WEITERBILDUNG UND BERATUNG Heterogenität und soziale Ungleichheiten Themenreihe 2016 «Handeln, ohne zu verstehen?» Bildungseinrichtungen und Lehrende sind Gatekeeper in der Verteilung von Lebenschancen und verfestigen oder verändern soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft. Der Bildungserfolg von Lernenden hängt nicht nur von ihrem Verhalten und ihren Kompetenzen ab, sondern ganz wesentlich auch von den Möglichkeiten, die ihnen Schule und formale Bildung insgesamt eröffnen. Die Beteiligung des Bildungswesens und von Lehrenden an der Herstellung und Fortschreibung sozialer Ungleichheiten durch Bildungsprozesse findet dabei wenig Beachtung. Im Lehrplan 21 wird Heterogenität als «Beschreibung der Verschiedenheit und Vielfalt innerhalb schulischer Lerngruppen, insbesondere anhand von Alter, Geschlecht, Leistung, Sprache und Herkunft» verstanden. Gemeinhin liegt der Fokus auf dem Umgang mit Heterogenität. Pädagogen und Pädagoginnen wollen wissen wie gehandelt und damit (ja womit denn nun genau?) umgegangen werden kann. Lagerstrasse 2 8090 Zürich phzh.ch Die sechsteilige Themenreihe bietet hingegen Anlass, um zu verstehen, wie sich soziale Ungleichheiten im Alltag der (Hoch-)Schule herstellen und fortschreiben. Verstehen wird dabei als professionelle Fähigkeit von Pädagoginnen und Pädagogen verstanden. Es geht um das Verstehen von anderen, «fremden» Alltags- oder Lebenswelten (Milieus), damit überhaupt wahrgenommen werden kann, was Lernende wissen und können, und es geht um «Arbeit an der Passung» und an den eigenen Normalitätsvorstellungen. Für Schulleitungen und Lehrpersonen wie auch für Dozierende von Pädagogischen Hochschulen und andere Interessierte bietet diese Themenreihe eine Plattform für Austausch und Diskussion. Wir laden Sie ein, an einem oder mehreren Themenabenden teilzunehmen. Seite 1/2 Wovon reden wir eigentlich? Habitusmuster von Studierenden einer PH Die Rede über individuelle Vielfalt trifft auf die soziale Tatsache der milieuspezifischen Sozialisation Die Rede über Heterogenität in Schule und Bildung ist durch Unklarheiten, Handlungsaufforderungen und Normativität geprägt. Das Postulat der individuellen Vielfalt und der Glaube an die Leistungsgerechtigkeit des Bildungswesens trüben den Blick auf sozial bedingte Ungleichheiten in Lern- und Bildungsprozessen. Mittwoch, 28. September 2016, Zeliha Aktas, Petra Hild – und nicht Selbststeuerung, Begabung oder Intelligenz als Erfolgskriterien Wie zeigt sich der Habitus in der Studierpraxis angehender Lehrpersonen? Die Analyse von ausführlichen Gesprächen mit Studierenden einer PH macht milieuspezifische Unterschiede in der Aneignung von Lerninhalten, im Lern- und Bildungsverständnis und in den damit verbundenen Erwartungen ans Studium ersichtlich. Es wird deutlich, dass das bildungspolitische und pädagogische Plädoyer für selbstgesteuertes Lernen den Bedürfnissen und Neigungen gewisser privilegierter sozialer Gruppen entspricht. Donnerstag, 1. Dezember 2016, Petra Hild Was zählt tatsächlich? Das Zusammenspiel von sozialer Herkunft, Migration und Geschlecht Abhängig vom milieuspezifischen Habitus, vom Geschlecht und von Effekten migrationsbedingter Erfahrungen stehen Lernenden ungleiche Ressourcen und Handlungsstrategien zur Verfügung, um das Projekt der sozialen Mobilität (gesellschaftliche Auf- und Abstiege) zu verfolgen. Dienstag, 4. Oktober 2016, Zeliha Aktas, Regina Scherrer «Ways with words» im Kindergarten (ProSpiK) Gelegenheitsstrukturen zur Aneignung kommunikativer Formen In acht Kindergärten aus verschiedenen Kantonen wurden Alltagsgespräche zwischen den Kindergartenlehrerinnen und den Kindern videografisch dokumentiert und analysiert. Es kann gezeigt werden, wie Lehrpersonen und Kinder «kommunikative Formen» des Kindergartens gemeinsam konstruieren, und wie Kinder bei der Aneignung dieser «ways with words» unterstützt werden können, indem zum Beispiel stillschweigendes, «implizites» Wissen zum Thema gemacht wird. Mittwoch, 26. Oktober 2016, Dieter Isler, Sibylle Künzli Kann «Schule» ohne «Besser-schlechter-Modus» überhaupt kommunizieren? Fähigkeitsunterschiede und die Grammatik der Schule als blinde Flecken «heterogenitätspädagogischer» Reflexion Seit Langem wird in pädagogischen Diskussionen über «Heterogenität» die Forderung erhoben, die Schule habe unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeiten gleichermassen anzuerkennen und Bewertungsprozesse im Besser-schlechter-Modus aufzugeben. Der Einsatz detaillierter Kompetenzraster zur Erfassung individueller Fähigkeiten gilt den einen als Musterbeispiel für eine erfolgreiche Umsetzung der Anerkennungsforderung – und den anderen als Indiz für eine Zuspitzung des Besser-schlechter-Modus. In Form einer Debatte soll in die Kontroverse eingeführt werden. Mittwoch, 23. November 2016, Kai Felkendorff, Stefan Lüönd Lagerstrasse 2 8090 Zürich phzh.ch Habitusmuster von Lehrpersonen – auf Distanz zur Kultur der unteren sozialen Milieus Anhand exemplarischer Analysen lässt sich zeigen, dass Lehrpersonen keineswegs eine homogene Gruppe bilden. Verbunden mit ihren milieuspezifisch verschiedenen Haltungen sind unterschiedliche Erwartungen an die Schülerinnen und Schüler, die sich in ihren Bewertungen widerspiegeln. Dazu kommt, dass Lehrpersonen über Milieugrenzen hinweg in ihrer Einschätzung der unteren sozialen Milieus übereinstimmen, von deren Kultur sie sich durchgängig distanzieren. Dienstag, 13. Dezember 2016, Andrea Lange-Vester Kosten je CHF 95.Zeiten 17.30-20 Uhr Ort Campus PH Zürich Informationen und Anmeldung phzh.ch/themenreihen T 043 305 51 00 phzh.ch/weiterbildung
© Copyright 2024 ExpyDoc