Deutsche Mittelstands Nachrichten

Ausgabe 24
24. Juni 2016
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Mittelstand
Der Einstieg in ein neues Energiezeitalter
Viele Jahre lang war die Diskussion um neue Energien theoretischer Natur
N
un hat die Klimakonferenz von Paris erstmals konkrete Schritte zum
Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen
beschlossen. Diese Entscheidung wird
sich weltweit auswirken – und insbesondere die Industrie in Europa betreffen.
Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß in der EU
im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent sinken. Gleichzeitig wird der weltweite Energiehunger nicht zurückgehen. Letztlich
müssen die fossilen Brennstoffe bald effizient durch neue Technologien ersetzt
werden. Die Forschung dazu ist bereits
in vollem Gange. Es braucht jedoch neue
radikale Ideen, um einen entscheidenden
Schritt weiter zu kommen.
Mehrere Branchen stellen die Forderungen vor große Umwälzungen. Die eigenen Konzepte müssen überprüft und
neue Ideen angenommen werden, um
auch zukünftig auf dem Markt bestehen
zu können. Für die Energiewirtschaft bedeutet das einen Rückbau der Kohlekraftwerke. Gerade in Deutschland gibt es hier
einen Nachholbedarf. 150 aktive Kohlekraftwerke gibt es derzeit in Deutschland.
Insgesamt sanken die Treibhausgasemis-
Foto: Nasa
sionen hierzulande zwischen 1990 und
2014 um 346 Millionen Tonnen CO2. Prognosen des Umweltbundesamtes zufolge
sind diese im vergangenen Jahr jedoch
wieder gestiegen.
Eine mögliche Renaissance könnte
die Atomkraft erleben. Doch im Hinblick
auf CO2-Emissionen sind Atomkraftwerke auch keine saubere Energie. Das
Öko-Institut Freiburg spricht beispielsweise für 2010 für alle deutschen Atomkraftwerke mit ihrer Stromerzeugung
von einem CO2-Ausstoß von insgesamt
3,7 Millionen Tonnen CO2equ. Weltweit
liegt der 30fache Wert vor. Von den 435
Atomkraftwerken finden sich in der EU
vierzehn. Frankreich ist in Sachen Atomenergie dabei absoluter Europameister:
Der Anteil der Kernenergie an der Stromversorgung des Landes liegt bei knapp 80
Prozent.
Neben der Energiewirtschaft sind
auch das verarbeitende Gewerbe sowie
der Verkehr und Transport große Verursacher von CO2-Emissionen. Und so läuft
die Suche nach alternativen Energien, einer besseren Speicherung der Erneuerbaren Energien und alternativen Antrieben
Analyse
Wirtschaftskrise: Weltweiter Protektionismus nimmt zu
S
eit dem Beginn der Wirtschafts- und
Finanzkrise sind weltweit 1.000 protektionistische Maßnahmen ergriffen
worden. Allein 200 davon in den vergangenen eineinhalb Jahren. Die meisten davon sind auf China zurückzuführen.
Die Strafzölle gegen Chinas Dumpinglöhne sind derzeit die in Europa am
meisten wahrgenommenen protektionistischen Maßnahmen. Tatsächlich, das
zeigen die Daten der EU, haben in den
vergangenen acht Jahren viele Länder
neue Maßnahmen ergriffen, um die Unternehmen und Märkte des eigenen Binnenmarktes zu schützen.
Vor allem bei Rohstoffen und Energiegütern sind Handelsbarrieren vorherrschend. Hier haben nun neben Algerien,
Indonesien, Ägypten und Indien auch
Länder wie Indonesien und die Ukraine
neue Barrieren eingeführt. Selbst vor der
Digitalisierung macht der Protektionismus nicht Halt, wie der EU-Bericht zeigt.
Seit 2008 sind mehr als 35 Maßnahmen
im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie
entstanden,
überwiegend in China, Indien, Russland
und Indonesien. Allein 15 davon wurden
im Referenzzeitraum ergriffen. Insgesamt hat China im Beobachtungszeitraum mehr Handelsbarrieren erhoben als
jedes andere Land.
