Köstliche Sauerkirschen

wohlfühlen+genießen
Die Sorte bestimmt den Schnitt
Sauerkirschen schneidet man am besten im Sommer
nach der Ernte. Wichtig ist die Wuchsform der Sorte.
‘Gerema’, ‘Morellenfeuer’ und ‘Schattenmorelle’ fruchten an den 20–40 cm langen einjähri­
gen Trieben. Mehrjährige Triebe bilden nur noch an
der Spitze fruchtbare Kurztriebe mit zwei bis drei
Blütenknospen (s. Detailzeichnung). Um zu verhin­
dern, dass der untere Bereich verkahlt, kürzt man
überhängende „Peitschentriebe” auf eine jüngere,
nach außen und oben weisende Verzweigung ein.
Sie sind wieder da!
Köstliche Sauerkirschen
D
Mit der Ernte muss man sich ein wenig länger gedulden als bei Süßkirschen.
Dafür kann man die sauren Früchte nach und nach verwerten und roh genießen
oder daraus leckere Kuchen, Desserts oder Kompott und Marmelade bereiten
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MEIN SCHÖNER GARTEN | Juli 2016
ie ‘Schattenmorelle’ kennt
fast jeder – meist jedoch nur
aus dem Glas. Dennoch ist
diese Züchtung so beliebt,
dass ihr Name in vielen Rezepten als
Synonym für Sauerkirschen verwendet
wird. Dabei handelt es sich lediglich
um eine sehr ertragreiche Sorte aus
dem Erwerbsanbau. Auf ihrem Sieges­
zug hat sie viele traditionelle Sauer­
kirschen verdrängt. Zu Unrecht, denn
darunter sind einige, die weniger anfäl­
lig für die Spitzendürre und besonders
geschmackvoll sind.
Bei der Sortenwahl unterscheidet
man Amarellen und Weichseln.
Typisch für Amarellen wie ‘Ludwigs
Frühe’ oder ‘Königliche Amarelle’ ist
eine leuchtend rote Schale, hellgelbes
Fotos: Florapress (2)/Lena Möhler/Nova Photo Graphik, Friedrich Strauß; Zeichnungen: MSG/Sylvia Bespaluk
Die süßsauren Früchte schmecken frisch vom Baum und lassen sich wunderbar verarbeiten. Neue
milde Sorten und aromatische Raritäten früherer Zeiten verhelfen der Sauerkirsche zu neuen Ehren
Fleisch und ein heller, nicht färbender
Saft. Bei Weichselkirschen wie ‘Koröser
Weichsel’ sind Schale, Fruchtfleisch
und Saft dunkelrot und färben kräftig
ab, deshalb sollte man beim Entsteinen
Handschuhe und eine Schürze tragen.
Eine regionale Rarität ist ‘Minister von
Podbielski’ mit leicht nach Bitterman­
deln schmeckenden Früchten. Die bes­
ten Sauerkirschen enthalten ebenso
viel Zucker wie Süßkirschen. Und wie
es sich für eine Sommerfrucht gehört,
warten sie dazu mit etwa demselben
Anteil an erfrischender Säure auf.
In den großen Obstanlagen wer­
den Sauerkirschen ausschließlich für
die Verarbeitung zu Saft oder Konser­
ven kultiviert. Frische Früchte sucht
man im Handel meist vergeblich, und
das gilt nicht nur für die spritzig-fruch­
tigen alten Sorten, sondern auch für
extramilde Neuzüchtungen, beispiels­
weise ‘Achat’.
Sauerkirschen wachsen schwächer als Süßkirschen. ‘Koröser
Weichsel’ bildet eine
dichte, kugelige und
gut verzweigte Krone
mit aufrechten Trieben.
Die Züchtung ist hochwiderstandsfähig
gegen Monilia und eignet sich auch für den
Anbau in Höhenlagen,
benötigt aber eine
andere Sorte zur
Befruchtung
‘Koröser Weichsel’, ‘Karneol’, ‘Morina’
oder ‘Safir’ wachsen aufrechter und
neigen kaum zum Verkahlen. Diese Züch­
tungen tragen an den einjährigen Langtrieben,
aber auch an mehrjährigen Kurztrieben und bilden
wie Süßkirschen zusätzlich sogenannte „Bukett­
triebe“ (s. Detailzeichnung) mit mehreren, rosettenartig angeordneten Blütenknospen. Diese Sorten
schneidet man weniger streng. Kappen Sie mehr
als drei Jahre alte Fruchttriebe und schneiden Sie
diese vor einem jüngeren, zweijährigen Trieb ab.
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