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Wann ist ein Journalist nach dem Urheberrechtsgesetz
geschützt? Das Urheberrecht und seine Verwandten
Frank C. Biethahn · 16. Juni 2016
Unter Journalisten bestehen vielfach Unklarheiten darüber, was nach dem
Urheberrechtsgesetz überhaupt geschützt ist, wer Schutz genießt und wogegen der
Schutz greift. DFJV-Vertragsanwalt Frank C. Biethahn klärt über die Rechtslage auf.
Das Urheberrechtsgesetz schützt das Urheberrecht und “verwandte Schutzrechte”.
Solche “verwandten Schutzrechte” sind keine Urheberrechte, genießen aber
weitgehend den gleichen Schutz.
So vielfältig wie journalistische Leistungen sein können, ist auch die Rechtslage. Für
Journalisten besonders relevant sind dabei der Schutz von Texten und Bildern. Schutz
genießen können aber z. B. auch Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und
Filme.
Geschützter Content
Texte sowie die meisten anderen Arten von Content können als “Werk” geschützt
sein, wenn sie als “persönliche geistige Schöpfungen” zu werten sind, das heißt, wenn
sie “Schöpfungshöhe” aufweisen. Fotos sind dagegen schon ohne Schöpfungshöhe
weitgehend geschützt, mit Schöpfungshöhe nur etwas weitgehender (länger und
etwas stärker). Das bedeutet, dass Fotos stärker geschützt sind als Texte, weil Texte
Schutz überhaupt nur dann genießen, wenn sie Schöpfungshöhe aufweisen.
Was “Schöpfungshöhe” genau bedeutet, wird in der Rechtsprechung nur mehr oder
weniger vage umrissen. Anhand von Texten erläutert, lässt sich sagen: Es soll auch
die sogenannte “kleine Münze” geschützt sein. Eine gewisse individuelle Prägung soll
ein Text aber besitzen, was allerdings in der Regel – nach BGH-Rechtsprechung –
sogar bei nüchternen Texten wie Nachrichten vorliegt.
Im Ergebnis kann man festhalten: Sobald eine nicht völlig unerhebliche “Schöpfung”
stattgefunden hat, liegt Schöpfungshöhe vor. Sie zeichnet sich durch eine gewisse
Individualität aus, die sich im Text niederschlägt. Ob der “Schöpfungsakt” besonders
aufwendig war oder der Schöpfer besonders qualifiziert, spielt keine Rolle,
maßgeblich ist allein das Ergebnis. Ein nicht-schöpferisches Ergebnis von einem
Experten, das dieser in langwieriger Arbeit erstellt hat, besitzt keine Schöpfungshöhe;
ein schöpferisches Ergebnis von einem Laien, das dieser spontan erstellt hat, hat
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Schöpfungshöhe.
Individualität kann sich aus der Art und Weise ergeben, wie der Inhalt ausgewählt,
eingeteilt, dargestellt und angeordnet wird. Je individueller das Ergebnis ausfällt,
desto eher besteht Schutz. Je länger ein Text ausfällt, desto eher dürfte eine gewisse
“individuelle Note” vorliegen, desto eher ist ein Text daher in aller Regel geschützt –
pauschal an der Länge festmachen, lässt sich der Schutz aber nicht. Regeln wie “ab …
Wörtern” oder “ab … Zeichen” lassen sich mit den gesetzlichen Vorgaben nicht
vereinbaren.
An der Schöpfungshöhe fehlt es von vornherein, wenn der Verfasser keinen Spielraum
für individuelle Gestaltungen hat, wenn die Umstände ihm also zwingend ein Ergebnis
vorgeben.
Denn ohne diesen Freiraum kann der Verfasser auch nicht “schöpfen”. In den meisten
Fällen bestehen aber ausreichende Spielräume für eine individuelle Gestaltung, sei es
z. B., dass andere sprachliche Gestaltungen gewählt werden können, sei es, dass der
Inhalt anders verarbeitet werden kann. Werden diese genutzt, kann Schöpfungshöhe
erreicht werden.
Ob Schöpfungshöhe vorliegt, hängt von der Würdigung des Einzelfalls ab und kann
auch nur im Einzelfall festgestellt werden.
