Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, eine besondere literalrhetorische Form der frühchristlichen Schriftauslegung bei Ambrosius von Mailand zu erforschen. Diese Form besteht darin, biblische Gestalten zum Gegenstand der Auslegung zu machen und die so geprägten Gestalten als “Text” zu sehen, der durch Auslegung analog zu dem gewohnten Schrifttext erschlossen werden muss. Daneben verfasste Ambrosius aber einige exegetischen Traktate, die sich nicht dem Text eines bestimmten Buches, sondern den großen alttestamentarische Gestalten widmen und diese wie einen Text auslegen, sodass die Hörer sowohl den unmittelbaren Charakter der biblischen Person (gleichsam ihren "Literalsinn" oder historia ) als auch deren tiefere Bedeutung (gleichsam ihren "geistlichen Sinn") erkennen, sei es als Typos für Christus oder die Kirche oder kirchliche Sakramente (mysteria ) oder als Verkörperung bestimmter Tugenden, als moralisches Vorbild und "Schauspiel" für die Christen, die mit ihrem Glaubenswissen und dem Blick des Glaubenden im Leben und Handeln dieser Patriarchen "mehr" erblicken" als deren Zeitgenossen. Für Ambrosius sind die Gestalten des Alten Testaments nicht nur Muster der Tugenden, sondern auch eine besondere Methode, um verschiedene theologische Dimensionen der Schrift vorzustellen. Manchmal finden wir polemische, dogmatische, moralische und kirchenpolitische Deutungen. Hiobs Gestalt konstruiert sich, zum Beispiel, im Traktat „De interpellatione Job et David“ hauptsächlich von Gerichtsbild. Dieses Konzept zu verdeutlichen, erforsche ich erstens das alttestamentarische Buch Hiob als Sammlung von Gerichtsmomenten: Anklage von Hiob, Anklage von Hiobs Freunden, Gottes Gerichtsrede. Zweitens erforsche ich die Verwendung der rhetorischen Begriffe, Konstruktionen, Metaphern, die ab Cicero und Quintilian gehen, im Aufbau des Traktats. Drittens zeige ich die Entstehung der christlichen Eschatologie als Gerichtstag in der Theologie des Ambrosius' und anthropologische Dimensionen des Prozesses des Beichtens aus eschatologischen ambrosianischen Perspektive. Davids Gestalt konstruiert sich im Traktat „Apologia prophetae David“ als Königs-Gestalt, aber auch diese ganze Erzählung ist eine politische Metapher auf Kaiser Theodosius, um ihn zu kritisieren und ihm das Bespiel des beichtenden Königs zu zeigen. Der ganze Traktat ist auf zwei Teilen geteilt: Die Ve r t e i d i g u n g s r e d e v o n A m b r o s i u s ü b e r d i e Tu g e n d e n d e s D a v i d s u n d Selbstverteidigungsrede des Davids in der Form der Auslegung des 50. Psalms. Diese Rede wird von der Struktur als rhetorische Mittel der Ethopoieia eingeführt. Wir können diese zweiteilige Struktur auch als apologetische Gattung "Concessio" verstehen, die aus zwei Formen besteht (purgatio und deprecatio). Gleichzeitig ist es aber eine Illustration zur paulinischen Aussagen: Der Ambrosianische Verteidigung ist nach dem Gesetz gemacht wurde; die Selbstverteidigungsrede von David in 50.Psalm (LXX) aber ist eine Zeugnis der Wirkung der Gnade Gottes im Ereignisse des Beichtens und der Vergebung.
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