Hummer im Hotel Der Science-Fiction-Liebesfilm „The Lobster“ mit Colin Farrell Kino, S. 24/25 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 NRW 120 Hammer in Lyon Zwei Tore und eine Vorlage: Cristiano Ronaldo bewahrt Portugal vor einer historischen EM-Blamage EM-Seiten 10-13 1 EURO NACHRICHTEN POLITIK Bund hat auch junge Extremisten im Visier Die Namen jugendlicher Islamisten sollen künftig schon ab 14 Jahren und nicht erst ab 16 von den Sicherheitsbehörden gespeichert werden. Seite 6 POLITIK Russen lehnen Treffen mit der Nato ab Einladung ausgeschlagen: Präsident Wladimir Putin wirft dem westlichen Bündnis eine zunehmend aggressive Gangart vor und will aufrüsten. Seite 7 WIRTSCHAFT Mut und Demut: VW wirbt um Aktionäre Beißende Kritik an den Führungs- und Kontrollmechanismen bestimmt dennoch die Hauptversammlung des krisengeschüttelten Autobauers. Seite 19 IM INTERNET Tweets des Tages Portugal nervös, Ronaldo mit dem Fehler – Ricardo Krawallho tobt. #HUNPOR #EURO2016 MRMOMA87 Es ist eine große Ehre, deutscher EM-Rekordspieler zu sein. Vielen Dank für eure Glückwünsche und Nachrichten! BASTIAN SCHWEINSTEIGER Twittern, was uns bewegt twitter.com/weltkompakt E-Mail an die Redaktion [email protected] Abo & mehr www.welt-kompakt.de/abo News rund um die Uhr www.welt.de Digitale Angebote Tel. 0800 / 95 15 00 0 [email protected] Kundenservice: 0800 / 53 73 78 3 iApps 36 ILLUSTRATION: DIE WELT KOMPAKT/ TOM UECKER Treffpunkt für Fans facebook.com/weltkompakt Today is Remain Day! Seiten 2-5 © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 2 VOR DEM REFERENDUM DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 REUTERS/ GEOFF CADDICK Die sieben wichtigsten Antworten AP/ STEFAN ROUSSEAU Mit dem EU-Referendum fangen die Probleme erst an – für London und ganz Europa von Stefanie Bolzen und Eva Ladipo Auf Stimmenfang MARTIN U. K. LENGEMANN Am Tag vor dem Referendum mobilisierten beide Lager noch einmal alle Kräfte: EU-Gegner Boris Johnson warb am Fischmarkt in London um Stimmen, während Premier David Cameron erneut vor den Folgen eines EU-Austritts warnte. Der Ausgang der Abstimmung ist völlig offen: Laut Umfragen hat das „Remain“-Lager zwar einen hauchdünnen Vorsprung, allerdings sind zehn Prozent der Wähler noch unentschieden. Es war aber auch ein Tag der Trauer: Auf dem Londoner Trafalgar Square gedachten Tausende der ermordeten Labour-Abgeordneten Jo Cox. Warum findet das EU-Referendum überhaupt statt? Weil Premierminister David Cameron damit den seit Jahrzehnten währenden Streit in der eigenen Partei schlichten will. Schon um seinerzeit den Chefposten des Parteivorsitzenden zu bekommen, hatte er den EuroSkeptikern den Austritt der Tories aus der Fraktion der Europäischen Konservativen im EU-Parlament versprochen. Das setzte Cameron 2009 um. Doch „das Schwafeln über die EU“, wie Cameron selber zürnte, ging weiter. Dazu kam der Druck durch die Anti-EU-Partei Ukip, die immer mehr Anhänger bekam – auch dank ihres Chefs Nigel Farage, der als Anti-Establishment-Mann nicht nur in der Anhängerschaft der Tories wilderte. Im Januar 2013 sagte Cameron der Partei und auch der Nation zu, bis Ende 2017 ein Referendum über die Mitgliedschaft abzuhalten. Nach dem mit der EU ausgehandelten Reformdeal mit Ausnahmeregelungen machte er sich für einen Verbleib in der Union stark. Dass Cameron seine Landsleute mit Brüssels Zugeständnissen einfangen konnte, belegt allerdings keine einzige Umfrage. Und auch das erwartet knappe Ergebnis wird den Riss in der Tory-Partei nicht kitten – im Gegenteil. Wo verlaufen die Gräben zwischen den beiden Lagern? Generell lässt sich sagen: Je jünger und urbaner, desto europafreundlicher sind die Briten. Das „Leave“-Lager findet seine Anhänger vor allem unter über 65Jährigen. Tendenziell sind auch die Labour-Wähler eher europafreundlich, im Gegensatz zu den Tories. Doch macht sich seit einigen Jahren eine Wählerwanderung aus der klassischen Arbeiterklasse hin zur Ukip bemerkbar. Durch Immigration und Globalisierung fühlen sich viele Menschen, vor allem im Norden und in Mittelengland, von London alleingelassen. Einzig klar lässt sich schon jetzt das Pro-EU-Votum der Schotten voraussagen. Zwei Drittel wollen am 23. Juni für Brüssel stimmen, sagen die Umfragen. Auch wegen ihrer gespaltenen Beziehung zu den Engländern fühlen sich die Schotten dem Kontinent näher als dem eigenen Königreich (siehe unten). Was sind die großen Streitthemen und warum? „Take back control“: Vordergründig geht es den Befürwortern eines Austritts darum, die demokratische Kontrolle über das öffentliche Leben zurückzugewinnen. Brüssel sei undemokratisch, heißt es, ungewählte EU-Beamte träfen zu viele Entscheidungen. Dieses Thema wurde aber im Laufe der Debatte von zwei anderen verdrängt: der Zuzug von Ausländern und die wirtschaftli- Auf diese Regionen müssen Sie beim Referendum achten E ine Partei sollte geeint werden, stattdessen wurde ein ganzes Land geteilt – so lässt sich zusammenfassen, was das Referendum über die EU-Mitgliedschaft mit Großbritannien gemacht hat. Die Gräben zwischen dem ProEU-Lager und dem Brexit-Lager sind tief, und sie verlaufen sowohl demografisch als auch geografisch klar. VON EVA LADIPO AUS LONDON Grob gesprochen werden ärmere, ländliche Gegenden für den Austritt stimmen. Sie wer- den von vielen älteren Leuten mit geringem Bildungsstand bewohnt, die unzufrieden sind, Angst vor Einwanderern und Angst vor der Zukunft haben. Urbane Gegenden dagegen werden – je wohlhabender, jünger und gebildeter desto deutlicher – für den Verbleib stimmen. Das Referendum hat sich also zu einer Abstimmung über den Status quo entwickelt: Wer zuversichtlich ist und zufrieden mit seinen Lebensumständen, wird dafür stimmen, dass alles so bleibt, wie es ist – also für Europa. Wer dagegen kaum über die Runden kommt und sich Sorgen macht, wird für Veränderung, also für den Austritt aus Europa stimmen. East Anglia im Nordosten Englands etwa illustriert diese Faustregel auf beeindruckende Weise: Diese ländliche Gegend aus Dörfern, kleinen Orten und Städtchen wird überwiegend von der unteren Mittelklasse und Arbeiterklasse bewohnt. Bis vor ein paar Jahren gab es hier kaum Einwanderer. Seit der EUOsterweiterung jedoch strömen immer mehr billige Arbeitskräfte in die hiesige Landwirtschaft. East Anglia gilt als das euroskeptischste Gebiet im Vereinigten Königreich und beschert der europafeindlichen Partei Ukip regelmäßig Rekordergebnisse. Die extreme Ausnahme in diesem Ukip-Land ist die Universitätsstadt Cambridge. Hier wohnen im Gegensatz zum Umland vor allem junge, wohlhabende Wähler mit hohem Bildungsstand. Ebenso wie Oxford, Durham und andere Universitätsstädte wird Cambridge mit überwältigender Mehrheit gegen den Brexit und für den Verbleib in der EU stimmen. In London wohnen die meisten Europa-Befürworter des Königreichs. Doch auch in der multinationalen Metropole gilt: Das Sein bestimmt das Bewusst- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Wie europaskeptisch ist Großbritannien? Wahltendenzen nach Regionen Große Mehrheit für Brexit Mehrheit für Brexit Tendenz zu Brexit ausgewogen Tendenz zu Remain Mehrheit für Remain Große Mehrheit für Remain WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb Quelle: Yougov Wann wissen wir, wie es ausgegangen ist? Die Wahllokale öffnen am Donnerstag um neun Uhr deutscher Zeit und schließen um 23 Uhr. Danach heißt es erst einmal warten, Hochrechnungen oder Prognosen gibt es nicht. Denn dazu müsste es eine Vergleichbarkeit im Wahlverhalten geben. Das EU-Referendum aber ist eine einmalige Abstimmung. Deshalb kann es bis zum Morgengrauen dauern, bis alle 382 lokalen Wahlzentren ihre Urnen ausgezählt haben. Einen frühen Hinweis auf das Ergebnis könnte die Wahlbeteiligung geben. Je höher sie ist, umso kleiner die Chancen für den Brexit. Denn die EU-Gegner gehen sowieso wählen, es ist ihre große Gelegenheit. Auf den Stimmzetteln stehen zwei Optionen: Sind Sie für den Verbleib in der EU? Sind Sie für den Austritt aus der EU? Wahlberechtigt ist, wer einen britischen Pass besitzt und in den vergangenen 15 Jahren im Wahlregister verzeichnet war. Was passiert technisch nach einem Austritt? Nach dem Vertrag von Lissabon kann die Regierung eines Landes jederzeit Artikel 50 in Kraft setzen. Darin ist geregelt, dass jeder EU-Staat beschließen kann, aus der Union auszutreten. Das britische Referendum hat zwar keine juristische Bindung für die Regierung in London, aber Cameron wird das Votum trotzdem als Mandat annehmen müssen. Hätte das konkrete Auswirkungen auf den Alltag in Deutschland? In den zwei Jahren Übergangsfrist würde sich erst einmal nichts ändern. Auch danach haben beide Seiten grundsätzlich maßgebendes Interesse, dass vom Tourismus bis zum Export alles funktioniert. Es ist nicht auszuschließen, dass die deutsche Industrie Lobbyarbeit macht, um den Briten auf gewissen Märkten einen eher unattraktiven Deal zu geben. Im Gegenzug könnten dann auch die Briten ihre Märkte abschotten. Politisch ist die Frage schon trickreicher. Auch in Deutschland befürwortet mittlerweile ein Drittel der Bürger den Austritt aus der EU. Die CSU gibt sich immer europakritischer, was auch die CDU unter Druck setzt. Und die Alternative für Deutschland will sogar eine Auflösung der EU und die Neugründung einer „Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“, sollte Berlin nicht Kompetenzen aus Brüssel zurückbekommen. Es bleibt abzuwarten, ob die große Koalition einen Brexit als Startschuss für noch mehr Integration will, was vor allem die SPD befürwortet. Oder aber, wenn es nach der Kanzlerin geht, erst mal „business as usual“ macht. MARTIN U. K. LENGEMANN Welche politischen Folgen drohen bei einem Brexit? Es ist durchaus möglich, dass das Vereinigte Königreich auseinanderbricht. Viele Schotten werden es nicht hinnehmen wollen, dass sie gegen ihren Willen aus der EU austreten müssen. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat angekündigt, dass ein Brexit ein zweites Referendum nach sich zöge. Auf europäischer Ebene sind in vielen Staaten Nachahmer zu erwarten (siehe Seite 4/5). Schon Churchill kaufte seine Anzüge bei Henry Poole in der Londoner Savile Row. Der heutige Besitzer Simon Cundey ist besorgt über den möglichen Brexit MARTIN U. K. LENGEMANN chen Folgen des Brexit. Das „Leave“-Lager hat den Brexit zum einzig gangbaren Weg erklärt, um Einwanderung zu beschränken und die Sozialsysteme zu entlasten. Dabei übersieht es, dass die EU auch Nichtmitgliedsstaaten wie der Schweiz und Norwegen nur unter der Bedingung Zugang zum Binnenmarkt gewährt, dass sie das Prinzip der Freizügigkeit anerkennen. Nach dem Brexit müssten die Briten also weiterhin EU-Ausländer ins Land lassen. Das „Remain“-Lager hat seine Kampagne auf den absehbar hohen Preis des Austritts konzentriert. Mit einem ganzen Waffenarsenal an Untersuchungen und Prognosen warnt die Regierung von David Cameron davor, wie viel Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, Direktinvestitionen, Steuereinnahmen und Sozialleistungen der Brexit kosten würde. Die Gegenseite hält das für Panikmache und bezeichnet die Taktik der Regierung als „Project Fear“. VOR DEM REFERENDUM 3 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 MARTIN U. K. LENGEMANN DIE WELT KOMPAKT „Egal was passiert, wir bleiben Freunde!“ Unser Autor reist durch Britannien und schreibt Tagebuch. Heute: Warum Schneider die Beichtväter der Mächtigen sind A ls „Britains Finest Hour“ begann, der einjährige alleinige Widerstand der Briten gegen Hitler-Deutschland, da trug Premier Winston Churchill einen Anzug von der Schneiderei Henry Poole, da ist sich Simon Cundey, heutiger Inhaber in siebter Generation, sicher. „Und auch noch 1946, bei Churchills berühmter Züricher Europarede, dürfte er Anzüge von Henry Poole getragen haben. Ja, ganz sicher, hat er!“ VON MARTIN U.K. LENGEMANN sein. Das Villenviertel Hampstead im reichen Norden der Stadt ist eine der fünf proeuropäischsten Gegenden Großbritanniens. Romford dagegen, eine arme Vorstadt, gilt als die europafeindlichste Gemeinde des Königreichs. Der Grundsatz, dass Wohlstand und Bildung europafreundlich machen, gilt jedoch nicht überall. Schottland und Nordirland etwa sind traditionell europafreundlich, was nicht etwa mit dem Einkommen der Schotten und Nordiren zu erklären ist, sondern mit ihrer Skepsis gegenüber England. In ihren Augen ist Brüssel ein gesundes Gegengewicht zu London. Fremdbestimmt fühlen sie sich ohnehin. Auch der sogenannte Speckgürtel von London, das grüne, wohlhabende Umland, gilt als Ausnahme von der Regel, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Hier neigt die überwiegend konservative, weiße, Cricket spielende Bevölkerung zur Nostalgie und wünscht sich das alte England zurück, das ein weltumspannendes Empire und wenig Einwanderer besaß und Europa nicht brauchte. Diese behaglichen Gegenden werden zusammen mit dem Prekariat für den Austritt stimmen. „Winston Churchill wollte nach zwei Weltkriegen mit seiner Europaidee einen Tisch schaffen, an dem die Völker, ob groß oder klein, ihre Differenzen besprechen können. Wir stimmen nun gerade in einem Referendum darüber ab, ob wir diesen Tisch wieder verlassen wollen“, sagt Simon Cundey. Wenn er so etwas sagt, hat das mehr Gewicht als bei anderen Schneidern. Kaum jemand in Europa erfährt so viel über Politik wie er – kommen die Politiker doch alle zu ihm. Henry Poole ist bis heute eine der ersten Adressen weltweit in der Herrenschneiderei. Könige, Staatenlenker, Wirtschaftsbosse, Popstars und alle, die wirklich viel Geld haben oder sich einmal im Leben etwas gönnen wollen, kommen in die Savile Rowe No. 15. Ein Schneider ist wie ein Beichtvater, sagt man, und der weiß beinahe alles. Last Exit Brexit? Rein oder raus? Wie werden sich die Briten am 23. Juni 2016 entscheiden? Reporter Martin U. K. Lengemann will es wissen – eine Woche vor dem Referendum fährt er mit dem Mini von Berlin über Amsterdam nach Newcastle. Auf der Fähre trifft er die ersten Briten, auf ihrer Reise von Europa in das Land der Abstimmungswilligen. Seine Reise wird ihn nach Schottland, Wales und zurück nach England führen und am 24. Juni, wenn er wieder zurückkehren wird auf das Festland, werden wir alle wissen, ob die letzte Ausfahrt zum Brexit führte. Lesen und schauen Sie hier sein Bildertagebuch oder auf welt.de/brexittour © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Bei Simon Cundeys Mitarbeitern wird noch Handwerk als Kunst betrieben – Qualität ist eine Frage der Ehre. Die Mitarbeiter sind Könige der Maßarbeit und begegnen ihren Kunden auf Augenhöhe. Neulich schrieb der US-Außenminister: „Leute, habe gerade im Flugzeug in einer deutschen Zeitung ein tolles Bild von euch gesehen. Macht weiter so! Ihr seid die Besten!“ Simon Cundey ist sichtlich unwohl beim Gedanken an das Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der EU. „Es gibt Tausende wirtschaftliche Argumente für den Verbleib in Europa, aber am meisten beunruhigt mich, dass, wenn wir einmal vom Tisch aufgestanden sind, wir nicht so ohne Weiteres zurückkönnen.“ Aus dem Hintergrund taucht plötzlich Direktor Philip Parker, der Chefzuschneider, auf. „Don’t worry boys – regt euch nicht auf, Jungs!“ Ich bekomme einen ordentlichen Klaps auf den Rücken. „Egal, wie es ausgeht, wir bleiben Freunde! Und wenn wir raus sind, dann könnt ihr Deutschen nachkommen. Wir machen dann zusammen was Neues, wir regieren dann gemeinsam die Welt.“ Ich zucke kurz, dann lachen alle, und ich denke, es wird schon alles gut werden. Diese Männer kennen sich doch aus. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 4 VOR DEM REFERENDUM DIE WELT KOMPAKT Wird der Brexit zur Epidemie? Umfrage zur Exit-Stimmung EU-Skepsis-Wert auf einer Skala von 1 bis 10, je skeptischer, desto dunkler. In vielen Ländern wird mit dem Austritt geliebäugelt. Die Wahrscheinlichkeiten sind jedoch unterschiedlich G roßbritannien könnte als erstes Land in der Geschichte der Europäischen Union für einen Austritt stimmen – und das könnte nur der Anfang sein. In mehreren europäischen Ländern gibt es starke Strömungen, die ebenfalls für einen Austritt plädieren. Unsere Korrespondenten berichten über die Lage in den sieben Ländern, in denen die Europa-Skepsis am stärksten ist. Der EU-Skepsis-Faktor ist keine exakt berechenbare Zahl, sondern ein Richtwert auf einer Skala von 1 bis 10, der durch unsere Korrespondenten vor Ort erstellt wurde. FRANKREICH „Frexit“-Faktor: 8 Umfragen zeigen, dass 61 Prozent der Franzosen eine schlechte Meinung von Europa haben. Niemand verkörpert diesen gallischen Euroskeptizismus besser als Marine Le Pen, Chefin des rechtspopulistischen Front National. „Madame Frexit“ hat den Austritt Frankreichs aus der EU zu ihrem zentralen Programmpunkt gemacht, weil es die Franzosen angeblich nach „Freiheit und Nation“ dürste. Auf der linkspopulistischen Seite ist es Jean-Luc Melénchon vom Front de Gauche, der gegen die Austeritätspolitik der EU wettert und auf den Euro zur Not verzichten will. Es ist unwahrscheinlich, dass einer von beiden bei den nächsten Präsidentenwahlen 2017 siegen wird. Aber es wäre falsch, den Unmut nicht ernst zu nehmen. Immer mehr Franzosen fühlen sich politisch und wirtschaftlich abgehängt, und eine deutliche Mehrheit, 53 Prozent, wünscht sich deshalb ein Referendum über den Verbleib in der EU. 33 Prozent würden derzeit für den „Frexit“ stimmen. MARTINA MEISTER POLEN „Polexit“-Faktor: 6 Aus Polen kommen widersprüchliche Signale. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) liegt seit ihrer Machtübernahme im heftigen Clinch mit Brüssel. Die EU überprüft seit Januar, ob Polen ein Rechtsstaat ist. Die Regierung hatte zuvor unter anderem die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht und den Einfluss auf öffentlich-rechtliche Sender erhöht. Die PiS-Regierung sieht das Brüsseler Verfahren als Einmischung in die inneren Angelegenheiten. Widersprüchlich sind die Aussagen über einen „Polexit“. Einerseits klare Bekenntnisse zur EU. PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski sagte jüngst: „In Europa zu sein bedeutet, in der EU zu sein.“ Die Abgeordnete Krystyna Pawlowicz betet nach eigener Auskunft für das Auseinanderbrechen der EU. Die europäische Flagge bezeichnete sie als „Lappen“. Zwar sind viele Polen EU-skeptisch, einen Austritt lehnen sie aber ab: Laut einer Studie würden 84,5 Prozent für den Verbleib in der EU stimmen, käme es zu einem ReferenJÖRG WINTERBAUER dum. TSCHECHIEN „Czexit“-Faktor: 9 57 Prozent der Tschechen sehen laut einer Studie in der EU-Mit- DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Däne nicht skeptisch Niederlande gliedschaft ihres Landes ein Risiko, nur 37 Prozent begreifen sie als Chance. Besonders drastisch fällt die Studie bei der Frage aus, wer die Regeln für die Aufnahme von Flüchtlingen aufstellen sollte: Brüssel oder die Nationalstaaten? Nur 22 Prozent der Tschechen wollen das der EU überlassen. In Italien sind es 75, in Deutschland 68 Prozent. Noch regiert in Prag ein überwiegend proeuropäisches Kabinett. Doch es gab im Parlament bereits einen nur knapp gescheiterten Anlauf, nach einem Brexit ein Referendum über einen „Czexit“ zu debattieren. Ex-Präsident Václav Klaus, ein offener Unterstützer der AfD, Freund von Marine Le Pen und Wladimir Putin, versucht seit Monaten, die Parteien in Tschechien für ein Austrittsreferendum zu begeistern. HANS-JÖRG SCHMIDT UNGARN „Hunxit“-Faktor: 7 Ungarn ist unter Ministerpräsident Viktor Orbán einer der lautesten Kritiker der EU. Er fordert ein Europa „der Nationen“, keinen transnationalen Superstaat. Laut Umfragen des Pew-Forschungszentrums lehnen 77 Prozent der Ungarn „Einmischung von außen“ ab. Andererseits: Die Zustimmung für die EU ist hoch, laut derselben Studie befürworten 61 Prozent der Ungarn die Union. Und sogar die rechtsextreme Jobbik-Partei hat die Rufe nach dem sogenannten Hunxit eingestellt. Hinzu kommt die Abhängigkeit von EU-Geldern: Die ungarische Wirtschaft schrumpfte im ersten Quartal 2016 – laut Frankreich sehr skeptisch Regierung deswegen, weil die EU erhebliche Mittel zurückhielt. Und schließlich: EU-Zugehörigkeit ist Staatsräson in Ungarn, man weiß aus historischer Erfahrung, dass man zum „Westen“ geBORIS KALNOKY hören muss. DÄNEMARK Jüngsten Umfragen zufolge befürwortet zwar eine Mehrheit der Dänen den Verbleib in der EU. Allerdings will rund ein Drittel der Befragten bei einem Austritt Großbritanniens zu einem späteren Zeitpunkt über das Verhältnis ihres Landes zu Brüssel in einem Referendum abstimmen. HELMUT STEUER „Däxit“-Faktor: 6 In dem Land herrscht eine breite Skepsis gegenüber der Europäischen Union. Bereits zweimal stürzte das Königreich die EU in eine schwere Krise: 1992 stimmte eine Mehrheit der Dänen in einem Referendum gegen die Maastrichter Verträge, die dann noch einmal neu verhandelt werden mussten. Und 2000 sagte eine knappe Mehrheit „Nein zum Euro“. Es ist vor allem die rechtspopulistische Dänische Volkspartei, die mit ihrer ausgeprägten EU-Kritik auf Stimmenfang geht. ÖSTERREICH „Öxit“-Faktor: 5 Die rechtsnationale Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) feiert in Meinungsumfragen und Wahlergebnissen einen Erfolg nach dem anderen. Ein Brexit könnte der extrem EU-kritischen Partei weiteren Auftrieb geben. Gerade erst zelebrierte die FPÖ in Wien ein Schmusefest mit dem französischen Front National (FN) und anderen nationalistischen Parteien. Der Auftritt von FPÖ-Chef W er abschätzen möchte, ob die Briten für einen Ausstieg aus der Europäischen Union stimmen, sollte einen Blick auf die Wettquoten werfen. Nachdem die Meinungsforscher bei ihren Vorhersagen zuletzt deutlich danebenlagen, sind die Buchmacher inzwischen eine ernst zu nehmende Bezugsgröße geworden, wenn es um den Ausgang des EUReferendums am 23. Juni geht. Und es sind nicht mehr nur die einfachen Menschen, die sich von den Wettquoten leiten lassen, sondern auch große Finanzunternehmen. Die Meinungsforscher sahen weder das Scheitern des Referendums zur schottischen Unabhängigkeit im Jahr 2014 voraus, noch gelang es ihnen, den Ausgang der Parlamentswahl im vergangenen Jahr korrekt vorherzusagen. Wäre es nach den Umfragen gegangen, hätte es bei der Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen gegeben. Doch am Ende gewannen die Konservativen deutlich. Ein Problem der Umfragen sind die vielen unentschlossenen Wähler. „Bei den Buchmachern gibt es keine Version von ,Ich weiß nicht‘“, sagt Bill O’Neill von der Vermögensverwaltung der REUTERS/ TOBY MELVILLE Britisches EU-Referendum: Buchmacher gegen Meinungsforscher Die Wette gilt: eine Tafel bei einem Londoner Buchmacher Großbank UBS. „Es ist eine klare Entweder-oder-Entscheidung.“ Heute bieten große Buchmacher in Großbritannien wie Ladbrokes, Paddy Power oder William Hill Wetten auf nahezu alles an: angefangen von lokalen Wahlen über den Ausgang der USPräsidentenwahl bis hin zu den klassischen Sportevents wie der laufenden Fußball-EM. Ähnlich verhält sich das sogenannte Spread Betting, das Investmentfirmen wie die IG-Gruppe nicht nur auf Finanztitel anbieten, sondern auch auf politische Ereignisse. Buchmacher und Investoren sind sich einig: Wenn man dem Geld- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung fluss in solchen Wetten folgt, dann besteht derzeit eine Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent, dass die Briten für einen Verbleib in der EU stimmen. Eine Zusammenfassung der jüngsten Meinungsumfragen kam dagegen kürzlich zu einem hauchdünnen Vorsprung für einen Brexit. Die Investoren argumentieren, dass die Wettmärkte ein wesentlich genauerer Anzeiger von Ergebnissen seien, weil die Quoten darauf basierten, wo die Menschen ihr Geld anlegten – und nicht einfach nur darauf, wie sie die Fragen eines Meinungsforschers beantworten. Hinzu WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb DIE WELT KOMPAKT VOR DEM REFERENDUM 5 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 D ie Barbarei des Zweiten Weltkriegs war gerade einmal seit einem Jahr beendet, als Winston Churchill seine viel beachtete Europarede hielt. Der frühere britische Premierminister hatte zuvor in drei Urlaubswochen am Genfer See geschrieben und Landschaften gemalt. Nun war er nach Zürich gereist, um an der Universität ein feuriges Plädoyer für ein geeintes Europa zu halten, das heute in britischen Ohren verstörend klingen muss. emark Polen Tschechien VON ANDRE TAUBER AUS BRÜSSEL Österreich Ungarn Quelle: DW Heinz-Christian Strache wirft dabei die Frage auf, ob die FPÖ mit FN-Chefin Marine Le Pen auf einer Linie ist. Schließlich verlangt die Französin ein Exit-Referendum. Strache selbst jedoch sagt, er wolle „Europa von innen reformieren, um es zu retten“, nicht es verlassen. Er weiß natürlich, wie sehr Österreichs Wirtschaft mit der deutschen verflochten ist – so sehr, dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán Österreich zuweilen als „deutsche Provinz“ bezeichnet. Insofern scheint ein EUAustritt nicht praktikabel. Womöglich wird bei der FPÖ heißer gekocht als gegessen. BORIS KALNOKY NIEDERLANDE „Nexit“-Faktor: 6 Das Wort kursierte schon vor zwei Monaten: Jetzt auf zum „Nexit“, jubelten niederländische EUKritiker. Am 6. April hatten sie kommt, dass Wetten in Großbritannien extrem populär ist. Insofern repräsentieren die Quoten die Einschätzung einer hohen Zahl von Einzelpersonen. „Wenn die Umfragen eine Sache sagen und die Wettmärkte eine andere, dann solltest du den Wettmärkten vertrauen“, sagt Leighton Vaughan Williams, Direktor der Abteilung für politische Vorhersagen und Wettforschung an der Nottingham Business School. In einer Studie, die im „Journal of Forecasting“ veröffentlicht wurde, hat er Daten zu den US-Wahlen bis zurück ins Jahr 2004 untersucht. Ergebnis: Die Buchmacher übertrafen mit einem Referendum erzwungen, dass ihre Regierung erneut über das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine verhandeln muss. Noch sprach sich eine Mehrheit der Niederländer für den Verbleib in der Union aus. Laut der neuesten Umfrage des Nachrichtenmagazins „EenVandaag“ aber hat sich die Stimmung gedreht. 48 Prozent der Befragten würden für einen „Nexit“ stimmen, nur 45 Prozent wollen in der EU bleiben. Eine knappe Mehrheit ist für ein Referendum und schließt sich damit der Forderung von Hollands oberstem EU-Skeptiker Geert Wilders an, dessen rechtspopulistische Partei PVV seit Monaten in den Umfragen ganz vorne liegt. Für die Regierung ist schon allein die Debatte unangenehm, immerhin haben die Niederlande gerade die EU-Ratspräsidentschaft inne. Churchill forderte, die europäische Völkerfamilie neu zu gründen und eine „Art Vereinigte Staaten von Europa“ zu errichten, um den „verwirrten Völkern dieses unruhigen und mächtigen Kontinents ein erweitertes Heimatgefühl und ein gemeinsames Bürgerrecht“ zu geben. An eine britische Mitgliedschaft in diesem Klub dachte er zwar nicht. Doch er forderte trotzdem lautstark: „Let Europe arise!