Farbe. Auf. Papier!
Ich empfehle dringend einen
Psychiater aufzusuchen.“ Immerhin 255 andere klicken „gefällt mir“.
Bei Lammsbräu will man sich
zu der Diskussion nicht äußern.
Ein Sprecher verweist lediglich
auf einen Facebook-Beitrag des
Unternehmens, in dem der
Querstrich erklärt wird. Eingeführt wurde der Balken über
dem Strichcode beim Bier erst
im vergangenen Jahr. Das Mineralwasser, das die Brauerei ebenfalls abfüllt, wird bereits sei 2013
„entstört“. So nennen die Verschwörungstheoretiker die angebliche Neutralisierung des
Codes durch einen Querstrich.
Die bayerische Brauerei ist
längst nicht das einzige Unternehmen, das sich den wilden
Theorien angepasst hat, um
möglichst keine Kunden abzuschrecken. Vor allem auf ÖkoProdukten in Reformhäusern
findet sich der durchgestrichene
Code. Als eines der ersten Unternehmen „entstörte“ der österreichische Tee- und Gewürzhersteller Sonnentor seine Produkte ab 2007. „Wir hatten einige Kundenanfragen dazu, und es
FACEBOOK.COM/ LAMMSBRAEU
ie Verbraucherschutzorganisation
Foodwatch und die Deutsche Diabetes Gesellschaft
(DDG) haben einen sofortigen
Stopp der Werbekampagne von
Coca-Cola zur Fußball-Europameisterschaft gefordert. Sie
legten beim Deutschen Werberat Beschwerde wegen Verstoßes gegen drei Verhaltensregeln
für Lebensmittelwerbung ein,
wie beide Organisationen am
Dienstag mitteilten.
Der Getränkekonzern werbe
mit
den
Idolen
Müller,
Schweinsteiger und Co. und
torpediere damit die Bemühungen zahlreicher Eltern und Lehrer, Kinder für eine gesunde Ernährung zu gewinnen, kritisierten Foodwatch und die DDG.
Bei der Kampagne „Hol Dir
das Team auf 24 Sammeldosen“
sind die Gesichter der Fußballnationalspieler auf Cola-Dosen
abgebildet. Damit sei die Kampagne eine direkte Aufforderung zum Kauf oder Konsum an
Kinder, erklärten Foodwatch
und die DDG. Zweitens nutze
der Getränkekonzern das besondere Vertrauen aus, das Kinder „Personen wie den deutschen Fußball-Nationalspielern
entgegenbringen“. Drittens erschwere die Werbekampagne
das „Erlernen einer ausgewoge-
Der Barcode einer LammsbräuFlasche ist per Linie „entstört“
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war für uns kein großer Aufwand“, erklärt eine Sprecherin.
Doch auch Sonnentor bekam
schnell Gegenwind von Kunden,
die nicht an die Magie der Streifen glauben. „Wir haben uns
dann intensiver damit beschäftigt und beschlossen, dass wir
keine Unsicherheiten oder Ängste schüren wollen mit dem
Querstrich“, sagt die Sprecherin.
Deshalb habe man ihn 2013 wieder abgeschafft. Auch der deutsche Safthersteller Voelkel hat
seit einigen Jahren einen „Entstörer“ auf dem Etikett. „Wir
wollten die Meinung der Kunden
ernst nehmen und dachten: Das
tut keinem weh, das kann man
als Lebensweise einfach akzeptieren“, sagt eine Sprecherin.
Doch da hatte das Unternehmen
die Rechnung ohne die Gegner
der Verschwörungstheorien gemacht. Nachdem in den vergangenen Monaten vermehrt Proteste gegen den unsinnigen
Querbalken eingegangen sind,
hat man bei Voelkel beschlossen,
den Strich auf dem Barcode wieder zu streichen.
Das ist ganz im Sinn von
Mercedes Schulze. Sie arbeitet
bei GS1 Germany, dem Unternehmen, das die Barcodes vergibt, sodass jede Kombination
von dicken und dünnen Strichen genau einem Produkt zugeordnet werden kann. Sie
kann über die Theorie vom aktiven Strichcode, der entstört
werden muss, nur den Kopf
schütteln. „Diese Verschwörungstheorien kommen immer
wieder auf“, sagt Schulze. „Der
Code ist rein passiv, es gibt keine Strahlung, es ist nur schwarze Tinte auf Papier.“
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
Guten Morgen.
Mittwochmorgen, genaugenommen. So wie
es aussieht ein ganz normaler Mittwoch in
Deutschland. Aber fangen wir von vorne
an: Wenn Sie diese Anzeige lesen, sind Sie
vermutlich schon wach. Der Durchschnittsdeutsche ist heute übrigens um 6.48 Uhr
aufgestanden, die Männer haben etwa
18 Minuten im Bad verbracht, die durchschnittliche Frau 24,5 Minuten. Sollten Sie
jetzt gerade frühstücken: Dafür brauchen die
meisten Deutschen weniger als 12 Minuten.
Wenn Sie diese Anzeige von vorne bis hinten
lesen, wird es heute natürlich etwas länger
dauern. Danach geht es an die Arbeit,
zu der ja auch die Hausarbeit gehört.
In ganz Deutschland werden heute
in fast 10 Millionen Haushaltswaschmaschinen 46.000 Tonnen Wäsche
gewaschen. Unser Mitleid gilt den
Tausenden von Hausmännern und
–frauen, die eine Socke in der Wohnung
finden, nachdem sie den Waschgang gestartet
haben. Noch mehr allerdings werden sich die
Menschen ärgern, die nach der Wäsche eine
einzelne Socke aus der Waschtrommel ziehen.
Diese Socke wird nach unserer Erfahrung für
immer alleine bleiben. 19.753.000 Menschen
werden heute in einem Restaurant essen.
(Falls Sie zu den Menschen gehören, für die
eine Fast-Food-Theke kein Restaurant ist,
reduziert sich die Zahl auf 5.561.640.) Der
Rest wird daheim essen oder ist auf Diät. 9 der
Restaurantbesucher werden die Gelegenheit
nutzen, ihrem Partner oder ihrer Partnerin
einen Heiratsantrag zu machen (es könnten
auch 11 werden, reine Nervensache). Wir
wünschen viel Erfolg, obwohl auch eine Ehe ...
Aber das wissen Sie wohl schon. Und wo wir
gerade von der Liebe sprechen: Heute werden
wahrscheinlich 2.229 Kinder geboren. 1.143 davon Jungen, 1.086 Mädchen. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle den stolzen Eltern.
26 der Mädchen bekommen den schönen
Namen Mia, 22 Söhne werden Ben genannt
(zwei oder drei davon werden „Big Ben“ auf
der Geburtsanzeige stehen haben, was allerdings nur ein Teil der Empfänger lustig findet).
Bleiben wir noch einen Moment beim Thema
Beziehung und Familie. Heute Abend ist in
Frankreich Fußballpause. Eine schöne Gelegenheit, dem inneren Bundestrainer für einen
Abend spielfrei zu geben und sich anderen Beschäftigungen zuzuwenden. Insgesamt werden
trotz Fußballpause knapp 25 Millionen Deutsche
ihren Abend vor dem Fernseher verbringen. Um die Gunst
der Zuschauer buhlen unter anderem „Die 10 überraschendsten Liebesgeschichten“ und „15 Dinge,
die Sie über Sex wissen müssen“. Vielleicht sollten Sie beide Sendungen parallel schauen,
diese Dinge haben ja häufig miteinander zu
tun. Etwa 3,3 Millionen Zuschauer werden
keines der beiden Informationsangebote
wahrnehmen, sondern sich für die Krimiwiederholung entscheiden. Und nun zum
Wetter: Da ist heute für jeden etwas dabei.
Im Norden werden es eher 19, im Süden eher
28 Grad. Einen Schirm dabei zu haben, kann
nicht schaden. Insgesamt ist das Wetter heute
also eher durchwachsen. Trotzdem werden alle
Solarpanels in Deutschland heute gegen
Mittag etwas mehr als 19 Gigawatt
Leistung produzieren, das entspricht
etwa einem Viertel des Bedarfs. Gemeinsam mit etwa 12 Gigawatt Windenergieleistung, den Wasserkraftwerken und den konventionellen Kraftwerken wird die Erzeugung von Strom
heute wohl deutlich über dem Verbrauch
liegen. Sie müssen aber deswegen nicht den
ganzen Tag vor dem Fernseher sitzen oder bügeln,
der Überschuss kommt unseren Nachbarn in
Europa zugute. So landet ein Teil des deutschen Solarstroms vielleicht heute auch in
Évian-les-Bains, wo sich die deutsche Nationalmannschaft auf das Viertelfinale gegen Italien
am Samstag vorbereitet. Wie immer Ende
Juni geht die Sonne um 21.40 Uhr unter. Für
die Romantiker: Mondaufgang ist erst um
1.54 Uhr. Sie sehen: ein ganz normaler Mittwoch in Deutschland.
Aber für uns ist es ein ganz besonderer Tag.
Denn ab heute gibt es innogy. Ab heute wollen
wir anders mit der Energie umgehen, die hinter allem steckt, was an einem ganz normalen
Tag in Deutschland passiert. Wir wollen Strom
nachhaltiger erzeugen, Energie intelligenter
verteilen und cleverer nutzen. Und das wird
alles ändern.
Heute fangen wir an.
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24 BÜCHER
HARDCOVER
Das ist ja
unerhört!
VON PHILIPP HAIBACH
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
F
rüher einmal war es hier
wie bei Tschechow. Die
Bohemiens haben sich
im Dorf getroffen, um
zu schwadronieren und Landleben zu spielen. Jetzt ist es Achtzigerjahreprovinz und Perestrojka. Riesenhafte Leninstatuen überragen den alten Bahnhof,
es gibt chemisch bunte Zuckerwatte und ein aus Tankwagen gezapftes Getränk namens „Kwas“.
VON PAUL JANDL
Wer hier aufwächst, der sieht
die Sterne des Kommunismus
und die Sterne am Firmament.
Das eine ist so wenig Trost wie
das andere, aber es lässt sich daraus ein Roman zwischen Wünschen und Hoffen machen. „Das
kalte Licht der fernen Sterne“
(Frankfurter
Verlagsanstalt)
heißt das Debüt von Anna Galkina. Es ist ein böse literarisches
Märchen aus einer surrealen
Wirklichkeit, die vielleicht noch
nicht zu Ende ist, sondern in Putins Russland gerade noch einmal
wahr wird.
Im ost-westlichen Austausch
der Literatur scheint es ein Muster zu geben: Die mitunter pittoresken, von Kinderblick und
Kommunismus aufs Archaische
heruntergerechneten frühen Jahre im Osten werden neben die
später im Westen gemachte Erfahrungen gehalten. Und der
Mehrwert besteht in der Einsicht, dass beide Hälften nur
dann ein Ganzes geben, wenn die
Dialektik des Lebens es so will.
Das war bei Saša Stanišićs „Wie
der Soldat das Grammofon repariert“ so, bei Melinda Nadj Abonjis „Tauben fliegen auf“ und bei
Olga Grjasnowas „Der Russe ist
einer, der Birken liebt“.
