Hooligans (Sachverhalt) - Lehrstuhl für Öffentliches Recht

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht
Lehrstuhl für Öffentliches Recht
Univ.-Prof. Dr. Florian Becker, LL.M.
Hooligans
H aus Kiel ist ein mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten vorbestrafter Fußball-Hooligan,
der auch im Zusammenhang mit Länderspielen der deutschen Fußballnationalmannschaft er
mehrfach gewalttätig in Erscheinung getreten ist. Er wird in der bundesweiten Datei „Gewalttäter Sport“ als „C-Fan“ (d.h. gewaltsuchend) geführt (die Rechtmäßigkeit dieser Datensammlung ist zu unterstellen).
Einige Wochen vor Beginn der Fußball WM in Brasilien entschließt sich die Stadt Kiel allen
in Kiel wohnenden C-Fans einen Besuch abstatten zu lassen und ersucht die Polizei hierbei
mangels eigenen geeigneten Personals um „Amtshilfe“. Die Besuchten sollen dringend aufgefordert und gegebenenfalls unter Druck gesetzt werden, „freiwillig“ nicht nach Brasilien zu
reisen. Allerdings gibt es in Bezug auf H keinerlei Hinweise, daß dieser eine Reise zu der
WM plant – zumal er bekanntermaßen arbeits- und mittellos ist.
Um auch das soziale Umfeld des H auf die von diesem ausgehenden Gefahren aufmerksam zu
machen, findet der Besuch der Polizei alles andere als diskret statt. Vielmehr fahren bei ihm
zwei Streifenwagen mit quietschenden Reifen vor und die Polizisten versuchen durch ihr Auftreten so viel Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen, damit auch die Nachbarn künftig „ein Auge auf den H werfen“. Da H die Polizisten nicht in die Wohnung läßt, fordern sie
ihn auf dem Hausflur mehrfach lautstark auf, das Land nicht in Richtung Brasilien zu verlassen, damit dort „kein Ärger gemacht“ und „das Ansehen Deutschlands im Ausland nicht in
Mitleidenschaft gezogen“ wird.
H ist empört. Er hatte nie vor, nach Brasilien zu reisen und könnte sich dies auch gar nicht
leisten. Er empfindet den Besuch der Polizei als ein unverschämtes Eindringen in seine Privatsphäre und gegenüber den Nachbarn ist ihm das ganze Geschehen sehr unangenehm. Die
Polizei hält dem entgegen, daß es sich bloß um einen harmlosen „Besuch“ gehandelt habe, der
die Rechte des H nicht berührt und für den es nicht einmal einer Ermächtigungsgrundlage
bedarf.
1. War die Maßnahme rechtmäßig?
2. Abwandlung: Unterstellen Sie, daß die Polizei anders als im Ausgangsfall über konkrete Hinweise verfügt, daß der H nach Brasilien reisen will. So hat er etwa bereits ein
Flugticket und eine Unterkunft gebucht; auch hat er einen Reisepaß beantragt und erhalten. Die Polizei hat auch sichere Anhaltspunkte dafür, daß H in Brasilien Straftaten
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durch Teilnahme an verabredeten Auseinandersetzungen mit anderen Hooligan Gruppen plant.
Was könnte unternommen werden, um diese Reise des H zu verhindern? Nennen Sie
bitte nur mögliche Maßnahmen/Ermächtigungsgrundlagen (eine oder mehrere) und erläutern Sie kurz, ob diese in Frage in kommen, ohne sie im einzelnen gutachtlich zu
prüfen.