Today is Remain Day! Seiten 2-5

Hummer im Hotel
Der Science-Fiction-Liebesfilm
„The Lobster“ mit Colin Farrell Kino, S. 24/25
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
NRW
120
Hammer in Lyon
Zwei Tore und eine Vorlage: Cristiano Ronaldo bewahrt
Portugal vor einer historischen EM-Blamage EM-Seiten 10-13
1 EURO
NACHRICHTEN
POLITIK
Bund hat auch junge
Extremisten im Visier
Die Namen jugendlicher Islamisten sollen künftig schon ab
14 Jahren und nicht erst ab 16
von den Sicherheitsbehörden
gespeichert werden. Seite 6
POLITIK
Russen lehnen Treffen
mit der Nato ab
Einladung ausgeschlagen: Präsident Wladimir Putin wirft dem
westlichen Bündnis eine zunehmend aggressive Gangart vor
und will aufrüsten. Seite 7
WIRTSCHAFT
Mut und Demut: VW
wirbt um Aktionäre
Beißende Kritik an den Führungs- und Kontrollmechanismen
bestimmt dennoch die Hauptversammlung des krisengeschüttelten Autobauers. Seite 19
IM INTERNET
Tweets des Tages
Portugal nervös, Ronaldo mit dem
Fehler – Ricardo Krawallho tobt.
#HUNPOR #EURO2016 MRMOMA87
Es ist eine große Ehre, deutscher
EM-Rekordspieler zu sein. Vielen
Dank für eure Glückwünsche und
Nachrichten! BASTIAN SCHWEINSTEIGER
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WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
2 VOR DEM REFERENDUM
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
REUTERS/ GEOFF CADDICK
Die sieben
wichtigsten
Antworten
AP/ STEFAN ROUSSEAU
Mit dem EU-Referendum fangen die
Probleme erst an – für London und ganz
Europa von Stefanie Bolzen und Eva Ladipo
Auf Stimmenfang
MARTIN U. K. LENGEMANN
Am Tag vor dem Referendum mobilisierten
beide Lager noch einmal alle Kräfte: EU-Gegner Boris Johnson warb am Fischmarkt in
London um Stimmen, während Premier David Cameron erneut vor den Folgen eines
EU-Austritts warnte. Der Ausgang der Abstimmung ist völlig offen: Laut Umfragen hat
das „Remain“-Lager zwar einen hauchdünnen Vorsprung, allerdings sind zehn Prozent
der Wähler noch unentschieden. Es war aber
auch ein Tag der Trauer: Auf dem Londoner
Trafalgar Square gedachten Tausende der ermordeten Labour-Abgeordneten Jo Cox.
Warum findet das EU-Referendum überhaupt statt?
Weil Premierminister David Cameron damit den seit Jahrzehnten währenden Streit in der eigenen Partei schlichten will. Schon
um seinerzeit den Chefposten
des Parteivorsitzenden zu bekommen, hatte er den EuroSkeptikern den Austritt der Tories aus der Fraktion der Europäischen Konservativen im EU-Parlament versprochen. Das setzte
Cameron 2009 um. Doch „das
Schwafeln über die EU“, wie Cameron selber zürnte, ging weiter.
Dazu kam der Druck durch die
Anti-EU-Partei Ukip, die immer
mehr Anhänger bekam – auch
dank ihres Chefs Nigel Farage,
der als Anti-Establishment-Mann
nicht nur in der Anhängerschaft
der Tories wilderte. Im Januar
2013 sagte Cameron der Partei
und auch der Nation zu, bis Ende
2017 ein Referendum über die
Mitgliedschaft abzuhalten. Nach
dem mit der EU ausgehandelten
Reformdeal mit Ausnahmeregelungen machte er sich für einen
Verbleib in der Union stark. Dass
Cameron seine Landsleute mit
Brüssels Zugeständnissen einfangen konnte, belegt allerdings keine einzige Umfrage. Und auch
das erwartet knappe Ergebnis
wird den Riss in der Tory-Partei
nicht kitten – im Gegenteil.
Wo verlaufen die Gräben zwischen den beiden Lagern?
Generell lässt sich sagen: Je jünger und urbaner, desto europafreundlicher sind die Briten. Das
„Leave“-Lager findet seine Anhänger vor allem unter über 65Jährigen. Tendenziell sind auch
die Labour-Wähler eher europafreundlich, im Gegensatz zu den
Tories. Doch macht sich seit einigen Jahren eine Wählerwanderung aus der klassischen Arbeiterklasse hin zur Ukip bemerkbar. Durch Immigration und Globalisierung fühlen sich viele Menschen, vor allem im Norden und
in Mittelengland, von London alleingelassen. Einzig klar lässt sich
schon jetzt das Pro-EU-Votum
der Schotten voraussagen. Zwei
Drittel wollen am 23. Juni für
Brüssel stimmen, sagen die Umfragen. Auch wegen ihrer gespaltenen Beziehung zu den Engländern fühlen sich die Schotten
dem Kontinent näher als dem eigenen Königreich (siehe unten).
Was sind die großen Streitthemen und warum?
„Take back control“: Vordergründig geht es den Befürwortern eines Austritts darum, die demokratische Kontrolle über das öffentliche Leben zurückzugewinnen. Brüssel sei undemokratisch,
heißt es, ungewählte EU-Beamte
träfen zu viele Entscheidungen.
Dieses Thema wurde aber im
Laufe der Debatte von zwei anderen verdrängt: der Zuzug von
Ausländern und die wirtschaftli-
Auf diese Regionen müssen Sie beim Referendum achten
E
ine Partei sollte geeint
werden, stattdessen wurde ein ganzes Land geteilt – so lässt sich zusammenfassen, was das Referendum
über die EU-Mitgliedschaft mit
Großbritannien gemacht hat.
Die Gräben zwischen dem ProEU-Lager und dem Brexit-Lager
sind tief, und sie verlaufen sowohl demografisch als auch
geografisch klar.
VON EVA LADIPO
AUS LONDON
Grob gesprochen werden ärmere, ländliche Gegenden für
den Austritt stimmen. Sie wer-
den von vielen älteren Leuten
mit geringem Bildungsstand bewohnt, die unzufrieden sind,
Angst vor Einwanderern und
Angst vor der Zukunft haben.
Urbane Gegenden dagegen werden – je wohlhabender, jünger
und gebildeter desto deutlicher
– für den Verbleib stimmen.
Das Referendum hat sich also
zu einer Abstimmung über den
Status quo entwickelt: Wer zuversichtlich ist und zufrieden
mit seinen Lebensumständen,
wird dafür stimmen, dass alles
so bleibt, wie es ist – also für
Europa.
Wer dagegen kaum über die
Runden kommt und sich Sorgen
macht, wird für Veränderung,
also für den Austritt aus Europa
stimmen.
East Anglia im Nordosten
Englands etwa illustriert diese
Faustregel auf beeindruckende
Weise: Diese ländliche Gegend
aus Dörfern, kleinen Orten und
Städtchen wird überwiegend
von der unteren Mittelklasse
und Arbeiterklasse bewohnt. Bis
vor ein paar Jahren gab es hier
kaum Einwanderer. Seit der EUOsterweiterung jedoch strömen
immer mehr billige Arbeitskräfte in die hiesige Landwirtschaft.
East Anglia gilt als das euroskeptischste Gebiet im Vereinigten Königreich und beschert der
europafeindlichen Partei Ukip
regelmäßig Rekordergebnisse.
Die extreme Ausnahme in
diesem Ukip-Land ist die Universitätsstadt Cambridge. Hier
wohnen im Gegensatz zum Umland vor allem junge, wohlhabende Wähler mit hohem Bildungsstand. Ebenso wie Oxford, Durham und andere Universitätsstädte wird Cambridge
mit überwältigender Mehrheit
gegen den Brexit und für den
Verbleib in der EU stimmen.
In London wohnen die meisten Europa-Befürworter des Königreichs. Doch auch in der
multinationalen Metropole gilt:
Das Sein bestimmt das Bewusst-
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Wie europaskeptisch ist Großbritannien?
Wahltendenzen nach Regionen
Große Mehrheit für Brexit
Mehrheit für Brexit
Tendenz zu Brexit
ausgewogen
Tendenz zu Remain
Mehrheit für Remain
Große Mehrheit für Remain
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
Quelle: Yougov
Wann wissen wir, wie es ausgegangen ist?
Die Wahllokale öffnen am Donnerstag um neun Uhr deutscher
Zeit und schließen um 23 Uhr. Danach heißt es erst einmal warten,
Hochrechnungen oder Prognosen
gibt es nicht. Denn dazu müsste
es eine Vergleichbarkeit im Wahlverhalten geben. Das EU-Referendum aber ist eine einmalige
Abstimmung. Deshalb kann es bis
zum Morgengrauen dauern, bis
alle 382 lokalen Wahlzentren ihre
Urnen ausgezählt haben. Einen
frühen Hinweis auf das Ergebnis
könnte die Wahlbeteiligung geben. Je höher sie ist, umso kleiner
die Chancen für den Brexit. Denn
die EU-Gegner gehen sowieso
wählen, es ist ihre große Gelegenheit. Auf den Stimmzetteln stehen zwei Optionen: Sind Sie für
den Verbleib in der EU? Sind Sie
für den Austritt aus der EU?
Wahlberechtigt ist, wer einen britischen Pass besitzt und in den
vergangenen 15 Jahren im Wahlregister verzeichnet war.
Was passiert technisch nach einem Austritt?
Nach dem Vertrag von Lissabon
kann die Regierung eines Landes
jederzeit Artikel 50 in Kraft setzen. Darin ist geregelt, dass jeder
EU-Staat beschließen kann, aus
der Union auszutreten. Das britische Referendum hat zwar keine
juristische Bindung für die Regierung in London, aber Cameron
wird das Votum trotzdem als
Mandat annehmen müssen.
Hätte das konkrete Auswirkungen auf den Alltag in Deutschland?
In den zwei Jahren Übergangsfrist würde sich erst einmal
nichts ändern. Auch danach haben beide Seiten grundsätzlich
maßgebendes Interesse, dass
vom Tourismus bis zum Export
alles funktioniert. Es ist nicht
auszuschließen, dass die deutsche
Industrie
Lobbyarbeit
macht, um den Briten auf gewissen Märkten einen eher unattraktiven Deal zu geben. Im Gegenzug könnten dann auch die Briten
ihre Märkte abschotten. Politisch
ist die Frage schon trickreicher.
Auch in Deutschland befürwortet
mittlerweile ein Drittel der Bürger den Austritt aus der EU. Die
CSU gibt sich immer europakritischer, was auch die CDU unter
Druck setzt. Und die Alternative
für Deutschland will sogar eine
Auflösung der EU und die Neugründung einer „Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft“, sollte
Berlin nicht Kompetenzen aus
Brüssel zurückbekommen. Es
bleibt abzuwarten, ob die große
Koalition einen Brexit als Startschuss für noch mehr Integration
will, was vor allem die SPD befürwortet. Oder aber, wenn es nach
der Kanzlerin geht, erst mal
„business as usual“ macht.
MARTIN U. K. LENGEMANN
Welche politischen Folgen drohen bei einem Brexit?
Es ist durchaus möglich, dass das
Vereinigte Königreich auseinanderbricht. Viele Schotten werden
es nicht hinnehmen wollen, dass
sie gegen ihren Willen aus der EU
austreten müssen. Die schottische Regierungschefin Nicola
Sturgeon hat angekündigt, dass
ein Brexit ein zweites Referendum nach sich zöge. Auf europäischer Ebene sind in vielen Staaten Nachahmer zu erwarten (siehe Seite 4/5).
Schon Churchill kaufte seine
Anzüge bei Henry Poole in der
Londoner Savile Row. Der heutige
Besitzer Simon Cundey ist besorgt
über den möglichen Brexit
MARTIN U. K. LENGEMANN
chen Folgen des Brexit. Das „Leave“-Lager hat den Brexit zum einzig gangbaren Weg erklärt, um
Einwanderung zu beschränken
und die Sozialsysteme zu entlasten. Dabei übersieht es, dass die
EU auch Nichtmitgliedsstaaten
wie der Schweiz und Norwegen
nur unter der Bedingung Zugang
zum Binnenmarkt gewährt, dass
sie das Prinzip der Freizügigkeit
anerkennen. Nach dem Brexit
müssten die Briten also weiterhin
EU-Ausländer ins Land lassen.
Das „Remain“-Lager hat seine
Kampagne auf den absehbar hohen Preis des Austritts konzentriert. Mit einem ganzen Waffenarsenal an Untersuchungen und
Prognosen warnt die Regierung
von David Cameron davor, wie
viel Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, Direktinvestitionen,
Steuereinnahmen und Sozialleistungen der Brexit kosten würde.
Die Gegenseite hält das für Panikmache und bezeichnet die Taktik
der Regierung als „Project Fear“.
VOR DEM REFERENDUM 3
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
MARTIN U. K. LENGEMANN
DIE WELT KOMPAKT
„Egal was passiert, wir bleiben Freunde!“
Unser Autor reist durch Britannien und schreibt Tagebuch.
Heute: Warum Schneider die Beichtväter der Mächtigen sind
A
ls „Britains Finest Hour“
begann, der einjährige
alleinige Widerstand der
Briten gegen Hitler-Deutschland, da trug Premier Winston
Churchill einen Anzug von der
Schneiderei Henry Poole, da ist
sich Simon Cundey, heutiger Inhaber in siebter Generation, sicher. „Und auch noch 1946, bei
Churchills berühmter Züricher
Europarede, dürfte er Anzüge
von Henry Poole getragen haben. Ja, ganz sicher, hat er!“
VON MARTIN U.K. LENGEMANN
sein. Das Villenviertel Hampstead im reichen Norden der
Stadt ist eine der fünf proeuropäischsten Gegenden Großbritanniens. Romford dagegen, eine arme Vorstadt, gilt als die europafeindlichste Gemeinde des
Königreichs.
Der Grundsatz, dass Wohlstand und Bildung europafreundlich machen, gilt jedoch
nicht überall. Schottland und
Nordirland etwa sind traditionell europafreundlich, was nicht
etwa mit dem Einkommen der
Schotten und Nordiren zu erklären ist, sondern mit ihrer Skepsis gegenüber England. In ihren
Augen ist Brüssel ein gesundes
Gegengewicht
zu
London.
Fremdbestimmt fühlen sie sich
ohnehin.
Auch der sogenannte Speckgürtel von London, das grüne,
wohlhabende Umland, gilt als
Ausnahme von der Regel, dass
das Sein das Bewusstsein bestimmt. Hier neigt die überwiegend konservative, weiße, Cricket spielende Bevölkerung zur
Nostalgie und wünscht sich das
alte England zurück, das ein
weltumspannendes Empire und
wenig Einwanderer besaß und
Europa nicht brauchte. Diese behaglichen Gegenden werden zusammen mit dem Prekariat für
den Austritt stimmen.
„Winston Churchill wollte
nach zwei Weltkriegen mit seiner Europaidee einen Tisch
schaffen, an dem die Völker, ob
groß oder klein, ihre Differenzen besprechen können. Wir
stimmen nun gerade in einem
Referendum darüber ab, ob wir
diesen Tisch wieder verlassen
wollen“, sagt Simon Cundey.
Wenn er so etwas sagt, hat das
mehr Gewicht als bei anderen
Schneidern. Kaum jemand in
Europa erfährt so viel über Politik wie er – kommen die Politiker doch alle zu ihm.
Henry Poole ist bis heute eine
der ersten Adressen weltweit in
der Herrenschneiderei. Könige,
Staatenlenker, Wirtschaftsbosse, Popstars und alle, die wirklich viel Geld haben oder sich
einmal im Leben etwas gönnen
wollen, kommen in die Savile
Rowe No. 15. Ein Schneider ist
wie ein Beichtvater, sagt man,
und der weiß beinahe alles.
Last Exit Brexit?
Rein oder raus? Wie werden
sich die Briten am 23. Juni
2016 entscheiden? Reporter
Martin U. K. Lengemann will
es wissen – eine Woche vor
dem Referendum fährt er
mit dem Mini von Berlin
über Amsterdam nach
Newcastle. Auf der Fähre
trifft er die ersten Briten,
auf ihrer Reise von Europa
in das Land der Abstimmungswilligen. Seine Reise
wird ihn nach Schottland,
Wales und zurück nach
England führen und am
24. Juni, wenn er wieder
zurückkehren wird auf das
Festland, werden wir alle
wissen, ob die letzte Ausfahrt zum Brexit führte.
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sein Bildertagebuch oder
auf welt.de/brexittour
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Bei Simon Cundeys Mitarbeitern wird noch Handwerk als
Kunst betrieben – Qualität ist
eine Frage der Ehre. Die Mitarbeiter sind Könige der Maßarbeit und begegnen ihren Kunden
auf Augenhöhe. Neulich schrieb
der US-Außenminister: „Leute,
habe gerade im Flugzeug in einer
deutschen Zeitung ein tolles Bild
von euch gesehen. Macht weiter
so! Ihr seid die Besten!“
Simon Cundey ist sichtlich
unwohl beim Gedanken an das
Referendum über den Austritt
Großbritanniens aus der EU. „Es
gibt Tausende wirtschaftliche
Argumente für den Verbleib in
Europa, aber am meisten beunruhigt mich, dass, wenn wir einmal vom Tisch aufgestanden
sind, wir nicht so ohne Weiteres
zurückkönnen.“
Aus dem Hintergrund taucht
plötzlich Direktor Philip Parker, der Chefzuschneider, auf.
„Don’t worry boys – regt euch
nicht auf, Jungs!“ Ich bekomme
einen ordentlichen Klaps auf
den Rücken. „Egal, wie es ausgeht, wir bleiben Freunde! Und
wenn wir raus sind, dann könnt
ihr Deutschen nachkommen.
Wir machen dann zusammen
was Neues, wir regieren dann
gemeinsam die Welt.“ Ich zucke
kurz, dann lachen alle, und ich
denke, es wird schon alles gut
werden. Diese Männer kennen
sich doch aus.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
4 VOR DEM REFERENDUM
DIE WELT KOMPAKT
Wird der Brexit
zur Epidemie?
Umfrage zur Exit-Stimmung
EU-Skepsis-Wert auf
einer Skala von 1 bis 10,
je skeptischer, desto dunkler.
In vielen Ländern wird mit dem Austritt geliebäugelt.
Die Wahrscheinlichkeiten sind jedoch unterschiedlich
G
roßbritannien könnte
als erstes Land in der
Geschichte der Europäischen Union für einen Austritt stimmen – und das
könnte nur der Anfang sein. In
mehreren europäischen Ländern
gibt es starke Strömungen, die
ebenfalls für einen Austritt plädieren. Unsere Korrespondenten
berichten über die Lage in den
sieben Ländern, in denen die Europa-Skepsis am stärksten ist. Der
EU-Skepsis-Faktor ist keine exakt
berechenbare Zahl, sondern ein
Richtwert auf einer Skala von 1 bis
10, der durch unsere Korrespondenten vor Ort erstellt wurde.
FRANKREICH
„Frexit“-Faktor: 8
Umfragen zeigen, dass 61 Prozent der Franzosen eine schlechte Meinung von Europa haben.
Niemand verkörpert diesen gallischen Euroskeptizismus besser
als Marine Le Pen, Chefin des
rechtspopulistischen Front National. „Madame Frexit“ hat den
Austritt Frankreichs aus der EU
zu ihrem zentralen Programmpunkt gemacht, weil es die Franzosen angeblich nach „Freiheit
und Nation“ dürste. Auf der
linkspopulistischen Seite ist es
Jean-Luc Melénchon vom Front
de Gauche, der gegen die Austeritätspolitik der EU wettert und
auf den Euro zur Not verzichten
will. Es ist unwahrscheinlich,
dass einer von beiden bei den
nächsten
Präsidentenwahlen
2017 siegen wird. Aber es wäre
falsch, den Unmut nicht ernst zu
nehmen. Immer mehr Franzosen
fühlen sich politisch und wirtschaftlich abgehängt, und eine
deutliche Mehrheit, 53 Prozent,
wünscht sich deshalb ein Referendum über den Verbleib in der
EU. 33 Prozent würden derzeit
für den „Frexit“ stimmen.
MARTINA MEISTER
POLEN
„Polexit“-Faktor: 6
Aus Polen kommen widersprüchliche Signale. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS)
liegt seit ihrer Machtübernahme
im heftigen Clinch mit Brüssel.
Die EU überprüft seit Januar, ob
Polen ein Rechtsstaat ist. Die Regierung hatte zuvor unter anderem die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht und den Einfluss auf öffentlich-rechtliche Sender erhöht.
Die PiS-Regierung sieht das Brüsseler Verfahren als Einmischung
in die inneren Angelegenheiten.
Widersprüchlich sind die Aussagen über einen „Polexit“. Einerseits klare Bekenntnisse zur EU.
PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski sagte jüngst: „In Europa zu sein
bedeutet, in der EU zu sein.“ Die
Abgeordnete Krystyna Pawlowicz
betet nach eigener Auskunft für
das Auseinanderbrechen der EU.
Die europäische Flagge bezeichnete sie als „Lappen“. Zwar sind
viele Polen EU-skeptisch, einen
Austritt lehnen sie aber ab: Laut
einer Studie würden 84,5 Prozent
für den Verbleib in der EU stimmen, käme es zu einem ReferenJÖRG WINTERBAUER
dum.
TSCHECHIEN
„Czexit“-Faktor: 9
57 Prozent der Tschechen sehen
laut einer Studie in der EU-Mit-
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Däne
nicht skeptisch
Niederlande
gliedschaft ihres Landes ein Risiko, nur 37 Prozent begreifen sie
als Chance. Besonders drastisch
fällt die Studie bei der Frage aus,
wer die Regeln für die Aufnahme
von Flüchtlingen aufstellen sollte: Brüssel oder die Nationalstaaten? Nur 22 Prozent der Tschechen wollen das der EU überlassen. In Italien sind es 75, in
Deutschland 68 Prozent. Noch
regiert in Prag ein überwiegend
proeuropäisches Kabinett. Doch
es gab im Parlament bereits einen nur knapp gescheiterten Anlauf, nach einem Brexit ein Referendum über einen „Czexit“ zu
debattieren. Ex-Präsident Václav
Klaus, ein offener Unterstützer
der AfD, Freund von Marine Le
Pen und Wladimir Putin, versucht seit Monaten, die Parteien
in Tschechien für ein Austrittsreferendum zu begeistern.
HANS-JÖRG SCHMIDT
UNGARN
„Hunxit“-Faktor: 7
Ungarn ist unter Ministerpräsident Viktor Orbán einer der lautesten Kritiker der EU. Er fordert
ein Europa „der Nationen“, keinen transnationalen Superstaat.
Laut Umfragen des Pew-Forschungszentrums lehnen 77 Prozent der Ungarn „Einmischung
von außen“ ab. Andererseits: Die
Zustimmung für die EU ist hoch,
laut derselben Studie befürworten 61 Prozent der Ungarn die
Union. Und sogar die rechtsextreme Jobbik-Partei hat die Rufe
nach dem sogenannten Hunxit
eingestellt. Hinzu kommt die Abhängigkeit von EU-Geldern: Die
ungarische Wirtschaft schrumpfte im ersten Quartal 2016 – laut
Frankreich
sehr skeptisch
Regierung deswegen, weil die EU
erhebliche Mittel zurückhielt.
Und schließlich: EU-Zugehörigkeit ist Staatsräson in Ungarn,
man weiß aus historischer Erfahrung, dass man zum „Westen“ geBORIS KALNOKY
hören muss.
DÄNEMARK
Jüngsten Umfragen zufolge befürwortet zwar eine Mehrheit
der Dänen den Verbleib in der
EU. Allerdings will rund ein Drittel der Befragten bei einem Austritt Großbritanniens zu einem
späteren Zeitpunkt über das Verhältnis ihres Landes zu Brüssel in
einem Referendum abstimmen.
HELMUT STEUER
„Däxit“-Faktor: 6
In dem Land herrscht eine breite
Skepsis gegenüber der Europäischen Union. Bereits zweimal
stürzte das Königreich die EU in
eine schwere Krise: 1992 stimmte
eine Mehrheit der Dänen in einem Referendum gegen die
Maastrichter Verträge, die dann
noch einmal neu verhandelt werden mussten. Und 2000 sagte eine knappe Mehrheit „Nein zum
Euro“. Es ist vor allem die rechtspopulistische Dänische Volkspartei, die mit ihrer ausgeprägten
EU-Kritik auf Stimmenfang geht.
ÖSTERREICH
„Öxit“-Faktor: 5
Die rechtsnationale Freiheitliche
Partei Österreichs (FPÖ) feiert
in Meinungsumfragen und Wahlergebnissen einen Erfolg nach
dem anderen. Ein Brexit könnte
der extrem EU-kritischen Partei
weiteren Auftrieb geben. Gerade
erst zelebrierte die FPÖ in Wien
ein Schmusefest mit dem französischen Front National (FN) und
anderen nationalistischen Parteien. Der Auftritt von FPÖ-Chef
W
er abschätzen möchte, ob die Briten für
einen Ausstieg aus der
Europäischen Union stimmen,
sollte einen Blick auf die Wettquoten werfen. Nachdem die
Meinungsforscher bei ihren Vorhersagen zuletzt deutlich danebenlagen, sind die Buchmacher
inzwischen eine ernst zu nehmende Bezugsgröße geworden,
wenn es um den Ausgang des EUReferendums am 23. Juni geht.
Und es sind nicht mehr nur die
einfachen Menschen, die sich
von den Wettquoten leiten lassen, sondern auch große Finanzunternehmen.
Die Meinungsforscher sahen
weder das Scheitern des Referendums zur schottischen Unabhängigkeit im Jahr 2014 voraus, noch
gelang es ihnen, den Ausgang der
Parlamentswahl im vergangenen
Jahr korrekt vorherzusagen. Wäre es nach den Umfragen gegangen, hätte es bei der Wahl ein
Kopf-an-Kopf-Rennen gegeben.
Doch am Ende gewannen die
Konservativen deutlich.
Ein Problem der Umfragen
sind die vielen unentschlossenen
Wähler. „Bei den Buchmachern
gibt es keine Version von ,Ich
weiß nicht‘“, sagt Bill O’Neill von
der Vermögensverwaltung der
REUTERS/ TOBY MELVILLE
Britisches EU-Referendum: Buchmacher gegen Meinungsforscher
Die Wette gilt: eine Tafel bei
einem Londoner Buchmacher
Großbank UBS. „Es ist eine klare
Entweder-oder-Entscheidung.“
Heute bieten große Buchmacher in Großbritannien wie Ladbrokes, Paddy Power oder William Hill Wetten auf nahezu alles
an: angefangen von lokalen Wahlen über den Ausgang der USPräsidentenwahl bis hin zu den
klassischen Sportevents wie der
laufenden Fußball-EM. Ähnlich
verhält sich das sogenannte Spread Betting, das Investmentfirmen wie die IG-Gruppe nicht nur
auf Finanztitel anbieten, sondern
auch auf politische Ereignisse.
Buchmacher und Investoren sind
sich einig: Wenn man dem Geld-
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fluss in solchen Wetten folgt,
dann besteht derzeit eine Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent,
dass die Briten für einen Verbleib
in der EU stimmen. Eine Zusammenfassung der jüngsten Meinungsumfragen kam dagegen
kürzlich zu einem hauchdünnen
Vorsprung für einen Brexit.
Die Investoren argumentieren,
dass die Wettmärkte ein wesentlich genauerer Anzeiger von Ergebnissen seien, weil die Quoten
darauf basierten, wo die Menschen ihr Geld anlegten – und
nicht einfach nur darauf, wie sie
die Fragen eines Meinungsforschers
beantworten.
Hinzu
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
DIE WELT KOMPAKT
VOR DEM REFERENDUM 5
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
D
ie
Barbarei
des
Zweiten Weltkriegs
war gerade einmal
seit einem Jahr beendet, als Winston Churchill
seine viel beachtete Europarede
hielt. Der frühere britische Premierminister hatte zuvor in
drei Urlaubswochen am Genfer
See geschrieben und Landschaften gemalt. Nun war er
nach Zürich gereist, um an der
Universität ein feuriges Plädoyer für ein geeintes Europa zu
halten, das heute in britischen
Ohren
verstörend
klingen
muss.
emark
Polen
Tschechien
VON ANDRE TAUBER
AUS BRÜSSEL
Österreich
Ungarn
Quelle: DW
Heinz-Christian Strache wirft dabei die Frage auf, ob die FPÖ mit
FN-Chefin Marine Le Pen auf einer Linie ist. Schließlich verlangt
die Französin ein Exit-Referendum. Strache selbst jedoch sagt, er
wolle „Europa von innen reformieren, um es zu retten“, nicht es verlassen. Er weiß natürlich, wie sehr
Österreichs Wirtschaft mit der
deutschen verflochten ist – so
sehr, dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán Österreich zuweilen als „deutsche Provinz“ bezeichnet. Insofern scheint ein EUAustritt nicht praktikabel. Womöglich wird bei der FPÖ heißer
gekocht als gegessen. BORIS KALNOKY
NIEDERLANDE
„Nexit“-Faktor: 6
Das Wort kursierte schon vor
zwei Monaten: Jetzt auf zum „Nexit“, jubelten niederländische EUKritiker. Am 6. April hatten sie
kommt, dass Wetten in Großbritannien extrem populär ist. Insofern repräsentieren die Quoten die
Einschätzung einer hohen Zahl von
Einzelpersonen.
„Wenn die Umfragen eine Sache
sagen und die Wettmärkte eine andere, dann solltest du den Wettmärkten vertrauen“, sagt Leighton
Vaughan Williams, Direktor der
Abteilung für politische Vorhersagen und Wettforschung an der
Nottingham Business School. In einer Studie, die im „Journal of Forecasting“ veröffentlicht wurde, hat
er Daten zu den US-Wahlen bis zurück ins Jahr 2004 untersucht. Ergebnis: Die Buchmacher übertrafen
mit einem Referendum erzwungen, dass ihre Regierung erneut
über das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine verhandeln muss. Noch sprach sich eine
Mehrheit der Niederländer für
den Verbleib in der Union aus.
Laut der neuesten Umfrage des
Nachrichtenmagazins „EenVandaag“ aber hat sich die Stimmung
gedreht. 48 Prozent der Befragten
würden für einen „Nexit“ stimmen, nur 45 Prozent wollen in der
EU bleiben. Eine knappe Mehrheit ist für ein Referendum und
schließt sich damit der Forderung
von Hollands oberstem EU-Skeptiker Geert Wilders an, dessen
rechtspopulistische Partei PVV
seit Monaten in den Umfragen
ganz vorne liegt. Für die Regierung ist schon allein die Debatte
unangenehm, immerhin haben die
Niederlande gerade die EU-Ratspräsidentschaft inne.
Churchill forderte, die europäische Völkerfamilie neu zu
gründen und eine „Art Vereinigte
Staaten von Europa“ zu errichten, um den „verwirrten Völkern
dieses unruhigen und mächtigen
Kontinents ein erweitertes Heimatgefühl und ein gemeinsames
Bürgerrecht“ zu geben.
An eine britische Mitgliedschaft in diesem Klub dachte er
zwar nicht. Doch er forderte
trotzdem lautstark: „Let Europe arise!“ An diesem Donnerstag stimmen die Briten über
den Austritt aus dieser EU ab.
Es wird ein knappes Ergebnis
erwartet, das erst am frühen
Freitagmorgen feststeht.
Ganz gleich, wie das Referendum ausgeht: Europa wird am
dern. „Großbritannien tut uns
auch ideologisch gut“, sagte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz. „Die Briten haben in
der vergangenen Zeit immer
wieder den Finger auch auf die
Wunde gelegt, aufgezeigt, wo es
Fehlentwicklungen gibt.“
Die deutsche Wirtschaft
bangt um die weitere EU-Mitgliedschaft
der
Briten.
„Deutschland wäre der größte
Verlierer, weil Großbritannien
ein sehr großer Markt für unsere Exportprodukte ist“, sagte
Ifo-Präsident Clemens Fuest.
„Bei einem Brexit würde auch
für Deutschland und die EuroZone eine Rezessionsgefahr bestehen“, warnte Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Auch außenpolitisch würde
Europa geschwächt werden.
Der Kontinent verlöre seine neben Frankreich stärkste Militärmacht samt Atomwaffenarsenal, seine zweitgrößte Volkswirtschaft, das Land mit der
drittgrößten Bevölkerung, mit
London eine bedeutende Finanzhauptstadt und einen von
zwei permanenten Plätzen im
UN-Sicherheitsrat.