Auch Anna Galkina, nahe Moskau aufgewachsen und mit ihren
Eltern 1996 nach Deutschland gekommen, beginnt ihren Roman
wie eine Fahrt in ein verzaubertes Gestern. Ins russische „Städtchen“ ihrer Jugend kehrt die IchErzählerin Nastja nach zwanzig
Jahren zurück, und dort wird aus
der Gegenwart Erinnerung. Das
Lametta der Kindheit, die Hinterhofträumereien und unschuldigen Spiele von gestern verdichten sich nach und nach zu einer
I
m vorvergangenen Jahrhundert hat sich die britische Literatur in der Hervorbringung
höchst eigenwilliger Charaktere
und starker Werke derart verausgabt, dass man ihr nicht hätte böse sein dürfen, wenn sie im vergangenen einfach mal auf Urlaub
gegangen wäre. Das ist sie zum
Glück natürlich nicht.
VON ELMAR KREKELER
Sie machte einfach weiter. So
sehr, dass selbst ein notorischer
Literaturdefibrillator wie Arno
Schmidt an der Aufgabe, wirklich
alle britischen Originalgenies des
19. Jahrhunderts wachzuküssen,
scheitern musste. An John Meade
Falkner beispielsweise haben bis-
Vom Werden
und Vergehen
Anna Galkinas Debütroman „Das kalte Licht der fernen Sterne“
erzählt von einer sowjetischen Éducation sentimentale und
warum Thomas Anders so unerreichbar scheint
monströsen Täuschung. Wie man
die Unschuld verliert, weil man
allzu fest an sie glaubt, davon erzählt Anna Galkinas Debüt.
Nicht zuletzt deshalb treibt
dieser Roman auch mit der Naivität sein Spiel. Er kommt am
Anfang mit großen Kinderaugen
daher, in denen sich die Welt
spiegelt, und schärft zusehends
seinen Blick. Das ist sein Glück
und seine Kunst. Am Waldrand
steht das stolz verlotterte Eltern-
haus in einem Garten. Es ist aus
groben Holzstämmen gezimmert, die mit Werg abgedichtet
sind. Es gibt ein Plumpsklo, um
sich zu erleichtern, und einen literarischen Hausaltar, um sich zu
erbauen. Die Gedichte von Zwetajewa, Achmatowa, Mandelstam
und Rilke stehen im Regal, und
sie sind der Gegenpol zur Welt,
die da draußen gärt, den „Aromen“, wie Galkina das nennt, die
sich die Dorfstraße entlangzie-
hen. Es riecht nach Kohl und
Möhren, die im Gemüseladen
verrotten, nach Honigkuchen
und einem Kettenhund. Und
nach den Männern, die vor der
Kneipe „Drei Ferkel“ auf die
Straße kippen.
Der Alkohol spielt im Roman
eine große Rolle. Er imprägniert
die Menschen und eine Wirklichkeit, die auch so schon hart genug ist. Im Kindergarten werden
die Neuankömmlinge erst einmal
Das Abenteuer des
Sommers beginnt hier
John Meade Falkners „Moonfleet“ ist in
England weltberühmt. Ein Schauerroman mit
Geistern, Schmugglern, Mord und Totschlag
her alle Reanimationsunterfangen versagt. Bedauerlich.
Aber „Moonfleet“, Meades
zweiter Roman, dessen dritter
Übersetzer in 60 Jahren nun Michael Kleeberg ist – erschienen
bei Liebeskind –, sollte es schaffen. Er bringt wirklich alles mit,
was es braucht, um sich im Kopf
erwachsener Leser mit wacher
Erinnerung an die Jahre anfallartiger Lektüre von Abenteuerliteratur von Stevenson bis Enid Blyton festzusetzen.
Wer besonders mutig ist, hört
Chris de Burghs Themenalbum
dazu. Das heißt sogar „Moonfleet“. Muss man aber nicht.
Macht nämlich irgendwie jung,
das Buch, und geistig rege. Ein
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WIKIMEDIA
S
o neu ist das mit der Novelle nun auch wieder
nicht, wenn man zu den
Kulturteil-Lesern des Berliner
„Tagesspiegel“ zählt: Joachim
Lottmann („Endlich Kokain“)
hat sich naseweis und blauäugig
ebenjener Gattung verschrieben,
ist aber zunächst mit dem „Alterswerk“ auf dem Beifahrersitz
in den Graben gefahren – auf
dem Weg nach Italien. Glücklicherweise musste der „Lügenbaron“ sich danach nicht selbst am
Schopfe fassend hinausziehen.
Das überstandene Insolvenzverfahren seines Verlages ist
durchstanden; „Hotel Sylvia“
(Haffmans & Tolkemitt) konnte
erscheinen. Sonst hätte ihn gar
ein anderer, auch so ein ganz großer deutscher Literat, mit seiner
Version einer
Italien-Novelle
überholt:
Bodo Kirchhoff
kommt
aber nun erst
im Herbst mit
seinem Alterswerk „Widerfahrnis“ (FVA)
um die Ecke
gerast – eine „großartige Novelle
von der Möglichkeit einer Liebe
sowie die Parabel von einem doppelten Sturz“. Mehr als diesen
Klappentext-Auszug darf ich wegen der drakonischen Strafen, die
einem beim Durchfahren der
Sperrfrist drohen, nicht zitieren.
Auf jeden Fall – wir haben die
Novelle schon zur Hälfte überflogen – ist der Held ein Mann mit
vielen Eigenschaften. Und bei
Lottmanns Road-Novel? Wie wir
seit Robert Musil wissen, braucht
jede Novelle eine plötzliche geistige „Erregung“. Diese bricht über
den Dichter herein, sie ist gleichsam eine Erschütterung. Bei Lottmann ist der eine Bruder so etwas
wie ein doppeltes Lottmännchen,
der den Bruder auf eine sentimental
journey mitnimmt, um den vermeintlich Kranken seelisch aufzupäppeln. Der ist aber nur ein geiziger Hohlkopf, und die heiße 28-jährige Agnes, die das dolce vita befeuern sollte, vergnügt sich lieber mit
dem 18-jährigen italienischen Dorftrottel. Das ist ja unerhört! Aber
weniger im Goethe’schen Sinne,
also die Novelle betreffend. Jene
„unerhörte Begebenheit“ meinte ja
etwas Sonderbares, Wunderbares
und nicht derart Profanes.
Aber manchmal reicht auch
das. „Man schaut doch auch den
schönen Vollmond an, obwohl
man nicht dorthin fliegen möchte“, heißt es in „Hotel Sylvia“.
John Meade Falkner (1858-1932)
ist für „Moonfleet“ bekannt
Schauerroman mit Gespenstern,
Schmugglern, Mord und Totschlag, Verrat und Verschwörung, voller Zeichen aber auch, literarischer Anspielungen, ein
Doppelgängerroman voller Doppelebenen, über die flüssig und
geradezu garstig geschmeidig
hinweg erzählt wird. John Meade
Falkner ist nicht nur ein Zeitge-
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
BÜCHER 25
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Anna Galkina, geboren und aufgewachsen in Moskau, kam 1996 mit
ihren Eltern nach Deutschland
nosse von Thomas Hardy. Er
kommt auch aus der gleichen Gegend. Wuchs in Dorchester auf.
Das ist aber auch schon so ziemlich die einzige Verwandtschaft
mit dem großen Realisten Südenglands. Falkner stapfte mit eigensinniger Kraft eher Wege weiter, die Dickens und Wilkie Collins eingeschlagen haben.
Literatur war dabei nur eine
seiner vielen Nebenbeschäftigungen. Neben Heraldik betrieb
er Bibliothekswesen und Pädagogik. Während des Ersten Weltkriegs war er Vorstandsvorsitzender der größten britischen
Waffenfabrik.
„Moonfleet“ ist in England
weltberühmt. Wurde mehrfach –
die Briten verstehen sich besser
auf die Pflege ihrer literarischen
Tradition als die Deutschen –
verfilmt. Einmal sogar von Fritz
Lang.
John Trenchard erzählt darin
sein Leben. Ein Waisenjunge, der
mitten in den Salzmarschen aufwächst. Einer Gegend, die besonders fruchtbar für britische Romane des 19. Jahrhunderts zu
sein scheint. Er geht gern über
Kirchhöfe. Schaut übers Meer.
Außer Schmuggel und Wrackplünderei gibt es nicht viel. Wir
sind mitten im 18. Jahrhundert.
Und Moonfleet, dessen Name
sich nicht vom Mond, sondern
vom längst ruinierten Adelshaus
derer von Mohune ableitet, ist
ein von gespenstischen Phänomenen volles Sammelsurium ver-
VICTOR VASIN
unter offizieller Aufsicht der Erzieherinnen von den anderen zusammengeschlagen. Man nimmt
dieses frühe Initiationsritual gelassen, weil es noch gar nichts ist
gegen das, was noch kommt. Für
Nastja ist es auch bei der eigenen
Mutter nicht besser. Sie droht ihr
mit der Strafanstalt für Minderjährige. Da ist Nastja gerade einmal sechs.
Wie Schlagwörter eines Inventars klingen die Überschriften in
Anna Galkinas Roman. „Skandal“, „Aufklärung“ und „Exhibitionismus“ sind die Wegmarken
einer ernüchternden Adoleszenz,
„Lebensmittel“ und „Die Planungsabteilung“ handeln von der
durch den Faktor Mensch verschärften sowjetischen Mangelwirtschaft. Galkina erzählt mit
diesen Vignetten die Geschichte
ihrer Figur, sie erzählt von den
Lehrjahren der Gefühle in der
spätkommunistischen
Sowjetunion. Schon leuchtet der Westen herüber. Als erste Liebe. Ausgerechnet die Modern-TalkingHälfte Thomas Anders wird zur
Apotheose der weiten Welt: „Er
ist glänzend, geheimnisvoll und
unerreichbar wie eine Fata Morgana.“ Und unerreichbar bleibt
er selbst, als die „Thomas-Anders-Show“ in Moskau gastiert.
Das Konzert im Moskauer Olympiastadion ist für die Nachkommen russischer Kriegsveteranen
reserviert.
„Das kalte Licht der fernen
Sterne“ betreibt keine detailgetreue Bestandsaufnahme der politischen Lage in der Sowjetunion
der Achtzigerjahre, aber gerade
in seinen antiidyllischen Übertreibungen zeigt der Roman die
Spuren, die das System in den
Menschen hinterlassen hat. Die
selbst fabrizierten Träume und
die staatlich gelenkte Ernüchterung. Und Träume gibt es nicht
zu knapp. Nastjas Vater ist verschollen, und so sucht die Mutter
nach Ersatz. Es kommt der einsilbige Robert aus Riga, und mit
dem Alarmanlageningenieur beginnt
ein
postkartengroßes
Glück, während es rundum an
Gewalt nicht mangelt. Schmächtig ist der Freund Wassja, aber
sein Vater hat „eine breite
Faust“. „Die Faust war blind und
gierig. Wen oder was sie traf, war
ihr egal, den Sohn, die Ehefrau,
die Katze, den Hund, eine Fensterscheibe, eine Tür.“ Mitsamt
seiner Faust zieht er sich aber eines Tages selbst aus dem Verkehr. Der Sohn findet ihn in einer
Wäscheleinenschlinge an einem
Dachbalken hängend.