“ An diesem Donnerstag stimmen die Briten über den Austritt aus dieser EU ab. Es wird ein knappes Ergebnis erwartet, das erst am frühen Freitagmorgen feststeht. Ganz gleich, wie das Referendum ausgeht: Europa wird am dern. „Großbritannien tut uns auch ideologisch gut“, sagte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz. „Die Briten haben in der vergangenen Zeit immer wieder den Finger auch auf die Wunde gelegt, aufgezeigt, wo es Fehlentwicklungen gibt.“ Die deutsche Wirtschaft bangt um die weitere EU-Mitgliedschaft der Briten. „Deutschland wäre der größte Verlierer, weil Großbritannien ein sehr großer Markt für unsere Exportprodukte ist“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Bei einem Brexit würde auch für Deutschland und die EuroZone eine Rezessionsgefahr bestehen“, warnte Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Auch außenpolitisch würde Europa geschwächt werden. Der Kontinent verlöre seine neben Frankreich stärkste Militärmacht samt Atomwaffenarsenal, seine zweitgrößte Volkswirtschaft, das Land mit der drittgrößten Bevölkerung, mit London eine bedeutende Finanzhauptstadt und einen von zwei permanenten Plätzen im UN-Sicherheitsrat. In Brüssel hofft man auf ein klares Ergebnis. Ein nur knappes Votum für den Verbleib in der EU würde kaum ausreichen, um die Debatte über den Brexit zu beenden, sagt ein EU-Diplomat. Es würde zudem den EU- Briten haben Europas Schicksal in der Hand Egal, wie das Referendum ausgeht: Die EU wird sich in einem Krisenzustand befinden so oft in den vergangenen Jahren werden Europas Politiker auf der Suche nach Führung die Augen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) richten. Die Kanzlerin hat sich wie viele europäische Spitzenpolitiker nur zurückhaltend zum drohenden Brexit geäußert. Sie wollte den Eindruck vermeiden, die britischen Wähler zu bevormunden. Am Freitag wird diese Zurückhaltung enden. In Deutschland ist die Furcht vor dem Brexit enorm. Ohne die Briten würde das Land noch Premier David Cameron wirft dem Brexit-Lager vor, Politik im Sinne Putins und der Terrormiliz IS zu betreiben US-Präsident Barack Obama warnt die Briten vor einem Austritt aus der EU 17. Mai Die LabourAbgeordnete und BrexitGegnerin Jo Cox wird ermordet 22. April 55% Verbleib 16. Juni 51% 50% 2. Juni Austritt 49% 9. März 45% 21. Februar Boris Johnson, zu diesem Zeitpunkt noch Bürgermeister von London, entscheidet sich, für den Brexit zu kämpfen Die „Sun“ behauptet, die Queen unterstütze den Brexit. Das Blatt wird von der Presseaufsicht wegen falscher Berichterstattung gerügt Justizminister Michael Gove wirft Banken und Ökonomen vor, Stimmung gegen den Brexit zu machen SARAH MARIA BRECH die Meinungsforscher jedes Mal. „Niemand kann die Zukunft vorwegnehmen“, sagt Vaughan Williams. „Aber die beste Abschätzung, was in Zukunft passieren wird, erhält man von den Wettmärkten.“ Für die Meinungsforscher wäre die Vorhersage der Ergebnisse des EU-Referendums auch ohne die jüngsten Fehlschläge schwierig gewesen. Denn in Großbritannien gab es bislang nur wenige Volksabstimmungen. Aber gerade der Blick auf die Vergangenheit ist ein wichtiger Faktor, wenn die Forscher künftige Ereignisse voraussagen wollen. Freitag in einem Krisenzustand hinterlassen werden. Sollten die Briten sich für den Austritt entscheiden, dann stehen schwierige und langwierige Verhandlungen an. Die EU wird London mit Härte begegnen. Deserteure empfange man nicht mit offenen Armen, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Doch auch ein Votum für den britischen Verbleib wird man in Brüssel und in den anderen Hauptstädten der EU-Staaten nicht als Signal verstehen, so weiterzumachen wie bislang. Überzeugte Europäer fordern, den Populisten ein Projekt entgegenzusetzen, um die Menschen erneut von Europa zu begeistern. Doch es fehlt die gemeinsame Vision, welches Projekt das denn sein könnte. Wie stärker als Hegemon in Europa wahrgenommen werden. Die politische Führungsachse mit Frankreich, hinter der sich Berlin oft verstecken konnte, funktioniert schon lange nicht mehr. Es liegt an der politischen Schwäche des sozialistischen Staatspräsidenten François Hollande. Aber auch daran, dass es dem Land wirtschaftlich an Stärke fehlt. In Berlin fürchtet man Abwehrreaktionen der EU-Partner. Gleichwohl werden die Briten wirtschaftspolitisch als enge Alliierte geschätzt. Sie stehen für einen freien Handel und eine offene Wirtschaft. Sie sind für viele ein wichtiges Gegengewicht zum wachsenden Kreis sozialistisch regierter EU-Staaten, die Wirtschaftsbarrieren und Finanztransfers einfor- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Gegnern andernorts in Europa Auftrieb geben. „Ich kann nicht ausschließen, dass der britische Austritt Lust auf mehr machen würde in anderen Ländern“, warnte EU-Kommissionspräsident Juncker schon im Mai. Populisten aus dem rechten und linken Lager stehen bereit, um den Rückenwind aus London zu nutzen. In Frankreich schwingt sich der rechtsnationale Front National zu ungekannter Stärke auf, der das Ende des Euro fordert. In Ungarn plant Ministerpräsident Viktor Orbán ein Referendum über die Einführung von Flüchtlingsquoten. In den Niederlanden stimmten die Wähler bereits gegen ein Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, das gemeinhin als Anti-EU-Votum gewertet worden war. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 6 POLITIK VERFASSUNGSSCHUTZ Scharfe Kritik an Präsident Maaßen Angesichts jahrelang nicht ausgewerteter Mobiltelefone von V-Mann „Corelli“ im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess gibt es Kritik an Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen. „Ich erwarte von Herrn Maaßen, dass er sich jetzt Gedanken macht, ob er der richtige Mann an der richtigen Stelle ist“, sagte der SPD-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss, Uli Grötsch, gestern in Berlin. DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 W elche Gefahr von jugendlichen Islamisten ausgehen kann, zeigte sich in diesem Jahr bereits zwei Mal. Im Februar lief Safia S. an dem Polizisten zunächst noch vorbei. Ein paar Minuten später aber stach die 15Jährige zu. Der Beamte überlebte den Messerangriff des Mädchens am Hauptbahnhof Hannover schwer verletzt. Im April zündeten schließlich 16-Jährige mit islamistischem Hintergrund in Essen vor einem Sikh-Tempel einen zum Sprengkörper umfunktionierten Feuerlöscher. Die Bombe zerfetzte alles in ihrer Umgebung und verletzte drei Gäste einer Hochzeitszeremonie schwer. VON MANUEL BEWARDER PA/ DPA/ ROLAND WEIHRAUCH KOMPAKT DIE WELT KOMPAKT Die Attentäter, die in einem Sikh-Tempel in Essen eine Bombe zündeten, waren erst 16 Jahre alt BUNDESKANZLERIN Merkel mahnt Militärausgaben an Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Kritik an ihrer Forderung nach deutlich höheren Verteidigungsausgaben Deutschlands zurückgewiesen. Das sei eigentlich selbstverständlich, weil die Bundesregierung „als Ganzes“ sich zu dem Nato-Ziel bekannt habe, dass Mitgliedstaaten zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben sollen, sagte Merkel gestern nach einem Treffen mit der polnischen Regierungschefin Beata Szydlo in Berlin. DÄNEMARK Gericht spricht IS-Mann schuldig Ein dänisches Gericht hat einen 24-jährigen Pizzabäcker schuldig befunden, in Syrien der Terrormiliz Islamischer Staat beigetreten zu sein. Es war das erste Mal, dass solch ein Fall in Dänemark vor Gericht entschieden wurde, hieß es nach der Urteilsverkündung am Mittwoch. Das Strafmaß soll voraussichtlich am Freitag bekannt gegeben werden. Die große Koalition hat vor allem mit Blick auf die Anschläge von Paris und Brüssel beschlossen, die Anti-Terror-Gesetze zu verschärfen. Unter anderem soll dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erlaubt werden, mit ausländischen Nachrichtendiensten gemeinsame Dateien über extremistische Gefährder zu erstellen. Bereits heute soll der Bundestag abschließend über die Maßnahmen beraten – im Eiltempo also, worüber sich die Opposition wiederum empört. Mit Blick auf die Taten von jugendlichen Islamisten im Frühjahr wollen Union und SPD den Gesetzentwurf der Regierung aber nachbessern. Sie verlangen, dass die Sicherheitsbehörden auch minderjährige Islamisten besser kontrollieren – und im Extremfall überwachen können. Zudem sollen so ihre Beziehungen zu Personen, die hetzen oder eine mögliche Ausreise vorantreiben, besser aufgeklärt werden. Die Fraktionen hoffen, dass letztendlich auch Eltern besser dabei unterstützt werden könnten, die weitere Radikalisierung ihrer Kinder zu stoppen. Radikale im Kinderzimmer Die Zahl jugendlicher Islamisten steigt. Behörden sollen künftig bereits 14-jährige Extremisten überwachen dürfen dikalisierung falsch gewesen“, erklärt Mayer. Dass die beiden Vorfälle von Februar und April keine außergewöhnlichen Ereignisse darstellen, zeigt unter anderem eine Analyse zur Radikalisierung von Syrien-Reisenden, die im vergangenen Jahr von den Sicherheitsbehörden erstellt und der Innenministerkonferenz vorgelegt wurde. Demnach waren 18 Prozent der Islamisten, die sich ins Kampfgebiet aufgemacht haben, zu Beginn ihrer Radikalisierung noch minderjährig. Insgesamt handelt es sich um 57 Personen. „Hier ist eine massive Präventionsarbeit notwendig, aber auch eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz, insbesondere wenn die Gefahr erheblicher Gewaltakte von diesen jungen Menschen ausgeht“, sagt Burkhard Lischka, innenpolitischer Spre- Deshalb soll das Speichern von Personendaten künftig bereits ab 14 Jahren möglich sein – bislang liegt die Grenze bei 16 Jahren. Informationen über junge Islamisten könnten dann leichter in der Verbunddatei „Nadis“ des Bundesamtes und der Landesämter aufgenommen werden. Das ist zwar auch bislang möglich – die Hürden dafür sind aber recht hoch: Ausnahmen sind laut Gesetz nur dann erlaubt, wenn es konkrete Hinweise auf eine terroristische Bedrohung gibt. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer, hält die neue Maßnahme für „sinnvoll und geboten“. Der CSU-Politiker sagte der „Welt“, künftig solle in Dateien oder Akten gespeichert werden können. „Eine solche Unterscheidung wäre künstlich und angesichts der immer früher einsetzenden Ra- cher der SPD-Bundestagsfraktion. Er weist jedoch darauf hin, dass eine solche Überwachung auch weiterhin nur bei „schwersten Anlässen“ und in „sehr engen Grenzen“ geschehen dürfe. Die Speicherfrist für entsprechende Informationen über 14bis 16-Jährige soll zwei Jahre betragen – falls keine neuen Hinweise auftauchen, müssen sie also nach dieser Frist gelöscht werden. Etwa, wenn die Radikalisierung „oftmals auch lediglich episodenhaften Charakter“ trägt. Neben den strengeren Speicherregeln für Jugendliche wollen die Unionsfraktionen auch, dass das Verbot des anonymen Telefonierens schneller in Kraft tritt. Auch Käufer von PrepaidKarten für Mobiltelefone sollen demnach bald einen Ausweis vorlegen. Kriminellen soll es damit schwerer gemacht werden, ihre Spuren zu verwischen. Attentäter wirft Verteidiger „Totalausfall“ vor Wirres Plädoyer im Prozess um das Attentat auf Henriette Reker: Frank S. leugnet Tötungsabsicht KOLUMBIEN Die kolumbianische Regierung und die Farc-Rebellen haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf ein Waffenstillstandsabkommen geeinigt. Beide Seiten hätten sich auf einen „definitiven Waffenstillstand und eine Einstellung der beiderseitigen Feindseligkeiten“ verständigt, teilten beide Seiten am Verhandlungsort Havanna mit. Wann die Vereinbarung zur Beendigung des Konflikts in Kraft tritt, wurde zunächst nicht mitgeteilt. D er Prozess gegen Frank S., der Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 17. Oktober 2015 lebensgefährlich verletzte, neigt sich seinem Ende zu. VON KRISTIAN FRIGELJ AUS DÜSSELDORF Die Bundesanwaltschaft forderte vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eine lebenslange Haftstrafe. Gutachter Norbert Leygraf diagnostizierte bei dem 44-jährigen Angeklagten eine „paranoid-narzisstische“ Störung sowie ein rechtsradikales Weltbild mit wahnhaften Zügen. Trotzdem halte er S. für voll schuldfähig. Das Verfahren bot erschreckende Einblicke in die Gedankenwelt eines Menschen, der in der rechtsextremen Szene aktiv gewesen war und wegen Schlägereien fast drei Jahre in Haft verbrachte. Frank S. fühlte sich stets angegriffen; er radikalisierte sich, nährte seinen Hass auf das politische System im Internet. DPA/ ROLF VENNENBERND Waffenstillstand mit Rebellen Pflichtverteidiger Marten mit seinem Mandanten Frank S. (r.) Doch zunächst war gestern Pflichtverteidiger Jasper Marten an der Reihe, dessen Verhältnis zum Angeklagten zerrüttet ist. Frank S. wollte ihn bereits loswerden, doch dadurch wäre der Prozess geplatzt. Die Vorsitzende Richterin Havliza verfügte, dass Marten bleibt. Dieser hielt ein äußerst ungewöhnliches und kurzes Plädoyer. Der Anwalt sagte, dass er die Auffassung der Bundesanwaltschaft prinzipiell teile, fordert statt einer lebenslangen Haft eine Freiheitsstrafe von maximal 15 Jahren und begründet dies mit der grausamen Kindheit von Frank S. Als der Angeklagte das Wort ergreifen darf, poltert er los. Das sei keine Verteidigung gewesen, © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung sondern ein „Totalausfall“. Dann hielt er ein eigenes Plädoyer: „Ich bin bei bester Gesundheit, bei klarem Verstand. Ich bin kein paranoider Narzisst mit Verfolgungswahn.“ S. wiederholt seine Hasstiraden: „Ich wollte, dass die völlig realtitätsferne Herrscherkaste, die das Volk als Rattendreck, Mischpoke und Dreck beschimpft, wieder den Volkszorn fürchtet.“ S. bemüht sogar einen Vergleich zum Mord an der britischen Abgeordneten Jo Cox und beschreibt detailliert, wie deren Attentäter die Politikerin umgebracht habe. Er selbst habe nur einmal zugestochen und dann sein Messer weggeworfen. Das Urteil wird am 1. Juli verkündet. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb POLITIK 7 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Russen lehnen Treffen mit der Nato ab Moskau will erst nach dem Gipfel mit der Allianz reden D ie russische Regierung lehnt eine Einladung der Nato zu einem Treffen des Nato-Russland-Rats ab. Nach dem Willen des Verteidigungsbündnisses hatte der Rat noch vor seinem Gipfel, der Anfang Juli in Warschau stattfindet, tagen sollen. Das berichtet die „Welt“ unter Berufung auf informierte Diplomatenkreise. VON STEFANIE BOLZEN GETTY IMAGES/ MIKHAIL SVETLOV AUS LONDON Grund für Moskaus Vorbehalte ist nach diesen Informationen der Streit um die Themen, die in dem Gremium besprochen werden sollten. So will die Nato Russland zu einer größeren Transparenz ihrer Militärübungen bewegen. Zudem soll zur Sprache kommen, wie die Risiken solcher Übungen minimiert werden können. Beides lehnt die russische Seite derzeit ab. Moskau will in dem Gremium auch die Lage in der Ukraine derzeit nicht besprechen. Ein weiterer Grund sei, dass die russische Regierung erst abwarten wolle, welche Beschlüsse die Nato bei ihrem Gipfeltreffen in Warschau tatsächlich fasst. Den hohen Diplomaten zufolge wird nun eine Zusammenkunft des NatoRussland-Rats in den ersten beiden Wochen nach dem Gipfel angestrebt. Im April 2014 hatte die Nato den Rat, das höchste bilaterale Gremium, wegen Russlands Intervention in der Ukraine auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Vor allem der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat seither daran gearbeitet, die Allianz und die Russen wieder an einen Tisch zu bringen. Im April dieses Jahres kam es dann zu einem ersten Treffen. Es solle „die Fort- Der russische Präsident Wladimir Putin bei der Gedenkfeier zum 75. Jahrestag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion setzung des politischen Dialogs“ sein, so Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Beim Treffen der Nato-Außenminister im Mai hatten Stoltenberg und Steinmeier dann angekündigt, dass die Allianz noch vor dem Gipfel Anfang Juli erneut einen NatoRussland-Rat einberufen wolle. „Wir befinden uns in einer Situation, in der wir das Gespräch mit Russland nicht abbrechen, sondern eher noch intensivieren sollten“, erklärte Außenminister Steinmeier. Sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow hatte darauf allerdings mit Irritation reagiert: „Der Russland-Nato-Rat arbeitet auf der Basis von Einstimmigkeit. Wenn sie diskutieren wollen, sollten sie das mit uns besprechen, statt an die Mikrofone zu gehen.“ Alexej Pusch- Russland gedenkt Kriegsopfer Mit Kerzen und Mahnwachen hat Russland an den deutschen Überfall vor 75 Jahren erinnert. Am 22. Juni 1941 hatte die Wehrmacht auf Befehl Hitlers die Sowjetunion angegriffen. Im russischen Parlament gedachten die Abgeordneten am Mittwoch schweigend der Millionen Opfer. kow, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma, warf dem nordatlantischen Bündnis vor, es missbrauche den Rat „nur für die Sichtbarkeit des Dialogs und als Deckmantel für aggressive Beschlüsse in Warschau“. Angesichts erhöhter Nato-Aktivitäten nahe der russischen Grenze hält Kremlchef Wladimir Putin unterdessen eine Stärkung der Abwehrbereitschaft der Streitkräfte seines Landes für nötig. Er sehe keine Bereitschaft zu gemeinsamen Lösungen von Sicherheitsfragen, sagte Putin am Mittwoch. „Im Gegenteil, die Nato intensiviert ihre aggressive Rhetorik und ihre aggressiven Handlungen in der Nähe unserer Grenzen“, hieß es in einer Kreml-Mitteilung. Russland müsse sich darauf einstellen. Das westliche Bündnis plant, beim Nato-Gipfel Anfang Juli eine Stärkung ihrer Ostflanke zu beschließen. Russland sieht darin eine Bedrohung. Eine Bedrohung wird auch in entgegengesetzter Richtung wahrgenommen. Nach Auffassung des Befehlshabers der USLandstreitkräfte in Europa, General Ben Hodges, ist die Nato nicht in der Lage, die baltischen Staaten vor einem möglichen Angriff der russischen Streitkräfte zu schützen. „Russland könnte die baltischen Staaten schneller erobern, als wir dort wären, um sie zu verteidigen“, sagt Hodges der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der General stimmte der Einschätzung von Militärexperten zu, wonach russische Truppen innerhalb von 36 bis 60 Stunden die Hauptstädte von Estland, Lettland und Litauen erobert haben könnten. Hodges berichtete zudem von zahlreichen Mängeln, die die Nato-Truppen aus 22 Ländern während des Großmanövers in Polen bei ihrer Zusammenarbeit festgestellt hätten. Die Nato hatte in dem EU- und Nato-Mitgliedsland in den vergangenen Tagen das Großmanöver „Anakonda 2016“ abgehalten, was von Moskau heftig kritisiert wurde. Bundeswehr in Türkei unerwünscht Delegation wollte zu Luftwaffenbasis N ach der Armenier-Resolution des Bundestags um die Einordnung als Völkermord hat die Türkei einem Medienbericht zufolge hochrangigen deutschen Besuch bei der Bundeswehr auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik untersagt. „Spiegel Online“ berichtete am Mittwoch, Ankara habe signalisiert, dass die Delegation von Verteidigungsstaatssekretär Ralf Brauksiepe derzeit nicht auf der Basis erwünscht sei. Als Grund habe die Türkei die Völkermord-Resolution des Bundestags zu den Massakern an Armeniern vor gut 100 Jahren im Osmanischen Reich genannt, sagte Generalleutnant Dieter Warnecke dem Bericht zufolge im Verteidigungsausschuss. Der Besuch Brauksiepes und einiger Abgeordneter sei ursprünglich für Juli geplant gewesen. Schon wenige Tage nach der Bundestagsresolution vom 2. Juni hatte die Türkei deut- Ralf schen Medien Brauksiepe einen Besuch bei den Bundeswehr-Tornados in der Nähe der Stadt Incirlik im letzten Moment verwehrt. Einen Grund für die Ablehnung nannten die türkischen Behörden damals nicht. Die deutschen Aufklärungsjets beteiligen sich am Einsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). In Incirlik in der Südtürkei sind auch ausländische Soldaten eingesetzt, die Basis unterliegt aber türkischem Hoheitsrecht. USTruppen sind dort dauerhaft stationiert. Die Amerikaner haben den Stützpunkt in den 1950er-Jahren gebaut. Frankreichs Gewerkschaften dürfen nun doch demonstrieren Trotz Sorge vor Krawallen gibt es heute in Paris erneut eine Kundgebung gegen die Arbeitsmarktreform rst ein Verbot, dann doch die Erlaubnis: Nach einer Kehrtwende der Regierung dürfen Frankreichs Gewerkschaften heute erneut in Paris gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform protestieren. Um die Demonstration hatte es ein tagelanges Tauziehen gegeben: Die Gewerkschaften wollten eigentlich vom Pariser Bastille-Platz zum Platz der Nation marschieren. Die Behörden lehnten dies aus Sorge vor Krawallen aber ab und schlugen eine „statische Versammlung“ an einem fixen Ort vor, der sich besser kontrollie- DPA/ IAN LANGSDON E Gewerkschafter am 7. Juni am Flughafen Charles de Gaulle ren lässt. Dies wiederum lehnten die Gewerkschaften „kategorisch“ ab. Die Pariser Polizeipräfektur kündigte daraufhin am Mittwochmorgen auf Anweisung von Innenminister Bernard Cazeneuve ein Verbot der Demonstration an. Begründet wurde dies mit den Randalen bei vorangehenden Protesten gegen die Arbeitsmarktreform sowie mit der Belastung der Polizei durch die Anschlagsgefahr und die Fußball-Europameis- terschaft. Das führte zu einem Sturm der Entrüstung – seit 1962 war in Frankreich keine Gewerkschaftsdemonstration mehr verboten worden. Der sozialistische Abweichler Christian Paul sprach von einem „historischen Fehler“. Doch gingen beide Seiten schließlich aufeinander zu und fanden einen Kompromiss: Regierung und Gewerkschaften einigten sich auf einen deutlich verkürzten Demonstrationszug. Dieser führt vom Bastille- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Platz zur Seine und dann wieder zurück.Dass die Demonstration erst verboten und dann erlaubt wurde, ließ schnell Kritik an der sozialistischen Regierung laut werden – zumal Präsident Hollande immer wieder Wankelmütigkeit vorgeworfen wird. Der konservative Ex-Regierungschef und Präsidentschaftsbewerber Alain Juppé kritisierte eine „Unfähigkeit zu entscheiden, eine Situation in den Griff zu bekommen“. Die Regierung handle „panisch“. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb PA/ DPA/ MATTEO BAZZI DIE WELT KOMPAKT KULTUR DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 SEITE 8 KOMPAKT MÜNCHEN AUSSTELLUNG Frankfurt zeigt die Meister der Comics Der aus den USA stammende Comic hat Anfang des 20. Jahrhunderts eine völlig neue Bildersprache und Populärkultur geschaffen. Die Frankfurter Schirn Kunsthalle widmet vom 23. Juni bis 18. September sechs US-Pionieren des Unterhaltungsmediums eine eigene Schau. Die Ausstellung will zeigen, dass die Zeichner als etwas „andere Avantgarde“ eine eigene Kunstform schufen und damit künstlerische Entwicklungen im Surrealismus oder Expressionismus vorwegnahmen. AUKTION WDR erzielt zwei Millionen mit Bildern DPA/ OLIVER BERG Die beiden wertvollsten Gemälde aus dem Bestand des WDR haben bei einer Versteigerung in London gut zwei Millionen Euro eingebracht. „Möwen im Sturm“ (1942/Foto) von Max Beckmann erzielte nach Angaben von Sothe- by’s einen Preis von umgerechnet 1,069 Millionen Euro und entsprach damit dem Schätzpreis von 900.000 bis knapp 1,3 Millionen Euro. „Alpweg“ (1921) von Ernst Ludwig Kirchner wurde für 1,1 Millionen Euro versteigert und lag damit über dem Schätzpreis von bis zu 1 Million Euro. Zu Wilden werden: Szene aus Harry Hooks „Herr der Fliegen“-Verfilmung von 1990 Demokratie nutzt hier gar nichts 1983 bekam William Golding den Nobelpreis: Für einen der düstersten Romane der Geschichte. Peter Torberg hat den Klassiker „Herr der Fliegen“ neu übersetzt N euübersetzungen sind ja immer auch Zeitreisen rückwärts auf der eigenen Lebens- und Lektüre-Timeline. Zurück zum Beispiel mit William Goldings „Der Herr der Fliegen“ ins Jahr 1983. Da war ich gerade 20, so unfertig, wie man als 20-jähriger Westdeutscher nur sein konnte. gend aktuell, in der didaktischen Schärfe des Motivspiels noch immer interessant. Näher dran jetzt am englischen Original. So nah, dass man seine Mechanik besser erkennt. Was wiederum nicht immer zum Vorteil für die epische Kraft dieses Lehrstücks ausfällt. Manchmal denkt man, ein frischer Satz, weißeres Papier, ein bisschen Zugabe bei der Punktgröße hätten es auch getan. Der Sog war größer damals. Der Punch der Essenz dieses Gegen-Rousseau auch. Kann allerdings Nostalgie sein. Und diese schrecklich erwachsene Abgeklärtheit nach Jahrzehnten fortgeschrittener Lektüre. schwächten Sehfähigkeit, es verbiesterte mir auch meine Weltsicht gewaltig. Was lernte man nämlich aus der dystopisch endenden Legende von den britischen Schülern, die im Südseeparadies stranden auf der Flucht vor einem Atomkrieg und sich da gegenseitig massakrieren? Dass Kinder grausam sind, gut, das kannte man vom Schulhof. Golding, VON ELMAR KREKELER der Volksschullehrer war, bevor er WeltAids veränderte die William Golding schriftsteller und – Welt, die Grünen ka- (1911 bis 1993) 1983 natürlich – Nomen in den Bundesbelpreisträger wurde, tag, der Atomkrieg wurde wusste das besser als jeder anknapp verhindert. Und Gol- dere. „Der Herr der Fliegen“ ist dings Roman – übersetzt von aber schon deswegen keine KinHermann Stiehl – kostete mich dergeschichte, weil die Kinder des gesundheitsgefährlich en- und ihre Grausamkeit (wie gen Satzes wegen nicht nur überhaupt beinahe alles in dieProzente meiner durch die ähn- sem vor Allegorien und Symbolich gesetzte Thomas-Mann- len ächzenden Roman) für etAusgabe des nämlichen S. Fi- was anderes stehen. Weil sie scher-Verlages ohnehin ge- bloß das unschuldigste Zeichen sind für das, was Golding vom Charakter des Menschen hält. Nämlich nichts. Ohne Regeln, nur auf sich gestellt, trachtet sich Homo sapiens halt irgendwann nach dem Leben. Demokratie nutzt da gar nichts. Liberalismus lässt am Ende nur das Tier im Menschen frei. „Schlag das Tier! Macht es tot! Blut fließt rot!“ Das konnte man als wohlgenährtes Kind des bundesrepublikanischen Friedens kaum glauben. Der Mensch ist im Prinzip doch gut. „Stecht das Biest! Schlitzt es auf! Vergießt sein Blut!“, heißt es in Peter Torbergs Neuübersetzung. Das fetzt nicht so. 33 Jahre sind wir ja auch weiter, misanthropischer sind wir geworden, beginnen an der Wehrhaftigkeit der Demokratie gegenüber dem absolut Bösen in (hoffentlich nur einigen) Menschen zu zweifeln. Und lesen das Buch neu. In seiner Dunkelheit der Perspektive ist es geradezu peini- Gebäude in Tempelhof soll ein Kulturzentrum werden Der Zivilschutz kümmert sich um die Christo-Fans Der Berliner Senat will das riesige Gebäude auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof zu einem neuen Quartier für Kunst und Kultur entwickeln. Unter der Marke „Berlin Creative District“ soll hier auch die Kreativwirtschaft eine neue Heimat finden. Einen entsprechenden Beschluss hat der rot- Der Andrang auf Christos Projekt „The Floating Piers“ im italienischen Iseo-See bleibt gewaltig. Für etwa 3000 Menschen sei die Reise zu den schwimmenden Stegen des Installationskünstlers vorerst auf dem Hauptbahnhof der naheliegenden Stadt Brescia zu Ende gewesen,. Sie dürften zu- TORONTO STAR VIA GETTY IMAGES/ R. INNELL Mit Giacomo Puccinis „Tosca“ in Starbesetzung beginnen am Samstag die Münchner Opernfestspiele 2016. Erstmals ist der stets gefeierte Generalmusikdirektor der Staatsoper, Kirill Petrenko, eine prägende Gestalt dieses Festivals, das zum Ende der Saison traditionell einen hochkarätig besetzten Querschnitt durch das Repertoire sowie diverse Neuinszenierungen zeigt. Die vergangenen Jahre konnte Petrenko bei den Festspielen nicht dirigieren, weil er in Bayreuth Richard Wagners „Ring“ leitete. PICTURE ALLIANCE/ UNITED ARCHIVES/ IFTN Festspiele beginnen mit „Tosca“ schwarze Senat gefasst. Herzstück des Kultur-Konzepts soll eine „Dachgalerie“ auf dem 1,2 Kilometer langen Flughafendach werden, von der sich ein spektakulärer Blick auf das ehemalige Flugfeld und die Stadt öffnen soll. Seit 2015 sind in vier der sieben Hangars bis zu 2500 Flüchtlinge untergebracht. