66-16 BGH bestätigt Jugendkammer 2

Presse
Landgericht Hannover
07.06.2016
LANDGERICHT HANNOVER:
Messerstich auf Punker - Bundesgerichtshof bestätigt
Urteil der 2. Großen Jugendkammer (34 KLs 4/15)
Die Verurteilung des Angeklagten Florian W. wegen des Messerangriffs auf einen Punker am
12. Februar 2015 ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten
mit Beschluss vom 03. Mai 2016 einstimmig als unbegründet verworfen (3 StR 57/16).
Die 2. Große Jugendkammer des Landgerichts Hannover hatte den Angeklagten nach
insgesamt 14 Hauptverhandlungstagen mit Urteil vom 26. November 2015 unter
Einbeziehung eines Urteils des Amtsgerichts Mainz aus 2014 wegen gefährlicher
Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von 1 Jahr 6 Monaten verurteilt.
Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, am Abend des 12. Februar 2015 auf dem ErnstAugust-Platz in Hannover während einer Auseinandersetzung mit sich dort aufhaltenden
Punkern unvermittelt ein Messer gezogen und in Richtung des Halses eines der Beteiligten
gestochen zu haben. Dem Geschädigten soll er hierdurch eine Stichwunde unweit der
Hauptschlagader zugefügt haben.
Nach durchgeführter umfangreicher Beweisaufnahme stand für die Kammer fest, dass sich
der alkoholisierte, aber in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkte
Angeklagte durch die Überzahl der Punker bedrängt und bedroht gefühlt hatte, der weiteren
körperlichen Auseinandersetzung aber auch nicht ausweichen, sondern sie austragen wollte.
Zu diesem Zweck nahm er nach den Feststellungen der Kammer ein geöffnetes
Einhandmesser mit einer Klingenlänge von ca. 7cm so in die Hand, das die Klinge - für Dritte
nicht erkennbar - nach unten zeigte. Auf seine Bewaffnung wies er die unbewaffneten Punks
nicht hin. Vielmehr schlug er mit der messerbewehrten Hand im weiteren Verlauf der
Auseinandersetzung ohne jegliche Vorwarnung schräg von oben kommend wuchtig in
Richtung des Oberkörpers eines der ihn angreifenden Punker, traf diesen im Bereich der
linken Halshälfte und verursachte so eine etwa 2cm breite klaffende Stichverletzung mit
einem ca. 5cm langen von außen leicht in Richtung der Halsmitte verlaufenden Stichkanal,
der direkt an der Halshauptschlagader vorbeiführte und potentiell lebensgefährlich war. Als
der Geschädigte nicht hinfiel, erkannte der Angeklagte zur Überzeugung der Kammer, dass
Nr. 66/16
/ Dr. Stephan Loheit
Pressestelle
Volgersweg 65, 30175 Hannover
Tel.: (0511) 347-2695
Fax: (0511) 347-3550
-1-
www.landgerichthannover.niedersachsen.de
E-Mail:
[email protected]
er noch nicht alles Erforderliche zu der ihm weiterhin möglichen Tötung des Geschädigten
unternommen hatte, und ließ von ihm ab.
Die so festgestellte Tat wertete die Kammer als gefährliche Körperverletzung mittels eines
anderen gefährlichen Werkzeugs gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB. Eine
Strafbarkeit wegen tateinheitlich begangenen versuchten Totschlags verneinte die Kammer
aufgrund des freiwilligen Zurücktretens vom nicht fehlgeschlagenen, unbeendeten
Tötungsversuch (§ 24 Abs. 1 StGB). Ebenso verneinte sie eine Rechtfertigung der Tat durch
Notwehr im Sinne von § 32 StGB, weil sie diese mangels vorheriger Androhung des
Messereinsatzes für nicht erforderlich hielt. Eine Entschuldigung wegen Notwehrexzesses
(§ 33 StGB) schloss die Kammer ebenfalls aus, weil die Grenzen der Notwehr nicht aus
Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschritten worden sind.
Das Urteil ist damit rechtskräftig.
§ 24 StGB
[Rücktritt]
(1)
Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat
aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des
Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und
ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(…)
§ 32 StGB
[Notwehr]
(1)
Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2)
Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen
rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
§ 33 StGB
[Überschreitung der Notwehr]
Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken,
so wird er nicht bestraft.
(Az.: 34 KLs 4/15)
(Stichwort: "Messerstich auf Punker")
Dr. Stephan Loheit
Richter am Landgericht
Medienmanager
-2-
Das Landgericht Hannover - allgemeine Informationen (Februar 2016):


Bedienstete insgesamt:
davon Richterinnen und Richter:

Landgerichtsbezirk:
o Amtsgerichte Burgwedel, Hameln, Neustadt a. Rbge., Springe, Wennigsen

Strafrecht:
o 11 große Strafkammern
 1 Schwurgericht, zugleich auch allgemeine Strafkammer
 8 allgemeine Strafkammern
 3 Jugend- und Jugendschutzkammern
o 7 Strafvollstreckungskammern
o 7 kleine Strafkammern, davon 1 zugleich als kleine Jugendkammer
o 3 Kammern für Bußgeldsachen, davon 2 als Jugendkammern

Zivilrecht:
o 23 Zivilkammern (erste und zweite Instanz)
o 7 Kammern für Handelssachen

Zahlen und durchschnittliche Verfahrensdauer am Landgericht:
o Strafsachen:
2013
Neueingänge insgesamt :
1.597
davon 1. Instanz:
185
davon Schwurgericht:
25
davon 2. Instanz:
857
davon Beschwerden:
555
216
89
Erledigungen (ohne Beschwerden):
1. Instanz:
davon Schwurgericht:
Erledigungsdauer (Monate):
davon Schwurgericht:
2. Instanz:
Erledigungsdauer (Monate):
o Zivilsachen:
Neueingänge insgesamt :
davon 1. Instanz:
davon 2. Instanz:
davon Beschwerden:
Erledigungen (ohne Beschwerden):
1. Instanz:
Erledigungsdauer (Monate):
2. Instanz:
Erledigungsdauer (Monate):
2014
1.662
191
21
812
659
2015
1.701
169
20
823
709
2013
181
20
7,3
3,5
803
5,7
2014
186
24
9,4
4,2
812
5,9
2015
158
13
7,4
3,4
832
5,7
2013
8.557
6.122
1.089
1.346
2014
8.011
5.585
1.211
1.215
2015
8.689
6.441
1.122
1.126
2013
6.548
11,3
1.164
5,3
2014
5.871
10,6
1.131
5,1
2015
5.817
10,6
1.177
5,3
Die Medieninformationen des Landgerichts Hannover finden Sie auch im Internet auf der
Internetseite
des
Landgerichts
Hannover
unter
der
Rubrik
„Aktuelles
und
Medieninformationen“:
-3-