Im aktuellen Bericht hat sich die EU
auf 31 Handelspartner der Union konzentriert. Insgesamt ist davon auszugehen,
dass die weltweiten protektionistischen
Maßnahmen daher weit über 1.000 liegen. Von mehr als 800 neuen Handelsbar-
rieren weltweit sprach der Kreditversicherer Euler Hermes bereits im vergangenen
Jahr mit Blick auf den Zeitraum zwischen
2014 und dem zweiten Quartal 2015.
Auch die jüngst von der DIHK durchgeführte Studie „Going International“
zeigte bei den Unternehmen einen Unmut über zunehmende Handelsbarrieren. Volker Treier von der DIHK zufolge
würden die Länder hier immer kreativer
werden. „Was früher Handelszölle waren,
sind heute zusätzliche, oftmals unnötige
lokale Regulierungen und Sicherheitsanforderungen“, so Treier. Jedes dritte Unternehmen klage darüber, Jahr für Jahr
neue Handelshemmnisse überbrücken
zu müssen. Besonders häufig käme das
bei Geschäften mit den Schwellenländern
vor.
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auf Hochtouren.
Letzteres erhielt spätestens seit Dieselgate wieder mehr Aufmerksamkeit.
Die Forschung im Bereich der Batterien
für Autos und LKWs wurde verstärkt, aber
auch andere Antriebe wie etwa durch
Wasserstoff sind noch nicht vom Tisch.
Mit den neuen Zielen und mit der
neuen Ernsthaftigkeit, mit der das Thema betrieben werden soll, steht vor allem
die deutsche Automobilindustrie vor ein-
schneidenden Veränderungen. Einzelne
Staaten haben bereits beschlossen, Benzin- und Dieselmotoren gänzlich zu verbieten. In dem Nationalen Transport Plan
der norwegischen Verkehrsbehörde ist
sogar zu lesen, dass ab 2025 keine Dieselbzw. Benzinautos mehr verkauft werden
dürfen.
In Deutschland soll eine Kaufprämie
den Umstieg beschleunigen. China ist in
Sachen E-Mobilität bereits Spitzenreiter.
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In den Niederlanden sowie in Österreich
werden ähnliche Pläne diskutiert. Schließlich wurde auf der Klimakonferenz von
Paris eine ZEV-Allianz (zero-emission-vehicle) ins Leben gerufen. Diese sieht vor,
ab 2050 nur noch Neuwagen zu verkaufen, die emissionsfrei fahren. Deutschland gehört der Allianz an und steht damit vor der Aufgabe, eine grundlegende
Transformation zu ermöglichen, ohne die
wichtigste Branche existentiell zu gefähr-
Finanzen
Was das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bedeutet
Das Urteil von Karlsruhe zum OMT-Programm ist ein Nebenkriegsschauplatz
D
ie Abweisung der Beschwerden gegen
das OMT-Programm der EZB durch
das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kommt zwar nicht wirklich überraschend, doch nun haben es die deutschen
Steuerzahler und Sparer Schwarz auf
Weiß: Die EZB kann Staatsanleihen kaufen,
um Staaten in Not zu finanzieren. Damit
ist die monetäre Staatsfinanzierung auch
in Deutschland amtlich erlaubt. Das Bundesverfassungsgericht hat verschiedene
Bedingungen an die Erlaubnis geknüpft.
• Sie lauten, dass die Intervention der
EZB grundsätzlich erlaubt ist, wenn:
• • Ankäufe nicht angekündigt werden,
• • das Volumen der Ankäufe im Voraus begrenzt ist,
• • zwischen der Emission eines
Schuldtitels und seinem Ankauf
durch das ESZB eine im Voraus festgelegte Mindestfrist liegt, die verhindert, dass die Emissionsbedingungen verfälscht werden,
• • nur Schuldtitel von Mitgliedstaaten erworben werden, die einen ihre
Finanzierung ermöglichenden Zugang zum Anleihemarkt haben,
• • die erworbenen Schuldtitel nur
ausnahmsweise bis zur Endfälligkeit gehalten werden und
• • die Ankäufe begrenzt oder eingestellt werden und erworbene
Schuldtitel wieder dem Markt zugeführt werden, wenn eine Fortsetzung der Intervention nicht erforderlich ist.