Bei Anna Galkina ist es ein
Werden und Vergehen, und dazwischen gibt es das Verkommen. Ihm widmet man sich mit
Hingabe und fragwürdigem Alkohol. Es wird getrunken, bis
man sich prügelt, und aus dem
deliranten
Bestiarium
der
Dorfbewohner ragt zu jeder
Stunde krude Sexualität. Unter
den Mädchen ist die Abtreibung weniger gefürchtet, als
sie als Initiation gilt. Gefährlich sind allein die Methoden,
aber so ist es mit allem. Das Leben ist ein Provisorium, ein
Plumpsklo im Garten, wo man
aufpasst, sich den Hintern
nicht mit den Zeitungsbildern
des Politbüros abzuwischen.
Mit fünfzehn arbeitet Nastja
in der Brotfabrik, zieht mit einer
Art Mädchengang um die Häuser
und lernt Dima kennen, den jungen Soldaten aus der Ukraine. Es
beginnt eine Flucht vor dem Bataillon, zu dem er nach seinen
freien Tagen zurückkehren sollte. Die jungen Leute finden Verstecke, in denen sie die Nächte
verbringen können, aber der Arm
der Armee ist mächtig. Mit gebrochenen Rippen landet Dima
im Militärhospital.
Anna Galkina lässt in ihrem
Roman vieles offen, es ist ein
kontingentes und literarisch
durchaus überhöhtes Dasein, in
dem die Figuren leben. Kaum ein
paar Tage, die im Voraus zu planen wären, und so hat auch das
Episodische seinen Grund. Am
Ende tritt noch ein Fotograf auf,
der zu erzählen hat, wie die Bibliotheksdirektorin ihren Mann
in mörderischer Absicht aus dem
Fenster gestoßen hat, und der mit
Papageien und Fischen in seinem
Atelier lebt. Seine durch die Zumutungen des Alltags ruinierte
Physiognomie hat ihr paradoxes
Äquivalent in einem großen Gefühl für Schönheit. Die Schönheit
der mittlerweile achtzehnjährigen Nastja entgeht ihm ebenso
wenig wie ein in dieser Hinsicht
emblematischer Augenblick. Das
Haus wird verkauft, mit Mutters
Robert geht es nach Riga, wo sich
bald der Eiserne Vorhang heben
wird. Noch einmal steht Nastja
vor dem Haus und den glücklosen
Wünschen einer Kindheit. Der
zahnlose Fotograf erkennt die
Aura der Szene, sagt etwas von
Sehnsucht und drückt ab.
Ein Schnitt durch die Zeit ist
Anna Galkinas Roman, und er ist
auch eine Operation am offenen
Herzen seiner Figuren. Tragisch,
hart und komisch.
Anna Galkina:
Das kalte Licht
der fernen Sterne
Frankfurter
Verlagsanstalt
224 S., 19,90 Euro
fallender Häuser. Gespenstisch.
Der Diamant eines Schmugglerkönigs namens Schwarzbart
spielt eine Rolle, der Buchstabe Y
im Wappen der Mohunes. Zeichen stehen an den Wänden,
Sinnsprüche pflastern Johns
abenteuerlichen Weg. Man kann
gar nicht aufhören damit.
Wünscht sich, es wäre Winter, im
Kamin prasselte ein Feuer.
John Meade
Falkner:
Moonfleet
Liebeskind
351 S., 24 Euro
Ihr WhatsApp-Märchenprinz
war ein Gotteskrieger
Güner Balci erzählt von der Radikalisierung
junger deutscher weiblicher Muslime
E
ine Szene aus Berlin-Neukölln: Italienische Hipstertouristen haben ein Geschäft an der Sonnenallee entdeckt – und was für eines! Eines,
vor dem man wilde Fotos schießen kann. Für sie ist das Schaufenster mit voll verschleierten
Frauen- und Kinderpuppen ein
Showroom für Schabernack mit
Selfiestange.
VON MARC REICHWEIN
In „Das Mädchen und der Gotteskrieger“ ist der Laden allerdings auch Schauplatz realer
Dschihadistenbrautwerbung,
mitten unter uns. Er ist der Initiationsort einer Geschichte, die
die türkischstämmige Journalistin Güner Balci erzählt. Wie
schon in ihren früheren Veröffentlichungen hat die Berliner
Autorin („Arabboy“) und ehemalige Sozialarbeiterin im Mädchentreff Neukölln reale Begebenheiten aufgegriffen und zu einer Dokufiktion verarbeitet.
Nimet, die Heldin ihrer Geschichte, ist 16 Jahre und ausgehfreudig. Eher zufällig lernt sie die
zum Islam konvertierte Cousine
einer Schulfreundin kennen:
Nour, die am Anfang des Buchs
nur den abfälligen Spitznamen
„Schleiereule“ trägt, weil sie mit
„Ganzkörper-Augenschlitz-Schleier“ unterwegs ist. Nour ist herrisch, wie nur Mädels mit 16 untereinander herrisch sein können,
aber sie scheint – auf der Basis ihres Glaubens – selbstbewusster
als ihre Alterskolleginnen. Sie engagiert sich in der Flüchtlingshilfe
und wird Nimet zum Vorbild: Seit
Nimet auch im Ehrenamt aktiv
wird, tritt sie in der Schule viel
selbstsicherer auf. Was Nimet
nicht weiß: Nour hat Nimets
Handynummer nicht nur an die
Flüchtlingshilfe, sondern auch an
Saed weitergegeben, einen deutschen Dschihadisten, der als ISKämpfer nach Syrien gegangen ist.
All das stellt sich aber erst im
Laufe heraus, denn zunächst erhält Nimet ganz normale Chatnachrichten: „Es gibt keine Zufälle, es gibt nur Bestimmung.“ 16-
jährige Mädchen lieben solche
Flirtsprüche. Er kümmert sich um
Flüchtlingscamps in der Türkei
und raunt: „Ich bin wie du Moslem, da gibt es nicht sehr oder wenig, sondern nur gläubig.“ Es ist
die Geschichte einer jungen Muslimin, die, gerade weil sie weitgehend weltlich sozialisiert wurde,
einen Jungen, der für muslimische Verbindlichkeit steht, als
verlässlich empfindet. Das Kollektiv der Muslime wird zum sozialen Schmierstoff für sinnsuchende Jugendliche. Gesellschaftliche
Ausgrenzungsnarrative wie „Ihr
Muslime“ betreffen einen nämlich gleichwohl, nicht zuletzt in
den Schulen. Sie machen auch
und gerade junge Mädchen, die
dem Ehrbegriff der muslimischen
Mentalitätsgemeinschaft ausgesetzt sind, für Propaganda empfänglich, Kopftuch und islamische
Regeln versprechen Schutz.
In der Debatte über die Radikalisierung junger Muslime liegt
das Augenmerk oft auf Männern
– weil sie es sind, die Attentate
verüben und somit sinnbildlich
die Anfälligkeit für islamischen
Extremismus repräsentieren. Die
muslimische Frau bleibt in diesem Szenario oft im Hintergrund. Güner Balcis Buch gibt ihr
eine Stimme. Nimet glaubt, ihren
WhatsApp-Märchenprinzen zu
treffen; tatsächlich landet sie im
türkisch-syrischen Grenzgebiet,
wo Frauen rudelweise zur Belohnung für Gotteskrieger bereitgehalten werden.
Balcis Buch zeigt, wie schnell
die Identitätssuche von Jugendlichen zur Aufgabe der eigenen
Identität, ja zum Verlust der
Menschenrechte führen kann. Es
sollte in keinem Deutschunterricht fehlen!
Güner
Yasemin Balci:
Das Mädchen und
der Gotteskrieger S.
S. Fischer
320 S., 19,99 Euro
PA/ ZUMAPRESS.COM/DPA/ MAJDI FATHI
DIE WELT KOMPAKT
Der Islam gehört zu Deutschland. Aber auch der fundamentalistische?
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26 INTERNET
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
ENTSCHÄDIGUNG
TWITTER
10.000 Dollar für
Zwangsupdate
Zur Wahlprognose
ungeeignet
Microsoft entschädigt erstmals eine Nutzerin für ein
sogenanntes Zwangsupdate
auf das neue Betriebssystem
Windows 10. Wie die „Seattle
Times“ online berichtete, war
der Software-Konzern zunächst gegen ein Urteil in
Berufung gegangen, einigte
sich dann jedoch mit der betroffenen Anwenderin Teri
Goldstein aus Kalifornien auf
eine Zahlung von 10.000 Dollar. Die Frau aus Sausalito hat
demnach glaubhaft machen
können, dass das Upgrade auf
das neue Betriebssystem fehlerhaft war und ihren Rechner
für Tage unbrauchbar gemacht habe. „Ich habe nie von
Windows 10 gehört“, erklärte
sie. „Niemand hat mich gefragt, ob ich ein Update
möchte.“
Aus den Erwähnungen von
politischen Parteien oder
Themen im Kurznachrichtendienst Twitter ist es einer
Studie zufolge nicht möglich,
verlässliche Prognosen für
den Ausgang einer Wahl oder
eines Referendums zu erstellen. Bei der Bundestagswahl 2013 habe es insbesondere bei den großen Parteien
einen großen Unterschied
zwischen der Häufigkeit der
Nennungen und den tatsächlichen Wahlergebnissen gegeben, sagte Andreas Jungherr,
Juniorprofessor an der Universität Konstanz, gestern auf
einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. CDU
und SPD hätten im Vergleich
prozentual viel mehr Wählerstimmen Wahl als Erwähnungen auf Twitter bekommen.
Die Piratenpartei, die AfD und
die FDP konnten ihre Erfolge
auf Twitter nicht in Wählerstimmen umwandeln. Auffällig sei, wie sich die auf
Twitter diskutierten Themen
von der „öffentlichen Agenda“
unterschieden hätten.
LINE-AKTIEN
Messenger setzt
Preisspanne fest
Der Kurzmitteilungsdienst
Line könnte bei seinem anstehenden Börsengang umgerechnet über 1,1 Milliarden
Dollar heben. Der aus Japan
stammende Konkurrent von
Facebook-Diensten wie Messenger und WhatsApp setzte
am Dienstag die Preisspanne
für die Aktie auf 2700 bis
3200 Yen fest. Damit könnte
die Platzierung inklusive der
sogenannten Mehrzuteilungsoption für teilnehmende Banken bis zu 128,8 Milliarden
Yen schwer werden. Es wird
der bisher größte Tech-Börsengang des Jahres. Als Termin für den Börsengang wird
zunächst weiterhin Mitte Juli
angepeilt.
DER MOBILE VIDEO-TIPP
Es ist wieder soweit: Sommer,
Sonne, Strand – und Strandfigur. Zeit, sich aufzuraffen und
los zu legen. Also, hoch den
Hintern und rein ins Gym.
Aber bitte schön vorsichtig!
http://bit.ly/1HcAHT0
Siemens zahlt Kreativen eine
Milliarde Euro für neue Ideen
S
iemens stellt kreativen
Köpfen eine Milliarde
Euro zur Verfügung, damit sie herkömmliche Wege
verlassen und neue Ideen ausprobieren. „Scheitern gehört
zum Programm“, sagte Technikvorstand Siegfried Russwurm gestern in München. Die
neue eigenständige SiemensTochter Next47 sei „die Innovations-Pipeline für die übernächste Generation“.
Der Elektrokonzern müsse
„schneller werden und offen
auch für Leute, die sagen, wie
machen das ganz anders“, sagte Russwurm. Die neue Truppe
in München, Berkeley und
Schanghai werde mit unzähligen Start-ups arbeiten und be-
komme viel Freiheit zum Experimentieren.