Geschützte Journalisten
Ein Journalist ist nur dann geschützt, wenn (und soweit) er Berechtigter am Content
ist. Der “Schöpfer” ist der “erste Berechtigte” an der Schöpfung. Allerdings kann er
anderen Nutzungsrechte daran einräumen, die sein eigenes Recht beschränken – so
wie ein Grundstückseigentümer sein Grundstück mit Hypotheken und Grundschulden
belasten kann. Je mehr Nutzungsrechte er anderen (wirksam) eingeräumt hat, desto
weniger verbleibt ihm selbst von seinem Recht. Eine vollständige Übertragung des
Urheberrechts auf einen anderen ist nach deutschem Recht allerdings in aller Regel
unmöglich. Manchmal schützt das Gesetz den Urheber bei Rechteeinräumungen –
unklare Gestaltungen gehen meist nicht zu seinen Lasten (§ 31 Abs. 5 UrhG – s. dazu
unten, unter “Schutz wogegen”).
Angestellte Urheber räumen im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses ihrem Arbeitgeber
oft sehr weitgehende Nutzungsrechte ein, die mit dem Arbeitslohn abgegolten sind.
Eine Urheberbezeichnung ist für die Berechtigung nicht notwendig. Der Urheber ist
auch dann Urheber, wenn er nicht auf seinem Werk vermerkt ist. Allerdings ist eine
Urheberbezeichnung sinnvoll (sie kann die Rechtsdurchsetzung erheblich erleichtern
und Risiken vermindern), und es besteht auch ein Anspruch darauf.
Die Urheberpersönlichkeitsrechte verbleiben stets beim Urheber. Auch wenn er – z. B.
einem Verlag – Rechte einräumt, verbleiben diese also bei ihm. Dazu gehört das Recht
auf eine Urheberbezeichnung (s. soeben), aber z. B. auch, Entstellungen und andere
gravierende Änderungen untersagen zu dürfen.
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Genießen Journalisten Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz, stellt sich die Frage,
wogegen genau. Der Schutz ist nämlich nicht umfassend. Nicht jede Nutzung ist
überhaupt urheberrechtsrelevant, und nicht jede urheberrechtsrelevante Nutzung ist
verboten.
Nicht urheberrechtsrelevant ist z. B. der reine “Werkgenuss”. Wer einen Text liest
oder ein Bild betrachtet, nutzt dieses nicht in urheberrechtlich erheblicher Weise.
Anders sieht es aus, wenn der Content vervielfältigt (dazu gehört z. B. auch das
Fotografieren oder Einscannen) oder verbreitet bzw. online gestellt wird.
Wer urheberrechtlich geschützten Content in urheberrechtlich erheblicher Weise
nutzen will, braucht dazu eine Erlaubnis. Diese kann er vom Berechtigten erhalten, sie
kann sich aber auch aus dem Gesetz ergeben.
Die Erlaubnis, die vom Berechtigten erteilt wird, hat mehrere “Tücken”.
Problematisch ist, dass der Nutzer nicht wissen kann, ob sein Gegenüber wirklich
berechtigt ist, ihm eine solche Erlaubnis zu erteilen. Ist sein Gegenüber der Urheber,
könnte er bereits einem anderen so umfassende Nutzungsrechte eingeräumt haben,
dass er die jetzt beabsichtigte Erlaubnis gar nicht mehr wirksam erteilen kann. Selbst
wenn das Gegenüber wirklich berechtigt ist, gibt es vielfach Überraschungen. Oft ist
der Umfang der Erlaubnis durch Eingreifen gesetzlicher Regelungen anders als
erwartet. Zu bedenken sind dabei insbesondere § 31 Abs. 5 UrhG sowie § 38 Abs. 1
UrhG. Während § 31 Abs. 5 UrhG sich zugunsten der Urheber auswirkt, schlägt § 38
Abs. 1 UrhG auf Seiten der Nutzer aus.
