SO-Kolumne-2016-06-23

Südostschweiz | Donnerstag, 23. Juni 2016
«Wir in New Orleans essen
seit Jahrhunderten so»
Ein Hauch von Südstaaten-Flair legt sich über den Lago Maggiore.
Der amerikanische Spitzenkoch Brian Landry bringt ab morgen kreolische Küche
und Cajun Food aus New Orleans nach Ascona ans 32. Jazzfestival.
LEBEN
Essen & Trinken
Die Suche nach
wirklich gutem Brot
von Franco Jenal
Inhaber Buyfresh, Maienfeld
D
ie etwas Älteren unter uns erinnern sich
an die unterschiedlichen Geschmäcker und
Beschaffenheiten von Brot. So wie ich. Zum
Beispiel an die Ferien in Italien und an das Brot am
Frühstücksbuffet. Weisse Brötchen mit etwas Rinde
und viel Luft in der Mitte, dafür ohne Geschmack.
Aus Deutschland ist uns das säuerliche, dunkle und
kompakte Brot in Erinnerung, das erst noch geschnitten und im Plastikbeutel verpackt verkauft
wurde. Pumpernickel haben wir es genannt. Was
haben wir uns als Schweizer gerühmt, das beste
Brot auf der Welt zu backen. Immer knusprig und
schön feucht, intensiv im Geschmack und erst noch
lange haltbar. Stolz waren wir.
Und heute? Einheitsbrei, industrielle Produktion,
Aufbacken von vorgefertigten «Rohlingen». Die
Vielfalt ist enorm, die Qualität eher nicht. Wir
haben es so gewollt. Zu jeder Tages- und Nachtzeit
frisches Brot, wohlriechend und wenn möglich
noch warm, auch am Abend an der Tankstelle.
Das scheint uns Konsumenten wichtig zu sein. Um
diesem Kundenbedürfnis entsprechen und trotzdem wirtschaftlich arbeiten zu können, greift man
zurück auf sogenannte Backhelfer. Treibmittel,
Enzyme, Farbstoffe und so weiter. Es muss schnell
gehen und Form, Farbe und Geschmack müssen
immer gleich sein.
Der Faktor Zeit spielt dabei die Hauptrolle.
Und das ist das Problem. Ein wirklich gutes Brot
braucht neben den Zutaten Mehl, Wasser, Salz und
Hefe vor allem Zeit. Dem Teig Zeit lassen, sich zu
entwickeln, ist der Schlüssel. Lange Teigführung ist
das Fachwort.
Für mich ist Brot mehr als ein Grundnahrungsmittel. Es ist ein wunderbarer Genuss und Hauptdarsteller beim morgendlichen Ritual, zusammen
mit dem Kaffee und der Tageszeitung.
Qualität bedeutet auch Eigenständigkeit
Natürlich und zum Glück gibt es sie noch, die
Bäcker, welche sich der Qualität verschrieben haben
und wirklich gutes Brot backen. Einen davon, die
Bäckerei Haueter, habe ich in Adelboden entdeckt.
In zweiter Generation backen Susan und Marc
Haueter Brot und vieles mehr mit viel Liebe zum
Detail und ohne Kompromisse, wenn es um die
Qualität geht. Lange Teigführung, der Verzicht auf
den Einsatz von Enzymen und der natürliche Gewinn von Geschmack, Feuchtigkeit und Haltbarkeit
sind für die Haueters eine Selbstverständlichkeit.
Toll, dass man Haueter-Brot sogar online bestellen
kann. Adelboden liegt ja nicht gerade am Weg. Für
den Online-Versand wird das Brot zu rund 80 Prozent fertig gebacken. Dann wird der Prozess unterbrochen, das Brot abgekühlt und verschickt. Ich
kann es zu Hause dann fertig backen oder einfrieren und später noch einmal in den Ofen
schieben. Das Ergebnis überzeugt. Immer ofenfrisch,
sogar noch warm auf dem Tisch und
trotzdem in hervorragender Qualität.
Ich freue mich darauf, dass wir Konsumenten
wieder erkennen, was Qualität heisst und auf diese Weise dem guten Bäckerhandwerk zu neuem
Aufschwung verhelfen. Der Anfang ist gemacht.