Siemens sei 1847 selbst ein
Start-up gewesen, von zwei
Männern gegründet in einem
Berliner Hinterhof. Next47
im Geist dieser HinterhofWerkstatt sei heute „der
Grundstein für Innovationen,
die nicht Mainstream sind“.
Siemens brauche frischen
Wind, um gegen neue Wettbewerber bestehen zu können. „Das Ganze ist uns eine
Milliarde wert in den nächsten fünf Jahren.“
Erstes Projekt von Next47
ist ein Elektromotor für Flugzeuge. Mit Airbus wolle man
bis 2020 zeigen, dass das technisch machbar sei.
GOOGLE
KOMPAKT
Die Kartenanwendung „Maps“ wurde jüngst mit Bildern in höherer Auflösung aktualisiert
G
oogle hat ein neues
Abbild der Welt in
seine Kartendienste
Maps und Google
Earth eingestellt – und das ist
deutlich detailreicher, kontraststärker und störungsärmer als
die Version, die die eine Milliarde Nutzer des Dienstes bislang
sehen konnten. Die Maps-Entwickler stellten jetzt neue Satellitenbilder online, die mehrfach höher aufgelöst sind als
das bisher in dem Dienst verwendete Material.
Googles
Update
der
Welt
VON BENEDIKT FUEST
Erstmals ist zudem die Detailansicht der Erde komplett
wolkenfrei und frei von Artefakten durch atmosphärische
Störungen – dazu setzte das
Google-Team automatisiert die
Aufnahmen mehrerer Satellitenüberflüge so zusammen, das
jeweils die qualitativ besten Bilder verwendet wurden.
Das Mega-Update von Googles Weltbild wurde technisch
möglich, weil die US-Weltraumagentur Nasa 2013 den
neuen Erdbeobachtungssatelliten „Landsat 8“ in seine Erdumlaufbahn geschossen hat.
Der Satellit liefert deutlich bessere Bilder als der Vorgänger
„Landsat 7“. Google konnte seine Aufnahmen aus einem Mehrfach-Abbild der Erde mit einer
Auflösung von insgesamt 700
Billionen Pixeln auswählen.
Damit zeigen Google Earth
und Maps nun eine Fülle neuer
Details. Insbesondere die Satellitenaufnahmen von Landstrichen außerhalb großer Ballungsräume wurden aktualisiert und verbessert: Die Alpen
werden erstmals vollständig in
hoher Auflösung angezeigt, die
Gletscher Alaskas sind nun
Mit Maps gibt es
selbst für entlegene
Ecken detailliertes
Material. Bei
deutschen Städten
herrschen jedoch
noch Probleme
Kartellamt gegen
Internetriesen
Die Wettbewerbshüter
wollen laut Medienberichten Google in dessen
Kerngeschäft härter rannehmen. Die EU-Kommission bereite konkrete
Vorwürfe gegen das Vorgehen bei Online-Werbung vor. Die Kommission
auch im Fall der Shopping-Suche mit weiteren
Vorwürfen nachlegen.
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ebenso im Detail sichtbar wie
diverse unbewohnte Inseln im
Südpazifik. Die Satellitenbilder
sind zugleich wesentlich aktueller als das bisher verwendete
Material, das zum Teil über
zehn Jahre alt war.
Damit werden etwa tauende
Gletscher nun in ihrer aktuellen Größe angezeigt, auch die
Auswirkungen von Urbanisierung oder der Abholzung von
Regenwäldern sind nun deutlicher sichtbar.
Auch in Großstädten wie
New York konnte Google die
Auflösung seiner Aufnahmen
nochmals steigern und zeigt
nun aktuelle Bauentwicklungen und selbst kleine Details
wie die Linien von BaseballSpielfeldern in den Parks der
Stadt.
Doch nicht überall hat Google seine Luftbilder aktualisiert: Für deutsche Städte zeigt
Maps weiterhin ältere Luftbilder an, die eindeutig nicht aus
dem aktuellen Satellitendatensatz stammen. In Berlin etwa
wird der Baugrund am Leipziger Platz, auf dem die 2014 eröffnete Mall of Berlin steht,
weiterhin als Brachfläche und
Abrissgelände angezeigt.
Das Problem: Der Satellit liefert zwar neue Aufnahmen, diese jedoch nur in einer Detailauflösung von 15 Metern pro
Pixel. Das reicht aus für Landschaftsbilder, ist jedoch zu grob
jedoch für Detailaufnahmen
von Städten, wo selbst einzelne
Gebäudedetails angezeigt werden. Hier verwendet der Konzern klassische Luftfotografieaufnahmen, die meist von niedrig fliegenden Vermessungsflugzeugen aufgenommen werden. Diese Bilder sind zwar
hoch aufgelöst, jedoch teilweise
mehrere Jahre alt.
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
INTERNET 27
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
B
auklötze sind eines der
beliebtesten Spielzeuge
für Kinder. Allerdings
war das dem Gründer von Tinkerbots zu wenig: Mit einem
Robotik-Baukasten will Matthias Bürger Kinder zu Roboter-Entwicklern machen –nach
dem Lego-Prinzip. Und wer
will, kann die gebauten Spielzeug-Roboter auch gleich noch
programmieren.
Herr Bürger, Sie haben einen
High-Tech-Spielzeug-Baukasten auf den Markt gebracht.
Was können Kinder damit
machen?
Sie können ihre eigenen Roboter bauen – Tiere, Autos, Monster und Maschinen, die auf ihr
Kommando hören. Die Kästen
bestehen aus einzelnen Modulen mit integrierter Strom- und
Datenübertragung. Ein Modul
ist für die Steuerung zuständig,
andere setzen Bewegungen um,
etwa Drehen oder Greifen. Mit
kleinen
Plastik-Bausteinen
kann man die Roboter umbauen
und ihnen so eine individuelle
Form geben.
Herzstück Ihrer Erfindung ist
das sogenannte Powerbrain,
das als Steuerungsmodul fungiert. Wie lässt es sich bedienen?
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Bewegungsmodule haben vorprogrammierte
START-UP-HELDEN
TEIL 169
Roboter fürs
Kinderzimmer
VON ELISABETH NEUHAUS
IN KOOPERATION MIT
WWW.GRUENDERSZENE.DE
MATTHIAS BÜRGER
DIE WELT KOMPAKT
Dr. Matthias Bürger ist Geschäftsführer der Kinematics
GmbH, die er 2014 in Leipzig
gründete. Als Tinkerbots
vertreibt das Unternehmen
Robotik-Spielzeug, das programmiert und per App bedient werden kann.
Crowdfunding brachte dem
Start-up 300.000 Euro ein.
Bewegungsabläufe eingespeichert. Vor allem kleine Kinder
müssen dann nur auf den PlayKnopf des Powerbrains drücken - schon bewegen sich die
Teile wie voreingestellt. Außerdem kann man Bewegungen
aufnehmen, die sich unsere
Module merken und sie anschließend automatisch ausführen. Dann lässt sich ein fertiger Roboter auch per App
fernsteuern. Durch Sensor-Module können Roboter Hindernissen ausweichen und auf
Licht reagieren.
Kinder sollen Ihre Maschinen
programmieren können. Wie
soll das funktionieren?
Unsere Technologie ist mit einer Open-Source-Plattform zur
Programmierung von Soft- und
Hardware kompatibel. Sie kann
bereits genutzt werden, allerdings arbeiten wir gerade an einer besseren Dokumentation:
Wie man das Steuerungsmodul
an den Computer anschließt,
was man sich dafür herunterladen muss – bis hin zur eigentlichen Programmierung.
Über einen Adapter passen
auch klassische Lego-Steine
auf Ihre Module. Besteht eine
Kooperation zwischen Ihnen
und dem dänischen Unternehmen?
Aktuell besteht keine Kooperation mit Lego. Andere Firmen
wie Mega Bloks nutzen die
Steckverbindung
ebenfalls.
Rechtlich sind wir da also auf
der sicheren Seite.
Auch Lego verkauft RobotikBaukästen, mit denen Kinder
Programmieren lernen können. Was grenzt Ihr Produkt
davon ab?
Wir richten uns an eine Zielgruppe ab fünf bis sechs Jahren.
Deshalb ist unser System so
einfach wie möglich gehalten.
Man muss nicht programmieren, wenn man nicht möchte,
kann es aber tun. Deswegen
funktioniert unsere Technologie auch kabellos, im Prinzip
kann man also nichts falsch zusammenbauen – auch, weil es
für jede Bewegungsart ein eigenes Modul gibt, und nicht, wie
bei vielen Anbietern, nur einen
Motor.
Wo werden die TinkerbotsTeile hergestellt?
Aktuell komplett in Deutschland. Die Plastikteile kommen
von einem Unternehmen aus
Thüringen, die Platinen werden in Berlin bestückt. Hier in
Bernau setzen wir die Module
und Pakete zusammen, verpacken und verschicken sie.
Aber wir wollen weiter skalieren. Deshalb sprechen wir gerade mit externen Fertigungsbetrieben in Fernost und Osteuropa.
Deutsche mit
Optimismus
online
I
mmer mehr Menschen in
Deutschland können sich ein
Leben ohne Internet nicht
mehr vorstellen. „Das Internet
ist in der Mitte der Gesellschaft
angekommen“ – das ist die
Kernaussage einer aktuellen
Studie des Deutschen Instituts
für Vertrauen und Sicherheit
im Internet (DIVSI). Dabei sei
„ein ausgeprägter Internet-Optimismus und -Pragmatismus“
erkennbar. Denn demnach
sieht mit 72 Prozent die große
Mehrheit der Bevölkerung wesentlich mehr Chancen als Gefahren im Netz. Zugleich bezweifeln aber 68 Prozent der
Befragten, dass Datensicherheit überhaupt möglich ist. „Es
hat sich eine realistische, aber
auch sehr pragmatische Grundhaltung in Sicherheitsfragen
etabliert, teils gleichgültig, teils
resigniert“, sagte Kammer. Den
Menschen sei bewusst, dass es
in puncto Sicherheit keine einfachen Lösungen gebe. Die
Nutzer verwiesen bei der Frage
nach der Verantwortung für Sicherheit und Datenschutz gleichermaßen auf sich selbst (82
Prozent), den Staat (70 Prozent) und Unternehmen (88
Prozent).
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28 WISSEN
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
KOMPAKT
ROVER-MISSION
Der Mars hatte wahrscheinlich einst eine sauerstoffreiche Atmosphäre. Das
schließen Forscher aus dem
Nachweis von Manganoxid
im Gestein. Das Mineral
forme sich unter sauerstoffund wasserreichen Bedingungen, schreiben die Forscher in „Geophysical Research Letters“. „Curiosity“
hatte Adern im Sandstein
des Roten Planeten analysiert, die geologisch dem
jungen Mars zugeordnet
werden. Dabei stieß der Rover auf große Anteile Manganoxid.
MITTELMEER
Giftige Feuerfische
breiten sich aus
Die exotischen und giftigen
Rotfeuerfische fühlen sich
wegen der steigenden Temperaturen im Mittelmeer
immer wohler. Die Art Pterois miles habe innerhalb
eines Jahres fast die gesamte
Südostküste von Zypern
besiedelt, schreiben Forscher
in „Marine Biodiversity Records“. Zuvor waren die
Tiere eher selten. Feuerfische ernähren sich ausschließlich von Fisch und
Krustentieren. Sie können
sich schnell vermehren und
dann die Artenvielfalt gefährden.