Zu diesem Zweck sollen Bürger und
Bundesbank die EZB kontrollieren dürfen. So heißt es:
3. Zur Sicherung seiner demokratischen Einflussmöglichkeiten im Prozess
der europäischen Integration hat der
Bürger grundsätzlich ein Recht darauf,
dass eine Übertragung von Hoheitsrechten nur in den vom Grundgesetz dafür
vorgesehenen Formen (…) erfolgt und
die (…) geschützte Verfassungsidentität
nicht verletzt wird.
4. Die Bundesbank darf sich an einer künftigen Durchführung des OMTProgramms nur beteiligen, wenn und
soweit die vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Maßgaben (…) erfüllt sind. Darüber hinaus
sind Bundesregierung und Bundestag
(…) verpflichtet, eine etwaige Durchführung des OMT-Programms dauerhaft zu
beobachten. Diese Beobachtungspflicht
ist nicht nur darauf gerichtet, ob die (…)
Maßgaben eingehalten werden, sondern
auch darauf, ob (…) ein konkretes Risiko
für den Bundeshaushalt erwächst.
Tatsächlich zeigt der Spruch aus
Karlsruhe allerdings, dass die Möglichkeiten der Überwachung begrenzt sind.
Die Richter schreiben:
1. Der Grundsatzbeschluss über das
OMT-Programm bewegt sich in der vom
Gerichtshof vorgenommenen Auslegung nicht „offensichtlich“ außerhalb
der der Europäischen Zentralbank zugewiesenen Kompetenzen (…). Der Senat
hat (…) weiterhin Bedenken, er sieht sich
Das Bundesverfassungsgericht folgte mit seinem Urteil im Wesentlichen der Entscheidung des EuGH.
Foto: Flickr/ Erol Pohlreich/CC by nd 2.0/ Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts
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aber an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gebunden, die
ihrerseits den Rahmen zulässiger Interpretation nicht überschreitet.
2. In der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung verstoßen der Grundsatzbeschluss über die technischen Rahmenbedingungen des OMT-Programms
und dessen mögliche Durchführung
auch nicht offensichtlich gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung.
All diese Details zeigen, dass es den
Verfassungsrichtern offenbar in erster
Linie darum ging, ihren eigenen Bedeutungsverlust in Grenzen zu halten.
Denn tatsächlich ist der neue Spruch
eine Rolle rückwärts, wenn man ihn mit
der unmissverständlichen Ablehnung
im seinerzeitigen Verweis an den EuGH
vergleicht.
Doch das Bundesverfassungsgericht
spürt am eigenen Leib, dass die europäische Integration zwangsläufig auch zum
Verlust an rechtlicher Selbstbestimmung führt. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle, kleidete diese bittere Wahrheit am
Dienstag in eine eher visionäre Sicht, indem er sagte: „Die Europäische Rechtsgemeinschaft ist aus diesem Verfahren
gestärkt hervorgegangen.“ Die EU-Kommission begrüßte das Urteil und teilte
mit: „Die Europäische Kommission respektiert die Unabhängigkeit der EZB
und steht voll und ganz hinter der EZB
bei der Ausübung ihres Mandats.“
Für die deutschen Sparer sind diese
Zwischenschritte zu einem einheitlichen Staat unter dem Dach der EU eher
unerheblich – es handelt sich um natürliche Konflikte zwischen Institutionen.
Der Konflikt zwischen dem EuGH und
Karlsruhe ist im Hinblick auf die OMT
ausgeräumt – mit einem Verlust an Terrain für das das deutsche Höchstgericht.
