Moderne Hexereivorstellungen, Hexenjagden und der sekundäre Okkultismus Tagesseminar Samstag: 25.6.2016, Referent: Dr. Felix Riedel, Freischaffender Ethnologe Universität zu Köln, Alte Mensa Raum S 203 11:00-12:45 Vorstellungsrunde Klärung spezifischer Leitfragen der Teilnehmenden Einführung Bildvortrag: Moderne Hexenjagden – Hotspots, Entwicklungen, Gegenstrategien 13:15 – 15:15 Fortsetzung Einführungsvortrag: Ritualmorde und Ritualmordlegenden, Ebola-Scare, Okkultes Gerücht (Beispiel: Internetbetrug), andere magische Ideologeme im Trikont. Diskussion Eigenrecherche und Impulsreferate zu den Themen: Reiki/Fernreiki, Quantenmedizin, Geomantie/Heilende Steine, Neoschamanismus, Astrologie. Leitfrage: Wie vollzog sich historisch die Aufspaltung von magischen Vorstellungen und gewalttätigen Projektionen im Westen? 16:15 – 17:45 Uhr Kritische Theorie zum sekundären Okkultismus Gemeinsame Textarbeit an Adornos „Aberglaube aus zweiter Hand“. Magie in der Dialektik der Aufklärung. Warum die positivistische Strategie (GWUP etc.) gegen den sekundären Okkultismus fehlschlägt. 18:15 – 18:30 Abschlussdiskussion Mitzubringen: Theodor W. Adorno: Aberglaube aus zweiter Hand. In: Soziologische Schriften 1. 147-176. (Lassen wir Euch auf Anfrage gerne als PDF-Version zukommen) Eigene Literatur zum Thema, falls vorhanden. Moderne Hexereivorstellungen, Hexenjagden und der sekundare Okkultismus Religiöse Körperkonzepte befinden sich global in einem Konkurrenzkampf mit aufklärerischen biomedizinischen1 und psychosomatischen Modellen. Spezifikum der sekundären okkultistischen Bewegungen im Westen (v.a. Homöopathie, Anthroposophie, Neoschamanismus, Astrologie, islamischer Spiritualismus) ist, dass sie den bereits erreichten naturwissenschaftlichen Fortschritt widerrufen. An den Peripherien der Industriegesellschaften treffen Biomedizin und sekundärer Okkultismus gleichermaßen auf traditionelle Körper-Geist-Konzepte. Die entstehenden Missverständnisse und Mischformen haben drastische Auswirkungen auf die Epidemiologie, aber auch auf die gesellschaftlichen Prozesse in diesen Staaten. Die Ausbreitung der evangelikalen Strömungen im Trikont hat kaum zu überschätzende Folgen für Politik und Bildung. Ihre wichtigste Strategie ist die Wunderheilung, die meist mit einem Exorzismus von Dämonen und Hexen einhergeht. Wo staatliche Gewaltmonopole absent sind und geringe Legitimität genießen, entstehen leicht Hexenjagden. Ökonomische Disparitäten werden rasch magisiert: als realer Ritualmord zur Reichtumsgewinnung und als Ritualmordlegende zur Erklärung von Reichtum. Der Workshop führt in die Phänomene Sekundärer Okkultismus und Hexereivorstellungen ein. An den ideologischen Formen wird die Wechselwirkung von Sein und Bewusstsein augenfällig, die herkömmlichen positivistischen Ableitungsmarxismus („Das Sein bestimmt das Bewusstsein“) hinterfragt, um differenzierte Modelle der Kritischen Theorie auszuarbeiten. Die Dialektik der Aufklärung wird von den aktuellen Stilblüten von Ideologieproduktion in der unfreien Gesellschaft bestätigt. Für die Vorbereitung empfohlen wird die Lektüre von Adornos „Aberglaube aus zweiter Hand“ sowie die eigenständige Recherche zu einer Strömung des modernen Okkultismus (z.B. Aurafotographie, Geomantie/Heilsteine, Quantenmedizin, Homöopathie), idealiter mit dem Ergebnis eines eigenständigen Kurzreferates (5-15 Minuten). Dr. Felix Riedel ist freischaffender Ethnologe. Er hat über „Hexenjagd und Aufklärung in Ghana“ promoviert und leitet die Organisation „Hilfe für Hexenjagdflüchtlinge“. Sein Blog „Nichtidentisches“ und seine wissenschaftlichen und journalistischen Publikationen verbinden die Religionskritik und Ideologiekritik der Kritischen Theorie mit ethnographischer Empirie. 1 Biologisch fundierte, naturwissenschaftliche Medizin, wie sie an den Universitäten gelehrt wird.
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