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Hansmeyer, Karl-Heinrich
Article
Die Beherrschbarkeit von Subventionen
Wirtschaftsdienst
Suggested Citation: Hansmeyer, Karl-Heinrich (1967) : Die Beherrschbarkeit von Subventionen,
Wirtschaftsdienst, ISSN 0043-6275, Verlag Weltarchiv, Hamburg, Vol. 47, Iss. 12, pp. 631-635
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http://hdl.handle.net/10419/133791
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ANALYS E N
Die Beherrschbarkeit von Subventionen
Prof. Dr. K arlsH einrich^ansm eyer, Köln
ubventionen sind als Instrument der Wirtschafts­
S
und Gesellsdiaftspolitik nur dann tauglidi, wenn
es gelingt, sie nadi Umfang, Dauer und Wirkung
unter Kontrolle zu halten, ein Problem, das wir
„Beherrschbarkeit" nennen wollen, nicht ohne zugleich
einzuräumen, daß restlose Kontrolle im Bereich
sozialer Abläufe wohl immer ein Traum bleiben
wird. Nichts kennzeichnet so sehr den Unterschied
von Transferzahlungen und Steuern wie dieses Pro­
blem: An die Stelle der Beherrschbarkeit tritt bei
den Steuern die Frage der Durdisetzbarkeit, d. h. der
Überwindung von Abwehrreaktionen aller Art, die
immer wieder den Besteuerungserfolg in Frage stellen
können. Subventionen treffen hingegen nicht auf
Abwehr, vielmehr kann — in erster Annäherung —
unterstellt werden, daß ungehemmt „Auffangreak­
tionen" ablaufen, daß sidi die Subventionsempfänger
bemühen, möglichst Teile des Transferstroms auf sich
zu lenken. Allerdings verschwimmt der Untersdiied
zwischen Steuern und Transfers dann, wenn ein
subventionspolitischer Eingriff kaum mehr mit den
Interessen der Betroffenen harmoniert, d.h. je mehr
sich die Subvention ihrerseits gegen eine ablehnende
Haltung durdisetzen muß.
Dieser Beitrag will die Diskussion um den Subven­
tionsbegriff nicht vertiefen 1). Wir verstehen im
folgenden unter Subventionen „Geldzahlungen oder
geldwerte Leistungen der öffentlichen Hand an Unter­
nehmer, von denen an Stelle einer marktwirtschaft­
lichen Gegenleistung in der Regel bestimmte Ver­
haltensweisen gefordert oder doch erwartet werden"^).
Diese Definition stedct einen relativ weiten Rahmen
ab; ein engerer, nur auf auflagenfreie Transfers
bezogener Subventionsbegriff hat sidi nicht durch­
gesetzt ^), obwohl die Bedeutung der Auflagen in­
zwisdien weitgehend Berücksichtigung findet^).
1) V g l. d a z u H e in e r B o e h m e : P r e is s u b v e n tio n e n . E in B e itra g
z u r T h e o r ie d e r A u s g a b e n ira id e n z , B e rlin 1959 (F in an z w issen scäiaftli d ie F o r s d iu n g s a r b e ite n , N F . H . 20), S. 1 8 f f . ; u n d H a n s - J ü r g e n
G u n d 1 a c h : S u b v e n tio n e n a ls M itte l d e r V iT irtsd iaftsp o litik .
E in e t h e o r e ti s d i e U n te rs u c h u n g d e r E in sa tz n iö g lic h k e ite n , B e rlin
u n d F r a n k f u r t 1965, S. 2 ff.
2) G ü n te r S c h m ö l d e r s : F in a n z p o litik , 2. A u fl. B e rlin , H e id e l­
b e r g , N e w Y o rk 1965, S. 223.
3) V g l. K a rl-H e in ric h H a n s m e y e r ;
F in a n z ie lle S ta a ts h ilf e n
f ü r d ie L a n d w ir ts d ia ft. Z u r T h e o rie e in e r s e k to r a le n F in a n z p o litik ,
T ü b in g e n 1963, S. 33.
4) V g l. G ü n te r S c h m ö l d e r s ; F in a n z p o litik , a .a .O ., S . 222j
H a n s - J ü r g e n G u n d l a c h ; S u b v e n tio n e n , a .a .O ., S. 7; B ru n o
M o 1 i t o r ; S e k to ra le E in k o m m e n s v e rte ilu n g u n d W irts c h a f ts ­
p o litik . D ie P r o b le m a tik d e r B ra n c h e n s d iu tz p o litik . I n : H a m b u r­
g e r J a h r b u d i fü r W ir ts d ia f ts - u n d G e s e lls c h a fts p o litik , 12. J a h r
(1967), S. 105 u n d 112 f.