In Brüssel hofft man auf ein
klares Ergebnis. Ein nur knappes Votum für den Verbleib in
der EU würde kaum ausreichen,
um die Debatte über den Brexit
zu beenden, sagt ein EU-Diplomat. Es würde zudem den EU-
Briten
haben
Europas
Schicksal
in der
Hand
Egal, wie das
Referendum
ausgeht: Die EU
wird sich in einem
Krisenzustand
befinden
so oft in den vergangenen Jahren werden Europas Politiker
auf der Suche nach Führung die
Augen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) richten.
Die Kanzlerin hat sich wie
viele europäische Spitzenpolitiker nur zurückhaltend zum
drohenden Brexit geäußert. Sie
wollte den Eindruck vermeiden, die britischen Wähler zu
bevormunden. Am Freitag wird
diese Zurückhaltung enden.
In Deutschland ist die Furcht
vor dem Brexit enorm. Ohne die
Briten würde das Land noch
Premier David
Cameron wirft dem
Brexit-Lager vor,
Politik im Sinne
Putins und der Terrormiliz IS zu betreiben
US-Präsident
Barack Obama warnt
die Briten vor einem
Austritt aus der EU
17. Mai
Die LabourAbgeordnete
und BrexitGegnerin Jo Cox
wird ermordet
22. April
55%
Verbleib
16. Juni
51%
50%
2. Juni
Austritt
49%
9. März
45%
21. Februar
Boris Johnson, zu diesem
Zeitpunkt noch Bürgermeister von London,
entscheidet sich, für
den Brexit zu kämpfen
Die „Sun“ behauptet, die Queen
unterstütze den Brexit.
Das Blatt wird von der Presseaufsicht wegen falscher
Berichterstattung gerügt
Justizminister
Michael Gove
wirft Banken
und Ökonomen
vor, Stimmung gegen
den Brexit zu machen
SARAH MARIA BRECH
die Meinungsforscher jedes Mal.
„Niemand kann die Zukunft vorwegnehmen“, sagt Vaughan Williams. „Aber die beste Abschätzung, was in Zukunft passieren
wird, erhält man von den Wettmärkten.“
Für die Meinungsforscher wäre
die Vorhersage der Ergebnisse des
EU-Referendums auch ohne die
jüngsten Fehlschläge schwierig gewesen. Denn in Großbritannien
gab es bislang nur wenige Volksabstimmungen. Aber gerade der Blick
auf die Vergangenheit ist ein wichtiger Faktor, wenn die Forscher
künftige Ereignisse voraussagen
wollen.
Freitag in einem Krisenzustand
hinterlassen werden. Sollten
die Briten sich für den Austritt
entscheiden,
dann
stehen
schwierige und langwierige Verhandlungen an. Die EU wird
London mit Härte begegnen.
Deserteure empfange man
nicht mit offenen Armen, sagte
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Doch auch ein Votum für den
britischen Verbleib wird man in
Brüssel und in den anderen
Hauptstädten der EU-Staaten
nicht als Signal verstehen, so
weiterzumachen wie bislang.
Überzeugte Europäer fordern,
den Populisten ein Projekt entgegenzusetzen, um die Menschen erneut von Europa zu begeistern. Doch es fehlt die gemeinsame Vision, welches Projekt das denn sein könnte. Wie
stärker als Hegemon in Europa
wahrgenommen werden. Die
politische Führungsachse mit
Frankreich, hinter der sich Berlin oft verstecken konnte, funktioniert schon lange nicht mehr.
Es liegt an der politischen
Schwäche des sozialistischen
Staatspräsidenten
François
Hollande. Aber auch daran, dass
es dem Land wirtschaftlich an
Stärke fehlt. In Berlin fürchtet
man Abwehrreaktionen der
EU-Partner.
Gleichwohl werden die Briten wirtschaftspolitisch als enge Alliierte geschätzt. Sie stehen für einen freien Handel und
eine offene Wirtschaft. Sie sind
für viele ein wichtiges Gegengewicht zum wachsenden Kreis
sozialistisch regierter EU-Staaten, die Wirtschaftsbarrieren
und Finanztransfers einfor-
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Gegnern andernorts in Europa
Auftrieb geben. „Ich kann nicht
ausschließen, dass der britische
Austritt Lust auf mehr machen
würde in anderen Ländern“,
warnte EU-Kommissionspräsident Juncker schon im Mai.
Populisten aus dem rechten
und linken Lager stehen bereit,
um den Rückenwind aus London zu nutzen. In Frankreich
schwingt sich der rechtsnationale Front National zu ungekannter Stärke auf, der das Ende des Euro fordert. In Ungarn
plant Ministerpräsident Viktor
Orbán ein Referendum über die
Einführung von Flüchtlingsquoten. In den Niederlanden
stimmten die Wähler bereits
gegen ein Assoziierungsabkommen mit der Ukraine, das gemeinhin als Anti-EU-Votum gewertet worden war.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
6 POLITIK
VERFASSUNGSSCHUTZ
Scharfe Kritik an
Präsident Maaßen
Angesichts jahrelang nicht
ausgewerteter Mobiltelefone
von V-Mann „Corelli“ im
Zusammenhang mit dem
NSU-Prozess gibt es Kritik
an Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen.
„Ich erwarte von Herrn Maaßen, dass er sich jetzt Gedanken macht, ob er der
richtige Mann an der richtigen Stelle ist“, sagte der
SPD-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss, Uli
Grötsch, gestern in Berlin.
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
W
elche
Gefahr
von
jugendlichen Islamisten
ausgehen kann,
zeigte sich in diesem Jahr bereits zwei Mal. Im Februar lief
Safia S. an dem Polizisten zunächst noch vorbei. Ein paar Minuten später aber stach die 15Jährige zu. Der Beamte überlebte den Messerangriff des Mädchens am Hauptbahnhof Hannover schwer verletzt.
Im April zündeten schließlich
16-Jährige mit islamistischem
Hintergrund in Essen vor einem
Sikh-Tempel einen zum Sprengkörper umfunktionierten Feuerlöscher. Die Bombe zerfetzte alles in ihrer Umgebung und verletzte drei Gäste einer Hochzeitszeremonie schwer.
VON MANUEL BEWARDER
PA/ DPA/ ROLAND WEIHRAUCH
KOMPAKT
DIE WELT KOMPAKT
Die Attentäter, die in einem Sikh-Tempel in Essen eine Bombe zündeten, waren erst 16 Jahre alt
BUNDESKANZLERIN
Merkel mahnt
Militärausgaben an
Bundeskanzlerin Angela
Merkel hat Kritik an ihrer
Forderung nach deutlich
höheren Verteidigungsausgaben Deutschlands zurückgewiesen. Das sei eigentlich
selbstverständlich, weil die
Bundesregierung „als Ganzes“ sich zu dem Nato-Ziel
bekannt habe, dass Mitgliedstaaten zwei Prozent ihres
Bruttoinlandsproduktes für
Verteidigung ausgeben sollen, sagte Merkel gestern
nach einem Treffen mit der
polnischen Regierungschefin
Beata Szydlo in Berlin.
DÄNEMARK
Gericht spricht
IS-Mann schuldig
Ein dänisches Gericht hat
einen 24-jährigen Pizzabäcker schuldig befunden, in
Syrien der Terrormiliz Islamischer Staat beigetreten zu
sein. Es war das erste Mal,
dass solch ein Fall in Dänemark vor Gericht entschieden wurde, hieß es nach der
Urteilsverkündung am Mittwoch. Das Strafmaß soll
voraussichtlich am Freitag
bekannt gegeben werden.
Die große Koalition hat vor allem mit Blick auf die Anschläge
von Paris und Brüssel beschlossen, die Anti-Terror-Gesetze zu
verschärfen. Unter anderem soll
dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erlaubt werden, mit ausländischen Nachrichtendiensten
gemeinsame
Dateien über extremistische Gefährder zu erstellen. Bereits
heute soll der Bundestag abschließend über die Maßnahmen
beraten – im Eiltempo also, worüber sich die Opposition wiederum empört.
Mit Blick auf die Taten von jugendlichen Islamisten im Frühjahr wollen Union und SPD den
Gesetzentwurf der Regierung
aber nachbessern. Sie verlangen,
dass die Sicherheitsbehörden
auch minderjährige Islamisten
besser kontrollieren – und im
Extremfall überwachen können.
Zudem sollen so ihre Beziehungen zu Personen, die hetzen
oder eine mögliche Ausreise vorantreiben, besser aufgeklärt
werden. Die Fraktionen hoffen,
dass letztendlich auch Eltern
besser dabei unterstützt werden
könnten, die weitere Radikalisierung ihrer Kinder zu stoppen.
Radikale im Kinderzimmer
Die Zahl jugendlicher Islamisten steigt. Behörden sollen
künftig bereits 14-jährige Extremisten überwachen dürfen
dikalisierung falsch gewesen“,
erklärt Mayer.
Dass die beiden Vorfälle von
Februar und April keine außergewöhnlichen Ereignisse darstellen, zeigt unter anderem eine Analyse zur Radikalisierung
von Syrien-Reisenden, die im
vergangenen Jahr von den Sicherheitsbehörden erstellt und
der
Innenministerkonferenz
vorgelegt wurde.
Demnach waren 18 Prozent
der Islamisten, die sich ins
Kampfgebiet aufgemacht haben,
zu Beginn ihrer Radikalisierung
noch minderjährig. Insgesamt
handelt es sich um 57 Personen.
„Hier ist eine massive Präventionsarbeit notwendig, aber auch
eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz,
insbesondere
wenn die Gefahr erheblicher Gewaltakte von diesen jungen Menschen ausgeht“, sagt Burkhard
Lischka, innenpolitischer Spre-
Deshalb soll das Speichern von
Personendaten künftig bereits ab
14 Jahren möglich sein – bislang
liegt die Grenze bei 16 Jahren. Informationen über junge Islamisten könnten dann leichter in der
Verbunddatei „Nadis“ des Bundesamtes und der Landesämter
aufgenommen werden. Das ist
zwar auch bislang möglich – die
Hürden dafür sind aber recht
hoch: Ausnahmen sind laut Gesetz nur dann erlaubt, wenn es
konkrete Hinweise auf eine terroristische Bedrohung gibt.
Der innenpolitische Sprecher
der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer, hält die
neue Maßnahme für „sinnvoll
und geboten“. Der CSU-Politiker sagte der „Welt“, künftig
solle in Dateien oder Akten gespeichert werden können. „Eine solche Unterscheidung wäre
künstlich und angesichts der
immer früher einsetzenden Ra-
cher der SPD-Bundestagsfraktion. Er weist jedoch darauf hin,
dass eine solche Überwachung
auch weiterhin nur bei „schwersten Anlässen“ und in „sehr engen
Grenzen“ geschehen dürfe.
Die Speicherfrist für entsprechende Informationen über 14bis 16-Jährige soll zwei Jahre betragen – falls keine neuen Hinweise auftauchen, müssen sie also nach dieser Frist gelöscht
werden. Etwa, wenn die Radikalisierung „oftmals auch lediglich
episodenhaften Charakter“ trägt.
Neben den strengeren Speicherregeln für Jugendliche wollen die Unionsfraktionen auch,
dass das Verbot des anonymen
Telefonierens schneller in Kraft
tritt. Auch Käufer von PrepaidKarten für Mobiltelefone sollen
demnach bald einen Ausweis
vorlegen. Kriminellen soll es damit schwerer gemacht werden,
ihre Spuren zu verwischen.
Attentäter wirft Verteidiger „Totalausfall“ vor
Wirres Plädoyer im Prozess um das Attentat auf Henriette Reker: Frank S. leugnet Tötungsabsicht
KOLUMBIEN
Die kolumbianische Regierung und die Farc-Rebellen haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf
ein Waffenstillstandsabkommen geeinigt. Beide Seiten
hätten sich auf einen „definitiven Waffenstillstand
und eine Einstellung der
beiderseitigen Feindseligkeiten“ verständigt, teilten
beide Seiten am Verhandlungsort Havanna mit. Wann
die Vereinbarung zur Beendigung des Konflikts in
Kraft tritt, wurde zunächst
nicht mitgeteilt.
D
er Prozess gegen Frank
S., der Kölns Oberbürgermeisterin Henriette
Reker am 17. Oktober 2015 lebensgefährlich verletzte, neigt
sich seinem Ende zu.
VON KRISTIAN FRIGELJ
AUS DÜSSELDORF
Die Bundesanwaltschaft forderte vor dem Oberlandesgericht
Düsseldorf eine lebenslange
Haftstrafe. Gutachter Norbert
Leygraf diagnostizierte bei dem
44-jährigen Angeklagten eine
„paranoid-narzisstische“ Störung sowie ein rechtsradikales
Weltbild mit wahnhaften Zügen.
Trotzdem halte er S. für voll
schuldfähig. Das Verfahren bot
erschreckende Einblicke in die
Gedankenwelt eines Menschen,
der in der rechtsextremen Szene
aktiv gewesen war und wegen
Schlägereien fast drei Jahre in
Haft verbrachte. Frank S. fühlte
sich stets angegriffen; er radikalisierte sich, nährte seinen Hass
auf das politische System im
Internet.
DPA/ ROLF VENNENBERND
Waffenstillstand
mit Rebellen
Pflichtverteidiger Marten mit
seinem Mandanten Frank S. (r.)
Doch zunächst war gestern
Pflichtverteidiger Jasper Marten
an der Reihe, dessen Verhältnis
zum Angeklagten zerrüttet ist.
Frank S. wollte ihn bereits loswerden, doch dadurch wäre der
Prozess geplatzt. Die Vorsitzende Richterin Havliza verfügte,
dass Marten bleibt. Dieser hielt
ein äußerst ungewöhnliches und
kurzes Plädoyer. Der Anwalt
sagte, dass er die Auffassung der
Bundesanwaltschaft prinzipiell
teile, fordert statt einer lebenslangen Haft eine Freiheitsstrafe
von maximal 15 Jahren und begründet dies mit der grausamen
Kindheit von Frank S.
Als der Angeklagte das Wort
ergreifen darf, poltert er los. Das
sei keine Verteidigung gewesen,
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sondern ein „Totalausfall“.
Dann hielt er ein eigenes Plädoyer: „Ich bin bei bester Gesundheit, bei klarem Verstand.
Ich bin kein paranoider Narzisst
mit Verfolgungswahn.“ S. wiederholt seine Hasstiraden: „Ich
wollte, dass die völlig realtitätsferne Herrscherkaste, die das
Volk als Rattendreck, Mischpoke und Dreck beschimpft, wieder den Volkszorn fürchtet.“ S.
bemüht sogar einen Vergleich
zum Mord an der britischen Abgeordneten Jo Cox und beschreibt detailliert, wie deren
Attentäter die Politikerin umgebracht habe. Er selbst habe nur
einmal zugestochen und dann
sein Messer weggeworfen. Das
Urteil wird am 1. Juli verkündet.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
POLITIK 7
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Russen lehnen Treffen
mit der Nato ab
Moskau will erst nach dem Gipfel mit der Allianz reden
D
ie russische Regierung lehnt eine Einladung der Nato zu
einem Treffen des
Nato-Russland-Rats ab. Nach
dem Willen des Verteidigungsbündnisses hatte der Rat noch
vor seinem Gipfel, der Anfang
Juli in Warschau stattfindet, tagen sollen. Das berichtet die
„Welt“ unter Berufung auf informierte Diplomatenkreise.
VON STEFANIE BOLZEN
GETTY IMAGES/ MIKHAIL SVETLOV
AUS LONDON
Grund für Moskaus Vorbehalte ist nach diesen Informationen der Streit um die Themen, die in dem Gremium besprochen werden sollten. So
will die Nato Russland zu einer
größeren Transparenz ihrer
Militärübungen bewegen. Zudem soll zur Sprache kommen,
wie die Risiken solcher Übungen minimiert werden können.
Beides lehnt die russische
Seite derzeit ab. Moskau will in
dem Gremium auch die Lage in
der Ukraine derzeit nicht besprechen. Ein weiterer Grund
sei, dass die russische Regierung erst abwarten wolle, welche Beschlüsse die Nato bei ihrem Gipfeltreffen in Warschau
tatsächlich fasst. Den hohen
Diplomaten zufolge wird nun
eine Zusammenkunft des NatoRussland-Rats in den ersten
beiden Wochen nach dem Gipfel angestrebt.
Im April 2014 hatte die Nato
den Rat, das höchste bilaterale
Gremium, wegen Russlands Intervention in der Ukraine auf
unbestimmte Zeit ausgesetzt.
Vor allem der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat seither daran
gearbeitet, die Allianz und die
Russen wieder an einen Tisch
zu bringen. Im April dieses Jahres kam es dann zu einem ersten Treffen. Es solle „die Fort-
Der russische Präsident Wladimir Putin bei der Gedenkfeier
zum 75. Jahrestag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion
setzung des politischen Dialogs“ sein, so Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Beim Treffen der Nato-Außenminister im Mai hatten
Stoltenberg und Steinmeier
dann angekündigt, dass die Allianz noch vor dem Gipfel Anfang Juli erneut einen NatoRussland-Rat einberufen wolle.
„Wir befinden uns in einer Situation, in der wir das Gespräch mit Russland nicht abbrechen, sondern eher noch intensivieren sollten“, erklärte
Außenminister
Steinmeier.
Sein russischer Amtskollege
Sergej Lawrow hatte darauf allerdings mit Irritation reagiert:
„Der Russland-Nato-Rat arbeitet auf der Basis von Einstimmigkeit. Wenn sie diskutieren
wollen, sollten sie das mit uns
besprechen, statt an die Mikrofone zu gehen.“ Alexej Pusch-
Russland gedenkt
Kriegsopfer
Mit Kerzen und Mahnwachen hat Russland an
den deutschen Überfall
vor 75 Jahren erinnert.
Am 22. Juni 1941 hatte die
Wehrmacht auf Befehl
Hitlers die Sowjetunion
angegriffen. Im russischen
Parlament gedachten die
Abgeordneten am Mittwoch schweigend der
Millionen Opfer.
kow, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma, warf dem
nordatlantischen Bündnis vor,
es missbrauche den Rat „nur
für die Sichtbarkeit des Dialogs
und als Deckmantel für aggressive Beschlüsse in Warschau“.
Angesichts erhöhter Nato-Aktivitäten nahe der russischen
Grenze hält Kremlchef Wladimir Putin unterdessen eine
Stärkung der Abwehrbereitschaft der Streitkräfte seines
Landes für nötig.
Er sehe keine Bereitschaft zu
gemeinsamen Lösungen von
Sicherheitsfragen, sagte Putin
am Mittwoch. „Im Gegenteil,
die Nato intensiviert ihre aggressive Rhetorik und ihre aggressiven Handlungen in der
Nähe unserer Grenzen“, hieß
es in einer Kreml-Mitteilung.
Russland müsse sich darauf
einstellen. Das westliche Bündnis plant, beim Nato-Gipfel Anfang Juli eine Stärkung ihrer
Ostflanke
zu
beschließen.
Russland sieht darin eine Bedrohung.
Eine Bedrohung wird auch in
entgegengesetzter
Richtung
wahrgenommen. Nach Auffassung des Befehlshabers der USLandstreitkräfte in Europa, General Ben Hodges, ist die Nato
nicht in der Lage, die baltischen Staaten vor einem möglichen Angriff der russischen
Streitkräfte
zu
schützen.
„Russland könnte die baltischen Staaten schneller erobern, als wir dort wären, um
sie zu verteidigen“, sagt Hodges der Wochenzeitung „Die
Zeit“. Der General stimmte der
Einschätzung von Militärexperten zu, wonach russische
Truppen innerhalb von 36 bis
60 Stunden die Hauptstädte
von Estland, Lettland und Litauen erobert haben könnten.
Hodges berichtete zudem
von zahlreichen Mängeln, die
die Nato-Truppen aus 22 Ländern während des Großmanövers in Polen bei ihrer Zusammenarbeit festgestellt hätten.
Die Nato hatte in dem EU- und
Nato-Mitgliedsland in den vergangenen Tagen das Großmanöver „Anakonda 2016“ abgehalten, was von Moskau heftig
kritisiert wurde.
Bundeswehr
in Türkei
unerwünscht
Delegation wollte zu
Luftwaffenbasis
N
ach der Armenier-Resolution des Bundestags um die Einordnung als Völkermord hat die
Türkei einem Medienbericht
zufolge hochrangigen deutschen Besuch bei der Bundeswehr auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik untersagt.
„Spiegel Online“ berichtete am
Mittwoch, Ankara habe signalisiert, dass die Delegation von
Verteidigungsstaatssekretär
Ralf Brauksiepe derzeit nicht
auf der Basis erwünscht sei.
Als Grund habe die Türkei
die
Völkermord-Resolution
des Bundestags zu den Massakern an Armeniern vor gut 100
Jahren im Osmanischen Reich
genannt, sagte Generalleutnant Dieter Warnecke dem Bericht zufolge im Verteidigungsausschuss. Der Besuch
Brauksiepes und einiger Abgeordneter sei ursprünglich für
Juli geplant
gewesen.
Schon wenige
Tage
nach der Bundestagsresolution vom 2.
Juni hatte die
Türkei deut- Ralf
schen Medien Brauksiepe
einen Besuch
bei den Bundeswehr-Tornados
in der Nähe der Stadt Incirlik
im letzten Moment verwehrt.
Einen Grund für die Ablehnung nannten die türkischen
Behörden damals nicht.
Die deutschen Aufklärungsjets beteiligen sich am Einsatz
gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). In Incirlik in
der Südtürkei sind auch ausländische Soldaten eingesetzt,
die Basis unterliegt aber türkischem Hoheitsrecht. USTruppen sind dort dauerhaft
stationiert. Die Amerikaner
haben den Stützpunkt in den
1950er-Jahren gebaut.
Frankreichs Gewerkschaften dürfen nun doch demonstrieren
Trotz Sorge vor Krawallen gibt es heute in Paris erneut eine Kundgebung gegen die Arbeitsmarktreform
rst ein Verbot, dann
doch die Erlaubnis: Nach
einer Kehrtwende der
Regierung dürfen Frankreichs
Gewerkschaften heute erneut
in Paris gegen die umstrittene
Arbeitsmarktreform protestieren. Um die Demonstration
hatte es ein tagelanges Tauziehen gegeben: Die Gewerkschaften wollten eigentlich vom Pariser Bastille-Platz zum Platz
der Nation marschieren. Die
Behörden lehnten dies aus Sorge vor Krawallen aber ab und
schlugen eine „statische Versammlung“ an einem fixen Ort
vor, der sich besser kontrollie-
DPA/ IAN LANGSDON
E
Gewerkschafter am 7. Juni
am Flughafen Charles de Gaulle
ren lässt. Dies wiederum lehnten die Gewerkschaften „kategorisch“ ab.
Die Pariser Polizeipräfektur
kündigte daraufhin am Mittwochmorgen auf Anweisung
von Innenminister Bernard Cazeneuve ein Verbot der Demonstration an. Begründet
wurde dies mit den Randalen
bei vorangehenden Protesten
gegen die Arbeitsmarktreform
sowie mit der Belastung der Polizei durch die Anschlagsgefahr
und die Fußball-Europameis-
terschaft. Das führte zu einem
Sturm der Entrüstung – seit
1962 war in Frankreich keine
Gewerkschaftsdemonstration
mehr verboten worden. Der sozialistische Abweichler Christian Paul sprach von einem „historischen Fehler“.
Doch gingen beide Seiten
schließlich aufeinander zu und
fanden einen Kompromiss: Regierung und Gewerkschaften
einigten sich auf einen deutlich
verkürzten
Demonstrationszug. Dieser führt vom Bastille-
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Platz zur Seine und dann wieder zurück.Dass die Demonstration erst verboten und dann
erlaubt wurde, ließ schnell Kritik an der sozialistischen Regierung laut werden – zumal Präsident Hollande immer wieder
Wankelmütigkeit vorgeworfen
wird. Der konservative Ex-Regierungschef und Präsidentschaftsbewerber Alain Juppé
kritisierte eine „Unfähigkeit zu
entscheiden, eine Situation in
den Griff zu bekommen“. Die
Regierung handle „panisch“.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
PA/ DPA/ MATTEO BAZZI
DIE WELT KOMPAKT
KULTUR
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
SEITE 8
KOMPAKT
MÜNCHEN
AUSSTELLUNG
Frankfurt zeigt die
Meister der Comics
Der aus den USA stammende
Comic hat Anfang des 20.
Jahrhunderts eine völlig neue
Bildersprache und Populärkultur geschaffen. Die Frankfurter Schirn Kunsthalle widmet vom 23. Juni bis 18. September sechs US-Pionieren
des Unterhaltungsmediums
eine eigene Schau. Die Ausstellung will zeigen, dass die
Zeichner als etwas „andere
Avantgarde“ eine eigene
Kunstform schufen und damit
künstlerische Entwicklungen
im Surrealismus oder Expressionismus vorwegnahmen.
AUKTION
WDR erzielt zwei
Millionen mit Bildern
DPA/ OLIVER BERG
Die beiden wertvollsten Gemälde aus dem Bestand des
WDR haben bei einer Versteigerung in London gut zwei
Millionen Euro eingebracht.
„Möwen im Sturm“ (1942/Foto) von Max Beckmann erzielte nach Angaben von Sothe-
by’s einen Preis von umgerechnet 1,069 Millionen Euro
und entsprach damit dem
Schätzpreis von 900.000 bis
knapp 1,3 Millionen Euro.
„Alpweg“ (1921) von Ernst
Ludwig Kirchner wurde für 1,1
Millionen Euro versteigert
und lag damit über dem
Schätzpreis von bis zu 1 Million Euro.
Zu Wilden werden: Szene aus Harry Hooks „Herr der Fliegen“-Verfilmung von 1990
Demokratie nutzt hier gar nichts
1983 bekam William Golding den Nobelpreis: Für einen der düstersten Romane
der Geschichte. Peter Torberg hat den Klassiker „Herr der Fliegen“ neu übersetzt
N
euübersetzungen
sind ja immer auch
Zeitreisen rückwärts
auf der eigenen Lebens- und Lektüre-Timeline.
Zurück zum Beispiel mit William Goldings „Der Herr der
Fliegen“ ins Jahr 1983.
Da war ich gerade 20,
so unfertig, wie man
als 20-jähriger Westdeutscher nur sein
konnte.
gend aktuell, in der didaktischen Schärfe des Motivspiels
noch immer interessant. Näher
dran jetzt am englischen Original. So nah, dass man seine Mechanik besser erkennt. Was
wiederum nicht immer zum
Vorteil für die epische Kraft
dieses Lehrstücks ausfällt.
Manchmal denkt man, ein
frischer Satz, weißeres Papier,
ein bisschen Zugabe bei der
Punktgröße hätten es auch getan. Der Sog war größer damals.
Der Punch der Essenz dieses
Gegen-Rousseau auch. Kann allerdings Nostalgie sein. Und
diese schrecklich erwachsene
Abgeklärtheit nach Jahrzehnten fortgeschrittener Lektüre.
schwächten Sehfähigkeit, es
verbiesterte mir auch meine
Weltsicht gewaltig. Was lernte
man nämlich aus der dystopisch endenden Legende von
den britischen Schülern, die im
Südseeparadies stranden auf
der Flucht vor einem
Atomkrieg und sich
da gegenseitig massakrieren? Dass Kinder
grausam sind, gut, das
kannte man vom
Schulhof.
Golding,
VON ELMAR KREKELER
der Volksschullehrer
war, bevor er WeltAids veränderte die William Golding schriftsteller und –
Welt, die Grünen ka- (1911 bis 1993)
1983 natürlich – Nomen in den Bundesbelpreisträger wurde,
tag, der Atomkrieg wurde wusste das besser als jeder anknapp verhindert. Und Gol- dere. „Der Herr der Fliegen“ ist
dings Roman – übersetzt von aber schon deswegen keine KinHermann Stiehl – kostete mich dergeschichte, weil die Kinder
des gesundheitsgefährlich en- und ihre Grausamkeit (wie
gen Satzes wegen nicht nur überhaupt beinahe alles in dieProzente meiner durch die ähn- sem vor Allegorien und Symbolich gesetzte Thomas-Mann- len ächzenden Roman) für etAusgabe des nämlichen S. Fi- was anderes stehen. Weil sie
scher-Verlages ohnehin ge- bloß das unschuldigste Zeichen
sind für das, was Golding vom
Charakter des Menschen hält.
Nämlich nichts.
Ohne Regeln, nur auf sich gestellt, trachtet sich Homo sapiens halt irgendwann nach
dem Leben. Demokratie nutzt
da gar nichts. Liberalismus
lässt am Ende nur das Tier im
Menschen frei. „Schlag das
Tier! Macht es tot! Blut fließt
rot!“ Das konnte man als wohlgenährtes Kind des bundesrepublikanischen Friedens kaum
glauben. Der Mensch ist im
Prinzip doch gut. „Stecht das
Biest! Schlitzt es auf! Vergießt
sein Blut!“, heißt es in Peter
Torbergs Neuübersetzung. Das
fetzt nicht so. 33 Jahre sind wir
ja auch weiter, misanthropischer sind wir geworden, beginnen an der Wehrhaftigkeit der
Demokratie gegenüber dem absolut Bösen in (hoffentlich nur
einigen) Menschen zu zweifeln.
Und lesen das Buch neu.
In seiner Dunkelheit der Perspektive ist es geradezu peini-
Gebäude in Tempelhof soll
ein Kulturzentrum werden
Der Zivilschutz kümmert
sich um die Christo-Fans
Der Berliner Senat will das riesige Gebäude auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof zu
einem neuen Quartier für
Kunst und Kultur entwickeln.
Unter der Marke „Berlin Creative District“ soll hier auch die
Kreativwirtschaft eine neue
Heimat finden. Einen entsprechenden Beschluss hat der rot-
Der Andrang auf Christos Projekt „The Floating Piers“ im italienischen Iseo-See bleibt gewaltig. Für etwa 3000 Menschen sei die Reise zu den
schwimmenden Stegen des Installationskünstlers vorerst auf
dem Hauptbahnhof der naheliegenden Stadt Brescia zu Ende gewesen,. Sie dürften zu-
TORONTO STAR VIA GETTY IMAGES/ R. INNELL
Mit Giacomo Puccinis „Tosca“ in Starbesetzung beginnen am Samstag die Münchner Opernfestspiele 2016.
Erstmals ist der stets gefeierte Generalmusikdirektor der
Staatsoper, Kirill Petrenko,
eine prägende Gestalt dieses
Festivals, das zum Ende der
Saison traditionell einen
hochkarätig besetzten Querschnitt durch das Repertoire
sowie
diverse
Neuinszenierungen zeigt. Die vergangenen Jahre konnte Petrenko bei den Festspielen
nicht dirigieren, weil er in
Bayreuth Richard Wagners
„Ring“ leitete.
PICTURE ALLIANCE/ UNITED ARCHIVES/ IFTN
Festspiele beginnen
mit „Tosca“
schwarze Senat gefasst. Herzstück des Kultur-Konzepts soll
eine „Dachgalerie“ auf dem 1,2
Kilometer langen Flughafendach werden, von der sich ein
spektakulärer Blick auf das ehemalige Flugfeld und die Stadt
öffnen soll. Seit 2015 sind in vier
der sieben Hangars bis zu 2500
Flüchtlinge untergebracht.
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William
Golding:
Herr der
Fliegen
S. Fischer, Frankfurt/M,
224 S., 19,99 Euro
nächst nicht weiter in Richtung
des Sees fahren, weil die Region
völlig überfüllt sei, hieß es.
Freiwillige Helfer des Zivilschutzes kümmerten sich um
die Menschen. Das Projekt war
am vergangenen Samstag eröffnet worden. Die „Floating
Piers“ sind gratis zugänglich
und rund um die Uhr geöffnet.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
DIE WELT KOMPAKT
KULTUR 9
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
MARTIN U. K. LENGEMANN/MARTIN U. K. LENGEMANN
Dresden
wird plötzlich
avantgardistisch
Das riesige Archiv des Kunstsammlers Egidio
Marzona war eigentlich Berlin versprochen.
Jetzt geht es überraschend an die Elbe
A
rchiv, es tönt ein bisschen staubig. Und
wenn man hört, 1,5
Millionen Dokumente
zur Kunst des 20. Jahrhunderts
habe der Berliner Sammler Egidio Marzona seit den 60ern zusammengetragen, dann mag
manch einer an obsessiven
Fleiß denken, der keinem mehr
die Übersicht erlaubt.
VON HANS-JOACHIM MÜLLER
UND MARCUS WOELLER
Aber wer nur einmal Teile
dieser Kollektion zu sehen bekommen hat, ahnt, was für
Schätze da in Mappen, Kisten,
Regalen und Vitrinen lagern.