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung William Golding: Herr der Fliegen S. Fischer, Frankfurt/M, 224 S., 19,99 Euro nächst nicht weiter in Richtung des Sees fahren, weil die Region völlig überfüllt sei, hieß es. Freiwillige Helfer des Zivilschutzes kümmerten sich um die Menschen. Das Projekt war am vergangenen Samstag eröffnet worden. Die „Floating Piers“ sind gratis zugänglich und rund um die Uhr geöffnet. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb DIE WELT KOMPAKT KULTUR 9 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 MARTIN U. K. LENGEMANN/MARTIN U. K. LENGEMANN Dresden wird plötzlich avantgardistisch Das riesige Archiv des Kunstsammlers Egidio Marzona war eigentlich Berlin versprochen. Jetzt geht es überraschend an die Elbe A rchiv, es tönt ein bisschen staubig. Und wenn man hört, 1,5 Millionen Dokumente zur Kunst des 20. Jahrhunderts habe der Berliner Sammler Egidio Marzona seit den 60ern zusammengetragen, dann mag manch einer an obsessiven Fleiß denken, der keinem mehr die Übersicht erlaubt. VON HANS-JOACHIM MÜLLER UND MARCUS WOELLER Aber wer nur einmal Teile dieser Kollektion zu sehen bekommen hat, ahnt, was für Schätze da in Mappen, Kisten, Regalen und Vitrinen lagern. Mit Konsequenz und Kennerschaft hat sich Marzona auf die Suche nach Zeugnissen eines Kunstjahrhunderts gemacht, in dem wie in keinem zuvor die glühendsten Parolen ausgegeben, die frechsten Manifeste verlesen, die ungeschütztesten Behauptungen behauptet und die hehrsten Visionen geteilt wurden. Von Expressionismus und Futurismus über Informel bis zu Zero, Fluxus, Postmoderne – eine Geschichte der selbstverordneten künstlerischen Neubeginne, illustriert mit Plakaten, Einladungskarten, Fotos, Briefen, Katalogen, Pamphleten. Marzona verkörpert den Typ des Privatgelehrten, der mit stiller Besessenheit alles um sich versammelt, was sein Haus zum abgeschirmten Zentrum unendlicher wissenschaftlicher Möglichkeiten macht. Das ist über den Bildern, Zeichnungen und Plastiken des Sammlers zuweilen vergessen Sammelt schneller als das Museum erlaubt: Egidio Marzona worden. Und dass er nicht unbeträchtliche Konvolute den Berliner Museen übergeben hat, scheint die öffentliche Lust auf sein Archiv nicht gerade beflügelt zu haben. Nun haben die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden den Zuschlag bekommen – ein Coup für die neue Generaldirektorin Marion Ackermann, die es im sogenannten „Blockhaus“ an der Augustusbrücke unterbringen will; Sachsen finanziert Umbau und Personal. Man kann träumen von einer Ausstellung, die mit Mitteln dieses Archivs und angereichert um Museumsbestände die Geschichte der Avantgarden erzählt, die einig nur waren im hochgemuten Andersmachenwollen und ansonsten nationalkulturelle Ressentiments pflegten und sich in den politischen Katastrophen zerrieben. Aber was bedeutet der Verlust eines eigentlich lang erwarteten Zugewinns für Berlin? Von einem Misstrauensvotum gegen die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Museen wollen der Präsident Hermann Parzinger und der Direk- tor der Kunstbibliothek Moritz Wullen – in dessen Zuständigkeitsbereich das Archiv gefallen wäre – nichts wissen. Auch habe es kein Zerwürfnis gegeben. Die positive Deutung: Man hat Sammlungsinteressen über Sammlerinteressen gestellt. Manchmal kann die Geschwindigkeit eines Museums nicht mit dem (bei Marzona muss man es so nennen) Speed des Sammlers mithalten, der ohne mit der Wimper zu zucken auch einmal einen südamerikanischen Nachlass in 500 Umzugskartons kauft. Ein Verlust sei es nur bedingt: Mit der Kunstbibliothek habe das Archiv „von dem man gar nicht genau weiß, was es enthält“ (Parzinger) jedenfalls so große Überschneidungen, dass man keine Dubletten anhäufen wolle. In Dresden kann mit der Erschließung des Archivs der Avantgarden nun eine Lücke geschlossen werden, die nach 1945 entstanden war. In Berlin ist man befreit von der Sorge, allzu viel Platz im geplanten Museum des 20. Jahrhunderts zu vergeuden oder gar noch eine neue Baustelle auszuheben. Und wenn die angekündigte enge Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen in die Tat umgesetzt wird, bedeutet die örtliche Spreizung von Marzonas Schatz einen Gewinn für Publikum und Wissenschaft. ANZEIGE © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb EM 2 16 V on Michel Platini ist bei der Europameisterschaft nichts zu sehen. Das wäre vor wenigen Monaten noch undenkbar gewesen. Denn eigentlich sollten es die Platini-Festspiele werden, so wie einst die WM 2006 zu den Beckenbauer-Festspielen wurde. Schließlich hatte der ehemalige Präsident des europäischen Fußballverbandes Uefa maßgeblich daran mitgewirkt, das Kontinentalturnier in sein Heimatland zu lotsen. Mehr noch: Er hat sogar den Modus ändern lassen, erstmals starten 24 statt 16 Mannschaften. Mehr Spiele, ein längeres Turnier, größeres Spektakel, das war das Versprechen. TOP 3 Immer anspielbar Drei Deutsche in der Bestenliste der Ballbesitz-Statistik 1 Toni Kroos Der Mittelfeldstar, der mit Real Madrid die Champions League gewann, führt das Ranking nach drei Spielen an. In 270 Minuten war er 384 Mal am Ball, durchschnittlich 1,42 Mal pro Minute. VON LARS WALLRODT Michel Platini ist abgetaucht. Im Mai hatte er seinen sofortigen Rücktritt als Uefa-Chef bekannt gegeben. Schmutzige Deals Schmerzhafte mit Fifa-StrippenzieGruppenphase: her Sepp Blatter Thomas Müller hatte er gemacht und die DFB-Elf und war verknackt trafen auf worden, sich aus allen Mauermeister Stadien und von allen Posten fernzuhalten im Weltfußball. Es war die ultimative Demütigung, dass sich diese Sperre auch auf „sein“ Turnier erstreckte. Jetzt muss er vor dem Fernseher sitzen und zugucken – wie ein ganz normaler Mensch. Vom TV-Sessel aus sah er vermutlich auch, was Joachim Löw nach dem Sieg gegen Nordirland sagte. „Wenn ich ehrlich bin, ist mir das zu kompliziert“, gestand der Bundestrainer, als er nach dem Gegner im Achtelfinale gefragt wurde. Den kannte Löw nämlich noch nicht. Ein Gruppendritter aus den Gruppen A, B oder Die Aufblähung der EM verwässert das F würde es werden, das wusste er. Turnier. Während kleine Fußballnationen Aber die Abschlusstabelle der FGruppe stand am Dienstag noch profitieren, schalten sich die Topteams gar nicht fest. „Ich werde einfach abwarten“, sagte Löw. schon frühzeitig aus Abwarten mussten auch die Albaner, die in Gruppe A Dritter 2 Jerome Boateng Obwohl er gegen Nordirland vorzeitig den Platz verließ, liegt Deutschlands Abwehrchef hinter dem Schweizer Granit Xhaka (336) und den Spaniern Iniesta (309), Sergio Ramos (302) sowie Busquets (272) mit 264 Ballkontakten auf Rang sechs. 3 Jonas Hector Der Linksverteidiger vom 1. FC Köln rangiert bei seinem ersten großen Turnier gleich hinter Boateng auf Rang sieben. Mit 254 Ballkontakten liegt er damit noch vier Plätze vor Weltmeister und Juve-Star Sami Khedira (247). Elender Modus EM-KOMPAKT Ronaldo wirft Mikro in See Online Mario Gomez wurde gegen Nordirland zum Matchwinner und trug tiefe Wunden am Arm davon – weil er auf einige Ochsen traf: welt.de/sport „Das ist doch völlig unrealistisch“ Deutschlands Elf findet bei der EM langsam zu alter Form und wehrt sich gegen die überbordende GETTY IMAGES/ ALEXANDER HASSENSTEIN (2); AFP/ PATRIK STOLLARZ Bei Cristiano Ronaldo liegen die Nerven blank. Als der Portugiese gefragt wurde, ob er für das entscheidende Spiel bereit sei, entriss Ronaldo dem Reporter das Mikrofon und warf es in den angrenzenden See. Dies belegt ein Video, das die Zeitung „Correio da Manha“ verbreitete. sind. Das steht schon seit Montag fest, aber ob die Südeuropäer damit zu den besten vier Dritten der sechs Gruppen gehören, konnten sie nur hoffen. Also mussten sie zwei Tage lang auf Verdacht trainieren – eine unwürdige Situation. Schuld daran ist Platini. Er hat das Turnier ruiniert. Mittlerweile nimmt fast die Hälfte der 55 Uefa-Mitgliedsverbände an der EM teil, was nicht nur die Qualifikation zur Farce gemacht hat, sondern auch die Endrunde. Die Achtelfinalpaarungen zu prognostizieren ist höhere Stochastik, und Gewissheit gibt es erst nach dem letzten Vorrunden- N un also Slowakei. Das deutsche Team kennt seit gestern Abend seinen Achtelfinalgegner. Am Sonntag in Lille geht es gegen den EM-Debütanten. Willkommener Anlass, die 1:3-Niederlage aus der Vorbereitung wettzumachen. Heute gewährte Trainer Joachim Löw den Weltmeistern erst einmal einen freien Tag. VON LARS GARTENSCHLÄGER Schon am Dienstagabend hatte sich die Stimmung gehoben. Das 1:0 (1:0) gegen Nordirland reichte zu Platz eins in der Gruppe. Es war ein Spiel, das aufgrund der vielen Chancen schön anzusehen, aber gleichzeitig zum Haareraufen war. Was hätte das für ein Schützenfest geben können. So blieb es dank des Treffers von Mario Gomez bei einem knappen Sieg. Aber immerhin bei einem Triumph, dessen Tor symbolischen Charakter hatte. Die Uneigennützigkeit von Thomas Müller, der in der 30. Minute selbst hätte schießen können, den Ball aber perfekt für Gomez ablegte, dokumentierte, wie gut die Mannschaft funktioniert. Das war nach den letzten Spielen in Abrede gestellt worden. Es war viel von der Sehnsucht nach jenem eingeschworenen Haufen die Rede, dem es vor zwei Jahren bei der Weltmeisterschaft gelungen war, spielerische Qualität und Charakter zu vereinen, um den Titel zu gewinnen. Mit dem Spiel gegen Nordirland weckten die Spieler zumindest in Ansätzen Erinnerungen an jene Tage in Brasilien. Seine Spieler präsentierten sich in Paris als geschlossene Einheit und zeigten mit ihrem Auftritt, warum die Verantwortlichen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) vor einem Jahr auf die Idee kamen, aus der deutschen Nationalmannschaft © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung „Die Mannschaft“ zu machen. Thomas Müller legte großen Wert darauf, den mitgereisten Medienvertretern ein paar tragende Worte in den Notizblock zu diktieren. „Die Basis für den Erfolg stimmt. Wir sind keine Mannschaft, die von einem Spieler lebt, der viel auf sich zieht und alles in Grund und Boden spielt. Wir sind eine Mannschaft und werden deshalb auf der ganzen Welt auch ,Die Mannschaft‘ genannt“, sagte Müller. Nach dem 0:0 gegen Polen hätten sich nicht wenige Spieler, führte Müller weiter aus, einsichtig gezeigt und gesagt, dass man sich WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb DIE WELT KOMPAKT DPA/ ARNE DEDERT mal durch drei Spiele gegen mauernde Gegner wurschteln, um dann im Achtelfinale gegen die nächste Abwehrmauer anzurennen. Kein Wunder, wenn 16 von 24 Mannschaften die K.-o.Phase erreichen – also zwei Drittel aller Teilnehmer statt wie bislang die Hälfte. Die Quittung hat die Uefa nun bekommen. Ein Blick auf den „Turnierbaum“, das Schema bis zum Finale, zeigt ein unfassbares Ungleichgewicht. Auf der einen Seite werden Mannschaften wie Deutschland, Italien, Spanien, England und Frankreich sich bis auf einen Finalteilnehmer eliminieren. Schon im Achtelfinale trifft Spanien auf Italien – das hätte auch die Finalpaarung sein können. So wie sie es 2012 war. Auf der anderen Seite der Setzliste fehlen die große Namen komplett. Länder wie Wales, die Schweiz oder Polen sind qualifiziert und können ab sofort berechtigte Hoffnungen hegen, das Endspiel in Paris zu erreichen. Aus dem wohl leistungsstärksten Turnier der Welt haben Platini und seine Handlanger einen lauen Aufguss gemacht. Und das für einen schmutzigen Deal. Platini hat das Teilnehmerfeld expandieren lassen, um Stimmen der kleineren Nationen für seine Wiederwahl als Uefa-Präsident zu bekommen. Der Plan ging auf – bis der Franzose über seine Sünden der Vergangenheit stolperte. Die Zeche zahlen müssen Mannschaften wie die von Joachim Löw. Statt sich von Beginn an mit Topteams messen zu können, wirkt die EM zunächst wie eine Verlängerung der Qualifikation. Auch dort stellten sich die Gegner gegen den Weltmeister hinten rein – aus völlig nachvollziehbaren Gründen. Für Deutschland aber ist das ein Abnutzungskampf, in dem kaum etwas zu gewinnen ist. Selbst Siege wie gegen die Ukraine und Nordirland werden – zu Recht – bemäkelt, weil die DFB-Auswahl ihrer Favoritenstellung nicht vollumfänglich und ergebnistechnisch gerecht spiel. Es ist ein furchtbares Kuddelmuddel, das nicht nur Löw an den Rand der Verzweiflung und die Grenzen seiner mathematischen Fähigkeiten trieb. Gleichzeitig wertet nicht nur die Aufblähung des Teilnehmerfelds, sondern auch das neu eingeführte Achtelfinale das Turnier ab. Früher war eine EM wie eine konzentrierte Weltmeisterschaft, eine Verdichtung der Fußballkunst. Vor vier Jahren spielte Deutschland in der Vorrunde gegen Portugal, die Niederlande und Dänemark – da war Spannung von der ersten Minute an garantiert. Nun muss sich die DFB-Auswahl erst ein- wurde. Ein 0:0 wie das gegen Polen lässt sogar die Alarmglocken schrillen. Löw und seine Spieler befanden sich so von Beginn an im Rechtfertigungsmodus, und es ist verständlich, dass der Bundestrainer nach dem Nordirland-Spiel sagte: „Ich bin froh, dass die Vorrunde vorbei ist. Bei allem Respekt, aber unsere Gegner haben gegen uns das Spiel ihres Lebens gemacht. Das machte es nicht leicht für uns. Uns war schon vorher klar, dass es zäh werden könnte. Und auch im Achtelfinale wird unser Deutschlands möglicher Weg ins EM-Finale Viertelfinale DPA/ YOAN VALAT steigern müsse. „Das waren keine leeren Worthülsen. Wir haben es in die Tat umgesetzt, und das spricht für uns“, sagte der Mittelfeldspieler des FC Bayern. Auch in Deutschland springt der Funke wieder über von Mannschaft auf Fans. Viele Anhänger, die nach dem Titelgewinn in Brasilien und einer im Anschluss ernüchternden EM-Qualifikation satt waren, haben wieder Lust auf die deutsche Elf. Gomez warb nach dem Sieg für „Die Mannschaft“, mit der alles möglich sei. „Ich glaube, wir alle sollten mehr Fan von dieser Mannschaft werden und nicht Kimmich überzeugt als Lahm-Klon Der Rechtsverteidiger bringt den dringend benötigten Schwung ins deutsche Spiel E r hätte allen Grund gehabt zu schmollen. Doch in der Freude über den Sieg zeigte Benedikt Höwedes Größe. Er lobte und pries jenen Spieler, der ihm nach zwei Partien bei dieser EM den Stammplatz streitig macht: Joshua Kimmich hatte im letzten Vorrundenspiel gegen Nordirland (1:0) den Vorzug vor dem Schalker Weltmeister erhalten – und wurde nach dem Spiel mit Lob überschüttet. VON LARS GARTENSCHLÄGER Siegt Deutschland, wartet der Gewinner aus Italien gegen Spanien Halbfinale Vermutlich wartet hier der Sieger aus Frankreich gegen England Finale Kandidaten: Schweiz, Kroatien, Wales, Türkei, Polen oder Belgien Gegner sein Heil sicher nicht in der Offensive suchen.“ Im weiteren Turnierverlauf könnte dann ein Kulturschock folgen. Nach vier Partien im Anrenn-Modus würde das deutsche Team im Viertelfinale auf Italien oder Spanien treffen und im Halbfinale vermutlich auf Frankreich oder England. Erst im Turnierendspurt wird Löw also wissen, wie weltmeisterlich sein Team wirklich noch ist. Das ist eine diffizile Geduldsprobe, die Gelassenheit und Erfahrung erfordert. Gelingt sie, wartet im Finale dann ein leichterer Gegner. Noch so eine Hinterlassenschaft von Platini, die sprachlos macht. Erwartungshaltung. Am Sonntag geht es nun gegen die Slowakei Torschütze Mario Gomez (l.) und Sami Khedira zeigen Teamgeist EM 2016 11 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 immer nur das Schlechte sehen“, sagte Gomez und ergänzte: „Ich weiß nicht, ob die Leute erwartet haben, dass wir jedes der drei Vorrundenspiele mit 3:0 oder 4:0 gewinnen. Aber das ist doch völlig unrealistisch.“ Darauf verwies auch Mesut Özil. Der Mittelfeldspieler, der eine deutliche Leistungssteigerung zeigte, sagte in Bezug auf die anstehende K.-o.Phase auch: „Egal, wie gut die anderen Mannschaften sind, ob nun Frankreich, Spanien oder Italien. Wir sind Deutschland, wir sind Weltmeister – das müssen wir zeigen.“ Am besten schon am Sonntag im Achtelfinale in Lille. FC Bayern immer öfter das Vertrauen geschenkt und ihn entscheidend vorangebracht. Ihm, sagte Kimmich noch vor Turnierbeginn, habe er viel zu verdanken. „Er hat mir viele Räume gezeigt, die ich vorher gar nicht gesehen habe.“ In Paris bewies er gegen Nordirland, was für eine gute Entwicklung er genommen hat. Er lieferte ein Spiel ab, das Hoffnung macht. Der Münchner verlieh dem deutschen Spiel viel mehr Esprit auf der rechten Außenbahn. Mal lief er die Außenbahn einfach nur runter und flankte nach innen, mal zog er auch mit dem Ball nach innen. Es war fast so, als wäre Philipp Lahm geklont worden. Kimmich scheute sich auch nicht vor Eins-zu-eins-Situationen, die so lange schmerzlich vermisst wurden im deutschen Spiel. Fast wäre ihm in der 82. Minute ein Assist gelungen. Doch der Kopfball von Mario Gomez wurde abgewehrt. Dennoch, Kimmichs Werte belegen, Allen voran von demjenigen, den er bis zu dessen Einwechslung in der 76. Minute auf die Bank verdrängt hatte. „Joshua hat klasse gespielt. Es war genau die richtige Entscheidung vom Coach, ihn zu bringen. Wir waren gefährlicher im Spiel nach vorn“, sagte Höwedes. Auf die Frage, wie er die Verbannung auf die Bank denn aufgefasst habe, sagte er ziemlich bestimmend: „Wir müssen uns alle dem großen Ziel unterordnen und alle die Egos hintanstellen. Es ist normal, wenn andere Spieler hin und wieder Einsatzzeit bekommen.“ Klare, selbstlose Worte, für die er Trotz noch vor dem Rückungewohnter flug ins TeamquarPosition tier nach Evian viel hatte Joshua Zustimmung ernteKimmich 100 te. „Das ist eine Ballkontakte überragende Aussagegen Nordge von Benni und irland zeigt, was wir für eiGETTY IMAGES/ ne Mannschaft ALEXANDER HASSENSTEIN sind“, sagte Thomas Müller. Höwedes und viele, viele andere hatte Kimmich an diesem wie gut er gegen die Nordiren Abend von Paris überzeugt. Es war. 87,5 Prozent seiner Pässe war sein zweites Länderspiel, kamen an, seine Zweikampfnachdem er beim Test Ende quote lag am Ende bei 57 ProMai in Augsburg gegen die Slo- zent. Auch wusste er mit über wakei seine erste Partie für den 100 Ballkontakten zu überzeuDFB bestritten hatte. Seit gen – Mario Götze, der nach eiDienstag ist Kimmich der EM- ner enttäuschenden Leistung Startelfdebütant mit der we- ausgewechselt wurde, kam auf nigsten Bundesligaerfahrung lediglich 30 Ballkontakte. (nur 23 Spiele) in der GeschichNicht nur Höwedes bescheite des deutschen Fußballs. Aus- nigte Kimmich eine gute Leisgenommen ist Spanienlegionär tung. Auch sein künftiger Shkodran Mustafi, der bislang Teamkollege Mats Hummels noch nie ein Bundesligaspiel fand, dass der Jungstar ein richbestritt. „Der Trainer kam vor tig gutes Spiel gemacht habe. zwei Tagen und hat mir gesagt, Wobei er, so der Innenverteididass er überlegt, mich auf ger, schon bei den Bayern in der rechts spielen zu lassen. Ges- Bundesliga und Champions tern hat er mir gesagt, dass ich League regelmäßig gezeigt haspiele“, erzählte Kimmich nach be, was er kann. „Joshua bringt dem Abpfiff und ergänzte: „Wir viel Qualität und Selbstbehaben es extrem gut gemacht, wusstsein mit. Er ist selbst in nur hätten wir viel mehr Tore Eins-zu-eins-Situationen gemachen müssen.“ gangen. Er hat gezeigt, dass er Pep Guardiola hatte ihm in eine gute Option für den Traider vergangenen Saison beim ner ist“, sagte Hummels. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 12 EM 2016 DIE WELT KOMPAKT R DPA/GEORGI LICOVSKI EM-Neuling Island hat den überraschenden Einzug ins Achtelfinale perfekt gemacht. Im Duell gegen Österreich gelang ein 2:1 (1:0) im Stade de France von St. Denis. Jón Bödvarsson (19.) schoss das 1:0 für die Nordeuropäer, der Schalker Alessandro Schöpf (60.) traf zum Ausgleich für die rot-weißrote Mannschaft. Arnor Ingvi Traustason (90.+3) erzielte das Siegtor. Der Österreicher Aleksandar Dragovic (37.) setzte noch einen Foulelfmeter an den Pfosten. Als Gruppenzweiter treffen die Isländer am Montag in Nizza auf England. Die Österreicher müssen die vorzeitige Heimreise antreten. Islands Torwart Hannes Halldorsson ballt die Siegerfaust ekordmann Cristiano Ronaldo hat Portugal mit einer One-Man-Show vor einer historischen EM-Blamage bewahrt. Drei Geistesblitze des dreimaligen Weltfußballers retteten den immer noch sieglosen Portugiesen in einer total verrückten Partie ein 3:3 (1:1) gegen Ungarn – und damit den Einzug ins EM-Achtelfinale. Höhepunkt des Galaauftritts von „CR7“ war sein traumhaftes Hackentor zum zwischenzeitlichen 2:2 (50.). Doch gegen offensivstarke Ungarn musste der Superstar von Real Madrid sein ganzes Können zeigen: Sein genialer Pass vor Nanis Treffer zum 1:1 (42.) und sein Kopfballtor zum Endstand (62.) bescherten Portugal das Achtelfinale am Samstag in Lens gegen Kroatien. Ungarn, die in Lyon durch Zoltán Gera (19.) und Balázs Dzsudzsák (47./55.) dreimal in Führung gegangen waren, treffen als Sieger der Gruppe F am Sonntag in Toulouse auf Belgien, Schweden oder Irland. Ronaldo, der erstmals seit 375 Tagen wieder ein Pflichtspieltor für Portugal erzielte, Der Treffer zum Achtelfinale: Ronaldo erzielt per Kopf das 3:3 Rekord-Ronaldo ist der Retter Im spektakulärsten Spiel der bisherigen EM beendet der Star seine Torflaute – und schießt Portugal eine Runde weiter SPIELPLAN EM 2016 GRUPPE A GRUPPE B 2 : 1 Frankreich Rumänien Sa., 11.6. 15 Uhr Mi., 15.6. 18 Uhr Paris, Parc des Princes Schweiz Mi., 15.6. 15 Uhr Marseille Do., 16.6. 15 Uhr Albanien England Mi., 15.6. 21 Uhr 2 : 0 Frankreich So., 19.6. 21 Uhr 0 : 0 Schweiz T P 4:1 2:1 1:3 2:4 7 5 3 1 Achtelfinale 1 Sa., 25.6. 15 Uhr Lille Lens Wales Ukraine Di., 21.6. 18 Uhr Kroatien P 6 5 4 1 Sieger AF 1 0 S Wales Fr., 1.7. 21 Uhr Marseille Sieger AF 3 Sieger AF 2 P 7 6 3 1 Achtelfinale 7 Slowakei Österreich Portugal Sa., 2.7. 21 Uhr Lille Sieger AF 6 Sieger AF 5 1 : Island Sa., 18.6. 21 Uhr Portugal 6 3 1 1 Paris, Parc des Princes Österreich Lyon Portugal Paris, St. Denis 2 : 1 Island Österreich S 1. Ungarn 2. Island 3. Portugal 4. Österreich Achtelfinale 4 Spanien Ungarn 3 : 3 3 3 3 3 T P 6:4 4:3 4:4 1:4 5 5 3 1 Achtelfinale 8 Mo., 27.6. 21 Uhr Lyon : Italien Marseille 1 0 : 0 Ungarn P Island 1 Mi., 22.6. 18 Uhr Mi., 22.6. 18 Uhr T Ungarn St. Etienne Sa., 18.6. 18 Uhr Nizza : Frankreich Dritter C/D/E Viertelfinale 3 : 1 : Nizza 3:0 3:2 1:2 1:4 Bordeaux 0 : 2 Di., 14.6. 21 Uhr So., 26.6. 15 Uhr Paris, St. Denis : England Island Viertelfinale 4 So., 3.7. 21 Uhr Bordeaux : Sieger AF 7 Sieger AF 4 Paris, St. Denis : Sieger AF 8 Halbfinale 2 Do., 7.7. 21 Uhr Lyon : Sieger VF 1 2 2 2 2 Di., 14.6. 18 Uhr Irland Belgien S 1. Italien 2. Belgien 3. Schweden 4. Irland Halbfinale 1 Mi., 6.7. 21 Uhr : Schweden Mo., 27.6. 18 Uhr Lille Deutschland Zweiter E Lille : Italien : Viertelfinale 2 : T 5:3 5:2 2:4 2:5 Achtelfinale 5 So., 26.6. 18 Uhr Toulouse Ungarn 3 3 3 3 Irland Mi., 22.6. 21 Uhr Türkei S 1. Kroatien 2. Spanien 3. Türkei 4. Tschechien : Dritter A/C/D 0 : 2 Tschechien 7 7 3 0 Bordeaux Mi., 22.6. 21 Uhr Lens P Achtelfinale 6 So., 26.6. 21 Uhr : Portugal T 3:0 2:0 2:2 0:5 Toulouse Schweden 3 : 0 Belgien Spanien Di., 21.6. 21 Uhr Italien Sa., 18.6 15 Uhr Türkei Bordeaux 2 : 1 Kroatien Lyon 1 : 0 Italien Nizza 3 : 0 Spanien Polen 3 3 3 3 Fr., 17.6. 15 Uhr Di., 21.6. 21 Uhr Paris, Parc des Princes : 1 Deutschland 1. Deutschland 2. Polen 3. Nordirland 4. Ukraine Achtelfinale 2 Viertelfinale 1 Do., 30.6. 21 Uhr Nordirland Sa., 25.6. Paris, Parc des 18 Uhr Princes Lens : Polen T 6:3 3:2 3:3 2:6 0 : 1 St. Etienne Fr., 17.6. 21 Uhr Polen Marseille Schweden 0 : 2 Belgien Kroatien GRUPPE F Paris, St. Denis 1 : 1 Irland Tschechien 2 : 2 Tschechien Paris, St. Denis 0 : 0 Mo., 13.6. 21 Uhr Fr., 17.6. 18 Uhr Nordirland 18 Uhr England Wales Achtelfinale 3 Deutschland Toulouse 1 : 0 Spanien Lyon Do., 16.6. 21 Uhr Mo., 13.6. 18 Uhr Mo., 13.6. 15 Uhr Ukraine 0 : 2 Ukraine GRUPPE E Paris, Parc des Princes Kroatien 0 : 1 Türkei Lille Do., 16.6. 18 Uhr Toulouse S Nordirland 2 : 0 Di., 21.6 3 3 3 3 GRUPPE D So., 12.6. 15 Uhr Nizza 1 : 0 St. Etienne 0 : 3 1. Wales 2. England 3. Slowakei 4. Russland : Schweiz Deutschland 0 : 0 Russland Sa., 25.6. 21 Uhr St. Etienne Russland Mo., 20.6. 21 Uhr Albanien S 3 3 3 3 So., 12.6. 21 Uhr 2 : 1 Slowakei Lyon 1. Frankreich 2. Schweiz 3. Albanien 4. Rumänien Marseille Slowakei Mo., 20.6. 21 Uhr Frankreich 0 : 1 Rumänien Polen 1 : 2 Russland Lille So., 19.6. 21 Uhr Slowakei 1 : 1 England 1 : 1 Rumänien So., 12.6. 18 Uhr Sa., 11.6. 21 Uhr Schweiz FRANKREICH GRUPPE C Bordeaux 2 : 1 Wales Lens 0 : 1 Albanien Sa., 11.6. 18 Uhr Paris, St. Denis verewigte sich an einem denkwürdigen Abend gleich dreifach in den Geschichtsbüchern: Als erster Fußballer traf er bei vier EM-Endrunden, kletterte in der ewigen EM-Torjägerliste mit jetzt acht Toren auf Rang zwei und avancierte mit 17 Einsätzen zum alleinigen EM-Rekordspieler. Mit seinen beiden Toren verhinderte er das erstmalige Scheitern Portugals in der EMVorrunde. Auch ohne viele Stammkräfte machte Ungarn dem Favoriten das Leben schwer. Mit großem läuferischen Aufwand nahmen sie Ronaldo und Co. zunächst die Lust am Spiel – und gingen sogar in Führung. Mit seinem sehenswerten 20-Meter-Schuss avancierte Gera mit 37 Jahren und 61 Tagen hinter dem Österreicher Ivica Vastic (38 Jahre und 257 Tage) zum zweitältesten Torschützen der EMGeschichte. Kurz vor der Pause hatte Ronaldo dann seinen ersten genialen Moment. Sein sehenswertes Zuspiel nutzte Nani zu seinem zweiten Turniertreffer. Ronaldo zeigte die Faust. Es war der Startschuss für eine dramatische Partie – und die ganz große Ronaldo-Show. REUTERS/KAI PFAFFENBACH Island schafft die große Sensation Fr., 10.6. 21 Uhr DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Marseille : Finale Sieger VF 2 So., 10.7. 