WIRTSCHAFTSDIENST 1967/XII
Wir bezogen zu Anfang die Frage der Beherrschbar­
keit auf Umfang, Dauer und Wirkung der Subvention.
Umfang und Dauer sind Budgetprobleme; wir können
hier von „haushaltspolitischer Beherrschbarkeit"
sprechen, wenn ein Sanktionsmechanismus vorliegt,
der verhindert, daß die Subvention einem „einge­
bauten Expansionstrend“ folgt, und der gleichzeitig
Möglichkeiten bietet, die Zahlungen zeitlidi zu be­
fristen. Damit ist freilich nur die Makro-Größe Sub­
ventionsbetrag beherrschbar geworden; bis zur Be­
herrschbarkeit der Inzidenz und der Wirkungen ist
nodi ein weiter Weg. Dabei ist es erforderlich, die
Höhe der Subvention bezogen auf den Destinatar,
die Bemessungsgrundlage und den Aufiagengrad als
staatliche Aktionsparameter so zu bestimmen, daß
die Reaktionen der Subventions-Destinatare auf
Signal- und Kaufkraftwirkungen (Erwartungspara­
meter) kontrolliert werden können. Ist diese „materiel­
le Inzidenz" gegenwärtig selbst theoretisch nodi weit­
gehend ungeklärt®), so gibt es dodi Ansatzpunkte,
den Wirkungsbereidi der Subventionen so weit ein­
zuengen, daß die Unsidierheit des Einsatzes vermin­
dert wird. Sie sollen nun diskutiert werden.
HÖHE DER SUBVENTIONEN
Die Höhe der Subventionen, d. h. der Betrag, der
auf den einzelnen Subventionsempfänger entfallen
soll, ist sicherlich einer der widitigsten Aktions­
parameter. Gleidiwohl ist sie nur sdiwer riditig zu
dosieren, da sie sowohl die „Merklichkeit" der Zah­
lung sichern als auch die Reizsdiwelle der Aktions­
bereitschaft des Unternehmers überwinden soll. Unter­
stellen wir ökonomisch-rationales Verhalten der
Unternehmer, so ist das Problem leidit lösbar. Die
Subvention müßte lediglich so hodi bemessen werden,
daß die vom Staat gewünschte unternehmerische Ver­
haltensweise für den Unternehmer rentabel wird.
Soll er beispielsweise eine bestimmte Investition durch­
führen, so ist der Zusdiuß so hoch zu wählen, daß
in der Investitionsrechnung des Unternehmers der
von ihm gewünschte interne Zinsfuß erscheint. So
rational reagiert jedoch kein Unternehmer, da seine
Entsdieidungen von Erwartungen abhängen, die sub­
jektiv gestaltet sind. Sollen Subventionen lediglidi
5) V g l. K u rt B i e n e r t : D ie P o litik d e r S u b v e n tio n e n in fin a n z w is s e n s d ia f tlid ie r B e tr a d itu n g . I n : F in a n z w is s e n s d ia f tlid ie F o r s d iu n g
u n d L e h re a n d e r U n iv e r s itä t z u K ö ln 1927-1967, B e rlin 1967, S. 108.
631
H a n sm ey er: Die B eh e rrsd ib a rk e it von Subventionen
Anreizfunktion haben, so müssen in die angeführte
Rechnung Risikobereitschaft und Entschlußkraft der
Unternehmer eingehen, subjektive Größen, die der
Wirtschaftspolitiker allenfalls schätzen kann. Dabei
kann er sich nicht an einem Durchschnittsunternehmer
orientieren, solange die Verhaltensweisen aller be­
troffenen Unternehmer zu weit um diesen Durchschnitt
streuen. Folglich muß sich die Dosierung der Sub­
vention in relativ weiten Margen bewegen. Eine zu
niedrige Subvention ist jedoch wegen der fehlenden
Merklidikeit von vornherein wirkungslos; eine zu
hohe ist im günstigsten Falle lediglich Vergeudung
von Mitteln; im schlimmsten Falle treten Neben­
wirkungen auf, die unerwünscht sind, weil sie „Folge­
subventionen" nach sich ziehen können.