Kontaktieren Sie unseren Autor zum Thema:
[email protected]
mit Brian Landry* sprach Reinhold Hönle
E
in Festival, das sich trotz der grossen Konkurrenz und einem beschränkten Budget behaupten will,
muss mehr als nur gute Musik bieten», erklärt Nicolas Gilliet. Der
künstlerische Leiter von Jazz Ascona – das
vom 23. Juni bis am 2. Juli an den Gestaden
des Lago Maggiore stattfindet – verlässt sich
dabei nicht allein auf das besondere Ambiente, das die Bühnen entlang des Sees erzeugen.
Er hat den amerikanischen Spitzenkoch und
Gastronomen Brian Landry beauftragt, das
kulinarische Angebot zum musikalischen
Schwerpunkt New Orleans auszubauen. Im
Gespräch mit der «Südostschweiz» verrät der
Koch, was für ihn die Faszination an der Südstaaten-Küche ausmacht.
Herr Landry, wie würden Sie die Küche
von New Orleans charakterisieren?
BRIAN LANDRY: Louisiana ist eine der wenigen Regionen in Amerika mit einer eigenen
Küche, der all die Völker, die sich im Mississippi-Delta niedergelassen haben, ihren Stempel
aufgedrückt haben: Franzosen, Spanier, Deutsche, Italiener, Iren und Afrikaner. Die Einwohner mögen ihre Küche auch, auswärts wie
Zuhause. Das entspricht dem globalen Trend
zur regionalen Küche, hat jedoch nichts damit
zu tun – wir in New Orleans essen schon seit
Jahrhunderten so! (Lacht)
Können Sie uns die Einflüsse an einem
Beispiel aufzeigen?
Ein Gericht wie Gumbo, das es in einer kreolischen und in einer Cajun-Variante gibt, ist ein
Zusammenspiel aus verschiedenen Zutaten.
Man verwendet Okra, das afrikanischen Ursprungs ist, Filé-Puver, die gemahlenen Blätter
des Sassafrasbaums, die schon die amerikanischen Ureinwohner für ihre Küche entdeckten Meerestiere wie die Spanier in
ten,
ihrer Paella und geräucherte
Wurst, wie die Deutschen
sie mitbrachten.
Was unterscheidet
eigentlich die kreolische Küche und
Cajun Food?
Die kreolische Küche
ist etwas feiner, mehr
von der französischen
Küche beeinflusst und
eher in Restaurants im
Zentrum von New Orleans zu finden. Cajun ist
würziger, schärfer und rustikaler. So wird eher auf dem
Lande gekocht. In Ascona bieten wir bei der Eröffnung
Jambalaya, ansonsten
jedoch vor allem
kreolische Gerichte an.
«Ich überlegte mir,
was mich auf Dauer
wohl glücklicher machen
würde: als Arzt zu
arbeiten oder als Koch.»
Wie wurde Ihre Leidenschaft fürs Kochen
entfacht?
Ich stamme aus einer sehr grossen Familie, die
sich mehrmals pro Woche zum Essen im Haus
meiner Mutter oder bei meiner Grossmutter
versammelte. Ich mochte schon als Jugendlicher den sozialen Aspekt, aber die Passion
fürs professionelle Kochen entwickelte sich
erst zu der Zeit, als ich in guten Restaurantküchen Geld für mein Studium verdiente.
Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Sie
dazu bewegt hat, das Arztstudium aufzugeben?
Nein, aber nach einigen Jahren merkte ich
einfach – überlegte ich mir einfach – was
mich wohl auf Dauer glücklicher machen
würde. Da ich gerne koche, mit anderen Menschen zusammenarbeite und meine Kreativität auslebe, entschied ich mich, meine Ausbildung an der Culinary School der Johnson & Wales University fortzusetzen.
Welche beruflichen Stationen haben Sie
geprägt?
Beim «Charleston Grill» habe ich gearbeitet,
weil ich von Chefkoch Bob Wagner lernen
wollte. Nachdem Wirbelsturm «Katrina» New
Orleans verwüstet hatte, ging ich für fünf Jahre zum «Galatoire’s», weil ich mithelfen wollte, diese Restaurant-Ikone – die Grande Dame
der kreolischen Küche – wieder zum Leben zu
erwecken.
Welche Aufgabe hatten Sie danach beim Louisiana Seafood Board?