21 Uhr Sieger VF 3 Sieger VF 4 Paris, St. Denis : Sieger HF 1 Sieger HF 2 STAND: 22.06.2016, 20:00 UHR © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb EM 2016 13 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 „Jetzt müssen wir mit den Favoriten tanzen“ Spaniens Spieler verlieren die Demut – und machen sich die EM unnötig schwer GETTY IMAGES/DENNIS GROMBKOWSKI DIE WELT KOMPAKT Er vergab die Riesenchance: Spaniens Sergio Ramos scheiterte beim Stand von 1:1 gegen Kroatien vom Elfmeterpunkt S chwacher Trost, dass letztlich doch einer von Real Madrid das Spiel entschied. Dabei war der angeschlagene Luka Modric gar nicht mal mit von der Partie. Erst als sich sein Vereinskollege Sergio Ramos beim Stand von 1:1 den Ball zur Ausführung eines Elfmeters schnappte, trat er auf den Plan und vermittelte von der Ersatzbank über Kapitän Dario Srna seine Einschätzung an Torwart Danijel Subasic: „Lange stehen bleiben und dann leicht nach rechts“. Ramos tat wie vermutet, Subasic wie ihm geheißen, und Kroatien blieb im Match, das es durch ein Tor des überragenden Ivan Perisic drei Minuten vor Schluss entschied. Womit vielleicht nicht die Fußballwelt auf den Kopf gestellt wurde, aber doch dieses Turnier. VON FLORIAN HAUPT AUS BORDEAUX Spanien nämlich verlor durch dieses 1:2 den fest einkalkulierten Gruppensieg und gesellt sich nun in dieselbe Hälfte des EMTableaus wie Italien, Deutschland, Frankreich und England. Die kontinentalen G5 werden also maximal einen Finalisten unter sich ausmachen, gleich am Montag steigt die Wiederauflage des letzten Endspiels zwischen Spaniern und Italienern. „Jetzt müssen wir mit den Favoriten tanzen, aber um Champion zu werden, muss man eben die Besten schlagen“, erklärte Ramos. „Italien, okay; sie werden uns auch mit Respekt begegnen, weil wir Spanien sind“, ergänzte Flügelstürmer Nolito. „Große Mannschaften, aber das ist Spanien auch“, sekundierte Andrés Iniesta. „In dieser Hinsicht habe ich keine Zweifel an meinem Team.“ Sollte er aber vielleicht lieber haben. Die Euphorie der letzten Tage, als man sich selbst für seinen Fußball feierte, hat jedenfalls nicht wirklich weitergehol- fen. Spanien verschluderte in vollem Wissen um die Konstellation seine Chance auf einen ungleich leichteren Weg durchs Turnier. Vicente Del Bosque schickte zwar seine Stammelf ins Rennen. Doch die verstand das Signal nicht, sie war immer noch in „Eurodisney“, wie ein „Marca“-Kolumnist anmerkte. Sie „schoss sich selbst ins Bein“ („El País“). Spaniens Spieler waren nach dem Spiel nicht in der Lage eine realistische Bewertung des Geschehens vorzunehmen. Wie auf Autopilot beteten sie herunter, dass „wir das Spiel eigentlich über die ganze Zeit kontrolliert haben“ (Nolito). In Wirklichkeit war Kroatien trotz seiner Ausfälle jederzeit gleichwertig. Die Parallelwelt der „selección“ beschränkt sich aber nicht auf den Fußball. Am Sonntag wird in Spanien zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres gewählt. Zwei der wichtigsten Kandidaten haben sich auch zur Nationalelf geäußert. Pedro Sánchez, Chef der Sozialisten, und Pablo Iglesias, Anführer der Basisbewegung Podemos, versuchten allerdings nicht, auf irgendeine Euphorie- oder Patriotismuswelle aufzuspringen. Die Politiker erhoben nachdenkliche Worte. Sánchez sagte, er fühle sich „nicht wohl“, wenn er Torwart David De Gea die spanischen Farben vertreten sehe, „nachdem sein Name von einer Minderjährigen befleckt und angezeigt wurde“. Iglesias pflichtete ihm bei. De Gea wird von dem Mädchen beschuldigt, ein Treffen zwischen ihr und zwei Fußballern vermittelt zu haben, bei dem sie vergewaltigt worden sein soll. „Es gibt Personen, die eine absolute Vorbildfunktion haben“, begründete Sánchez seine Skepsis. Bei der spanischen Nationalmannschaft finden solche Sorgen jedoch keine Entsprechung. Natürlich, es gilt die Unschulds- vermutung, und De Gea, der die Vorwürfe bestreitet, ist bislang nicht angeklagt. Aber die juristische Seite ist ja nur das eine, die moralische eine andere. Frank- reich hat den ebenfalls nicht verurteilten Karim Benzema für die EM außen vor gelassen. Bei Spanien hingegen wurde De Gea just drei Tage nach Bekanntwerden der Vorwürfe erstmals zum Stammkeeper befördert. Kapitän Iker Casillas rückte dafür auf die Bank. War dieser Wechsel wirklich nötig? Del Bosque spricht immer noch gern von „Demut“. Doch seine Spieler fallen plötzlich durch patzige Klagen über ihre Ersatzspielerrolle wie Flügelstürmer Pedro („So hat es keinen Sinn, hierher zu kommen“) auf oder durch Vorwürfe an die Journalisten, solche Äußerungen zu thematisieren wie von Gerard Piqué („Euch ist wohl langweilig“). Der katalanische Innenverteidiger wurde bei der Hymne vor dem Kroatien-Spiel dabei erwischt, wie er seinen – nach unten – gerichteten Mittelfinger zur Schau stellte. Zumindest den Vorwurf des Vaterlandsverrats konnte er aber glaubhaft entkräftigen. „Ich kreuze mir nur die Finger“, twitterte er. „Suchen wir doch keine Polemik, wo es keine gibt, und versuchen alle zusammen die EM zu gewinnen.“ Der Weg dorthin wird nach Spaniens erster EM-Niederlage seit 2004 nicht einfacher. ANZEIGE Mehr Liive-Tennis s, als Du denkst Wimbledon ab Juni Wim mbledon liive nur auf Sky Hol Dir auch die größten ATP-Turniere und noch mehr Live-Sport: Ab 27. Juni Wimbledon, das älteste und prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt, live und exklusiv auf Sky Ab 2017 alle Turniere der ATP World Tour Master 1.000 live und exklusiv im TV Ab 2017 ausgewählte Turniere der ATP World Tour 500 live und exklusiv im TV Ab 2017 die ATP World Tour Finals mit den acht bestplatzierten Spielern der ATP-Weltrangliste Mehr Mobilität: Mit Sky Go* bist Du immer live dabei, egal wo Du bist Ab 99 € mtl.* im m 12- Monat s-Abo, danach ab € 37, 7,49 mtl.** Nur noch für kurze Zeit: € 0 €st5at9t Aktivvieru ungsgebühr* Mehr Infos unter sky.de/livesport | 01806 884 000 00 € 0,20 inkl. MwSt./Anruf aus dem dt. Festnetz; max. € 0,60 inkl. MwSt./Anruf aus dem Mobilfunknetz *Angebot gilt bei Buchung von Sky Starter und einem Premiumpaket (Sky Fußball-Bundesliga oder Sky Sport Paket) für € 19,99 mtl. bzw. 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Foto: © AFP/Getty Images © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 14 SPORT DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Messi erteilt Klinsmann eine Lehrstunde A ls die Fußballlehrstunde vorbei war, ging Jürgen Klinsmann mit einem Lächeln auf Lionel Messi zu, gratulierte ihm und wechselte mit Argentiniens Superstar ein paar Worte. Der Trainer der US-Nationalelf zeigte sich in Houston als fairer Verlierer. Eine andere Rolle blieb ihm nach dem 0:4 gegen Argentinien im Halbfinale der Copa America Centenario auch nicht übrig. „Wir werden von diesen Spielen lernen, sind dankbar, dass wir an dieser Copa America teilnehmen dürfen“, gab sich der 51-Jährige demütig. Man habe es unter die letzten Vier geschafft. Es werde immer einen Schritt nach hinten geben und dann zwei nach vorne, meinte Klinsmann nach der höchsten Niederlage eines US-Teams in der Turniergeschichte. Die Amerikaner hoffen nun am Samstag im Spiel um Platz drei auf einen versöhnlichen Abschluss. Argentinien hingegen steht wie im Vorjahr im Finale. Die Freude der Argentinier über den Sieg wurde indes getrübt. Stürmer Ezequiel Lavezzi brach sich bei einem Sturz über die Werbebande den linken Ellenbogen. Nach Angaben von Trainer Gerardo Martino muss Lavezzi operiert werden. Noch in der dritten Minute hatte er die Argentinier in Führung gebracht. Messi (32.) und zweimal Gonzalo Higuain (50., 86.) machten mit ihren Treffern die Überlegenheit des WM-Zweiten im mit 70.858 Zuschauern ausverkauften NRG Stadium deutlich. Das frühe Tor von Lavezzi nach Vorarbeit des überragenden Messi hatte die Gastgeber komplett aus dem Konzept gebracht. „Wir haben im Vorfeld darüber geredet, dass es jetzt nur noch ums Mentale geht. Und wenn du so früh hinten liegst, hast du die mentale Schlacht bereits verloren“, analysierte Klinsmann. „Wir hatten einfach zu viel Respekt“, sagte Verteidiger Geoff Cameron. KOMPAKT OLYMPIA Russische Kronzeugin bei Olympia dabei? IOC-Präsident Thomas Bach hat eine Hintertür für einen Start der russischen Whistleblowerin Julija Stepanowa bei Olympia in Rio geöffnet. Voraussetzung sei ein Antrag des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF. Die Läuferin hatte 2014 den russischen Dopingskandal mit ihren Aussagen ins Rollen gebracht. BASKETBALL Nowitzki steigt aus Vertrag bei Dallas aus Superstar Dirk Nowitzki hat wie angekündigt seinen Vertrag bei den Dallas Mavericks gekündigt. Ein Abschied aus Dallas ist für den Deutschen trotzdem kein Thema. Der 38-Jährige wird einen neuen Vertrag zu kleineren Bezügen unterschreiben, damit sein Team mehr Geld für neue Spieler hat. Nowitzki hätte 7,7 Millionen Euro erhalten sollen. AP/REBECCA BLACKWELL Argentinien siegt im Copa-Halbfinale gegen die USA – doch ein Star verletzt sich schwer Fifa-Chef Gianni Infantino droht nach Einschätzung von Insidern die Suspendierung Infantinos Schicksal liegt in fremden Händen E s sind nervenaufreibende Tage für Gianni Infantino, den Präsidenten des Fußball-Weltverbandes Fifa. Wie die „Welt am Sonntag“ vor zweieinhalb Wochen berichtete, droht dem 46 Jahre alten Schweizer eine Sperre durch die verbandseigene Ethikkommission. Nun erfuhr die „Welt“ aus Fifa-Kreisen, in wessen Händen das Schicksal Infantinos liegt – in denen von Djimrabaye Bourngar aus dem Tschad. VON TIM RÖHN FUSSBALL 1860: Kreuzer geht, Eichin kommt Zweitligist 1860 München und Sportdirektor Oliver Kreuzer (50) haben die Trennung vollzogen. Wie der Klub mitteilte, stehe „der Nachfolger für die Position des Sportdirektors bereits fest und wird in den nächsten Tagen bekannt gegeben“. Nach Informationen von „Sport1“ handelt es sich dabei um Thomas Eichin, zuvor bei Werder Bremen. Weil der Vorsitzende der Ermittlungskammer, Cornel Borbely, wie Infantino ein Schweizer ist, darf er die Ermittlungen satzungsgemäß nicht führen, und so hat Bourngar die Leitung der Untersuchung übernommen. Der Afrikaner nahm seine Arbeit bei der Ethikkommission im Juli 2015 auf. Im vergangenen Februar – bei der Wahl Infantinos – wurde er zum stellvertretenden Chef der Ermittlungskammer gewählt. Die Causa Infantino ist sein erster großer Fall im neuen Amt. Djimrabaye Bourngar aus dem Tschad leitet die Ermittlungen gegen den Fifa-Chef Zur Fifa kam Bourngar auf Vorschlag von Hans-Joachim Eckert, des Vorsitzenden der rechtsprechenden Kammer der Ethikkommission. Wie Eckert, ehemals Richter, ist auch Bourngar Jurist. Seit März dieses Jahres arbeitet er als Rechtsanwalt für die Mission der Vereinten Nationen (UN) zur Stabilisierung des westafrikanischen Staates Mali. Zuvor war Bourngar im Justizministerium seines Heimatlandes Tschad tätig. Nun also Infantino und seine umstrittenen Privatjetflüge um die Welt. Auch um Komplottvorwürfe geht es, um angebliche Verstöße gegen das Schweizer Vereinsrecht. Mehrmals wurde der Fifa-Chef bereits vernommen, auch wenn die Fifa-Ethiker bislang dementieren, dass es eine formale Un- tersuchung gibt. Möglich sind aktuell drei Szenarien: Die Ethikkommission verkündet die Eröffnung einer solchen Untersuchung und suspendiert Infantino für 90 Tage. Oder er darf im Amt bleiben, solange ermittelt wird. Variante Nummer drei: Infantino kann sich in den Vernehmungen durch Bourngar entlasten – was nach Einschätzung von Insidern unwahrscheinlich ist. Eine Anfrage der „Welt“ an den Tschader Ethikermittler zu seinen Untersuchungen blieb bislang unbeantwortet. Auch die Frage, wo er sich gerade aufhalte, beantwortete er nicht. Sein Aufenthaltsort könnte ein Indiz sein für das, was kommt: Am Tag, bevor Joseph Blatter gesperrt wurde, flogen die wichtigsten Ethikermittler der Fifa aus aller Welt nach Zürich und stimmten sich ein letztes Mal ab. Dann suspendierten sie den bis dato mächtigsten Fußball-Funktionär der Welt. Ob es bei Infantino ebenso kommt? Bis Ende nächster Woche, so heißt es, wird sich der Mann aus dem Tschad entschieden haben. ANZEIGE KI1604-D01-WK01SZ | KI1604-D01-WK03SZ | KI1604-D01-WK05SZ Länger lesen lohnt sich: 35 €-Gutschein sichern! 1-Monats-Angebot 4 Wochen frei Haus lesen + 10-€-Gutschein zur Wahl. 2-Monats-Angebot 2 Monate frei Haus lesen + 20-€-Gutschein zur Wahl. 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Schade, dass es die „Dialektik der Aufklärung“ nicht als knackige App gibt. Stehen echt Hammersätze drin. Beispiel: „An der rätselhaften Bereitschaft der technologisch erzogenen Massen, in den Bann eines jeglichen Despotismus zu geraten, an ihrer selbstzerstörerischen Affinität zur völkischen Paranoia, an all dem unbegriffenen Widersinn wird die Schwäche des gegenwärtigen Verständnisses offenbar.“ Gut, der Satz ist zu lang für eine App. Aber trotzdem Hammer. Man muss nicht Kulturpessimist zu sein, um den Verdacht zu hegen, dass das Projekt Aufklärung gerade wieder einmal dabei ist, in sein Gegenteil umzuschlagen. Das 21. Jahrhundert wird seit dem 11. September 2001 geprägt von zwei Strömungen: Die eine ist ein radikaler Islamismus, der sich als Opposition gegen all das definiert, was der Westen für Errungenschaften der Aufklärung hält. Die zweite ist die Reaktion des Westens auf den islamistischen Terror – und auf globale Transformationsprozesse, die traditionelle Identitätsvorstellungen infrage stellen. Stichwort: Migration. In seiner Reaktion auf diese Erschütterungen scheint der Westen selbst zunehmend bereit, sein aufklärerisches, „abendländisches“ Wertegerüst zu zertrümmern. Beschleunigt wird die lustvolle Selbstdekonstruktion durch massive identitäre Verunsicherung: Wer sind wir noch? Was bleibt von uns übrig? Der Zweifel schlägt sich nieder als Entfesselung des politischen Diskurses. Aktuelle Trending-Topics: „#Verdummung“ und „#Verrohung“. Zunächst enthemmte sich das Reden in obskuren Internetforen, dann zog es in die sozialen Netzwerke und Kommentarspalten der Medien. Ein anschwellender Bocksgesang, der alles abräumen möchte, was unser Gemeinwesen trägt: Parlamente, Medien, Institutionen und ihre Repräsentanten. Der dünne Firnis der Zivilisation wird munter abgeschabt. Der destruktive Charakter, sagt Walter Benjamin, will Platz schaffen. Wofür, weiß er nicht. Als gäbe es ernsthaft etwas Besseres. Das Prinzip Verantwortungslosigkeit hat inzwischen die Wahlkämpfe erreicht. Trumps Kam- SASCHA LEHNARTZ ǑǑ Der destruktive Charakter will Platz schaffen. Wofür, weiß er nicht. Als gäbe es ernsthaft etwas Besseres pagne ist dafür ebenso beredtes Beispiel wie Teile der Brexit-Debatte. In beiden dominiert die Verächtlichmachung des anderen. Es ist ein HassSprechen, das Hass-Taten gebiert. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der gröbsten zivilisatorischen Aussetzer der letzten zehn Tage, denn man vergisst ja inzwischen alles so schnell, auch die Gräuel. Man wirft die Orte und die Täternamen durcheinander, weil es zu viele sind, von den Motiven gar nicht zu reden. War das jetzt ein Psychopath? Ein Islamist? Ein Rechtsradikaler? Oder alles zusammen? Omar Mateen, 29, metzelte am 12. Juni in einem Gay-Klub in Orlando 50 Menschen nieder. Mateen erklärte sich zum IS-Kämpfer. Reale Kontakte zu der Terrorgruppe hatte er offenbar nicht. Er fotografierte sich aber gern mit dem Handy vor dem Spiegel und trug dabei T-Shirts der New Yorker Polizei. Einen Tag später tötete der 25 Jahre alte Franzose Larossi Abballa im Pariser Vorort Magnanville den Polizisten Jean-Baptiste Salvaing und dessen Frau Jessica Schneider. Aballa filmte sich während Mit 14 Jahren Zielperson der Tat und erwog, das dreijährige Kind des Paares ebenfalls zu ermorden, bevor die Polizei ihn erschoss. Zeitgleich begann in Frankreich die Fußballeuropameisterschaft. Vor den Stadien verprügelten sich Hooligans der Teilnehmerländer, um die „wahre Nummer eins in Europa“ zu ermitteln. Besonders taten sich dabei Russen, Briten, Kroaten, Polen und Deutsche hervor. Der russische Sportminister (sic!) lobte „seine Jungs“ für ihren Einsatz. Die Kroaten verprügelten sich gleich selbst. Das einzige europäische Projekt, das momentan unter Europäern Begeisterung auslöst, ist das, sich gegenseitig möglichst fest aufs Maul zu hauen. Unterdessen formulierte Donald Trump seine sicherheitspolitische Antwort auf Orlando: Die Klubbesucher hätten höhere Überlebenschancen gehabt, wenn sie Waffen getragen und zurückgeschossen hätten. Trump empfiehlt die Saloonschießerei, wie man sie aus Roberto-Rodríguez-Filmen kennt. Am Ende sind alle tot. Bei der SA hieß das in den Dreißigerjahren „Saalschlacht“. Die Folgen kennt man, wenn man Geschichte nicht abgewählt hat. Mit Weimar-Vergleichen ist man oft zu schnell bei der Hand, aber inzwischen kommen sie von nüchternen Naturen wie dem Historiker Paul Nolte. Der Soziologe Stephan Lessenich spricht derweil vom eingebildeten Abstieg einer Mitte, die sich radikalisiere. Vielleicht besteht die Einbildung aber auch darin, dass die Radikalisierten glauben, sich noch in der Mitte zu befinden. In Deutschland empfiehlt sich eine Partei als Alternative, die etwas gegen „raumfremde“ Nachbarn hat und die erst einen Gutachter bestellen muss, um herauszufinden, ob ein Parteimitglied, das die „Weisen von Zion“ für ein thesenstarkes Sachbuch hält, Antisemit ist. Am Freitag vor einer Woche wurde die Labour-Abgeordnete Jo Cox in ihrem Wahlkreis in Yorkshire von einem Mann bestialisch ermordet, der „Großbritannien zuerst“ grölte, bevor er die 42 Jahre alte Mutter zweier Kinder niedermetzelte. Fragte man einen unerschütterlichen Idealisten, wie eine vernünftige Politikerin für unübersichtliche Zeiten wie die unsrigen beschaffen sein sollte, er zeichnete vermutlich eine Skizze, die Jo Cox ziemlich nahekäme: Sie war jung, engagiert, hatte sich aus eigener Kraft aus einfachen Verhältnissen nach oben gearbeitet und setzte sich in ihrem Wahlkreis für eine Wählerschaft ein, die nicht zu den Gewinnern der Globalisierung gehört. Sie redete Klartext, war dafür, Flüchtlingen zu helfen, und verstand die multikulturelle Gesellschaft als Chance, nicht per se als Bedrohung. Ermordet wurde sie von einem Nazi – oder von einem Irren mit Nazi-Magazin-Abo, das ist noch nicht geklärt. Ein 77 Jahre alter Mann versuchte vergeblich, die Frau zu verteidigen, die eine politische Hoffnung verkörperte. Das könnte ein Sinnbild für die Lage sein. Die Guten sind zu wenige und zu verletzlich. Beunruhigend viele Briten erliegen derzeit dem Irrtum, die Kontrolle verloren zu haben. Die Kontrolle über ihre Grenzen, ihre Nation, ihr Schicksal oder was auch immer. Die Kontrolle verloren haben sie aber nur über sich selbst. Und da sind sie nicht die Einzigen. rst 14 Jahre jung und wegen möglicher Anschlagsabsichten schon Ausspähungsziel der Geheimdienste? Ja, so wird es kommen. Die Regierung hält die abgesenkte Abhöraltersgrenze für nötig, um Terrorangriffe zu unterbinden. Viele deutsche IS-Anhänger sind praktisch Kinder. Sie haben in der Pubertät den Fanatismus entwickelt, der sie schon mit 15, 16 Jahren zu Täter(inne)n werden lässt. Eine so frühe Radikalisierung hat es auch nach 1968 gegeben. Aber damals griffen solche Jugendlichen nicht sofort zum Kampfmesser oder zu Sprengstoff. Sie schlossen mit sich auch keinen Selbstmordpakt. Die islamistische Verführung hat eine neue Dimension. Deshalb auch schweigen die Kritiker bei diesem einen Punkt der Geheimdienstreform und der Antiterrormaßnahmen. Sie ahnen, dass es Islamisten nicht um die freie Äußerung radikaler Ansichten geht, sondern um den Willen, Menschen zu ermorden. Das ist sogar denen bewusst, die sonst hinter jeder Staatsmaßnahme die Absicht wittern, Bürger zu unterjochen. Der fehlende Aufschrei wegen der Absicht, Jugendliche auszuspähen, hat etwas Bigottes an sich. Die Überwachung potenzieller Gefährder wird nun wirklich tief ins Alltags- und Familienleben der Betroffenen eindringen. Aber wenn die Gefahr augenfällig wird, gelten plötzlich die paranoiden Ängste vor dem kontrollwütigen Staat nichts mehr. Das ausgewählte Schweigen der Geheimdienstskeptiker zeigt, dass die Koalition die Kritik an anderen Antiterrorvorhaben, zum Beispiel dem erweiterten Datenaustausch mit ausländischen Diensten, kaum wirklich ernst zu nehmen braucht. Die Grundsatzkritik am angeblichen Überwachungsstaat trägt weithin eher einen akademischen als einen alltagsrelevanten Charakter. Alltagsrelevant ist: Es gibt eine reale Gefahr für Leib und Leben. Nur der Staat kann sie abwenden. Er hat eine Schutzpflicht. Es ist bedrückend genug, dass der Bundestag es für nötig hält, Jugendliche abzuhören, die oft noch halbe Kinder sind. Der Grund dafür ist leider klar genug zu erkennen. [email protected] [email protected] © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung TORSTEN KRAUEL E WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 DANIEL KRÜGER (8) 16 BILDER © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 BILDER 17 Philosophie des anderen Blickwinkels Bereits vor einem Jahr war der Künstler an dieser Stelle zu Gast. Das sagte er noch über seine Werke: „Ich wollte nur etwas an der Wand hängen haben.“ Jetzt stellt Daniel Krüger erstmals aus. Er lebt als Journalist und Künstler in Berlin. „Dazwischen“ heißt die Schau, die im Rahmen des Berliner Kunstfestivals 48H Neukölln stattfindet und bei der auch seine Arbeiten zu sehen sein werden. Krügers Motto: „Ikonen brechen, neue Blickwinkel schaffen.“ Egal ob Philosophen, Werbefiguren oder Star-Wars-Gleiter: Ihnen allen entlockt Krüger mit seinen Bildern eine tiefere Ebene. T Die Ausstellung ist vom 24. bis 26. Juni im Arabischen Kulturinstitut – AKI (Reuterstraße 45 in Berlin) zu sehen. Öffnungszeiten: Freitag von 19:30 bis 21 Uhr, Samstag von 14 bis 19 Uhr (mit musikalischer Untermalung) und Sonntag von 14 bis 19 Uhr © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 18 REPORT or zwei Jahren bewegte sich Alexander Borodaj mit Leibwächtern in Tarnuniform durch die ostukrainische Stadt Donezk. Er gab Konferenzen vor Journalisten und überreichte die Flugschreiber der abgeschossenen MH17-Maschine an die malaysischen Experten. Borodaj, der sich der erste „Premierminister der Volksrepublik Donezk“ nannte, spielte eine entscheidende Rolle zu Beginn des Konflikts. Ein russischer PR-Berater hatte sein friedliches Leben in Moskau gegen den Krieg getauscht – für die Ukraine war das ein klarer Beweis dafür, dass die ganze Operation vom russischen Staat gesteuert wird. Der ukrainische Geheimdienst veröffentlichte abgehörte Telefongespräche, in denen sich Borodaj angeblich mit dem Oligarchen Konstantin Malofejew und einem ehemaligen Mitarbeiter der Präsidialverwaltung abspricht. Borodaj selbst sieht sich als einen russischen Freiwilligen, der seinem Herzen in die Ostukraine gefolgt ist. Er war schon an der Vorbereitung der Krim-Annexion 2014 beteiligt gewesen – als PR-Berater, als Meister von Inszenierungen für die Medien. „Wir mussten die ukrainische Junta besiegen, die die Macht nach einem Umsturz übernommen hatte, und die Ukraine zu einem normalen Teil des russischen Staates machen“, sagt er. Seit Oktober 2014 war er nicht mehr in Donezk, er geht wieder seiner Tätigkeit als PR-Berater nach. Aber er zieht immer noch die Fäden: 2015 gründete er einen „Verband der Donbass-Freiwilligen“. Es seien die Freiwilligen gewesen, das russische Volk, die Donezk geholfen hätten – das ist die Geschichte, die er gern erzählt. Bis zum späten Abend führt er in einem Moskauer Einkaufszentrum Gespräche über die Angelegenheiten des Verbands. Er bestellt sich einen Kaffee, später noch eine Cola, um wach zu bleiben. Neben ihm sitzt sein Co-Vorsitzender im Donbass-Verband, ein großer Mann. Andrej Pintschuk, der schaut, als vermute er hinter jeder Ecke ein Sicherheitsrisiko, baute in der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“ den Geheimdienst auf. Er war mehrere Jahre der stellvertretende Geheimdienstchef eines anderen Pseudostaats im postsowjetischen Raum – Transnistrien. Danach arbeitete er in Russland, als „Chef der Sicherheitsdienste von Betrieben und Konzernen“. Nur ungern erzählt Pintschuk etwas über seine Vergangenheit. „Wissen Sie, ich habe Schwierigkeiten damit, mir genaue Daten zu merken“, sagt er ausweichend. Sogar mit seinem Geburtsort und Alter zögert er lange, bis sich Borodaj einmischt. Pintschuk sei doch 38 Jahre alt, fünf Jahre jünger als er selbst. Also zu jung, um am Krieg in Transnistrien teilgenommen zu haben. Borodaj war mit 19 Jahren damals als Freiwilliger an den Kämpfen beteiligt. Pintschuk sagt, er sei ein ethnischer Ukrainer, er habe in Kiew, Moskau und Transnistrien studiert und in Moskau promoviert. Auch er war schon im Frühjahr 2014 auf der Krim. „Ich habe die Wahl des Volkes unterstützt“, lautet seine Beschreibung dessen, was er damals machte. „Den Bürgerweh- stunde verdammt.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass die Separatistengebiete wieder Teil der Ukraine werden, wie es vom Minsker Abkommen vorgesehen ist, sagt Borodaj. Auch Wahlen dort hält er für unwahrscheinlich. Aber was ist mit der offiziellen Position Moskaus dazu? Der Außenminister sagte doch vor Lugansk abhielten, sagten viele der Einwohner, die daran teilnahmen, sie wollten den Anschluss an Russland, wie die Krim. Die Separatisten schickten nach dem Referendum sogar eine Bitte an Moskau, die ostukrainischen Regionen als Teil Russlands aufzunehmen. Sie wurde nicht erfüllt. War alles vom An- AFP/ ALEKSEY FILIPPOV V DIE WELT KOMPAKT Die Insignien der Sowjetunion in der „Volksrepublik Donezk“: ein Junge in historischer Uniform „Leider mussten wir einen Krieg führen“ Zwei Russen halfen beim Aufbau der Separatisten-Republiken in der Ostukraine. Nun betreuen sie die Kämpfer von Moskau aus ren als Berater geholfen.“ Später sei er damit beauftragt gewesen, die ukrainischen Geheimdienste in die neue, nun russische Struktur zu überführen. Borodaj und Pintschuk stehen auf der EUSanktionsliste, reisten aber im November vergangenen Jahres problemlos in Serbien. Wenn die beiden heute zurückblicken, sind sie mit ihrer jeweiligen Rolle zufrieden. Borodaj sagt, er habe aus der Anarchie eine Republik aufgebaut. „Wir haben gute Ergebnisse erzielt, denn die Tatsache, dass die Republiken von Donbass existieren, ist ein Sieg“, sagt er. „Jeden Tag ihrer Existenz bringen sie der sogenannten Ukraine Schaden.“ Überhaupt sei das Wort Ukraine lächerlich, erklärt Borodaj. Er sei eher für den Begriff „Malorossoja“ – „Kleinrussland“. Seine eigene Familie habe ihre Wurzeln dort. „Die eigenständige ukrainische Staatlichkeit ist eine unnatürliche Sache“, legt er noch nach. Zu ihrem Kaffee entscheiden sich die beiden großen Männer überraschend für PawlowaTörtchen, zarte Kreationen aus Baiser, Creme und Blaubeeren. Die beiden stechen ihre Gabeln energisch in die Kuchen, ganz so, als hätten sie den ukrainischen Staat vor sich. „Der Rest der Ukraine ist dazu verdammt, in mehrere Teile zu zerfallen“, sagt Borodaj, während er mit einem Knirschen den Baiser kaut. „Sie war dazu in ihrer Geburts- Kurzem, der Donbass solle Teil der Ukraine bleiben. „Das russische Außenministerium hat vor Kurzem auch erklärt, dass Transnistrien ein Teil von Moldau bleiben soll“, antwortet Pintschuk. „Das Außenministerium macht solche Erklärungen seit 26 Jahren. Aber Russland unterstützt Transnistrien weiter. Das hat nichts mit den Erklärungen des Außenministeriums zu tun. Sie machen ihre Erklärungen – das ist ihre Arbeit.“ Überhaupt habe das Abkommen von Minsk „andere Ziele“ gehabt, so Pintschuk. „Verstehen Sie, alle Abkommen haben formelle und reale Ziele“, so Borodaj. „Entscheidend für Donezk war, dass Donezker und Lugansker Volksrepubliken von Objekten zu Subjekten von Verhandlungen geworden sind, dass sie praktisch auf Augenhöhe mit der Ukraine sprechen.