Merklichkeit und Reizschwelle der Aktionsbereitschaft
sind auch deswegen besonders schwer beherrschbar,
weil vielfach der Subventionsdestinatar von der
ökonomischen Einsatzstelle der Zahlung relativ weit
entfernt ist. Sind nämlich Einsatzstelle und Destinatar
identisch, so kann die Merklichkeit auch mit ande­
ren Mitteln erhöht werden, z. B. mit Hilfe von
Auflagen technischer Ausgestaltung sowie durch den
Rhythmus der Subventionszahlungen. Alle diese
Ergänzungen zur Subventionshöhe wirken fast aus­
schließlich bei der Einsatzstelle; entfernen sich Ein­
satzstelle und Destinatar voneinander — wie bei
den meisten Preissubventionen ■
—•, so entscheidet im
Grunde nur noch die Höhe der Subvention über ihre
Merklichkeit. Daher finden wir hier einen ersten
Ansatz zur Steigerung der Beherrschbarkeit: Einsatz­
stelle und Destinatar müssen — im ökonomischen
Sinne — möglichst nahe beieinanderliegen; nur
dann ist es möglich, mit anderen als Liquiditäts­
mitteln die Wirkung der Subvention hinsichtlich Merk­
lichkeit und Reizintensität zu verbessern.
VERWENDUNGSAUFLAGEN
Hat eine Reaktion stattgefunden, so lassen sich
mehrere Wirkungsphasen unterscheiden, in denen
jeweils andere Maßnahmen einsetzen können, die das
Wirkungsspektrum einengen und damit den Grad der
Beherrschbarkeit zu steigern vermögen. In der ersten
Wirkungsphase treten bei allen Subventionen, die
an solche Bemessungsgrundlagen anknüpfen, auf die
der Destinatar Einfluß hat, „Signalwirkungen" auf.
Der Empfänger wird versuchen, seine Bemessungs­
grundlage möglichst groß zu gestalten (Auffang­
reaktion). Aber auch bei seinen Vorlieferanten und
Abnehmern sind Signalwirkungen zu erwarten, die
darauf abzielen, Angebots- bzw. Nachfrageelastizi­
täten so zu verändern, daß ein möglichst großer Teil
des Transferstromes vom Destinatar auf sie abge­
leitet wird. Politisch erwünscht sind derartige Signal­
wirkungen dann, wenn sie solche „Struktureffekte"
nach sich ziehen, die den Subventionszielen entspre­
chen. Da derartige Verhaltensänderungen — wie
bereits dargelegt — jedoch wegen des Risikos beim
632
Unternehmer einen hohen ökonomischen „Preis"
(Umfang der Subvention) fordern, sollte das Wir­
kungsspektrum mit nichtmonetären Mitteln eingeengt
werden. Dafür bieten sich vornehmlich Auflagen an,
die die Verwendung der Mittel im Sinne des Gesetz­
gebers lenken. Die Technik derartiger Verwendungs­
auflagen ist an anderer Stelle dargestellt worden ®);
hier sei nur darauf hingewiesen, daß solche
Handlungsanweisungen klare Zielvorstellungen des
Gesetzgebers voraussetzen. In dieser Sicht sind Sub­
ventionen ohne Verwendungsauflagen geradezu das
Zeichen für die Konzeptionslosigkeit des Gesetz­
gebers.
Verwendungsauflagen
haben
eine
zusätzliche
Funktion: Wenn die erwünschten Reaktionen ein­
treten sollen, müssen auch die Kanäle, in die die
Subvention möglicherweise versickern kann, verstopft
werden. Nur dann bleibt die Liquidität hoch genug,
um die Verhaltensänderung ökonomisch zu bewerk­
stelligen. — Allerdings sind dem Auflagengrad
Grenzen gesetzt, denn je geringer der Freiheitsgrad,
um so stärker werden die Widerstände gegen den
Empfang der Subventionen. Irgendwann ist schließlich
eine Grenze erreicht, an der die dirigistische Maß­
nahme der Subvention die Intensität von direkten
Kontrollen erreicht, so daß es fraglich wird, ob der
mit den Subventionen betriebene finanzielle Aufwand
noch gerechtfertigt ist oder ob nicht vielmehr die
gewünschten Verhaltensweisen administrativ erzwun­
gen werden sollen. Wie bei Steuern rückt dann das
Problem der Durchsetzbarkeit der Maßnahme in den
Vordergrund.