Doch die viel gravierendere Grundrechtsverletzung sieht den deutschen
Sparer ohne jedweden Rechtsschutz:
Das Bundesverfassungsgericht kann
nämlich, wie es der Verfassungsrechtler Christoph Degenhart erläutert, der
„EZB nicht verbieten, die Zinsen niedrig
zu halten“. Dafür ist es nicht zuständig.
Damit aber sei „eine mittelfristige, kalte
Enteignung der Sparer und Vermögen
in Europa eingeleitet worden“. Zwar besteht nach Artikel 14 des Grundgesetzes
die Verpflichtung der Regierung, das Eigentum der Bürger zu schützen. Doch
Degenhart sieht hier „eine massive Lücke im Rechtsschutz“. Kein Bürger kann
demnach bei der aktuellen Gemengelage von politischen Interessen und wirtschaftlichen Maßnahmen sein Recht auf
Eigentum rechtlich wirksam einklagen.
Der Zusammenhang mit dem OMTUrteil besteht darin, dass die gesamte
Politik der EZB zu genau diesen niedrigen Zinsen bzw. Strafzinsen geführt
hat. Das eine ist ohne das andere nicht
denkbar. Der Grund liegt in der Bereitschaft der EZB, den Euro zu retten. Mario
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Draghi hat dazu das Motto „whatever it
takes“ ausgegeben. In der EZB sitzen Investmentbanker, in Karlsruhe Juristen,
die noch dazu mit der Bundesregierung
eng verbunden sind. Für den Sparer ist
es im Gesamtzusammenhang der EuroRettung nicht möglich, die Übertragung
von Hoheitsrechten zu kontrollieren.
Die deutschen Sparer müssen sich
daher darüber im Klaren sein, dass das
Urteil von Karlsruhe im Prinzip einen
internen Streit im Wolkenkuckucksheim
behandelt hat, die Enteignung der Sparer
jedoch nicht im Geringsten tangiert. Degenhart: „Der Zug in diese Richtung ist
abgefahren.“ Schon seit der Einführung
des Euro sei es „zu ständigen Rechtsbrüchen und Vertragsverletzungen gekommen“. Degenhart erwartet „beträchtliche
Kollateralschäden“ in der Euro-Zone, die
von der schleichenden Enteignung der
Sparer verursacht werden.
Die Abweisung der Beschwerden
zum OMT-Programm hat auf diesen
Prozess keinen Einfluss. Der Bedeutungsverlust des Bundesverfassungsgerichts zeigt allerdings, dass die Sparer
und Steuerzahler in Europa schutzlos
sind, wenn es um die Interessen der
Staatsfinanzierung geht. Viele Kritiker
in Europa der Verquickung von Zentralbanken und Staaten hatten gehofft, dass
das deutsche Höchstgericht als Bollwerk
auch für ihre Sparer agieren werde. Von
diesem frommen Wunsch müssen sie
sich jetzt verabschieden.
Innovation
Google-Gründer investiert in fliegende Autos
Google-Mitbegründer Larry Page finanziert privat Start-ups, die fliegende Autos bauen
G
oogle-Mitbegründer Larry Page finanziert privat zwei Start-ups, die fliegende Autos bauen. Eines der Unternehmen
testet bereits einen funktionsfähigen Prototypen eines Autos mit Tragflächen, das
andere arbeitet an einer Personen-Transport-Drohne, berichtet Bloomberg.
Die technologischen Voraussetzungen für fliegende Autos haben sich in den
vergangenen Jahren in dreifacher Weise
enorm weiterentwickelt. Zum einen ist die
Technologie von Transportdrohnen bereits so ausgefeilt, dass sie längst über die
Testphase hinaus ist und der kommerzielle Einsatz etwa bei Amazon oder anderen
Logistik-Unternehmen bereits begonnen
hat. Auch die entsprechende Regulierung
wird durch den Vormarsch der privaten
und kommerziellen Drohnen bereits ausgebaut, sodass neue Regeln für die Nutzung des Luftraums entstehen.