“ Die Einwohner von Donezk hatten den Schwebezustand zwischen Krieg und Frieden im Frühjahr und Sommer 2014 aber vermutlich nicht als Ziel empfunden. Die wenigsten hatten eine klare Vorstellung, wohin die Reise geht. Als die Rebellen im Mai „Referenden“ in Donezk und JULIA SMIRNOVA fang an nur eine Inszenierung? „Alle haben Parallelen zur Krim gesehen, alle hielten es für real“, sagt Borodaj. Auch er habe darauf gehofft, dass die Frage „ungefähr wie auf der Krim“ gelöst werde. „Aber leider mussten wir einen Krieg führen.“ Das Referendum habe er lediglich beobachtet, nicht organisiert. Und ja, er stand danach auch mit Moskau in Kontakt, auch mit dem zuständigen Mitarbeiter der Präsidialverwaltung, Wladislaw Surkow. „Ich habe meine Aufgabe darin gesehen, die Menschen, die hier Entscheidungen treffen, über die wirkliche Lage im Donbass zu informieren.“ Warum aber russische Beamte die eine oder andere Entscheidung getroffen haben, wolle er nicht beurteilen. Schließlich hätten sie mehr Informationen über die internationale Lage und über mögliche Folgen für Russland gehabt. Viele Separatisten sprachen damals von „Noworossija“ – „Neurussland“. So bezeichneten sie acht ostukrainische Gebiete, und in Kiew sah man ein großes Risiko, dass sich der von Russland unterstützte Aufstand auf diese Regionen ausbreiten könnAlexander Borodaj (l.) leitet heute zusammen mit Andrej Pintschuk den Verband der Donbass-Freiwilligen © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 te. Heute bezeichnet Borodaj die Gespräche über „Neurussland“ als „Frühstart“. „Man brachte den Brand zu früh auf den Markt“, erklärt er in MarketingSprache, in der die Idee zur Marke wird. „Wenn wir das ganze Territorium von Neurussland unter unsere Kontrolle gebracht hätten, wäre das eine andere Sache gewesen. Aber wir haben es nicht geschafft.“ Einen Teil der Schuld an den militärischen Niederlagen geben die beiden Männer einem weiteren russischen Staatsbürger. Der ehemalige Geheimdienstoffizier Igor Girkin, bekannt als Igor Strelkow, war einige Monate der „Verteidigungsminister“ der Separatisten. Anfang August 2014 musste er Donezk verlassen. Borodaj begleitete ihn mit seinen Leuten bis zur russischen Grenze. Sein Abgang sei mühsam gewesen, denn Girkin habe sich gesträubt. Praktisch sei er schon eine Woche zuvor kein Verteidigungsminister mehr gewesen, seine Befehle seien nicht ausgeführt worden. Die beiden Männer machen Andeutungen auf eine psychische Krankheit Girkins. „Er hatte Anfälle von Hysterie, weinte, dann war er wie erstarrt und deprimiert“, sagt Pintschuk. „Er hat seine Probezeit nicht bestanden.“ Heute führt GirkinStrelkow eine eigene politische Bewegung, kritisiert den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die lange Freundschaft mit Borodaj ist zerfallen. Borodaj zog sich im August 2014 ebenfalls zurück, sein Amt des „Premierministers“ übergab er an Alexander Sachartschenko, der aus Donezk stammt. „Ich ging, weil ich mit meinem Pass politischen Schaden anrichtete“, sagt er. „Die Minsker Verhandlungen sollten bald beginnen. Da war es unsinnig, dass ein russischer Staatsbürger den Donbass leitet.“ Pintschuk blieb vorerst Leiter des Geheimdienstes, bis zum März 2015. Er ging, nachdem das zweite Abkommen von Minsk unterschrieben war und die Separatisten die Schlacht um Debalzewe gewonnen hatten. „Ich ging, weil der Krieg zu Ende war“, sagt Pintschuk. Der große Krieg war für ihn zu Ende – trotz anhaltender Schusswechsel, trotz der Erklärungen von Sachartschenko, der mit neuen Offensiven drohte. Vielleicht seien diese Erklärungen politisch motiviert gewesen, sagt Pintschuk, oder vielleicht habe Sachartschenko auf Unterstützung gehofft und sie dann nicht bekommen. Heute konzentrieren sich die beiden Männer auf ihren Donbass-Freiwilligenverband, der nach eigenen Angaben rund 7000 Mitglieder hat. Den Verletzten helfen sie mit Prothesen und medizinischer Rehabilitation, die Kämpfer aus dem Donbass erholen sich in Sanatorien auf der Krim. Auch nach dem offiziellen Rückzug von Borodaj und Pintschuk wird die Betreuung der Kämpfer in der Ostukraine von Russland aus organisiert. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb WIRTSCHAFT FINANZMÄRKTE DATEN VON Marktstimmung in Deutschland gemessen am Angst-Index VDax - Aktuell W Euphorie - Vorheriger Handelstag W Beschwingtheit W Niedergeschlagenheit W Verzweiflung W Gleichgültigkeit Dax Punkte Euro-Stoxx-50 22.06. 10071,06 Dow Jones 22.06. 2978,31 Gold Punkte 22.06. Punkte $/Feinunze 17817,75 22.06. 1264,85 DAX Name Schluss 22.06. Adidas NA 123,80 138,20 Allianz SE vNA BASF NA 70,52 91,84 Bayer NA Beiersdorf 80,64 BMW St 72,47 Commerzbank 6,84 191,25 Continental Daimler NA 59,00 15,08 Deutsche Bank NA Deutsche Börse NA 80,32 25,88 Deutsche Post NA Deutsche Telekom NA 14,46 9,10 E.ON NA Fres. Med. Care 75,50 65,55 Fresenius SE&Co HeidelbergCement 74,35 104,10 Henkel Vz. Infineon NA 13,51 127,45 Linde Lufthansa vNA 11,71 Merck 89,74 Münchner Rück vNA 158,00 42,12 ProSiebenSat.1 RWE St. 13,39 70,09 SAP SE Siemens NA 96,10 ThyssenKrupp 18,93 123,10 Volkswagen Vz. Vonovia SE 31,78 +/% +0,65 +1,28 +1,02 +0,11 +0,14 -0,23 +0,54 +0,68 +0,58 +1,89 +1,34 -0,27 +0,07 +0,71 +1,40 +1,44 +0,88 +1,07 +3,25 -0,35 -0,13 +0,63 +0,99 -2,30 +1,75 -0,26 +0,36 +0,34 -0,40 +1,32 52 Wochen Hoch Tief 124,4 62,51 170,0 126,6 85,87 56,01 138,0 83,45 89,54 67,92 104,9 66,00 12,30 6,13 231,9 171,3 87,32 54,15 32,31 12,69 87,41 69,80 29,10 19,55 17,57 13,39 12,69 7,08 83,17 63,10 70,00 52,39 79,99 58,17 113,1 87,17 14,20 8,32 182,6 113,5 15,41 10,25 98,82 70,68 193,7 147,5 50,95 37,62 20,58 9,13 75,75 53,91 100,9 77,91 25,13 12,56 221,6 86,36 32,50 24,92 G enau 85 Minuten spricht Hans Dieter Pötsch in Halle 1 des Messegeländes Hannover. Das ist lange für einen Aufsichtsratsvorsitzenden auf einer Hauptversammlung. Das Aktionärstreffen ist eigentlich der Auftritt der Anleger, oft ist es die Stunde der Abrechnung. Bei Volkswagen war diesmal jede Menge Anlass dafür. VON NIKOLAUS DOLL Doch erst einmal spricht Pötsch. Er erklärt, warum es immer noch keinen Aufklärungsbericht zur Abgasaffäre gibt. Er verteidigt die vielfach als zu gering kritisierten Abschläge bei den Vorstandsbezügen. Er sagt, warum man trotz der diese Woche öffentlich gemachten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Martin Winterkorn und den Volkswagen-Markenvorstand Herbert Diess den gesamten Vorstand entlasten lassen will. Und er kündigt an, dass er sich für eine volle Amtszeit zum Aufsichtsratsvorsitzenden wählen lassen möchte. Der Manager, der als ehemaliger Finanzvorstand maßgeblich unter Druck steht, weil der Verdacht im Raum steht, dass die Aktionäre zu spät über die Abgasaffäre informiert worden sind. Ein solches Versäumnis kann Volkswagen Milliarden kosten, mehr als die Strafen in den USA, mehr als Nachrüstung und Rückkauf der Schummelautos. In der Halle liegt gespannte Ruhe. Als Pötsch endet, kommt Beifall auf. Kein dünner, pflichtschuldiger. Der Applaus ist angesichts der aktuellen Situation bei Volkswagen überraschend freundlich. Die Großinvestoren, der Aufsichtsrat und Vorstand hatten in den vergangenen Tagen erneut Geschlossenheit demonstriert. Lediglich das Land Niedersachsen will die Entlastung des Vorstandes verweigern, und das auch nur bei dem ein oder anderen Manager. Win- VW-Aktionäre begutachten während der Hauptversammlung in Hannover einen Tiguan hen vor einem Trümmerhaufen. Die Aktie hat 50 Prozent ihres Wertes verloren, die Marktanteile schrumpfen, der Dieselmotor, der uns lange als umweltfreundlicher Heilsbringer verkauft wurde, stellt sich als große Mogelpackung heraus“, sagt Ulrich Hocker, Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Wo war der mit Vertretern der Großaktionäre und der Gewerkschaften gespickte Aufsichtsrat, der den Vorstand hätte überwachen und die Risikokontrollsysteme auf Geeignetheit hätte überprüfen sollen? Mir fällt dazu nur eine Beschreibung ein: kollektives Versagen.“ Die Kritik, die in den folgenden Stunden auf Vorstand und Aufsichtsrat einprasselt, ist beißend. Die Vorwürfe sind scharf. Von Vollkasko-Mentalität ist die Rede, von Tätern statt Opfern. Immerhin, Aufsichtsratschef Pötsch kündigt an, dass der Aufsichtsrat „ohne Ansehen der Person“ Schadensersatzansprüche gegen ehemalige und amtierende Vorstandsmitglieder prüfen werde. Aufsichtsrat und Vorstand bleiben jedoch bei ihrem Vorschlag, beiden Gremien die Entlastung zu erteilen. VW wurstelt sich durch Auf der Hauptversammlung muss sich Aufsichtsratschef Pötsch scharfe Kritik anhören. Das Management demonstriert Demut und Reformwillen terkorn vermutlich. Und das auch nur vielleicht. Pötsch ist noch gar nicht fertig mit seiner Rede, da füllt sich bereits Halle 2. Der Saal mit der Autoausstellung und den Würstchen. Zwei Anträge auf seine Abwahl als Versammlungsleiter meistert Pötsch souverän. 0,02 Prozent beziehungsweise 0,01 Prozent der stimmberechtigten Anleger votieren dafür. Aber es sind auch nur 56 Prozent des Gesamtkapitals der Volkswagen AG anwesend, viele Kleinaktionäre waren erst gar nicht erschienen. Aus Desinteresse, Desillusionierung? Sie können ja ohnehin nichts ausrichten. Stimmberechtigt sind nur die Stammaktionäre, das sind zu 89 Prozent die Familien Porsche und Piëch, das Land Niedersachsen und das Emirat Katar. Und die Vertreter dieser Aktienpakete sind zu mehr als 94 Prozent in Hannover präsent. Es ist fast 15 Uhr, als die Reden von Pötsch und Vorstandschef Matthias Müller vorbei sind, die Verfahrensfrage geklärt und die Abwahlanträge gegen den Versammlungsleiter Pötsch abgeschmettert sind. Das heißt aber nicht, dass sich die Wut der Anleger nicht doch entlädt – nur geschieht dies erstaunlich verhalten. „Wir ste- Teslas Milliardenangebot für SolarCity Tech-Unternehmer Elon Musk will die Ökostromfirma nun komplett schlucken D er Elektroautobauer Tesla hat ein milliardenschweres Angebot für die Solarfirma SolarCity unterbreitet. Das Unternehmen des bekannten Tech-Milliardärs Elon Musk teilte am Dienstag nach US-Börsenschluss mit, eine Offerte zwischen 26,50 und 28,50 Dollar pro SolarCity-Aktie abgegeben zu haben. Musk hält jeweils beträchtliche Anteile an beiden Unternehmen. Aus dem Angebot würde sich ein Kaufpreis von ungefähr 2,6 bis 2,8 Milliarden Dollar (2,5 Milliarden Euro) ergeben. Das ent- spricht laut Tesla einem Aufschlag von 21 bis 30 Prozent auf den Schlusskurs von Montag. Tesla will den Betrag in eigenen Aktien bezahlen. Bei Anlegern sorgte das Übernahmeangebot für heftige Reaktionen. Während die Aktien von SolarCity nachbörslich um zwölf Prozent stiegen, ging es für die Tesla-Papiere um mehr als zwölf Prozent nach unten. Die Tesla-Aktionäre wurden in diesem Jahr bereits über eine Kapitalerhöhung von rund 1,5 Milliarden Dollar zur Kasse gebeten. Nun befürchten viele Anteilseigner eine weitere Verwässerung ihrer Aktien, wenn Tesla mit Solar-City verschmolzen werden sollte. Seit BLOOMBERG/ JC/ JM Das Bundeskartellamt will Internet-Konzerne stärker ins Visier nehmen. Es sei eine Kernaufgabe der Behörde, „missbräuchliche Verhaltensweisen der großen Player schnell und konsequent zu verfolgen, um so die Märkte für neue Geschäftsmodelle offen zu halten“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Die Wettbewerbspolitik werde durch neue digitale Geschäftsmodelle vor neue Aufgaben gestellt. Um diese zu bewältigen, habe die Kartellbehörde eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Die Wettbewerbshüter hatten im März ein Verfahren gegen Facebook eingeleitet. Die Behörde geht dem Verdacht nach, dass der US-Konzern durch etwaige Verstöße gegen Datenschutz-Vorschriften eine marktbeherrschende Stellung missbraucht. SEITE 19 DPA/ PETER STEFFEN Kartellamt will Internet-Riesen überprüfen DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Elon Musk ist immer auf der Suche nach Herausforderungen © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Jahresbeginn hat die Aktie von Tesla – eigentlich über Jahre ein hochgehandelter Liebling der Wall Street – trotz großer Euphorie um den Ende März vorgestellten Mittelklasse-Stromer „Model 3“ rund 8,5 Prozent eingebüßt. Tesla und SolarCity sind bereits durch Partnerschaften und Musk verbunden, der größter Aktionär und Geburtshelfer beider Firmen ist. Durch die Übernahme könnten die Solaranlagen von SolarCity in Teslas Energiesparte eingegliedert werden. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 20 WIRTSCHAFT KOMPAKT DIE WELT KOMPAKT Die acht Städte mit der günstigsten Müllabfuhr jährl. Kosten für 7-tägig. Vollservice**, in Euro Autobauer rechnet mit Milliardenverlust DPA/ FRANCK ROBICHON Der Skandal um manipulierte Verbrauchswerte trägt dem japanischen Autobauer Mitsubishi Motors einen Milliardenverlust ein. Diese Prognose gab Mitsubishi am Mittwoch. Demnach wird im laufenden Geschäftsjahr (bis Ende März) unter dem Strich ein Nettoverlust von 145 Milliarden Yen (derzeit knapp 1,3 Milliarden Euro) stehen, nach einem Plus von 72,6 Milliarden Yen im Vorjahr. Es wären die ersten roten Zahlen bei Mitsubishi seit acht Jahren. Bei dem Skandal geht es um Kleinstwagen. DZ UND WGZ Fusion: Letzte Hürde genommen Auf dem Weg zu ihrer Fusion haben die genossenschaftlichen Spitzeninstitute DZ und WGZ die letzte Hürde genommen. Die Anteilseigner der DZ Bank stimmten bei der Hauptversammlung am Mittwoch in Frankfurt mit 99,99 Prozent für den Zusammenschluss. Am Vortag hatten die Aktionäre der kleineren Düsseldorfer WGZ ebenfalls fast einstimmig für das Vorhaben votiert. Damit ist der Weg frei für die größte Bankenfusion seit fünf Jahren. An den Start gehen soll die neue Zentralbank für die mehr als 1000 Volks- und Raiffeisenbanken am 1. August. FINANZEN Neuer Rekord bei Kirchensteuer Deutschlands christliche Kirchen verzeichnen einen Rekord bei den Steuereinnahmen. Trotz sinkender Mitgliederzahlen nahmen nach einem Bericht der „Bild“ unter Berufung auf das Statistische Bundesamt die katholische und die evangelische Kirche im Jahr 2015 zusammen mehr als 11,461 Milliarden Euro ein. Demnach erhielt die katholische Kirche rund 6,1 Milliarden Euro, die evangelische Kirche etwa 5,4 Milliarden Euro. Hauptgrund für den Rekord ist die gute Entwicklung der Löhne und Gehälter. Flensburg Chemnitz Nürnberg Magdeburg Solingen Mainz Regensburg Augsburg Die acht Städte mit der teuersten Müllabfuhr IW Preisindex 147,27* 165,80* 152,88 162,72 172,34 144,12 176,68 187,43* 134,1 131,6 130,7 129,5 127,6 127,3 126,7 125,4 * statistsch aus Teilservice und 14-Tage-Abholung hochgerechnet ** 4-Pers.-Haushalt, Abholung vom dauerhaften Standort der Tonne, 60 L Restmüll, 20 L Biomüll, 2 Kubikmeter Sperrmüll pro Jahr jährl. Kosten für 7-tägig. Vollservice**, in Euro Leverkusen Moers Karlsruhe Bergisch Gladbach Lünen Düren Reutlingen Möchengladbach Quelle: Quelle: Haus & Grund / IW Köln Wo Sie Müll am teuersten zu stehen kommt Experten haben die Abfallgebühren in 100 Städten untersucht. Die Preisunterschiede betragen mehrere Hundert Euro ielen Fußballfans wird die Europameisterschaft 2016 nicht nur wegen mittelmäßig spannender Spiele in Erinnerung bleiben. Das Turnier ist mancherorts auch eine besonders übel riechende Veranstaltung. VON MICHAEL FABRICIUS UND CARSTEN DIERIG In etlichen Städten im Ausrichterland Frankreich nämlich stapelt sich wegen Streiks im öffentlichen Dienst noch immer der Müll – und deutsche Gäste werden sich mit wohligem Schaudern daran erinnern, dass zu Hause mit der Müllentsorgung doch alles mit rechten Dingen zugeht. Oder etwa nicht? Sicher ist, dass die Müllentsorgung in deutschen Städten und Gemeinden gut funktioniert. Teilweise werden dafür aber happige Preise verlangt, kritisiert der Eigentümerverband Haus & Grund. In einer Untersuchung im Auftrag des Verbands hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) aus Köln gravierende Preisunterschiede in 100 deutschen Städten festgestellt. „Zwischen der günstigsten und der teuersten Stadt liegen 600 Euro im Jahr“, sagte Haus-&-Grund-Präsident Kai Warnecke bei der Präsentation der Studienergebnisse am Mittwoch in Berlin. Und das trifft letztlich jeden Bundesbürger. Schließlich werden die Kosten für die Müllentsorgung entweder direkt von Hausoder Wohnungseigentümern getragen oder aber auf die Miete umgelegt. Ermittelt haben die Experten des IW die Jahresgebühr, die ein Vier-Personen-Haushalt in einem Einfamilienhaus für Restmüll- und Biomülltonnen bezahlen muss. Zwar gibt es in den meisten Haushalten noch weitere Tonnen, Papier- und Plastikmüll werden in der Regel aber meist kostenlos entsorgt und deshalb nicht in die Analyse einbezogen. Da sich der Abholrhythmus, die Größe der Tonnen und andere Details in den einzelnen Orten stark unterscheiden, hat das IW einen Index berechnet, um die Städte miteinander vergleichen zu können. Das Ergebnis dieser Indizierung: Am teuersten ist der Müllservice in Leverkusen, danach folgen Moers, Karlsruhe, Bergisch Gladbach und Lünen. In Leverkusen ist das übliche Modell eine 14-tägige Leerung der Tonnen im „Teilservice“ – Eigentümer, Vermieter oder Mieter müssen die Behälter also selbst an die Straße stellen. Da- für berechne die Stadt jedem Haushalt ganze 481,60 Euro im Jahr. Laut Index am günstigsten können die Bürger ihren Müll in Flensburg, Chemnitz, Nürnberg, Magdeburg und Solingen entsorgen. So kostet der gleiche Service wie in Leverkusen beispielsweise in Chemnitz nur 116,88 Euro. Haus-&-Grund-Präsident Warnecke zufolge zeige das: „Die Müllabfuhr muss nicht teuer sein.“ Der Deutsche Mieterbund geht sogar einen Schritt weiter: „Es kann nicht sein, dass für ein und dieselbe Dienstleistung derart unterschiedliche Gebühren aufgerufen werden. Da können schon Zweifel entstehen, ob die Kommunen hier das Gebot der Und ab dafür: Müllabfuhr in Mannheim Bundeskartellamt prüft Hausmüllentsorgung In den kommenden Monaten wird das Bundeskartellamt die Strukturen der Hausmüllentsorgung in Deutschland analysieren. Die sogenannte Sektoruntersuchung Hausmüllentsorgung soll klären, ob der Wettbewerb in der Abfallwirtschaft noch funktioniert. Einen konkreten Verdachtsfall gebe es zwar nicht, heißt es bei der Bon- 16,8 39,4 66,7 68,6 69,5 74,5 74,7 75,9 * statistsch aus Teilservice und 14-Tage-Abholung hochgerechnet ** 4-Pers.-Haushalt, Abholung vom dauerhaften Standort der Tonne, 60 L Restmüll, 20 L Biomüll, 2 Kubikmeter Sperrmüll pro Jahr Quelle: Quelle: Haus & Grund / IW Köln V IW Preisindex 908,85* 666,31* 577,68 487,52* 482,57* 456,79* 455,8* 447,66* PICTURE-ALLIANCE/ DPA/ DPAWEB/ RONALD WITTEK MITSUBISHI DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 ner Behörde. Die Zahl der Entsorger, die an Ausschreibungen teilnehme, werde aber von Jahr zu Jahr geringer. Die Kartellwächter wollen nun wissen, warum und ob dadurch die Kosten höher sind als nötig. Wann genau die Untersuchung startet, steht noch nicht fest. „Wir sind noch in der Vorbereitung“, sagt ein Kartellamtssprecher. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Wirtschaftlichkeit einhalten“, sagte Verbandssprecher Ulrich der „Welt“. Die besonders teuren Städten müssten ihren Bürgern gegenüber Rechenschaft ablegen, wie die hohen Preis zustande kommen. Um auch tatsächliche Preise und nicht nur einen Indexstand miteinander vergleichbar zu machen, stellten die IW-Experten für jede Leistung und jede Stadt eine Hochrechnung an. Auch wenn etwa in Flensburg kein sogenannter Vollservice üblich ist, also eine Abholung der Tonnen im Sieben-Tage-Rhythmus von einem dauerhaften Standort, wurde der Preis dafür trotzdem statistisch über einen Algorithmus ermittelt. Das Ergebnis: In der norddeutschen Stadt würden die Bürger dafür 147,37 Euro jährlich zahlen. In Leverkusen dagegen wären es fast 910 Euro. In Nürnberg, wo Vollservice und SiebenTage-Rhythmus tatsächlich üblich sind, werden „echte“ 152,88 Euro verlangt, in Karlsruhe dagegen 577,68 Euro. Mit der unterschiedlichen Größe oder der Struktur der Städte können die enormen Preisunterschiede nicht erklärt werden. Denn Städte mit mehreren Hunderttausend Einwohnern finden sich sowohl im oberen als auch im unteren Viertel der Liste. Auch ob private oder kommunale Unternehmen für die Müllentsorgung zuständig sind, lässt keine signifikanten Rückschlüsse auf den Preis zu. Haus & Grund-Präsident Warncke sieht dagegen Missmanagement und teilweise sogar erzieherisches Verhalten der Gemeinden als Grund. Kennzeichnend für einige der teuren Entsorger sei nämlich, dass standardmäßig sehr kleine Tonnen angeboten würden. Der Sprung zur nächstgrößeren Tonne – für Familien manchmal unausweichlich – werde dann besonders stark bepreist. „Dieser Trend dürfte politisch motiviert sein“, so Warnecke. „Es gibt offenbar den Wunsch, über die Gebühren die Bürger zu einem anderen Verhalten zu erziehen.“ Die Müllabfuhr macht bis zu zehn Prozent der Wohnnebenkosten aus. Im Schnitt bezahlten die Bürger für die Müllentsorgung mehr als für Straßenreinigung, Grundsteuer, Schornsteinfegergebühr und Gartenpflegearbeiten zusammen, betonte der Eigentümerverband. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb DIE WELT KOMPAKT WIRTSCHAFT 21 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Drei Städte in Afrika teurer als New York H ongkong ist aktuell die teuerste Stadt der Welt. An keinem anderen Ort der Welt ist das Leben kostspieliger als in der asiatischen Millionenmetropole. Den Titel „teuerste Stadt Europas“ sicherte sich erneut Zürich mit Platz drei. Die Schweizer Bankenstadt liegt vor zwei anderen asiatischen Megastädten, nämlich Singapur (4.) und Tokio (5.). VON KARSTEN SEIBEL Die Überraschungen der neuen Mercer-Rangliste zu den weltweiten Lebenshaltungskosten finden sich allerdings auf den Plätzen zwei, sechs und neun: Mit Luanda, Kinshasa und N’Djamena gehören mittlerweile drei afrikanische Städte zu den Top Ten der teuersten Städte. Wer dort lebt und arbeitet, braucht mehr Geld als in New York und London. Die Namen der beiden westlichen Finanzzentren sind in den vergangenen Jahren abgerutscht. Sie tauchen erst auf den Plätzen elf und 17 auf. Die Rangliste hat eine große Bedeutung für viele Arbeitnehmer. Wer von seinem Arbeitgeber ins Ausland geschickt wird, schaut auf diese Werte. Denn sie zeigen, wie hoch der Gehaltsaufschlag ausfallen muss, um ein Leben auf vergleichbarem Niveau fortsetzen zu können. Doch nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch viele Unternehmen und Behörden orientieren sich an diesen Zahlen. Grundlage ist ein Preisvergleich von mehr als 200 Produkten in 209 Städten. Das beginnt bei den Kosten für eine Wohnung, geht über den Nahverkehr und reicht bis hin zu einem Paar Jeans und einer Flasche Bier. Jede einzelne Position addieren die Personalberater des Dienstleisters Mercer. Zu Verschiebungen kann es dabei auch durch Währungseffekte kommen. So hat das britische Pfund zuletzt an Wert gegenüber anderen Ländern verloren, genauer gesagt die Heimatwährungen vieler sogenannter Expatriates, kurz Expats, an Wert gewonnen. Das erklärt, warum beispielsweise London erschwinglicher geworden ist. GETTY IMAGES/KOSTADIN LUCHANSKY - ANGOLA IMAG Hongkong, Zürich und Singapur gehören zu den hochpreisigsten Orten der Welt. Auch drei afrikanische Metropolen stehen in den Top Ten. Luxus ist dafür nicht der Grund Luanda, die Hauptstadt Angolas, ist ein teures Pflaster Die teuersten Städte der Welt Lebenshaltung und Wohnen Rang Top 10 2016 2015 Stadt Hongkong 1 2 Luanda 2 1 Zürich 3 3 Singapur 4 4 Tokio 5 11 Kinshasa 6 13 Shanghai 7 6 Genf 8 5 N'Ddjamena 9 10 Peking 10 7 Weitere Städte (Auswahl) Land China Angola Schweiz Singapur Japan D. R. Kongo China Schweiz Tschad China 2016 2015 Stadt Land 11 16 New York USA 17 12 London Großbrit. 