Mit Konsequenz und Kennerschaft hat sich Marzona auf die
Suche nach Zeugnissen eines
Kunstjahrhunderts gemacht, in
dem wie in keinem zuvor die
glühendsten Parolen ausgegeben, die frechsten Manifeste
verlesen, die ungeschütztesten
Behauptungen behauptet und
die hehrsten Visionen geteilt
wurden. Von Expressionismus
und Futurismus über Informel
bis zu Zero, Fluxus, Postmoderne – eine Geschichte der selbstverordneten
künstlerischen
Neubeginne, illustriert mit Plakaten, Einladungskarten, Fotos,
Briefen,
Katalogen,
Pamphleten. Marzona verkörpert
den Typ des Privatgelehrten,
der mit stiller Besessenheit alles um sich versammelt, was
sein Haus zum abgeschirmten
Zentrum unendlicher wissenschaftlicher
Möglichkeiten
macht. Das ist über den Bildern,
Zeichnungen und Plastiken des
Sammlers zuweilen vergessen
Sammelt schneller als das Museum erlaubt: Egidio Marzona
worden. Und dass er nicht unbeträchtliche Konvolute den
Berliner Museen übergeben hat,
scheint die öffentliche Lust auf
sein Archiv nicht gerade beflügelt zu haben.
Nun haben die Staatlichen
Kunstsammlungen Dresden den
Zuschlag bekommen – ein Coup
für die neue Generaldirektorin
Marion Ackermann, die es im
sogenannten „Blockhaus“ an
der Augustusbrücke unterbringen will; Sachsen finanziert
Umbau und Personal.
Man kann träumen von einer
Ausstellung, die mit Mitteln
dieses Archivs und angereichert
um Museumsbestände die Geschichte der Avantgarden erzählt, die einig nur waren im
hochgemuten Andersmachenwollen und ansonsten nationalkulturelle Ressentiments pflegten und sich in den politischen
Katastrophen zerrieben.
Aber was bedeutet der Verlust eines eigentlich lang erwarteten Zugewinns für Berlin? Von
einem Misstrauensvotum gegen
die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Museen wollen der Präsident Hermann Parzinger und der Direk-
tor der Kunstbibliothek Moritz
Wullen – in dessen Zuständigkeitsbereich das Archiv gefallen
wäre – nichts wissen. Auch habe
es kein Zerwürfnis gegeben. Die
positive Deutung: Man hat
Sammlungsinteressen
über
Sammlerinteressen
gestellt.
Manchmal kann die Geschwindigkeit eines Museums nicht
mit dem (bei Marzona muss
man es so nennen) Speed des
Sammlers mithalten, der ohne
mit der Wimper zu zucken auch
einmal einen südamerikanischen Nachlass in 500 Umzugskartons kauft. Ein Verlust sei es
nur bedingt: Mit der Kunstbibliothek habe das Archiv „von
dem man gar nicht genau weiß,
was es enthält“ (Parzinger) jedenfalls so große Überschneidungen, dass man keine Dubletten anhäufen wolle.
In Dresden kann mit der Erschließung des Archivs der
Avantgarden nun eine Lücke geschlossen werden, die nach 1945
entstanden war. In Berlin ist
man befreit von der Sorge, allzu
viel Platz im geplanten Museum
des 20. Jahrhunderts zu vergeuden oder gar noch eine neue
Baustelle auszuheben. Und
wenn die angekündigte enge
Zusammenarbeit zwischen beiden Institutionen in die Tat umgesetzt wird, bedeutet die örtliche Spreizung von Marzonas
Schatz einen Gewinn für Publikum und Wissenschaft.
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WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
EM 2 16
V
on Michel Platini ist
bei der Europameisterschaft nichts zu sehen.
Das wäre vor wenigen
Monaten noch undenkbar gewesen. Denn eigentlich sollten es
die Platini-Festspiele werden, so
wie einst die WM 2006 zu den
Beckenbauer-Festspielen wurde.
Schließlich hatte der ehemalige
Präsident des europäischen Fußballverbandes Uefa maßgeblich
daran mitgewirkt, das Kontinentalturnier in sein Heimatland zu
lotsen. Mehr noch: Er hat sogar
den Modus ändern lassen, erstmals starten 24 statt 16 Mannschaften. Mehr Spiele, ein längeres Turnier, größeres Spektakel,
das war das Versprechen.
TOP 3
Immer
anspielbar
Drei Deutsche in der
Bestenliste der
Ballbesitz-Statistik
1
Toni Kroos
Der Mittelfeldstar, der mit
Real Madrid die Champions
League gewann, führt das
Ranking nach drei Spielen an.
In 270 Minuten war er 384
Mal am Ball, durchschnittlich
1,42 Mal pro Minute.
VON LARS WALLRODT
Michel Platini ist abgetaucht.
Im Mai hatte er seinen sofortigen Rücktritt als Uefa-Chef bekannt gegeben. Schmutzige Deals
Schmerzhafte
mit Fifa-StrippenzieGruppenphase:
her Sepp Blatter
Thomas Müller
hatte er gemacht
und die DFB-Elf
und war verknackt
trafen auf
worden, sich aus allen
Mauermeister
Stadien und von allen
Posten fernzuhalten im
Weltfußball. Es war die ultimative Demütigung, dass sich
diese Sperre auch auf „sein“
Turnier erstreckte. Jetzt muss
er vor dem Fernseher sitzen und
zugucken – wie ein ganz normaler Mensch.
Vom TV-Sessel aus sah er vermutlich auch, was Joachim Löw
nach dem Sieg gegen Nordirland
sagte. „Wenn ich ehrlich bin, ist
mir das zu kompliziert“, gestand
der Bundestrainer, als er nach
dem Gegner im Achtelfinale gefragt wurde. Den kannte Löw
nämlich noch nicht. Ein Gruppendritter aus den Gruppen A, B oder
Die Aufblähung der EM verwässert das
F würde es werden, das wusste er.
Turnier. Während kleine Fußballnationen
Aber die Abschlusstabelle der FGruppe stand am Dienstag noch
profitieren, schalten sich die Topteams
gar nicht fest. „Ich werde einfach
abwarten“, sagte Löw.
schon frühzeitig aus
Abwarten mussten auch die
Albaner, die in Gruppe A Dritter
2
Jerome Boateng
Obwohl er gegen Nordirland vorzeitig den Platz
verließ, liegt Deutschlands
Abwehrchef hinter dem
Schweizer Granit Xhaka (336)
und den Spaniern Iniesta
(309), Sergio Ramos (302)
sowie Busquets (272) mit 264
Ballkontakten auf Rang sechs.
3
Jonas Hector
Der Linksverteidiger vom
1. FC Köln rangiert bei seinem ersten großen Turnier
gleich hinter Boateng auf
Rang sieben. Mit 254 Ballkontakten liegt er damit
noch vier Plätze vor Weltmeister und Juve-Star Sami
Khedira (247).
Elender
Modus
EM-KOMPAKT
Ronaldo wirft
Mikro in See
Online
Mario Gomez wurde
gegen Nordirland zum
Matchwinner und trug
tiefe Wunden am Arm
davon – weil er auf
einige Ochsen traf:
welt.de/sport
„Das ist doch völlig unrealistisch“
Deutschlands Elf findet bei der EM langsam zu alter Form und wehrt sich gegen die überbordende
GETTY IMAGES/ ALEXANDER HASSENSTEIN (2); AFP/ PATRIK STOLLARZ
Bei Cristiano Ronaldo liegen die Nerven blank. Als
der Portugiese gefragt wurde, ob er für das entscheidende Spiel bereit sei, entriss Ronaldo dem Reporter
das Mikrofon und warf es in
den angrenzenden See. Dies
belegt ein Video, das die
Zeitung „Correio da Manha“ verbreitete.
sind. Das steht schon seit Montag fest, aber ob die Südeuropäer
damit zu den besten vier Dritten
der sechs Gruppen gehören,
konnten sie nur hoffen. Also
mussten sie zwei Tage lang auf
Verdacht trainieren – eine unwürdige Situation.
Schuld daran ist Platini. Er hat
das Turnier ruiniert. Mittlerweile nimmt fast die Hälfte der 55
Uefa-Mitgliedsverbände an der
EM teil, was nicht nur die Qualifikation zur Farce gemacht hat,
sondern auch die Endrunde. Die
Achtelfinalpaarungen zu prognostizieren ist höhere Stochastik, und Gewissheit gibt es erst
nach dem letzten Vorrunden-
N
un also Slowakei. Das
deutsche Team kennt seit
gestern Abend seinen
Achtelfinalgegner. Am Sonntag in
Lille geht es gegen den EM-Debütanten. Willkommener Anlass, die
1:3-Niederlage aus der Vorbereitung wettzumachen. Heute gewährte Trainer Joachim Löw den
Weltmeistern erst einmal einen
freien Tag.
VON LARS GARTENSCHLÄGER
Schon am Dienstagabend hatte
sich die Stimmung gehoben. Das
1:0 (1:0) gegen Nordirland reichte
zu Platz eins in der Gruppe. Es
war ein Spiel, das aufgrund der
vielen Chancen schön anzusehen, aber gleichzeitig zum Haareraufen war. Was hätte das für ein
Schützenfest geben können. So
blieb es dank des Treffers von
Mario Gomez bei einem knappen
Sieg. Aber immerhin bei einem
Triumph, dessen Tor symbolischen Charakter hatte.
Die Uneigennützigkeit von
Thomas Müller, der in der 30. Minute selbst hätte schießen können, den Ball aber perfekt für Gomez ablegte, dokumentierte, wie
gut die Mannschaft funktioniert.
Das war nach den letzten Spielen
in Abrede gestellt worden. Es war
viel von der Sehnsucht nach jenem eingeschworenen Haufen die
Rede, dem es vor zwei Jahren bei
der Weltmeisterschaft gelungen
war, spielerische Qualität und
Charakter zu vereinen, um den Titel zu gewinnen.
Mit dem Spiel gegen Nordirland weckten die Spieler zumindest in Ansätzen Erinnerungen an
jene Tage in Brasilien. Seine Spieler präsentierten sich in Paris als
geschlossene Einheit und zeigten
mit ihrem Auftritt, warum die Verantwortlichen beim Deutschen
Fußball-Bund (DFB) vor einem
Jahr auf die Idee kamen, aus der
deutschen Nationalmannschaft
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„Die Mannschaft“ zu machen.
Thomas Müller legte großen
Wert darauf, den mitgereisten
Medienvertretern ein paar tragende Worte in den Notizblock
zu diktieren. „Die Basis für den
Erfolg stimmt. Wir sind keine
Mannschaft, die von einem Spieler lebt, der viel auf sich zieht
und alles in Grund und Boden
spielt. Wir sind eine Mannschaft
und werden deshalb auf der ganzen Welt auch ,Die Mannschaft‘
genannt“, sagte Müller.
Nach dem 0:0 gegen Polen hätten sich nicht wenige Spieler, führte Müller weiter aus, einsichtig gezeigt und gesagt, dass man sich
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
DIE WELT KOMPAKT
DPA/ ARNE DEDERT
mal durch drei Spiele gegen
mauernde Gegner wurschteln,
um dann im Achtelfinale gegen
die nächste Abwehrmauer anzurennen. Kein Wunder, wenn 16
von 24 Mannschaften die K.-o.Phase erreichen – also zwei
Drittel aller Teilnehmer statt
wie bislang die Hälfte.
Die Quittung hat die Uefa
nun bekommen. Ein Blick auf
den „Turnierbaum“, das Schema
bis zum Finale, zeigt ein unfassbares Ungleichgewicht. Auf der
einen Seite werden Mannschaften wie Deutschland, Italien,
Spanien, England und Frankreich sich bis auf einen Finalteilnehmer eliminieren. Schon
im Achtelfinale trifft Spanien
auf Italien – das hätte auch die
Finalpaarung sein können. So
wie sie es 2012 war. Auf der anderen Seite der Setzliste fehlen
die große Namen komplett.
Länder wie Wales, die Schweiz
oder Polen sind qualifiziert und
können ab sofort berechtigte
Hoffnungen hegen, das Endspiel in Paris zu erreichen.
Aus dem wohl leistungsstärksten Turnier der Welt haben Platini und seine Handlanger einen lauen Aufguss gemacht. Und das für einen
schmutzigen Deal. Platini hat
das Teilnehmerfeld expandieren
lassen, um Stimmen der kleineren Nationen für seine Wiederwahl als Uefa-Präsident zu bekommen. Der Plan ging auf – bis
der Franzose über seine Sünden
der Vergangenheit stolperte.
Die Zeche zahlen müssen
Mannschaften wie die von Joachim Löw. Statt sich von Beginn
an mit Topteams messen zu können, wirkt die EM zunächst wie
eine Verlängerung der Qualifikation. Auch dort stellten sich die
Gegner gegen den Weltmeister
hinten rein – aus völlig nachvollziehbaren Gründen.
Für Deutschland aber ist das
ein Abnutzungskampf, in dem
kaum etwas zu gewinnen ist.
Selbst Siege wie gegen die
Ukraine und Nordirland werden
– zu Recht – bemäkelt, weil die
DFB-Auswahl ihrer Favoritenstellung nicht vollumfänglich
und ergebnistechnisch gerecht
spiel. Es ist ein furchtbares Kuddelmuddel, das nicht nur Löw an
den Rand der Verzweiflung und
die Grenzen seiner mathematischen Fähigkeiten trieb.
Gleichzeitig wertet nicht nur
die Aufblähung des Teilnehmerfelds, sondern auch das neu eingeführte Achtelfinale das Turnier ab. Früher war eine EM wie
eine konzentrierte Weltmeisterschaft, eine Verdichtung der
Fußballkunst. Vor vier Jahren
spielte Deutschland in der Vorrunde gegen Portugal, die Niederlande und Dänemark – da
war Spannung von der ersten
Minute an garantiert. Nun muss
sich die DFB-Auswahl erst ein-
wurde. Ein 0:0 wie das gegen
Polen lässt sogar die Alarmglocken schrillen. Löw und seine
Spieler befanden sich so von Beginn an im Rechtfertigungsmodus, und es ist verständlich, dass
der Bundestrainer nach dem
Nordirland-Spiel sagte: „Ich bin
froh, dass die Vorrunde vorbei
ist. Bei allem Respekt, aber unsere Gegner haben gegen uns
das Spiel ihres Lebens gemacht.
Das machte es nicht leicht für
uns. Uns war schon vorher klar,
dass es zäh werden könnte. Und
auch im Achtelfinale wird unser
Deutschlands möglicher
Weg ins EM-Finale
Viertelfinale
DPA/ YOAN VALAT
steigern müsse. „Das waren keine
leeren Worthülsen. Wir haben es
in die Tat umgesetzt, und das
spricht für uns“, sagte der Mittelfeldspieler des FC Bayern.
Auch in Deutschland springt
der Funke wieder über von Mannschaft auf Fans. Viele Anhänger,
die nach dem Titelgewinn in Brasilien und einer im Anschluss ernüchternden
EM-Qualifikation
satt waren, haben wieder Lust auf
die deutsche Elf.
Gomez warb nach dem Sieg für
„Die Mannschaft“, mit der alles
möglich sei. „Ich glaube, wir alle
sollten mehr Fan von dieser
Mannschaft werden und nicht
Kimmich überzeugt
als Lahm-Klon
Der Rechtsverteidiger bringt den dringend
benötigten Schwung ins deutsche Spiel
E
r hätte allen Grund gehabt zu schmollen. Doch
in der Freude über den
Sieg zeigte Benedikt Höwedes
Größe. Er lobte und pries jenen
Spieler, der ihm nach zwei Partien bei dieser EM den Stammplatz streitig macht: Joshua
Kimmich hatte im letzten Vorrundenspiel gegen Nordirland
(1:0) den Vorzug vor dem Schalker Weltmeister erhalten – und
wurde nach dem Spiel mit Lob
überschüttet.
VON LARS GARTENSCHLÄGER
Siegt Deutschland, wartet der Gewinner
aus Italien gegen Spanien
Halbfinale
Vermutlich wartet hier der Sieger
aus Frankreich gegen England
Finale
Kandidaten: Schweiz, Kroatien,
Wales, Türkei, Polen oder Belgien
Gegner sein Heil sicher nicht in
der Offensive suchen.“
Im weiteren Turnierverlauf
könnte dann ein Kulturschock
folgen. Nach vier Partien im Anrenn-Modus würde das deutsche
Team im Viertelfinale auf Italien
oder Spanien treffen und im
Halbfinale vermutlich auf Frankreich oder England. Erst im Turnierendspurt wird Löw also wissen, wie weltmeisterlich sein
Team wirklich noch ist. Das ist
eine diffizile Geduldsprobe, die
Gelassenheit und Erfahrung erfordert. Gelingt sie, wartet im Finale dann ein leichterer Gegner.
Noch so eine Hinterlassenschaft
von Platini, die sprachlos macht.
Erwartungshaltung. Am Sonntag geht es nun gegen die Slowakei
Torschütze Mario Gomez (l.) und
Sami Khedira zeigen Teamgeist
EM 2016 11
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
immer nur das Schlechte sehen“,
sagte Gomez und ergänzte: „Ich
weiß nicht, ob die Leute erwartet
haben, dass wir jedes der drei
Vorrundenspiele mit 3:0 oder 4:0
gewinnen. Aber das ist doch völlig
unrealistisch.“ Darauf verwies
auch Mesut Özil. Der Mittelfeldspieler, der eine deutliche Leistungssteigerung zeigte, sagte in
Bezug auf die anstehende K.-o.Phase auch: „Egal, wie gut die anderen Mannschaften sind, ob nun
Frankreich, Spanien oder Italien.
Wir sind Deutschland, wir sind
Weltmeister – das müssen wir
zeigen.“ Am besten schon am
Sonntag im Achtelfinale in Lille.
FC Bayern immer öfter das Vertrauen geschenkt und ihn entscheidend vorangebracht. Ihm,
sagte Kimmich noch vor Turnierbeginn, habe er viel zu verdanken. „Er hat mir viele Räume gezeigt, die ich vorher gar
nicht gesehen habe.“
In Paris bewies er gegen
Nordirland, was für eine gute
Entwicklung er genommen hat.
Er lieferte ein Spiel ab, das
Hoffnung macht. Der Münchner verlieh dem deutschen
Spiel viel mehr Esprit auf der
rechten Außenbahn. Mal lief er
die Außenbahn einfach nur runter und flankte nach innen, mal
zog er auch mit dem Ball nach
innen. Es war fast so, als wäre
Philipp Lahm geklont worden.
Kimmich scheute sich auch
nicht vor Eins-zu-eins-Situationen, die so lange schmerzlich
vermisst wurden im deutschen
Spiel. Fast wäre ihm in der 82.
Minute ein Assist gelungen.
Doch der Kopfball von Mario
Gomez wurde abgewehrt. Dennoch, Kimmichs Werte belegen,
Allen voran von demjenigen,
den er bis zu dessen Einwechslung in der 76. Minute auf die
Bank verdrängt hatte. „Joshua
hat klasse gespielt. Es war genau die richtige Entscheidung
vom Coach, ihn zu bringen. Wir
waren gefährlicher im Spiel
nach vorn“, sagte Höwedes. Auf
die Frage, wie er die Verbannung auf die Bank denn aufgefasst habe, sagte er ziemlich bestimmend: „Wir müssen uns alle dem großen Ziel
unterordnen und alle die Egos hintanstellen. Es ist normal, wenn andere
Spieler hin und wieder Einsatzzeit bekommen.“
Klare, selbstlose
Worte, für die er
Trotz
noch vor dem Rückungewohnter
flug ins TeamquarPosition
tier nach Evian viel
hatte Joshua
Zustimmung ernteKimmich 100
te. „Das ist eine
Ballkontakte
überragende Aussagegen Nordge von Benni und
irland
zeigt, was wir für eiGETTY IMAGES/
ne
Mannschaft
ALEXANDER
HASSENSTEIN
sind“, sagte Thomas
Müller.
Höwedes
und viele, viele andere hatte Kimmich an diesem wie gut er gegen die Nordiren
Abend von Paris überzeugt. Es war. 87,5 Prozent seiner Pässe
war sein zweites Länderspiel, kamen an, seine Zweikampfnachdem er beim Test Ende quote lag am Ende bei 57 ProMai in Augsburg gegen die Slo- zent. Auch wusste er mit über
wakei seine erste Partie für den 100 Ballkontakten zu überzeuDFB bestritten hatte. Seit gen – Mario Götze, der nach eiDienstag ist Kimmich der EM- ner enttäuschenden Leistung
Startelfdebütant mit der we- ausgewechselt wurde, kam auf
nigsten
Bundesligaerfahrung lediglich 30 Ballkontakte.
(nur 23 Spiele) in der GeschichNicht nur Höwedes bescheite des deutschen Fußballs. Aus- nigte Kimmich eine gute Leisgenommen ist Spanienlegionär tung. Auch sein künftiger
Shkodran Mustafi, der bislang Teamkollege Mats Hummels
noch nie ein Bundesligaspiel fand, dass der Jungstar ein richbestritt. „Der Trainer kam vor tig gutes Spiel gemacht habe.
zwei Tagen und hat mir gesagt, Wobei er, so der Innenverteididass er überlegt, mich auf ger, schon bei den Bayern in der
rechts spielen zu lassen. Ges- Bundesliga und Champions
tern hat er mir gesagt, dass ich League regelmäßig gezeigt haspiele“, erzählte Kimmich nach be, was er kann. „Joshua bringt
dem Abpfiff und ergänzte: „Wir viel Qualität und Selbstbehaben es extrem gut gemacht, wusstsein mit. Er ist selbst in
nur hätten wir viel mehr Tore Eins-zu-eins-Situationen
gemachen müssen.“
gangen. Er hat gezeigt, dass er
Pep Guardiola hatte ihm in eine gute Option für den Traider vergangenen Saison beim ner ist“, sagte Hummels.
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WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
12 EM 2016
DIE WELT KOMPAKT
R
DPA/GEORGI LICOVSKI
EM-Neuling Island hat den
überraschenden Einzug ins
Achtelfinale perfekt gemacht.
Im Duell gegen Österreich gelang ein 2:1 (1:0) im Stade de
France von St. Denis. Jón Bödvarsson (19.) schoss das 1:0 für
die Nordeuropäer, der Schalker
Alessandro Schöpf (60.) traf
zum Ausgleich für die rot-weißrote Mannschaft. Arnor Ingvi
Traustason (90.+3) erzielte das
Siegtor.
Der
Österreicher
Aleksandar Dragovic (37.) setzte noch einen Foulelfmeter an
den Pfosten. Als Gruppenzweiter treffen die Isländer am
Montag in Nizza auf England.
Die Österreicher müssen die
vorzeitige Heimreise antreten.
Islands Torwart Hannes Halldorsson ballt die Siegerfaust
ekordmann
Cristiano Ronaldo hat Portugal mit einer
One-Man-Show vor einer
historischen
EM-Blamage
bewahrt. Drei Geistesblitze
des dreimaligen Weltfußballers
retteten den immer noch sieglosen Portugiesen in einer total
verrückten Partie ein 3:3 (1:1)
gegen Ungarn – und damit den
Einzug ins EM-Achtelfinale.
Höhepunkt des Galaauftritts
von „CR7“ war sein traumhaftes Hackentor zum zwischenzeitlichen 2:2 (50.). Doch gegen
offensivstarke Ungarn musste
der Superstar von Real Madrid
sein ganzes Können zeigen:
Sein genialer Pass vor Nanis
Treffer zum 1:1 (42.) und sein
Kopfballtor zum Endstand (62.)
bescherten Portugal das Achtelfinale am Samstag in Lens gegen Kroatien.
Ungarn, die in Lyon durch
Zoltán Gera (19.) und Balázs
Dzsudzsák (47./55.) dreimal in
Führung gegangen waren, treffen als Sieger der Gruppe F am
Sonntag in Toulouse auf Belgien, Schweden oder Irland.
Ronaldo, der erstmals seit
375 Tagen wieder ein Pflichtspieltor für Portugal erzielte,
Der Treffer zum Achtelfinale: Ronaldo erzielt per Kopf das 3:3
Rekord-Ronaldo
ist der Retter
Im spektakulärsten Spiel der bisherigen
EM beendet der Star seine Torflaute –
und schießt Portugal eine Runde weiter
SPIELPLAN EM 2016
GRUPPE A
GRUPPE B
2 : 1
Frankreich
Rumänien
Sa., 11.6. 15 Uhr
Mi., 15.6. 18 Uhr
Paris, Parc des
Princes
Schweiz
Mi., 15.6. 15 Uhr
Marseille
Do., 16.6. 15 Uhr
Albanien
England
Mi., 15.6. 21 Uhr
2 : 0
Frankreich
So., 19.6. 21 Uhr
0 : 0
Schweiz
T
P
4:1
2:1
1:3
2:4
7
5
3
1
Achtelfinale 1
Sa., 25.6.
15 Uhr
Lille
Lens
Wales
Ukraine
Di., 21.6. 18 Uhr
Kroatien
P
6
5
4
1
Sieger AF 1
0
S
Wales
Fr., 1.7.
21 Uhr
Marseille
Sieger AF 3
Sieger AF 2
P
7
6
3
1
Achtelfinale 7
Slowakei
Österreich
Portugal
Sa., 2.7.
21 Uhr
Lille
Sieger AF 6
Sieger AF 5
1 :
Island
Sa., 18.6. 21 Uhr
Portugal
6
3
1
1
Paris, Parc des
Princes
Österreich
Lyon
Portugal
Paris, St. Denis
2 : 1
Island
Österreich
S
1. Ungarn
2. Island
3. Portugal
4. Österreich
Achtelfinale 4
Spanien
Ungarn
3 : 3
3
3
3
3
T
P
6:4
4:3
4:4
1:4
5
5
3
1
Achtelfinale 8
Mo., 27.6.
21 Uhr
Lyon
:
Italien
Marseille
1
0 : 0
Ungarn
P
Island
1
Mi., 22.6. 18 Uhr
Mi., 22.6. 18 Uhr
T
Ungarn
St. Etienne
Sa., 18.6. 18 Uhr
Nizza
:
Frankreich Dritter C/D/E
Viertelfinale 3
:
1 :
Nizza
3:0
3:2
1:2
1:4
Bordeaux
0 : 2
Di., 14.6. 21 Uhr
So., 26.6.
15 Uhr
Paris,
St. Denis
:
England
Island
Viertelfinale 4
So., 3.7.
21 Uhr
Bordeaux
:
Sieger AF 7
Sieger AF 4
Paris, St. Denis
:
Sieger AF 8
Halbfinale 2
Do., 7.7.
21 Uhr
Lyon
:
Sieger VF 1
2
2
2
2
Di., 14.6. 18 Uhr
Irland
Belgien
S
1. Italien
2. Belgien
3. Schweden
4. Irland
Halbfinale 1
Mi., 6.7.
21 Uhr
:
Schweden
Mo., 27.6.
18 Uhr
Lille
Deutschland
Zweiter E
Lille
:
Italien
:
Viertelfinale 2
:
T
5:3
5:2
2:4
2:5
Achtelfinale 5
So., 26.6.
18 Uhr
Toulouse
Ungarn
3
3
3
3
Irland
Mi., 22.6. 21 Uhr
Türkei
S
1. Kroatien
2. Spanien
3. Türkei
4. Tschechien
:
Dritter A/C/D
0 : 2
Tschechien
7
7
3
0
Bordeaux
Mi., 22.6. 21 Uhr
Lens
P
Achtelfinale 6
So., 26.6.
21 Uhr
:
Portugal
T
3:0
2:0
2:2
0:5
Toulouse
Schweden
3 : 0
Belgien
Spanien
Di., 21.6. 21 Uhr
Italien
Sa., 18.6 15 Uhr
Türkei
Bordeaux
2 : 1
Kroatien
Lyon
1 : 0
Italien
Nizza
3 : 0
Spanien
Polen
3
3
3
3
Fr., 17.6. 15 Uhr
Di., 21.6. 21 Uhr
Paris, Parc des
Princes
: 1 Deutschland
1. Deutschland
2. Polen
3. Nordirland
4. Ukraine
Achtelfinale 2
Viertelfinale 1
Do., 30.6.
21 Uhr
Nordirland
Sa., 25.6. Paris, Parc des
18 Uhr
Princes
Lens
:
Polen
T
6:3
3:2
3:3
2:6
0 : 1
St. Etienne
Fr., 17.6. 21 Uhr
Polen
Marseille
Schweden
0 : 2
Belgien
Kroatien
GRUPPE F
Paris, St. Denis
1 : 1
Irland
Tschechien
2 : 2
Tschechien
Paris, St. Denis
0 : 0
Mo., 13.6. 21 Uhr
Fr., 17.6. 18 Uhr
Nordirland
18 Uhr
England
Wales
Achtelfinale 3
Deutschland
Toulouse
1 : 0
Spanien
Lyon
Do., 16.6. 21 Uhr
Mo., 13.6. 18 Uhr
Mo., 13.6. 15 Uhr
Ukraine
0 : 2
Ukraine
GRUPPE E
Paris, Parc des
Princes
Kroatien
0 : 1
Türkei
Lille
Do., 16.6. 18 Uhr
Toulouse
S
Nordirland
2 : 0
Di., 21.6
3
3
3
3
GRUPPE D
So., 12.6. 15 Uhr
Nizza
1 : 0
St. Etienne
0 : 3
1. Wales
2. England
3. Slowakei
4. Russland
:
Schweiz
Deutschland
0 : 0
Russland
Sa., 25.6.
21 Uhr
St. Etienne
Russland
Mo., 20.6. 21 Uhr
Albanien
S
3
3
3
3
So., 12.6. 21 Uhr
2 : 1
Slowakei
Lyon
1. Frankreich
2. Schweiz
3. Albanien
4. Rumänien
Marseille
Slowakei
Mo., 20.6. 21 Uhr
Frankreich
0 : 1
Rumänien
Polen
1 : 2
Russland
Lille
So., 19.6. 21 Uhr
Slowakei
1 : 1
England
1 : 1
Rumänien
So., 12.6. 18 Uhr
Sa., 11.6. 21 Uhr
Schweiz
FRANKREICH
GRUPPE C
Bordeaux
2 : 1
Wales
Lens
0 : 1
Albanien
Sa., 11.6. 18 Uhr
Paris, St. Denis
verewigte sich an einem denkwürdigen Abend gleich dreifach
in den Geschichtsbüchern: Als
erster Fußballer traf er bei vier
EM-Endrunden, kletterte in der
ewigen EM-Torjägerliste mit
jetzt acht Toren auf Rang zwei
und avancierte mit 17 Einsätzen
zum alleinigen EM-Rekordspieler. Mit seinen beiden Toren
verhinderte er das erstmalige
Scheitern Portugals in der EMVorrunde.
Auch ohne viele Stammkräfte
machte Ungarn dem Favoriten
das Leben schwer. Mit großem
läuferischen Aufwand nahmen
sie Ronaldo und Co. zunächst
die Lust am Spiel – und gingen
sogar in Führung. Mit seinem
sehenswerten 20-Meter-Schuss
avancierte Gera mit 37 Jahren
und 61 Tagen hinter dem Österreicher Ivica Vastic (38 Jahre
und 257 Tage) zum zweitältesten Torschützen der EMGeschichte.
Kurz vor der Pause hatte Ronaldo dann seinen ersten genialen Moment. Sein sehenswertes
Zuspiel nutzte Nani zu seinem
zweiten Turniertreffer. Ronaldo zeigte die Faust. Es war der
Startschuss für eine dramatische Partie – und die ganz große Ronaldo-Show.
REUTERS/KAI PFAFFENBACH
Island schafft
die große
Sensation
Fr., 10.6. 21 Uhr
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Marseille
:
Finale
Sieger VF 2
So., 10.7.
21 Uhr
Sieger VF 3
Sieger VF 4
Paris, St. Denis
:
Sieger HF 1
Sieger HF 2
STAND: 22.06.2016, 20:00 UHR
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EM 2016 13
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
„Jetzt müssen
wir mit den
Favoriten tanzen“
Spaniens Spieler verlieren die Demut –
und machen sich die EM unnötig schwer
GETTY IMAGES/DENNIS GROMBKOWSKI
DIE WELT KOMPAKT
Er vergab die Riesenchance: Spaniens Sergio Ramos scheiterte beim Stand von 1:1 gegen Kroatien vom Elfmeterpunkt
S
chwacher Trost, dass
letztlich doch einer
von Real Madrid das
Spiel entschied. Dabei
war der angeschlagene Luka Modric gar nicht mal mit von der
Partie. Erst als sich sein Vereinskollege Sergio Ramos beim Stand
von 1:1 den Ball zur Ausführung
eines Elfmeters schnappte, trat
er auf den Plan und vermittelte
von der Ersatzbank über Kapitän
Dario Srna seine Einschätzung
an Torwart Danijel Subasic:
„Lange stehen bleiben
und dann leicht nach
rechts“. Ramos tat wie
vermutet,
Subasic
wie ihm geheißen,
und Kroatien blieb
im Match, das es durch
ein Tor des überragenden Ivan Perisic drei Minuten vor Schluss entschied.