Zum anderen wird durch die Entwicklung fahrerloser Autos die notwendige
Hardware und Software für die automatisierte Zuordnung und Vernetzung besser,
die für die Navigation am Himmel und
für einen geregelten Luftverkehr notwendig ist. Insbesondere Google ist in dieser
Hinsicht einer der Vorreiter, sowohl was
die Software als auch was den Kampf für
regulatorische Sicherheit angeht.
Drittens entwickelt sich die BatterieTechnik für Elektro-Antriebe rasant weiter, die derzeit noch das größte Problem
für fliegende Autos darstellt: Die Menge
an Energie, die benötigt wird, um einen
Menschen durch die Luft zu befördern,
erfordert große, schwere und teure Batterien. Jedoch wird durch den Boom bei
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E-Autos genau dieses Problem derzeit von
allen Seiten adressiert, Autobauer, Zulieferer und IT-Firmen arbeiten quasi im
Wettlauf an der Verbesserung von Batterie- und Ladetechnologien. Dadurch wirkt
auch die Herausforderung, Batterien für
fliegende Autos zu erfinden, längst nicht
mehr so futuristisch wie noch vor einigen
Jahren. Bloomberg zitiert den NASA-Forscher Moore sogar mit den Worten, selbstfliegende Flugzeuge seien viel einfacher
zu entwickeln als das, was die Autohersteller derzeit mit selbstfahrenden Autos
versuchen.
Entsprechend setzt auch der GoogleGründer Page auf ein Start-up, das bei
der Entwicklung weniger an ein Auto mit
Flügeln als vielmehr auf eine PersonenTransport-Drohne setzt. Propeller-Flieger
werden auch in den Niederlanden bereits
von dem Unternehmen Pal-V gebaut und
sind ein Ansatz, den Page seit vergangenem Jahr finanziell unterstützt, und der
von Experten als realistischer angesehen
wird als der des zweiten Start-ups Zee.
Aero, laut Bloomberg bereits seit 2010
mehr als 100 Millionen Dollar von Page
erhielt. ZeeAero hat jedoch bereits einen
Prototypen eines Senkrechtstarters mit
Tragflächen, ein Ansatz, den ebenfalls
zahlreiche Unternehmen bisher verfolgt
haben: Das slowakische Start-up AeroMobil plant den Verkauf fliegender Fahrzeuge in zwei bis drei Jahren. Die Entwickler
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In jedem Fall zeigt Page mit seinen
Investitionen, dass Roboter-Autos nicht
das Ende des Innovations-Ehrgeizes bei
Google sind – und aus der Perspektive des
Die neue Batterietechnik, die von der E-Mobilität der Autobranche vorangetrieben wird, ist für den Drohnenmarkt sehr interessant und kann letztlich auch für fliegende Autos zukünftig interessant sein.
Foto: Flickr/Patrick Makhoul/CC by nc nd 2.0/ The Tamiya 502x
wollen künftige Modelle mit Autopilot
ausstatten und einen fliegenden Taxidienst anbieten.
Google-Gründers scheint es tatsächlich
realistisch, das Flug-Autos schon bald die
Lüfte über den Straßen erobern könnten.
Innovation
Forscher nutzen Bakterien als Datenspeicher
Harvard-Forschern gelang es, Daten in lebende Zellen „hochzuladen“ und zu speichern
E
in Team von Genetikern der Harvard
University hat ein Medium gefunden,
das in Zukunft einen großen Einfluss auf
die Art und Weise haben könnte, wie wir
unsere Informationen speichern: Bakterien. Den Wissenschaftlern ist es gelungen,
die winzigen Zellen in lebende Festplatten
zu verwandeln, die alle Arten von Daten,
sei es Poesie oder Algebra, speichern können. Das Forschungsteam um Seth Shipman und Jeff Nivala hat erstmals rund 100
Byte an Daten in eine lebende Bakterienprobe „hochgeladen“.