42 31 Sydney Australien 44 46 Paris Frankreich 77 87 München Deutschland 88 98 Frankfurt Deutschland 100 106 Berlin Deutschland Grundgesamtheit: 209 Städte, Quelle: Cost of Living 2016, Mercer Zu den größten Kostenblöcken gehört in den meisten Ländern die Miete. Dies ist auch der Grund dafür, dass im- mer mehr afrikanische Städte weit oben in der Rangliste auftauchen. Schickt ein Konzern Mitarbeiter nach Angola, in die Demokratische Republik Kongo oder den Tschad, muss er gewährleisten, dass sie dort nicht nur komfortabel, sondern vor allem sicher untergebracht sind. Dies ist in diesen von Bürgerkriegen geprägten Ländern teuer. In Luanda, der Hauptstadt von Angola, kostet eine Wohnung mit drei Schlafzimmern auf „internationalem Standard“ und in einer „angemessenen Nachbarschaft“, wie zwei der Kriterien lauten, umgerechnet 13.700 Euro im Monat. Für eine vergleichbare Wohnung in Hongkong muss ein Auslandsarbeiter laut Mercer mit 10.900 Euro pro Monat rechnen, in New York mit 8600 Euro und in London nur mit 6500 Euro. Der erste deutsche Vertreter in der Liste der teuersten Städte findet sich mit München erst auf Platz 77. Die hohen Mieten in der bayerischen Landeshauptstadt haben zwar zu einem Aufstieg in der Rangliste um zehn Plätze geführt, was aus Sicht der meisten dort lebenden und arbeitenden Menschen eher einen Abstieg bedeutet. Frankfurt am Main liegt nun auf Platz 88 (Vorjahr 98) und Berlin auf Platz 100 (Vorjahr 106). Auch darin spiegeln sich die weiter anziehenden Wohnkosten in diesen Städten. Jenseits der Top 100 finden sich auch noch Düsseldorf (107), Hamburg (114), Stuttgart (129), Nürnberg (160) und Leipzig (165). Auch in diesen für ausländische Arbeitgeber wichtigen Städten schauten sich die Experten Preise an. Und wo lebt es sich aktuell am günstigsten? Am Ende der Liste stehen ebenfalls Vertreter aus Afrika: Die Plätze 208 und 209 belegen Kapstadt in Südafrika und Windhoek in Namibia. ANZEIGE 5,00 EUR Orderprovision Festpreis NEU ȴQDQ]HQQHW%URNHUDJH +DQGHOQ]XP)HVWSUHLV ȴ[H2UGHUSURYLVLRQI¾UDOOH:HUWSDSLHUH )RQGVRKQH$XVJDEHDXIVFKODJ NRVWHQORVH'HSRW.RQWRI¾KUXQJ ZZZȴQDQ]HQEURNHUQHW © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 22 WIRTSCHAFT DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 EU will Roboter bändigen GETTY IMAGES Angesichts der wachsenden Zahl von Robotern schlagen Politiker Alarm. Ein Gesetz soll dabei helfen, die künstliche Intelligenz beherrschbar zu machen. Doch nicht alle teilen diese Sicht Bis uns Roboter die Wäsche machen, wird es trotz eines Booms der Branche wohl noch ein wenig dauern V or gut 70 Jahren machte der Science-FictionAutor Isaac Asimov den Vorschlag, dass sich Roboter an Gesetze halten müssen. Was sich aus der Kombination von ausgeklügelter Mechanik, Androiden mit menschlichen Zügen und künstlicher Intelligenz entwickeln könne, sei einfach zu gefährlich. VON GERHARD HEGMANN Zumindest die Politiker in der EU scheinen diese düstere Weltsicht zu teilen: So gibt es tatsächlich eine Empfehlung des Europäischen Parlamentes an die EU-Kommission über neue zivilrechtliche Regelungen für Roboter. Es wäre, wenn es denn tatsächlich umgesetzt wird, das erste Robotergesetz für Europa. Allerdings stoßen diese Überlegungen nicht überall auf Zustim- mung. Vor allem der deutsche Maschinenbau warnt vor dem Übereifer des EU-Parlaments – und nutzte die Robotermesse Automatica in München am Mittwoch zu einer Klarstellung aus Branchensicht. Vor allem die wachsende Zahl an Robotern bereitet den EU-Politikern Sorgen. Sie verweisen darauf, dass der Verkauf von Robotern zwischen 2010 und 2014 jährlich um 17 Prozent zugelegt hat. Die Patentanträge für Robotertechnik haben sich binnen eines Jahrzehnts sogar verdreifacht. Deutschland hat nach Korea und Japan mittlerweile die drittgrößte Roboterdichte. Im vergangenen Jahr wurde weltweit fast eine Viertelmillion Roboter verkauft. Ein Ende des Wachstumsbooms sei nicht in Sicht. Bis 2018 könnten weltweit 2,3 Millionen Roboter zum Einsatz kommen. Für die EU-Parlamentarier wirft diese stürmische Entwicklung der Robotik und Künstlichen Intelligenz grundlegende Fragen auf. Einen Großteil der Arbeiten, die heute noch von Menschen erledigt werden, könnten künftig Roboter übernehmen, heißt es in einem Bericht an die EU-Kommission von Mai. Diese Entwicklung stelle auch die Tragfähigkeit der Sozialversicherungssysteme vor Herausforderungen. Wörtlich wird von einem „Potenzial für eine zunehmende Ungleichheit bei der Verteilung von Wohlstand und Einfluss“ gesprochen. Zudem könnte die Künstliche Intelligenz die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen binnen weniger Jahrzehnte überflügeln. Womöglich, so ängstigen sich die Parlamentarier, bleibe der Mensch dann nicht mehr Herr über sein eigenes Schicksal. Die technische Revolution müsse daher so gestaltet werden, „dass sie in den Dienst der Menschheit gestellt wird“. Eine Blaupause gibt es bereits: Immerhin hat der Science-FictionAutor Asimov in seinem Werk bereits 1950 die „Drei Gesetze der Robotik“ postuliert. Danach darf ein Roboter kein menschliches Wesen verletzen, er muss gehorchen und darf der Menschheit nicht schaden. Doch die EUPolitiker denken noch weiter und verweisen darauf, dass durch künstliche Intelligenz auch die „Roboter sich ihrer selbst bewusst werden oder gemacht werden“ können. In ihrem Bericht erwägen sie sogar, neben der natürlichen und der juristischen Person im Rechtswesen eine neue Roboter-Kategorie einzuführen: die der „elektronischen Person“, die ebenfalls mit gewissen Rechten und Pflichten und der Haftung für Schäden ausgestattet sein soll. Künftig könnten diese Maschinen dann unter dem Begriff „Intelligente Roboter“ registriert und eingestuft und von einer „Europäischen Agentur für Robotik und Künstliche Intelligenz“ überwacht werden. Sogar eine obligatorische Versicherung schlagen die EU-Parlamentarier vor. Für den Branchenverband VDMA, zu dem die führenden deutschen Maschinenbau und Roboterfirmen wie Kuka gehören, gehören viele dieser Vorstellungen allerdings nach wie vor eher in das Reich der ScienceFiction-Romane. Stattdessen unterstreicht der Verband die Vorteile der Digitalisierung. Diese bringe „immense Chancen für Europas Wirtschaft – aber nur, wenn der Gesetzgeber die Entwicklung von Industrie 4.0 nicht durch vorschnelle Regulierung einschränkt“, heißt es in einer Stellungnahme. Vor allem die in dem EU-Bericht vorgesehene strikte Regulierung intelligenter Roboter bereitet dem deutschen Maschinenbau Sorgen. Aus Sicht des Verbandes vernichtet der „Kollege Roboter“ unter dem Strich keineswegs Arbeitsplätze. „Wir sehen, dass die Zahl der Arbeitsplätze steigt“, sagte Geschäftsführer Patrick Schwarzkopf auf der Automatica-Fachmesse in München. In der deutschen Autoindustrie sei der Roboterbestand seit 2010 um 17 Prozent gestiegen und die Zahl der Beschäftigten um 13 Prozent. Auf einer Podiumsdiskussion auf der Fachmesse zeichnete Ulrich Walwei von der Forschungseinrichtung IAB der Bundesagentur für Arbeit ein differenzierteres Bild. Danach gibt es in Deutschland immerhin drei bis vier Millionen Arbeitsplätze, deren Aufgabe zu 70 Prozent von Robotern erfüllt werden könnten – und die damit potenziell gefährdet sind. Unter dem Strich könnte die Digitalisierung aber trotzdem arbeitsplatzneutral ausfallen, weil neue Aufgaben auch im Dientleistungsbereich entstünden. Spezialfensterglas macht das Telefonieren im Zug leichter Bislang stört eine Metallbeschichtung der Fenster im ICE den Handyempfang. Siemens will das ändern I m Zug telefonieren oder auf dem Tablet surfen, ist häufig mehr eine Qual als eine Freude. Dies liegt auch daran, dass die Zugwaggons wie eine Metallhülle die Funkwellen abschirmen. Sogar die Zugfenster haben eine hauchdünne Metallbeschichtung. Sie sollen die Sonnenstrahlen abmildern – doch damit wird gleichzeitig auch der Handyempfang am Platz gebremst. VON GERHARD HEGMANN Um dennoch Handy oder Laptop benutzen zu können, mon- tieren einige Zugbetreiber Antennen auf die Waggons, installieren Technik, verlegen Kabel oder bauen ein Wlan-Netz auf. Nach Ansicht von Siemens-Experten könnte es künftig viel einfacher werden, guten Empfang im Zug sicherzustellen. Denn Forscher des Technologiekonzerns haben eine Fensterscheibenlösung für einen besseren Mobilfunkempfang im Zug entwickelt. Nach der Formel „Handyfunkwellen kommen rein, aber Wärme- und Sonnenstrahlung bleibt wie bisher draußen“ sollen die sogenannten Hochfre- quenzscheiben funktionieren. Ihren ersten Einsatz im regulären Betrieb sollen die neuen Zugscheiben ab Ende 2018 im künftigen Rhein-Ruhr-Express (RRX) in Deutschland feiern, heißt es in einer Siemens-Mitteilung. Zum Einsatz beim Großkunden Deutsche Bahn wollte sich ein Sprecher nicht äußern. Es ist ein heikles Thema. Beim größten deutschen Eisenbahnunternehmen läuft gerade in Zusammenarbeit mit den Mobilfunkbetreibern eine weitere Modernisierung der Antennenlösung auf den Waggons mit sogenannten Repeatern für ver- Bahn: Wlan in allen ICE noch 2016 Bahnreisende sollen spätestens Ende 2016 in allen ICE-Zügen, auch in der zweiten Klasse, einen kostenfreien Wlan-Zugang erhalten. „Bis Ende des Jahres werden alle ICE umgerüstet“, versicherte Konzernchef Rüdiger Grube. Das Angebot habe ein bestimmtes Datenvolumen. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung besserten Empfang und erstmals auch der Unterstützung von Datenfunk. An dieser Technologie werde zunächst festgehalten, sagte ein Bahn-Sprecher. Siemens räumt ein, dass die neuen Zugfenster zwar leicht teurer sind, aber „im Vergleich zu In-Train-Repeatern langfristig eine nennenswerte Einsparung“ bringen. Die neuen Scheiben wären nicht nur für heutige Frequenzbänder, sondern auch für künftige Mobilitätsstandards geeignet. Zudem könnten die Scheiben bei bestehenden Waggons nachträglich eingebaut werden. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb DIE WELT KOMPAKT WIRTSCHAFT 23 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Die LED radiert ein Handwerk aus angsam schwenkt Thomas Wendler das dünne Glasrohr über die Flamme. Nur einen ganz kleinen Bereich erhitzt der 58-Jährige, während er gleichzeitig immer wieder Luft durch einen dünnen Schlauch in das Röhrchen bläst. Andernfalls würde das Material unter der Hitzeeinwirkung zusammenfallen: „Wenn ich nicht hineinblase, entstehen beim Glas an dieser Stelle Spannungen, es kann schneller brechen und es kommt zu Beulen, die einfach nicht gut aussehen“, erklärt Wendler. Das will der Neonglasbläser um jeden Preis verhindern. VON MAX ZIMMERMANN Seit mehr als 20 Jahren verwandelt der Berliner beinahe täglich dünne Glasröhren entweder in Schriftzüge oder andere künstlerische Formen. Das kann eine Blume aus leuchtendem Glas sein oder komplexe 3D-Installationen, die sich Künstler für ihre Ausstellungen wünschen. Wendler setzt die Formen in präziser Detailarbeit um – an manchen Arbeiten sitzt er auf diese Weise mehrere Tage. Der Handwerker mit Spitzbart wird dabei selbst zum Künstler. Er ist der Herr in seiner kleinen gemütlichen Werkstatt im Berliner Bezirk Kreuzberg. ,, „Wir wollen junge Leute für das Thema begeistern, die vorher gar nicht mit dem Medium in Kontakt gekommen sind“ Nils Lehnert, Gründer der Firma Sygns Wenige Meter weiter pulsiert das Leben in der Bergmannstraße. Bei Thomas Wendler sorgt nur das Radio für Trubel. Weitere Mitarbeiter hat er keine, auch keinen Auszubildenden. Der 58Jährige ist ein Einzelkämpfer – wie so viele in seiner Branche. Nur noch 268 Glasbläser und Glasapparatebauer führt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in seiner Statistik. Um die Jahrtausend- wende waren es 432. Vier von zehn Handwerkern haben seitdem aufgegeben. Und ihre Zahl schrumpft weiter. Wie schnell, darüber will der Verband Deutscher Glasbläser nichts sagen. Wie es der Branche gehe, und wie sie sich zuletzt entwickelte: Dazu könne man keine Auskunft geben. Vor einigen Jahren arbeitete auch Glasbläser Wendler noch im Team. Die Aufträge rissen nicht ab. „Wir mussten 500 Mal Nokia-Schriftzüge biegen oder 500 Mal E-Plus“, erzählt er. Das Sterben der Branche setzte schleichend ein. Erst gingen die Aufträge an die billigeren Betriebe im Osten. Und dann kamen die günstigen und vielseitigen LED-Reklametafeln auf. Alte Neonreklamen wurden heruntergerissen und durch einfache Leuchtdioden ersetzt. Übrig geblieben sind eher kleine Aufträge von Firmen und Künstlern. Und die vom Berliner Start-up Sygns. Das Unternehmen offeriert seit März 2014 Neonglasarbeiten zu günstigen Preisen im Internet. Die neue Aufmerksamkeit für Neon soll die Branche vor dem Untergang retten. Dabei hatten Anthony Genillard (27), Nils Lehnert (25) und Max Elverfors (27), die sich beim Wirtschaftsstudium an der Mailänder Bocconi Universität kennenlernten, bis dahin selbst nicht viel mit der Glasbläserei zu tun. Erst bei der Suche nach einem Leuchtmittel für ein gemeinsames Projekt stießen die Freunde, die auch einen Club oder ein Restaurant in Berlin leiten könnten, auf die vielseitigen Neonarbeiten. „Neon ist ein sehr emotionales Licht. Das hat einfach einen ganz besonderen Flair“, erzählt Genillard. Durch spezial beschichtete Glasrohre können die Kunstwerke in allen möglichen Variationen leuchten. Und mithilfe der handwerklichen Blastechnik lassen sich die Arbeiten in nahezu jede Form bringen. Das Problem: Die Neonarbeiten kosten oft mehrere Tausend Euro. Also suchte das Start-up den direkten Draht zu den Neonglasbläsern, um sie selbst zu beauftragen und die Arbeiten für die breite Masse anzubieten. Ihre Idee: Im Internet können Nutzer personalisierte NeonSchriftzüge erstellen. Doch die drei Gründer nehmen auch diverse Arbeiten von Unternehmen an. So verwandelten sie auch schon den Berlinale-Bären und Nike-Turnschuhe in leuchtende Neonarbeiten. Mittlerweile haben Genillard, Lehnert und Elverfors ein Netzwerk aus einem Dutzend Handwerkern in der Republik aufgebaut – zu den wenigen, die noch übrig sind. „Wir waren viel im Auto unterwegs, bis auch jeder Glasbläser Die Skulptur „Riding Bikes“ von Künstler Robert Rauschenberg, gefertigt von Dieter Kreitmeier, leuchtete in der Mitte Berlins MAX ZIMMERMANN L PICTURE-ALLIANCE/ HB-VERLAG/ MARIN SPECHT Mit ihren Vorteilen hat die Leuchtdiode die Neonreklame ersetzt. Ein Start-up will die Branche jetzt retten Neonglasbläser Thomas Wendler in seinem Atelier in Berlin voll motiviert war für das, was wir vorhaben“, sagt Lehnert. Mittlerweile residiert das Unternehmen in einem schicken Loft am Berliner Michaelkirchplatz im Bezirk Mitte. Vom Glasbläser-Handwerk ist hier nichts zu spüren. Zwischen den grauen Wänden herrscht eine moderne Start-up-Atmosphäre. Dafür leuchten den Besuchern in den Büroräumen verschiedene Neonarbeiten entgegen. Im größten Raum des Lofts sitzen alle Mitarbeiter an einem Tisch, um alle Aufträge anzunehmen, zu besprechen und an die Neonglasbläser zu schicken. In extra gepolsterten Versandboxen machen sich die Neonarbeiten teilweise europaweit auf die Reise. Eine gewagte Idee, dachte sich zuerst Dieter Kreitmeier. Er weiß, wie schnell das Glas brechen kann, wenn es überstrapaziert wird. Für Sygns übernimmt der Neonglasbläser aus Fellbach bei Stuttgart manche Aufträge im Süden Deutschlands. Seit 30 Jahren arbeitet der 46-Jährige mittlerweile als Leuchtröhrenglasbläser in dem Betrieb, den sein Vater zuvor aufgebaut hatte. In dieser Zeit hat der Handwerker den gleichen Niedergang erlebt, den auch der Berliner Thomas Wendler überstehen musste. Erst das Preisdumping, dann die Revolution der LED-Leuchten. „Anfangs hat man die LEDs noch belächelt. Alle dachten, dass die Technik nie für große Reklamen taugen würde“, erklärt Kreitmeier. Doch seit sechs bis sieben Jahren laufe der Untergang. „Jetzt bricht uns Glasbläsern die Technik das Genick.“ Überleben könnten nur die Betriebe, die bereits früher für den künstlerischen Bedarf gearbeitet hätten. Dem Handwerker ist bewusst, dass die Leuchtdioden Vorteile © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung haben – er verkauft sie schließlich selbst auch. Sie seien flexibel, günstig und schnell austauschbar, wenn das Modell nicht schon zu alt ist. Doch in sein Herz hat Kreitmeier die leuchtenden Punkte nicht geschlossen. „Es ist schon ein gutes Produkt, aber der Flair von Neon verschwindet dadurch, weil die Leute vor allem ans Geld denken.“ Neue Neon-Arbeiten stellt Kreitmeier mittlerweile nur noch selten her. Stattdessen nimmt die Reparatur und die Überarbeitung der Neonröhren immer mehr Zeit ein. „Das wollen wir auch so lange anbieten wie es geht, um Neon hochzuhalten“, sagt Kreitmeier, der für die Zukunft eher schwarz sieht. Die meisten Neonglasbläser seien zwischen 50 und 70 Jahren alt: „In zehn Jahren ist der letzte von ihnen weg.“ Dass die Berliner Start-upJungs mit ihren personalisierten Neonglasröhren die Branche aufmischen und modernisieren, findet Kreitmeier zwar gut, doch er weiß auch, dass viele Kunden beim Preis zurückschrecken. „So ein Name der Partnerin in Neon ist schon eine tolle Idee, aber wenn er dann zum Beispiel „Elisabeth“ lautet, kann das schon mal 500 Euro kosten“, weiß Kreitmeier, der pro Buchstaben etwa 50 Euro an Kosten einkalkuliert. Im Selbstkonfigurator des Berliner Startups soll dieser Schriftzug dagegen nur 385 Euro kosten. „Wir können natürlich durch unser Produktionsvolumen den Preis für den Endkunden optimieren“, erklärt Nils Lehnert. Oft bekomme man spezielle Konditionen in der Branche. Mit vollen Auftragsbüchern wolle man sich bei den Glasbläsern im Gegenzug für deren günstigen Preise revanchieren, sagt Lehnert. Langfristig wollen die Berliner sogar dafür sorgen, dass die Branche wieder Neonglasbläser ausbildet. Den letzten Glasbläser-Azubi gab es laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks im Jahr 2009. „Wir wollen junge Leute für das Thema begeistern, die vorher gar nicht mit dem Medium in Kontakt gekommen sind“, erklärt Lehnert. Nur so könne man garantieren, dass Neon nicht ausstirbt. Ausbilden könnte zum Beispiel auch Thomas Wendler, der alle seine Handgriffe in Perfektion verinnerlicht hat. Während der 58-Jährige auf den gerade gebogenen Schriftzug „Johnny Cash“ blickt, kommt er ins Grübeln: „Es werden sicher ein paar Neonglasbläser übrig bleiben. Es wäre auch schade, sollte das Handwerk verloren gehen.“ Auch Wendler hat das Neonglimmen tief in sein Herz geschlossen. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 24 KINO W enn frischgebackene Singles in dem Hotel ankommen, dann wird ihnen für 24 Stunden eine ihrer Hände auf den Rücken gebunden. Das soll sie daran erinnern, wie viel einfacher das Leben ist, wenn man es zu zweit bestreitet. Das klingt grausam und pädagogisch wertvoll zugleich. VON FELIX ZWINZSCHER DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Leb zu zweit oder als Krustentier! Yorgos Lanthimos’ absurde Fabel „The Lobster“ ist der Liebesfilm, auf den niemand gewartet hat. Er verzaubert und verstört. Lässt den Zuschauer aber ein wenig ratlos zurück Jagd auf die „Loners“ machen. Das sind militante Single-Fundamentalisten – angeführt von der wie immer herrlich arrogant schauenden Léa Seydoux –, die sich einem Leben ohne Partnerschaft verschrieben haben und jeden, der innerhalb ihrer Gemeinschaft bei Anbandelungsversuchen erwischt wird, drakonisch bestrafen. Für die Jäger bringt ein mit dem Betäubungsgewehr erlegter Loner allerdings einen zusätzlichen Tag im Hotel und damit einen Tag mehr als Mensch. David wird da nicht glücklich. Als Kurzsichtiger hat er es mit der Herzlosen versucht. A.BAILEY/ © 2016 METRO-GOLDWYN-MAYER PICTURES INC. AND WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. Ja, so ist sie, die Beziehungsdiktatur, die sich der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos für seinen ersten englischsprachigen Film ausgedacht hat. Die Regeln in „The Lobster“ sind einfach: Menschen, die nicht in einer Beziehung sind, werden für 45 Tage in „The Hotel“, eingewiesen, um dort einen neuen Partner zu finden. Sollte ihnen das nicht gelingen, operiert man sie in ein Tier ihrer Wahl um. Das sei allerdings kein Grund, traurig zu sein, wie die Hotel-Managerin hilfreich erklärt, schließlich habe man als solches erneut die Chance, einen Partner zu finden. Auch David, schmerbäuchig, schnauzbärtig und großartig gespielt von Colin Farrell, ist Single. Seine Frau hat ihn verlassen. Als Tier wählt er den titelgebenden Hummer, „weil sie über 100 Jahre alt werden, blaues Blut wie Aristokraten haben und ein Leben lang fruchtbar sind.“ Außerdem mag er das Meer. Das Hotel mag er nicht. Das Singleprogramm dort ist mehr Bundesrechnungshof als Aida-Clubschiff. Täglich gibt es Vorstellungsrunden, bei denen die neuen „Gäste“ erklären, welches körperliche Merkmal sie besonders auszeichnet. Da gibt es den Hinkenden (Ben Whishaw), den Lispelnden (John C. Reilly), die Frau mit den Butterkeksen (Ashley Jensen), oder die mit dem Nasenbluten (Jessica Barden). Das Paarungsprinzip ist: Gleich und gleich gesellt sich gern. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die Frau mit den Butterkeksen hier ein Problem bekommt. Außerdem müssen die Hotelbewohner regelmäßig im Wald DIE WELT KOMPAKT Dramatische Romanze mit Emila Clarke und Sam Claflin Das ist kläglich und brutal gescheitert. Als er endlich aus dem Hotel fliehen kann, schließt er sich zunächst den Lonern an. Ausgerechnet dort findet er echte Liebe (Rachel Weisz). Dialektische Problemverlagerung würde man das wohl nennen. „The Lobster“ ist kein gewöhnlicher Film, wie Sie sich bereits denken können. Und dabei gehört er wohl zu den zugänglichsten aus dem Werk des 43jährigen Lanthimos. Sowohl er als auch seine Filme sind Kritikerlieblinge. Beim Filmfestival in Cannes wurde „The Lobster“ mit dem Jury-Preis ausgezeichnet. In Deutschland hätte der Film nur auf DVD erscheinen sollen, hat es inzwischen aber zumindest in einigen deutschen Metropolen ins Kino geschafft. Und „The Lobster“ ist durchaus ein herrlich absurdes Meisterstück, das die Bürokratie der Liebe in fahles, kaltes Licht taucht. Lanthimos’ perfekt getimter Humor rutscht immer wieder über die Linie zwischen staubtrocken und schmerzhaft. „The Lobster“ ist randvoll mit absurden Theorien und kleinen Alltagsbeobachtungen. Wieso sind gerade so viele exotische Tiere vom Aussterben bedroht? Weil alle lieber Hunde sein wollen und eben niemand ein Jangtse-Glattschweinswal. Warum haben Menschen Kinder? Weil das Hotel-Management sie frisch zusammengezogenen Paaren zugeteilt hat, damit sie sich nicht so sehr auf ihre Beziehungsprobleme konzentrieren können. Oder warum hören Singles am liebsten elektronische Musik? Weil man dazu so schön alleine tanzen kann. Nur „The Lobster“ als ganzes scheint selbst völlig frei von einer konkreten Theorie oder Kritik zu sein. Klar, die letztendliche These des Films besteht darin Auf der Suche nach einem Grund zu leben Emilia Clarke in der Buchverfilmung „Ein ganzes halbes Jahr” von Bestseller M it der Fernsehserie „Game of Thrones“ feiert Emilia Clarke seit Jahren Erfolge. Die Britin spielt darin die knallharte Drachenmutter Daenerys Targaryen, die viel nackte Haut zeigt – auch Clarke wurde vor einigen Monaten zur „Sexiest Woman Alive“ gekürt. Nun aber verkörpert die 29-Jährige eine ganz andere Rolle: In der Bestseller-Verfilmung „Ein ganzes halbes Jahr“ hat sie einen eigenwilligen Modegeschmack mit einer Vorliebe für Blümchen, Muster-Mix und grelle Farben. Und vor allem schwarz-gelb gestreifte Strumpfhosen. Clarke spielt ihre quasi Namensvetterin Louisa Clark, eine unbedarfte, aber überschäumende und liebenswerte junge Frau vom Lande. Noch nicht angekommen im Leben trifft sie auf Will Traynor (Sam Claflin, „The Hunger Games“). Der war als karrierebewusster Banker in der Großstadt im Gegensatz zu ihr sehr angekommen in seinem Leben. Das ändert sich jäh als er einen Unfall hat: Will ist vom Hals abwärts gelähmt und zieht notgedrungen ins Anwesen seiner Eltern aufs Land, wo Louisa seine Pflegerin wird. Mit „Ein ganzes hal- © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung bes Jahr“ war der britischen Bestsellerautorin Jojo Moyes der internationale Durchbruch gelungen. Der Roman hat inzwischen eine weltweite Gesamtauflage von mehreren Millionen Exemplaren. Auch das Drehbuch zu ihrem Kinodrama steuerte Moyes selbst bei. Die Romanverfilmung von Thea Sharrock lebt nun von langen und ruhigen Einstellungen, von den immer neuen farbenfroh-kuriosen Outfits von Louisa und von den ständigen Nahaufnahmen der Gesichter der beiden Protagonisten: das strahlende Lachen von Louisa, der an- WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb KINO 25 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 © IMAGES COURTESY OF SONY/ PARK CIRCUS Tag so macht. Allerdings schreiben Kollegen die ganze Zeit, dass „The Lobster“ ein „geistreicher Spiegel“ oder eine „Parabel“ auf „unserer Gesellschaft“ sei. Und Lanthimos gibt sich alle Mühe, den Anschein zu erwecken, als arbeite er sich an etwas Konkretem ab. Er baut eine so absurde Welt und gleichzeitig völlig realistiPassen nirgendwo sche Welt auf, hin: Rachel Weisz dass man als und Colin Farrell Zuschauer die ganze Zeit nach einem doppelten Boden sucht, nach dem Dahinter, der Kritik, irgendwas. Es ist nicht die surreal-alptraumhafte Absurdität eines Luis Buñuel oder die klamaukige a là Monty Python, sondern die dezente Überspitzung eines modernen Science-Fiction-Films. Schließlich ist „The Lobster“ im weitesten Sinne ein ScienceFiction-Film. Die Menschen haben offensichtlich eine Technologie entwickelt, mit der sie Mitbürger, die sich nicht nach der Norm verhalten, in Tiere umoperieren können. Die Stadt, die totalitär einfach nur „The Citiy“ genannt wird, hat den metallischsauberen Charme, den wir mit Zukunft verbinden. Und die Herrschaft der Beziehungsdiktatur lässt entweder auf einen gesellschaftlichen Umbruch oder eine alternative Geschichtsschreibung schließen. Auf jeden Fall ist etwas schief gelaufen. Wir sind in einer Dystopie gelandet. Nun liegt es in der Natur von festzustellen, dass Beziehungen Science-Fiction-Filmen, besonnur der Beziehung wegen und ders solchen, die in einer erkennSinglesein nur des Singleseins bar nicht allzu fernen Zukunft wegen auf Dauer nicht glücklich spielen, sich kritisch mit konkremacht. Am Ende kann nur wahre ten gesellschaftlichen EntwickLiebe die Grundlage für das Zu- lungen auseinander zu setzen. sammensein zweier Menschen Spike Jonzes „Her“, in dem sich sein. Die englischsprachige Ju- ein Mann in das Betriebssystem gend würde jetzt sagen: „No shit, seines Telefons verliebt, lässt Sherlock.“ Da war „Pretty Wo- den Zuschauer mit Fragen über man“ schon mal weiter. Das soll gesellschaftliche Vereinsamung nicht heißen, dass Filme immer in einer zunehmend durch techeine These oder eine Aussage nologisierten Welt zurück. In oder auch nur ein Fünkchen Alexander Garlands „Ex MachiWahrheit beinhalten müssen. Fil- na“ trickst eine künstliche Intelme dürfen unterhalten, verstö- ligenz ihre menschlichen Erren, amüsieren, oder was auch schaffer aus. Eine Sorge, die auch immer ein Film noch den ganzen Stephen Hawking umtreibt. autorin Jojo Moyes fangs verbitterte, verächtliche Blick von Will, der zusehens weicher wird. Sie sorgt ganz klischeehaft dafür, dass er sich verändert und ein wenig Lebensfreude bekommt. „Du bist der Grund dafür, dass ich morgens aufstehe.“ Er hilft ihr ebenfalls und zeigt ihr mit seiner alten Energie, wie sie Mut für eigene Entscheidungen entwickelt. „Ich bin dank dir zu einem komplett neuen Menschen geworden.