Verwendungsauflagen kreisen den Bereich der Inzi­
denz ein; sie bestimmen sicherlich nicht die „end­
gültige" Inzidenz, wie immer man z, B. in Anlehnung
an Musgrave die dann folgenden Sekundär- und
Tertiärwirkungen fassen mag. Selbst wenn diese
Frage offen bleibt, sie hat gegenüber auflagefreien
Subventionen geringere Bedeutung, weil die mög­
lichen Nebenwirkungen reduziert werden und weil der
Erfolg der mit Auflagen verbundenen Subventionen
bereits darin liegt, Verhaltensänderungen provoziert
zu haben. Gewiß ist auch das a priori keine Garantie,
denn es ist denkbar, daß die Summe der Neben­
wirkungen den Erfolg der Subvention aufwiegt und
fragwürdig macht. Zudem kann die Auflagen-Subvention als Anreizinstrument wenig erfolgreich sein und
die weiterhin gewünschten Folgewirkungen ausblei­
ben lassen, wenn aus der Inzidenz der Subvention
negative Rückwirkungen für den Destinatar folgen.
Nach alledem läßt sich leicht zeigen, daß zwischen
Höhe, Signalwirkungen und Inzidenz der Subven­
tionen Wechselwirkungen bestehen, die die Beherrsch­
barkeit erschweren. Je weniger die Inzidenz z. B.
aus technischen Gründen beim Destinatar liegt, um
so höher muß in der Regel die Subvention sein, um
„Sickerverluste" auszugleichen und damit die Reiz6) V g l. K a rl- H e in r id i H a n s m e y e r ;
f ü r d ie L a n d w ir ts d ia f t, a .a .O ., S. 32 f.
F in a n z ie lle
S f a a ts h ilf e n
WIRTSCHAFTSDIENST 1967/XII
H an sm ey er; Die B eherrschbarkeit von S ubventionen
schwelle der Reaktion überwinden zu können. Je
höher aber die Subvention, um so größer ist wieder­
um der im Haushalt anzusetzende Umfang, wodurch
die haushaltspolitische Beherrschbarkeit beeinträchtigt
wird. Je höher aber schließlich die Subvention wird,
um so größer wird gleidizeitig die Gefahr unkon­
trollierter Signalwirkungen und ungewünsditer Inzi­
denz bzw. unerwünschter Nebenwirkungen, die den
Zweck der Subvention verfälsdien.
Auf diese Weise bleibt ein hohes Maß an Unsidier­
heit selbst bei Auflagen, da sidi deren Wirkungsweise
im Zeitablauf ändern kann und da immer wieder
überprüft werden muß, ob ein allzu hoher Auflagen­
grad noch mit einer marktwirtsdiaftlichen Ordnung
vereinbar ist. Dies alles läßt die Forderung nach
dauernder Erfolgskontrolle der Subventionen laut
werden.
KONTROLLE DURCH GUTACHTER-KOMMISSION
Eine Kontrolle der Subventionen setzt mehreres vor­
aus. Zunächst müssen Subventionen als echtes wirt­
schaftspolitisches Instrument akzeptiert werden; das
bedeutet, daß der Wirtschaftspolitiker dieses Mittel
entgegen den Interessen einzelner Gruppen flexibel
einsetzen kann’), flexibel hinsichtlidi Dosierung und
Frist. Das bedeutet ferner, daß er dem Einsatz des In­
strumentes eine Effizienz-Analyse vorausschickt®), die
alternative Instrumente auf ihre Wirksamkeit unter­
sucht “). Zum Teil wird sich nach einer solchen Analyse
ergeben, daß die Subvention gar nicht das optimale
Werkzeug für ein bestimmtes Ziel ist. Diese EffizienzAnalyse verlangt aber — und das ist gleichzeitig
dritte Voraussetzung einer instrumentalen Subven­
tion —, daß eine genaue Definition des Subventions­
zieles nach quantitativen und qualitativen Merkmalen
gegeben wird, die nicht von Interessenten ins Unbe­
stimmte aufgelöst wird^°). Es sei nidit verkannt,
daß die Probleme der Zieldefinition erheblich sind,
da das quantitative Element meist nur eine sehr
geringe Rolle spielt, qualitative Elemente einer
exakten Definition aber häufig entzogen sind“ ).
Sind diese Bedingungen erfüllt, so kann die laufende
Kontrolle der Subventionen von einer Gutachter­
gruppe besorgt werden, die entweder in einer Art
„permanenter Inventur“ den Subventionshaushalt
durchleuchtet oder einmal in mehreren Jahren zuV g l. B ru n o M o l i t o r ; a .a .O ., S. 121.