Die Erkenntnisse kommen kurz nachdem die Datenspeicherindustrie jüngst
ein anderes biotechnologisches Medium
entdeckt hat: Eine Datenspeicherung auf
künstlicher DNA ist derzeit so erfolgsversprechend, dass Microsoft Millionen
künstlicher DNA-Stränge aufkaufte und
in die Technologie investierte. Allerdings
wird die DNA dazu künstlich im Labor hergestellt.
Genau hier sehen die Harvard-Forscher den entscheidenden Vorteil der Bakterien-Speicher: Anstatt DNA erst mühsam, teuer und zeitaufwendig künstlich
zu synthetisieren und dann in eine lebende Zelle zu setzen, wollten die Forscher die
eigenen Methoden der Natur anwenden
und direkt auf das Genom einer Bakterienzelle schreiben, sodass die Information
in jede nachfolgende Generation kopiert
und eingefügt wird.
Ein Unterfangen, das nicht einfach
war: „Innerhalb einer lebenden Zelle zu
arbeiten, ist nochmal eine ganz andere Geschichte und Herausforderung“, so Ship-
Die Bakterien speichern Daten in ihrem Genom
und erstellen beim Wachsen fortlaufende Backups.
Foto: Flickr/ Sanofi Pasteur/CC by nc nd 2.0/ Tetanus bacilli (clostrium tetani
man gegenüber dem Fachmagazin Popular Mechanics. Die Genetiker machten
sich dabei eine Immunreaktion namens
CRISPR zunutze, die bestimmte Bakterien,
haben um sich selbst gegen virale Infekti4
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onen zu schützen: Werden diese Bakterien
von Viren angegriffen, schneiden sie ein
Segment der DNA des angreifenden Virus
aus und fügen es in eine bestimmte Region ihres eigenen Genoms ein. So erinnert
sich das Bakterium an das Virus und gibt
dieses genetische Gedächtnis auch an die
Nachkommen weiter, um die Immunität
auf künftige Generationen zu übertragen.
Die Forscher verpackten ihre Daten
also einfach so, dass sie wie virale DNA
aussahen – und schon wurden die Informationen von den Bakterien geschluckt.
Den Forschern war es dadurch nicht nur
möglich, die Daten in die Bakterien hochzuladen, sondern die Bakterien selbst kopierten dann die Daten in neue Zellen,
während sie wuchsen und sich vermehrten. So erstellten die Bakterien ihr eigenes
fortlaufendes Backup-System.
Die 100 Byte aus dem Versuch sind
zwar noch keine bedeutende Informationsmenge, doch Shipman zufolge bieten
bestimmte Zellen und Mikroorganismen
Raum für mehr als 3000 Bytes an Daten.
Und mit moderner Biotechnologie sei es
leicht vorstellbar, spezielle Festplatten-Organismen mit extra erweiterten Regionen
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genetischen Codes zu kreieren, die schnell
große Mengen an Daten hochladen können.
Außerdem liegt die Stärke von Bakterien bekanntlich nicht in ihrer Größe, sondern in ihrer Vielzahl und ihrer schnellen
Vermehrung: So klein und unbedeutend
ein einzelnes Bakterium sein mag, so könnten sie in Schwärmen große Speicherkolonien bilden, die in kleinste Petri-Schalen
passen. Die Leistung der Forscher könnte
also für die Zukunft große Auswirkungen
haben, die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.
EU
Zinssätze für Staatsanleihen aus Südeuropa steigen wieder
Der Bond-Markt zeigt erste Anzeichen von Unruhe. Die Kluft zu den deutschen Bundesanleihen wird größer
I
n dieser Woche hat das Bundesverfassungsgericht die Anleihekäufe der EZB
für rechtskonform erklärt. Damit ist es dem
Urteil des EuGH gefolgt, der im vergangenen
Jahr dem Kaufprogramm der EZB nichts entgegenstellte.