“ Schauspielerisch ist das vor allem für Sam Claflin eine große Leistung, der die Gefühle jenseits der Dialoge ausschließlich durch seine Mi- mik transportieren kann. Als Louisa erfährt, dass Will sich eine Frist gesetzt hat, beginnt die eigentliche Geschichte. Denn es ist ein Todes-Ultimatum: Binnen sechs Monaten will er seinem Leben ein Ende setzen, in der Schweiz, wo assistierter Suizid legal ist. Louisa fasst den Entschluss, Will von seinem Plan abzubringen. Wie besessen organisiert sie Ausflüge, einen Konzertbesuch, eine Traumreise. Zeit bleibt ihr nicht viel, nicht mal „ein ganzes halbes Jahr“. Kleines Highlight im Film: Louisa begleitet Will zur Hochzeit seiner Ex-Freundin, jener „Children of Men“ von Alfonso Cuarón zeichnet den Zusammenbruch der Zivilisation nach, weil in den 20er-Jahren des 21. Jahrhunderts einfach keine Kinder mehr geboren werden. Die Gerontokratie scheint heute nicht mehr fern. „The Lobster“ fragt nun also, was passiert, wenn wir alle nur noch als Paare leben? Oder nur noch als Singles? Oder wenn wir Maschinen entwickeln, die Menschen in Tiere verwandeln? Stehen wir vor dem Anbruch einer Beziehungsdiktatur? Ist es gesellschaftlich nicht gerade so egal wie nie, in welchen Beziehungsstatus jemand lebt? Sei bei Tinder, Grindr oder in einer monogamen Dauerbeziehung. David muss sich beim Einchecken in das Hotel entscheiden, ob er eher homo- oder heterosexuell ist. BiSexualität steht nicht zur Auswahl. Gut, vielleicht müssten wir gesellschaftlich noch mehr an der Anerkennung fluider Sexualitäten arbeiten, allerdings droht da akut keine Verschlechterung der Situation. Im Gegenteil. Ja, völlig einverstanden, Lanthimos stichelt ein bisschen im menschlichen Balzverhalten herum. Er macht das sehr gekonnt, sehr amüsant, sehr ästhetisch. Doch der Film scheint die ganze Zeit mehr zu versprechen. Lassen Sie es mich mit einer aktuellen Analogie erklären: Lanthimos’ „The Lobster“ geht zum Elfmeterpunkt in der 90. Minute. Er trägt Trikot, Fußballschuhe und kennt alle Regeln des Spiels. Er nimmt Anlauf. Die Spannung steigt. Doch „The Lobster“ zielt gar nicht auf das Tor, das hatte er nie vor, sondern auf einen unbekannten Zuschauer dahinter. Den trifft er mitten ins Gesicht. Alles Können, alles Technik. Das Replay wird ein schmerzlich lustiger YoutubeHit. Doch die Zuschauer sind verwirrt, nicht nur weil der Ball das Tor verfehlt hat, sondern weil „The Lobster“ auch noch jubelt. Warum er das getan hat, das weiß nur Lanthimos allein. uuuut Amüsant und gekonnt mit der er bis zu seinem Unfall zusammen war. Die beiden tanzen – sie auf seinem Schoß, er im elektrischen Rollstuhl – und albern herum. Das ist deshalb so stark, weil es so alltäglich erscheint wie sonst kaum etwas in dem Drama. Außerdem hebt der Film eine gesellschaftliche Debatte von der Leinwand ins Bewusstsein: Ist Sterbehilfe gerechtfertigt? Wer entscheidet, wann Leben lebenswert ist? Die Angehörigen oder die Betroffenen selbst? Auch wenn es nur eine LiebesSchmonzette ist, so entwickelt „Ein ganzes halbes Jahr“ dadurch eine besonderes Kraft. uuttt Für Fans: Wer das Buch mag, wird auch mit dem Film glücklich „Kill Billy“: Die Wut des Möbelbauers bei Ikea Vikenes Film hat alles für eine skandinavische Rachekomödie. Doch die Altersmilde steht im Weg J etzt stellen Sie sich das mal vor, da kann einem schon die Wut kommen. Da verkauft man seit 40 Jahren Möbel. Nicht irgendwelche. Möbel, die bleiben. Die keine blöden Namen haben. Handwerkskunst zum Draufsitzen halt. Und der ganze Ort, der sitzt auf ihnen, seit Generationen sozusagen. Und dann kommt dieser Schwede, bringt Schaufelbagger und Flutlicht. Und kaum ein halbes Jahr später sitzt man mit seiner dementen Gattin im Laden dem blaugelben Möbelmonster in Steinwurfnähe gegenüber und ist so was von pleite. Da kann einem schon die Wut kommen. VON ELMAR KREKELER mann präsentiert, aber ungefähr so glaubwürdig ist, wie Cristiano Ronaldo, wenn er behauptete, er würde einen Laden für Stützstrümpfe eröffnen. Harold Lund von Lund Möbler wird Ingvar Kamprad entführen. Und dann fährt Harold los. Das ist das nächste Problem von Gunnar Vikenes Verfilmung eines Bestsellers von Frode Grytten: Wer unterwegs ist, muss auch irgendwo ankommen wollen, jedenfalls in einem zeitlich begrenzten Kunstwerk wie einem Film. „Kill Billy“, der eigentlich „Her er Harold“ heißt und dem der deutsche Verleih zur Verdeutlichung des Titelwitzes für den letzten Begriffsstutzigen noch den Untertitel „Lebst du noch, oder war’s das schon“ beigab, fährt aber nur rum, nimmt eher mühsame Plotseitenwege, geht aber nicht mehr ab. Da ist der Sohn, der, seit er arbeitslos wurde, vor allem mit dem Verstecken seiner Lebenslügen beschäftigt ist. Da ist die minderjährige Tramperin, die Harold mitnimmt, und deren verrückte Mutter. Und da ist dieser Mann, der mitten in der verschneiten Landschaft neben seiner liegen gebliebenen Limousine steht. Der hagere Herr ist natürlich Ingvar Kamprad. Und den nimmt Harold mit. Wer nun gedacht hat, dass es jetzt so richtig zur Sache geht, so mit Nun mag Wut zwar fürs Leben ein schlechter Ratgeber sein, fürs Filmemachen aber ist sie ein ziemlich guter Treibstoff. Erhöht das Tempo, die Schärfe, den Witz, die Dringlichkeit. Eines der größeren Rätsel, über die man nachdenkt, nachdem man Gunnar Vikenes „Kill Billy“ gesehen hat, ist, wo die Wut des Möbelhändlers Harold Lund, den das globale Junkmöbelhaus Ikea ruiniert hat, geblieben ist. Skandinavien ist ja, das muss man jetzt einschieben, weil es wichtig ist für eine der möglichen Erklärungen des Wutsterbens in „Kill Billy“, für angehende und praktizierende Pensionäre geradezu ein Paradies. Nicht nur wegen der Renten und dem exzellenten Stand der Geriatrie. Sondern auch, weil man sich im Norden sehr viel Mühe gibt mit der Versorgung reiferer Jahrgänge mit zielgruppenorientierten Filmen. All-Ager sozusagen vom anderen Ende der Alters- Kalt, aber nicht böse: Harold (Bjørn Sundquist, kohorte. „Kill Billy“ r.) und Ikea-Gründer Kamprad (Bjørn Granath) ist so ein Film. Und das ist auch sein Problem. Abrechnung und so, sei beruhigt. Dabei ist erst mal alles ganz schön. Ikea kommt ganz gut weg (sonst Man meint, sich eingrooven zu hätte, aber das nur eine böse Verkönnen in eine jener absurden, bö- mutung, das Unternehmen gegen sen nordischen Mordskomödien, den inflationären Gebrauch seines in denen Menschen, vor allem die Firmenlogos etwas unternomBösen natürlich, in Schneepflügen men). Kampvar geht es nicht verhäckselt werden. Komödien am ernsthaft an die Wäsche. Und Rande der Moral. Mit Biss. Harold Gunnar Vikene will, was alle diese zum Beispiel, nachdem er seinen All-Ager-Komödien wollen, zeiLaden leer geräumt und seine Gat- gen, dass es auch im Alter noch tin ins Heim gebracht hat, steht nicht zu spät ist für neue Perspekda, hat sich und was von seinem tiven. Jetzt könnte man natürlich Leben übrig ist mit Benzin übergossen. Es brennt schon. Leider noch einen Scherz machen über hat er vergessen, die Sprinkleran- Altenfilme ohne Biss. Aber das wäre despektierlich. Und würde viellage abzustellen. Wunderbar. Da fällt ihm ein, dass er einen leicht wütend machen. Was nicht Sohn hat. Der wohnt in Schweden, sein soll. „Kill Billy“ ist dafür dann da könnte er sich gleich rächen. doch zu charmant. Nicht an der Ikea-Dependance gegenüber. Sondern direkt an Ingvar u u u t t Kamprad, dem Ikea-Gründer, der Sehr entzückend, doch am Ende sich gern als bodenständiger Kauf- fehlt der Biss © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb © 2000-2016 MUSCHALIK DIGITALE MEDIEN DIE WELT KOMPAKT 26 INTERNET DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 KOMPAKT ONLINE-NACHRICHTEN Zahlungsbereitschaft steigt laut Studie Immer mehr Internetnutzer in Deutschland sind einer aktuellen Umfrage zufolge bereit, für journalistische Inhalte im Netz auch zu zahlen. Demnach haben 36 Prozent der Anwender in den vergangenen Monaten für Nachrichten oder andere Inhalte im Netz Geld ausgegeben, teilte der Digitalverband Bitkom am Mittwoch mit. Ein Jahr zuvor waren es bei einer vergleichbaren Umfrage noch 31 Prozent. „Ein gutes journalistisches Angebot lassen sich die Nutzer auch im Internet etwas kosten“, sagte Bitkom-Vizepräsident Achim Berg bei der Vorstellung der Studie. DHL-PACKSTATION App-Sicherheitslücke endlich geschlossen Kriminelle hätten sich mit wenig Aufwand durch eine Sicherheitslücke Zugang zu Packstationen von DHL verschaffen können. Das berichtet die Computerzeitschrift c’t. Danach hätten Unbefugte hätten zum Beispiel fremde Pakete kapern oder auch illegal Drogen auf fremde Namen liefern lassen können. DHL hat die Schwachstelle in der Smartphone-App „DHL Paket“ inzwischen geschlossen. Kern des Problems war demnach die vierstellige mTAN, die DHL seit Juni nicht nur per SMS, sondern auch über eine entsprechende App an die Kunden geschickt hatte. Während die Übertragung per SMS als sicher gilt, war die Übertragung der vierstelligen Nummer über die App vergleichsweise einfach abzufangen, da man dafür nur das Login für das DHL-Konto benötigte. YAHOO Live-Streaming bei Tumblr Der zum Verkauf stehende Internet-Pionier Yahoo will seine Blog-Plattform Tumblr mit Live-Streaming attraktiver machen. Von Dienstag ab sollen Direktübertragungen eingebunden werden können, wie Yahoo ankündigte. Dabei führt das Unternehmen im Gegensatz zu Twitter und Facebook keine eigene App ein, sondern unterstützt Videos anderer Dienste wie YouNow, Kanvas, Upclose und Youtube. Die Livestreams werden gespeichert und können wieder abgespielt und geteilt werden. Vor gut einem Jahr lösten die App „Merkat“ sowie der von Twitter gestartete Dienst Periscope einen neuen Boom aus. Facebook setzt insgesamt massiv auf Video und ist mit dem Service Facebook Live auch auf diesem Feld aktiv. DER MOBILE VIDEO-TIPP Wenn die Temperaturen wieder klettern, hilft nur eine Abkühlung. Am besten im Pool. Badehose? Check. Sonnenbrille? Check. Diese Vierbeiner haben alles richtig gemacht: https://goo.gl/Sbeb0L Indiens Milliardenauktion für Mobilfunk-Frequenzen I ndien hat gestern die Versteigerung von MobilfunkFrequenzbändern angekündigt, die dem Staat eine zweistellige Milliardensumme in Euro einbringen könnte. Finanzminister Arun Jaitley nannte die Auktion auf einer Pressekonferenz „die größte Versteigerung von Funkfrequenzen, die das indische Regierungskabinett je genehmigt hat“. Demnach stehen sieben verschiedene Frequenzbänder für Mobilfunknetze zum Verkauf, darunter auch das begehrte Frequenzband um 700 Megahertz. Funkwellen innerhalb dieses Bandes haben eine hohe Reichweite. Laut Berechnungen indischer Medien könnte die indische Regierung umgerechnet mehr als 70 Milliarden Euro einnehmen, wenn alle Frequenzbänder zum Mindestgebot ersteigert werden. Eine vorherige Auktion, in der ein Fünftel der verfügbaren Menge versteigert wurde, hatte rund 15 Milliarden Euro erbracht. Rajan Mathews, Chef der indischen Mobilfunkvereinigung, meldete Zweifel an: „Ich sehe nicht für alle Frequenzbänder den gleichen Appetit bei den Käufern.“ Das Frequenzband um 700 Megahertz sei für fast alle indischen Mobilfunkkonzerne zu teuer. Milliarden für Barbarendörfer D er chinesische Internet-Konzern Tencent investiert 8,6 Milliarden Dollar in die Übernahme des finnischen Startups Supercell. Die Chinesen kaufen dem japanischen Internet-Konzern Softbank für das viele Geld den Mehrheitsanteil von Supercell ab, sie halten nach der Abwicklung des Verkaufs 84 Prozent der Anteile an dem Start-up. Die erst 2010 gegründete Firma wird damit mit über zehn Milliarden Dollar bewertet, würde an der Börse auf Augenhöhe mit Dax-Unternehmen wie der Pro7Sat1.-Gruppe oder ThyssenKrupp rangieren. Welches Produkt macht Supercell so wertvoll? VON BENEDIKT FUEST Die Finnen haben das weltweit erfolgreichste Smartphone-Spiel der Welt entwickelt. „Clash of Clans“ heißt der Titel, der die Spieler mit einer Mischung von Strategie- und Aufbauspielprinzip fasziniert – und ihnen geschickt das Geld aus der Tasche zieht. Über 100 Millionen Spieler weltweit nutzen das Spiel täglich. Der Download des Spiels aus den Appstores von Google und Apple kostet nichts, die Einstiegshürde für neue Spieler ist sehr niedrig. Doch wer in dem Ein finnisches Start-up wird so hoch bewertet wie ThyssenKrupp. Der Erfolg des Unternehmens fußt auf einem einzigen Produkt. Wer verzockt sich hier? Spiel schneller weiterkommen will, kann sich den Fortschritt erkaufen, indem er virtuelle „Juwelen“ im Spiel einkauft - diese Juwelen jedoch kosten echtes Geld. Wer im Spiel Edelsteine erwirbt, zahlt mindestens 4,99 Euro – eine ganze virtuelle Kiste kostet satte 99,90 Euro. Theoretisch ist der Einsatz des Spielgeldes freiwillig, praktisch aber kann man im Spiel Überlegenheit erkaufen. Wie bereitwillig Spieler echtes Geld für diese virtuelle Überlegenheit investieren, zeigen die Umsatzzahlen von Supercell: Die gut 180 Mitarbeiter des Start-ups erwirtschafteten 2015 weltweit gut 2,3 Milliarden Dollar Umsatz - und generierten daraus gut 900 Millionen Dollar Gewinn. Diese © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Traumrendite ist möglich, da Supercell neben den Personalkosten nur Marketing-Kosten hat. 2016 dürfte der Umsatz erneut kräftig wachsen, da die Finnen erst im vergangenen Herbst ihre Spiele auch für den Massenmarkt China online gestellt haben. Während in Europa und den USA vor allem Jugendliche das Barbaren-Spiel zocken, sind in Asien deutlich finanzkräftigere Erwachsene am Touch-Bildschirm. Die Supercell-Programmierer nutzen meisterhaft die Prinzipien der sogenannten „Free2Play“-Spiele: Zu Beginn sind die Einstiegshürden niedrig, und Novizen unter den Spielern können sich über einfache Erfolge freuen. Das eigene Barbarendorf wächst extrem schnell, Gefechte sind leicht zu gewinnen. Damit stimuliert das Spiel geschickt das Belohnungszentrum im Gehirn, das bei Erfolgen Dopamin ausschüttet. Derselbe Mechanismus, diagnostizieren Suchtforscher, ist bei Drogensüchtigen beim Konsum einer Dosis Kokain aktiv. Doch je weiter der Spieler im Spiel aufsteigt, desto schwieriger wird der Fortschritt: Dauert am Anfang ein Upgrade der eigenen Verteidigungsmauern nur 15 Minuten, gehen in späteren Spielstufen leicht 24 Stunden ins Land. Der Bau mancher Spiel- WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb INTERNET 27 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 REUTERS/THOMAS WHITE DIE WELT KOMPAKT Barbarendörfer bauen und Gegner plätten: Das Online-Strategiespiel „Clash of Clans“ ist ein weltweiter Hit Einheiten dauert gar bis zu 14 Tage. Der stete Stimulus zum MiniDopamin-High bleibt aus. Wer den Ausbau des eigenen Dorfes beschleunigen will, muss Juwelen kaufen und investiert im Rausch des Spieles schnell dreistellige Summen. „Manche Kinder setzen alles verfügbare Geld für den Einkauf in den Spielen ein“, sagt Medienpädagogin Cordula Dernbach von der Erziehungsberatung der Caritas in Bayern. Sie musste bereits Eltern beraten, die von ihren Kindern beklaut wurden – nur weil die zwanghaft noch mehr Geld für Juwelen ausgeben wollten. Fraglich ist, wie lange die Sucht anhält: Das Spiel ist aktuell in den Downloadcharts von Apples deutschem Appstore nicht mehr vertreten. Anscheinend kann „Clash of Clans“ hierzulande nicht mehr allzu viele neue Spieler gewinnen. Die jugendliche Zielgruppe ist notorisch bekannt dafür, dass Spiele-Hypes nur eine begrenzte Lebensdauer haben – leicht wechselt die Aufmerksamkeit des gesamten Schulhofs auf einen neuen Spiele-Hit, der neue leichte AnfangsErfolge verspricht. Vielleicht hat Softbank „Supercell“ zum genau richtigen Zeitpunkt verkauft. Apple bricht beim neuen iPhone 7 mit einer Tradition Gerüchte besagen: kein Kopfhöreranschluss. Große Neuerungen wohl nicht vor 2017 D ie Hinweise verdichten sich, dass Apple beim nächsten iPhone-Modell auf den traditionellen Ohrhöreranschluss für Klinkenstecker verzichtet. Nach entsprechenden Vorhersagen von Analysten und Gerüchten aus der Zuliefererkette berichtet das jetzt auch das „Wall Street Journal“. Damit solle das Telefon dünner und wasserfester gemacht werden, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Kopfhörer könnte man stattdessen per Bluetooth-Funk anschließen. Schon die bisherigen Gerüchte sorgten für den Vorwurf, es sei nicht verbraucherfreundlich, wenn Nutzer ihre Kopfhörer nicht mehr einfach in die neuen Modelle einstöpseln könnten. Apple hat in der Vergangenheit immer wieder gewohnte Schnittstellen weggelassen und sich damit durchgesetzt. So verzichtete der Konzern bei sei- nem iMac-Computer auf ein Floppy-Laufwerk, als dieses noch oft genutzt wurde. Bei neueren Modellen fiel das CDLaufwerk weg, um sie dünner zu machen. Und mit dem iPhone 5 führte Apple 2012 den neuen Digitalanschluss ein, der alte Ladekabel nutzlos machte. Ansonsten werde die alle zwei Jahre übliche große Erneuerung der iPhone-Serie diesmal ausbleiben, schrieb die Zeitung weiter. Beim nächsten Modell im Herbst solle es äußerlich nur geringfügige Änderungen im Vergleich zu den aktuellen Geräten geben. Auch das hatten zuvor bereits einige Analysten wie Ming-Chi Kuo von KGI Securities vorhergesagt. Im kommenden Jahr stehe beim iPhone dann eine Generalüberholung an, schrieb das „Wall Street Journal“ weiter. Der Bildschirm könne dann die gesamte Fläche ohne die bisherige Umrahmung ausfüllen. ANZEIGE Entdecken Sie immer wieder neue Vorteile mit MEINE WELT – das Extra für treue Leser. Erleben Sie WELT-Redakteure in Europas größtem Newsroom. Gehen Sie auf WELT Erlebnistour und gewinnen Sie eine exklusive Reise durch den Verlag. 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Ergebnis: Innerhalb der Stadt wurden die Pflanzen häufiger von Insekten bestäubt als auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. ORNITHOLOGIE Schlechtes Jahr für Uhus Bei den Uhus gibt es deutlich weniger Jungtiere. „Das Brutjahr ist wegen der Folgen des nasskalten Wetters viel schlechter ausgefallen als im Vorjahr“, sagt Stefan Brücher von der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen in Bad Münstereifel. In der Eifel seien seit Mitte April nur 168 Jungvögel registriert worden. 2015 waren es dagegen rund 340 gewesen. REKORD 20 Satelliten in einer Rakete Die indische Raumfahrtbehörde startete gestern eine Rakete mit 20 Satelliten an Bord – die größte Zahl bei einer indischen Mission. 17 Satelliten wurden für andere Staaten befördert. Einer davon aus Deutschland. GÜRTLERS GESAMMELTE GRÜTZE Bei der Fußball-EM 2016 treten insgesamt sieben Trikotausrüster an. Neben den drei Großen Adidas (9 Teams), Nike (6) und Puma (5) sind es vier weitere Hersteller, die jeweils eine Mannschaft ausrüsten: Joma (Rumänien), Umbro (Irland), Errea (Island) und Macron (Albanien). enschen fühlen sich in einer grünen Umgebung einfach wohl. Achtung, damit ist keine Tapete gemeint. Sondern echte Natur. Es mag zudem eine Binsenweisheit sein, doch darin steckt ein ernster medizinischer Kern: Die heilende Wirkung von Grünflächen war schon den Ärzten im alten Ägypten bekannt. Sie verordneten ihren Patienten Gartenspaziergänge zur schnelleren Genesung. Damals kannte man weder Arbeitsecken in Großraumbüros noch Coffee to go in Meetings oder sonstige Gründe, sich entfremdet unwohl zu fühlen. einstieg ins Berufsleben zu schaffen. An der Studie von Eva Lidén und ihren Kollegen nahmen 244 Frauen zwischen 21 und 62 Jahren teil. Die Probandinnen litten alle an langfristigen Erkrankungen und waren auf staatliche Sozialleistungen angewiesen. Sie befanden sich körperlich und mental in schlechter Verfassung. Nach der randomisierten Aufteilung in zwei Gruppen erhielt eine Hälfte der Teilnehmerinnen zwei- bis vier- VON LAJOS SCHÖNE Seit den 80er-Jahren wird dieser Gesundeffekt wissenschaftlich untersucht. Nun mehren sich sogar Studien, nach denen das Draußensein für Therapien genutzt werden kann. Gestresste Büromenschen und Eltern von internetaffinen Kindern haben nun wissenschaftliches Rüstzeug an der Hand, um Argumente für Waldspaziergänge zu finden. Bereits im 18. Jahrhundert entdeckten Ärzte, dass Gartenarbeit gut für psychisch beeinträchtigte Menschen ist. In der Altenpflege, der Psychiatrie und der Sozialarbeit ist in den vergangenen Jahrzehnten die Therapieform des „Greencare“ in Mode gekommen. Wissenschaftlich untersucht ist sie bisher aber keineswegs. Wissenschaftler der schwedischen Universität Göteborg wollten nun herausfinden, ob man diesen Effekt tatsächlich therapeutisch nutzen kann, oder ob die Gartentherapie nur ein Placeboeffekt ist. Die Forscher untersuchten, ob es für Frauen einfacher ist, mithilfe von Gartenarbeit den Wieder- Vitamin G! Wie grün Bäume und Sträucher sind nicht nur schön anzusehen. Der Anblick des Laubs tut der Seele gut und macht gesund mal in der Woche eine Kombination aus praktischer Gartenarbeit, Bewegungsaktivitäten und mentalen Übungen sowie ein zusätzliches Coaching für die Jobsuche. Diese Art der Betreuung erwies sich im Verlauf der 14 Wochen dauernden Studie als eindeutig positiv: Der körperliche Gesundheitszustand der Teilnehmerinnen verbesserte sich. Sie fühlten sich besser, waren fitter und konnten wieder besser am Sozialleben teilnehmen. Bei Kindern, ermittelten norwegische Wissenschaftler um Ingunn Fjörtoft von der Telemark Universität, führen Spiel und Bewegung im Freien zu einer Verbesserung von motorischen, sprachlichen und mathematischen Fertigkeiten und fördern Konzentration und Leistungsfähigkeit. Die positiven Effekte, die sich bereits nach fünf bis zwanzig Minuten Aufenthaltsdauer im Grünen auf Psyche und Körper einstellen, scheinen gleichermaßen für die Menschen aller Kulturen zu gelten. Sie wurden für Probanden in Japan, Amerika und anderen Ländern belegt. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2010 von zehn Studien mit den Daten von insgesamt 1252 Teilnehmern ergab vor allem zu Beginn eines Aufenthaltes in grünen Landschaften starke Effekte hinsichtlich der mentalen Erholung. Wer draußen wanderte, im Garten arbeitete, Rad fuhr, fischte, Boot fuhr oder ritt, hatte bereits nach fünf Minuten seine geistigen Kräfte erholt. Dabei war es völlig egal, ob die Probanden sich im Park, in unberührter Natur oder in landwirtschaftlich genutzten Gebieten aufgehalten hatten. Aber man muss sich nicht einmal körperlich bewegen, um vom Draußensein zu profitieren. Einen besonders ein- DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 drucksvollen Beweis dafür erbrachte eine Studie kanadischer Psychologen, die sie vor fünf Jahren im Fachjournal „Psychological Science“ veröffentlicht haben. Elisabeth Nisbet und John Zelenski von der Carleton-Universität in Ottawa teilten 150 Studenten nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen ein und ließen sie durch das Universitätsgelände laufen. Eine Gruppe durfte einen Weg unter freiem Himmel entlanggehen, die zweite Gruppe lief durch die Kellergänge der Uni zum selben Ziel. Für beide Wege wurden 17 Minuten benötigt, es regnete nicht und es herrschten herbstliche Temperaturen. Wer draußen ist, hat bereits nach fünf Minuten seine geistigen Kräfte erholt Diejenigen, die an der frischen Luft laufen durften, waren am Ende deutlich entspannter als die Gruppe, die durch die Gänge laufen musste. Die positiven Reaktionen begünstigten das Gefühl der persönlichen Verbundenheit mit der Natur. Wer sich im Grünen aufhält oder grüne Landschaften betrachtet, tut eine Menge für Körper und Geist. Das psychische Wohlbefinden steigt, Stress wird reduziert. Herzschlag und Blutdruck reduzieren sich. Das kann sich positiv auf die Denkfähigkeit und die emotionale Stabilität auswirken. Zudem verbessern sich die Konzentrationsfähigkeit, die Aufmerksamkeit und die Arbeitsleistung. Auch auf die Immunabwehr scheinen Wald und Felder einen positiven Effekt zu haben. Der Wert, den die Natur auf die Gesundheit des Menschen hat, kann kaum unterschätzt werden. Ein Grund mehr, aufzustehen – und nach draußen zu gehen. MEHR GRÜTZE: WELT.DE/GRUETZE IMPRESSUM Verleger Axel Springer (1985 †) Herausgeber und Chefredakteur: Stefan Aust Stellvertreter des Chefredakteurs: Dr. Ulf Poschardt, Arne Teetz Stellvertretende Chefredakteure: Beat Balzli, Oliver Michalsky, Dr. Marius Schneider (Geschäftsführender Redakteur) Leitender Redakteur: Matthias Leonhard Stellv.: Henning Kruse; Christian Gaertner, Philip Jürgens, Lars Winckler Redaktionsleiter Digital: Stefan Frommann Politik: Marcus Heithecker, Dr. Jacques Schuster, Lars Schroeder Stv. Claudia Kade Deutschland Hintergrund: Wolfgang Büscher, Claus Christian Malzahn Außenpolitik: Dr. Sascha Lehnartz, Stv. Silke Mülherr Wirtschaft: Thomas Exner, Olaf Gersemann Kultur, Magazin: Philipp Haibach Sport: Stefan Frommann Menschen & Medien/Leben/Wissen: Wolfgang Scheida, Heike Vowinkel Regionalredaktion Hamburg: Jörn Lauterbach Layout und Produktion: Ronny Wahliß, Gesa Vollborn Foto: Stefan A. Runne Grafik: Karin Sturm Nachrichtenchef: Falk Schneider Managing Editor Digitalteam: Sebastian Lange, Stv. Caroline Tur- zer Social Media: Niddal Salah-Eldin Video: Martin Heller Die WELT-Gruppe kooperiert mit „El País“ (Spanien), „La Repubblica“ (Italien), „Le Figaro“ (Frankreich), „Le Soir“ (Belgien), „Tages-Anzeiger“ und „Tribune de Genève“ (beide Schweiz) Sonderthemen: Astrid Gmeinski-Walter Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Seite 1: Matthias Leonhard Deutschland: Marcus Heithecker Ausland: Dr. Sascha Lehnartz Forum: Andrea Seibel Wirtschaft/Finanzen: Thomas Exner Sport: Stefan Frommann Internet: Matthias Leonhard Wissen: Dr. Pia Heinemann Kultur/ Lifestyle: Philipp Haibach Panorama: Wolfgang Scheida Alle: c/o WeltN24 GmbH, 10888 Berlin DIE WELT KOMPAKT erscheint in Kooperation mit der Axel Springer Akademie. 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Sie haben jetzt die Möglichkeit, im Job für mehr Rechte zu kämpfen. Sagen Sie, was Sie stört, dann kann sich viel verändern. Kosten Sie die unbeschwerten Stunden voll aus. Genießen Sie das Zusammensein mit dem Partner. Kurze Ausflüge tun gut. ZWILLINGE (21.05.–21.06.) Was Aktivitäten und Termine betrifft, so sollten Sie sich nicht überfordern. Hin und wieder ist abschalten notwendig. Neue Entwicklungen am Arbeitsplatz sollten Sie mit mehr Skepsis beurteilen. Fremde Angebote können sich als Flop erweisen. SUDOKU UND KREUZWORTRÄTSEL VON STEFAN HEINE Auflösung der letzten Rätsel: KREBS (22.06.–22.07.) Routineaufgaben haben Sie schnell und sicher im Griff. Möglicherweise müssen Sie eine aufkommende Ungeduld bewältigen. Lügen haben kurze Beine. Warum bleiben Sie nicht einfach bei der Wahrheit? Sie haben doch absolut nichts zu verbergen, oder? LÖWE (23.07.–23.08.) Eine heimliche Hoffnung erfüllt Sie. Das verwirrt Sie anfangs. Aber Sie fangen sich und können die Situation genießen. Manches braucht eben etwas länger, wenn es gut werden soll. Vertrauen Sie den Sternen und bleiben Sie im Job zuversichtlich. JUNGFRAU (24.08.–23.09.) Der heutige Tag beschert Ihnen nach längerer Pause mal wieder Überraschungen. Trotz Problemchen steigt das Glücksbarometer. Genießen Sie Ihre Freizeit. Legen Sie sich Reserven zu. Sportliche Aktivitäten können auch äußerst erholsam wirken! Jede Ziffer von eins bis neun wird in jeder Spalte, jeder Zeile und in jedem 3x3-Feld genau einmal eingetragen. Das linke Sudoku ist von mittlerer Schwierigkeit, das Rätsel rechts daneben etwas leichter. Mehr Sudoku-Rätsel auf welt.de/sudoku WAAGE (24.09.–23.10.) Zurzeit sind bei Ihnen viele Dinge im Unreinen. Sie gehen trotzdem positiv an die Dinge heran und haben damit Erfolg. Schieben Sie lästige Tätigkeiten bloß nicht auf die lange Bank. Es geht schneller, als Sie denken, wenn Sie angefangen haben. SKORPION (24.10.–22.11.) Mit regelmäßigen Spaziergängen werden Sie einen guten Trainingseffekt erzielen. Jede durchwanderte Einkaufsstraße zählt! Sie machen eine Gratwanderung durch. Erstrebenswert bleibt eine Mischung aus lockerer Kreativität und Durchhaltevermögen. SCHÜTZE (23.11.–21.12.) Sie sind leicht infektanfällig und nervös. Viel frische Luft und Bewegung sind nicht durch Spazierfahrten ersetzbar. Ein überzogener Arbeitseifer macht Sie unnahbar und führt nicht zum erwünschten Ergebnis. Weniger ist in diesem Fall mehr! STEINBOCK (22.12.–20.01.) Sie betrachten die Situation heute aus der Vogelperspektive und erkennen viele Zusammenhänge besser. Zeit für Veränderung! Einem kleinen Abenteuer sind Sie nicht abgeneigt. Lassen Sie bitte nicht alle Vorsicht außer Acht – es gibt kein Zurück! WASSERMANN (21.01.–19.02.) Sie sind versucht, alten Gefühlen nachzuhängen. Bedenken Sie, dass sich alle Beteiligten unterdessen weiterentwickelt haben. Was Ihre Gesundheit betrifft, sollten Sie nicht mit Scheuklappen durch die Gegend laufen. Meiden Sie jedes Risiko. FISCHE (20.02.–20.03.) Gerade in der Liebe ist der Instinkt Ihre stärkste Waffe. Sie sind nur erfolgreich, wenn Sie auch Ihre Ansprüche anmelden. Man empfindet Sie am Arbeitsplatz als angenehmen Verhandlungspartner. Setzen Sie ganz bewusst Ihre Vorstellungen durch. © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 30 TV-PROGRAMM DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 ARD ZDF RTL SAT.1 PRO 7 VOX 9.00 Tagesschau 9.05 Rote Rosen 9.55 Sturm der Liebe 10.45 Gefragt – Gejagt 11.35 Seehund, Puma & Co. Morgenstund’ hat Gold im Mund 12.00 ¥ Tagesschau 12.15 ARD-Buffet Lust auf Matjes mit Rettichsalat? Wie man das macht, zeigt heute Vincent Klink 13.00 ZDF-Mittagsmagazin 14.00 ¥ Tagesschau 14.10 ¥ Rote Rosen Telenovela 15.00 ¥ Tagesschau 15.10 Sturm der Liebe Telenovela 16.00 ¥ Tagesschau 16.10 ¥ g Panda, Gorilla & Co. 17.00 ¥ Tagesschau 17.15 Brisant Boulevardmagazin 18.00 ¥ Wer weiß denn sowas? 