Piazza Sonntag, 12. Juni 2016 / Nr. 24 Zentralschweiz am Sonntag 37 Schwyz – der süsseste unserer Kantone GENUSS Die kulinarische Reise durch die Zentralschweiz geht weiter. Auf der dritten Etappe hat sich unser Gastroexperte in Schwyz umgesehen. Schwyzer HonigLebkuchen-Parfait REZEPT (Form mit 1 Liter Inhalt) ! 2 grosse, rohe Eier ! 4 Eigelb ! 80 g Zucker ! 140 g Honig ! 1 EL Lebkuchengewürz ! 500 g Vollrahm ! geröstete Hasel- oder Baumnüsse ! frische Pfefferminzblätter HERBERT HUBER [email protected] Aus dem tiefen Innern heraus habe ich in den 1990er-Jahren Schwyz kennen gelernt. Im Haus der Stille im ehemaligen Kapuzinerkloster Arth. Nach 25 Jahren wirten und erst 51 Jahre jung, konnten meine Gertrude und ich die Stanser «Linde» auf dem Höhepunkt unserer Gastgeber-Karriere an unsere Nachfolger Beat und Regine Müller weitergeben. Zubereitung: ! Eier, Eigelb, Honig, Lebkuchengewürz und Zucker im Wasserbad warm aufschlagen, bis eine dicke Creme entsteht, anschliessend kalt rühren. ! Flaumig geschlagenen Rahm unterziehen, in passende Form abfüllen (Cake- oder Terrineform). Tiefkühlen. ! Eine halbe Stunde vor dem Servieren aus dem Tiefkühler nehmen, aus der Form stürzen, in Tranchen schneiden und nach Belieben in gehackten, gerösteten Nüssen wenden. Gefällig anrichten, mit Pfefferminzblatt schmücken. Zankapfel Hafechabis Aber wie weiter? Ich bin in mich gegangen, habe viel gebetet – und mit Klosterkost die Zukunft neu geplant. Die schmackhafte und bodenständige Küche ist mir bis heute in bester Erinnerung: Brotsuppe mit Kümmel, die Schwyzer Chässuppe, die Einsiedler Ofeturli (Käse-Zwiebelkuchen mit Kartoffelteig), der Märchler Hafechabis (Eintopf mit Kabis und Schweinefleisch, andernorts auch mit Lammfleisch). Der Hafechabis ist ein kulinarischer Zankapfel zwischen den sonst historisch verbrüderten Urschweizern. Auch Uri weist praktisch dasselbe Gericht als typische Kantonsspezialität auf. Das Original stamme aber «definitiv» aus Schwyz, betont Kathrin Fässler Grossen vom bekannten Gilde-Landgasthof Rösslipost in Unteriberg. Deshalb heisse es in Schwyz auch Hafechabis, nicht verniedlichend Häfelichabis. Gesegnetes und Ungeeichtes Zurück ins Kloster: Chriesiprägel gab es auch. Ebenso die unter anderem mit Brotresten, Lauch, Muotathaler Käse und einem Gutsch Rotwein zubereitete Ingenbohler Klostersuppe, für die der Bruder Koch viele Komplimente einheimsen durfte. Zum Tag der heiligen Agatha wurden die gesegneten Ringbrote (in Einsiedeln aus Zopfteig, in Schwyz aus Mutschliteig hergestellt), andächtig gegessen, mit Milchkaffee. Mir mundeten die süsseren Rigibock- oder Hölloch-Chräpfli, von Klosterbesuchern mitgebracht, ehrlich gesagt besser. Dazu gehörte gerne auch noch ein echtes Schwyzer Kirschwässerli (ohne geeichtes Glas), wie das Amen in der Kirche eben. Fortsetzung von Seite 35 Die Frau, die sich traut eben hinfällt. Meine Umgebung quittierte diese Beziehung mit einer Mischung aus Bewunderung und der Frage: «Hat die das nötig?» Ich sage schon lange nicht mehr: «Das passiert mir nicht.» Und das ist schön, es macht einen toleranter – sich selbst und anderen gegenüber. Müssen wir Frauen gelassener werden, was unsere Forderungen an uns selbst betrifft? Aeschbach: Problematisch ist sicher der Perfektionszwang vieler Frauen. Und dass viele sich konstant überfordern. Es tut gut, weniger streng mit sich selber zu sein. Betreiben wir zu viel Aufwand, was unser Aussehen betrifft? Aeschbach: Das kann ich nicht generell beantworten. Viele Frauen möchten ihren Typ unterstreichen – das ist toll. Leider fehlen für ältere Frauen die «Role Models». Es gibt so coole und attraktive Frauen über 50, aber sie tauchen in der Öffentlichkeit selten auf: höchstens in der Werbung fürs General-Abo oder für Mittel gegen Blasenschwäche. Mein Kollege aus der Wirtschaftsredaktion würde gerne wissen: Wer investiert mehr Geld ins Aussehen – die jüngere oder die ältere Frau? Aeschbach: (lacht) Mit zunehmenden Alter ist mehr Aufwand nötig. Das ist völlig logisch. Wichtig ist, sich