Ein aktueller Blick auf die Zinssätze für
Staatsanleihen aus Südeuropa verdeutlicht,
wie wichtig und gleichzeitig wie begrenzt
wirksam das Kaufprogramm der EZB für
den Zusammenhalt der EU derzeit ist. Dank
der zahlreichen Staatsanleihen, die die EZB
in der Vergangenheit gekauft hat, dank dem
Kauf der Unternehmensanleihen und dank
der billigen Kredite von der EZB sowie der
Niedrigzinspolitik konnten Spanien, Italien
und Portugal in den vergangenen eineinhalb Jahren etwas verschnaufen.
Die Länder waren wieder in der Lage,
ihre Schulden am Anleihenmarkt zu refinanzieren. Gleichzeitig stützte die EZB mit
ihrer Politik den Großteil der heimischen
Banken. Doch in dieser Woche zeigt sich,
dass das eigentliche Problem, das Ungleichgewicht innerhalb der EU auch durch die
Politik der EZB nur verdeckt, nicht aber gelöst werden kann.
Denn angesichts des schwachen globalen Wachstums und vor allem auch der
Schwächen der Schwellenländer wird der
Druck auf die Peripheriestaaten der EU
wieder größer. Und gleichzeitig wachsen
die deutschen Exporte weiter. Das zeigt
sich vor allem in den Zinskosten, die für die
Staatsanleihen notwendig sind. Während
die Bundesanleihe vorübergehend in den dere Banken in Italien unter der jahrelangen
negativen Bereich rutschte, nahmen die Wirtschaftsmisere. Sie sitzen zusammen
Zinskosten für Italien, Spanien und Portugal auf faulen Krediten von rund 360 Milliarseit Anfang Juni wieder zu. Seit dem 10. Juni den Euro. Das ist ein Drittel aller ausfallgehat sich dieser Trend sogar noch einmal ver- fährdeten Darlehen in Europa.
Seit Juni kauft die EZB auch Unterstärkt.
Die Zinssätze für zehnjährige portugie- nehmensanleihen. Der Schwerpunkt liegt
sische Staatsanleihen liegen derzeit bei 3,31 derzeit auf Italien und Spanien. 60 Prozent
Prozent, für italienische mit derselben Lauf- der Italiener beispielsweise würden gern
zeit sind es 1,43 Prozent, für spanische 1,56 über einen Verbleib ihres Landes in der EU
Prozent. Für zehnjährige, deutsche Staatan- in einem Referendum abstimmen. Und
leihen müssen aktuell 0,02 Prozent Zinskos- fast jeder zweite Italiener würde sich dann
ten getragen werden. Für die Ausgabe von sogar für einen Austritt entscheiden. Der
zwei- und fünfjährigen Anleihen erhält der Unmut über die EU hatte sich in den PeriBund sogar Geld von den Gläubigern.
pheriestaaten zuletzt noch einmal erhöht,
In Frankreich ist die Situation nicht als Juncker öffentlich sagte, die EU-Behörde
viel besser. Hollande hat in seiner Amtszeit lasse bei Frankreich Nachsicht walten, „weil
kaum die französische Wirtschaft refor- es Frankreich ist“.
mieren können. Die
geplante
Arbeitsmarktreform
wird
seit mehr als einem
Monat von heftigen
Protesten und Streiks
begleitet. Die Schulden des Landes sind
weiterhin hoch.
Die italienische
Krisenbank Veneto
Banca beispielsweise kämpft mit einer
noch angespannteren Liquiditätssituation. Das mittelgroße
Die wachsenden deutschen Exporte bereiten Italiens Premier Renzi und EURatspräsident Tusk keine Freude mehr.
Foto: EU-Kommission
Institut leidet wie an5
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Wirtschaft
EU sieht große Hürden für Nord Stream 2
Sollte die Pipeline scheitern, wäre das vor allem ein schwerer Schlag für die Energie-Versorgung in Deutschland
E
U-Kommissionspräsident
JeanClaude Juncker hat die Vorbehalte
seiner Behörde gegen die geplante neue
Gaspipeline Nord Stream 2 erneuert.