UMWELTORGANISATION
Petition gegen
Nahrungspatente
800.000 Unterschriften
gegen Lebensmittelpatente
haben Umweltorganisationen in ganz Europa gesammelt. Diese wollen sie heute
beim Europäischen Patentamt (EPA) in München abgeben. Anlässlich der Verwaltungsratssitzung der Europäischen Patentorganisation (EPO) wollen sie das Amt
erinnern, dass Patente auf
Pflanzen und Tiere gestoppt
werden müssen, teilte das
Bündnis „Keine Patente aus
Saatgut“ mit. Gegner kämpfen seit Langem gegen Patente auf konventionell gezüchtete Tomaten, Sojapflanzen oder Paprika.
GÜRTLERS
GESAMMELTE GRÜTZE
Die Republik Kongo und Nigeria sind die einzigen Staaten, in denen es keine spezielle Strafunmündigkeit für
Kinder gibt.
MEHR GRÜTZE: WELT.DE/GRUETZE
DPA/ FRISO GENTSCH
Mars: Hinweise auf
Sauerstoff
„Außerordentlicher Glücksfall“: Die Münzen sind bei Osnabrück aufgetaucht
Der Legionär und sein Goldschatz
Ein sensationeller Fund auf dem Gelände der Varusschlacht fasziniert die Archäologen.
Ein Römer vergrub dort offenbar ein Vermögen, als er um sein Leben kämpfte
G
old oder Leben, dem
römischen Legionär
blieben wohl nur
wenige Augenblicke,
um die Entscheidung zu treffen. Offenbar wählte er die
Flucht und vergrub seine Barschaft. Vielleicht traf ihn aber
auch zuvor der tödliche Hieb,
und er bedeckte den wertvollen
Beutel mit seinem Körper. Auf
jeden Fall war es ein kleines
Vermögen, das er da in die Urwälder Germaniens mitgenommen hatte, Spargroschen für einen ruhigen Lebensabend, den
er damit nun nicht mehr finanzieren konnte.
VON BERTHOLD SEEWALD
Acht römische Goldmünzen
sind der jüngste herausragende
Fund, den Archäologen auf
dem Gelände des mutmaßlichen Varusschlachtfelds bei
Kalkriese nördlich von Osnabrück gemacht haben. Nachdem während der aktuellen
Grabungskampagne erst vor
wenigen Wochen neue Spuren
am Rande des Schlachtfelds
entdeckt wurden, die womöglich von fliehenden Römern
stammen, können die Archäologen nun einen Fund präsentieren, der die Zahl der geborgenen Goldmünzen auf dem
Schlachtfeld gleich mehr als
verdoppelt. Auf dem Gebiet am
Oberesch waren bislang nur
zwei Goldmünzen bekannt.
Die übrigen fanden sich auf
den übrigen Flächen des Geländes, das seit Ende der 80erJahre systematisch untersucht
wird. Grabungsleiter Salvatore
Ortisi von der Universität Osnabrück spricht von „außerordentlichen Glücksfällen“. Bei
den Münzen handelt es sich
ausnahmslos um solche vom
Typ Gaius/Lucius. So bezeichnen Numismatiker die wertvollen Stücke, die zwischen
den Jahren 2 v. Chr. und 4/5 n.
Chr. in der großen Münzstätte
in Lugdunum (Lyon) geprägt
wurden. Ihr Bildprogramm
sollte die damals geltende
Nachfolgeregelung des Kaisers
Augustus bekannt machen. Der
hatte die beiden Söhne seines
Freundes und Schwiegersohns
Agrippa, Gaius und Lucius,
adoptiert und als Nachfolger
designiert. Nach ihrem frühen
Tod 2 und 4 n. Chr. übernahm
Tiberius ihre Rolle, die Botschaft der Münzen erübrigte
sich von nun an also.
Sieben der Münzen sind prägegleich und zeigen zum Teil
nur geringe Abnutzungsspuren.
Da in dem Fundzusammenhang
keine Bronze- oder Silbermünzen gefunden wurden, mit denen Römer ihre täglichen Ausgaben bestritten, geht Ortisi
davon aus, dass es sich buchstäblich um eine Art Sparstrumpf gehandelt haben muss.
Ihr Eigentümer wird sie in einem Beutel oder einem Kästchen mit sich geführt haben.
Das zumindest zeigen die Torfspuren im feuchten Erdreich.
Acht Goldmünzen waren ein
kleines Vermögen. Wenn man
bedenkt, dass ein Handwerker
in der frühen Kaiserzeit mit einem Denar am Tag in Rom sei-
ne Familie durchbringen konnte, ein Aureus aber 25 Denare
wert war und die Preise in der
nördlichen Provinz deutlich
niedriger anzusetzen sind, handelte es sich um ein Jahresgehalt. Das würde auf einen erfahrenen Legionär oder Unteroffizier als letzten Eigentümer
schließen lassen.
Bei dem
Fund
handelt es
sich um
Münzen
vom Typ
Gaius/Lucius
Zu der großen Debatte über
die Datierung des Schlachtfelds
tragen die acht Münzen allerdings wenig bei. Alle Münzen,
die seit Beginn der Grabungen
in Kalkriese gefunden wurden,
wurden vor dem Jahr 9 n. Chr.
geprägt, als der Feldherr und
Statthalter Varus seine drei Legionen nach Germanien führte,
wo sie von den Cheruskern unter Arminius vernichtet wurden. Bei den Typen Gaius/Lucius handelt es sich sogar um
„Schlussmünzen“, also die
jüngsten Stücke, die exakt datiert werden können.
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Kritiker der weithin geteilten
Ansicht, bei Kalkriese hätten
die Legionäre des Varus ihr
letztes Gefecht geschlagen, argumentieren mit der Umlaufzeit römischer Münzen. Danach seien die Kupfermünzen,
die in größerer Zahl in Kalkriese gefunden wurden und die sogar den Stempel des Varus tragen, auch noch Jahre nach seinem Tod als Sold an die Legionen ausgegeben worden. Zusammen mit anderen Indizien,
so die Kritiker, verweise dies
auf einen späteren Kriegszug.
Zwischen den Jahren 14 und
16 führte der römische Prinz
Germanicus zahlreiche Legionen nach Germanien, um Rache
für den Tod des Varus und seiner 20.000 Soldaten zu nehmen. In diesem Zusammenhang
fand an den „pontes longi“
(Langen Brücken) eine Schlacht
statt, für die, so die Argumentation, die Lokalität von Kalkriese
durchaus passen könnte.
Der Archäologe Ortisi will an
der Deutung festhalten. Welche
Überraschungen sich hier noch
finden, zeigten erst vor wenigen Wochen Grabungen zwischen Oberesch und Großem
Moor. Reste römischer Ausrüstungsgegenstände lassen die
Hypothese zu, dassLegionäre
versuchten, sich nach Norden
durchzuschlagen.
„Es ist klar, dass wir am
Oberesch noch eine ganze Reihe neuer Befunde erwarten
können“, sagt Ortisi. „Nach jedem müssen wir unsere bisherige Interpretation aufs Neue
hinterfragen.“
WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
DIE WELT KOMPAKT
RÄTSEL 29
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
HOROSKOP
WIDDER (21.03.–20.04.)
Lassen Sie es heute mal nicht darauf
beruhen und geben Sie der Sache einen
kleinen Ruck. Dann kommt alles in
Schwung. Ein kleiner Lauf weckt in Ihnen den Appetit auf Sport. Ihre Vitalität ist ungebremst. Dies wird ein wirklich schöner Tag.
STIER (21.04.–20.05.)
Ihr Leistungs- und Konzentrationsvermögen ist niedrig. Laden Sie sich keine
zusätzlichen Pflichten auf. Verlustgefahr! Vorsicht ist bei geschäftlichen und
finanziellen Dingen geboten. Überschlafen Sie jetzt lieber eine wichtige
Entscheidung.
ZWILLINGE (21.05.–21.06.)
Vertrauen Sie auf das, was auf Sie zukommt. Sie packen die Dinge richtig an
und nähern sich damit Ihrem persönlichem Ziel. Abenteuer! Genießen Sie
die aufwühlenden Stunden. Aber wenn
dann wieder etwas Ruhe einkehrt,
sollten Sie Bilanz ziehen.
SUDOKU UND KREUZWORTRÄTSEL
VON STEFAN HEINE
Auflösung der letzten Rätsel:
KREBS (22.06.–22.07.)
Erhalten Sie sich auch im Alltag eine
abwechslungsreiche Beziehung. Kleine
Aufmerksamkeiten wirken Wunder.
Bleiben Sie doch einfach so, wie Sie
sind! Niemand, der Sie so liebt, wie Sie
sind, würde ernsthaft eine Veränderung
von Ihnen erwarten.
LÖWE (23.07.–23.08.)
Die Sterne appellieren an Ihre Toleranz. Damit es keinen Frust gibt,
sollten Sie auf die Bedürfnisse des Partners eingehen. Sie sind im Allgemeinen
in einer recht beschaulichen Verfassung. Gestehen Sie sich einen Hang zur
Gemütlichkeit zu.
JUNGFRAU (24.08.–23.09.)
Mars verleitet Sie zu spannenden Beziehungen. Mittelgroße Bisswunden
sind bei einer Risikopartnerschaft vorprogrammiert. Ein energiegeladener
Lebensabschnitt steht bevor. Wie wäre
es mit einem Waldlauf? Aber bitte nicht
alle Bäume ausreißen!
Jede Ziffer von eins bis neun wird in jeder Spalte, jeder Zeile und in jedem 3x3-Feld genau einmal eingetragen. Das linke
Sudoku ist von mittlerer Schwierigkeit, das Rätsel rechts daneben etwas leichter. Mehr Sudoku-Rätsel auf welt.de/sudoku
WAAGE (24.09.–23.10.)
Machen Sie einen Bogen um Ihre Laster, dann kann Ihr Körper seine Abwehrkräfte aufstocken. Das gefällt dem
Gewissen! Betreiben Sie im Job etwas
Imagepflege! Sagen Sie mal Nein, auch
wenn Sie das Verlangte erfüllen
könnten. Freundlich bleiben!
SKORPION (24.10.–22.11.)
Sie fühlen sich fit und leistungsfähig.
Auch Ihre Sterne geben Ihnen Vorfahrt.
Nun kann Sie nichts mehr aufhalten.
Sie sind gefragt wie nie. Und da sich
Angebot und Nachfrage bedingen, können Sie sich am Arbeitsplatz viel besser
durchsetzen.
SCHÜTZE (23.11.–21.12.)
Sie gehören zu den Menschen, die mit
Vorliebe überstürzt handeln, aber in
dieser Situation tun Sie gut daran, bedacht zu handeln. Ihr bisheriger Weg
wird in Frage gestellt. Die Unsicherheitsgefühle sind unnötig. Es ist Ihr
Job, durchzuhalten.
STEINBOCK (22.12.–20.01.)
Wenn Sie sich lautstark in den Vordergrund drängen, fallen Sie höchstens unangenehm auf. Starke Gefühle sorgen
für Verwirrung! Sie dürfen sich weiterhin viel zumuten, doch sollten Sie nicht
mit Riesenschritten ans Werk gehen.
Sie haben Zeit!
WASSERMANN (21.01.–19.02.)
