hr1-Zuspruch, Donnerstag, 23. Juni 2016 Pia Arnold-Rammé, Katholische Kirche Frankfurt Kleider machen Leute? „Sucht nicht durch eure Kleidung Gefallen zu erwecken, sondern durch eure Lebensführung.“ Dieser Hinweis scheint so gar nicht in unsere Welt zu passen. Denn eigentlich geht es doch heute häufig genau darum: durch unsere Kleidung uns selbst und natürlich auch anderen zu gefallen. Der Satz stammt tatsächlich aus einer anderen Welt. Er ist fast 800 Jahre alt. Er steht in der Ordensregel des Dominikanerordens und gilt somit für Ordensleute. Das heißt, er gilt für Menschen, die ganz bewusst eine andere Lebensform gewählt haben und nicht so ganz von dieser Welt sind. Trotzdem bringt er mich zum Nachdenken: wie wichtig ist mir Kleidung, bei mir selbst und bei anderen? Natürlich kann ich durch Kleidung ganz viel zum Ausdruck bringen. Bin ich ein sportlicher Typ oder liebe ich es eher dezent-elegant? Liebe ich kräftige, leuchtende Farben oder möchte ich eher unauffällig daher kommen? Was ich anziehe, hängt natürlich auch davon ab, ob ich in die Oper oder ins Strandbad gehe, an einer Beerdigung teilnehme oder an einem Fußballspiel. Also ist es doch offensichtlich ganz normal und selbstverständlich, durch meine Kleidung Aufmerksamkeit zu erzeugen? Neulich hab ich im Fernsehen einen Bericht gesehen, der mich beeindruckt hat: Da will einer testen, wie Menschen auf Kleidung reagieren. Also geht er in alten Klamotten und mit Aldi-Plastiktüte in verschiedene vornehme Autohäuser. Er interessiert sich für die teuersten Autos. Und wird meistens mit Missachtung gestraft. Aber er trifft auch auf Verkäufer, die sich von seinem Äußeren nicht beeindrucken lassen, sondern ihn ganz ernst nehmen. Und das bringt mich ins Nachdenken: Werden Menschen nur noch nach ihrem äußeren Erscheinungsbild beurteilt? Interessiert sich keiner mehr für dich, nur weil du klamottenmäßig nicht mithalten kannst? Das kann es auch nicht sein. Ich nehme mir vor, bei mir selber mal darauf zu achten: Beurteile ich andere auch vorschnell nach ihrem Äußerem und dem ersten Eindruck? Oder schaue ich genauer hin? Ich will jedenfalls erst mal positiv und neugierig auf Menschen zugehen – egal, wie sie aussehen. Wer weiß, wer sich hinter diesen oder jenen Klamotten verbirgt!
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