Womit vielleicht nicht die Fußballwelt auf den Kopf gestellt
wurde, aber doch dieses Turnier.
VON FLORIAN HAUPT
AUS BORDEAUX
Spanien nämlich verlor durch
dieses 1:2 den fest einkalkulierten
Gruppensieg und gesellt sich
nun in dieselbe Hälfte des EMTableaus wie Italien, Deutschland, Frankreich und England.
Die kontinentalen G5 werden also maximal einen Finalisten unter sich ausmachen, gleich am
Montag steigt die Wiederauflage
des letzten Endspiels zwischen
Spaniern und Italienern. „Jetzt
müssen wir mit den Favoriten
tanzen, aber um Champion zu
werden, muss man eben die Besten schlagen“, erklärte Ramos.
„Italien, okay; sie werden uns
auch mit Respekt begegnen, weil
wir Spanien sind“, ergänzte Flügelstürmer
Nolito.
„Große
Mannschaften, aber das ist Spanien auch“, sekundierte Andrés
Iniesta. „In dieser Hinsicht habe
ich keine Zweifel an meinem
Team.“
Sollte er aber vielleicht lieber
haben. Die Euphorie der letzten
Tage, als man sich selbst für seinen Fußball feierte, hat jedenfalls nicht wirklich weitergehol-
fen. Spanien verschluderte in
vollem Wissen um die Konstellation seine Chance auf einen ungleich leichteren Weg durchs
Turnier. Vicente Del Bosque
schickte zwar seine Stammelf ins
Rennen. Doch die verstand das
Signal nicht, sie war immer noch
in „Eurodisney“, wie ein „Marca“-Kolumnist anmerkte. Sie
„schoss sich selbst ins Bein“ („El
País“).
Spaniens Spieler waren nach
dem Spiel nicht in der Lage eine
realistische Bewertung
des Geschehens vorzunehmen. Wie auf
Autopilot beteten sie
herunter, dass „wir
das Spiel eigentlich
über die ganze Zeit
kontrolliert haben“ (Nolito). In Wirklichkeit war
Kroatien trotz seiner Ausfälle jederzeit gleichwertig.
Die Parallelwelt der „selección“ beschränkt sich aber nicht
auf den Fußball. Am Sonntag
wird in Spanien zum zweiten
Mal innerhalb eines halben Jahres gewählt. Zwei der wichtigsten Kandidaten haben sich auch
zur Nationalelf geäußert. Pedro
Sánchez, Chef der Sozialisten,
und Pablo Iglesias, Anführer der
Basisbewegung Podemos, versuchten allerdings nicht, auf irgendeine Euphorie- oder Patriotismuswelle aufzuspringen. Die
Politiker erhoben nachdenkliche
Worte.
Sánchez sagte, er fühle sich
„nicht wohl“, wenn er Torwart
David De Gea die spanischen
Farben vertreten sehe, „nachdem sein Name von einer Minderjährigen befleckt und angezeigt wurde“. Iglesias pflichtete
ihm bei. De Gea wird von dem
Mädchen beschuldigt, ein Treffen zwischen ihr und zwei Fußballern vermittelt zu haben, bei
dem sie vergewaltigt worden
sein soll. „Es gibt Personen, die
eine absolute Vorbildfunktion
haben“, begründete Sánchez seine Skepsis.
Bei der spanischen Nationalmannschaft finden solche Sorgen jedoch keine Entsprechung.
Natürlich, es gilt die Unschulds-
vermutung, und De Gea, der die
Vorwürfe bestreitet, ist bislang
nicht angeklagt. Aber die juristische Seite ist ja nur das eine, die
moralische eine andere. Frank-
reich hat den ebenfalls nicht verurteilten Karim Benzema für die
EM außen vor gelassen. Bei Spanien hingegen wurde De Gea just
drei Tage nach Bekanntwerden
der Vorwürfe erstmals zum
Stammkeeper befördert. Kapitän
Iker Casillas rückte dafür auf die
Bank. War dieser Wechsel wirklich nötig?
Del Bosque spricht immer
noch gern von „Demut“. Doch
seine Spieler fallen plötzlich
durch patzige Klagen über ihre
Ersatzspielerrolle wie Flügelstürmer Pedro („So hat es keinen
Sinn, hierher zu kommen“) auf
oder durch Vorwürfe an die Journalisten, solche Äußerungen zu
thematisieren wie von Gerard Piqué („Euch ist wohl langweilig“).
Der katalanische Innenverteidiger wurde bei der Hymne vor
dem Kroatien-Spiel dabei erwischt, wie er seinen – nach unten – gerichteten Mittelfinger
zur Schau stellte. Zumindest den
Vorwurf des Vaterlandsverrats
konnte er aber glaubhaft entkräftigen. „Ich kreuze mir nur die
Finger“, twitterte er. „Suchen
wir doch keine Polemik, wo es
keine gibt, und versuchen alle
zusammen die EM zu gewinnen.“ Der Weg dorthin wird nach
Spaniens erster EM-Niederlage
seit 2004 nicht einfacher.
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14 SPORT
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Messi erteilt Klinsmann
eine Lehrstunde
A
ls die Fußballlehrstunde
vorbei war, ging Jürgen
Klinsmann mit einem
Lächeln auf Lionel Messi zu,
gratulierte ihm und wechselte
mit Argentiniens Superstar ein
paar Worte. Der Trainer der
US-Nationalelf zeigte sich in
Houston als fairer Verlierer. Eine andere Rolle blieb ihm nach
dem 0:4 gegen Argentinien im
Halbfinale der Copa America
Centenario auch nicht übrig.
„Wir werden von diesen
Spielen lernen, sind dankbar,
dass wir an dieser Copa America teilnehmen dürfen“, gab sich
der 51-Jährige demütig. Man habe es unter die letzten Vier geschafft. Es werde immer einen
Schritt nach hinten geben und
dann zwei nach vorne, meinte
Klinsmann nach der höchsten
Niederlage eines US-Teams in
der Turniergeschichte. Die
Amerikaner hoffen nun am
Samstag im Spiel um Platz drei
auf einen versöhnlichen Abschluss. Argentinien hingegen
steht wie im Vorjahr im Finale.
Die Freude der Argentinier
über den Sieg wurde indes getrübt. Stürmer Ezequiel Lavezzi brach sich bei einem Sturz
über die Werbebande den linken Ellenbogen. Nach Angaben
von Trainer Gerardo Martino
muss Lavezzi operiert werden.
Noch in der dritten Minute hatte er die Argentinier in Führung
gebracht.
Messi (32.) und zweimal
Gonzalo Higuain (50., 86.)
machten mit ihren Treffern die
Überlegenheit des WM-Zweiten im mit 70.858 Zuschauern
ausverkauften NRG Stadium
deutlich. Das frühe Tor von Lavezzi nach Vorarbeit des überragenden Messi hatte die Gastgeber komplett aus dem Konzept gebracht. „Wir haben im
Vorfeld darüber geredet, dass
es jetzt nur noch ums Mentale
geht. Und wenn du so früh hinten liegst, hast du die mentale
Schlacht bereits verloren“, analysierte Klinsmann. „Wir hatten
einfach zu viel Respekt“, sagte
Verteidiger Geoff Cameron.
KOMPAKT
OLYMPIA
Russische Kronzeugin
bei Olympia dabei?
IOC-Präsident Thomas Bach
hat eine Hintertür für einen
Start der russischen Whistleblowerin Julija Stepanowa bei
Olympia in Rio geöffnet. Voraussetzung sei ein Antrag des
Leichtathletik-Weltverbandes
IAAF. Die Läuferin hatte 2014
den russischen Dopingskandal
mit ihren Aussagen ins Rollen
gebracht.
BASKETBALL
Nowitzki steigt aus
Vertrag bei Dallas aus
Superstar Dirk Nowitzki hat
wie angekündigt seinen Vertrag bei den Dallas Mavericks
gekündigt. Ein Abschied aus
Dallas ist für den Deutschen
trotzdem kein Thema. Der
38-Jährige wird einen neuen
Vertrag zu kleineren Bezügen
unterschreiben, damit sein
Team mehr Geld für neue Spieler hat. Nowitzki hätte 7,7
Millionen Euro erhalten sollen.
AP/REBECCA BLACKWELL
Argentinien siegt im Copa-Halbfinale gegen
die USA – doch ein Star verletzt sich schwer
Fifa-Chef Gianni Infantino droht nach Einschätzung von Insidern die Suspendierung
Infantinos Schicksal
liegt in fremden Händen
E
s sind nervenaufreibende Tage für Gianni Infantino, den Präsidenten
des Fußball-Weltverbandes Fifa. Wie die „Welt am Sonntag“
vor zweieinhalb Wochen berichtete, droht dem 46 Jahre alten Schweizer eine Sperre
durch
die
verbandseigene
Ethikkommission. Nun erfuhr
die „Welt“ aus Fifa-Kreisen, in
wessen Händen das Schicksal
Infantinos liegt – in denen von
Djimrabaye Bourngar aus dem
Tschad.
VON TIM RÖHN
FUSSBALL
1860: Kreuzer geht,
Eichin kommt
Zweitligist 1860 München und
Sportdirektor Oliver Kreuzer
(50) haben die Trennung vollzogen. Wie der Klub mitteilte,
stehe „der Nachfolger für die
Position des Sportdirektors
bereits fest und wird in den
nächsten Tagen bekannt gegeben“. Nach Informationen von
„Sport1“ handelt es sich dabei
um Thomas Eichin, zuvor bei
Werder Bremen.
Weil der Vorsitzende der Ermittlungskammer, Cornel Borbely, wie Infantino ein Schweizer ist, darf er die Ermittlungen
satzungsgemäß nicht führen,
und so hat Bourngar die Leitung der Untersuchung übernommen. Der Afrikaner nahm
seine Arbeit bei der Ethikkommission im Juli 2015 auf. Im vergangenen Februar – bei der
Wahl Infantinos – wurde er
zum stellvertretenden Chef der
Ermittlungskammer gewählt.
Die Causa Infantino ist sein erster großer Fall im neuen Amt.
Djimrabaye
Bourngar aus dem
Tschad leitet die
Ermittlungen gegen
den Fifa-Chef
Zur Fifa kam Bourngar auf Vorschlag von Hans-Joachim Eckert, des Vorsitzenden der
rechtsprechenden Kammer der
Ethikkommission.
Wie Eckert, ehemals Richter,
ist auch Bourngar Jurist. Seit
März dieses Jahres arbeitet er
als Rechtsanwalt für die Mission der Vereinten Nationen
(UN) zur Stabilisierung des
westafrikanischen Staates Mali.
Zuvor war Bourngar im Justizministerium seines Heimatlandes Tschad tätig.
Nun also Infantino und seine
umstrittenen Privatjetflüge um
die Welt. Auch um Komplottvorwürfe geht es, um angebliche Verstöße gegen das
Schweizer Vereinsrecht. Mehrmals wurde der Fifa-Chef bereits vernommen, auch wenn
die Fifa-Ethiker bislang dementieren, dass es eine formale Un-
tersuchung gibt. Möglich sind
aktuell drei Szenarien: Die
Ethikkommission
verkündet
die Eröffnung einer solchen
Untersuchung und suspendiert
Infantino für 90 Tage. Oder er
darf im Amt bleiben, solange ermittelt wird. Variante Nummer
drei: Infantino kann sich in den
Vernehmungen durch Bourngar
entlasten – was nach Einschätzung von Insidern unwahrscheinlich ist.
Eine Anfrage der „Welt“ an
den Tschader Ethikermittler zu
seinen Untersuchungen blieb
bislang unbeantwortet. Auch
die Frage, wo er sich gerade
aufhalte,
beantwortete
er
nicht. Sein Aufenthaltsort
könnte ein Indiz sein für das,
was kommt: Am Tag, bevor Joseph Blatter gesperrt wurde,
flogen die wichtigsten Ethikermittler der Fifa aus aller Welt
nach Zürich und stimmten sich
ein letztes Mal ab. Dann suspendierten sie den bis dato
mächtigsten Fußball-Funktionär der Welt. Ob es bei Infantino ebenso kommt? Bis Ende
nächster Woche, so heißt es,
wird sich der Mann aus dem
Tschad entschieden haben.
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DIE WELT KOMPAKT
FORUM 15
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
LEITARTIKEL
KOMMENTAR
Verrohung und
Verdummung
Viele erliegen derzeit dem Irrtum, die Kontrolle verloren
zu haben. Die Kontrolle über ihre Grenzen, ihre Nation,
ihr Schicksal oder was auch immer. Die Kontrolle
verloren haben sie aber nur über sich selbst
N
eulich beim Frühstück
anderthalb Seiten „Dialektik der Aufklärung“
gelesen und festgestellt:
gar kein schlechtes Buch.
Sollte man öfter lesen, aber man
kommt ja morgens zu nichts mehr, weil
man erst einmal all die Blödsinns-EMails aus dem Nachtspeicher löschen
muss. Schade, dass es die „Dialektik der
Aufklärung“ nicht als knackige App
gibt. Stehen echt Hammersätze drin.
Beispiel: „An der rätselhaften Bereitschaft der technologisch erzogenen
Massen, in den Bann eines jeglichen
Despotismus zu geraten, an ihrer
selbstzerstörerischen Affinität zur völkischen Paranoia, an all dem unbegriffenen Widersinn wird die Schwäche
des gegenwärtigen Verständnisses offenbar.“ Gut, der Satz ist zu lang für
eine App. Aber trotzdem Hammer.
Man muss nicht Kulturpessimist zu
sein, um den Verdacht zu hegen, dass
das Projekt Aufklärung gerade wieder
einmal dabei ist, in sein Gegenteil umzuschlagen. Das 21. Jahrhundert wird
seit dem 11. September 2001 geprägt von
zwei Strömungen: Die eine ist ein radikaler Islamismus, der sich als Opposition gegen all das definiert, was der Westen für Errungenschaften der Aufklärung hält. Die zweite ist die Reaktion
des Westens auf den islamistischen
Terror – und auf globale Transformationsprozesse, die traditionelle Identitätsvorstellungen infrage stellen. Stichwort: Migration. In seiner Reaktion auf
diese Erschütterungen scheint der Westen selbst zunehmend bereit, sein aufklärerisches, „abendländisches“ Wertegerüst zu zertrümmern.
Beschleunigt wird die lustvolle
Selbstdekonstruktion durch massive
identitäre Verunsicherung: Wer sind
wir noch? Was bleibt von uns übrig?
Der Zweifel schlägt sich nieder als Entfesselung des politischen Diskurses.
Aktuelle Trending-Topics: „#Verdummung“ und „#Verrohung“. Zunächst
enthemmte sich das Reden in obskuren
Internetforen, dann zog es in die sozialen Netzwerke und Kommentarspalten
der Medien. Ein anschwellender Bocksgesang, der alles abräumen möchte, was
unser Gemeinwesen trägt: Parlamente,
Medien, Institutionen und ihre Repräsentanten. Der dünne Firnis der
Zivilisation wird munter abgeschabt.
Der destruktive Charakter, sagt Walter
Benjamin, will Platz schaffen. Wofür,
weiß er nicht. Als gäbe es ernsthaft
etwas Besseres. Das Prinzip Verantwortungslosigkeit hat inzwischen die
Wahlkämpfe erreicht. Trumps Kam-
SASCHA LEHNARTZ
ǑǑ
Der destruktive
Charakter
will Platz
schaffen. Wofür,
weiß er nicht.
Als gäbe es
ernsthaft etwas
Besseres
pagne ist dafür ebenso beredtes Beispiel wie Teile der Brexit-Debatte. In
beiden dominiert die Verächtlichmachung des anderen. Es ist ein HassSprechen, das Hass-Taten gebiert.
Es folgt eine kurze Zusammenfassung der gröbsten zivilisatorischen
Aussetzer der letzten zehn Tage, denn
man vergisst ja inzwischen alles so
schnell, auch die Gräuel. Man wirft die
Orte und die Täternamen durcheinander, weil es zu viele sind, von den Motiven gar nicht zu reden. War das jetzt
ein Psychopath? Ein Islamist? Ein
Rechtsradikaler? Oder alles zusammen?
Omar Mateen, 29, metzelte am 12. Juni
in einem Gay-Klub in Orlando 50 Menschen nieder. Mateen erklärte sich zum
IS-Kämpfer. Reale Kontakte zu der
Terrorgruppe hatte er offenbar nicht.
Er fotografierte sich aber gern mit dem
Handy vor dem Spiegel und trug dabei
T-Shirts der New Yorker Polizei. Einen
Tag später tötete der 25 Jahre alte Franzose Larossi Abballa im Pariser Vorort
Magnanville den Polizisten Jean-Baptiste Salvaing und dessen Frau Jessica
Schneider. Aballa filmte sich während
Mit 14 Jahren
Zielperson
der Tat und erwog, das dreijährige Kind
des Paares ebenfalls zu ermorden, bevor die Polizei ihn erschoss.
Zeitgleich begann in Frankreich die
Fußballeuropameisterschaft. Vor den
Stadien verprügelten sich Hooligans der
Teilnehmerländer, um die „wahre Nummer eins in Europa“ zu ermitteln. Besonders taten sich dabei Russen, Briten,
Kroaten, Polen und Deutsche hervor.
Der russische Sportminister (sic!) lobte
„seine Jungs“ für ihren Einsatz. Die
Kroaten verprügelten sich gleich selbst.
Das einzige europäische Projekt, das
momentan unter Europäern Begeisterung auslöst, ist das, sich gegenseitig
möglichst fest aufs Maul zu hauen.
Unterdessen formulierte Donald
Trump seine sicherheitspolitische Antwort auf Orlando: Die Klubbesucher
hätten höhere Überlebenschancen
gehabt, wenn sie Waffen getragen und
zurückgeschossen hätten. Trump empfiehlt die Saloonschießerei, wie man sie
aus Roberto-Rodríguez-Filmen kennt.
Am Ende sind alle tot. Bei der SA hieß
das in den Dreißigerjahren „Saalschlacht“. Die Folgen kennt man, wenn
man Geschichte nicht abgewählt hat.
Mit Weimar-Vergleichen ist man oft zu
schnell bei der Hand, aber inzwischen
kommen sie von nüchternen Naturen
wie dem Historiker Paul Nolte. Der
Soziologe Stephan Lessenich spricht
derweil vom eingebildeten Abstieg
einer Mitte, die sich radikalisiere. Vielleicht besteht die Einbildung aber auch
darin, dass die Radikalisierten glauben,
sich noch in der Mitte zu befinden. In
Deutschland empfiehlt sich eine Partei
als Alternative, die etwas gegen „raumfremde“ Nachbarn hat und die erst
einen Gutachter bestellen muss, um
herauszufinden, ob ein Parteimitglied,
das die „Weisen von Zion“ für ein thesenstarkes Sachbuch hält, Antisemit ist.
Am Freitag vor einer Woche wurde
die Labour-Abgeordnete Jo Cox in ihrem
Wahlkreis in Yorkshire von einem Mann
bestialisch ermordet, der „Großbritannien zuerst“ grölte, bevor er die 42 Jahre
alte Mutter zweier Kinder niedermetzelte. Fragte man einen unerschütterlichen
Idealisten, wie eine vernünftige Politikerin für unübersichtliche Zeiten wie die
unsrigen beschaffen sein sollte, er zeichnete vermutlich eine Skizze, die Jo Cox
ziemlich nahekäme: Sie war jung, engagiert, hatte sich aus eigener Kraft aus
einfachen Verhältnissen nach oben gearbeitet und setzte sich in ihrem Wahlkreis für eine Wählerschaft ein, die nicht
zu den Gewinnern der Globalisierung
gehört. Sie redete Klartext, war dafür,
Flüchtlingen zu helfen, und verstand die
multikulturelle Gesellschaft als Chance,
nicht per se als Bedrohung. Ermordet
wurde sie von einem Nazi – oder von
einem Irren mit Nazi-Magazin-Abo, das
ist noch nicht geklärt.
Ein 77 Jahre alter Mann versuchte
vergeblich, die Frau zu verteidigen, die
eine politische Hoffnung verkörperte.
Das könnte ein Sinnbild für die Lage
sein. Die Guten sind zu wenige und zu
verletzlich. Beunruhigend viele Briten
erliegen derzeit dem Irrtum, die Kontrolle verloren zu haben. Die Kontrolle
über ihre Grenzen, ihre Nation, ihr
Schicksal oder was auch immer. Die
Kontrolle verloren haben sie aber nur
über sich selbst. Und da sind sie nicht
die Einzigen.
rst 14 Jahre jung und
wegen möglicher Anschlagsabsichten schon
Ausspähungsziel der Geheimdienste? Ja, so wird es kommen. Die Regierung hält die
abgesenkte Abhöraltersgrenze
für nötig, um Terrorangriffe
zu unterbinden. Viele deutsche IS-Anhänger sind praktisch Kinder. Sie haben in der
Pubertät den Fanatismus entwickelt, der sie schon mit 15, 16
Jahren zu Täter(inne)n werden lässt. Eine so frühe Radikalisierung hat es auch nach
1968 gegeben. Aber damals
griffen solche Jugendlichen
nicht sofort zum Kampfmesser oder zu Sprengstoff. Sie
schlossen mit sich auch keinen
Selbstmordpakt. Die islamistische Verführung hat eine neue
Dimension. Deshalb auch
schweigen die Kritiker bei
diesem einen Punkt der Geheimdienstreform und der
Antiterrormaßnahmen. Sie
ahnen, dass es Islamisten
nicht um die freie Äußerung
radikaler Ansichten geht, sondern um den Willen, Menschen zu ermorden. Das ist
sogar denen bewusst, die
sonst hinter jeder Staatsmaßnahme die Absicht wittern,
Bürger zu unterjochen.
Der fehlende Aufschrei
wegen der Absicht, Jugendliche auszuspähen, hat etwas
Bigottes an sich. Die Überwachung potenzieller Gefährder wird nun wirklich tief ins
Alltags- und Familienleben
der Betroffenen eindringen.
Aber wenn die Gefahr augenfällig wird, gelten plötzlich
die paranoiden Ängste vor
dem kontrollwütigen Staat
nichts mehr. Das ausgewählte
Schweigen der Geheimdienstskeptiker zeigt, dass die Koalition die Kritik an anderen
Antiterrorvorhaben, zum
Beispiel dem erweiterten
Datenaustausch mit ausländischen Diensten, kaum wirklich ernst zu nehmen braucht.
Die Grundsatzkritik am angeblichen Überwachungsstaat
trägt weithin eher einen akademischen als einen alltagsrelevanten Charakter. Alltagsrelevant ist: Es gibt eine reale
Gefahr für Leib und Leben.
Nur der Staat kann sie abwenden. Er hat eine Schutzpflicht. Es ist bedrückend
genug, dass der Bundestag es
für nötig hält, Jugendliche
abzuhören, die oft noch halbe
Kinder sind. Der Grund dafür
ist leider klar genug zu erkennen.
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TORSTEN KRAUEL
E
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DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
DANIEL KRÜGER (8)
16 BILDER
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DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
BILDER 17
Philosophie
des anderen
Blickwinkels
Bereits vor einem Jahr war der
Künstler an dieser Stelle zu Gast.
Das sagte er noch über seine
Werke: „Ich wollte nur etwas an
der Wand hängen haben.“ Jetzt
stellt Daniel Krüger erstmals
aus. Er lebt als Journalist und
Künstler in Berlin. „Dazwischen“
heißt die Schau, die im Rahmen
des Berliner Kunstfestivals 48H
Neukölln stattfindet und bei der
auch seine Arbeiten zu sehen
sein werden. Krügers Motto:
„Ikonen brechen, neue Blickwinkel schaffen.“ Egal ob Philosophen, Werbefiguren oder
Star-Wars-Gleiter: Ihnen allen
entlockt Krüger mit seinen Bildern eine tiefere Ebene.
T Die Ausstellung ist vom
24. bis 26. Juni im Arabischen
Kulturinstitut – AKI (Reuterstraße 45 in Berlin) zu sehen.
Öffnungszeiten: Freitag von
19:30 bis 21 Uhr, Samstag
von 14 bis 19 Uhr (mit musikalischer Untermalung) und
Sonntag von 14 bis 19 Uhr
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18 REPORT
or zwei Jahren bewegte sich Alexander Borodaj mit Leibwächtern in Tarnuniform
durch die ostukrainische Stadt
Donezk. Er gab Konferenzen vor
Journalisten und überreichte die
Flugschreiber der abgeschossenen MH17-Maschine an die malaysischen Experten. Borodaj,
der sich der erste „Premierminister der Volksrepublik Donezk“ nannte, spielte eine entscheidende Rolle zu Beginn des
Konflikts. Ein russischer PR-Berater hatte sein friedliches Leben
in Moskau gegen den Krieg getauscht – für die Ukraine war das
ein klarer Beweis dafür, dass die
ganze Operation vom russischen
Staat gesteuert wird. Der ukrainische Geheimdienst veröffentlichte abgehörte Telefongespräche, in denen sich Borodaj angeblich mit dem Oligarchen Konstantin Malofejew und einem
ehemaligen Mitarbeiter der Präsidialverwaltung abspricht.
Borodaj selbst sieht sich als einen russischen Freiwilligen, der
seinem Herzen in die Ostukraine
gefolgt ist. Er war schon an der
Vorbereitung der Krim-Annexion 2014 beteiligt gewesen – als
PR-Berater, als Meister von Inszenierungen für die Medien.
„Wir mussten die ukrainische
Junta besiegen, die die Macht
nach einem Umsturz übernommen hatte, und die Ukraine zu einem normalen Teil des russischen Staates machen“, sagt er.
Seit Oktober 2014 war er nicht
mehr in Donezk, er geht wieder
seiner Tätigkeit als PR-Berater
nach. Aber er zieht immer noch
die Fäden: 2015 gründete er einen
„Verband der Donbass-Freiwilligen“. Es seien die Freiwilligen
gewesen, das russische Volk, die
Donezk geholfen hätten – das ist
die Geschichte, die er gern erzählt. Bis zum späten Abend
führt er in einem Moskauer Einkaufszentrum Gespräche über
die Angelegenheiten des Verbands. Er bestellt sich einen Kaffee, später noch eine Cola, um
wach zu bleiben. Neben ihm sitzt
sein Co-Vorsitzender im Donbass-Verband, ein großer Mann.
Andrej Pintschuk, der schaut, als
vermute er hinter jeder Ecke ein
Sicherheitsrisiko, baute in der
selbst ernannten „Volksrepublik
Donezk“ den Geheimdienst auf.
Er war mehrere Jahre der stellvertretende Geheimdienstchef
eines anderen Pseudostaats im
postsowjetischen Raum – Transnistrien. Danach arbeitete er in
Russland, als „Chef der Sicherheitsdienste von Betrieben und
Konzernen“.
Nur ungern erzählt Pintschuk
etwas über seine Vergangenheit.
„Wissen Sie, ich habe Schwierigkeiten damit, mir genaue Daten
zu merken“, sagt er ausweichend. Sogar mit seinem Geburtsort und Alter zögert er lange, bis sich Borodaj einmischt.
Pintschuk sei doch 38 Jahre alt,
fünf Jahre jünger als er selbst. Also zu jung, um am Krieg in
Transnistrien teilgenommen zu
haben. Borodaj war mit 19 Jahren
damals als Freiwilliger an den
Kämpfen beteiligt. Pintschuk
sagt, er sei ein ethnischer Ukrainer, er habe in Kiew, Moskau und
Transnistrien studiert und in
Moskau promoviert. Auch er war
schon im Frühjahr 2014 auf der
Krim. „Ich habe die Wahl des
Volkes unterstützt“, lautet seine
Beschreibung dessen, was er damals machte. „Den Bürgerweh-
stunde verdammt.“ Er könne
sich nicht vorstellen, dass die Separatistengebiete wieder Teil der
Ukraine werden, wie es vom
Minsker Abkommen vorgesehen
ist, sagt Borodaj. Auch Wahlen
dort hält er für unwahrscheinlich. Aber was ist mit der offiziellen Position Moskaus dazu? Der
Außenminister sagte doch vor
Lugansk abhielten, sagten viele
der Einwohner, die daran teilnahmen, sie wollten den Anschluss an Russland, wie die
Krim. Die Separatisten schickten
nach dem Referendum sogar eine Bitte an Moskau, die ostukrainischen Regionen als Teil Russlands aufzunehmen. Sie wurde
nicht erfüllt. War alles vom An-
AFP/ ALEKSEY FILIPPOV
V
DIE WELT KOMPAKT
Die Insignien der Sowjetunion in der „Volksrepublik Donezk“: ein Junge in historischer Uniform
„Leider mussten wir
einen Krieg führen“
Zwei Russen halfen beim Aufbau der Separatisten-Republiken in
der Ostukraine. Nun betreuen sie die Kämpfer von Moskau aus
ren als Berater geholfen.“ Später
sei er damit beauftragt gewesen,
die ukrainischen Geheimdienste
in die neue, nun russische Struktur zu überführen. Borodaj und
Pintschuk stehen auf der EUSanktionsliste, reisten aber im
November vergangenen Jahres
problemlos in Serbien.
Wenn die beiden heute zurückblicken, sind sie mit ihrer jeweiligen Rolle zufrieden. Borodaj
sagt, er habe aus der Anarchie eine Republik aufgebaut. „Wir haben gute Ergebnisse erzielt, denn
die Tatsache, dass die Republiken von Donbass existieren, ist
ein Sieg“, sagt er. „Jeden Tag ihrer Existenz bringen sie der sogenannten Ukraine Schaden.“
Überhaupt sei das Wort Ukraine
lächerlich, erklärt Borodaj. Er sei
eher für den Begriff „Malorossoja“ – „Kleinrussland“. Seine eigene Familie habe ihre Wurzeln
dort. „Die eigenständige ukrainische Staatlichkeit ist eine unnatürliche Sache“, legt er noch
nach. Zu ihrem Kaffee entscheiden sich die beiden großen Männer überraschend für PawlowaTörtchen, zarte Kreationen aus
Baiser, Creme und Blaubeeren.
Die beiden stechen ihre Gabeln energisch in die Kuchen,
ganz so, als hätten sie den ukrainischen Staat vor sich. „Der Rest
der Ukraine ist dazu verdammt,
in mehrere Teile zu zerfallen“,
sagt Borodaj, während er mit einem Knirschen den Baiser kaut.
„Sie war dazu in ihrer Geburts-
Kurzem, der Donbass solle Teil
der Ukraine bleiben. „Das russische Außenministerium hat vor
Kurzem auch erklärt, dass Transnistrien ein Teil von Moldau bleiben soll“, antwortet Pintschuk.
„Das Außenministerium macht
solche Erklärungen seit 26 Jahren. Aber Russland unterstützt
Transnistrien weiter. Das hat
nichts mit den Erklärungen des
Außenministeriums zu tun. Sie
machen ihre Erklärungen – das
ist ihre Arbeit.“ Überhaupt habe
das Abkommen von Minsk „andere Ziele“ gehabt, so Pintschuk.
„Verstehen Sie, alle Abkommen
haben formelle und reale Ziele“,
so Borodaj. „Entscheidend für
Donezk war, dass Donezker und
Lugansker Volksrepubliken von
Objekten zu Subjekten von Verhandlungen geworden sind, dass
sie praktisch auf Augenhöhe mit
der Ukraine sprechen.“
Die Einwohner von Donezk
hatten den Schwebezustand zwischen Krieg und Frieden im
Frühjahr und Sommer 2014 aber
vermutlich nicht als Ziel empfunden. Die wenigsten hatten eine klare Vorstellung, wohin die
Reise geht. Als die Rebellen im
Mai „Referenden“ in Donezk und
JULIA SMIRNOVA
fang an nur eine Inszenierung?
„Alle haben Parallelen zur Krim
gesehen, alle hielten es für real“,
sagt Borodaj. Auch er habe darauf gehofft, dass die Frage „ungefähr wie auf der Krim“ gelöst
werde. „Aber leider mussten wir
einen Krieg führen.“ Das Referendum habe er lediglich beobachtet, nicht organisiert. Und ja,
er stand danach auch mit Moskau in Kontakt, auch mit dem zuständigen Mitarbeiter der Präsidialverwaltung, Wladislaw Surkow. „Ich habe meine Aufgabe
darin gesehen, die Menschen, die
hier Entscheidungen treffen,
über die wirkliche Lage im Donbass zu informieren.“ Warum
aber russische Beamte die eine
oder andere Entscheidung getroffen haben, wolle er nicht beurteilen. Schließlich hätten sie
mehr Informationen über die internationale Lage und über mögliche Folgen für Russland gehabt.