Sie besitzen die nötige Lockerheit und
die Bereitschaft, um sich auf zärtliche
Stimmungen einzulassen. Wer teilt das
Glück? Gute Geschenke von Mars: Sie
haben eine Bombenkondition. Lassen
Sie Ihren Elan aber nicht zu Freizeitstress ausarten.
FISCHE (20.02.–20.03.)
Positive planetarische Einflüsse schenken Ihnen wieder Temperament und
gute Laune. Sie sind widerstandsfähig
und topfit. Sterne, die Ihnen Kraft
schenken, stehen Ihnen zur Seite. So
können Sie heute schwierige Situationen mit links meistern!
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30 TV-PROGRAMM
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
ARD
ZDF
RTL
SAT.1
PRO 7
VOX
5.30 ¥ g Morgenmagazin 9.00 ¥
Tagesschau 9.05 ¥ Rote Rosen
9.55 Sturm der Liebe 10.45 ¥ g
Gefragt – Gejagt 11.35 ¥ g Seehund, Puma & Co. 12.00 ¥ Tagesschau 12.15 ¥ g ARD-Buffet U.a.:
Orientalischer Picknick-Kuchen
13.00 ¥ g Mittagsmagazin
14.00 ¥ Tagesschau
14.10 ¥ Rote Rosen Telenovela
15.00 ¥ Tagesschau
15.10 Sturm der Liebe Telenovela
16.00 ¥ Tagesschau
16.10 ¥ g Panda, Gorilla & Co.
17.00 ¥ Tagesschau
17.15 Brisant Boulevardmagazin
18.00 ¥ Wer weiß denn sowas?
18.50 ¥ g Hubert und Staller
Krimi-Serie
Der kleine Unterschied
19.45 ¥ g Wissen vor acht
19.50 g Wetter/Börse
20.00 ¥ Tagesschau
20.15 ¥ Besondere Schwere der
Schuld Thriller (D 2014)
Mit Götz George, Hanno
Koffler, Hannelore Elsner
Regie: Kaspar Heidelbach
21.45 ¥ g Plusminus U.a.: Nach
dem Brexit – Wer sind die
Gewinner, wer die Verlierer?
22.15 Tagesthemen Mit Wetter
22.45 ¥ g Maischberger
Rote Karte für Brüssel: Besiegen Populisten Europa?
Gäste: Viviane Reding,
Heinz-Christian Strache u.a.
0.00 ¥ g Nachtmagazin
0.20 ¥ Besondere Schwere der
Schuld Thriller (D 2014)
Mit Götz George (Wh.)
1.55 H ® Kanaille von Catania
Satire (I 1954) Mit Alberto
Sordi. Regie: Luigi Zampa
3.20 ¥ g Maischberger
Talkshow (Wh.)
5.30 ¥ g Morgenmagazin 9.00
g heute Xpress 9.05 g Volle
Kanne U.a.: Richtig reklamieren
10.30 ¥ g Die Rosenheim-Cops
11.15 ¥ g SOKO Stuttgart 12.00
g heute 12.10 g drehscheibe
13.00 ¥ g Mittagsmagazin
14.00 g heute – in Deutschland
14.15 Die Küchenschlacht
15.00 ¥ g heute Xpress
15.05 ¥ g Bares für Rares
16.00 ¥ g heute – in Europa
16.10 ¥ SOKO Wien Krimi-Serie
17.00 ¥ g heute
17.10 ¥ g hallo deutschland
17.45 ¥ g Leute heute Neues
von Barbara Schöneberger
18.05 SOKO Wismar Krimi-Serie
18.54 Lotto am Mittwoch
19.00 ¥ g heute/Wetter
19.25 ¥ g Küstenwache KrimiSerie. Pias Albtraum
20.15 ¥ g Aktenzeichen XY...
ungelöst – Spezial Wo ist
mein Kind? / Der Fall Annika
Seidel. Mod.: Rudi Cerne
21.45 ¥ g heute-journal Wetter
22.15 g auslandsjournal U.a.:
Brexit-Hochburg Boston –
Splendid isolation an Englands Küste / Die Konfliktlinien des Brexit – Alt gegen
Jung, Reich gegen Arm
22.45 ¥ g Das Geschäft mit
der Krankheit Wie wir zu
Patienten gemacht werden
23.15 ¥ Markus Lanz Talkshow
0.30 g heute+
0.45 g Verschwörung oder
Wahrheit MH17 – Abschuss
über der Ukraine
1.30 ¥ g Aktenzeichen XY...
ungelöst – Spezial (Wh.)
3.00 ¥ g SOKO Wismar
Krimi-Serie (Wh.)
3.45 g auslandsjournal (Wh.)
5.15 g Der Blaulicht-Report 6.00
g Guten Morgen Deutschland
Magazin. Moderation: Wolfram
Kons, Susanna Schumacher 8.30 g
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
9.00 g Unter uns 9.30 g Der
Blaulicht-Report 11.00 g Die
Trovatos – Detektive decken auf
Doku-Soap 12.00 g Punkt 12 Das
RTL-Mittagsjournal
14.00 g Der Blaulicht-Report
Doku-Soap
16.00 g Verdachtsfälle
Doku-Soap
17.00 g Betrugsfälle Doku-Soap
17.30 g Unter uns Soap
18.00 g Explosiv – Das Magazin
18.30 Exclusiv: Das Star-Magazin
18.45 g RTL aktuell
19.05 g Alles was zählt Soap
19.40 g Gute Zeiten, schlechte
Zeiten Soap
20.15 g Die 10 (4/5) Modedesigner Karl Lagerfeld liebt seine Katze / Linda Ducharme
liebt Riesenrad Bruce / Von
der Herzspende zur Liebe
21.15 I Like the 90’s (4/5) Show
22.15 g „Stern”-TV U.a.: Alptraum Einbruch: So jagt die
Polizei organisierte Diebesbanden in Deutschland / Fünf
Jahre im Wachkoma: „Ich
wusste nicht, dass ich eine
Tochter bekommen hatte” /
Zwei weiße Löwenbabys
verzaubern Magdeburg
0.00 Nachtjournal Nachrichten
0.30 g Die 10 (Wh.)
1.20 g Rach, der Restauranttester Doku-Soap
„Hexenhäuschen” in
Lengerich / „Fellini al teatro” in Ludwigshafen
Mit Christian Rach
3.10 g Nachtjournal (Wh.)
5.30 g Sat.1-Frühstücksfernsehen Katja Kessler: Der UntenrumBurnout. Moderation: Daniel
Boschmann, Marlene Lufen 10.00
g Auf Streife – Die Spezialisten
Reportagereihe 11.00 Richterin
Barbara Salesch Show 12.00 g
Richter Alexander Hold Show
14.00 Auf Streife Reportagereihe
15.00 g Auf Streife – Die Spezialisten Reportagereihe
16.00 Auf Streife Reportagereihe
17.00 Mein dunkles Geheimnis
Brigitte Jonas
17.30 g Schicksale - und
plötzlich ist alles anders
Liebe per Kurier
18.00 g Auf Streife – Die Spezialisten Reportagereihe
19.00 g Fahndung Deutschland
Mag. Mod.: Karen Heinrichs
19.55 g Sat.1 Nachrichten
20.15 15 Dinge, die Sie über Sex
wissen müssen Doku-Film
(D 2016) Mit Paula Lambert,
Matthias Killing u.a. In der
Show geht es u.a. um die
Frage, wieviel Sex normal
ist und ab wann die Lust zu
einer Krankheit wird.
22.30 g Körperkult – Wo ist die
Grenze? Dokumentarfilm
(D 2015) Die Reporter
treffen Menschen, die einen
extremen Körperkult leben
und zeigen, welche Geschichten dahinterstecken.
0.40 g News & Stories Der mit
den Bildern tanzt
1.25 g So gesehen
1.30 Auf Streife
Reportagereihe (Wh.)
2.20 Im Namen der Gerechtigkeit: Wir kämpfen für
Sie! Doku-Soap
3.50 Auf Streife (Wh.)
5.05 g Mike & Molly 5.25 g How
I Met Your Mother 6.05 Two and
a Half Men 8.00 g 2 Broke Girls
8.50 g The Big Bang Theory
10.40 Mike & Molly Comedy-Serie
11.35 g How I Met Your Mother
Comedy-Serie 12.30 g Two and a
Half Men Comedy-Serie
14.20 g 2 Broke Girls ComedySerie. Mit Kat Dennings
15.15 g The Big Bang Theory
Comedy-Serie
17.00 g taff
Model Debut Cheyenne
Ochsenknecht / Bonnie in
L. A. (2) / Lascana Bikini
18.00 g Newstime
18.10 Die Simpsons ZeichentrickSerie. Schall und Rauch /
Die Sünden der Väter
19.05 g Galileo Galileo fährt hin:
Lopifit-Fahrrad
20.15 H g Man of Steel Actionfilm (USA/CDN/GB 2013)
Mit Henry Cavill, Amy
Adams, Michael Shannon
Regie: Zack Snyder
23.00 H g Superman Returns
Actionfilm (USA 2006)
Mit Brandon Routh, Kate
Bosworth, Kevin Spacey
Regie: Bryan Singer
Superman hat fünf Jahre im
Weltall verbracht. Als er auf
die Erde zurückkehrt, muss
er erneut gegen seinen Erzfeind Luthor kämpfen.
1.55 g Spätnachrichten
2.00 g Fringe – Grenzfälle
des FBI Mystery-Serie
Die Bürde. Mit Anna Torv
2.50 Scrubs Comedy-Serie
Meine Beförderung (Wh.)
3.15 Malcolm mittendrin (Wh.)
3.35 g Watch Me –
das Kinomagazin
5.15 g CSI: NY Krimi-Serie 6.00 g
CSI: NY Krimi-Serie 6.50 g Verklag mich doch! Doku-Soap 10.50
g vox nachrichten 11.00 Mein
himmlisches Hotel 12.00 g
Shopping Queen 13.00 g 4
Hochzeiten und eine Traumreise
14.00 g Mein Kind, dein Kind
Markus vs. Ramona
15.00 g Shopping Queen
16.00 g 4 Hochzeiten und eine
Traumreise Doku-Soap
Tag 3: Uwe, Goslar
17.00 Mein himmlisches Hotel
Doku-Soap. Tag 3: Märchenpension Rotkäppchen und
der Wolf, Sachsen
18.00 mieten, kaufen, wohnen
Doku-Soap
19.00 g Das perfekte Dinner
Doku-Soap. Tag 3: Gisela,
Frankfurt am Main
20.00 g Prominent!
20.15 ¥ g Rizzoli & Isles KrimiSerie. Tod im Park. Ein neuer Mordfall gibt Rizzoli und
Co. Rätsel auf. Es ist einfach
kein Motiv oder Hinweis auf
den Täter erkennbar.
21.15 ¥ g Rizzoli & Isles KrimiSerie. Das Jüngste Gericht
22.10 ¥ g Revenge DramaSerie. Hinterhalt. Nachdem
Viktoria erneut alles dafür
tut, Emily in ein schlechtes
Licht zu rücken, offenbart
sie sich ihrem Vater.
23.05 ¥ g Revenge
Drama-Serie. Kontakt
0.00 ¥ g Rizzoli & Isles (Wh.)
0.55 g vox nachrichten
1.15 ¥ g Rizzoli & Isles (Wh.)