8) A ls g e e ig n e te s In s tru m e n t b ie te t sich, d ie in d e r a n g e ls ä c h s i­
sch en L ite r a tu r e n tw ic k e lte C o s t-B e n e fit-A n a ly s e a n (V gl. d a z u :
A . R. P r e s t u n d R. T u r v e y :
C o s t-B e n e fit A n a ly s is : A
S u rv e y . I n : T h e E c o n o m ic J o u r n a l, V o l. 75 (1965), S, 683 ff., u n d
G ü n te r E i s h o l z : C o s t B e n e fit A n a ly s is : K rite r ie n d e r W ir ts c h a ftlid ik e it ö ffe n tlic h e r I n v e s titio n e n . I n : H a m b u rg e r J a h rb u c h
f ü r W irts c h a fts - u n d G e s e lls c h a fts p o litik , 12. J a h r (1967), S. 286 ff.).
9) S o auch d ie E m p fe h lu n g e n d e r v o m S ch w e iz e r B u n d e s r a t e i n ­
g e s e tz te n E x p e rte n g ru p p e in ih re m G u ta c h te n „ A llg e m e in e Ü b e r­
p rü f u n g d e r B u n d e s s u b v e n tio n e n " , B e rn , J u li 1966, S. 121; im
f o lg e n d e n z itie r t a ls a llg e m e in e Ü b e rp rü fu n g .
10) V g l.
K a rl-H e in ric h H a n s m e y e r : S u b v e n tio n e n in d e r
B u n d e s re p u b lik D e u ts c h la n d , B e rlin 1963 (F in a n z w iss e n s c h a ftlic h e
F o rs c h u n g s a rb e ite n , N .F .H . 25), S. 20.
11) V g l. K u rt B i e n e r t : a .a .O ., S. 112.
WIRTSCHAFTSDIENST 1967/XII
sammentritt, um dann die Subventionen zu über­
prüfen. Bestandteile der Prüfung müßten sein: die
Adäquanz des Instrumentes hinsiditlich des zu er­
reichenden Zieles (Untersuchung der Höhe, der Be­
messungsgrundlage und des Auflagengrades der
Subvention), Effizienz hinsichtlich alternativer Instru­
mente sowie Grad der Zielerreichung (kann die Sub­
vention abgesetzt werden?) *^).
Die Untersuchungen einer solchen Kommission haben
sich allerdings auch auf die Nebenwirkungen zu
erstrecken; denn erst aus dem Saldo von gewünsch­
ten Wirkungen und ungewünschten Nebenwirkungen
läßt sich das endgültige Urteil ableiten. Dabei muß
vor allem die Mentalität der Subventionsempfänger
ständig beobachtet werden, da die Wirkung der
Subvention abnehmende Ertragszuwächse aufweisen
kann, wenn bei den Destinataren Gewöhnung ein­
tritt, vor allem bei unmerklichen Subventionen, wie
bei versteckten Subventionen
Dann werden die
Transferzahlungen zu festen Bestandteilen der Kalku­
lation der Destinatare 1*), so daß mit großer Wahr­
scheinlichkeit das Ziel nicht mehr erreicht wird. Wird
nunmehr die Subvention gestrichen, so sind viele
Unternehmer nicht in der Lage, ihre Wirtschaftstätig­
keit aufrechtzuerhalten. Diesen Effekt rechtzeitig zu
verhindern, dürfte eine der vordringlichsten Aufgaben
der vorgeschlagenen Kommission sein.
Die Gutachter-Kommission klingt wie Utopie. Sie ist
es nicht, wie das Schweizer Beispiel zeigt: Im
März 1965 wurde dort auf Vorschlag des Eidg. Finanzund Zolldepartements vom Bundesrat eine fünf­
köpfige Expertengruppe zur Überprüfung der Bundes­
subventionen eingesetzt, deren Ergebnisse im Juli 1966
der Öffentlichkeit vorgelegt wurden,
Die Experten­
gruppe nahm sich den gesamten Subventionshaushalt
des Bundes vor und untersuchte die einzelnen Sub­
ventionen auf Zweckmäßigkeit. *®)
Sicherlich waren bei dem genannten Vorhaben die
politischen Schwierigkeiten weniger groß als bei
unserem Vorschlag, da der Begriff „Bundessubven­
tionen" neben Transferzahlungen an Private alle
innerstaatlichen Finanzausgleichszahlungen enthält,
die in dem Gutachten das Schwergewicht bilden. ” )
So verwundert es nicht, daß die Schweiz bereits 1910
eine Gruppe zur Überprüfung der Bundessubventionen
einsetzte ^®), die aber eigentlich die Aufgabe hatte,
die Schweizer Finanzausgleichsregelung zu durch­
denken.