Viele Separatisten sprachen
damals von „Noworossija“ –
„Neurussland“. So bezeichneten
sie acht ostukrainische Gebiete,
und in Kiew sah man ein großes
Risiko, dass sich der von Russland unterstützte Aufstand auf
diese Regionen ausbreiten könnAlexander Borodaj (l.)
leitet heute zusammen mit Andrej
Pintschuk den
Verband der Donbass-Freiwilligen
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DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
te. Heute bezeichnet Borodaj die
Gespräche über „Neurussland“
als „Frühstart“. „Man brachte
den Brand zu früh auf den
Markt“, erklärt er in MarketingSprache, in der die Idee zur Marke wird. „Wenn wir das ganze
Territorium von Neurussland
unter unsere Kontrolle gebracht
hätten, wäre das eine andere Sache gewesen. Aber wir haben es
nicht geschafft.“
Einen Teil der Schuld an den
militärischen Niederlagen geben
die beiden Männer einem weiteren russischen Staatsbürger. Der
ehemalige Geheimdienstoffizier
Igor Girkin, bekannt als Igor
Strelkow, war einige Monate der
„Verteidigungsminister“ der Separatisten. Anfang August 2014
musste er Donezk verlassen. Borodaj begleitete ihn mit seinen
Leuten bis zur russischen Grenze. Sein Abgang sei mühsam gewesen, denn Girkin habe sich gesträubt. Praktisch sei er schon eine Woche zuvor kein Verteidigungsminister mehr gewesen,
seine Befehle seien nicht ausgeführt worden. Die beiden Männer machen Andeutungen auf eine psychische Krankheit Girkins.
„Er hatte Anfälle von Hysterie,
weinte, dann war er wie erstarrt
und deprimiert“, sagt Pintschuk.
„Er hat seine Probezeit nicht bestanden.“ Heute führt GirkinStrelkow eine eigene politische
Bewegung, kritisiert den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die lange Freundschaft mit
Borodaj ist zerfallen.
Borodaj zog sich im August
2014 ebenfalls zurück, sein Amt
des „Premierministers“ übergab
er an Alexander Sachartschenko,
der aus Donezk stammt. „Ich
ging, weil ich mit meinem Pass
politischen Schaden anrichtete“,
sagt er. „Die Minsker Verhandlungen sollten bald beginnen. Da
war es unsinnig, dass ein russischer Staatsbürger den Donbass
leitet.“ Pintschuk blieb vorerst
Leiter des Geheimdienstes, bis
zum März 2015. Er ging, nachdem das zweite Abkommen von
Minsk unterschrieben war und
die Separatisten die Schlacht um
Debalzewe gewonnen hatten.
„Ich ging, weil der Krieg zu Ende
war“, sagt Pintschuk. Der große
Krieg war für ihn zu Ende – trotz
anhaltender
Schusswechsel,
trotz der Erklärungen von Sachartschenko, der mit neuen Offensiven drohte.
Vielleicht seien diese Erklärungen politisch motiviert gewesen, sagt Pintschuk, oder vielleicht habe Sachartschenko auf
Unterstützung gehofft und sie
dann nicht bekommen. Heute
konzentrieren sich die beiden
Männer auf ihren Donbass-Freiwilligenverband, der nach eigenen Angaben rund 7000 Mitglieder hat. Den Verletzten helfen
sie mit Prothesen und medizinischer Rehabilitation, die Kämpfer aus dem Donbass erholen
sich in Sanatorien auf der Krim.
Auch nach dem offiziellen Rückzug von Borodaj und Pintschuk
wird die Betreuung der Kämpfer
in der Ostukraine von Russland
aus organisiert.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
WIRTSCHAFT
FINANZMÄRKTE
DATEN VON
Marktstimmung in Deutschland
gemessen am Angst-Index VDax
-
Aktuell
W Euphorie
-
Vorheriger Handelstag
W Beschwingtheit
W Niedergeschlagenheit
W Verzweiflung
W Gleichgültigkeit
Dax
Punkte
Euro-Stoxx-50
22.06.
10071,06
Dow Jones
22.06.
2978,31
Gold
Punkte
22.06.
Punkte
$/Feinunze
17817,75
22.06.
1264,85
DAX
Name
Schluss
22.06.
Adidas NA
123,80
138,20
Allianz SE vNA
BASF NA
70,52
91,84
Bayer NA
Beiersdorf
80,64
BMW St
72,47
Commerzbank
6,84
191,25
Continental
Daimler NA
59,00
15,08
Deutsche Bank NA
Deutsche Börse NA
80,32
25,88
Deutsche Post NA
Deutsche Telekom NA 14,46
9,10
E.ON NA
Fres. Med. Care
75,50
65,55
Fresenius SE&Co
HeidelbergCement
74,35
104,10
Henkel Vz.
Infineon NA
13,51
127,45
Linde
Lufthansa vNA
11,71
Merck
89,74
Münchner Rück vNA 158,00
42,12
ProSiebenSat.1
RWE St.
13,39
70,09
SAP SE
Siemens NA
96,10
ThyssenKrupp
18,93
123,10
Volkswagen Vz.
Vonovia SE
31,78
+/%
+0,65
+1,28
+1,02
+0,11
+0,14
-0,23
+0,54
+0,68
+0,58
+1,89
+1,34
-0,27
+0,07
+0,71
+1,40
+1,44
+0,88
+1,07
+3,25
-0,35
-0,13
+0,63
+0,99
-2,30
+1,75
-0,26
+0,36
+0,34
-0,40
+1,32
52 Wochen
Hoch
Tief
124,4 62,51
170,0 126,6
85,87 56,01
138,0 83,45
89,54 67,92
104,9 66,00
12,30
6,13
231,9 171,3
87,32 54,15
32,31 12,69
87,41 69,80
29,10 19,55
17,57 13,39
12,69
7,08
83,17 63,10
70,00 52,39
79,99 58,17
113,1 87,17
14,20
8,32
182,6 113,5
15,41 10,25
98,82 70,68
193,7 147,5
50,95 37,62
20,58
9,13
75,75 53,91
100,9 77,91
25,13 12,56
221,6 86,36
32,50 24,92
G
enau 85 Minuten
spricht Hans Dieter
Pötsch in Halle 1 des
Messegeländes Hannover. Das ist lange für einen
Aufsichtsratsvorsitzenden auf
einer Hauptversammlung. Das
Aktionärstreffen ist eigentlich
der Auftritt der Anleger, oft ist
es die Stunde der Abrechnung.
Bei Volkswagen war diesmal jede Menge Anlass dafür.
VON NIKOLAUS DOLL
Doch erst einmal spricht
Pötsch. Er erklärt, warum es
immer noch keinen Aufklärungsbericht zur Abgasaffäre
gibt. Er verteidigt die vielfach
als zu gering kritisierten Abschläge bei den Vorstandsbezügen. Er sagt, warum man trotz
der diese Woche öffentlich gemachten Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft gegen Martin Winterkorn und den Volkswagen-Markenvorstand Herbert Diess den gesamten Vorstand entlasten lassen will. Und
er kündigt an, dass er sich für
eine volle Amtszeit zum Aufsichtsratsvorsitzenden wählen
lassen möchte. Der Manager,
der als ehemaliger Finanzvorstand maßgeblich unter Druck
steht, weil der Verdacht im
Raum steht, dass die Aktionäre
zu spät über die Abgasaffäre informiert worden sind. Ein solches Versäumnis kann Volkswagen Milliarden kosten, mehr als
die Strafen in den USA, mehr
als Nachrüstung und Rückkauf
der Schummelautos.
In der Halle liegt gespannte
Ruhe. Als Pötsch endet, kommt
Beifall auf. Kein dünner, pflichtschuldiger. Der Applaus ist angesichts der aktuellen Situation
bei Volkswagen überraschend
freundlich. Die Großinvestoren,
der Aufsichtsrat und Vorstand
hatten in den vergangenen Tagen erneut Geschlossenheit demonstriert. Lediglich das Land
Niedersachsen will die Entlastung des Vorstandes verweigern, und das auch nur bei dem
ein oder anderen Manager. Win-
VW-Aktionäre begutachten während der Hauptversammlung in Hannover einen Tiguan
hen vor einem Trümmerhaufen.
Die Aktie hat 50 Prozent ihres
Wertes verloren, die Marktanteile schrumpfen, der Dieselmotor, der uns lange als umweltfreundlicher Heilsbringer verkauft wurde, stellt sich als große
Mogelpackung heraus“, sagt Ulrich Hocker, Präsident der
Deutschen Schutzvereinigung
für Wertpapierbesitz (DSW).
„Wo war der mit Vertretern der
Großaktionäre und der Gewerkschaften gespickte Aufsichtsrat,
der den Vorstand hätte überwachen und die Risikokontrollsysteme auf Geeignetheit hätte
überprüfen sollen? Mir fällt dazu nur eine Beschreibung ein:
kollektives Versagen.“
Die Kritik, die in den folgenden Stunden auf Vorstand und
Aufsichtsrat einprasselt, ist beißend. Die Vorwürfe sind scharf.
Von Vollkasko-Mentalität ist die
Rede, von Tätern statt Opfern.
Immerhin,
Aufsichtsratschef
Pötsch kündigt an, dass der Aufsichtsrat „ohne Ansehen der
Person“ Schadensersatzansprüche gegen ehemalige und amtierende Vorstandsmitglieder prüfen werde. Aufsichtsrat und
Vorstand bleiben jedoch bei ihrem Vorschlag, beiden Gremien
die Entlastung zu erteilen.
VW wurstelt
sich durch
Auf der Hauptversammlung muss sich
Aufsichtsratschef Pötsch scharfe Kritik
anhören. Das Management
demonstriert Demut und Reformwillen
terkorn vermutlich. Und das
auch nur vielleicht.
Pötsch ist noch gar nicht fertig mit seiner Rede, da füllt sich
bereits Halle 2. Der Saal mit der
Autoausstellung
und
den
Würstchen. Zwei Anträge auf
seine Abwahl als Versammlungsleiter meistert Pötsch souverän. 0,02 Prozent beziehungsweise 0,01 Prozent der
stimmberechtigten Anleger votieren dafür.
Aber es sind auch nur 56 Prozent des Gesamtkapitals der
Volkswagen AG anwesend, viele Kleinaktionäre waren erst
gar nicht erschienen. Aus Desinteresse, Desillusionierung?
Sie können ja ohnehin nichts
ausrichten. Stimmberechtigt
sind nur die Stammaktionäre,
das sind zu 89 Prozent die Familien Porsche und Piëch, das
Land Niedersachsen und das
Emirat Katar. Und die Vertreter dieser Aktienpakete sind zu
mehr als 94 Prozent in Hannover präsent.
Es ist fast 15 Uhr, als die Reden von Pötsch und Vorstandschef Matthias Müller vorbei
sind, die Verfahrensfrage geklärt und die Abwahlanträge gegen den Versammlungsleiter
Pötsch abgeschmettert sind.
Das heißt aber nicht, dass sich
die Wut der Anleger nicht doch
entlädt – nur geschieht dies erstaunlich verhalten. „Wir ste-
Teslas Milliardenangebot für SolarCity
Tech-Unternehmer Elon Musk will die Ökostromfirma nun komplett schlucken
D
er
Elektroautobauer
Tesla hat ein milliardenschweres Angebot
für die Solarfirma SolarCity unterbreitet. Das Unternehmen
des bekannten Tech-Milliardärs
Elon Musk teilte am Dienstag
nach US-Börsenschluss mit, eine Offerte zwischen 26,50 und
28,50 Dollar pro SolarCity-Aktie abgegeben zu haben. Musk
hält jeweils beträchtliche Anteile an beiden Unternehmen. Aus
dem Angebot würde sich ein
Kaufpreis von ungefähr 2,6 bis
2,8 Milliarden Dollar (2,5 Milliarden Euro) ergeben. Das ent-
spricht laut Tesla einem Aufschlag von 21 bis 30 Prozent auf
den Schlusskurs von Montag.
Tesla will den Betrag in eigenen
Aktien bezahlen.
Bei Anlegern sorgte das
Übernahmeangebot für heftige
Reaktionen. Während die Aktien von SolarCity nachbörslich
um zwölf Prozent stiegen, ging
es für die Tesla-Papiere um
mehr als zwölf Prozent nach
unten. Die Tesla-Aktionäre
wurden in diesem Jahr bereits
über eine Kapitalerhöhung von
rund 1,5 Milliarden Dollar zur
Kasse gebeten. Nun befürchten
viele Anteilseigner eine weitere
Verwässerung ihrer Aktien,
wenn Tesla mit Solar-City verschmolzen werden sollte. Seit
BLOOMBERG/ JC/ JM
Das Bundeskartellamt will Internet-Konzerne stärker ins
Visier nehmen. Es sei eine
Kernaufgabe der Behörde,
„missbräuchliche Verhaltensweisen der großen Player
schnell und konsequent zu
verfolgen, um so die Märkte
für neue Geschäftsmodelle
offen zu halten“, sagte Kartellamtspräsident
Andreas
Mundt. Die Wettbewerbspolitik werde durch neue digitale Geschäftsmodelle vor
neue Aufgaben gestellt. Um
diese zu bewältigen, habe die
Kartellbehörde eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Die
Wettbewerbshüter hatten im
März ein Verfahren gegen Facebook eingeleitet. Die Behörde geht dem Verdacht
nach, dass der US-Konzern
durch etwaige Verstöße gegen Datenschutz-Vorschriften eine marktbeherrschende
Stellung missbraucht.
SEITE 19
DPA/ PETER STEFFEN
Kartellamt will
Internet-Riesen
überprüfen
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Elon Musk ist immer auf der
Suche nach Herausforderungen
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Jahresbeginn hat die Aktie von
Tesla – eigentlich über Jahre ein
hochgehandelter Liebling der
Wall Street – trotz großer Euphorie um den Ende März vorgestellten Mittelklasse-Stromer
„Model 3“ rund 8,5 Prozent eingebüßt.
Tesla und SolarCity sind bereits durch Partnerschaften
und Musk verbunden, der größter Aktionär und Geburtshelfer
beider Firmen ist. Durch die
Übernahme könnten die Solaranlagen von SolarCity in Teslas
Energiesparte
eingegliedert
werden.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
20 WIRTSCHAFT
KOMPAKT
DIE WELT KOMPAKT
Die acht Städte mit der günstigsten Müllabfuhr
jährl. Kosten für 7-tägig. Vollservice**, in Euro
Autobauer rechnet
mit Milliardenverlust
DPA/ FRANCK ROBICHON
Der Skandal um manipulierte
Verbrauchswerte trägt dem
japanischen Autobauer Mitsubishi Motors einen Milliardenverlust ein. Diese Prognose gab Mitsubishi am Mittwoch. Demnach wird im
laufenden Geschäftsjahr (bis
Ende März) unter dem
Strich ein Nettoverlust von
145 Milliarden Yen (derzeit
knapp 1,3 Milliarden Euro)
stehen, nach einem Plus von
72,6 Milliarden Yen im Vorjahr. Es wären die ersten
roten Zahlen bei Mitsubishi
seit acht Jahren. Bei dem
Skandal geht es um Kleinstwagen.
DZ UND WGZ
Fusion: Letzte
Hürde genommen
Auf dem Weg zu ihrer Fusion
haben die genossenschaftlichen Spitzeninstitute DZ
und WGZ die letzte Hürde
genommen. Die Anteilseigner der DZ Bank stimmten bei der Hauptversammlung am Mittwoch in Frankfurt mit 99,99 Prozent für
den Zusammenschluss. Am
Vortag hatten die Aktionäre
der kleineren Düsseldorfer
WGZ ebenfalls fast einstimmig für das Vorhaben votiert.
Damit ist der Weg frei für
die größte Bankenfusion seit
fünf Jahren. An den Start
gehen soll die neue Zentralbank für die mehr als 1000
Volks- und Raiffeisenbanken
am 1. August.
FINANZEN
Neuer Rekord
bei Kirchensteuer
Deutschlands christliche
Kirchen verzeichnen einen
Rekord bei den Steuereinnahmen. Trotz sinkender
Mitgliederzahlen nahmen
nach einem Bericht der
„Bild“ unter Berufung auf
das Statistische Bundesamt
die katholische und die evangelische Kirche im Jahr 2015
zusammen mehr als 11,461
Milliarden Euro ein. Demnach erhielt die katholische
Kirche rund 6,1 Milliarden
Euro, die evangelische Kirche etwa 5,4 Milliarden Euro.
Hauptgrund für den Rekord
ist die gute Entwicklung der
Löhne und Gehälter.
Flensburg
Chemnitz
Nürnberg
Magdeburg
Solingen
Mainz
Regensburg
Augsburg
Die acht Städte mit der teuersten Müllabfuhr
IW Preisindex
147,27*
165,80*
152,88
162,72
172,34
144,12
176,68
187,43*
134,1
131,6
130,7
129,5
127,6
127,3
126,7
125,4
* statistsch aus Teilservice und 14-Tage-Abholung hochgerechnet
** 4-Pers.-Haushalt, Abholung vom dauerhaften Standort der Tonne, 60 L Restmüll,
20 L Biomüll, 2 Kubikmeter Sperrmüll pro Jahr
jährl. Kosten für 7-tägig. Vollservice**, in Euro
Leverkusen
Moers
Karlsruhe
Bergisch Gladbach
Lünen
Düren
Reutlingen
Möchengladbach
Quelle: Quelle: Haus & Grund / IW Köln
Wo Sie Müll am teuersten
zu stehen kommt
Experten haben die Abfallgebühren in 100 Städten untersucht.
Die Preisunterschiede betragen mehrere Hundert Euro
ielen
Fußballfans
wird die Europameisterschaft 2016 nicht
nur wegen mittelmäßig spannender Spiele in Erinnerung bleiben. Das Turnier
ist mancherorts auch eine besonders übel riechende Veranstaltung.
VON MICHAEL FABRICIUS
UND CARSTEN DIERIG
In etlichen Städten im Ausrichterland Frankreich nämlich
stapelt sich wegen Streiks im öffentlichen Dienst noch immer
der Müll – und deutsche Gäste
werden sich mit wohligem
Schaudern daran erinnern, dass
zu Hause mit der Müllentsorgung doch alles mit rechten
Dingen zugeht. Oder etwa nicht?
Sicher ist, dass die Müllentsorgung in deutschen Städten
und Gemeinden gut funktioniert. Teilweise werden dafür
aber happige Preise verlangt,
kritisiert der Eigentümerverband Haus & Grund. In einer
Untersuchung im Auftrag des
Verbands hat das Institut der
deutschen Wirtschaft (IW) aus
Köln gravierende Preisunterschiede in 100 deutschen Städten festgestellt. „Zwischen der
günstigsten und der teuersten
Stadt liegen 600 Euro im Jahr“,
sagte Haus-&-Grund-Präsident
Kai Warnecke bei der Präsentation der Studienergebnisse am
Mittwoch in Berlin. Und das
trifft letztlich jeden Bundesbürger. Schließlich werden die
Kosten für die Müllentsorgung
entweder direkt von Hausoder
Wohnungseigentümern
getragen oder aber auf die Miete umgelegt.
Ermittelt haben die Experten
des IW die Jahresgebühr, die
ein Vier-Personen-Haushalt in
einem Einfamilienhaus für
Restmüll- und Biomülltonnen
bezahlen muss. Zwar gibt es in
den meisten Haushalten noch
weitere Tonnen, Papier- und
Plastikmüll werden in der Regel
aber meist kostenlos entsorgt
und deshalb nicht in die Analyse einbezogen. Da sich der Abholrhythmus, die Größe der
Tonnen und andere Details in
den einzelnen Orten stark unterscheiden, hat das IW einen
Index berechnet, um die Städte
miteinander vergleichen zu
können.
Das Ergebnis dieser Indizierung: Am teuersten ist der Müllservice in Leverkusen, danach
folgen Moers, Karlsruhe, Bergisch Gladbach und Lünen. In
Leverkusen ist das übliche Modell eine 14-tägige Leerung der
Tonnen im „Teilservice“ – Eigentümer, Vermieter oder Mieter müssen die Behälter also
selbst an die Straße stellen. Da-
für berechne die Stadt jedem
Haushalt ganze 481,60 Euro im
Jahr. Laut Index am günstigsten
können die Bürger ihren Müll in
Flensburg, Chemnitz, Nürnberg,
Magdeburg und Solingen entsorgen. So kostet der gleiche
Service wie in Leverkusen beispielsweise in Chemnitz nur
116,88 Euro. Haus-&-Grund-Präsident Warnecke zufolge zeige
das: „Die Müllabfuhr muss nicht
teuer sein.“
Der Deutsche Mieterbund
geht sogar einen Schritt weiter:
„Es kann nicht sein, dass für ein
und dieselbe Dienstleistung derart unterschiedliche Gebühren
aufgerufen werden. Da können
schon Zweifel entstehen, ob die
Kommunen hier das Gebot der
Und ab dafür: Müllabfuhr in Mannheim
Bundeskartellamt prüft Hausmüllentsorgung
In den kommenden Monaten
wird das Bundeskartellamt
die Strukturen der Hausmüllentsorgung in Deutschland analysieren. Die sogenannte Sektoruntersuchung Hausmüllentsorgung soll klären, ob
der Wettbewerb in der Abfallwirtschaft noch funktioniert. Einen konkreten
Verdachtsfall gebe es zwar
nicht, heißt es bei der Bon-
16,8
39,4
66,7
68,6
69,5
74,5
74,7
75,9
* statistsch aus Teilservice und 14-Tage-Abholung hochgerechnet
** 4-Pers.-Haushalt, Abholung vom dauerhaften Standort der Tonne, 60 L Restmüll,
20 L Biomüll, 2 Kubikmeter Sperrmüll pro Jahr
Quelle: Quelle: Haus & Grund / IW Köln
V
IW Preisindex
908,85*
666,31*
577,68
487,52*
482,57*
456,79*
455,8*
447,66*
PICTURE-ALLIANCE/ DPA/ DPAWEB/ RONALD WITTEK
MITSUBISHI
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
ner Behörde. Die Zahl der
Entsorger, die an Ausschreibungen teilnehme, werde
aber von Jahr zu Jahr geringer. Die Kartellwächter
wollen nun wissen, warum
und ob dadurch die Kosten
höher sind als nötig. Wann
genau die Untersuchung
startet, steht noch nicht
fest. „Wir sind noch in der
Vorbereitung“, sagt ein Kartellamtssprecher.
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Wirtschaftlichkeit einhalten“,
sagte Verbandssprecher Ulrich
der „Welt“. Die besonders teuren Städten müssten ihren Bürgern gegenüber Rechenschaft
ablegen, wie die hohen Preis zustande kommen.
Um auch tatsächliche Preise
und nicht nur einen Indexstand
miteinander vergleichbar zu machen, stellten die IW-Experten
für jede Leistung und jede Stadt
eine Hochrechnung an. Auch
wenn etwa in Flensburg kein sogenannter Vollservice üblich ist,
also eine Abholung der Tonnen
im Sieben-Tage-Rhythmus von
einem dauerhaften Standort,
wurde der Preis dafür trotzdem
statistisch über einen Algorithmus ermittelt.
Das Ergebnis: In der norddeutschen Stadt würden die
Bürger dafür 147,37 Euro jährlich
zahlen. In Leverkusen dagegen
wären es fast 910 Euro. In Nürnberg, wo Vollservice und SiebenTage-Rhythmus tatsächlich üblich sind, werden „echte“ 152,88
Euro verlangt, in Karlsruhe dagegen 577,68 Euro.
Mit der unterschiedlichen
Größe oder der Struktur der
Städte können die enormen
Preisunterschiede nicht erklärt
werden. Denn Städte mit mehreren Hunderttausend Einwohnern finden sich sowohl im oberen als auch im unteren Viertel
der Liste. Auch ob private oder
kommunale Unternehmen für
die Müllentsorgung zuständig
sind, lässt keine signifikanten
Rückschlüsse auf den Preis zu.
Haus & Grund-Präsident
Warncke sieht dagegen Missmanagement und teilweise sogar
erzieherisches Verhalten der Gemeinden als Grund. Kennzeichnend für einige der teuren Entsorger sei nämlich, dass standardmäßig sehr kleine Tonnen
angeboten würden. Der Sprung
zur nächstgrößeren Tonne – für
Familien manchmal unausweichlich – werde dann besonders stark bepreist. „Dieser
Trend dürfte politisch motiviert
sein“, so Warnecke. „Es gibt offenbar den Wunsch, über die
Gebühren die Bürger zu einem
anderen Verhalten zu erziehen.“
Die Müllabfuhr macht bis zu
zehn Prozent der Wohnnebenkosten aus. Im Schnitt bezahlten
die Bürger für die Müllentsorgung mehr als für Straßenreinigung, Grundsteuer, Schornsteinfegergebühr und Gartenpflegearbeiten zusammen, betonte der Eigentümerverband.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
DIE WELT KOMPAKT
WIRTSCHAFT 21
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Drei Städte in
Afrika teurer
als New York
H
ongkong ist aktuell
die teuerste Stadt
der Welt. An keinem
anderen Ort der
Welt ist das Leben kostspieliger als in der asiatischen Millionenmetropole. Den Titel
„teuerste Stadt Europas“ sicherte sich erneut Zürich mit
Platz drei. Die Schweizer Bankenstadt liegt vor zwei anderen asiatischen Megastädten,
nämlich Singapur (4.) und Tokio (5.).
VON KARSTEN SEIBEL
Die Überraschungen der
neuen Mercer-Rangliste zu
den weltweiten Lebenshaltungskosten finden sich allerdings auf den Plätzen zwei,
sechs und neun: Mit Luanda,
Kinshasa und N’Djamena gehören mittlerweile drei afrikanische Städte zu den Top Ten
der teuersten Städte. Wer dort
lebt und arbeitet, braucht
mehr Geld als in New York
und London. Die Namen der
beiden westlichen Finanzzentren sind in den vergangenen
Jahren abgerutscht. Sie tauchen erst auf den Plätzen elf
und 17 auf.
Die Rangliste hat eine große
Bedeutung für viele Arbeitnehmer. Wer von seinem Arbeitgeber ins Ausland geschickt wird,
schaut auf diese Werte. Denn
sie zeigen, wie hoch der Gehaltsaufschlag ausfallen muss,
um ein Leben auf vergleichbarem Niveau fortsetzen zu können. Doch nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch viele Unternehmen und Behörden orientieren sich an diesen Zahlen.
Grundlage ist ein Preisvergleich von mehr als 200 Produkten in 209 Städten. Das beginnt bei den Kosten für eine
Wohnung, geht über den Nahverkehr und reicht bis hin zu
einem Paar Jeans und einer
Flasche Bier. Jede einzelne Position addieren die Personalberater des Dienstleisters Mercer.
Zu Verschiebungen kann es
dabei auch durch Währungseffekte kommen. So hat das britische Pfund zuletzt an Wert
gegenüber anderen Ländern
verloren, genauer gesagt die
Heimatwährungen vieler sogenannter Expatriates, kurz Expats, an Wert gewonnen. Das
erklärt, warum beispielsweise
London erschwinglicher geworden ist.
GETTY IMAGES/KOSTADIN LUCHANSKY - ANGOLA IMAG
Hongkong, Zürich und Singapur gehören zu
den hochpreisigsten Orten der Welt. Auch
drei afrikanische Metropolen stehen in den
Top Ten. Luxus ist dafür nicht der Grund
Luanda, die Hauptstadt Angolas, ist ein teures Pflaster
Die teuersten Städte der Welt
Lebenshaltung und Wohnen
Rang
Top 10
2016 2015 Stadt
Hongkong
1
2
Luanda
2
1
Zürich
3
3
Singapur
4
4
Tokio
5
11
Kinshasa
6
13
Shanghai
7
6
Genf
8
5
N'Ddjamena
9
10
Peking
10
7
Weitere Städte (Auswahl)
Land
China
Angola
Schweiz
Singapur
Japan
D. R. Kongo
China
Schweiz
Tschad
China
2016 2015 Stadt
Land
11
16 New York USA
17
12
London
Großbrit.
42
31
Sydney
Australien
44
46
Paris
Frankreich
77
87
München Deutschland
88
98
Frankfurt Deutschland
100
106
Berlin
Deutschland
Grundgesamtheit: 209 Städte, Quelle: Cost of Living 2016, Mercer
Zu den größten Kostenblöcken gehört in den meisten
Ländern die Miete. Dies ist
auch der Grund dafür, dass im-
mer mehr afrikanische Städte
weit oben in der Rangliste auftauchen. Schickt ein Konzern
Mitarbeiter nach Angola, in die
Demokratische Republik Kongo oder den Tschad, muss er
gewährleisten, dass sie dort
nicht nur komfortabel, sondern vor allem sicher untergebracht sind. Dies ist in diesen
von Bürgerkriegen geprägten
Ländern teuer.
In Luanda, der Hauptstadt
von Angola, kostet eine Wohnung mit drei Schlafzimmern
auf „internationalem Standard“ und in einer „angemessenen Nachbarschaft“, wie
zwei der Kriterien lauten, umgerechnet 13.700 Euro im Monat. Für eine vergleichbare
Wohnung in Hongkong muss
ein Auslandsarbeiter laut Mercer mit 10.900 Euro pro Monat
rechnen, in New York mit
8600 Euro und in London nur
mit 6500 Euro.
Der erste deutsche Vertreter
in der Liste der teuersten Städte findet sich mit München erst
auf Platz 77. Die hohen Mieten
in der bayerischen Landeshauptstadt haben zwar zu einem Aufstieg in der Rangliste
um zehn Plätze geführt, was
aus Sicht der meisten dort lebenden und arbeitenden Menschen eher einen Abstieg bedeutet. Frankfurt am Main liegt
nun auf Platz 88 (Vorjahr 98)
und Berlin auf Platz 100 (Vorjahr 106). Auch darin spiegeln
sich die weiter anziehenden
Wohnkosten in diesen Städten.
Jenseits der Top 100 finden
sich auch noch Düsseldorf
(107), Hamburg (114), Stuttgart
(129), Nürnberg (160) und
Leipzig (165). Auch in diesen
für ausländische Arbeitgeber
wichtigen Städten schauten
sich die Experten Preise an.
Und wo lebt es sich aktuell
am günstigsten? Am Ende der
Liste stehen ebenfalls Vertreter aus Afrika: Die Plätze 208
und 209 belegen Kapstadt in
Südafrika und Windhoek in
Namibia.
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22 WIRTSCHAFT
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
EU will Roboter
bändigen
GETTY IMAGES
Angesichts der wachsenden Zahl von
Robotern schlagen Politiker Alarm. Ein Gesetz
soll dabei helfen, die künstliche Intelligenz
beherrschbar zu machen. Doch nicht alle
teilen diese Sicht
Bis uns Roboter die Wäsche machen, wird es trotz eines Booms der Branche wohl noch ein wenig dauern
V
or gut 70 Jahren machte der Science-FictionAutor Isaac Asimov
den Vorschlag, dass
sich Roboter an Gesetze halten
müssen. Was sich aus der Kombination von ausgeklügelter Mechanik, Androiden mit menschlichen Zügen und künstlicher Intelligenz entwickeln könne, sei
einfach zu gefährlich.
VON GERHARD HEGMANN
Zumindest die Politiker in der
EU scheinen diese düstere Weltsicht zu teilen: So gibt es tatsächlich eine Empfehlung des
Europäischen Parlamentes an
die EU-Kommission über neue
zivilrechtliche Regelungen für
Roboter. Es wäre, wenn es denn
tatsächlich umgesetzt wird, das
erste Robotergesetz für Europa.
Allerdings stoßen diese Überlegungen nicht überall auf Zustim-
mung. Vor allem der deutsche
Maschinenbau warnt vor dem
Übereifer des EU-Parlaments –
und nutzte die Robotermesse
Automatica in München am
Mittwoch zu einer Klarstellung
aus Branchensicht.
Vor allem die wachsende Zahl
an Robotern bereitet den EU-Politikern Sorgen. Sie verweisen
darauf, dass der Verkauf von Robotern zwischen 2010 und 2014
jährlich um 17 Prozent zugelegt
hat. Die Patentanträge für Robotertechnik haben sich binnen eines Jahrzehnts sogar verdreifacht. Deutschland hat nach Korea und Japan mittlerweile die
drittgrößte Roboterdichte. Im
vergangenen Jahr wurde weltweit fast eine Viertelmillion Roboter verkauft. Ein Ende des
Wachstumsbooms sei nicht in
Sicht. Bis 2018 könnten weltweit
2,3 Millionen Roboter zum Einsatz kommen.
Für die EU-Parlamentarier
wirft diese stürmische Entwicklung der Robotik und Künstlichen Intelligenz grundlegende
Fragen auf. Einen Großteil der
Arbeiten, die heute noch von
Menschen erledigt werden,
könnten künftig Roboter übernehmen, heißt es in einem Bericht an die EU-Kommission von
Mai. Diese Entwicklung stelle
auch die Tragfähigkeit der Sozialversicherungssysteme vor Herausforderungen. Wörtlich wird
von einem „Potenzial für eine
zunehmende Ungleichheit bei
der Verteilung von Wohlstand
und Einfluss“ gesprochen. Zudem könnte die Künstliche Intelligenz die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen binnen weniger Jahrzehnte überflügeln.