2.00 Medical Detectives Dokureihe. Tod aus dem Nichts /
Zerstörerische Gewalt / Die
bessere Hälfte / Abgründe
KABEL 1
TIPPS DES TAGES
8.35 g Navy CIS 9.30 g The
Mentalist 10.25 g Castle 11.20
g Without a Trace 12.15 Numb3rs 13.05 Cold Case 14.00 g
Navy CIS 14.55 g The Mentalist
15.50 g News 16.00 g Castle
16.50 g Abenteuer Leben täglich
17.55 g Mein Lokal, dein Lokal –
Wo schmeckt’s am besten? 18.55
g Achtung Kontrolle! 20.15 H
Die rechte und die linke Hand
des Teufels Westernkomödie (I
1970) 22.30 H Vier Fäuste für ein
Halleluja Westernkomödie (I 1971)
1.05 H Zwei außer Rand und
Band Gaunerkomödie (I 1977)
Besondere Schwere
der Schuld
Man of Steel
ARD | 20.15 Nach 30 Haft will der
wegen Mordes verurteilte Joseph
Komalschek (Götz George) im
großen Stil auspacken. Das
macht einige Leute sehr nervös.
Pro 7 | 20.15 Der kleine Kal-El
kommt vom Krypton auf die Erde,
wo ihn die Kents unter dem Namen Clark (Cooper Timberline)
großziehen. Allmählich erkennen
sie seine enormen Kräfte.
ARTE
ZDF NEO
RTL 2
12.35 g Das Glück liegt auf dem
Teller 13.20 ARTE Journal 13.55
H g Der Rebell Abenteuerfilm
(USA 1950) 15.25 g Kulinarische
Reise durch Brasilien 15.50 g
Wie das Land, so der Mensch
16.20 g Wildes Berlin 17.00 g
X:enius (Wh.) 17.30 g Das Geheimnis von Phaistos 18.25 g
Italien, meine Liebe 19.10 ARTE
Journal 19.30 g Italien, meine
Liebe 20.15 H g Ein perfektes
Leben Drama (F/CH/E 2002) 22.20
g Kinogeschichten 23.15 H g
Hinter dem Berg Drama (TRK/GR
2012) 0.45 g Die Erbschaft
5.05 ¥ g Terra X 7.15 Lanz kocht
8.20 Lafer! Lichter! Lecker! 9.05
g Bares für Rares 10.40 ¥ Die
Rettungsflieger 12.05 Küstenwache 13.35 g Ein Fall für zwei
15.35 ¥ Die Rettungsflieger 17.00
g Columbo: Alter schützt vor
Torheit nicht TV-Krimi (USA 1972)
18.35 g Bares für Rares 20.15
Einsatz in Hamburg: Tödliches
Spiel TV-Krimi (D 2008) 21.46 g
Wilsberg: Das Jubiläum TV-Krimi
(D 2008) 23.10 Kommissar Beck:
Das tote Mädchen TV-Krimi (S
2006) 0.40 ¥ g Aktenzeichen
XY... ungelöst – Spezial
5.10 g Privatdetektive im Einsatz 8.55 g Frauentausch 10.55
g Family Stories 11.55 g Dein
neuer Style – Entdecke deine
Schönheit! 12.55 g Köln 50667
13.55 g Berlin – Tag & Nacht
14.55 g Hilf mir! 16.00 g All
About Love 17.00 Die Straßencops West – Jugend im Visier.
Neue Folgen 18.00 g Köln 50667
19.00 g Berlin – Tag & Nacht
20.00 g News 20.15 g TeenieMütter – Wenn Kinder Kinder
kriegen Doku-Soap 22.25 g BABYs! Das erste Jahr (3) DokuSoap 0.20 Autopsie Dokureihe
MDR
TELE5
3 SAT
14.00 ¥ g MDR um zwei 15.00 ¥
g Prinzessin Maleen Märchenfilm (D 2015) 16.00 ¥ g MDR um
vier 17.45 ¥ g MDR aktuell/Wetter 18.10 ¥ g Brisant 18.54 ¥
Unser Sandmännchen 19.00 MDR
Regional 19.30 ¥ g MDR aktuell
19.50 ¥ g Tierisch, tierisch
20.15 ¥ g Exakt 20.45 ¥ g Einmal noch ein spätes Glück? 21.15
¥ g Die Spur der Ahnen 21.45 ¥
g MDR aktuell 22.05 ¥ g Polizeiruf 110: Zwischen den Welten
TV-Krimi (D 2013) 23.35 g Kanzleramt Pforte D – Spezial 0.20 g
unicato 1.25 ¥ g Lindenstraße
6.24 Dauerwerbesendung7.25 g
Joyce Meyer 7.54 Dauerwerbesendung 14.05 Star Trek – Deep
Space Nine 15.05 g Star Trek –
Das nächste Jahrhundert 16.05
Star Trek – Raumschiff Voyager
18.05 Star Trek – Deep Space Nine 19.00 g Star Trek – Das
nächste Jahrhundert 20.05 g
Höggschde Konzentration 20.15
g Population 436 Thriller (CDN/
USA 2006) Mit Jeremy Sisto 22.05
H Two Eyes Staring – Der Tod ist
kein Kinderspiel Horrorfilm (B/NL
2010) 0.20 g Population 436
Thriller (CDN/USA 2006) (Wh.)
12.30 g Schweizweit 13.00 ¥ g
ZIB 13.20 g Aga-Kröten – Die Eroberung Australiens 14.05 g
Grüne Ameisen – Freund oder
Feind? 14.50 g Der Garten Erde
17.00 g Spaniens Burgen und
Städte 17.45 g Spaniens Küsten
und Strände 18.30 g nano 19.00
¥ heute 19.20 g Kulturzeit 20.00
¥ g Tagesschau 20.15 H õ g
Darf ich bitten? Komödie (USA
2004) 21.55 g Kom(m)ödchenEnsemble: Deutschland gucken
22.45 ¥ g Kalahari Gemsen (3)
23.10 H g Stay Kriminalfilm (USA
2005) 0.45 g Der Bestatter
5.15 g Countdown zur Katastrophe Stansted Airport
12.45 Börse am Mittag
13.00 N24 Nachrichten auch um
14, 15, 18, 19 und 20 Uhr
13.05 g Die Transporter
14.05 g Top Gear USA
15.30 N24 Cassini
16.05 g Der ICE – Highspeed
auf Schienen Doku
17.05 Auftrag Schwertransport
18.15 Börse am Abend
18.25 N24 Cassini
19.10 g Welt der Wunder
U.a.: Welche Qualität hat
deutscher Kaffee?
WDR
NDR
RBB
BR
SWR
HR
20.15 Vorsicht, Verbraucherfalle!
21.00 ¥ Die ErnährungsDocs (3)
21.45 ¥ WDR aktuell 22.10 ¥ Kochende Geschäfte 22.55 ¥ Weltweit 23.20 ¥ Ausgebremst Dok.Film (AUS/GB/USA/NZ/I/F 2014)
20.15 ¥ Expeditionen ins Tierreich 21.00 ¥ Der XXL-Ostfriese
21.45 NDR//aktuell 22.00 ¥ Großstadtrevier 22.50 ¥ Neues aus
Büttenwarder 23.15 Tatort: Mord
hinterm Deich TV-Krimi (D 1997)
19.30 Abendschau20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Das ist Spitze! Show
21.45 aktuell 22.15 Klartext 22.45
H Solo für Klarinette Kriminalfilm
(D 1998) 0.15 H Die Herbstzeitlosen Komödie (CH 2006) (Wh.)
20.00 ¥ Tagesschau 20.15
Münchner Runde 21.00 ¥ Kontrovers 21.45 ¥ Rundschau 22.00
¥ Akte D 22.45 Südlicht 23.15 kinokino 23.30 H ¥ Frantic Thriller
(USA/F 1988) 1.25 Rundschau
20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 ¥
g betrifft ... 21.00 ¥ g Durchgeknallt 21.45 ¥ Landesschau
aktuell 22.00 ¥ g Tatort: Scheinwelten TV-Krimi (D 2013) 23.30 g
Gelber Drache, roter Wein
20.15 Mex 21.00 10 verblüffende
Medizinerkenntnisse 21.45 Klinik-Check Hessen (3/3) 22.30 hessenschau kompakt 22.45 7 Tage
... 23.30 H My Blueberry Nights
Liebesfilm (HK/CHN/F 2007)
20.05 g The World Wars Dokumentationsreihe. Der Große
Krieg / Fataler Frieden / Diktatoren und Demokraten /
Der Blitzkrieg / Globaler
Krieg / Sieger und Besiegte
1.25 g Raketenwerfer und
Haubitzen – Die Artillerie
der Bundeswehr Doku
19.10 Kaffee ist eines der beliebtesten Getränke der Deutschen
PHOENIX
8.15 Brexit – Fakten und Hintergründe 8.30 Vor Ort 9.10 Bon(n)
jour 9.30 Thema 12.00 Vor Ort
13.00 Thema 14.15 Vor Ort 16.00
Mission Mali 16.45 Die Flüchtlingskanzlerin 17.15 Brexit – Fakten und Hintergründe (Wh.)
17.30 Vor Ort 18.00 Nur eine falsche Bewegung (Wh.) 18.30 Feuerberge – Oasen im Ozean (Wh.)
19.15 Risiko Vulkan (Wh.) 20.00 ¥
Tagesschau 20.15 Der Spreewald
Dokumentation 21.00 Der Brocken 21.45 ¥ heute journal 22.15
Phoenix-Runde 23.00 Der Tag
0.00 Phoenix-Runde (Wh.)
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Heute ab 20.05 Uhr
DAS DOKU-DRAMA-EVENT
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WELT KOMPAKT -2016-06-29-sil-16 5692aa55e384977d8b6d5a97812bb0ed
MENSCHEN & MEDIEN 31
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
Zippert
zappt
... und jetzt alle!
GETTY IMAGES
D
Happy Birthday, Mr. President: Marilyn Monroe singt die wohl bekannteste Version des Liedes zum 45. Geburtstag von John F. Kennedy
Das Geburtstagslied „Happy Birthday“ ist weltbekannt. Aber wem gehören die Rechte?
Der Musikverlag Warner beansprucht diese für sich. Ein Richter entschied jetzt dagegen
E
s war ein ungewöhnlicher Auftritt vor dem
Bundesgericht in der
Innenstadt von Los
Angeles: Mit Gitarre, bunten
Luftballons und einem „Happy
Birthday“-Ständchen feierten
knapp ein Dutzend Anwälte
und Kläger laut singend vor
dem Gebäude ihren Sieg in einem jahrelangen Gerichtsstreit. Schließlich ging es um eines der bekanntesten Lieder
der Welt und um sehr viel Geld.
Das „Happy Birthday“-Lied
ist nun rechtefrei und damit
Allgemeingut. Ein Richter in
Los Angeles segnete am Montag eine vor Monaten ausgehandelte Einigung zwischen dem
Musikgiganten Warner und den
Klägern ab. „Es ist nun offiziell!
Singt laut, singt mit Stolz, und
singt zum Nulltarif, denn nun
kann keiner mehr Lizenzgebühren verlangen“, hieß es in einer
Mitteilung der Anwaltskanzlei
Donahue Fitzgerald.
Dies sei ein „großer Sieg“ für
die Öffentlichkeit und für
Künstler, die das Lied in ihren
Werken verwenden wollten, jubelte der Klägeranwalt Daniel
Schacht. Er gehört zum Team
der US-Sängerin Rupa Marya,
die zusammen mit einer Dokumentarfilmerin und anderen
Künstlern gegen den Musikkonzern Warner mit einer Sammelklage vor Gericht gezogen war.