18.50 ¥ g In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte 19.45 Wissen vor acht – Mensch 19.50 g Wetter/Börse 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥ g Mord in bester Gesellschaft: In Teufels Küche Krimikomödie (D/A 2013) Mit Fritz Wepper, Sophie Wepper, Wayne Carpendale. Regie: Hajo Gies 21.45 ¥ g Panorama Berichte – Analysen – Meinungen Moderation: Anja Reschke 22.15 Tagesthemen Mit Wetter 22.45 ¥ g Entscheidung in Großbritannien – kommt der Brexit? Reportage Mod.: Andreas Cichowicz 0.00 ¥ g Nachtmagazin 0.20 ¥ g Mord in bester Gesellschaft: In Teufels Küche Krimikomödie (D/A 2013) Mit Fritz Wepper, Sophie Wepper (Wh.) 1.55 H ¥ g Meine teuflischen Nachbarn Komödie (USA 1989) Mit Tom Hanks 5.30 ¥ g ZDF-Morgenmagazin 9.00 g heute Xpress 9.05 g Volle Kanne Top-Thema: Wirtschaftsfaktor Nationalelf / Einfach lecker: Milchreistörtchen 10.30 ¥ g Die Rosenheim-Cops 11.15 ¥ g SOKO Stuttgart 12.00 g heute 12.10 g drehscheibe 13.00 ¥ g ZDF-Mittagsmagazin 14.00 g heute – in Deutschland 14.15 Die Küchenschlacht 15.00 ¥ g heute Xpress 15.05 ¥ g Bares für Rares 16.00 ¥ g heute – in Europa 16.10 ¥ g SOKO Wien 17.00 ¥ g heute 17.10 ¥ g hallo deutschland 17.45 ¥ g Leute heute 18.05 ¥ g SOKO Stuttgart 19.00 ¥ g heute/Wetter 19.25 ¥ g Notruf Hafenkante Action-Serie. La Paloma 20.15 ¥ g Deutschlands Superhirn Steven Gätjen präsentiert unglaubliche Gedächtnisleistungen Moderation: Steven Gätjen 21.45 ¥ g heute-journal Live aus London zur Brexit-Entscheidung 22.15 ¥ g Maybrit Illner Zittern vor dem Brexit – Was wird aus Europa? Gäste: Günther Oettinger, Anton Börner, Susanne Schmidt, Arron Banks, Philip Oltermann 23.15 ¥ Markus Lanz Talkshow 0.30 g heute+ 0.45 ¥ g Masters of Sex Drama-Serie. Die Geschichte meines Lebens 1.40 õ In Plain Sight – In der Schusslinie Krimi-Serie 3.05 ¥ g Maybrit Illner (Wh.) 4.05 g heute Xpress 4.10 ¥ g Leute heute (Wh.) 5.15 g Der Blaulicht-Report 6.00 g Guten Morgen Deutschland Magazin. Moderation: Wolfram Kons, Susanna Schumacher 8.30 g Gute Zeiten, schlechte Zeiten 9.00 g Unter uns 9.30 g Betrugsfälle Doku-Soap 10.00 g Die Trovatos – Detektive decken auf Doku-Soap 11.00 Die Trovatos – Detektive decken auf Doku-Soap 12.00 Punkt 12 Das RTL-Mittagsjournal. Moderation: Katja Burkard 14.00 g Der Blaulicht-Report 16.00 g Verdachtsfälle 17.00 g Betrugsfälle Doku-Soap 17.30 g Unter uns Soap 18.00 g Explosiv – Das Magazin 18.30 Exclusiv: Das Star-Magazin 18.45 g RTL aktuell 19.05 g Alles was zählt Soap 19.40 g Gute Zeiten, schlechte Zeiten Soap 20.15 g Doctor’s Diary – Männer sind die beste Medizin Comedy-Serie Dr. Kaan ist doch süß! / Frauen auf dem Ärzteball 22.15 Nikola Comedy-Serie. Liebe auf den ersten Blick / Wochenende im Schnee. Mit Mariele Millowitsch. Nikola ist auf das Schlimmste gefasst, als sie hört, dass der neue Verwaltungsdirektor ein Freund von Schmidt ist. 23.10 Ritas Welt Sitcom. Der Ring. Mit Frank Vockroth 0.00 g Nachtjournal 0.30 g Doctor’s Diary – Männer sind die beste Medizin Comedy-Serie. Dr. Kaan ist doch süß! / Frauen auf dem Ärzteball (Wh.) 2.20 Nikola (Wh.) 3.10 g Nachtjournal (Wh.) 3.40 g Explosiv – Das Magazin 5.05 Auf Streife Reportagereihe 5.30 g Sat.1-Frühstücksfernsehen. Zu Gast: Vanessa Blumhagen Moderation: Daniel Boschmann, Marlene Lufen 10.00 g Auf Streife – Die Spezialisten 11.00 Richterin Barbara Salesch 12.00 g Richter Alexander Hold 13.00 Richter Alexander Hold 14.00 Auf Streife Reportagereihe 15.00 g Auf Streife – Die Spezialisten Reportage 16.00 Auf Streife Reportagereihe 17.00 Mein dunkles Geheimnis Bier ist nicht gleich Bier 17.30 g Schicksale - und plötzlich ist alles anders Sextoys verboten 18.00 g Auf Streife – Die Spezialisten Reportage 19.00 g Fahndung Deutschland 19.55 g Sat.1 Nachrichten 20.15 g Criminal Minds Krimi-Serie. Des Teufels Bräute / Bilder im Kopf / Die Farben des Bösen. Mit Joe Mantegna. In einer stillgelegten psychiatrischen Anstalt in Oregon wird die Leiche einer seltsam verkleideten Frau gefunden. 23.05 Profiling Paris Krimi-Serie Suspendiert. Mit Odile Vuillemin. Ein Fall führt Matthieu und sein Team zu einer Schule, wo die Leiche der Direktorin gefunden wurde. 0.10 g Criminal Minds Krimi-Serie. Des Teufels Bräute / Bilder im Kopf / Die Farben des Bösen (Wh.) 2.40 g Profiling Paris (Wh.) 3.30 Im Namen der Gerechtigkeit: Wir kämpfen für Sie! 4.15 g Schicksale (Wh.) 5.05 g Mike & Molly 5.25 g How I Met Your Mother 6.05 Two and a Half Men 7.55 g 2 Broke Girls 8.45 g The Big Bang Theory 10.35 g Mike & Molly ComedySerie 11.25 g How I Met Your Mother Comedy-Serie 12.20 Two and a Half Men Comedy-Serie 14.10 g 2 Broke Girls Serie 15.05 g The Big Bang Theory Comedy-Serie. Strafe muss sein / Mädelsabend mit Kerl / Das Eiersalat-Äquivalent / Man lernt nie aus 17.00 g taff Magersucht vs. Sportsucht (1) 18.00 g Newstime 18.10 Die Simpsons ZeichentrickSerie. Die unglaubliche Reise in einem verrückten Privatflugzeug / Homerotti 19.05 Galileo Trend Marinaden 20.15 H g X-Men: Erste Entscheidung Sci-Fi-Film (USA 2011) Mit James McAvoy, Michael Fassbender, Kevin Bacon 22.50 H g Minority Report Sci-Fi-Film (USA 2002) Mit Tom Cruise, Max von Sydow, Colin Farrell Regie: Steven Spielberg John Anderton leitet eine Spezialabteilung, die mit Hilfe hellseherischer Menschen zukünftige Verbrecher aufspürt. 1.35 g Spätnachrichten 1.40 g Starship Troopers II: Held der Föderation Sci-Fi-Horror (USA 2004) Mit Billy Brown, Richard Burgi, Kelly Carlson 3.05 Malcolm mittendrin (Wh.) 3.25 g Watch Me – das Kinomagazin 6.45 g Verklag mich doch! DokuSoap 10.50 g vox nachrichten 10.55 Mein himmlisches Hotel 11.55 Shopping Queen 12.55 g 4 Hochzeiten und eine Traumreise 13.55 Mein Kind, dein Kind – Wie erziehst du denn? Nicole vs. Katrin 14.55 g Shopping Queen Motto in Dresden: Eyecatcher – Ziehe mit deiner neuen Sonnenbrille alle Blicke auf dich!, Tag 4: Lisa Marie 16.00 g 4 Hochzeiten und eine Traumreise Tag 4: Sandra, Steyr (A) 17.00 Mein himmlisches Hotel Mecklenburg, Tag 4: Wildkräuterhotel 18.00 mieten, kaufen, wohnen 19.00 g Das perfekte Dinner – Wunschmenü Tag 4: Kerstin, Hamburg 20.00 g Prominent! 20.15 H ¥ g Transporter – The Mission Actionfilm (F/USA 2005) Mit Jason Statham, Alessandro Gassman, Amber Valletta. Regie: Louis Leterrier. Als die Drogenmafia Frank Martins Schützling entführt, geht der Ex-Agent auf eine halsbrecherische Verbrecherjagd. 22.05 H ¥ g Safe – Todsicher Actionthriller (USA 2012) Mit Jason Statham 23.50 g vox nachrichten 0.10 H ¥ g Transporter – The Mission Actionfilm (F/USA 2005) Mit Jason Statham, Alessandro Gassman, Amber Valletta (Wh.) 1.50 H ¥ g Safe – Todsicher Actionthriller (USA 2012) Mit Jason Statham (Wh.) 3.15 Medical Detectives KABEL 1 TIPPS DES TAGES 8.30 Navy CIS 9.25 g The Mentalist 10.20 g Castle 11.10 g Without a Trace 12.10 Numb3rs 13.05 Cold Case 14.00 g Navy CIS 14.55 g The Mentalist 15.50 g News 16.00 g Castle 16.50 g Abenteuer Leben täglich 17.55 g Mein Lokal, Dein Lokal – Spezial 18.55 g Achtung Kontrolle! Einsatz für die Ordnungshüter 20.15 H g Der Prinz aus Zamunda Komödie (USA 1988) Mit Eddie Murphy 22.30 H g Final Destination III Horrorfilm (USA/CDN/D 2006) 0.15 H g Der Prinz aus Zamunda Komödie (USA 1988) (Wh.) Doctor's Diary X-Men: Erste Entscheidung RTL | 20.15 Gretchen (Diana Amft) ist von Dr. Kaans (Kai Schumann) kostenlosem Engagement sehr angetan, auch wenn dies zur Folge hat, dass ihre Handtasche geklaut wird. Pro 7 | 20.15 Die Mutanten Charles Xavier und Erik Lehnsherr (Michael Fassbender) bilden junge Menschen mit besonderen Fähigkeiten aus. Sie werden von Freunden bald zu Todfeinden. ARTE ZDF NEO RTL 2 13.50 H Der Tag der Krähen Animationsfilm (F/B/LUX/CDN 2012) 15.25 g Reise durch Amerika 15.50 g Wie das Land, so der Mensch 16.15 ¥ g Im Bann der Jahreszeiten 17.00 ¥ g X:enius (Wh.) 17.30 g Das dunkle Geheimnis der Neandertaler 18.25 g Im Dschungel von Myanmar (1/2) 19.10 ARTE Journal 19.30 g Die Kanarischen Inseln 20.15 g Die Erbschaft Drama-Serie 21.10 g Die Erbschaft 22.10 H g Don – The King Is Back Actionfilm (IND/D 2011) 0.30 H Frankenhooker Horrorkomödie (USA 1990) 6.05 ¥ g Terra X 7.35 Lanz kocht 8.40 Lafer! Lichter! Lecker! 9.20 g Bares für Rares 11.00 ¥ Die Rettungsflieger 12.25 Küstenwache 14.00 g Ein Fall für zwei 15.55 ¥ Die Rettungsflieger 17.25 g Columbo: Doppelter Schlag TV-Krimi (USA 1973) 18.35 g Bares für Rares 20.15 ¥ Lewis: Partitur des Todes TV-Krimi (GB 2008) 21.50 ¥ Lewis: Der Kuss des Mondes TV-Krimi (GB 2008) 23.20 ¥ g Inspector Banks: Das verschwundene Lächeln TV-Krimi (GB 2014) 0.50 ¥ g Dengler: Die letzte Flucht Thriller (D 2015) 5.10 g Privatdetektive im Einsatz 8.55 g Frauentausch 10.55 g Family Stories 11.55 g Dein neuer Style – Entdecke deine Schönheit! 12.55 g Köln 50667 13.55 g Berlin – Tag & Nacht 14.55 g Hilf mir! 16.00 g All About Love 17.00 g Die Straßencops – Jugend im Visier 18.00 g Köln 50667 19.00 g Berlin – Tag & Nacht 20.00 g News 20.15 Die Kochprofis – Einsatz für die Liebe Hochzeit in Steingaden Neue Folgen 21.15 g Frauentausch 23.25 exklusiv – Die Reportage 0.20 Liebe im Paradies MDR TELE5 3 SAT 14.00 ¥ g MDR um zwei 15.00 ¥ g LexiTV – Wissen für alle 16.00 ¥ g MDR um vier 17.45 ¥ g MDR aktuell/Wetter 18.10 ¥ g Brisant 18.54 ¥ Unser Sandmännchen 19.00 MDR Regional 19.30 ¥ g MDR aktuell 19.50 ¥ g Donnerwetter! 20.15 ¥ g Polizeiruf 110: Eine mörderische Idee TV-Krimi (D 2014) Mit Claudia Michelsen 21.45 ¥ g MDR aktuell 22.05 ¥ g artour 22.35 ¥ g Menschenrechte für Tiere? 23.05 ¥ ® g Lebensläufe 23.35 ¥ g Die besten Hits aller Zeiten (2/5) 1.55 ¥ g Maischberger 5.21 Reich und schön 6.00 Joyce Meyer 6.24 Dauerwerbesendung 7.25 Joyce Meyer 7.54 Dauerwerbesendung 14.10 Star Trek – Deep Space Nine 15.10 g Star Trek – Das nächste Jahrhundert 16.10 Star Trek – Raumschiff Voyager 18.10 Star Trek – Deep Space Nine 19.10 g Star Trek – Das nächste Jahrhundert 20.15 H g American Fighter IV – Die Vernichtung Actionfilm (USA 1990) Mit Michael Dudikoff 22.00 g WWE RAW 0.05 H Cyborg Cop Actionfilm (USA 1993) 1.45 g Battlestar Galactica 11.45 Thema 12.30 ECO 13.00 ¥ g ZIB 13.15 ¥ g Im Zauber der Wildnis 14.45 g Wilde Schönheiten 18.30 g nano 19.00 ¥ g heute 19.20 g Kulturzeit 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 H ¥ g Eine ganz heiße Nummer Komödie (D 2011) Mit Gisela Schneeberger 21.45 ¥ g Nuhr im Ersten 22.30 g Hennes Bender: Klein/Laut 23.00 H õ g Kill Bill: Vol. I Actionfilm (USA 2003) 0.45 g Der Bestatter 1.45 g Rundschau 2.25 g Hasan hat eine Mission 2.50 g Hessen-Reporter 3.20 Terra X 4.50 Deutschlands Traumstraßen 5.35 g Auf Leben und Tod 12.45 Börse am Mittag 13.00 N24 Nachrichten auch um 14, 15, 18, 19 und 20 Uhr 13.05 g Die Transporter – Let’s move it! Doku-Soap 14.05 g Top Gear USA 15.25 N24 Cassini Magazin 16.05 g Air Warriors 17.05 g HubschrauberLegende Huey – Der Bell UH-1D in Deutschland 18.15 Börse am Abend 18.25 N24 Cassini Wie kommt das Loch in die Nudel? 19.10 g Welt der Wunder WDR NDR RBB BR SWR HR 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 Tatort: Ihr Kinderlein kommet TVKrimi (D 2012) 21.40 WDR aktuell 22.10 frauTV 22.40 Menschen hautnah 23.25 Pflege macht arm 23.55 Glaube – Liebe – Lust 20.15 ¥ Länder – Menschen – Abenteuer 21.00 ¥ Länder – Menschen – Abenteuer 21.45 ¥ g NDR//aktuell 22.00 ¥ g Utta Danella: Eine Nonne zum Verlieben Liebesdrama (D 2010) 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 g Polizeiruf 110: Schuld TV-Krimi (D 2012) 21.45 rbb aktuell 22.15 Stilbruch 22.45 g Bücher und Moor 23.30 H Staub auf unseren Herzen Drama (D 2012) 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥ quer 21.00 Altinger mittendrin 21.45 ¥ Rundschau Magazin 22.00 ¥ Capriccio 22.30 Woidboyz on the Road 23.00 Vereinsheim Schwabing 23.45 Rundschau Nacht 20.15 ¥ Zur Sache Baden-Württemberg! 21.00 ¥ g Der Südwesten von oben 21.45 ¥ Landesschau aktuell 22.00 odysso – Wissen im SWR 22.45 Kunscht! 23.15 lesenswert sachbuch 19.30 ¥ g hessenschau 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Hirschhausens Quiz des Menschen 21.45 ¥ g Mord mit Aussicht 22.35 g hessenschau kompakt Magazin 22.50 ¥ ® Firma Hesselbach 20.05 g Apokalypse Dokureihe 21.00 g N24 Sondersendung 21.05 g Apokalypse 22.00 g N24 Sondersendung 22.05 g Apokalypse 23.00 g N24 Sondersendung 23.20 g Apokalypse Dokureihe 0.55 Die Geschichte der Atombombe Doku 18.25 Zur Bratwurst oder zum Leberkäse gehört Senf PHOENIX 6.00 Mein Ausland 6.45 Eberl entdeckt London – Leben, wo wohnen unbezahlbar ist 7.15 Sowjetarmee geheim 8.45 Bundestag live 16.45 Mein Ausland (Wh.) 17.30 Vor Ort 18.30 Wie deutsch ist die Queen? 19.15 Der Jahrhundertbesuch – Die Königin in Deutschland 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Inside Westminster (1/2) Die Queen, Allianzen und Intrigen 21.00 Inside Westminster (2/2) 21.45 Argumente statt Hetze 22.00 #phoenixrunde 22.45 Der Tag 0.00 Aktuelles zum britischen EU-Referendum ANZEIGE Täglich um 19.10 Uhr WELT DER WUNDER © N24/Claudius Pflug/Fotolia Heute u.a.: Wunder der Technik – wie werden Mikroskope hergestellt? © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb DIE WELT KOMPAKT MENSCHEN & MEDIEN 31 DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 Zippert zappt Auch Schauspielerin Cameron Diaz hatte schon ihre drei Minuten mit der Fotografin in Berlin im Axel-Springer-Hochhaus „Ich will keine Göttermenschen zeigen“ Quentin Tarantino legt sich locker aufs Sofa, Kevin Costner küsst sie sogar: Die Fotografin Kiki Kausch kommt den Stars ganz nah ie war Nachrichtenredakteurin beim ZDF. Dann schenkte ihr Mann ihr eine Kamera. Im New-York-Urlaub „knipste“ sie drei Fotos von Karl Lagerfeld, der auf der Straße vor ihrem Hotel ein Modeshooting für Chanel machte. „Es war wirklich nur ein Schnappschuss“, erzählt die gebürtige Wiesbadenerin, die so jung aussieht, dass sie ihr Alter nicht verraten muss. VON DAGMAR VON TAUBE Ein Hamburger Fotokunstsammler kaufte ihr die Fotos für einen fünfstelligen Betrag ab, den Triptychon zeigte Lagerfeld einmal in seiner Ausstellung. Kiki Kausch ist längst eine angesehene, vielseitige Fotografin. Zu ihrem Sujet gehören Politikerporträts, vor allem auch viele Hollywoodstars, denen sie ungewöhnlich nahe kommt. Vor ihrer Kamera fühlen sich Menschen wohl und vergessen, dass man ihnen zuschaut. Heute eröffnet ihre Ausstellung „Sky&Stars“ im 38. Stock des Taunusturms in Frankfurt. DIE WELT: „3 Minutes with ...“ heißt eine Fotoserie von Ihnen. Sie haben drei Minuten Zeit, einen Star zu fotografieren. Macht Ihnen Ihr Job noch Spaß, Frau Kausch? KIKI KAUSCH: Sehr sogar. Ich weiß, viele Journalisten und Fotografen stöhnen, dass ihnen die Agenten von Prominenten immer weniger Zeit für Interviews oder Fotos genehmigen. Für mich ist das kein Problem, diese „Quickies“ sind das Beste. Die Erfahrung hat mir einfach gezeigt: Ein Foto, Hand, ohne viel Techdas nicht nach drei nik, Licht. Es ist ja so: Minuten gelingt, Überall, das weiß jewird in einer Stunde der Star, sind heute nicht besser. Die Fotografen, keine Fobesten Bilder enttooption wird ausgestehen in den ersten lassen, sich zur Schau Sekunden, bevor zu stellen. Man muss sich die Anspanauch die Stille aushalnung, die ich so reizten. Kennen Sie dievoll finde, löst. Ich Kiki Kausch ses laute Schweigen mag die Neugier, die im Fahrstuhl manchUnsicherheit vor dem Unbe- mal, wenn man nicht weiß, was kannten, da passiert ganz viel man sagen soll? Das kann auch Menschliches, bevor die Leute quälend sein, klar. Ich habe Geanfangen zu posieren. Die Fo- duld für Stille, ich halte sie aus. tos für diese Serie finden ja im- Nur so bekommt man noch ein mer im gleichen Raum statt, im einmaliges Bild. Büro des „Bild“-Herausgebers Kai Diekmann. Er lädt mich ein, Wer von denen, die Sie porwenn hoher Besuch aus Holly- trätiert haben, war unerwarwood nach Berlin kommt. Ir- tet cool, wer hat plötzlich ein gendwann schickt er dann das ganz anderes Gesicht gezeigt? gesamte Management vor die Ben Stiller ist relativ unkompliTür – Justin Timberlake er- ziert, dachte ich immer. Tatschien zum Beispiel mit zehn sächlich war er der Unlustigste Mann Entourage. Das ist dann von allen. Er wollte erst, dass mein Moment: Ganz allein mit sein Gesicht abgepudert wird, im Grunde richtig in die Maske. dem Star. Das ist mein Bild. Ich hatte nichts dabei natürlich Was waren die absurdesten und sagte, das geht schon auch Anstrengungen, die Sie unter- so. Es ist interessant, wie eitel nehmen mussten, um Ihrem und unsicher doch auch viele Gegenüber etwas Besonderes Männer sind. Großartig war Cameron Diaz, obwohl ihr ein kazu entlocken? Ich bin keine, die hinter der Ka- priziöser Ruf vorauseilt. Sie war mera Faxen macht und die Leu- easy, lustig. Eine Kumpelfrau, so wie ich Frauen liebe. Ich will keite zutextet. ne Göttermenschen zeigen, unDas Wort „Schweinehund“ berührbare Wesen, von denen formt den schönsten Foto- man sich gar nicht vorstellen mund, soll Hannelore Kohl kann, dass sie überhaupt atmen. angeblich einmal gesagt haKevin Costner ist doch ein ben. Ist das so? Keine Ahnung, ich kenne nur Gentleman, warum hat er sei„Cheeeese“, natürlich, oder ne Brille nicht abgenommen? „Ha-Ha-Ha“. Aber das sind eher Ist er so schüchtern? Übungen fürs Familienalbum. Anfangs war er es interessanSo arbeite ich nicht. Ich bin terweise schon, obwohl er in sachlich, erkläre mein Anliegen. seinen schweren Boots wie ein Ich fotografiere auch aus der Cowboy reinkam. KIKI KAUSCH S Sah er nicht blendend aus? Wie ist das: Hat so einer, der so gut aussieht, trotzdem noch eine Schokoladenseite? Was ist die Steigerung von Perfektion? Schüchtern ist von allen Seiten sexy! Gerade, wenn Männer so erfolgreich sind, finde ich. Bei Costner war ich selbst tatsächlich etwas verlegen. Ich war so verliebt in ihn in allen seinen Filmen. Dann stand er vor mir, überraschenderweise größer als ich, umfasste fest meine Hand. Ich meine, dieses Lachen, wenn er dabei so über seine Brille lugt, ich bin sogar ein bisschen rot geworden. Plötzlich erschien mir das Zimmer, das eigentlich sehr groß ist, viel kleiner. Er war der ganze Raum. Als der Shoot zu Ende war, hat er mich so an den Schultern gehalten und mich kurz auf den Mund geküsst. Wow, dachte ich. Eigentlich cool. Seine Agentin hat einige Wochen später bei meiner Agentur hinterlassen, dass Costner gerne künftig zu meinen Ausstellungen eingeladen werden möchte. Mal sehen, ob er eines Tages kommt. Costner war natürlich eine Ausnahme. Ich himmle keine Stars an, ich mache auch nie Selfies mit denen. Mir ist wichtig, dass man sich mit Respekt begegnet. Aber ein bisschen Prickel ist immer gut fürs Foto. Jeder knipst heute permanent alles mit dem Smartphone und fühlt sich als Fotograf. Das muss doch Menschen wie Sie, die so etwas professionell machen, auch mal nerven? Ich bin weder auf Facebook noch auf Instagram. Diese Bilderfluten machen mich nur nervös. Sie irritieren mich, weil sie mich ablenken von dem, was aus mir selbst kommt. Social Media trägt allgemein zu einer großen Verunsicherung bei. Es ist ja nicht so, dass sich die Nutzer nur mit Wissen bereichern. Sie vergleichen sich. Wer nur noch guckt, was andere machen, weiß nicht mehr, wer er selbst ist. T „Sky&Stars“, bis Ende Juli im Taunusturm, Frankfurt © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung ie Kirchen haben so viele Steuergelder eingenommen wie seit den Zeiten der Inquisition und des Ablasshandels nicht mehr. Dabei gehören immer weniger Menschen den beiden großen christlichen Vereinen an. Aber die wenigen, die noch im Klub sind, verdienen immer besser und bekommen daher ständig mehr Kirchensteuer abgezogen. Die Kirchen können das Geld natürlich gut gebrauchen, vor allem für kostenloses WLAN in den Kirchen sowie für die Organisation veganer und religionsfreier Kirchentage. Die Steuereinnahmen werden auch für Zahlungen an den Messdienerfonds verwendet und um neue Klingelbeutel zu kaufen sowie Tabernakel und psychedelische Priesteruniformen. Die evangelische Kirche will damit Unterwassergottesdienste, Ballontrauungen, Spaßkreuzigungen und Motorradweihen durchführen. Am dringendsten werden die üppigen Einnahmen für Missionsarbeit in Ostdeutschland benötigt. Dort sind viele Eingeborene nur schwer von den Vorteilen der staatlich finanzierten Religion zu überzeugen und glauben stattdessen noch ganz fest an heidnische Gottheiten wie Putin und Hitler. LEUTE VON WELT AP/ EVAN VUCCI KIKI KAUSCH D Sogar die First Lady ist jetzt auf Snapchat Nicht nur Bilder vom Küchengarten im Weißen Haus und „First Dog“ Bo: US-First Lady Michelle Obama ist nun auch auf Snapchat aktiv. Unter dem Benutzernamen „MichelleObama“ postet ihr Büro seit Dienstag auf der Foto- und Messenger-App. Die Frau von USPräsident Barack Obama möchte auf Snapchat junge Menschen über ihre Initiativen informieren, hieß es in einem Post auf der Plattform medium.com. Die 52-Jährige setzt sich unter anderem für bessere Bildungschancen für Mädchen und gesunde Ernährung ein. Snapchat lässt gepostete Bilder und Videos nach einer zuvor gesetzten Zeit von selbst wieder verschwinden. Die vor allem bei jüngeren Menschen beliebte App wird zunehmend als Konkurrenz für die Facebook-Tochter WhatsApp gehandelt. WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb 32 PANORAMA DIE WELT KOMPAKT DONNERSTAG, 23. JUNI 2016 nicht nur um Einzeltaten eines „wirren Mörders“ handeln. Dass die Taten nicht aufgefallen seien, deute auf Strukturprobleme hin, die nun nach und nach behoben würden. Niels H. dürfte damit in den Jahren 2002 bis 2005 eine der größten Mordserien der deutschen Nachkriegsgeschichte begangen haben. 2006 war der sogenannte „Todespfleger von Sonthofen“ zu lebenslanger Haft verurteilt worden – nach Überzeugung der Richter hatte er 28 meist alte und zum Teil schwer kranke Patienten zu Tode gespritzt. Polizeichef Kühme sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus und dankte ihnen, dass sie die notwendigen Exhumierungen ertragen hätten. Niels H. habe mit seinen „grauenhaften Taten“ auch einen ganzen Berufsstand in Verdacht gebracht. „Und das ist nur einer von vielen tragischen Aspekten.“ Die Polizei hatte vor rund anderthalb Jahren die Soko „Kardio“ ins Leben gerufen, die sich mit dem Fall befasst. Ermittlungen laufen auch gegen Klinikverantwortliche in Delmenhorst und Oldenburg wegen des Verdachts des Totschlags durch Unterlassen. Niels H. soll nach dem Willen der Ermittler ein weiteres Mal vor Gericht: „Es wird natürlich eine weitere Anklage geben“, betonte Schiereck-Bohlmann. Das Verfahren werde alle Taten umfassen, die Niels H. noch nachgewiesen werden könnten. „Die rechtliche Konsequenz wird am Ende dieselbe sein: Lebenslänglich und besondere Schwere der Schuld. Daran wird sich nichts ändern.“ Die Ermittlungen werden sich vermutlich bis ins nächste Jahr hinziehen: „Die Ermittlungen dauern so lange, bis wir das unselige Wirken des Niels H. komplett aufgeklärt haben“, sagte der stellvertretende Leiter der Oldenburger Staatsanwaltschaft, Thomas Sander. Es werde „jeder Stein umgedreht“. KOMPAKT DEUTSCHLAND Entflohener Mörder wieder gefasst Der aus der Euskirchener JVA geflohene Mörder ist gestern Abend gefasst worden. Er wurde auf einer Autobahn in Bayern festgenommen. Der 50-Jährige war aus dem offenen Vollzug im nordrhein-westfälischen Euskirchen entkommen, indem er über einen 2,10 Meter hohen Zaun kletterte. DPA/ INGO WAGNER USA Zwei Deutsche sterben durch Hitze Zwei Forscher aus Hannover sind bei einer Wanderung im US-Bundesstaat Arizona ums Leben gekommen. Ein dritter Mann überlebte völlig dehydriert. Er war mit seinen 57 und 33 Jahre alten Kollegen trotz der zuvor gemeldeten Rekordhitze von 46 Grad zu einer Wanderung aufgebrochen. Bereits 2014 musste sich Niels H. wegen mehrfachen Mordes vor Gericht verantworten Der Fall Niels H. Die Mordserie des ehemaligen Krankenpflegers ist größer als gedacht: Ermittler rechnen ihm jetzt mehr als 33 Opfer zu D Unisex-Toiletten in New York City New Yorks öffentliche Toiletten dürfen ab kommendem Jahr nicht mehr nach Geschlecht getrennt werden. Der Stadtrat der Millionenmetropole stimmte am Dienstag mit 47 zu 2 Stimmen dafür. Die ab 1. Januar 2017 geltende Maßnahme trifft tausende Betreiber von Bars und Restaurants. LOTTO Die Zahlen Lotto: 8 - 19 - 35 - 40 - 41 - 43 Superzahl: 8 Spiel 77: 9470593 Super 6: 360382 (Alle Angaben ohne Gewähr) er Krankenpfleger Niels H. hat nach Überzeugung der Ermittler weit mehr Menschen getötet als bisher bekannt. Bei 27 von 99 exhumierten ehemaligen Patienten des Klinikums Delmenhorst seien Rückstände eines Herzmedikaments entdeckt worden, sagte der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme. Das Mittel soll Niels H. den Patienten absichtlich gespritzt haben. Insgesamt gehen die Ermittler jetzt davon aus, dass der Pfleger für mindestens 33 Todesfälle im ehemaligen städtischen Krankenhaus Delmenhorst verantwortlich ist. „Man kann sagen, das Grauen hört nicht auf“, sagte Kühme. Der Pfleger brachte Patienten laut den Ermittlern mit einer Überdosis absichtlich in ei- nen „reanimationspflichtigen Zustand“, um anschließend bei der Wiederbelebung seine Fähigkeiten zu beweisen. Viele überlebten diese Notmaßnahme jedoch nicht. 27 zusätzlichen Tötungshandlungen habe Niels H. gestanden, erklärten die Ermittler am Mittwoch. Vom Landgericht Oldenburg wurde er 2008 und liuminjektionen getötet zu haben. „Wie viele Patienten Opfer in Oldenburg waren, können wir derzeit nicht sagen“, sagte Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann. Es bestehe dringender Tatverdacht in sechs Fällen. Das Klinikum Oldenburg begrüßte ausdrücklich, dass es der Staatsanwaltschaft gelungen „Man kann sagen, das Grauen hört nicht auf“ Johann Kühme, Polizeipräsident 2015 wegen insgesamt sechs Todesfällen verurteilt. Entgegen früheren Behauptungen gestand der heute 39Jährige nun, auch an seinem früheren Arbeitsplatz in Oldenburg mehrere Patienten mit Ka- sei, Niels H. anhand der Indizien zu überzeugen, auch die Verantwortung für die Taten im Klinikum Oldenburg zu übernehmen. Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) betonte, es könne sich ANZEIGE DEUTSCHLAND HEUTE Reykjavik Im Nordwesten teilweise Gewitter 4 Kiel 18 Bremen Emden Rostock 29 Hannover 32 21 32 18 Frankfurt Saarbrücken 33 18 34 20 Nürnberg 33 Friedrichshafen 31 17 31 19 Dresden 29 16 15 31 Süden 17 32 4 Samstag Norden 14 26 Mitte 13 26 Süden 16 27 Norden 12 25 Mitte 13 24 Süden 12 24 Sonntag Stuttgart 16 33 17 4 Mitte Berlin Düsseldorf Leipzig 32 18 Kassel 33 20 31 Hamburg 20 32 33 20 20 Münster Köln 17 4 28 20 31 21 30 20 Norden München 33 16 -9 bis -5 19 31 28 Wien 30 Paris 17 Zürich 32 Bordeaux Nizza Madrid 28 Lissabon Barcelona 33 30 Rom 19 27 31 Malaga Palma 31 20 21 32 Algier 27 Tunis 29 Las Palmas Peking Hin & Zurück ab 499 € 18 26 London 30 Berlin Brüssel * H T Hoch/Tief Warmfront Kaltfront Okklusion Helsinki 26 Kopenhagen Dublin Gerade zu Besuch bei mir selbst. * Ausgewählte Flüge, Buchung LH.com, Reisen: 16.10.2016 bis 31.03.2017, begrenztes Sitzplatzangebot. Freitag 18 Oslo Stockholm Riga 13 Die Sonne scheint, und es wird sehr heiß. Im Tagesverlauf gibt es nur über dem äußersten Norden und Westen sowie Nordwesten kräftige Schauer und Gewitter. Die Gefahr von Starkregen, Hagel und stürmischen Böen steigt. 21 St. Petersburg 24 18 Moskau 30 Warschau 25 Kiew 32 Budapest 30 Zagreb 29 19 20 Istanbul 37 Athen 30 21 Warmluft Kaltluft WELTWETTER -4 bis 0 1 bis 5 6 bis 10 11 bis 15 16 bis 20 21 bis 25 26 bis 30 31 bis 35 über 35 Amsterdam Antalya Barcelona Buenos Aires Djerba Genf Hongkong Innsbruck 28° Gewitter 41° sonnig 30° sonnig 16° wolkig 30° heiter 32° heiter 32° heiter 33° heiter © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung Kairo Kapstadt Kreta Los Angeles Mailand Malta Miami New York 41° sonnig 21° wolkig 31° sonnig 25° wolkig 31° heiter 28° Schauer 33° Gewitter 21° Schauer Palermo 24° Schauer Peking 36° wolkig Prag 30° heiter Rio de Janeiro 24° wolkig Salzburg 31° heiter Sydney 17° heiter Tel Aviv 36° sonnig Tokio 24° Schauer WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
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