Die Leitung durch die Ostsee würde die
Zusammensetzung des Gasmarktes in
Europa verändern, schrieb Juncker in
einem Brief an neun osteuropäische
Staaten. Die Auswirkungen der Pipeline gehen über rechtliche Aspekte
hinaus.
„Wenn sie gebaut werde, müsste
Nord Stream 2 in Gänze mit dem EURecht in Einklang sein, auch bezüglich
von Russland unter Umgehung der Ukraine und anderer Länder in Osteuropa
und unterhalb des Baltischen Meeres in
Richtung Deutschland gepumpt werden
soll. Juncker betonte in seinem Brief, das
Vorhaben dürfe nicht in einem rechtlich
luftleeren Raum oder nur nach russischem Recht verwirklicht werden.
Kein Betreiber dürfe in die Lage versetzt werden, eine dominante Position
zum Nachteil von Wettbewerbern und
Verbrauchern auszuüben, schrieb Juncker in seinem auf den 3. Juni datierten
Brief an die Regierungen der drei bal-
Putin wird über die Entscheidung der EU-Kommission nicht erfreut sein.
der Energie- und Umweltregelungen“, so
Juncker in dem Brief. Das gelte auch für
die Offshore-Teile innerhalb der Gesetzlichkeit der Mitgliedstaaten. „Der Bau einer solch wichtigen Infrastruktur könne
nicht durch eine Gesetzeslücke geschehen oder nur im Einklang mit dem russischen Gesetz.“
Die EU-Kommission sieht die Pläne
für die Leitung kritisch, durch die Gas
Foto: EU-Kommission
tischen Staaten, Polens, Tschechiens,
Ungarns, der Slowakei und Rumäniens.
Diese neun Länder hatten sich bei der
EU-Kommission über das Projekt beschwert, weil sie dann unter anderem
Durchleitungsgebühren verlieren würden.
Das EU-Recht verpflichtet PipelineBetreiber, Ausschreibungen für den Bau
durchzuführen und die Pipeline mit an-
deren Konkurrenten zu teilen. Auch vor
diesem Hintergrund hatte Russland den
Bau von South Stream verworfen. Mit
Nord Stream 2 sollte das EU-Gesetz außen vor gelassen werden. „Nord Stream
2 wird Gas an die Grenze des EU-BinnenEnergiemarktes bringen, wohingegen
South Stream Gas direkt in den Binnenmarkt der EU transportieren sollte“, sagte der Konsortiums-Sprecher von Nord
Stream 2, Jens Müller, im Mai dem EUObserver. „Verbindende Pipelines innerhalb des Binnenmarktes, die von Nord
Stream 2 durch Europa transportieren
würden, würden unter das EU–Energiegesetz fallen, aber derartige Projekte
sind nicht Teil von Nord Stream 2“, so
Müller.
Gazprom hatte erst vor wenigen
Tagen erklärt, dass die Pipeline das Erdgas für Europa deutlich billiger machen
würde, als wenn die Anlieferung wie bisher über die Ukraine erfolge.
Mit der Pipeline South Stream sollte
russisches Erdgas durch das Schwarze
Meer und unter Umgehung der Ukraine durch Südosteuropa bis nach Österreich geliefert werden. Gebaut wurde
an der 40 Milliarden Dollar teuren Leitung unter Führung von Gazprom. Die
EU-Kommission hatte jedoch wiederholt erklärt, sie halte es für unzulässig,
dass ein Erdgaslieferant zugleich den
Zugang zu den Pipelines kontrolliert.
Das EU-Mitglied Bulgarien hat deshalb seine Arbeiten an South Stream
auf Eis gelegt.
Putin warf der EU vor, sie gebe kein
grünes Licht für South Stream. „Wir sehen, dass Hindernisse errichtet werden“,
sagte Putin damals. Wenn Europa das
Projekt nicht ausführen wolle, dann werde es eben nicht ausgeführt. „Wir sind
überzeugt, dass das den europäischen
Wirtschaftsinteressen widerspricht und
Schaden verursacht.“
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV).
Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Nicolas Dvorak. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform
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