Nach der Explosion der Ölbohrplattform Deepwater
Horizon im Golf von Mexiko 2010 waren die Leute
sehr skeptisch, ob man
Meerestiere aus Louisiana
überhaupt noch essen kann.
Als wissenschaftliche Messungen ergeben hatten, dass
ihr Genuss wieder bedenkenlos möglich und ihre Qualität so gut wie früher ist, übernahm ich die Aufgabe sehr gerne, als Sprecher dieser Organisation durch Amerika zu reisen und für dieses
wunderbare Lebensmittel zu werben, das für
die Wirtschaft und den Lebensstil Louisianas
von grosser Bedeutung ist.
Was hat Ihnen besonders geschmeckt, als
Sie vor einem Jahr in Ascona waren?
Wir haben feine Tagliatelle gegessen, mehrere
tolle Risotti und ein Fleischgericht mit einer
Fischsauce – Vitello tonnato – es war fantastisch. Was ich ganz besonders mochte an der
dortigen Küche, war die Frische und Einfachheit dieser Gerichte. Und ich habe den kulturellen und kulinarischen Austausch mit den
Köchen der Restaurants in Ascona sehr geschätzt und mich deshalb sehr gefreut, dass
einige von ihnen im Januar auch für eine Woche zu uns nach New Orleans kamen.
* Brian Landry ist Küchenchef der Besh Restaurant
Gruppe und lebt mit seiner Frau und drei Kindern in
New Orleans.
Brian Landry kocht am 32. Jazz Ascona
(24. Juni bis 2. Juli) im New Orleans-Village
an verschiedenen Ständen Po’Boys
(Sandwiches), Jambalaya, Gumbo und
weitere Spezialitäten.
Ente- und Andouille-Gumbo
Rezept von Brian Landry (6 Portionen).
1/2 EL Pflanzenöl
1 EL gewürfelte Zwiebel
1/2 EL gewürfelter Sellerie
1/2 TL trockener Oregano
1/2 TL gemahlene Nelken
1 TL Chilipulver
1 TL Paprika
1/2 TL gemahlener Roter Pfeffer
1
Andouille-Wurst (oder eine
andere pikante, kräftig
geräucherte Schweinswurst),
längs halbiert
und in Halbmonde geschnitten
1/2 EL gewürfelter grüner Peperoni
1
zerdrückter Knoblauch
1/2 TL Piment (Nelkenpfeffer)
1/2 TL getrockneter Thymian
2
Lorbeerblätter
1,75 l Geflügel-Bouillon
30 g Worcestershiresauce
1
Stück Entenbrust
gebraten und in Stücke
1 TL Filé-Puver (aus den
gemahlenen Blättern des
Sassafrasbaums)
Salz und schwarzer Pfeffer
In einem grossen Suppentopf erhitzen Sie
daas Öl, fügen die Zwiebeln bei und braten
dieese, bis sie karamellisieren.
Weenn sie braun sind, aber nicht verbrannt,
stääuben Sie das Mehl darüber und
rühren ständig, bis Sie eine dunkelbraune
Meehlschwitze haben.
Füügen Sie den Sellerie, den Oregano, die
Geewürznelke, das Chilipuder, den Paprika
unnd das Chilipulver bei.
Weenn der Sellerie gar ist, geben Sie als
näächstes die Andouille-Wurst und das
Enntenfleisch hinzu. Kochen Sie etwa zehn
Miinuten weiter, bis die Wurst auszulaufen
beeginnt. Fügen Sie die grünen Peperoni,
deen Knoblauch, das Piment, den Thymian
unnd die Lorbeerblätter hinzu. Kochen Sie,
biss die Peperoni gar sind.
Geeben Sie unter ständigem Umrühren
Scchöpflöffel um Schöpflöffel GeflügelBoouillon bei. Kochen Sie das Gumbo auf
unnd lassen es danach weitersimmern. Stäubeen Sie das Filé-Pulver darüber und lassen
Sie
S alles ungefähr eine Stunde kochen.
Fügen Sie immer wieder soviel Bouillon
wie nötig bei, um das Volumen beizubehalten. Schöpfen Sie alle Unreinheiten
oder Öl, das oben schwimmt, ab. Würzen Sie mit Pfeffer und Salz. Servieren
Sie dieses klassische Eintopfgericht aus
Louisiana mit gedämpftem Reis. (so)