§ 31 Abs. 5 UrhG regelt, dass Unklarheiten zu Lasten des Nutzers gehen. Wenn sich
aus der Vereinbarung nicht klar ergibt, welche Rechte der Nutzer haben soll, erhält er
im Zweifel weniger. Dann gilt, dass er nur das an Rechten erhält, was sich aus dem
“von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck” ergibt. Da beide
grundlegend gegensätzliche Interessen haben (der Nutzer möchte möglichst viele
Rechte erhalten und dafür wenig Vergütung leisten, beim Berechtigten ist es genau
umgekehrt), wird das nur ein enger Bereich sein. Bei einem Buchprojekt hätte eine
unklare Regelung im Verlagsvertrag z .B. zur Folge, dass der Verlag im Zweifel nur zu
einer Auflage mit maximal 1.000 Exemplaren befugt wäre. Typisch für das Eingreifen
von § 31 Abs. 5 UrhG sind Regelungen, die besagen, dass der Nutzer “alle Nutzungsund Verwertungsrechte” erhalte, aber auch solche, die die einzelnen Rechte nicht
hinreichend konkret darstellen. Da das schwierig ist, sind viele Verlagsverträge in
diesem Punkt mindestens zweifelhaft.
§ 38 Abs. 1 UrhG sieht u.a. vor, dass Zeitschriftenverlage im Zweifel ein
ausschließliches Nutzungsrecht zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen
Zugänglichmachung für ein Jahr haben. Sobald dem Verlag die Veröffentlichung
“gestattet” wird, entsteht dieses weitgehende Exklusivrecht, wenn nichts anderes
vereinbart wurde. Zeitschriftenverlage werden in diesem Punkt vom Gesetzgeber
privilegiert.
Beim zweiten Punkt, der Erlaubnis, die sich aus dem Gesetz ergibt, ist zu
beachten, dass dabei der jeweilige gesetzliche Tatbestand genauestens eingehalten
werden muss. Bei der geringsten Abweichung greift die Erlaubnis nicht und liegt ggf.
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eine Urheberrechtsverletzung mit allen Folgen vor. Gesetzliche Erlaubnisse ergeben
sich u. a. aus §§ 44a ff. UrhG.
Dauer des Schutzes
Das Urheberrecht erlischt siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers (§ 64 UrhG). Zu
Lebzeiten des Urhebers läuft sein Urheberrecht daher niemals aus. Wenn keine
Schöpfungshöhe vorliegt, besteht normalerweise auch kein Schutz nach dem
Urheberrechtsgesetz. Greift ausnahmsweise eines der verwandten Schutzrechte aus
dem Urheberrechtsgesetz, gilt eine andere Frist.
Für Fotos mit Schöpfungshöhe gelten daher die normalen Regeln, für solche ohne
besteht ein Schutz von fünfzig Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem das Foto
hergestellt (nur bei Fotos, die innerhalb der Frist nicht veröffentlicht wurden) bzw.
veröffentlicht wurde.
Fazit
Journalisten genießen für den von ihnen erstellten Content weitgehenden Schutz nach
dem Urheberrechtsgesetz. Nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch wahrnehmen.
Wie hilft der DFJV seinen Mitgliedern beim Thema Urheberrecht? Der DFJV bietet
seinen Mitgliedern eine kostenfreie, individuelle und zügige Rechtsberatung
(Erstberatung) an. Mehr Informationen erhalten Sie hier. Zudem informieren wir in
Rechts-News zu wichtigen Themen. Bei komplexen, auch rechtlichen Fragestellungen
hilft Ihnen der DFJV darüber hinaus durch verschiedene Leitfäden.
Titelillustration: Esther Schaarhüls
Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen FachjournalistenVerbands (DFJV).
Der Autor Frank C. Biethahn ist Inhaber einer u. a. auf
Urheber- und Medienangelegenheiten spezialisierten Kanzlei
bei Hamburg. Er ist bundesweit tätig. Als Vertragsanwalt des
DFJV ist er für die Mitglieder-Rechtsberatung zuständig,
zudem ist er Lehrbeauftragter an Hochschulen in Hamburg.
Dieser Beitrag wurde publiziert am Donnerstag den 16. Juni 2016 um 13:30
in der Kategorie: Homepage-oneColumn, Recht.
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