EINLADUNG Brasilien Brasilien - Ein Land der Zukunft Der Weltbürger Stefan Zweig war von Brasilien fasziniert. Nach seiner Emigration nach London erhielt er 1940 in Brasilien eine Aufenthaltsbewilligung. „Es ist unmöglich, Brasilien, eine so weiträumige Welt, vollkommen zu kennen“, schrieb er in seinem Buch über das Land. Mitte des 19. Jahrhunderts entflohen viele dem Hunsrück und gingen nach Brasilien, filmisch nacherzählt von Edgar Reitz in „Die andere Heimat“. Geblieben sind vielfach Kontakte auch nach Rheinland-Pfalz. Brasília wurde nach Rio de Janeiro und Salvador da Bahia neue Hauptstadt und ein Symbol der Moderne. Lúcio Costa und Oscar Niemeyer entwarfen Stadt und Gebäude. Orson Welles und Walt Disney kamen 1942 nach Brasilien, um zu filmen. Vom 16. bis 19. Jahrhundert wurden versklavte Afrikaner nach Brasilien verschleppt. So hat Brasilien neben der indigenen Bevölkerung auch afrikanische Vorfahren und Wurzeln, dazu historisch die Portugiesen als Kolonialisten. Nach Jahren der Militärdiktatur wird seit 1985 demokratisch frei gewählt. Geschichte und Politik wurden auch durch soziale Bewegungen geprägt, durch Arbeiter-, Landarbeiter- und Schwarzenbewegung, in sozialen Fragen engagieren sich Basisgemeinden und Theologie der Befreiung. Am Amazonas-Regenwald hat Brasilien den größten Flächenanteil, als tropischer Regenwald Lebensraum für unzählige Arten und als Ökosystem Garant des Weltklimas, immer wieder bedroht durch Abholzung, zugleich geheimnisvoller Urwald. In der Literatur nach Modernismo, Regionalismo, dann magischer Realismus etwa von Paulo Coelho. In der Musik Bossa Nova, Samba, Tanz und Karneval. Im Sport neben Volleyball, Handball natürlich Fußball. Und der Film? Nós vamos ao cinema – im Jahr der olympischen Spiele in Rio de Janeiro unter dem Motto „Viva sua Paixão – Lebe deine Leidenschaft!“ Das AlleWeltKino zeigt ausgewählte Spielfilme, am ersten Montag im Monat ▪ von fremden und gefährdeten Kulturen ▪ mit Einführung und Einladung zum Nachgespräch. Das Alle Welt Kino ▪ lässt Menschen ihre Geschichte erzählen ▪ lädt ein zum Schauen und Nachdenken ▪ lässt fremde Kulturen zur Sprache kommen. Veranstaltende: Brasilien Viva sua Paixão – Lebe deine Leidenschaft – Olympische Spiele 2016 . Evangelische Erwachsenenbildung Mainz . Katholisches Bildungswerk Mainz . Kath. und Ev. Hochschulgemeinde . medien.rlp - Institut für Medien und Pädagogik e.V. . Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz . Volkshochschule Mainz . Weltladen Unterwegs Informationen: 06131 253-280 Wir senden Ihnen gerne das Programm auch per Mail zu. Registrieren Sie sich einfach unter: www.alleweltkino.de Montags um 19:30 Uhr im Kino Palatin Hintere Bleiche 6 – 8, 55116 Mainz Eintritt: 4,50 € - Ermäßigt: 3,50 € www.alleweltkino.de P RO G R A M M VIVA SUA PAIXÃO- BRASILIEN 07. März 2016 O Dragao da Maldade contra o Santo Guerreiro / Antonio das Mortes BRA 1969: Glauber Rocha, 99 Min., OmU, DVD Die Bevölkerung von Jardim Das Piranhas, erzittert vor Coirana. Der Fremde Neuankömmling ist Cangaceiro, einer jener berüchtigten Banditen, die die verarmte brasilianische Steppenregion seit Jahrzehnten heimsuchen und Angst und Schrecken verbreiten. Antônio das Mortes, berühmter Cangaceiro-Killer, wird vom Oberst Horacio, gedungen, das Böse und Aufständische in Gestalt der Cangaceiros und Propheten auszurotten. Es beginnt ein Duell zwischen dem «Drachen des Bösen» und dem «Heiligen Krieger». Aber Antônio erkennt, daß er den Aufständischen näher steht, schlägt sich auf ihre Seite und bereitet den Feudalherren ein schreckliches Ende. Letzter Film von „Cinema Novo“-Regisseur Glauber Rocha vor seiner Emigration aus Brasilien: Legenden, die Spontaneität des Volkstheaters und das Pathos der Oper verschmelzen zu einer mitreißenden Revolutionsparabel. Cannes: Beste Regie 04. April 2016 Terra Vermelha / Birdwatchers BRA/I 2008: Marco Bechis, 108 Min., BD: OmU Eine kleine Gruppe brasilianischer Guarani-KaiowáIndianer beschließt, ihr armseliges Reservat zu verlassen und wieder auf dem ehemaligen Stammesgebiet zu siedeln. Doch der einstige Urwald ist jetzt Brachland, das keine Nahrung und keinen Unterschlupf bietet, weil es in die Planungen des Plantagenbesitzers Moreira einbezogen ist, der Weidegründe für seine Rinder und Pflanzraum für (Soja-)Monokulturen sucht. Moreira hat keine Handhabe, um die Indianer zu vertreiben, tut aber alles, ihnen das Leben so schwer wie möglich zu