Zunächst vermöchten die Aussagen der Expertengrup­
pe skeptisch zu stimmen. Mit Reserviertheit ver12) V g l. A llg e m e in e Ü b e rp rü fu n g , a .a .O ., S. 122.
13) V g l. B ru n o M o l i t o r : a .a .O ., S. 113.
14) V g l. K arl-H eln ricäi H a n s m e y e r : S u b v e n tio n e n in d e r BRD,
a .a .O ., S. 26 f.
15) V g l. A lle g m e in e
Ü b e rp rü fu n g , a .a .O .
16) V g l. A llg e m e in e Ü b e rp rü fu n g , a .a .O ., S . 10.
17) V g l. d ie D e fin itio n d e r B u n d e s s u b v e n tio n e n , A llg e m e in e Ü b e r­
p r ü f u n g , a .a .O ., S. 17.
18 )
V g l. A llg e m e in e Ü b e rp rü fu n g , a .a .O ., S. 10.
633
H a n sm ey er: Die B eherrschbarkeit von Subventionen
merkt sie, daß in der Schweiz mehrmals — zum Teil
allerdings auch mit Erfolg — Versuche unternommen
wurden, die Subventionen zu kürzen, so 1953 um
einige Millionen Franken, daß aber gleichzeitig die
Subventionen weiterwucherten und in der Zeit von
1950 bis 1965 sich vervierfachten, während die Ge­
samtausgaben lediglich den dreifachen Umfang annahmen.
Der Bericht hebt hervor, daß die eid­
genössischen Räte zwar einerseits die Initiative er­
griffen haben, die ebengenannte Expertengruppe ein­
zusetzen-“), daß sie „aber andererseits immer wieder
die Hand dazu (boten), wohlabgewogene Subventions­
vorlagen des Bundesrates großzügiger zu gestalten,
d. h. die vorgeschlagenen Beitragssätze erheblich zu
erhöhen oder den Anwendungsbereich der Regelung
fühlbar auszuweiten“. ^') Der Bericht belegt dann die
Verfehlungen der Räte mit Zahlen. Das „subventions­
politische Klima“ --) ist eben in der Schweiz nicht
viel besser als anderswo; „Einerseits muß festgestellt
werden, daß den Subventionen gegenüber in weiten
Kreisen eine betonte Toleranz Platz gegriffen hat
und daß sehr viele Beitragsleistungen des Bundes
zu selbstverständlichen Dauereinrichtungen geworden
si nd. . . Andererseits muß aber doch auch nachdrück­
lich festgehalten werden, daß die Mehrheit des Volkes
bei weitem nicht jede Subvention billigt, was bei
entsprechenden Abstimmungen übrigens schon wieder­
holt deutlich zum Ausdruck kam. Eine gewisse Ambi­
valenz ist jedenfalls unverkennbar und bietet jeder­
zeit die Möglichkeit, das Thema in der öffentlichen
Meinung in diesem oder jenem Sinne zu aktuali­
sieren".
ANSATZPUNKTE FÜR HAUSHALTSPOLITISCHE
BEHERRSCHBARKEIT
Die Überlegungen zeigen, daß sidi für die „Beherr­
schung" der Wirkungen von Subventionen die fol­
genden Mittel anbieten; Auflagengrad, Verstärkung
des Fachverstandes in der parlamentarischen Willens­
bildung, Analyse der alternativen Instrumente ex
ante sowie Kontrolle der Subventionen durch Exper­
tengruppen ex post. Gegenüber diesen insgesamt
doch recht begrenzten Mitteln sind die Möglichkeiten,
den Grad der haushaltspolitischen Beherrschbarkeit zu
steigern, zahlreicher und vielleicht auch wirksamer.
Daß damit vielfach auch Wirkungen präjudiziert
werden, sei hier nur angemerkt.
Die zeitliche Begrenzung des Subventionsansatzes
kann gesetzlich fixiert werden; sollte der Gesetzgeber
hiervon wieder abweichen wollen, so muß er zu­
mindest den Beweis für die Notwendigkeit des Fort­
bestehens der Subvention antreten. Die Begrenzung
der Höhe nach kann durch die Vorgabe eines Plafonds
19)
20)
äl)
22)
23)
634
V g l. A llg e m e in e
V g l. A llg e m e in e
V g l. A llg e m e in e
V g l. A llg e m e in e
V g l. A llg e m e in e
Ü b e rp rü fu n g ,
Ü b e rp rü fu n g ,
D b e ip iü fu n g ,
Ü b e rp rü fu n g ,
Ü b e rp rü fu n g ,
a .a .O .,
a .a .O .,
a .a .O .,
a .a .O .,
a .a .O .,
S.