Womöglich, so ängstigen sich die
Parlamentarier,
bleibe
der
Mensch dann nicht mehr Herr
über sein eigenes Schicksal.
Die technische Revolution
müsse daher so gestaltet werden,
„dass sie in den Dienst der
Menschheit gestellt wird“. Eine
Blaupause gibt es bereits: Immerhin hat der Science-FictionAutor Asimov in seinem Werk
bereits 1950 die „Drei Gesetze
der Robotik“ postuliert. Danach
darf ein Roboter kein menschliches Wesen verletzen, er muss
gehorchen und darf der Menschheit nicht schaden. Doch die EUPolitiker denken noch weiter
und verweisen darauf, dass
durch künstliche Intelligenz
auch die „Roboter sich ihrer
selbst bewusst werden oder gemacht werden“ können. In ihrem
Bericht erwägen sie sogar, neben
der natürlichen und der juristischen Person im Rechtswesen eine neue Roboter-Kategorie einzuführen: die der „elektronischen Person“, die ebenfalls mit
gewissen Rechten und Pflichten
und der Haftung für Schäden
ausgestattet sein soll. Künftig
könnten diese Maschinen dann
unter dem Begriff „Intelligente
Roboter“ registriert und eingestuft und von einer „Europäischen Agentur für Robotik und
Künstliche Intelligenz“ überwacht werden. Sogar eine obligatorische Versicherung schlagen
die EU-Parlamentarier vor.
Für den Branchenverband
VDMA, zu dem die führenden
deutschen Maschinenbau und
Roboterfirmen wie Kuka gehören, gehören viele dieser Vorstellungen allerdings nach wie vor
eher in das Reich der ScienceFiction-Romane. Stattdessen unterstreicht der Verband die Vorteile der Digitalisierung. Diese
bringe „immense Chancen für
Europas Wirtschaft – aber nur,
wenn der Gesetzgeber die Entwicklung von Industrie 4.0 nicht
durch vorschnelle Regulierung
einschränkt“, heißt es in einer
Stellungnahme. Vor allem die in
dem EU-Bericht vorgesehene
strikte Regulierung intelligenter
Roboter bereitet dem deutschen
Maschinenbau Sorgen.
Aus Sicht des Verbandes vernichtet der „Kollege Roboter“
unter dem Strich keineswegs Arbeitsplätze. „Wir sehen, dass die
Zahl der Arbeitsplätze steigt“,
sagte Geschäftsführer Patrick
Schwarzkopf auf der Automatica-Fachmesse in München. In
der deutschen Autoindustrie sei
der Roboterbestand seit 2010 um
17 Prozent gestiegen und die
Zahl der Beschäftigten um 13
Prozent.
Auf einer Podiumsdiskussion
auf der Fachmesse zeichnete Ulrich Walwei von der Forschungseinrichtung IAB der Bundesagentur für Arbeit ein differenzierteres Bild. Danach gibt es in
Deutschland immerhin drei bis
vier Millionen Arbeitsplätze, deren Aufgabe zu 70 Prozent von
Robotern erfüllt werden könnten – und die damit potenziell
gefährdet sind. Unter dem Strich
könnte die Digitalisierung aber
trotzdem
arbeitsplatzneutral
ausfallen, weil neue Aufgaben
auch im Dientleistungsbereich
entstünden.
Spezialfensterglas macht das Telefonieren im Zug leichter
Bislang stört eine Metallbeschichtung der Fenster im ICE den Handyempfang. Siemens will das ändern
I
m Zug telefonieren oder auf
dem Tablet surfen, ist häufig
mehr eine Qual als eine Freude. Dies liegt auch daran, dass
die Zugwaggons wie eine Metallhülle die Funkwellen abschirmen. Sogar die Zugfenster haben eine hauchdünne Metallbeschichtung. Sie sollen die Sonnenstrahlen abmildern – doch
damit wird gleichzeitig auch der
Handyempfang am Platz gebremst.
VON GERHARD HEGMANN
Um dennoch Handy oder Laptop benutzen zu können, mon-
tieren einige Zugbetreiber Antennen auf die Waggons, installieren Technik, verlegen Kabel
oder bauen ein Wlan-Netz auf.
Nach Ansicht von Siemens-Experten könnte es künftig viel
einfacher werden, guten Empfang im Zug sicherzustellen.
Denn Forscher des Technologiekonzerns haben eine Fensterscheibenlösung für einen besseren Mobilfunkempfang im Zug
entwickelt.
Nach der Formel „Handyfunkwellen kommen rein, aber
Wärme- und Sonnenstrahlung
bleibt wie bisher draußen“ sollen die sogenannten Hochfre-
quenzscheiben funktionieren.
Ihren ersten Einsatz im regulären Betrieb sollen die neuen
Zugscheiben ab Ende 2018 im
künftigen Rhein-Ruhr-Express
(RRX) in Deutschland feiern,
heißt es in einer Siemens-Mitteilung. Zum Einsatz beim Großkunden Deutsche Bahn wollte
sich ein Sprecher nicht äußern.
Es ist ein heikles Thema.
Beim größten deutschen Eisenbahnunternehmen läuft gerade
in Zusammenarbeit mit den Mobilfunkbetreibern eine weitere
Modernisierung der Antennenlösung auf den Waggons mit sogenannten Repeatern für ver-
Bahn: Wlan in
allen ICE noch 2016
Bahnreisende sollen spätestens Ende 2016 in allen
ICE-Zügen, auch in der
zweiten Klasse, einen
kostenfreien Wlan-Zugang erhalten. „Bis Ende
des Jahres werden alle
ICE umgerüstet“, versicherte Konzernchef
Rüdiger Grube. Das Angebot habe ein bestimmtes Datenvolumen.
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besserten Empfang und erstmals auch der Unterstützung
von Datenfunk. An dieser Technologie werde zunächst festgehalten, sagte ein Bahn-Sprecher.
Siemens räumt ein, dass die
neuen Zugfenster zwar leicht
teurer sind, aber „im Vergleich
zu In-Train-Repeatern langfristig eine nennenswerte Einsparung“ bringen. Die neuen Scheiben wären nicht nur für heutige
Frequenzbänder, sondern auch
für künftige Mobilitätsstandards geeignet. Zudem könnten
die Scheiben bei bestehenden
Waggons nachträglich eingebaut werden.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
DIE WELT KOMPAKT
WIRTSCHAFT 23
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Die LED radiert ein Handwerk aus
angsam schwenkt Thomas Wendler das dünne
Glasrohr
über
die
Flamme. Nur einen
ganz kleinen Bereich erhitzt der
58-Jährige, während er gleichzeitig immer wieder Luft durch
einen dünnen Schlauch in das
Röhrchen bläst. Andernfalls
würde das Material unter der
Hitzeeinwirkung zusammenfallen: „Wenn ich nicht hineinblase, entstehen beim Glas an dieser Stelle Spannungen, es kann
schneller brechen und es kommt
zu Beulen, die einfach nicht gut
aussehen“, erklärt Wendler. Das
will der Neonglasbläser um jeden Preis verhindern.
VON MAX ZIMMERMANN
Seit mehr als 20 Jahren verwandelt der Berliner beinahe
täglich dünne Glasröhren entweder in Schriftzüge oder andere künstlerische Formen.
Das kann eine Blume aus leuchtendem Glas sein oder komplexe 3D-Installationen, die sich
Künstler für ihre Ausstellungen
wünschen. Wendler setzt die
Formen in präziser Detailarbeit um – an manchen Arbeiten
sitzt er auf diese Weise mehrere Tage. Der Handwerker mit
Spitzbart wird dabei selbst
zum Künstler. Er ist der Herr in
seiner kleinen gemütlichen
Werkstatt im Berliner Bezirk
Kreuzberg.
,,
„Wir wollen
junge Leute
für das Thema
begeistern, die
vorher gar
nicht mit
dem Medium
in Kontakt
gekommen sind“
Nils Lehnert,
Gründer der Firma Sygns
Wenige Meter weiter pulsiert
das Leben in der Bergmannstraße. Bei Thomas Wendler sorgt
nur das Radio für Trubel. Weitere Mitarbeiter hat er keine, auch
keinen Auszubildenden. Der 58Jährige ist ein Einzelkämpfer –
wie so viele in seiner Branche.
Nur noch 268 Glasbläser und
Glasapparatebauer führt der
Zentralverband des Deutschen
Handwerks (ZDH) in seiner
Statistik. Um die Jahrtausend-
wende waren es 432. Vier von
zehn Handwerkern haben seitdem aufgegeben. Und ihre Zahl
schrumpft weiter. Wie schnell,
darüber will der Verband Deutscher Glasbläser nichts sagen.
Wie es der Branche gehe, und
wie sie sich zuletzt entwickelte:
Dazu könne man keine Auskunft geben.
Vor einigen Jahren arbeitete
auch Glasbläser Wendler noch
im Team. Die Aufträge rissen
nicht ab. „Wir mussten 500 Mal
Nokia-Schriftzüge biegen oder
500 Mal E-Plus“, erzählt er. Das
Sterben der Branche setzte
schleichend ein. Erst gingen die
Aufträge an die billigeren Betriebe im Osten. Und dann kamen die günstigen und vielseitigen LED-Reklametafeln auf. Alte Neonreklamen wurden heruntergerissen und durch einfache Leuchtdioden ersetzt.
Übrig geblieben sind eher
kleine Aufträge von Firmen und
Künstlern. Und die vom Berliner Start-up Sygns. Das Unternehmen offeriert seit März 2014
Neonglasarbeiten zu günstigen
Preisen im Internet. Die neue
Aufmerksamkeit für Neon soll
die Branche vor dem Untergang
retten. Dabei hatten Anthony
Genillard (27), Nils Lehnert (25)
und Max Elverfors (27), die sich
beim Wirtschaftsstudium an der
Mailänder Bocconi Universität
kennenlernten, bis dahin selbst
nicht viel mit der Glasbläserei
zu tun. Erst bei der Suche nach
einem Leuchtmittel für ein gemeinsames Projekt stießen die
Freunde, die auch einen Club
oder ein Restaurant in Berlin
leiten könnten, auf die vielseitigen Neonarbeiten. „Neon ist ein
sehr emotionales Licht. Das hat
einfach einen ganz besonderen
Flair“, erzählt Genillard. Durch
spezial beschichtete Glasrohre
können die Kunstwerke in allen
möglichen Variationen leuchten. Und mithilfe der handwerklichen Blastechnik lassen sich
die Arbeiten in nahezu jede
Form bringen. Das Problem: Die
Neonarbeiten kosten oft mehrere Tausend Euro.
Also suchte das Start-up den
direkten Draht zu den Neonglasbläsern, um sie selbst zu beauftragen und die Arbeiten für
die breite Masse anzubieten. Ihre Idee: Im Internet können
Nutzer personalisierte NeonSchriftzüge erstellen. Doch die
drei Gründer nehmen auch diverse Arbeiten von Unternehmen an. So verwandelten sie
auch schon den Berlinale-Bären
und Nike-Turnschuhe in leuchtende Neonarbeiten. Mittlerweile haben Genillard, Lehnert
und Elverfors ein Netzwerk aus
einem Dutzend Handwerkern in
der Republik aufgebaut – zu den
wenigen, die noch übrig sind.
„Wir waren viel im Auto unterwegs, bis auch jeder Glasbläser
Die Skulptur „Riding Bikes“ von Künstler Robert Rauschenberg,
gefertigt von Dieter Kreitmeier, leuchtete in der Mitte Berlins
MAX ZIMMERMANN
L
PICTURE-ALLIANCE/ HB-VERLAG/ MARIN SPECHT
Mit ihren Vorteilen hat die Leuchtdiode die Neonreklame ersetzt. Ein Start-up will die Branche jetzt retten
Neonglasbläser Thomas Wendler in seinem Atelier in Berlin
voll motiviert war für das, was
wir vorhaben“, sagt Lehnert.
Mittlerweile residiert das Unternehmen in einem schicken
Loft am Berliner Michaelkirchplatz im Bezirk Mitte. Vom
Glasbläser-Handwerk ist hier
nichts zu spüren. Zwischen den
grauen Wänden herrscht eine
moderne Start-up-Atmosphäre.
Dafür leuchten den Besuchern
in den Büroräumen verschiedene Neonarbeiten entgegen. Im
größten Raum des Lofts sitzen
alle Mitarbeiter an einem Tisch,
um alle Aufträge anzunehmen,
zu besprechen und an die Neonglasbläser zu schicken. In extra
gepolsterten Versandboxen machen sich die Neonarbeiten teilweise europaweit auf die Reise.
Eine gewagte Idee, dachte
sich zuerst Dieter Kreitmeier. Er
weiß, wie schnell das Glas brechen kann, wenn es überstrapaziert wird. Für Sygns übernimmt der Neonglasbläser aus
Fellbach bei Stuttgart manche
Aufträge im Süden Deutschlands. Seit 30 Jahren arbeitet
der 46-Jährige mittlerweile als
Leuchtröhrenglasbläser in dem
Betrieb, den sein Vater zuvor
aufgebaut hatte. In dieser Zeit
hat der Handwerker den gleichen Niedergang erlebt, den
auch der Berliner Thomas
Wendler überstehen musste.
Erst das Preisdumping, dann die
Revolution der LED-Leuchten.
„Anfangs hat man die LEDs
noch belächelt. Alle dachten,
dass die Technik nie für große
Reklamen taugen würde“, erklärt Kreitmeier. Doch seit sechs
bis sieben Jahren laufe der Untergang. „Jetzt bricht uns Glasbläsern die Technik das Genick.“ Überleben könnten nur
die Betriebe, die bereits früher
für den künstlerischen Bedarf
gearbeitet hätten.
Dem Handwerker ist bewusst,
dass die Leuchtdioden Vorteile
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haben – er verkauft sie schließlich selbst auch. Sie seien flexibel, günstig und schnell austauschbar, wenn das Modell
nicht schon zu alt ist. Doch in
sein Herz hat Kreitmeier die
leuchtenden Punkte nicht geschlossen. „Es ist schon ein gutes Produkt, aber der Flair von
Neon verschwindet dadurch,
weil die Leute vor allem ans
Geld denken.“ Neue Neon-Arbeiten stellt Kreitmeier mittlerweile nur noch selten her. Stattdessen nimmt die Reparatur und
die Überarbeitung der Neonröhren immer mehr Zeit ein. „Das
wollen wir auch so lange anbieten wie es geht, um Neon hochzuhalten“, sagt Kreitmeier, der
für die Zukunft eher schwarz
sieht. Die meisten Neonglasbläser seien zwischen 50 und 70
Jahren alt: „In zehn Jahren ist
der letzte von ihnen weg.“
Dass die Berliner Start-upJungs mit ihren personalisierten
Neonglasröhren die Branche
aufmischen und modernisieren,
findet Kreitmeier zwar gut,
doch er weiß auch, dass viele
Kunden beim Preis zurückschrecken. „So ein Name der
Partnerin in Neon ist schon eine
tolle Idee, aber wenn er dann
zum Beispiel „Elisabeth“ lautet,
kann das schon mal 500 Euro
kosten“, weiß Kreitmeier, der
pro Buchstaben etwa 50 Euro an
Kosten einkalkuliert. Im Selbstkonfigurator des Berliner Startups soll dieser Schriftzug dagegen nur 385 Euro kosten. „Wir
können natürlich durch unser
Produktionsvolumen den Preis
für den Endkunden optimieren“, erklärt Nils Lehnert. Oft
bekomme man spezielle Konditionen in der Branche.
Mit vollen Auftragsbüchern
wolle man sich bei den Glasbläsern im Gegenzug für deren
günstigen Preise revanchieren,
sagt Lehnert. Langfristig wollen
die Berliner sogar dafür sorgen,
dass die Branche wieder Neonglasbläser ausbildet. Den letzten
Glasbläser-Azubi gab es laut
dem Zentralverband des Deutschen Handwerks im Jahr 2009.
„Wir wollen junge Leute für das
Thema begeistern, die vorher
gar nicht mit dem Medium in
Kontakt gekommen sind“, erklärt Lehnert. Nur so könne
man garantieren, dass Neon
nicht ausstirbt.
Ausbilden könnte zum Beispiel auch Thomas Wendler, der
alle seine Handgriffe in Perfektion verinnerlicht hat. Während
der 58-Jährige auf den gerade gebogenen Schriftzug „Johnny
Cash“ blickt, kommt er ins Grübeln: „Es werden sicher ein paar
Neonglasbläser übrig bleiben.
Es wäre auch schade, sollte das
Handwerk verloren gehen.“
Auch Wendler hat das Neonglimmen tief in sein Herz geschlossen.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
24 KINO
W
enn frischgebackene Singles in
dem Hotel ankommen,
dann
wird ihnen für 24 Stunden eine
ihrer Hände auf den Rücken gebunden. Das soll sie daran erinnern, wie viel einfacher das Leben ist, wenn man es zu zweit bestreitet. Das klingt grausam und
pädagogisch wertvoll zugleich.
VON FELIX ZWINZSCHER
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Leb zu zweit oder
als Krustentier!
Yorgos Lanthimos’ absurde Fabel „The Lobster“ ist der Liebesfilm,
auf den niemand gewartet hat. Er verzaubert und verstört.
Lässt den Zuschauer aber ein wenig ratlos zurück
Jagd auf die „Loners“ machen.
Das sind militante Single-Fundamentalisten – angeführt von der
wie immer herrlich arrogant
schauenden Léa Seydoux –, die
sich einem Leben ohne Partnerschaft verschrieben haben und
jeden, der innerhalb ihrer Gemeinschaft bei Anbandelungsversuchen erwischt wird, drakonisch bestrafen. Für die Jäger
bringt ein mit dem Betäubungsgewehr erlegter Loner allerdings
einen zusätzlichen Tag im Hotel
und damit einen Tag mehr als
Mensch. David wird da nicht
glücklich. Als Kurzsichtiger hat
er es mit der Herzlosen versucht.
A.BAILEY/ © 2016 METRO-GOLDWYN-MAYER PICTURES INC. AND WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC.
Ja, so ist sie, die Beziehungsdiktatur, die sich der griechische
Regisseur Yorgos Lanthimos für
seinen ersten englischsprachigen
Film ausgedacht hat. Die Regeln
in „The Lobster“ sind einfach:
Menschen, die nicht in einer Beziehung sind, werden für 45 Tage
in „The Hotel“, eingewiesen, um
dort einen neuen Partner zu finden. Sollte ihnen das nicht gelingen, operiert man sie in ein Tier
ihrer Wahl um. Das sei allerdings
kein Grund, traurig zu sein, wie
die Hotel-Managerin hilfreich erklärt, schließlich habe man als
solches erneut die Chance, einen
Partner zu finden.
Auch David, schmerbäuchig,
schnauzbärtig und großartig gespielt von Colin Farrell, ist Single. Seine Frau hat ihn verlassen.
Als Tier wählt er den titelgebenden Hummer, „weil sie über 100
Jahre alt werden, blaues Blut wie
Aristokraten haben und ein Leben lang fruchtbar sind.“ Außerdem mag er das Meer. Das Hotel
mag er nicht. Das Singleprogramm dort ist mehr Bundesrechnungshof als Aida-Clubschiff. Täglich gibt es Vorstellungsrunden, bei denen die neuen „Gäste“ erklären, welches körperliche Merkmal sie besonders
auszeichnet. Da gibt es den Hinkenden (Ben Whishaw), den Lispelnden (John C. Reilly), die Frau
mit den Butterkeksen (Ashley
Jensen), oder die mit dem Nasenbluten (Jessica Barden). Das
Paarungsprinzip ist: Gleich und
gleich gesellt sich gern. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die
Frau mit den Butterkeksen hier
ein Problem bekommt.
Außerdem müssen die Hotelbewohner regelmäßig im Wald
DIE WELT KOMPAKT
Dramatische Romanze mit Emila Clarke und Sam Claflin
Das ist kläglich und brutal gescheitert. Als er endlich aus dem
Hotel fliehen kann, schließt er
sich zunächst den Lonern an.
Ausgerechnet dort findet er echte Liebe (Rachel Weisz). Dialektische Problemverlagerung würde
man das wohl nennen.
„The Lobster“ ist kein gewöhnlicher Film, wie Sie sich bereits denken können. Und dabei
gehört er wohl zu den zugänglichsten aus dem Werk des 43jährigen Lanthimos. Sowohl er
als auch seine Filme sind Kritikerlieblinge. Beim Filmfestival in
Cannes wurde „The Lobster“ mit
dem Jury-Preis ausgezeichnet. In
Deutschland hätte der Film nur
auf DVD erscheinen sollen, hat es
inzwischen aber zumindest in einigen deutschen Metropolen ins
Kino geschafft. Und „The Lobster“ ist durchaus ein herrlich absurdes Meisterstück, das die Bürokratie der Liebe in fahles, kaltes Licht taucht. Lanthimos’ perfekt getimter Humor rutscht immer wieder über die Linie zwischen
staubtrocken
und
schmerzhaft.
„The Lobster“ ist randvoll mit
absurden Theorien und kleinen
Alltagsbeobachtungen.
Wieso
sind gerade so viele exotische
Tiere vom Aussterben bedroht?
Weil alle lieber Hunde sein wollen und eben niemand ein Jangtse-Glattschweinswal. Warum haben Menschen Kinder? Weil das
Hotel-Management sie frisch zusammengezogenen Paaren zugeteilt hat, damit sie sich nicht so
sehr auf ihre Beziehungsprobleme konzentrieren können. Oder
warum hören Singles am liebsten
elektronische Musik? Weil man
dazu so schön alleine tanzen
kann.
Nur „The Lobster“ als ganzes
scheint selbst völlig frei von einer konkreten Theorie oder Kritik zu sein. Klar, die letztendliche
These des Films besteht darin
Auf der Suche nach einem Grund zu leben
Emilia Clarke in der Buchverfilmung „Ein ganzes halbes Jahr” von Bestseller
M
it der Fernsehserie „Game of Thrones“ feiert
Emilia Clarke seit Jahren Erfolge. Die Britin spielt darin die knallharte Drachenmutter Daenerys Targaryen, die viel
nackte Haut zeigt – auch Clarke
wurde vor einigen Monaten zur
„Sexiest Woman Alive“ gekürt.
Nun aber verkörpert die 29-Jährige eine ganz andere Rolle: In
der Bestseller-Verfilmung „Ein
ganzes halbes Jahr“ hat sie einen
eigenwilligen Modegeschmack
mit einer Vorliebe für Blümchen,
Muster-Mix und grelle Farben.
Und vor allem schwarz-gelb gestreifte Strumpfhosen.
Clarke spielt ihre quasi Namensvetterin Louisa Clark, eine
unbedarfte, aber überschäumende und liebenswerte junge Frau
vom Lande. Noch nicht angekommen im Leben trifft sie auf
Will Traynor (Sam Claflin, „The
Hunger Games“).
Der war als karrierebewusster
Banker in der Großstadt im Gegensatz zu ihr sehr angekommen in seinem Leben. Das ändert sich jäh als er einen Unfall
hat: Will ist vom Hals abwärts
gelähmt und zieht notgedrungen ins Anwesen seiner Eltern
aufs Land, wo Louisa seine Pflegerin wird. Mit „Ein ganzes hal-
© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung
bes Jahr“ war der britischen
Bestsellerautorin Jojo Moyes
der internationale Durchbruch
gelungen. Der Roman hat inzwischen eine weltweite Gesamtauflage von mehreren Millionen
Exemplaren. Auch das Drehbuch
zu ihrem Kinodrama steuerte
Moyes selbst bei.
Die Romanverfilmung von
Thea Sharrock lebt nun von langen und ruhigen Einstellungen,
von den immer neuen farbenfroh-kuriosen Outfits von Louisa
und von den ständigen Nahaufnahmen der Gesichter der beiden Protagonisten: das strahlende Lachen von Louisa, der an-
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
KINO 25
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
© IMAGES COURTESY OF SONY/ PARK CIRCUS
Tag so macht. Allerdings schreiben Kollegen die ganze Zeit, dass
„The Lobster“ ein „geistreicher
Spiegel“ oder eine „Parabel“ auf
„unserer Gesellschaft“ sei.
Und Lanthimos gibt sich alle
Mühe, den Anschein zu erwecken, als arbeite er sich an etwas
Konkretem ab. Er baut eine so
absurde Welt und gleichzeitig
völlig realistiPassen nirgendwo
sche Welt auf,
hin: Rachel Weisz
dass man als
und Colin Farrell
Zuschauer die
ganze
Zeit
nach
einem
doppelten Boden sucht, nach
dem Dahinter, der Kritik, irgendwas. Es ist nicht die surreal-alptraumhafte Absurdität eines Luis
Buñuel oder die klamaukige a là
Monty Python, sondern die dezente Überspitzung eines modernen Science-Fiction-Films.
Schließlich ist „The Lobster“
im weitesten Sinne ein ScienceFiction-Film. Die Menschen haben offensichtlich eine Technologie entwickelt, mit der sie Mitbürger, die sich nicht nach der
Norm verhalten, in Tiere umoperieren können. Die Stadt, die totalitär einfach nur „The Citiy“ genannt wird, hat den metallischsauberen Charme, den wir mit
Zukunft verbinden. Und die
Herrschaft der Beziehungsdiktatur lässt entweder auf einen gesellschaftlichen Umbruch oder
eine alternative Geschichtsschreibung schließen. Auf jeden
Fall ist etwas schief gelaufen. Wir
sind in einer Dystopie gelandet.
Nun liegt es in der Natur von
festzustellen, dass Beziehungen Science-Fiction-Filmen, besonnur der Beziehung wegen und ders solchen, die in einer erkennSinglesein nur des Singleseins bar nicht allzu fernen Zukunft
wegen auf Dauer nicht glücklich spielen, sich kritisch mit konkremacht. Am Ende kann nur wahre ten gesellschaftlichen EntwickLiebe die Grundlage für das Zu- lungen auseinander zu setzen.
sammensein zweier Menschen Spike Jonzes „Her“, in dem sich
sein. Die englischsprachige Ju- ein Mann in das Betriebssystem
gend würde jetzt sagen: „No shit, seines Telefons verliebt, lässt
Sherlock.“ Da war „Pretty Wo- den Zuschauer mit Fragen über
man“ schon mal weiter. Das soll gesellschaftliche Vereinsamung
nicht heißen, dass Filme immer in einer zunehmend durch techeine These oder eine Aussage nologisierten Welt zurück. In
oder auch nur ein Fünkchen Alexander Garlands „Ex MachiWahrheit beinhalten müssen. Fil- na“ trickst eine künstliche Intelme dürfen unterhalten, verstö- ligenz ihre menschlichen Erren, amüsieren, oder was auch schaffer aus. Eine Sorge, die auch
immer ein Film noch den ganzen Stephen Hawking umtreibt.
autorin Jojo Moyes
fangs verbitterte, verächtliche
Blick von Will, der zusehens weicher wird.
Sie sorgt ganz klischeehaft dafür, dass er sich verändert und
ein wenig Lebensfreude bekommt. „Du bist der Grund dafür, dass ich morgens aufstehe.“
Er hilft ihr ebenfalls und zeigt
ihr mit seiner alten Energie, wie
sie Mut für eigene Entscheidungen entwickelt. „Ich bin dank dir
zu einem komplett neuen Menschen geworden.“ Schauspielerisch ist das vor allem für Sam
Claflin eine große Leistung, der
die Gefühle jenseits der Dialoge
ausschließlich durch seine Mi-
mik transportieren kann. Als
Louisa erfährt, dass Will sich eine Frist gesetzt hat, beginnt die
eigentliche Geschichte. Denn es
ist ein Todes-Ultimatum: Binnen
sechs Monaten will er seinem Leben ein Ende setzen, in der
Schweiz, wo assistierter Suizid
legal ist. Louisa fasst den Entschluss, Will von seinem Plan abzubringen. Wie besessen organisiert sie Ausflüge, einen Konzertbesuch, eine Traumreise. Zeit
bleibt ihr nicht viel, nicht mal
„ein ganzes halbes Jahr“.
Kleines Highlight im Film:
Louisa begleitet Will zur Hochzeit seiner Ex-Freundin, jener
„Children of Men“ von Alfonso
Cuarón zeichnet den Zusammenbruch der Zivilisation nach, weil
in den 20er-Jahren des 21. Jahrhunderts einfach keine Kinder
mehr geboren werden. Die Gerontokratie scheint heute nicht
mehr fern.
„The Lobster“ fragt nun also,
was passiert, wenn wir alle nur
noch als Paare leben? Oder nur
noch als Singles? Oder wenn wir
Maschinen entwickeln, die Menschen in Tiere verwandeln? Stehen wir vor dem Anbruch einer
Beziehungsdiktatur? Ist es gesellschaftlich nicht gerade so egal
wie nie, in welchen Beziehungsstatus jemand lebt? Sei bei Tinder, Grindr oder in einer monogamen Dauerbeziehung. David
muss sich beim Einchecken in
das Hotel entscheiden, ob er eher
homo- oder heterosexuell ist. BiSexualität steht nicht zur Auswahl. Gut, vielleicht müssten wir
gesellschaftlich noch mehr an
der Anerkennung fluider Sexualitäten arbeiten, allerdings droht
da akut keine Verschlechterung
der Situation. Im Gegenteil. Ja,
völlig einverstanden, Lanthimos
stichelt ein bisschen im menschlichen Balzverhalten herum. Er
macht das sehr gekonnt, sehr
amüsant, sehr ästhetisch. Doch
der Film scheint die ganze Zeit
mehr zu versprechen.
Lassen Sie es mich mit einer
aktuellen Analogie erklären:
Lanthimos’ „The Lobster“ geht
zum Elfmeterpunkt in der 90.
Minute. Er trägt Trikot, Fußballschuhe und kennt alle Regeln des
Spiels. Er nimmt Anlauf. Die
Spannung steigt. Doch „The
Lobster“ zielt gar nicht auf das
Tor, das hatte er nie vor, sondern
auf einen unbekannten Zuschauer dahinter. Den trifft er mitten
ins Gesicht. Alles Können, alles
Technik. Das Replay wird ein
schmerzlich lustiger YoutubeHit. Doch die Zuschauer sind verwirrt, nicht nur weil der Ball das
Tor verfehlt hat, sondern weil
„The Lobster“ auch noch jubelt.
Warum er das getan hat, das weiß
nur Lanthimos allein.
uuuut
Amüsant und gekonnt
mit der er bis zu seinem Unfall
zusammen war. Die beiden tanzen – sie auf seinem Schoß, er im
elektrischen Rollstuhl – und albern herum. Das ist deshalb so
stark, weil es so alltäglich erscheint wie sonst kaum etwas in
dem Drama.
Außerdem hebt der Film eine
gesellschaftliche Debatte von
der Leinwand ins Bewusstsein:
Ist Sterbehilfe gerechtfertigt?
Wer entscheidet, wann Leben lebenswert ist? Die Angehörigen
oder die Betroffenen selbst?
Auch wenn es nur eine LiebesSchmonzette ist, so entwickelt
„Ein ganzes halbes Jahr“ dadurch eine besonderes Kraft.
uuttt
Für Fans: Wer das Buch mag,
wird auch mit dem Film glücklich
„Kill Billy“: Die Wut des
Möbelbauers bei Ikea
Vikenes Film hat alles für eine skandinavische
Rachekomödie. Doch die Altersmilde steht im Weg
J
etzt stellen Sie sich das mal
vor, da kann einem schon die
Wut kommen. Da verkauft
man seit 40 Jahren Möbel. Nicht
irgendwelche. Möbel, die bleiben.
Die keine blöden Namen haben.
Handwerkskunst zum Draufsitzen
halt. Und der ganze Ort, der sitzt
auf ihnen, seit Generationen sozusagen. Und dann kommt dieser
Schwede, bringt Schaufelbagger
und Flutlicht. Und kaum ein halbes Jahr später sitzt man mit seiner dementen Gattin im Laden
dem blaugelben Möbelmonster in
Steinwurfnähe gegenüber und ist
so was von pleite. Da kann einem
schon die Wut kommen.
VON ELMAR KREKELER
mann präsentiert, aber ungefähr
so glaubwürdig ist, wie Cristiano
Ronaldo, wenn er behauptete, er
würde einen Laden für Stützstrümpfe eröffnen. Harold Lund
von Lund Möbler wird Ingvar
Kamprad entführen.