nicht nur Rezept von Kathrin Fässler Grossen, Landgasthof Rösslipost, Unteriberg. In dieser Jahreszeit sind Erdbeeren das i-Tüpfelchen: Kathrin Fässler Grossen von der «Rösslipost» Unteriberg mit ihrem Honig-Lebkuchen-Parfait und dem passenden Gebäck dazu. Bild Dominik Wunderli Willy Benz, ein guter Freund und über zwei Jahrzehnte Präsident der Schwyzer Wirte, hat mir mit wertvollen Informationen «seinen» Kanton kulinarisch noch nähergebracht. Auch in der Küche gibt es natürlich Unterschiede zwischen Inner- und Ausserschwyz und dann auch noch Einsiedeln. Welten aber trennen die Regionen nicht. Mais und Fisch Wie andere Innerschweizer Kantone hat auch Schwyz früh Lebensmittel von ennet dem Gotthard importiert. Dass im Linthgebiet seit dem Mittelalter Mais angebaut wird, der vorab für Brot und Ribel verwendet wurde, dürfte auch darauf zurückzuführen sein. Da sowohl Inner- wie Ausserschwyz in Seenähe sind, überrascht es nicht, dass Fischgerichte und -suppen beidseits zu den Spezialitäten gehören. Eher erstaunlich ist, dass die Schwyzer Küche mit vielen Süssigkeiten aufwartet. Vielleicht geht das auf die Klöster zurück, deren Bewohnerinnen und Bewohner ja auch ihre Freude haben mussten. Nicht zu vergessen Pilgergebäcke wie etwa den Einsiedler Schafbock, ein scheibenartiger, runder Honigkuchen, dessen Oberfläche ein sitzendes Lamm schmückt. Eine gastronomische Erlebnisreise durch den Kanton Schwyz mit Rezepten bietet die Internetseite www.aechtschwyz.ch, auch mit guten Restaurantadressen. Wir landeten bei Kathrin Fässler Grossen und ihrem Mann Rolf Grossen in Unteriberg. In der «Rösslipost» ist es die Frau, die am Herd steht. Sie setzt auf viel Schwyzerisches (Muotathaler Urwaldschinken, Entrecôte vom SihlseeBioweiderind, Knusperli von Brüggli- übers Aussehen zu definieren. Ich selber investiere mehr Geld in mich als mit 30 – aber auch das hat Grenzen. Botox oder Schönheitsoperationen sind kein Thema für mich. Man hat das Gefühl, dass seit den Neunzigern Äusserlichkeiten zunehmend wichtiger werden. Warum? Aeschbach: Ja, das empfinde ich auch so. Der äussere Schein war noch nie so wichtig wie heute. Die sozialen Medien tragen sicher einen grossen Teil dazu bei. Aber der «Insta-Wahn» wird sicher irgendwann auch wieder abnehmen. Innere Werte? Zählen sie überhaupt noch? Aeschbach: Ich denke, ja. Der Mensch bleibt Mensch mit all seinem Fühlen, Sehnen und seinen Sorgen. Und: Auch die Schönen fragen nach dem Lebenssinn. Andere Frage, an die Stilberaterin: Warum gibt es eigentlich immer noch Leute, die denken, über 50 müsse man sich in Kostüm und Hosenanzug hüllen? Aeschbach: No-Gos sind lächerlich. Aber es gibt halt immer wieder Menschen, die denken, sie hätten den Stil gepachtet und könnten anderen vorschreiben, was sie tragen sollen. Auch eine 60-Jährige darf doch ihre schönen Beine zeigen. Den Paradiesvogel Iris Apfel beispielsweise finde ich super (New Yorker Geschäftsfrau, 94, Anm. d. Red.). Was werden Sie mit 70 noch tragen? Bikini, Jeans, Shorts, Latzhose, Blümchenkleid? Aeschbach: (lacht) Das kommt drauf an, Forellenfilets), wartet aber immer wieder mit innovativen Ideen und Zubereitungsarten auf (www.roesslipost.ch). Schwyzer Weine Sehr löblich, dass es in der «Rösslipost» auch Schwyzer Weine (vor allem Leutschner) auf der Karte hat, Weisse und Rote von den Gebrüdern Kümin in Freienbach und aus der Klosterkellerei Einsiedeln. Das einzige Weingut im Innerschwyzer Kantonsteil ist der Gutsbetrieb Sunnenhof in Immensee. Als Rezept aus der «Rösslipost» ausgewählt haben wir passend zum süssen Kanton ein Dessert (Parfait), das auch im Restaurant serviert wird. HINWEIS Die ersten zwei Folgen unserer Serie über Zentralschweizer Spezialitäten sind erschienen am 1. Mai (Uri) und am 22. Mai (Obwalden). Nein, merci. Ich finde auch: Endliches Leben hat eine besondere Schönheit. Die Zeit wird immer kostbarer. «Es tut gut, weniger streng mit sich selbst zu sein.» wie ich mit 70 aussehe! Ich hoffe, dass ich dann noch anziehen kann, was mir gefällt. Gibt es etwas, das Sie