machen. Ein Pistoleiro, der die Indianer einschüchtern soll, scheitert, wird gedemütigt und vertrieben. Moreira hat schlechte Karten, auch wenn die Indianer nicht solidarisch agieren. Da der Urwald nicht mehr viel hergibt, ist man auf Geld und Lebensmittel angewiesen und muss auf die eine oder andere Art Geld verdienen. Viele arbeiten im Geschäft eines weißen Händlers, sehr zum Unwillen des Stammesführers, dessen eigener Sohn dem Ruf des Geldes folgt. Erst nach vielen Irrwegen und Konflikten kommen die verunsicherten Indianer zur Besinnung und erringen einen zumindest moralischen Sieg. 02. Mai 2016 A Floresta de Jonathas / Im dunklen Grün BRA 2012: Sérgio Andrade, 98 Min., OmU, DCP Jonathas und seine Familie lebt vom Verkauf ihrer Früchte an der Straße, die mitten durch den Dschungel führt. Sein Bruder Juliano zieht sich den Ärger des Vaters zu, weil er ständig mit Touristinnen flirtet und mit ihnen zu Tagesausflügen verschwindet. Einmal begleitet ihn Jonathas auf einen Ausflug mit der schönen Ukrainerin Milly. Am nächsten Morgen will Jonathas für sie wilde Maracujas suchen. Dabei verirrt er sich im tiefen Grün des Dschungels. Andrades Geschichte wurde von einer wahren Begebenheit inspiriert. Vor allem durch seine ungemein virtuose Gestaltung entführt der Film in ein eigenes Universum. Andrade verortet das Geschehen in einer ganz konkreten Lebenswirklichkeit alltäglicher Verrichtungen. Diese Erzählweise bietet die Basis für ein filmisches Erleben, das die Grenzen zwischen Innen- und Außenwelt, zwischen Realismus und Poesie, zwischen Natur und Fantasie auflöst. Andrade lädt die überquellende Pracht des Dschungels mit seinen sattgrünen und grellbunten Farbpaletten mythisch auf, der Regenwald wird zu einem eigenen Akteur, einem riesigen, atmenden Lebewesen, in dem die Menschen fast zu verschwinden drohen: Ein ganz und gar filmisches Erlebnis, das alle Möglichkeiten der Filmkunst ausschöpft und den Zuschauer völlig gefangen nimmt. Narradores de Javè / Geschichten aus dem Javé 06. Juni 2016 BRA 2003: Eliane Caffé, 100 Min., OmU, DVD Eine poetische Schelmengeschichte aus Brasilien, die sich zur heiteren Meditation übers Erzählen verdichtet: Um ihr Dorf im Javé-Tal vor der Überflutung durch einen Staudamm zu retten, wollen die Bewohner ihrem Ort historische Größe andichten. Der ungeliebte Briefträger soll als Chronist die mündlichen Überlieferungen der Bewohner zu Papier bringen. Da es aber wenig Großes zu berichten gibt, macht sich der fantasiebegabte Postler an der Dorfhistorie zu schaffen und liefert die brauchbaren Mythen. Eine feinsinnige Reflexion über Kunst und die Künstlichkeit des Erzählens, die mit der jeweiligen Perspektive spielt, aus der die Erinnerung überliefert wird. Ab 16. 04. Juli 2016 Antônia - O Filme / Antonia BRA 2009: Tata Amaral, 90 Min., OmU, BD Sie reißen ihre Hände hoch und senken sie im schnellen Rhythmus der gescratchten Beats vom Plattenteller. Preta, Lena, Mayah und Barbarah rappen, wie es sonst nur die Männer tun. Sie reimen von Freiheit, von Selbstbestimmtheit und Selbstbewusstsein – fremde Dinge für vier BackgroundSängerinnen aus der Favela Brasilandia in der Peripherie São Paulos. Sexy, stimmgewaltig und voller Kraft nutzen sie die Chance als „Vorband“ ihres „Stamm-MCs“ – und werden entdeckt. Antonia soll die Band heißen, mit der das Frauen-Quartett an dem Traum bastelt, den alle Casting-Shows verheißen: Auffallen, Gehör und Bewunderung finden und sich mit etwas Glück und den eigenen Stimmbändern aus dem Slum-Moloch zu ziehen. Dies erscheint in Tata Amarals Mischung aus Sozialdrama, Emanzipationsmärchen und Mädchentraum als realistische Option. Aber das beschwerliche Leben in der Armut führt nicht nur zu tieferen Freundschaften; Ausgrenzung und beschnittene Zukunft lassen die Bewohner sich selbst zerfleischen. Homophobie und Chauvinismus sind allgegenwärtig. Durch vielerlei Verwicklungen entstehen in der Frauenband erste Risse. Geld lässt sich mit der Männer-Domäne Rap ohnehin nicht verdienen. Bald singt das reduzierte Trio auf pikfeinen Gartenpartys Soul- und Popstücke, bis selbst das der schwangeren Lena von ihrem eifersüchtigen Freund verboten wird. Eine nach der anderen wird aus dem Traum gerissen. Als auch noch Barbarah einen der Angreifer ihres Bruders totschlägt, schwebt nur noch Preta in dieser schillernden Seifenblase namens Antonia, die irgendwann zerplatzen muss.
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