Seit
Jahrzehnten
beanspruchten Musikverlage die
Rechte an dem Song. Bei der
Geburtstagsfeier zu Hause darf
das Lied jeder kostenlos singen,
aber bei einer kommerziellen
Nutzung, etwa in Filmen, Videos, Alben oder auf elektronischen Grußkarten, floss bei
Warner/Chappell Music Geld in
die Kassen. Schätzungen zufolge soll das Unternehmen rund
zwei Millionen Dollar (etwa 1,8
Millionen Euro) Lizenzgebühren pro Jahr verdient haben.
Auch Marya hatte 2013 für
„Happy Birthday“ zahlen müssen, als sie das Lied an ihrem
Geburtstag bei einem Konzert
für eine Live-Aufnahme sang.
Sie sei über die Rechnung von
455 Dollar empört gewesen,
sagte die Sängerin in mehreren
Interviews. Die Filmemacherin
Jennifer Nelson, die einen Dokumentarfilm über die Her-
kunft von „Happy Birthday to
You“ drehen wollte, sollte sogar
1500 Dollar für die Nutzerlizenz begleichen.
Nun wird Warner für Millionenbeträge zur Kasse gebeten.
Schon im vorigen September
hatte der zuständige Richter in
Los Angeles das Urheberrecht
des Musikriesen für das lukrati-
,,
Singt laut, singt
mit Stolz, und
singt zum
Nulltarif, denn
nun kann
keiner mehr
Lizenzgebühren
verlangen
Donahue Fitzgerald,
Anwaltskanzlei
ve Lied gekippt. Vergeblich argumentierte der Konzern, er
habe 1988 mit dem Kauf einer
anderen Firma die Lizenzrechte für das Lied erworben. Erst
im Jahr 2030 sollten diese ursprünglich auslaufen.
Nach einem monatelangen
Hin und Her einigten sich die
Streitparteien im Februar auf
einen Vergleich. Warner willigte ein, seine Rechte an dem
Song aufzugeben und die Betroffenen mit 14 Millionen Dollar (etwa 12,7 Millionen Euro)
zu entschädigen.
Die Erfinderinnen des weit
über hundert Jahre alten Liedes
konnten seine spätere Berühmtheit wohl kaum vorhersehen. Komponiert wurde es 1893
von Mildred Hill aus Kentucky
und ihrer Schwester Patty, einer Kindergärtnerin. Es war ein
Kinderlied und hieß ursprünglich „Good Morning to You“
(„Ich wünsche dir einen Guten
Morgen“). Mit seiner einfachen
Melodie sollte es im Unterricht
als Lernmittel genutzt werden.
Erst später wurde es auf „Happy Birthday“ umgeschrieben
und damit zum Welterfolg.
ie Engländer haben sich
wirklich ganz schlecht
benommen, sie haben
uns tief enttäuscht. Und das
nach allem, was wir für sie getan haben. Seit Jahren beschäftigen wir uns nur mit dem narzisstisch gestörten David Cameron, der die ganze Aufmerksamkeit des Erziehungspersonals für sich beansprucht hat
und nun natürlich erst recht im
Mittelpunkt steht. So mancher
fragt sich, ob ein paar gezielte
Ohrfeigen nicht Wunder gewirkt hätten, aber Gewalt sollte
in der Erziehung grundsätzlich
ausgeschlossen sein, es sei
denn, sie geschieht einvernehmlich. Man muss jetzt positiv denken, also keine Herabstufungen, Abwertungen, Beschimpfungen, Schuldzuweisungen oder Liebesentzug. Das
würde nur weitere Trotzreaktionen hervorrufen. Manche
fangen dann an, heimlich zu
rauchen, andere werden kriminell oder magersüchtig oder alles zusammen. Was sollte man
noch tun? Familienstellen,
Klangschalentherapie oder ein
paar gezielte kneippsche Güsse
sind immer hilfreich. Man
könnte den Briten auch das
Fußballspielen verbieten, aber
am wirkungsvollsten wird es
sein, sie ohne Nachtisch ins
Bett zu schicken.
LEUTE VON WELT
AFP/ ZOOM DOSSO
DIE WELT KOMPAKT
Let Girls Learn
Michelle Obama (52) hat sich
in Marokko für die Bildung von
Mädchen stark gemacht. Bei
der Veranstaltung „Let Girls
Learn“ wurde die First Lady
unter anderem von ihren Töchtern Sasha (15) und Malia (17)
begleitet. Geplant war ein Gespräch, bei dem es um Hindernisse beim Zugang von Mädchen zu einer vollständigen
Bildung geht. Im Königreich
Marokko gehen nur 36 Prozent
der Mädchen nach der Grundschule weiter zum Unterricht.
IMPRESSUM
Verleger Axel Springer (1985 †)
Herausgeber und Chefredakteur:
Stefan Aust
Stellvertreter des Chefredakteurs:
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94, gültig ab 1. Januar 2016. Alle Rechte vorbehalten. Die Rechte für die Nutzung von
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32 PANORAMA
DIE WELT KOMPAKT
MITTWOCH, 29. JUNI 2016
KOMPAKT
Die Frucht
der Stunde
DEUTSCHLAND
Gruseliger Fund im
Haus von Silvio S.
Polizeikontrollen
nach Schießerei
Nach den tödlichen Schüssen
im Leipziger Rockermilieu
zeigt die Polizei massive
Präsenz. An mehreren Orten
der Stadt kontrollierten zum
Teil schwer bewaffnete Polizisten den Verkehr. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit liege der Osten der
Stadt, in dem ein Mitglied
der Hells Angels auf Mitglieder der United Tribuns
schoss. Dabei wurde ein
Mann getötet und zwei weitere schwer verletzt.
ÄGYPTEN
Flugschreiber-Daten
wiederhergestellt
Avocados sind so begehrt, dass
die Anbieter kaum hinterherkommen. In Neuseeland, wo
sich rund 1600 Bauern auf die
Frucht spezialisiert haben, geht
sogar der große Avocado-Klau
um. Im Schaufenster eines Supermarkts sah man gar ein
Schild mit dem Hinweis: „Über
Nacht werden hier weder Bargeld noch Avocados aufbewahrt.“
Die
meisten
in
Deutschland verkauften Früchte stammen allerdings aus Peru,
den Niederlanden und Spanien.
DPA/ DANIEL KARMANN
Lebensecht aussehende Kinderpuppen, Prinzessinnenkleider, Fesselwerkzeug und
ein Teddy mit Kameraaugen:
Im Haus des mutmaßlichen
Kindermörders Silvio S. hat
die Polizei nach seiner Festnahme bizarre Entdeckungen
gemacht. Am Montag soll der
Prozess um den Tod der Jungen Elias (6) und Mohamed
(4) weitergehen. Ein Urteil
wird Ende Juli erwartet.
Eine ungewöhnliche Erziehung
Ein 16-Jähriger klaut seiner Schwester das iPad. Seine Strafe: Vier Wochen im Zelt leben
W
ie sollten Eltern
ihren 16-jährigen Sohn bestrafen, der seiner
Schwester das iPad weggenommen hatte? Jacob und Angela
Boggus aus Belen im amerikanischen New Mexico hatten eine
ausgefallene Idee: Sie verbannten ihren Sohn Adam in ein Zelt
im Garten.
VON MICHAEL REMKE
Experten haben eine erste
Flugschreiber-Speicherkarte
der ins Mittelmeer gestürzten EgyptAir-Maschine repariert und die Daten sichern
können. Nun versuchen die
Experten, auch die Speicherkarte des Stimmrekorders
wiederherzustellen, der alle
Gespräche im Cockpit aufzeichnet. Von der Auswertung der Flugschreiber erhoffen sich die Ermittler Hinweise auf die Absturzursache.
Wie die Eltern berichten, hat
Adam, seitdem er im Kindergarten ist, immer wieder Dinge unerlaubt an sich genommen. Die
Eltern hätten mit ihm darüber
gesprochen. Sie hätten ihn auch
unter Hausarrest gestellt. Doch
nichts habe geholfen.
„Wir wussten einfach nicht
mehr weiter“, sagt der Vater.
Die Zeltstrafe, die am 23. Mai
begonnen hatte, sei so etwas
wie der letzte Versuch gewesen,
den Sohn wieder auf den rechten Weg zu bringen. Mindestens einen Monat lang soll
Adam in dem dafür extra neu
gekauften Drei-Mann-Zelt in
der Verbannung im Garten bleiben – zumindest tagsüber. Die
Nächte darf er im Haus verbringen, ab 21 Uhr geht er in seinem
eigenen Bett schlafen. Auch Essen bekommt er im Haus. Nur
das Wasser muss er sich aus
dem Gartenschlauch holen.
Den kann er auch zum Abkühlen benützen. In Belen liegen
die Temperaturen jetzt im
Sommer oft bei über 35 Grad
Celsius.
„Ich würde natürlich lieber
im klimatisierten Haus meiner
Eltern leben“, sagt Adam in einem Interview mit dem
“People“-Magazin. „Doch ich
habe einen Fehler gemacht und
muss dafür büßen.“ Seinen Eltern mache er keinen Vorwurf.
Er wisse, dass sie ihn lieben und
ihm helfen wollten. „Ich muss
lernen, was falsch und was richtig ist.“
Die ungewöhnliche Erziehungsmethode der Familie Boggus hat mittlerweile auch die
sozialen Medien erreicht und
auf Facebook eine Debatte weit
über die Grenzen von New Mexico hinaus über Erziehung von
Kindern ausgelöst. „Das ist eine
schlimme Strafe“, beschwert
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München
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Norden
Adam Boggus,
Bestrafter Junge
Oslo
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Süden
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Dublin
Gerade zu Besuch
bei mir selbst.
* Ausgewählte Flüge, Buchung LH.com, Reisen:
16.10.2016 bis 31.03.2017, begrenztes Sitzplatzangebot.
Norden
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Kiel
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Ich muss
lernen, was
falsch und was
richtig ist
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Donnerstag
5
,,
Reykjavik
Teils freundlich, teils Schauer
Über den Norden und Osten sowie die Mittelgebirge
ziehen die meisten Wolken, zum Teil mit Schauern
und Gewittern. Im Süden scheint die Sonne etwas
häufiger, es kann aber ebenfalls Regengüsse mit
Blitz und Donner geben.
-9 bis -5
sich ein Nachbar über die Eltern. Einige besorgte Mitbürger
haben in den vergangenen Tagen immer wieder bei der Polizei angerufen und sich darüber
beschwert, dass ein Junge bei
dieser Hitze nicht in einem Zelt
eine Strafe absitzen sollte.
Dreimal sind die alarmierten
Beamten bisher bei Familie
Boggus vorbeigekommen, doch
einen Verstoß gegen Gesetze
sahen sie nicht.
Laut dem örtlichen Polizeichef bestehe keine Gefahr für
Leib und Leben des Jungen: „Es
geht ihm gut.“
Auf der Facebook-Seite der
TV-Station KRQE News, die
über den Fall als Erste berichtet
hatte, scheinen das die meisten
Zuschauer ähnlich zu sehen wie
der Lokalpolizist. „Wenn mehr
Eltern sich so um ihren Sohn
kümmern würden, hätten wir
weniger Verbrecher auf den
Straßen“, schreibt da eine.
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Hin & Zurück ab
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Lissabon
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