S.
S.
S.
S.
12.
7.
14.
14.
16.
erfolgen. Dieser Plafond ist in mehrfacher Hinsicht
sinnvoll. Zunächst kann damit erreicht werden, daß
die beratenen Körperschaften sich darüber klar
werden, was eine bestimmte Subvention kosten soll.
Bei dem bisher meist üblichen Verfahren, Höhe und
Bemessungsgrundlage der Subventionen festzulegen,
dann aber abzuwarten, wie groß der Subventionsbe­
darf sein wird, bleiben die Kosten der Subventions­
aktion zumindest zum Zeitpunkt des Beschlusses im
Dunkel. Zudem kann der Plafond mit dem Repartitionsprinzip in Verbindung gebracht werden, d. h. es
kann gleichzeitig die auf den einzelnen Destinatar
entfallende Subvention bestimmt werden. Wächst die
Bemessungsgrundlage bei gleichbleibendem Plafond,
so sinkt die jeweilige Subventionshöhe und mit ihr
die Merklichkeit der Subvention, was — wenn ihr
Ziel erreicht ist — den Abbau der Subvention leichter
macht.
Sicherlich spiegelt die Höhe des Plafonds
den Preis wider, den der Gesetzgeber für das wirt­
schaftspolitische Ziel zu zahlen bereit ist. Es läge
daher nahe, den Subventionsempfängern diesen Preis
en bloc bekanntzugeben und ihnen nach Bekannt­
gabe der staatlichen Zielvorstellung die Verwendung
freizustellen. Es fragt sich jedoch, ob damit bereits
die Vorbedingungen für eine rationelle Verwendung
gegeben sind und vor allem, ob die Betroffenen
keinen Zweifel an der Absicht des Gesetzgebers
hegen, den Plafond wirklich aufzuheben. Das Problem
der richtigen Dosierung besteht im übrigen fort.
Schließlich kann die haushaltspolitische Beherrsdibar­
keit mit all den Mitteln erreicht werden, die das
Subventionsbegehren begrenzen helfen. Dazu gehört
zunächst, die Empfänger zu gewissen Eigenleistungen
zu verpflichten, bevor sie Subventionen in Empfang
nehmen können.
Damit ist allerdings eine gewisse
Selektionswirkung verbunden, die in der Regel die
Bessergestellten begünstigt, was häufig nicht im
Sinne der Subventionspolitik liegt. In dieselbe Rich­
tung zielen die Forderungen nach wirksamer Publizi­
tät, so daß Subventionen nicht versteckt gewährt
werden dürfen, z. B. als Übernahme von sozialen
Kosten, Steuervergünstigungen, niedrige Beiträge
einzelner Branchen zur Sozialversicherung, hohe Preise
bei öffentlichen Aufträgen, hohe Beanspruchung der
Sozialversicherung durch einzelne Branchen, die nicht
durch entsprechende Beitragszahlung gerechtfertigt
ist 2®); diese versteckten Subventionen sind zudem in
der Wirkung suboptimal, da sie das Erfordernis der
Merklichkeit nicht erfüllen. Zur Publizität gehört
ferner, daß sie einen weiten Kreis der Bevölkerung
erfaßt. Die seit 1959 dem Finanzministerium aufge­
tragene und seit 1962 in den Finanzberichten er­
schienenen Veröffentlichungen der Subventionen
24) V g l. K a rl-H e in ric h H a n s m e y e r ; S u b v e n tio n e n in d e r
BRD, a .a .O ., S. 29.
25) V g l. A llg e m e in e Ü b e rp rü fu n g , a .a .O ., S. 122.
28) D ie s e B e is p ie le fin d e n s id i b e i M o 1 i t o t , a .a .O ., S . 112 f.
27) V g l. B u n d e s ta g s d r u d c s a d ie III/1229 u n d F in a n z b e r id it 1962,
S. 112 ffi F in a n z b e r id it 1964, S . 116 f i.i F in a n z b e r id it 1966, S. 178 ff.;
F in a n z b e r id it 1967, S. 149 ff. z it. n a d i : G e r h a r d K r i s c h e r :
D ie S u b v e n tio n e n d e s B u n d e s . . . I n : D e r A r b e itg e b e r , J g . 19
(1967), S . 58.