Und dann fährt Harold los. Das
ist das nächste Problem von Gunnar Vikenes Verfilmung eines
Bestsellers von Frode Grytten:
Wer unterwegs ist, muss auch irgendwo ankommen wollen, jedenfalls in einem zeitlich begrenzten
Kunstwerk wie einem Film. „Kill
Billy“, der eigentlich „Her er Harold“ heißt und dem der deutsche
Verleih zur Verdeutlichung des Titelwitzes für den letzten Begriffsstutzigen noch den Untertitel
„Lebst du noch, oder war’s das
schon“ beigab, fährt aber nur rum,
nimmt eher mühsame Plotseitenwege, geht aber nicht mehr ab.
Da ist der Sohn, der, seit er arbeitslos wurde, vor allem mit
dem Verstecken seiner Lebenslügen beschäftigt ist. Da ist die
minderjährige Tramperin, die
Harold mitnimmt, und deren verrückte Mutter. Und da ist dieser
Mann, der mitten in der verschneiten Landschaft neben seiner liegen gebliebenen Limousine steht. Der hagere Herr ist natürlich Ingvar Kamprad.
Und den nimmt Harold mit.
Wer nun gedacht hat, dass es jetzt
so richtig zur Sache geht, so mit
Nun mag Wut zwar fürs Leben
ein schlechter Ratgeber sein, fürs
Filmemachen aber ist sie ein ziemlich guter Treibstoff. Erhöht das
Tempo, die Schärfe, den Witz, die
Dringlichkeit. Eines der größeren
Rätsel, über die man nachdenkt,
nachdem man Gunnar Vikenes
„Kill Billy“ gesehen hat, ist, wo die
Wut des Möbelhändlers Harold
Lund, den das globale Junkmöbelhaus Ikea ruiniert hat, geblieben
ist. Skandinavien ist ja, das muss
man jetzt einschieben, weil es
wichtig ist für eine der möglichen
Erklärungen des Wutsterbens in
„Kill Billy“, für angehende und
praktizierende Pensionäre geradezu ein Paradies.
Nicht nur wegen der
Renten und dem exzellenten Stand der
Geriatrie. Sondern
auch, weil man sich
im Norden sehr viel
Mühe gibt mit der
Versorgung reiferer
Jahrgänge mit zielgruppenorientierten
Filmen. All-Ager sozusagen vom anderen Ende der Alters- Kalt, aber nicht böse: Harold (Bjørn Sundquist,
kohorte. „Kill Billy“ r.) und Ikea-Gründer Kamprad (Bjørn Granath)
ist so ein Film.
Und das ist auch sein Problem. Abrechnung und so, sei beruhigt.
Dabei ist erst mal alles ganz schön. Ikea kommt ganz gut weg (sonst
Man meint, sich eingrooven zu hätte, aber das nur eine böse Verkönnen in eine jener absurden, bö- mutung, das Unternehmen gegen
sen nordischen Mordskomödien, den inflationären Gebrauch seines
in denen Menschen, vor allem die Firmenlogos etwas unternomBösen natürlich, in Schneepflügen men). Kampvar geht es nicht
verhäckselt werden. Komödien am ernsthaft an die Wäsche. Und
Rande der Moral. Mit Biss. Harold Gunnar Vikene will, was alle diese
zum Beispiel, nachdem er seinen All-Ager-Komödien wollen, zeiLaden leer geräumt und seine Gat- gen, dass es auch im Alter noch
tin ins Heim gebracht hat, steht nicht zu spät ist für neue Perspekda, hat sich und was von seinem tiven.
Jetzt könnte man natürlich
Leben übrig ist mit Benzin übergossen. Es brennt schon. Leider noch einen Scherz machen über
hat er vergessen, die Sprinkleran- Altenfilme ohne Biss. Aber das wäre despektierlich. Und würde viellage abzustellen. Wunderbar.
Da fällt ihm ein, dass er einen leicht wütend machen. Was nicht
Sohn hat. Der wohnt in Schweden, sein soll. „Kill Billy“ ist dafür dann
da könnte er sich gleich rächen. doch zu charmant.
Nicht an der Ikea-Dependance gegenüber. Sondern direkt an Ingvar u u u t t
Kamprad, dem Ikea-Gründer, der Sehr entzückend, doch am Ende
sich gern als bodenständiger Kauf- fehlt der Biss
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DIE WELT KOMPAKT
26 INTERNET
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
KOMPAKT
ONLINE-NACHRICHTEN
Zahlungsbereitschaft
steigt laut Studie
Immer mehr Internetnutzer
in Deutschland sind einer
aktuellen Umfrage zufolge
bereit, für journalistische
Inhalte im Netz auch zu zahlen. Demnach haben 36 Prozent der Anwender in den
vergangenen Monaten für
Nachrichten oder andere
Inhalte im Netz Geld ausgegeben, teilte der Digitalverband Bitkom am Mittwoch
mit. Ein Jahr zuvor waren es
bei einer vergleichbaren Umfrage noch 31 Prozent. „Ein
gutes journalistisches Angebot lassen sich die Nutzer
auch im Internet etwas kosten“, sagte Bitkom-Vizepräsident Achim Berg bei der
Vorstellung der Studie.
DHL-PACKSTATION
App-Sicherheitslücke
endlich geschlossen
Kriminelle hätten sich mit
wenig Aufwand durch eine
Sicherheitslücke Zugang zu
Packstationen von DHL verschaffen können. Das berichtet die Computerzeitschrift c’t. Danach hätten
Unbefugte hätten zum Beispiel fremde Pakete kapern
oder auch illegal Drogen auf
fremde Namen liefern lassen
können. DHL hat die
Schwachstelle in der
Smartphone-App „DHL Paket“ inzwischen geschlossen.
Kern des Problems war demnach die vierstellige mTAN,
die DHL seit Juni nicht nur
per SMS, sondern auch über
eine entsprechende App an
die Kunden geschickt hatte.
Während die Übertragung per
SMS als sicher gilt, war die
Übertragung der vierstelligen
Nummer über die App vergleichsweise einfach abzufangen, da man dafür nur das
Login für das DHL-Konto
benötigte.
YAHOO
Live-Streaming
bei Tumblr
Der zum Verkauf stehende
Internet-Pionier Yahoo will
seine Blog-Plattform Tumblr
mit Live-Streaming attraktiver machen. Von Dienstag ab
sollen Direktübertragungen
eingebunden werden können,
wie Yahoo ankündigte. Dabei
führt das Unternehmen im
Gegensatz zu Twitter und
Facebook keine eigene App
ein, sondern unterstützt Videos anderer Dienste wie
YouNow, Kanvas, Upclose und
Youtube. Die Livestreams
werden gespeichert und können wieder abgespielt und
geteilt werden. Vor gut einem
Jahr lösten die App „Merkat“
sowie der von Twitter gestartete Dienst Periscope
einen neuen Boom aus. Facebook setzt insgesamt massiv
auf Video und ist mit dem
Service Facebook Live auch
auf diesem Feld aktiv.
DER MOBILE VIDEO-TIPP
Wenn die Temperaturen wieder klettern, hilft nur eine
Abkühlung. Am besten im
Pool. Badehose? Check. Sonnenbrille? Check. Diese Vierbeiner haben alles richtig
gemacht:
https://goo.gl/Sbeb0L
Indiens Milliardenauktion
für Mobilfunk-Frequenzen
I
ndien hat gestern die Versteigerung von MobilfunkFrequenzbändern
angekündigt, die dem Staat eine
zweistellige Milliardensumme in Euro einbringen könnte. Finanzminister Arun Jaitley nannte die Auktion auf einer Pressekonferenz „die
größte Versteigerung von
Funkfrequenzen, die das indische Regierungskabinett je
genehmigt hat“.
Demnach stehen sieben verschiedene Frequenzbänder für
Mobilfunknetze zum Verkauf,
darunter auch das begehrte
Frequenzband um 700 Megahertz. Funkwellen innerhalb
dieses Bandes haben eine hohe
Reichweite.
Laut Berechnungen indischer Medien könnte die indische Regierung umgerechnet
mehr als 70 Milliarden Euro
einnehmen, wenn alle Frequenzbänder zum Mindestgebot ersteigert werden. Eine
vorherige Auktion, in der ein
Fünftel der verfügbaren Menge versteigert wurde, hatte
rund 15 Milliarden Euro
erbracht.
Rajan Mathews, Chef der indischen
Mobilfunkvereinigung, meldete Zweifel an: „Ich
sehe nicht für alle Frequenzbänder den gleichen Appetit
bei den Käufern.“ Das Frequenzband um 700 Megahertz
sei für fast alle indischen Mobilfunkkonzerne zu teuer.
Milliarden für
Barbarendörfer
D
er chinesische Internet-Konzern Tencent
investiert 8,6 Milliarden Dollar in die
Übernahme des finnischen Startups Supercell. Die Chinesen
kaufen dem japanischen Internet-Konzern Softbank für das
viele Geld den Mehrheitsanteil
von Supercell ab, sie halten nach
der Abwicklung des Verkaufs 84
Prozent der Anteile an dem
Start-up. Die erst 2010 gegründete Firma wird damit mit über
zehn Milliarden Dollar bewertet,
würde an der Börse auf Augenhöhe mit Dax-Unternehmen wie
der Pro7Sat1.-Gruppe oder ThyssenKrupp rangieren. Welches
Produkt macht Supercell so
wertvoll?
VON BENEDIKT FUEST
Die Finnen haben das weltweit
erfolgreichste Smartphone-Spiel
der Welt entwickelt. „Clash of
Clans“ heißt der Titel, der die
Spieler mit einer Mischung von
Strategie- und Aufbauspielprinzip fasziniert – und ihnen geschickt das Geld aus der Tasche
zieht. Über 100 Millionen Spieler
weltweit nutzen das Spiel täglich.
Der Download des Spiels aus
den Appstores von Google und
Apple kostet nichts, die Einstiegshürde für neue Spieler ist
sehr niedrig. Doch wer in dem
Ein finnisches
Start-up wird so
hoch bewertet
wie ThyssenKrupp.
Der Erfolg des
Unternehmens fußt
auf einem einzigen
Produkt. Wer
verzockt sich hier?
Spiel schneller weiterkommen
will, kann sich den Fortschritt erkaufen, indem er virtuelle „Juwelen“ im Spiel einkauft - diese Juwelen jedoch kosten echtes Geld.
Wer im Spiel Edelsteine erwirbt,
zahlt mindestens 4,99 Euro – eine ganze virtuelle Kiste kostet
satte 99,90 Euro. Theoretisch ist
der Einsatz des Spielgeldes freiwillig, praktisch aber kann man
im Spiel Überlegenheit erkaufen.
Wie bereitwillig Spieler echtes
Geld für diese virtuelle Überlegenheit investieren, zeigen die
Umsatzzahlen von Supercell: Die
gut 180 Mitarbeiter des Start-ups
erwirtschafteten 2015 weltweit
gut 2,3 Milliarden Dollar Umsatz
- und generierten daraus gut 900
Millionen Dollar Gewinn. Diese
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Traumrendite ist möglich, da Supercell neben den Personalkosten nur Marketing-Kosten hat.
2016 dürfte der Umsatz erneut
kräftig wachsen, da die Finnen
erst im vergangenen Herbst ihre
Spiele auch für den Massenmarkt
China online gestellt haben.
Während in Europa und den USA
vor allem Jugendliche das Barbaren-Spiel zocken, sind in Asien
deutlich finanzkräftigere Erwachsene am Touch-Bildschirm.
Die Supercell-Programmierer
nutzen meisterhaft die Prinzipien
der
sogenannten
„Free2Play“-Spiele: Zu Beginn
sind die Einstiegshürden niedrig, und Novizen unter den
Spielern können sich über einfache Erfolge freuen. Das eigene
Barbarendorf wächst extrem
schnell, Gefechte sind leicht zu
gewinnen. Damit stimuliert das
Spiel geschickt das Belohnungszentrum im Gehirn, das bei Erfolgen Dopamin ausschüttet.
Derselbe Mechanismus, diagnostizieren Suchtforscher, ist
bei Drogensüchtigen beim Konsum einer Dosis Kokain aktiv.
Doch je weiter der Spieler im
Spiel aufsteigt, desto schwieriger
wird der Fortschritt: Dauert am
Anfang ein Upgrade der eigenen
Verteidigungsmauern nur 15 Minuten, gehen in späteren Spielstufen leicht 24 Stunden ins
Land. Der Bau mancher Spiel-
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
INTERNET 27
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
REUTERS/THOMAS WHITE
DIE WELT KOMPAKT
Barbarendörfer bauen und Gegner plätten: Das Online-Strategiespiel
„Clash of Clans“ ist ein weltweiter Hit
Einheiten dauert gar bis zu 14 Tage. Der stete Stimulus zum MiniDopamin-High bleibt aus. Wer
den Ausbau des eigenen Dorfes
beschleunigen will, muss Juwelen kaufen und investiert im
Rausch des Spieles schnell dreistellige Summen.
„Manche Kinder setzen alles
verfügbare Geld für den Einkauf
in den Spielen ein“, sagt Medienpädagogin Cordula Dernbach
von der Erziehungsberatung der
Caritas in Bayern. Sie musste bereits Eltern beraten, die von ihren Kindern beklaut wurden –
nur weil die zwanghaft noch
mehr Geld für Juwelen ausgeben
wollten.
Fraglich ist, wie lange die
Sucht anhält: Das Spiel ist aktuell
in den Downloadcharts von Apples deutschem Appstore nicht
mehr vertreten. Anscheinend
kann „Clash of Clans“ hierzulande nicht mehr allzu viele neue
Spieler gewinnen. Die jugendliche Zielgruppe ist notorisch bekannt dafür, dass Spiele-Hypes
nur eine begrenzte Lebensdauer
haben – leicht wechselt die Aufmerksamkeit
des
gesamten
Schulhofs auf einen neuen Spiele-Hit, der neue leichte AnfangsErfolge verspricht.
Vielleicht hat Softbank „Supercell“ zum genau richtigen
Zeitpunkt verkauft.
Apple bricht beim neuen
iPhone 7 mit einer Tradition
Gerüchte besagen: kein Kopfhöreranschluss.
Große Neuerungen wohl nicht vor 2017
D
ie Hinweise verdichten
sich, dass Apple beim
nächsten iPhone-Modell auf den traditionellen Ohrhöreranschluss für Klinkenstecker verzichtet. Nach entsprechenden Vorhersagen von Analysten und Gerüchten aus der
Zuliefererkette berichtet das
jetzt auch das „Wall Street
Journal“. Damit solle das Telefon dünner und wasserfester
gemacht werden, hieß es unter
Berufung
auf
informierte
Personen.
Kopfhörer könnte man stattdessen per Bluetooth-Funk anschließen. Schon die bisherigen
Gerüchte sorgten für den Vorwurf, es sei nicht verbraucherfreundlich, wenn Nutzer ihre
Kopfhörer nicht mehr einfach
in
die
neuen
Modelle
einstöpseln könnten.
Apple hat in der Vergangenheit immer wieder gewohnte
Schnittstellen weggelassen und
sich damit durchgesetzt. So
verzichtete der Konzern bei sei-
nem iMac-Computer auf ein
Floppy-Laufwerk, als dieses
noch oft genutzt wurde. Bei
neueren Modellen fiel das CDLaufwerk weg, um sie dünner
zu machen. Und mit dem iPhone 5 führte Apple 2012 den neuen Digitalanschluss ein, der alte
Ladekabel nutzlos machte.
Ansonsten werde die alle
zwei Jahre übliche große Erneuerung der iPhone-Serie
diesmal ausbleiben, schrieb
die Zeitung weiter. Beim
nächsten Modell im Herbst
solle es äußerlich nur geringfügige Änderungen im Vergleich zu den aktuellen Geräten geben. Auch das hatten zuvor bereits einige Analysten
wie Ming-Chi Kuo von KGI Securities vorhergesagt.
Im kommenden Jahr stehe
beim iPhone dann eine Generalüberholung an, schrieb das
„Wall Street Journal“ weiter.
Der Bildschirm könne dann die
gesamte Fläche ohne die bisherige Umrahmung ausfüllen.
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28 WISSEN
DIE WELT KOMPAKT
M
KOMPAKT
VERHALTEN
Stadt- fleißiger als
Landhummeln
Hummeln bestäuben Pflanzen in der Stadt häufiger als
auf dem Land, schreiben
Forscher der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg. Sie beobachteten Pflanzenarten in und um Halle/
Saale. Während der Blüte
beobachteten die Forscher,
welche Insekten die Pflanzen
wie oft besuchten. Ergebnis:
Innerhalb der Stadt wurden
die Pflanzen häufiger von
Insekten bestäubt als auf
landwirtschaftlich genutzten
Flächen.
ORNITHOLOGIE
Schlechtes Jahr
für Uhus
Bei den Uhus gibt es deutlich
weniger Jungtiere. „Das
Brutjahr ist wegen der Folgen des nasskalten Wetters
viel schlechter ausgefallen
als im Vorjahr“, sagt Stefan
Brücher von der Gesellschaft
zur Erhaltung der Eulen in
Bad Münstereifel. In der
Eifel seien seit Mitte April
nur 168 Jungvögel registriert
worden. 2015 waren es dagegen rund 340 gewesen.
REKORD
20 Satelliten in
einer Rakete
Die indische Raumfahrtbehörde startete gestern eine
Rakete mit 20 Satelliten an
Bord – die größte Zahl bei
einer indischen Mission. 17
Satelliten wurden für andere
Staaten befördert. Einer
davon aus Deutschland.
GÜRTLERS
GESAMMELTE GRÜTZE
Bei der Fußball-EM 2016 treten insgesamt sieben Trikotausrüster an. Neben den drei
Großen Adidas (9 Teams),
Nike (6) und Puma (5) sind es
vier weitere Hersteller, die
jeweils eine Mannschaft ausrüsten: Joma (Rumänien),
Umbro (Irland), Errea (Island)
und Macron (Albanien).
enschen fühlen
sich in einer
grünen Umgebung einfach
wohl. Achtung,
damit ist keine Tapete gemeint.
Sondern echte Natur. Es mag
zudem eine Binsenweisheit
sein, doch darin steckt ein ernster medizinischer Kern: Die
heilende Wirkung von Grünflächen war schon den Ärzten im
alten Ägypten bekannt. Sie verordneten ihren Patienten Gartenspaziergänge zur schnelleren Genesung. Damals kannte
man weder Arbeitsecken in
Großraumbüros noch Coffee
to go in Meetings oder
sonstige Gründe, sich
entfremdet unwohl zu
fühlen.
einstieg ins Berufsleben zu
schaffen.
An der Studie von Eva Lidén
und ihren Kollegen nahmen 244
Frauen zwischen 21 und 62 Jahren teil. Die Probandinnen litten alle an langfristigen Erkrankungen und waren auf staatliche Sozialleistungen angewiesen. Sie befanden sich körperlich und mental in schlechter
Verfassung. Nach der randomisierten Aufteilung in zwei
Gruppen erhielt eine Hälfte der
Teilnehmerinnen zwei- bis vier-
VON LAJOS SCHÖNE
Seit
den
80er-Jahren
wird
dieser
Gesundeffekt
wissenschaftlich
untersucht. Nun
mehren sich
sogar Studien, nach denen
das
Draußensein
für Therapien
genutzt werden kann. Gestresste
Büromenschen und Eltern von internetaffinen Kindern haben nun wissenschaftliches Rüstzeug an der
Hand, um Argumente für
Waldspaziergänge zu finden.
Bereits im 18. Jahrhundert entdeckten Ärzte, dass Gartenarbeit gut für psychisch beeinträchtigte Menschen ist. In der
Altenpflege, der Psychiatrie
und der Sozialarbeit ist in den
vergangenen Jahrzehnten die
Therapieform des „Greencare“
in Mode gekommen. Wissenschaftlich untersucht ist sie bisher aber keineswegs.
Wissenschaftler der schwedischen Universität Göteborg
wollten nun herausfinden, ob
man diesen Effekt tatsächlich
therapeutisch nutzen kann,
oder ob die Gartentherapie nur
ein Placeboeffekt ist. Die Forscher untersuchten, ob es für
Frauen einfacher ist, mithilfe
von Gartenarbeit den Wieder-
Vitamin
G!
Wie
grün
Bäume und
Sträucher sind
nicht nur schön
anzusehen.
Der Anblick des
Laubs tut der
Seele gut und
macht gesund
mal in der Woche eine Kombination aus praktischer Gartenarbeit, Bewegungsaktivitäten
und mentalen Übungen sowie
ein zusätzliches Coaching für
die Jobsuche.
Diese Art der Betreuung erwies sich im Verlauf der 14 Wochen dauernden Studie als eindeutig positiv: Der körperliche
Gesundheitszustand der Teilnehmerinnen verbesserte sich.
Sie fühlten sich besser, waren
fitter und konnten wieder besser am Sozialleben teilnehmen.
Bei Kindern, ermittelten norwegische Wissenschaftler um
Ingunn Fjörtoft von der Telemark Universität, führen
Spiel und Bewegung im
Freien zu einer Verbesserung von motorischen, sprachlichen
und mathematischen Fertigkeiten und fördern
Konzentration
und
Leistungsfähigkeit.
Die positiven Effekte,
die sich bereits
nach
fünf
bis
zwanzig Minuten Aufenthaltsdauer im
Grünen
auf
Psyche
und
Körper einstellen, scheinen gleichermaßen für die
Menschen aller Kulturen zu gelten. Sie
wurden für Probanden in
Japan, Amerika und anderen Ländern belegt.
Eine Metaanalyse aus dem
Jahr 2010 von zehn Studien mit
den Daten von insgesamt 1252
Teilnehmern ergab vor allem zu
Beginn eines Aufenthaltes in
grünen Landschaften starke Effekte hinsichtlich der mentalen
Erholung. Wer draußen wanderte, im Garten arbeitete, Rad
fuhr, fischte, Boot fuhr oder
ritt, hatte bereits nach fünf Minuten seine geistigen Kräfte erholt. Dabei war es völlig egal, ob
die Probanden sich im Park, in
unberührter Natur oder in
landwirtschaftlich genutzten
Gebieten aufgehalten hatten.
Aber man muss sich nicht
einmal körperlich bewegen, um
vom Draußensein zu profitieren. Einen besonders ein-
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
drucksvollen Beweis dafür erbrachte eine Studie kanadischer Psychologen, die sie vor
fünf Jahren im Fachjournal
„Psychological Science“ veröffentlicht haben.
Elisabeth Nisbet und John
Zelenski von der Carleton-Universität in Ottawa teilten 150
Studenten nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen ein
und ließen sie durch das Universitätsgelände laufen. Eine
Gruppe durfte einen Weg unter
freiem Himmel entlanggehen,
die zweite Gruppe lief durch
die Kellergänge der Uni zum
selben Ziel. Für beide Wege
wurden 17 Minuten benötigt, es
regnete nicht und es herrschten
herbstliche Temperaturen.
Wer draußen
ist, hat bereits
nach fünf
Minuten seine
geistigen Kräfte
erholt
Diejenigen, die an der frischen Luft laufen durften, waren am Ende deutlich entspannter als die Gruppe, die
durch die Gänge laufen musste.
Die positiven Reaktionen begünstigten das Gefühl der persönlichen Verbundenheit mit
der Natur.
Wer sich im Grünen aufhält
oder grüne Landschaften betrachtet, tut eine Menge für
Körper und Geist. Das psychische Wohlbefinden steigt,
Stress wird reduziert. Herzschlag und Blutdruck reduzieren sich. Das kann sich positiv
auf die Denkfähigkeit und die
emotionale Stabilität auswirken. Zudem verbessern sich die
Konzentrationsfähigkeit,
die
Aufmerksamkeit und die Arbeitsleistung. Auch auf die
Immunabwehr scheinen Wald
und Felder einen positiven Effekt zu haben. Der Wert, den
die Natur auf die Gesundheit
des Menschen hat, kann kaum
unterschätzt
werden.
Ein
Grund mehr, aufzustehen – und
nach draußen zu gehen.
MEHR GRÜTZE: WELT.DE/GRUETZE
IMPRESSUM
Verleger Axel Springer (1985 †)
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Stefan Aust
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DIE WELT KOMPAKT
RÄTSEL 29
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
HOROSKOP
WIDDER (21.03.–20.04.)
Ein Stück Freizeit zwischendurch
schmeckt köstlich und ist sehr gesund.
Sie könnten eine kurze Auszeit gut gebrauchen. Sie sollten auf neue Begegnungen nicht mit alten Verhaltensmustern reagieren. Die Sterne unterstützen
Ihre Spontaneität.
STIER (21.04.–20.05.)
Sie haben jetzt die Möglichkeit, im Job
für mehr Rechte zu kämpfen. Sagen Sie,
was Sie stört, dann kann sich viel verändern. Kosten Sie die unbeschwerten
Stunden voll aus. Genießen Sie das Zusammensein mit dem Partner. Kurze
Ausflüge tun gut.
ZWILLINGE (21.05.–21.06.)
Was Aktivitäten und Termine betrifft,
so sollten Sie sich nicht überfordern.
Hin und wieder ist abschalten notwendig. Neue Entwicklungen am Arbeitsplatz sollten Sie mit mehr Skepsis beurteilen. Fremde Angebote können sich
als Flop erweisen.
SUDOKU UND KREUZWORTRÄTSEL
VON STEFAN HEINE
Auflösung der letzten Rätsel:
KREBS (22.06.–22.07.)
Routineaufgaben haben Sie schnell und
sicher im Griff. Möglicherweise müssen
Sie eine aufkommende Ungeduld bewältigen. Lügen haben kurze Beine.
Warum bleiben Sie nicht einfach bei
der Wahrheit? Sie haben doch absolut
nichts zu verbergen, oder?
LÖWE (23.07.–23.08.)
Eine heimliche Hoffnung erfüllt Sie.
Das verwirrt Sie anfangs. Aber Sie fangen sich und können die Situation genießen. Manches braucht eben etwas
länger, wenn es gut werden soll. Vertrauen Sie den Sternen und bleiben Sie
im Job zuversichtlich.
JUNGFRAU (24.08.–23.09.)
Der heutige Tag beschert Ihnen nach
längerer Pause mal wieder Überraschungen. Trotz Problemchen steigt
das Glücksbarometer. Genießen Sie
Ihre Freizeit. Legen Sie sich Reserven
zu. Sportliche Aktivitäten können auch
äußerst erholsam wirken!
Jede Ziffer von eins bis neun wird in jeder Spalte, jeder Zeile und in jedem 3x3-Feld genau einmal eingetragen. Das linke
Sudoku ist von mittlerer Schwierigkeit, das Rätsel rechts daneben etwas leichter. Mehr Sudoku-Rätsel auf welt.de/sudoku
WAAGE (24.09.–23.10.)
Zurzeit sind bei Ihnen viele Dinge im
Unreinen. Sie gehen trotzdem positiv
an die Dinge heran und haben damit
Erfolg. Schieben Sie lästige Tätigkeiten
bloß nicht auf die lange Bank. Es geht
schneller, als Sie denken, wenn Sie angefangen haben.
SKORPION (24.10.–22.11.)
Mit regelmäßigen Spaziergängen werden Sie einen guten Trainingseffekt erzielen. Jede durchwanderte Einkaufsstraße zählt! Sie machen eine
Gratwanderung durch. Erstrebenswert
bleibt eine Mischung aus lockerer Kreativität und Durchhaltevermögen.
SCHÜTZE (23.11.–21.12.)
Sie sind leicht infektanfällig und nervös. Viel frische Luft und Bewegung
sind nicht durch Spazierfahrten ersetzbar. Ein überzogener Arbeitseifer
macht Sie unnahbar und führt nicht
zum erwünschten Ergebnis. Weniger
ist in diesem Fall mehr!
STEINBOCK (22.12.–20.01.)
Sie betrachten die Situation heute aus
der Vogelperspektive und erkennen
viele Zusammenhänge besser. Zeit für
Veränderung! Einem kleinen Abenteuer
sind Sie nicht abgeneigt. Lassen Sie bitte nicht alle Vorsicht außer Acht – es
gibt kein Zurück!
WASSERMANN (21.01.–19.02.)
Sie sind versucht, alten Gefühlen
nachzuhängen. Bedenken Sie, dass sich
alle Beteiligten unterdessen weiterentwickelt haben. Was Ihre Gesundheit
betrifft, sollten Sie nicht mit Scheuklappen durch die Gegend laufen. Meiden Sie jedes Risiko.
FISCHE (20.02.–20.03.)
Gerade in der Liebe ist der Instinkt
Ihre stärkste Waffe. Sie sind nur erfolgreich, wenn Sie auch Ihre Ansprüche
anmelden. Man empfindet Sie am Arbeitsplatz als angenehmen Verhandlungspartner. Setzen Sie ganz bewusst
Ihre Vorstellungen durch.
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30 TV-PROGRAMM
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
ARD
ZDF
RTL
SAT.1
PRO 7
VOX
9.00 Tagesschau 9.05 Rote Rosen
9.55 Sturm der Liebe 10.45 Gefragt – Gejagt 11.35 Seehund,
Puma & Co. Morgenstund’ hat
Gold im Mund 12.00 ¥ Tagesschau 12.15 ARD-Buffet Lust auf
Matjes mit Rettichsalat? Wie man
das macht, zeigt heute Vincent
Klink 13.00 ZDF-Mittagsmagazin
14.00 ¥ Tagesschau
14.10 ¥ Rote Rosen Telenovela
15.00 ¥ Tagesschau
15.10 Sturm der Liebe Telenovela
16.00 ¥ Tagesschau
16.10 ¥ g Panda, Gorilla & Co.
17.00 ¥ Tagesschau
17.15 Brisant Boulevardmagazin
18.00 ¥ Wer weiß denn sowas?
18.50 ¥ g In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte
19.45 Wissen vor acht – Mensch
19.50 g Wetter/Börse
20.00 ¥ Tagesschau
20.15 ¥ g Mord in bester
Gesellschaft: In Teufels
Küche Krimikomödie (D/A
2013) Mit Fritz Wepper, Sophie Wepper, Wayne Carpendale. Regie: Hajo Gies
21.45 ¥ g Panorama Berichte –
Analysen – Meinungen
Moderation: Anja Reschke
22.15 Tagesthemen Mit Wetter
22.45 ¥ g Entscheidung in
Großbritannien – kommt
der Brexit? Reportage
Mod.: Andreas Cichowicz
0.00 ¥ g Nachtmagazin
0.20 ¥ g Mord in bester
Gesellschaft: In Teufels
Küche Krimikomödie (D/A
2013) Mit Fritz Wepper,
Sophie Wepper (Wh.)
1.55 H ¥ g Meine teuflischen
Nachbarn Komödie (USA
1989) Mit Tom Hanks
5.30 ¥ g ZDF-Morgenmagazin
9.00 g heute Xpress 9.05 g Volle Kanne Top-Thema: Wirtschaftsfaktor Nationalelf / Einfach lecker:
Milchreistörtchen 10.30 ¥ g Die
Rosenheim-Cops 11.15 ¥ g SOKO Stuttgart 12.00 g heute
12.10 g drehscheibe 13.00 ¥ g
ZDF-Mittagsmagazin
14.00 g heute – in Deutschland
14.15 Die Küchenschlacht
15.00 ¥ g heute Xpress
15.05 ¥ g Bares für Rares
16.00 ¥ g heute – in Europa
16.10 ¥ g SOKO Wien
17.00 ¥ g heute
17.10 ¥ g hallo deutschland
17.45 ¥ g Leute heute
18.05 ¥ g SOKO Stuttgart
19.00 ¥ g heute/Wetter
19.25 ¥ g Notruf Hafenkante
Action-Serie. La Paloma
20.15 ¥ g Deutschlands
Superhirn Steven Gätjen
präsentiert unglaubliche
Gedächtnisleistungen
Moderation: Steven Gätjen
21.45 ¥ g heute-journal
Live aus London zur
Brexit-Entscheidung
22.15 ¥ g Maybrit Illner Zittern
vor dem Brexit – Was wird
aus Europa? Gäste: Günther
Oettinger, Anton Börner,
Susanne Schmidt, Arron
Banks, Philip Oltermann
23.15 ¥ Markus Lanz Talkshow
0.30 g heute+
0.45 ¥ g Masters of Sex
Drama-Serie. Die
Geschichte meines Lebens
1.40 õ In Plain Sight – In der
Schusslinie Krimi-Serie
3.05 ¥ g Maybrit Illner (Wh.)
4.05 g heute Xpress
4.10 ¥ g Leute heute (Wh.)