heute schon nicht mehr gerne tragen? Aeschbach: Von Natur aus habe ich einen eher zurückhaltenden Kleiderstil. Shorts und Minijupe trage ich schon lange nicht mehr. Mit 50 ist man im Denken so jung wie mit 30. Mit 70 oder 80 auch? Aeschbach: Das ist vermutlich auch eine Frage der persönlichen Fitness. Eine jugendliche Einstellung hängt eben auch von Gesundheit und dem jeweiligen Schicksal ab. Älterwerden ist nicht einfach. Energie, Gesundheit und Geduld lassen nach. Und Falten sind kein Grund für einen Freudentanz. Es gibt also Faktoren, die es erschweren, locker zu bleiben. Forever young. Die ewige Jugend – ist sie überhaupt erstrebenswert? Aeschbach: Wenn alle anderen sterben, bleibt man allein zurück. Da sage ich: Was mögen Sie am Älterwerden – und was nicht? Aeschbach: Ich mag es, gelassener zu sein. Toleranter zu sein, mit mir und mit meiner Umwelt. Ich schätze es, zu wissen, wer ich bin und was ich kann. Und wer ich nicht bin und was ich nicht kann. Ich bin froh, weder bitter noch zynisch geworden zu sein. Was ich am Älterwerden nicht mag: die gesundheitlichen Probleme und die körperlichen Veränderungen. Wie haben Sie Ihre 13 Gesprächspartnerinnen für das Buch erlebt? Glücklich? Oder ergeben ins Schicksal? Aeschbach: Mit viel Power. Alle haben auch in schwierigen Situationen ihr Leben gemeistert. Und sie besitzen die Fähigkeit, zu reflektieren und zu relativieren. Verfügen über eine gewisse Nachdenklichkeit. Eine jede hat ihre besondere Stärke. Ich wollte damit nun aber keine Jubelgeschichten aneinanderreihen, sondern Positives zeigen. Was von den Lesern durchaus geschätzt wird – das machen unter anderem die Reaktionen auf Facebook deutlich. Sie selber reflektieren im Buch ja auch Ihr eigenes Älterwerden. War es schwierig für Sie, so offen von sich zu erzählen? Aeschbach: Nein, das fiel mir nicht so schwer. Bereits in meinem ersten Buch über meine Panikattacken schrieb ich sehr offen über meine Befindlichkeit. Ich wollte mich aber nicht als Opfer darstellen. An beide Bücher bin ich darum mit einem Schwyzer Läbchueche ! 750 g Mehl ! 1 Päckli Backpulver ! 3 EL Lebkuchengewürz ! 2 EL Kakaopulver ! 750 g Rohrzucker ! 3 EL ÖL ! 3 EL Rahm ! 7 dl Milch Zubereitung Alle Zutaten gut verrühren. Den ziemlich flüssigen Teig auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech streichen. Anschliessend im vorgeheizten Ofen bei zirka 180 Grad 30 bis 40 Minuten backen. Auskühlen lassen. In 8 x 5 cm grosse Stücke schneiden. Mit Schlagrahm und Kafi (avec) servieren. Rezept aus www.aecht-schwyz.ch (Heinz Brassel, Seedamm Plaza, Pfäffikon). gewissen Humor herangegangen. Ich öffne mich dem Leser zu einem gewissen Grad, aber nie «porentief». Ich habe ein ganz gutes Gefühl, wie weit ich diesbezüglich gehen kann. Was hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert? War es früher einfacher, alt zu werden? Ohne Schönheitsdruck und Jugendwahn? Oder hat man heute das Glück, noch als jung zu gelten, wenn man schon älter ist? Aeschbach: Dass man heute länger jung bleiben kann und auch im Alter mehr Möglichkeiten hat als früher, sehe ich als Errungenschaft. Andererseits ist das Älterwerden nicht einfacher geworden. Weil die Gesellschaft dem Jugendwahn verfallen ist. Ich würde mir wünschen, dass sich die Generationen noch mehr vermischen. Im Beruf habe ich die Erfahrung gemacht, dass altersdurchmischte Teams super funktionieren. Man kann so viel voneinander lernen. Sie erzählen im Buch, viel von Ihrer Mutter gelernt zu haben, die sich bis zuletzt pflegte und gerne flirtete. Aeschbach: Meine Mutter hat mich geprägt mit ihrer Disziplin und ihrer Liebe zu Menschen, Tieren und allem Schönen. Auch ich habe die Menschen sehr gern. Je älter ich werde, desto mehr wird mir meine Mutter zum Vorbild. Wie altert man gut? Aeschbach: Indem man sich selber akzeptiert und sich immer weiterentwickelt. Offen bleibt und nicht zynisch wird. Genuss ist wichtig, und eine gewisse Demut dem Leben gegenüber. Dankbar altert man besser.
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