WIRTSCHAFTSDIENST 1967/XII
H a n sm ey er: D ie B eh e rrsd ib a rk e it v o n Subventionen
genügen diesem Kriterium nicht. Die Publizität der
Subventionen kann sich allerdings als zweischneidiges
Schwert erweisen, da es vom „subventionspolitischen
Klima" abhängt, ob diese Publizität nicht nur zu
einer Neidreaktion führt, sondern tatsächlich Gegen­
kräfte gegen die „Subventionitis" mobilisiert.^®)
Ob allerdings der Vorschlag brauchbar ist, jedes Sub­
ventionsbegehren im Bundestag nur dann zuzulassen,
wenn gleichzeitig Vorschläge zu seiner Finanzierung
gemadit werden^®), muß nach den Erfahrungen bei
der Besteuerung bezweifelt werden. ®“) Immerhin aber
ist die Möglichkeit nicht auszusdiließen, daß — sofern
die Finanzierung einseitige Steuererhöhungen ver­
langt — die Betroffenen im Parlament eine wirksame
countervailing power bilden. Dagegen wäre es ein
gangbarer Weg, Subventionen grundsätzlich als Kre­
dite zu gewähren, die bei Niditerreichen des Zieles
28) A n s ä tz e fü r s o ld ie G e g e n k rä fte s c h e in e n v o r h a n d e n z u s e in
(v g l. d ie k r it is d ie B e h a n d lu n g d e s S u b v e n tio n s th e m a s in d e r Z e it­
s c h rift d e r B u n d e s v e r e in ig u n g d e r D e u ts c h e n A rb e itg e b e r v e r b ä n d e ,
D e r A rb e itg e b e r , J g . 19 (1967), H . 3.
29) V g l. W ilh e lm M e i n h o l d : S u b v e n tio n e n . I n : H a n d w ö r te r ­
buch d e r S o z ia lw is s e n s c h a fte n , S. 246.
30) V g l. G ü n te r S c h m ö l d e r s : F in a n z p o litik , a .a .O ., S. 224.
zurüdczuzahlen sind (und sei es aus der Konkurs­
masse) und nur bei erfülltem Ziel als verlorene Zu­
schüsse gelten. Damit würde den Subventionsempfän­
gern eine gewisse Risikolast aufgebürdet, die bei
aller Spekulation .auf die Großzügigkeit des Gesetz­
gebers nur diejenigen zu tragen bereit sein werden,
die optimistische Erwartungen hinsichtlidi der Sub­
ventionsverwendung haben.
Es ergibt sidi, daß die haushaltspolitische Beherrsch­
barkeit recht gut gesichert ist bzw. gesichert werden
kann. In gewisser Weise werden davon aber auch
die Wirkungen berührt, vor allem dann, wenn Umfang
und Frist der Subventionen begrenzt sind. Gerade
von dieser Tatsache werden zusätzlidie Signale aus­
gehen, die den Unternehmer zu rascherem Handeln
bewegen können. Es dürfte sich daher empfehlen,
vorrangig die Möglichkeiten der haushaltspolitischen
Beherrsdiung auszubauen, zumal für die Beherrschung
der Wirkungen noch manche wissenschaftliche Vor­
arbeit zu leisten ist und bei „perfekter" Beherrschung
mittels Auflagen immer wieder die Frage nach der
Systemkonformität der Subventionen gestellt und
beantwortet werden muß.
V E R Ö F F E N T L I C H U N G E N DES H A M B U R G I S C H E N W E L T - W I R T S C H A F T S - A R C H I V S
NEUERSCHEINUNG
E N T W IC K L U N G S L Ä N D E R
GEWERKSCHAFTEN
UND
von Christion Uhlig
Die Diskussion um eine w irksam e Entwickiungspolitik ist in ein kritisches
Stadium getreten. Die bisherigen Ergebnisse des von den Vereinten
N a tion e n propagierten „Entw icklungsjahrzehnts" sind enttäuschend.
W elche G rü n d e gibt es für d as V e rsa g e n ? A u f der Suche nach d y n a ­
mischen Entwickiungsträgern ist der A u tor auf die Transm issionskraft
der Gew erkschaften gestoßen: als aktive G rupp en können sie den
wirtschaftlichen Entw icklungsprozeß stim ulierend beeinflussen.
92 Seiten, 1967, O ktav, Preis brosch. D M 19,80
V E R L A G
WIRTSCHAFTSDIENST 1967/XII
W E L T A R C H I V
G M B H
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