5.15 g Der Blaulicht-Report 6.00
g Guten Morgen Deutschland
Magazin. Moderation: Wolfram
Kons, Susanna Schumacher 8.30 g
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
9.00 g Unter uns 9.30 g Betrugsfälle Doku-Soap 10.00 g Die
Trovatos – Detektive decken auf
Doku-Soap 11.00 Die Trovatos –
Detektive decken auf Doku-Soap
12.00 Punkt 12 Das RTL-Mittagsjournal. Moderation: Katja Burkard
14.00 g Der Blaulicht-Report
16.00 g Verdachtsfälle
17.00 g Betrugsfälle Doku-Soap
17.30 g Unter uns Soap
18.00 g Explosiv – Das Magazin
18.30 Exclusiv: Das Star-Magazin
18.45 g RTL aktuell
19.05 g Alles was zählt Soap
19.40 g Gute Zeiten,
schlechte Zeiten Soap
20.15 g Doctor’s Diary –
Männer sind die beste
Medizin Comedy-Serie
Dr. Kaan ist doch süß! /
Frauen auf dem Ärzteball
22.15 Nikola Comedy-Serie. Liebe
auf den ersten Blick / Wochenende im Schnee. Mit
Mariele Millowitsch. Nikola
ist auf das Schlimmste gefasst, als sie hört, dass der
neue Verwaltungsdirektor
ein Freund von Schmidt ist.
23.10 Ritas Welt Sitcom. Der
Ring. Mit Frank Vockroth
0.00 g Nachtjournal
0.30 g Doctor’s Diary –
Männer sind die beste
Medizin Comedy-Serie. Dr.
Kaan ist doch süß! / Frauen
auf dem Ärzteball (Wh.)
2.20 Nikola (Wh.)
3.10 g Nachtjournal (Wh.)
3.40 g Explosiv – Das Magazin
5.05 Auf Streife Reportagereihe
5.30 g Sat.1-Frühstücksfernsehen. Zu Gast: Vanessa Blumhagen
Moderation: Daniel Boschmann,
Marlene Lufen 10.00 g Auf Streife – Die Spezialisten 11.00 Richterin Barbara Salesch 12.00 g
Richter Alexander Hold 13.00
Richter Alexander Hold
14.00 Auf Streife Reportagereihe
15.00 g Auf Streife – Die
Spezialisten Reportage
16.00 Auf Streife Reportagereihe
17.00 Mein dunkles Geheimnis
Bier ist nicht gleich Bier
17.30 g Schicksale - und
plötzlich ist alles anders
Sextoys verboten
18.00 g Auf Streife – Die
Spezialisten Reportage
19.00 g Fahndung Deutschland
19.55 g Sat.1 Nachrichten
20.15 g Criminal Minds
Krimi-Serie. Des Teufels
Bräute / Bilder im Kopf / Die
Farben des Bösen. Mit Joe
Mantegna. In einer stillgelegten psychiatrischen Anstalt in Oregon wird die
Leiche einer seltsam verkleideten Frau gefunden.
23.05 Profiling Paris Krimi-Serie
Suspendiert. Mit Odile Vuillemin. Ein Fall führt Matthieu und sein Team zu einer
Schule, wo die Leiche der
Direktorin gefunden wurde.
0.10 g Criminal Minds
Krimi-Serie. Des Teufels
Bräute / Bilder im Kopf / Die
Farben des Bösen (Wh.)
2.40 g Profiling Paris (Wh.)
3.30 Im Namen der
Gerechtigkeit: Wir
kämpfen für Sie!
4.15 g Schicksale (Wh.)
5.05 g Mike & Molly 5.25 g How
I Met Your Mother 6.05 Two and
a Half Men 7.55 g 2 Broke Girls
8.45 g The Big Bang Theory
10.35 g Mike & Molly ComedySerie 11.25 g How I Met Your
Mother Comedy-Serie 12.20 Two
and a Half Men Comedy-Serie
14.10 g 2 Broke Girls Serie
15.05 g The Big Bang Theory
Comedy-Serie. Strafe muss
sein / Mädelsabend mit
Kerl / Das Eiersalat-Äquivalent / Man lernt nie aus
17.00 g taff Magersucht
vs. Sportsucht (1)
18.00 g Newstime
18.10 Die Simpsons ZeichentrickSerie. Die unglaubliche Reise in einem verrückten Privatflugzeug / Homerotti
19.05 Galileo Trend Marinaden
20.15 H g X-Men: Erste
Entscheidung Sci-Fi-Film
(USA 2011) Mit James
McAvoy, Michael Fassbender, Kevin Bacon
22.50 H g Minority Report
Sci-Fi-Film (USA 2002)
Mit Tom Cruise, Max
von Sydow, Colin Farrell
Regie: Steven Spielberg
John Anderton leitet eine
Spezialabteilung, die mit
Hilfe hellseherischer
Menschen zukünftige
Verbrecher aufspürt.
1.35 g Spätnachrichten
1.40 g Starship Troopers II:
Held der Föderation
Sci-Fi-Horror (USA 2004)
Mit Billy Brown, Richard
Burgi, Kelly Carlson
3.05 Malcolm mittendrin (Wh.)
3.25 g Watch Me –
das Kinomagazin
6.45 g Verklag mich doch! DokuSoap 10.50 g vox nachrichten
10.55 Mein himmlisches Hotel
11.55 Shopping Queen 12.55 g 4
Hochzeiten und eine Traumreise
13.55 Mein Kind, dein Kind – Wie
erziehst du denn? Nicole vs. Katrin
14.55 g Shopping Queen Motto
in Dresden: Eyecatcher –
Ziehe mit deiner neuen
Sonnenbrille alle Blicke auf
dich!, Tag 4: Lisa Marie
16.00 g 4 Hochzeiten
und eine Traumreise
Tag 4: Sandra, Steyr (A)
17.00 Mein himmlisches Hotel
Mecklenburg, Tag 4:
Wildkräuterhotel
18.00 mieten, kaufen, wohnen
19.00 g Das perfekte
Dinner – Wunschmenü
Tag 4: Kerstin, Hamburg
20.00 g Prominent!
20.15 H ¥ g Transporter – The
Mission Actionfilm (F/USA
2005) Mit Jason Statham,
Alessandro Gassman, Amber Valletta. Regie: Louis
Leterrier. Als die Drogenmafia Frank Martins Schützling entführt, geht der
Ex-Agent auf eine halsbrecherische Verbrecherjagd.
22.05 H ¥ g Safe – Todsicher
Actionthriller (USA 2012)
Mit Jason Statham
23.50 g vox nachrichten
0.10 H ¥ g Transporter –
The Mission Actionfilm
(F/USA 2005) Mit Jason
Statham, Alessandro Gassman, Amber Valletta (Wh.)
1.50 H ¥ g Safe – Todsicher
Actionthriller (USA 2012)
Mit Jason Statham (Wh.)
3.15 Medical Detectives
KABEL 1
TIPPS DES TAGES
8.30 Navy CIS 9.25 g The Mentalist 10.20 g Castle 11.10 g Without a Trace 12.10 Numb3rs
13.05 Cold Case 14.00 g Navy
CIS 14.55 g The Mentalist 15.50
g News 16.00 g Castle 16.50 g
Abenteuer Leben täglich 17.55 g
Mein Lokal, Dein Lokal – Spezial
18.55 g Achtung Kontrolle! Einsatz für die Ordnungshüter 20.15
H g Der Prinz aus Zamunda Komödie (USA 1988) Mit Eddie Murphy 22.30 H g Final Destination
III Horrorfilm (USA/CDN/D 2006)
0.15 H g Der Prinz aus Zamunda
Komödie (USA 1988) (Wh.)
Doctor's Diary
X-Men: Erste Entscheidung
RTL | 20.15 Gretchen (Diana
Amft) ist von Dr. Kaans (Kai
Schumann) kostenlosem Engagement sehr angetan, auch wenn
dies zur Folge hat, dass ihre
Handtasche geklaut wird.
Pro 7 | 20.15 Die Mutanten
Charles Xavier und Erik Lehnsherr
(Michael Fassbender) bilden junge Menschen mit besonderen Fähigkeiten aus. Sie werden von
Freunden bald zu Todfeinden.
ARTE
ZDF NEO
RTL 2
13.50 H Der Tag der Krähen Animationsfilm (F/B/LUX/CDN 2012)
15.25 g Reise durch Amerika
15.50 g Wie das Land, so der
Mensch 16.15 ¥ g Im Bann der
Jahreszeiten 17.00 ¥ g X:enius
(Wh.) 17.30 g Das dunkle Geheimnis der Neandertaler 18.25
g Im Dschungel von Myanmar
(1/2) 19.10 ARTE Journal 19.30 g
Die Kanarischen Inseln 20.15 g
Die Erbschaft Drama-Serie 21.10
g Die Erbschaft 22.10 H g
Don – The King Is Back Actionfilm
(IND/D 2011) 0.30 H Frankenhooker Horrorkomödie (USA 1990)
6.05 ¥ g Terra X 7.35 Lanz kocht
8.40 Lafer! Lichter! Lecker! 9.20
g Bares für Rares 11.00 ¥ Die
Rettungsflieger 12.25 Küstenwache 14.00 g Ein Fall für zwei
15.55 ¥ Die Rettungsflieger 17.25
g Columbo: Doppelter Schlag
TV-Krimi (USA 1973) 18.35 g Bares für Rares 20.15 ¥ Lewis: Partitur des Todes TV-Krimi (GB
2008) 21.50 ¥ Lewis: Der Kuss
des Mondes TV-Krimi (GB 2008)
23.20 ¥ g Inspector Banks: Das
verschwundene Lächeln TV-Krimi
(GB 2014) 0.50 ¥ g Dengler: Die
letzte Flucht Thriller (D 2015)
5.10 g Privatdetektive im Einsatz 8.55 g Frauentausch 10.55
g Family Stories 11.55 g Dein
neuer Style – Entdecke deine
Schönheit! 12.55 g Köln 50667
13.55 g Berlin – Tag & Nacht
14.55 g Hilf mir! 16.00 g All
About Love 17.00 g Die Straßencops – Jugend im Visier 18.00
g Köln 50667 19.00 g Berlin –
Tag & Nacht 20.00 g News 20.15
Die Kochprofis – Einsatz für die
Liebe Hochzeit in Steingaden
Neue Folgen 21.15 g Frauentausch 23.25 exklusiv – Die Reportage 0.20 Liebe im Paradies
MDR
TELE5
3 SAT
14.00 ¥ g MDR um zwei 15.00 ¥
g LexiTV – Wissen für alle 16.00
¥ g MDR um vier 17.45 ¥ g
MDR aktuell/Wetter 18.10 ¥ g
Brisant 18.54 ¥ Unser Sandmännchen 19.00 MDR Regional
19.30 ¥ g MDR aktuell 19.50 ¥
g Donnerwetter! 20.15 ¥ g Polizeiruf 110: Eine mörderische
Idee TV-Krimi (D 2014) Mit Claudia
Michelsen 21.45 ¥ g MDR aktuell
22.05 ¥ g artour 22.35 ¥ g
Menschenrechte für Tiere? 23.05
¥ ® g Lebensläufe 23.35 ¥ g
Die besten Hits aller Zeiten (2/5)
1.55 ¥ g Maischberger
5.21 Reich und schön 6.00 Joyce
Meyer 6.24 Dauerwerbesendung
7.25 Joyce Meyer 7.54 Dauerwerbesendung 14.10 Star Trek –
Deep Space Nine 15.10 g Star
Trek – Das nächste Jahrhundert
16.10 Star Trek – Raumschiff Voyager 18.10 Star Trek – Deep
Space Nine 19.10 g Star Trek –
Das nächste Jahrhundert 20.15 H
g American Fighter IV – Die
Vernichtung Actionfilm (USA
1990) Mit Michael Dudikoff 22.00
g WWE RAW 0.05 H Cyborg
Cop Actionfilm (USA 1993) 1.45 g
Battlestar Galactica
11.45 Thema 12.30 ECO 13.00 ¥
g ZIB 13.15 ¥ g Im Zauber der
Wildnis 14.45 g Wilde Schönheiten 18.30 g nano 19.00 ¥ g
heute 19.20 g Kulturzeit 20.00 ¥
g Tagesschau 20.15 H ¥ g Eine
ganz heiße Nummer Komödie (D
2011) Mit Gisela Schneeberger
21.45 ¥ g Nuhr im Ersten 22.30
g Hennes Bender: Klein/Laut
23.00 H õ g Kill Bill: Vol. I Actionfilm (USA 2003) 0.45 g Der
Bestatter 1.45 g Rundschau 2.25
g Hasan hat eine Mission 2.50
g Hessen-Reporter 3.20 Terra X
4.50 Deutschlands Traumstraßen
5.35 g Auf Leben und Tod
12.45 Börse am Mittag
13.00 N24 Nachrichten auch um
14, 15, 18, 19 und 20 Uhr
13.05 g Die Transporter –
Let’s move it! Doku-Soap
14.05 g Top Gear USA
15.25 N24 Cassini Magazin
16.05 g Air Warriors
17.05 g HubschrauberLegende Huey – Der Bell
UH-1D in Deutschland
18.15 Börse am Abend
18.25 N24 Cassini Wie kommt
das Loch in die Nudel?
19.10 g Welt der Wunder
WDR
NDR
RBB
BR
SWR
HR
20.00 ¥ g Tagesschau 20.15 Tatort: Ihr Kinderlein kommet TVKrimi (D 2012) 21.40 WDR aktuell
22.10 frauTV 22.40 Menschen
hautnah 23.25 Pflege macht arm
23.55 Glaube – Liebe – Lust
20.15 ¥ Länder – Menschen –
Abenteuer 21.00 ¥ Länder –
Menschen – Abenteuer 21.45 ¥
g NDR//aktuell 22.00 ¥ g Utta
Danella: Eine Nonne zum Verlieben Liebesdrama (D 2010)
20.00 ¥ Tagesschau 20.15 g Polizeiruf 110: Schuld TV-Krimi (D
2012) 21.45 rbb aktuell 22.15 Stilbruch 22.45 g Bücher und Moor
23.30 H Staub auf unseren Herzen Drama (D 2012)
20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥ quer
21.00 Altinger mittendrin 21.45 ¥
Rundschau Magazin 22.00 ¥ Capriccio 22.30 Woidboyz on the
Road 23.00 Vereinsheim Schwabing 23.45 Rundschau Nacht
20.15 ¥ Zur Sache Baden-Württemberg! 21.00 ¥ g Der Südwesten von oben 21.45 ¥ Landesschau aktuell 22.00 odysso –
Wissen im SWR 22.45 Kunscht!
23.15 lesenswert sachbuch
19.30 ¥ g hessenschau 20.00 ¥
Tagesschau 20.15 Hirschhausens
Quiz des Menschen 21.45 ¥ g
Mord mit Aussicht 22.35 g hessenschau kompakt Magazin 22.50
¥ ® Firma Hesselbach
20.05 g Apokalypse Dokureihe
21.00 g N24 Sondersendung
21.05 g Apokalypse
22.00 g N24 Sondersendung
22.05 g Apokalypse
23.00 g N24 Sondersendung
23.20 g Apokalypse Dokureihe
0.55 Die Geschichte der
Atombombe Doku
18.25 Zur Bratwurst oder zum
Leberkäse gehört Senf
PHOENIX
6.00 Mein Ausland 6.45 Eberl entdeckt London – Leben, wo wohnen unbezahlbar ist 7.15 Sowjetarmee geheim 8.45 Bundestag
live 16.45 Mein Ausland (Wh.)
17.30 Vor Ort 18.30 Wie deutsch
ist die Queen? 19.15 Der Jahrhundertbesuch – Die Königin in
Deutschland 20.00 ¥ Tagesschau
20.15 Inside Westminster (1/2) Die
Queen, Allianzen und Intrigen
21.00 Inside Westminster (2/2)
21.45 Argumente statt Hetze
22.00 #phoenixrunde 22.45 Der
Tag 0.00 Aktuelles zum britischen EU-Referendum
ANZEIGE
Täglich um 19.10 Uhr
WELT DER WUNDER
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Heute u.a.: Wunder der Technik –
wie werden Mikroskope hergestellt?
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DIE WELT KOMPAKT
MENSCHEN & MEDIEN 31
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
Zippert
zappt
Auch Schauspielerin Cameron Diaz hatte schon ihre drei Minuten mit der Fotografin in Berlin im Axel-Springer-Hochhaus
„Ich will keine
Göttermenschen zeigen“
Quentin Tarantino legt sich locker aufs Sofa, Kevin Costner küsst
sie sogar: Die Fotografin Kiki Kausch kommt den Stars ganz nah
ie war Nachrichtenredakteurin beim ZDF.
Dann schenkte ihr
Mann ihr eine Kamera.
Im
New-York-Urlaub
„knipste“ sie drei Fotos von
Karl Lagerfeld, der auf der Straße vor ihrem Hotel ein Modeshooting für Chanel machte. „Es
war wirklich nur ein Schnappschuss“, erzählt die gebürtige
Wiesbadenerin, die so jung aussieht, dass sie ihr Alter nicht
verraten muss.
VON DAGMAR VON TAUBE
Ein Hamburger Fotokunstsammler kaufte ihr die Fotos
für einen fünfstelligen Betrag
ab, den Triptychon zeigte Lagerfeld einmal in seiner Ausstellung. Kiki Kausch ist längst
eine angesehene, vielseitige Fotografin. Zu ihrem Sujet gehören Politikerporträts, vor allem
auch viele Hollywoodstars, denen sie ungewöhnlich nahe
kommt. Vor ihrer Kamera fühlen sich Menschen wohl und
vergessen, dass man ihnen zuschaut. Heute eröffnet ihre
Ausstellung „Sky&Stars“ im 38.
Stock des Taunusturms in
Frankfurt.
DIE WELT: „3 Minutes with ...“
heißt eine Fotoserie von Ihnen. Sie haben drei Minuten
Zeit, einen Star zu fotografieren. Macht Ihnen Ihr Job noch
Spaß, Frau Kausch?
KIKI KAUSCH: Sehr sogar. Ich
weiß, viele Journalisten und Fotografen stöhnen, dass ihnen
die Agenten von Prominenten
immer weniger Zeit für Interviews oder Fotos genehmigen.
Für mich ist das kein Problem,
diese „Quickies“ sind das Beste.
Die Erfahrung hat mir einfach
gezeigt: Ein Foto,
Hand, ohne viel Techdas nicht nach drei
nik, Licht. Es ist ja so:
Minuten
gelingt,
Überall, das weiß jewird in einer Stunde
der Star, sind heute
nicht besser. Die
Fotografen, keine Fobesten Bilder enttooption wird ausgestehen in den ersten
lassen, sich zur Schau
Sekunden,
bevor
zu stellen. Man muss
sich die Anspanauch die Stille aushalnung, die ich so reizten. Kennen Sie dievoll finde, löst. Ich Kiki Kausch
ses laute Schweigen
mag die Neugier, die
im Fahrstuhl manchUnsicherheit vor dem Unbe- mal, wenn man nicht weiß, was
kannten, da passiert ganz viel man sagen soll? Das kann auch
Menschliches, bevor die Leute quälend sein, klar. Ich habe Geanfangen zu posieren. Die Fo- duld für Stille, ich halte sie aus.
tos für diese Serie finden ja im- Nur so bekommt man noch ein
mer im gleichen Raum statt, im einmaliges Bild.
Büro des „Bild“-Herausgebers
Kai Diekmann. Er lädt mich ein, Wer von denen, die Sie porwenn hoher Besuch aus Holly- trätiert haben, war unerwarwood nach Berlin kommt. Ir- tet cool, wer hat plötzlich ein
gendwann schickt er dann das ganz anderes Gesicht gezeigt?
gesamte Management vor die Ben Stiller ist relativ unkompliTür – Justin Timberlake er- ziert, dachte ich immer. Tatschien zum Beispiel mit zehn sächlich war er der Unlustigste
Mann Entourage. Das ist dann von allen. Er wollte erst, dass
mein Moment: Ganz allein mit sein Gesicht abgepudert wird,
im Grunde richtig in die Maske.
dem Star. Das ist mein Bild.
Ich hatte nichts dabei natürlich
Was waren die absurdesten und sagte, das geht schon auch
Anstrengungen, die Sie unter- so. Es ist interessant, wie eitel
nehmen mussten, um Ihrem und unsicher doch auch viele
Gegenüber etwas Besonderes Männer sind. Großartig war Cameron Diaz, obwohl ihr ein kazu entlocken?
Ich bin keine, die hinter der Ka- priziöser Ruf vorauseilt. Sie war
mera Faxen macht und die Leu- easy, lustig. Eine Kumpelfrau, so
wie ich Frauen liebe. Ich will keite zutextet.
ne Göttermenschen zeigen, unDas Wort „Schweinehund“ berührbare Wesen, von denen
formt den schönsten Foto- man sich gar nicht vorstellen
mund, soll Hannelore Kohl kann, dass sie überhaupt atmen.
angeblich einmal gesagt haKevin Costner ist doch ein
ben. Ist das so?
Keine Ahnung, ich kenne nur Gentleman, warum hat er sei„Cheeeese“, natürlich, oder ne Brille nicht abgenommen?
„Ha-Ha-Ha“. Aber das sind eher Ist er so schüchtern?
Übungen fürs Familienalbum. Anfangs war er es interessanSo arbeite ich nicht. Ich bin terweise schon, obwohl er in
sachlich, erkläre mein Anliegen. seinen schweren Boots wie ein
Ich fotografiere auch aus der Cowboy reinkam.
KIKI KAUSCH
S
Sah er nicht blendend aus?
Wie ist das: Hat so einer, der
so gut aussieht, trotzdem
noch eine Schokoladenseite?
Was ist die Steigerung von
Perfektion?
Schüchtern ist von allen Seiten
sexy! Gerade, wenn Männer so
erfolgreich sind, finde ich. Bei
Costner war ich selbst tatsächlich etwas verlegen. Ich war so
verliebt in ihn in allen seinen
Filmen. Dann stand er vor mir,
überraschenderweise größer als
ich, umfasste fest meine Hand.
Ich meine, dieses Lachen, wenn
er dabei so über seine Brille
lugt, ich bin sogar ein bisschen
rot geworden. Plötzlich erschien mir das Zimmer, das eigentlich sehr groß ist, viel kleiner. Er war der ganze Raum. Als
der Shoot zu Ende war, hat er
mich so an den Schultern gehalten und mich kurz auf den
Mund geküsst. Wow, dachte ich.
Eigentlich cool. Seine Agentin
hat einige Wochen später bei
meiner Agentur hinterlassen,
dass Costner gerne künftig zu
meinen Ausstellungen eingeladen werden möchte. Mal sehen,
ob er eines Tages kommt. Costner war natürlich eine Ausnahme. Ich himmle keine Stars an,
ich mache auch nie Selfies mit
denen. Mir ist wichtig, dass man
sich mit Respekt begegnet. Aber
ein bisschen Prickel ist immer
gut fürs Foto.
Jeder knipst heute permanent
alles mit dem Smartphone
und fühlt sich als Fotograf.
Das muss doch Menschen wie
Sie, die so etwas professionell
machen, auch mal nerven?
Ich bin weder auf Facebook
noch auf Instagram. Diese Bilderfluten machen mich nur nervös. Sie irritieren mich, weil sie
mich ablenken von dem, was aus
mir selbst kommt. Social Media
trägt allgemein zu einer großen
Verunsicherung bei. Es ist ja
nicht so, dass sich die Nutzer
nur mit Wissen bereichern. Sie
vergleichen sich. Wer nur noch
guckt, was andere machen, weiß
nicht mehr, wer er selbst ist.
T „Sky&Stars“, bis Ende Juli
im Taunusturm, Frankfurt
© Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung
ie Kirchen haben so
viele Steuergelder eingenommen wie seit den
Zeiten der Inquisition und des
Ablasshandels nicht mehr. Dabei gehören immer weniger
Menschen den beiden großen
christlichen Vereinen an. Aber
die wenigen, die noch im Klub
sind, verdienen immer besser
und bekommen daher ständig
mehr Kirchensteuer abgezogen.
Die Kirchen können das Geld
natürlich gut gebrauchen, vor
allem für kostenloses WLAN in
den Kirchen sowie für die Organisation veganer und religionsfreier Kirchentage. Die Steuereinnahmen werden auch für
Zahlungen an den Messdienerfonds verwendet und um neue
Klingelbeutel zu kaufen sowie
Tabernakel und psychedelische
Priesteruniformen. Die evangelische Kirche will damit Unterwassergottesdienste,
Ballontrauungen, Spaßkreuzigungen
und Motorradweihen durchführen. Am dringendsten werden
die üppigen Einnahmen für
Missionsarbeit in Ostdeutschland benötigt. Dort sind viele
Eingeborene nur schwer von
den Vorteilen der staatlich finanzierten Religion zu überzeugen und glauben stattdessen noch ganz fest an heidnische Gottheiten wie Putin und
Hitler.
LEUTE VON WELT
AP/ EVAN VUCCI
KIKI KAUSCH
D
Sogar die First Lady
ist jetzt auf Snapchat
Nicht nur Bilder vom Küchengarten im Weißen Haus und
„First Dog“ Bo: US-First Lady
Michelle Obama ist nun auch
auf Snapchat aktiv. Unter dem
Benutzernamen „MichelleObama“ postet ihr Büro seit Dienstag auf der Foto- und Messenger-App. Die Frau von USPräsident Barack Obama
möchte auf Snapchat junge
Menschen über ihre Initiativen
informieren, hieß es in einem
Post auf der Plattform medium.com. Die 52-Jährige setzt
sich unter anderem für bessere
Bildungschancen für Mädchen
und gesunde Ernährung ein.
Snapchat lässt gepostete Bilder
und Videos nach einer zuvor
gesetzten Zeit von selbst wieder verschwinden. Die vor
allem bei jüngeren Menschen
beliebte App wird zunehmend
als Konkurrenz für die Facebook-Tochter WhatsApp gehandelt.
WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb
32 PANORAMA
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 23. JUNI 2016
nicht nur um Einzeltaten eines
„wirren Mörders“ handeln.
Dass die Taten nicht aufgefallen
seien, deute auf Strukturprobleme hin, die nun nach und
nach behoben würden.
Niels H. dürfte damit in den
Jahren 2002 bis 2005 eine der
größten Mordserien der deutschen
Nachkriegsgeschichte
begangen haben. 2006 war der
sogenannte „Todespfleger von
Sonthofen“ zu lebenslanger
Haft verurteilt worden – nach
Überzeugung der Richter hatte
er 28 meist alte und zum Teil
schwer kranke Patienten zu Tode gespritzt.
Polizeichef Kühme sprach
den Angehörigen der Opfer sein
Mitgefühl aus und dankte ihnen, dass sie die notwendigen
Exhumierungen ertragen hätten. Niels H. habe mit seinen
„grauenhaften Taten“ auch einen ganzen Berufsstand in Verdacht gebracht. „Und das ist
nur einer von vielen tragischen
Aspekten.“
Die Polizei hatte vor rund anderthalb Jahren die Soko „Kardio“ ins Leben gerufen, die sich
mit dem Fall befasst. Ermittlungen laufen auch gegen Klinikverantwortliche in Delmenhorst und Oldenburg wegen des
Verdachts des Totschlags durch
Unterlassen.
Niels H. soll nach dem Willen der Ermittler ein weiteres
Mal vor Gericht: „Es wird natürlich eine weitere Anklage geben“, betonte Schiereck-Bohlmann. Das Verfahren werde alle
Taten umfassen, die Niels H.
noch nachgewiesen werden
könnten. „Die rechtliche Konsequenz wird am Ende dieselbe
sein: Lebenslänglich und besondere Schwere der Schuld.
Daran wird sich nichts ändern.“
Die Ermittlungen werden
sich vermutlich bis ins nächste
Jahr hinziehen: „Die Ermittlungen dauern so lange, bis wir das
unselige Wirken des Niels H.
komplett aufgeklärt haben“,
sagte der stellvertretende Leiter der Oldenburger Staatsanwaltschaft, Thomas Sander. Es
werde „jeder Stein umgedreht“.
KOMPAKT
DEUTSCHLAND
Entflohener Mörder
wieder gefasst
Der aus der Euskirchener
JVA geflohene Mörder ist
gestern Abend gefasst worden. Er wurde auf einer Autobahn in Bayern festgenommen. Der 50-Jährige war aus
dem offenen Vollzug im
nordrhein-westfälischen
Euskirchen entkommen,
indem er über einen 2,10
Meter hohen Zaun kletterte.
DPA/ INGO WAGNER
USA
Zwei Deutsche
sterben durch Hitze
Zwei Forscher aus Hannover
sind bei einer Wanderung im
US-Bundesstaat Arizona ums
Leben gekommen. Ein dritter Mann überlebte völlig
dehydriert. Er war mit seinen 57 und 33 Jahre alten
Kollegen trotz der zuvor
gemeldeten Rekordhitze von
46 Grad zu einer Wanderung
aufgebrochen.
Bereits 2014 musste sich Niels H. wegen mehrfachen Mordes vor Gericht verantworten
Der Fall Niels H.
Die Mordserie des ehemaligen Krankenpflegers ist größer als
gedacht: Ermittler rechnen ihm jetzt mehr als 33 Opfer zu
D
Unisex-Toiletten
in New York City
New Yorks öffentliche Toiletten dürfen ab kommendem Jahr nicht mehr nach
Geschlecht getrennt werden.
Der Stadtrat der Millionenmetropole stimmte am
Dienstag mit 47 zu 2 Stimmen dafür. Die ab 1. Januar
2017 geltende Maßnahme
trifft tausende Betreiber von
Bars und Restaurants.
LOTTO
Die Zahlen
Lotto: 8 - 19 - 35 - 40 - 41 - 43
Superzahl: 8
Spiel 77: 9470593
Super 6: 360382
(Alle Angaben ohne Gewähr)
er Krankenpfleger
Niels H. hat nach
Überzeugung
der
Ermittler weit mehr
Menschen getötet als bisher bekannt. Bei 27 von 99 exhumierten ehemaligen Patienten des
Klinikums Delmenhorst seien
Rückstände eines Herzmedikaments entdeckt worden, sagte
der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme. Das Mittel
soll Niels H. den Patienten absichtlich gespritzt haben. Insgesamt gehen die Ermittler
jetzt davon aus, dass der Pfleger
für mindestens 33 Todesfälle im
ehemaligen städtischen Krankenhaus Delmenhorst verantwortlich ist. „Man kann sagen,
das Grauen hört nicht auf“, sagte Kühme.
Der Pfleger brachte Patienten laut den Ermittlern mit einer Überdosis absichtlich in ei-
nen „reanimationspflichtigen
Zustand“, um anschließend bei
der Wiederbelebung seine Fähigkeiten zu beweisen. Viele
überlebten diese Notmaßnahme jedoch nicht.
27 zusätzlichen Tötungshandlungen habe Niels H. gestanden, erklärten die Ermittler
am Mittwoch. Vom Landgericht
Oldenburg wurde er 2008 und
liuminjektionen getötet zu haben. „Wie viele Patienten Opfer
in Oldenburg waren, können
wir derzeit nicht sagen“, sagte
Oberstaatsanwältin
Daniela
Schiereck-Bohlmann. Es bestehe dringender Tatverdacht in
sechs Fällen.
Das Klinikum Oldenburg begrüßte ausdrücklich, dass es der
Staatsanwaltschaft
gelungen
„Man kann sagen, das Grauen
hört nicht auf“ Johann Kühme, Polizeipräsident
2015 wegen insgesamt sechs Todesfällen verurteilt.
Entgegen früheren Behauptungen gestand der heute 39Jährige nun, auch an seinem
früheren Arbeitsplatz in Oldenburg mehrere Patienten mit Ka-
sei, Niels H. anhand der Indizien zu überzeugen, auch die
Verantwortung für die Taten im
Klinikum Oldenburg zu übernehmen. Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt
(SPD) betonte, es könne sich
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Im Nordwesten teilweise Gewitter
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Süden
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Norden
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Süden
16
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Mitte
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Süden
12
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Sonntag
Stuttgart 16
33
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Berlin
Düsseldorf Leipzig 32
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Kassel
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Hamburg 20
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Köln
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Norden
München
33
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-9 bis -5
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Wien
30 Paris
17
Zürich 32
Bordeaux
Nizza
Madrid
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Lissabon
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21
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Peking
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18
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London
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*
H
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Hoch/Tief Warmfront
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26
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bei mir selbst.
* Ausgewählte Flüge, Buchung LH.com, Reisen:
16.10.2016 bis 31.03.2017, begrenztes Sitzplatzangebot.
Freitag
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Oslo
Stockholm
Riga
13
Die Sonne scheint, und es wird sehr heiß. Im Tagesverlauf gibt es nur über dem äußersten Norden und
Westen sowie Nordwesten kräftige Schauer und
Gewitter. Die Gefahr von Starkregen, Hagel und
stürmischen Böen steigt.
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24 18
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30
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25
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30
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Warmluft
Kaltluft
WELTWETTER
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6 bis 10 11 bis 15 16 bis 20 21 bis 25 26 bis 30
31 bis 35
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WELT KOMPAKT -2016-06-23-sil-16 6bfb84573deb4d131e72d9024e528ebb